Landgericht Siegen Urteil, 24. Juli 2015 - 2 O 350/14
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt,
1. an den Kläger 8.185,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.06.2010 zu zahlen.
2. an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 808,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.11.2014 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Darlehenswiderrufs und den damit verbundenen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung, die der Kläger aufgrund vorzeitiger Ablösung gezahlt hat.
3Die Parteien haben am 12.06.2008 einen Verbraucherdarlehensvertrag unter der Kontonummer #####/#### / 060 über einen Nennbetrag von 130.000,00 € bei jährlicher Zinsbindung von 5,3 % bis zum 30.04.2023 geschlossen. Bereits unter dem Datum 10.06.2008 unterzeichnete der Kläger eine Widerrufsbelehrung, die als "Widerrufsbelehrung zu: o.g. Vertrag vom 10.06.2008“ überschrieben ist.
4Dabei befindet sich nach dem Wort „zu“ eine auf folgenden Text verweisende Fußnote 1: „Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom …“.
5Weiter heißt es in der Widerrufsbelehrung: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform / z.B.: Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.“ Dabei findet sich nach der Angabe „2 Wochen“ eine auf folgenden Text verweisende Fußnote 2: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“.
6Unter dem Punkt „Finanzierte Geschäfte“ stellt die Widerrufsbelehrung die Folgen eines Widerrufs von sog. verbundenen Verträgen dar.
7Wegen des weiteren Inhalts der Widerrufsbelehrung wird auf die zu den Akten gereichte Kopie Bezug genommen (Bl. 9 d. A.).
8In der ersten Jahreshälfte 2010 löste der Kläger das Darlehen ab. Die Beklagte berechnete hierfür mit Schreiben vom 02.06.2010 eine Vorfälligkeitsentschädigung i. H. v. 8.185,14 €. Am gleichen Tag belastete die Beklagte das Konto des Klägers im Hause der Beklagten mit diesem Betrag.
9Mit Schreiben vom 09.07.2014 widerrief der Kläger seine Willenserklärung zu dem betreffenden Darlehensvertrag. Diesen Widerruf wies die Beklagte mit Schreiben vom 05.09.2014 zurück.
10Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.10.2014 forderte der Kläger die Beklagte zur Rückabwicklung des Darlehensvertrags und Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigung, Rechtsverfolgungskosten und Verzugszinsen bis zum 05.11.2014 auf. Zur Begründung gab er an, dass die erteilte Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen sei. Am 23.10.2014 erfolgte ein weiteres anwaltliches Schreiben des Klägers zur Klarstellung eines Schreibfehlers bezüglich der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung im Schreiben vom 21.10.2014.
11Am 23.10.2014 lehnte die Beklagte telefonisch über Herrn N, Abteilung Recht und Sanierung, gegenüber den Prozessbevollmächtigten des Klägers die Rückabwicklung des Darlehensvertrags ab.
12Der Kläger behauptet,
13dass er die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten gezahlt habe. Weiter habe die Beklagte die gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung seit dem 02.06.2010 nutzen, anderen Kunden als Dispostionskredit zu Zinsen von 12,25 % p.a. zur Verfügung stellen und entsprechende Gewinne erzielen können.
14Der Kläger ist der Ansicht,
15dass er seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen habe und ihm daher ein Anspruch auf Rückerstattung der Vorfälligkeitsentgelte zustehe. Das Widerrufsrecht sei nicht erloschen, weil der Kläger nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei. Die Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ genüge nicht den Anforderungen an eine eindeutige Benennung des maßgeblichen, die Widerrufsfrist in Gang setzenden, Ereignisses. Weiter sei die Fußnote 2 „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ hinter der Angabe, dass ein Widerruf innerhalb von 2 Wochen zu erfolgen habe, hinsichtlich des tatsächlich zur Verfügung stehenden Zeitraums verwirrend. Die Belehrung über „paketversandfertige Sachen“ sei unnötig und bürde dem Darlehensnehmer auf zu prüfen, ob ein solcher Fall vorliege. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die Widerrufsbelehrung der damaligen Musterbelehrung gem. Anl. 2 zu § 14 I, III BGB InfoVO entsprochen habe. Die verwendete Widerrufsbelehrung gehe über die gestatteten Abweichungen hinaus. Weiter sei das Verhalten des Klägers nicht rechtsmissbräuchlich oder verwirkt.
16Der Kläger beantragt,
171. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.185,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.06.2010 zu zahlen.
182. die Beklagte weiter zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 808,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.11.2014 zu zahlen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Die Beklagte behauptet,
22dass die Marge bei Kreditgewährung lediglich bei bzw. unter 0,5 % pro Jahr betrage.
23Die Beklagte ist der Ansicht,
24dass die Beklagte sich auf die Schutzwirkung des § 14 I BGB Info-V aF (gültig bis 11.06.2010) berufen könne. Die verwendete Belehrung entspreche der Musterbelehrung. Die Abweichungen seien marginal, zudem rein sprachlich und nicht inhaltlich und daher nicht geeignet Fehlvorstellungen herbeizuführen. Die Fußnoten seien nur Hinweise an Bankmitarbeiter. Weiter fänden sich derartige auch in der Musterbelehrung. Auch bei Fußnote 1 sei für den Verbraucher erkennbar, dass sich diese an Bankmitarbeiter richte. Hilfsweise stehe der Geltendmachung auch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung und Verwirkung entgegen. Der Verweis auf die Möglichkeit einer Nachbelehrung sei nicht zielführend, da eine solche Nachbelehrung bei heutiger Rechtslage zumindest unzumutbar sei. Ein Nutzungsersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz könne zumindest nicht ohne Weiteres angenommen werden. Vielmehr liege dieser in Höhe der tatsächlichen zugeflossenen Vermögenswerte von unter 0,5 % p.a.
25Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe:
27Die zulässige Klage ist begründet.
28Der Kläger hat einen Rückzahlungsanspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB i. H. v. 8.185,14 €, da die Zahlung des Vorfälligkeitsentgelts ohne Rechtsgrund erfolgt ist.
291.
30Der Aufhebungsvertrag aus der ersten Jahreshälfte 2010 ist kein Rechtsgrund.
31Zwar hat der Kläger zu diesem Zeitpunkt den Darlehensvertrag durch Rückzahlung ausgelöst und die daran folgende Vorfälligkeitsentschädigung, die ihm mit Schreiben vom 02.06.2010 in Rechnung gestellt wurde, zunächst gezahlt bzw. dem Einzug von seinem Konto nicht widersprochen.
32Die Kammer hat in einer Entscheidung vom 10.10.2014 (Az.: 2 O 406/13) die Auffassung vertreten, dass insoweit die Aufhebungsvereinbarungen im Rahmen der Vertragsauflösung den Rechtsgrund für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung darstellen. Dabei wurde das Widerrufsrecht als unselbstständiges Gestaltungsrecht eingeordnet. Ein nicht mehr bestehendes, weil abgewickeltes Rechtsverhältnis könne aber nicht mehr gestaltet werden, sodass die Wahrnehmung des Widerrufsrechts zu einem späteren Zeitpunkt keine Wirkung mehr entfalten könne. An dieser Auffassung hält die Kammer nicht fest.
33Der BGH hat bereits in einem Urteil aus dem Jahr 2014 (v. 07.05.2014, IV ZR 76/11, juris, Rn. 35ff.) im Rahmen einer Entscheidung über die Möglichkeit des Widerrufs von Versicherungsverträgen entschieden, dass der Widerruf auch nach Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswertes noch 9 Monate nach der Kündigung widerrufen werden könne. Der Verbraucher habe aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrung nicht sachgerecht sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerruf ausüben können. Der Widerruf sei so auch nicht verwirkt. Der Argumentation des BGH hat das OLG Hamm auch in einem Fall des Widerrufs eines Darlehensverbrauchervertrags aufgegriffen (Beschluss v. 28.08.2014, 31 U 74/14, juris, Rn. 14). Die Entscheidung des OLG Düsseldorf, auf die sich die Kammer in vorgenannter Entscheidung unter anderem berufen hat, stuft das OLG Hamm als Einzelfallentscheidung ein. Ausdrücklich führt das OLG Hamm dann in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 (Urteil vom 25.03.0215, I-31 U 155 u.a., juris, Rn. 15) aus, dass der Widerruf auch bei vollständiger Erfüllung des Darlehensvertrags unbefristet möglich sei, soweit eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung vorliege.
34Dieser Ansicht folgt nun auch die Kammer. Die Möglichkeit eines Widerrufs bleibt selbst dann erhalten, wenn der Vertrag vollständig beendet und abgewickelt wurde. Ist keine korrekte Widerrufsbelehrung erteilt worden, gilt dies auch fristlos. Dies entspricht der gesetzgeberischen Entscheidung, das Widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen zu lassen, wenn es an einer ordnungsgemäßen Belehrung fehlt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 25.03.0215, I-31 U 155 u.a., juris, Rn. 16). Zudem folgt dies auch aus dem Gedanken des Verbraucherschutzes.
352.
36Der Kläger kann sich hier auch auf sein Widerrufsrecht berufen, weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Er durfte seine Willenserklärung daher zeitlich unbegrenzt widerrufen (vgl. auch LG Essen, Urteil vom 09.10.2014, 6 O 214/1, juris, Rn. 23).
37Eine Widerrufsbelehrung muss umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf auch die nachträgliche Widerrufsbelehrung keine zusätzlichen Erklärungen enthalten, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Belehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken oder den Verbraucher verwirren können (BGH, Beschluss v. 15.02.2011, XI ZR 148/10). Vorliegend ist die Widerrufsbelehrung bereits nach ständiger Rechtsprechung des BGH wegen der Wendung „die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ fehlerhaft, weil sie unzureichend und irreführend ist. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" beginnt. Der Verbraucher wird darüber im Unklaren gelassen, von welchen weiteren Voraussetzungen der Beginn des Fristlaufs abhängt (vgl. u.a. BGH, Urteil v. 28.06.2011, XI ZR 349/10). Dieser Effekt wird hier noch dadurch verstärkt, dass die Widerrufsbelehrung bereits am 10.06.2008 unterzeichnet wurde, der auf den gleichen Tag datierte Darlehensvertrag aber erst mit Datum vom 12.06.2008. Dieser Mangel wurde von dem Kläger auch ausdrücklich gerügt.
38Grundsätzlich kann sich die verwendende Bank darauf berufen, dass die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß war, wenn diese dem zum Zeitpunkt der Erteilung gültigen Muster der BGB-InfoV entsprach (BGH, Urteil v. 15.08.2012, VIII ZR 378/11). Im vorliegenden Streitfall ist die Belehrung im Juni 2008 erteilt worden und damit zunächst nach Ablauf der Geltungszeit des vom 08.12.2004 bis zum 31.03.2008 gültigen Musters der BGB InfoV. Allerdings entsprach dieses an sich abgelaufene Muster wegen der Anordnung des § 16 InfoV auch dann noch fingiert den Anforderungen von §§ 355 Abs. 2 BGB, 14 InfoV, wenn es dem Verbraucher vor dem 01.10.2008 in Textform mitgeteilt wurde. Letztere Voraussetzung ist hier gegeben. In dem somit auch in der Übergangszeit noch verwendbaren Muster der Widerrufsbelehrung findet sich ebenfalls die Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ Insofern wäre hier trotz von der Rechtsprechung bestätigter irreführender Wirkung die Ordnungsgemäßheit der Belehrung gem. §§ 14 Abs. 1, 16, Anlage 2 BGB InfoV fingiert. Die Formulierung in dem vom 01.04.2008 bis zum 03.08.2009 gültigen Muster lautet hingegen: „Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform“. Eine Berufung auf diese Regelungen und damit die fingierte Ordnungsgemäßheit ist der Bank aber nur möglich, wenn sie „gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht“ (BGH, Urteil v. 28.06.2011, XI ZR 349/10, juris, Rn. 37). Dies verneint der BGH insbesondere dann, wenn in den Text der Musterbelehrung weitere Textteile eingeführt oder vorgesehene Textteile weggelassen werden.
39Angesichts der hier erkennbaren Einfügungen kann sich die Beklagte daher auch nicht mehr auf § 14 I, III BGB-InfoV berufen, weil das verwendete Formular dem Muster in der zum Belehrungszeitpunkt gültigen Fassung nicht vollständig entsprach (BGH, Urteil v. 28.06.2011, IX ZR 349/10, juris, Rn. 37). Vorliegend ist unter dem Abschnitt „Finanzierte Geschäfte“ weiterer Text in die Musterbelehrung eingefügt worden. So findet sich der 3. Satz unter diesem Abschnitt („Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks (…)“) nicht in der bis zum 31.03.2008 gültigen Musterbelehrung. Zwar sieht Hinweis 8 zu dem bis zum 31.03.2008 gültigen Muster vor, dass die Hinweise für finanzierte Geschäfte entfallen können, wenn kein verbundenes Geschäft vorliegt. Hieraus folgt aber nicht, dass es bei Verwendung unbeachtlich ist, ob insoweit von dem Muster abgewichen wird.
40Allerdings vertritt das OLG Frankfurt (ähnlich auch OLG Bamberg, Beschl. v. 01.06.2015, 6 U 13/15, KE 4, Bl. 111ff. d. A. – die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung enthält dabei unter „finanzierte Geschäfte“ die gleiche Abweichung mit S. 3 wie vorliegend) eine andere Auffassung und führt aus: "Auf die Abweichung bei dem Passus zu den finanzierten Geschäften kann es – ungeachtet des Umfangs der Veränderung angesichts der obigen Maßstäbe des BGH – indessen wohl schon deshalb nicht ankommen, weil es sich hier nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Landgerichts nicht um ein verbundenes Geschäft handelt, so dass die dahingehende Widerrufsbelehrung gegenstandslos ist und ins Leere geht, mithin keinerlei Wirkung entfalten konnte und schlicht überflüssig ist. Insoweit ist diese Passage für „eine ordnungsgemäße Information des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht“ ohne jeden Belang. Es kann deshalb dahinstehen, ob in dieser Veränderung überhaupt eine inhaltliche Bearbeitung liegt.“ (OLG Frankfurt, Urteil vom 07. Juli 2014 – 23 U 172/13 –, juris, Rn. 42). In dem Rechtsstreit des OLG Frankfurt ist zurzeit Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision anhängig (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2015 – XI ZA 18/14 –, juris). Die Entscheidungen der OLG Frankfurt und OLG Bamberg sind nicht mit der Rechtsprechung des BGH kompatibel. Sobald ein Passus in eine Widerrufsbelehrung eingebracht wird, kann diese den Verbraucher verwirren. Es trifft nicht zu, dass eine inhaltliche Änderung nur überflüssig und daher ohne Belang sei, wie das OLG Frankfurt ausführt. Dies würde bedeuten, dass jegliche Regelung unter der Überschrift „finanzierte Geschäfte“ eingebracht und die Musterformulierungen beliebig geändert werden könnten, nur weil es sich in dem konkreten Fall nicht um ein verbundenes Geschäft gehandelt hat. Dagegen hat der BGH ausdrücklich, auch in der Entscheidung aus dem Jahr 2012, in dem die Fiktionswirkung von §§ 14, 16, Anlage 2 BGB-InfoV trotz irreführender Formulierung bestätigt wurde, ausgeführt, dass die Fiktionswirkung an die Verwendung des Musters geknüpft sei (BGH, Urteil vom 15.08.2012, VIII ZR 378/11, juris, Rn. 10, 14). In der vorherigen Entscheidung aus dem Jahr 2011 hat der BGH zudem ausdrücklich ausgeführt, dass die Fiktionswirkung nicht gelte, wenn das Gericht bereits „durch einen Vergleich beider Texte ohne Weiteres selbst feststellen kann, (dass die verwendete Belehrung) ihrem Wortlaut nach nicht in jeder Hinsicht dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der seinerzeit geltenden Fassung“ entspreche (BGH, Urteil vom 28.06.2011 - AZ: XI ZR 349/10, juris, Rn. 38). Das OLG Köln und das OLG Stuttgart verneinen die Fiktion des §§ 14, 16, Anlage 2 BGB-InfoV demgemäß bereits bei geringeren Abweichungen, auch unter dem Abschnitt „finanzierte Geschäfte“, sind allerdings auch jeweils zu dem Fall eines verbundenen Vertrages ergangen (OLG Köln, Urteil vom 23. Januar 2013 – 13 U 217/11; OLG Stuttgart, Urteil vom 29. Dezember 2011 –6 U 79/11; jeweils juris).
41Gestützt wird die dargelegte Auffassung von den Ausführungen des LG Essen (Urteil vom 09.10.2014, 6 O 214/14, juris, Rn. 31): „Maßgeblich ist, ob der Wortlaut der Belehrung in jeder Hinsicht vollständig dem Muster in Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoVO entspricht. Dies ist vorliegend nicht erfolgt. Vielmehr ist die Belehrung jedenfalls für finanzierte Grundstücksgeschäfte abweichend von der Musterbelehrung umgesetzt worden.“ Auch das Urteil des LG Essen ist zu einem Fall von nicht verbundenen Verträgen ergangen (vgl. Rn. 9). Zwar hat der auch für die Kammer zuständige Berufungssenat des Oberlandesgerichts Hamm in der bereits angesprochenen Entscheidung vom 25.03.2015 (31 U 155/14) das klageabweisende Urteil des Landgerichts Essen abgeändert und die beklagte Bank antragsgemäß verurteilt, jedoch unter ausdrücklicher Übernahme der Argumentation des Landgerichts zu den Gründen für die Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung (juris Rz. 13-14). Im Ergebnis hat das OLG Hamm damit die Unwirksamkeit der Belehrung bei einem nicht verbundenen Geschäft entscheidend auf die Fehlerhaftigkeit der Belehrung über verbundene Geschäfte gestützt.
42Die Kammer vertritt überdies entgegen der Ansicht der Landgerichte Nürnberg-Fürth (Urteil v. 22.09.2014, 10 O #####/####), Koblenz (Urteil v. 13.11.2014, 3 O 113/14) und Tübingen (Urteil v. 17.04.2015, 3 O 248/14) mit dem Oberlandesgericht München (Urteil v. 21.10.2013, 19 U #####/####) die Ansicht, dass auch die Fußnote 2 „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ zur Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung führt. Eine solche Fußnote ist in der BGB-InfoV nicht vorgesehen. Soweit die Beklagte meint, diese Fußnote richte sich offensichtlich an ihre Mitarbeiter, die nach Prüfung die jeweils einschlägige Frist einsetzen sollten, erklärt dies nicht, warum die Fußnote dann in der Ausfertigung für den Kunden verblieben ist. Eine solche Fußnote kann beim Verbraucher ganz offensichtlich zu weiteren Unklarheiten hinsichtlich des Fristbeginns führen, weil sie die Fehlvorstellung wecken kann, dass der Verbraucher selbst die Frist im Einzelfall noch prüfen solle.
433.
44Der Kläger hat sein Widerrufsrecht auch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment).
45Zwar liegt das Zeitmoment vor. Der Kläger hatte seit Vertragsschluss nahezu 6 Jahre Zeit seine Willenserklärung zu widerrufen. Es fehlt aber am Umstandsmoment. Ein Recht kann nach § 242 BGB verwirkt werden, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre, und der Gegner sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde, und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 09. Januar 2014 – I-14 U 55/13, 14 U 5514 U 55/13 –, juris, Rn. 17). Die Rechtsprechung hat dies teilweise angenommen, wenn der Verbraucher seit Ablösung des Darlehensvertrags bis zum Widerruf 5 Jahre verstreichen lässt und der Darlehensgeber aufgrund einer beiderseitigen Auflösung des Darlehensvertrags sowie Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung darauf vertrauen kann, dass alle Verpflichtungen aus dem Vertrag erfüllt wurden (etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 09. Januar 2014 – I-14 U 55/13, 14 U 5514 U 55/13 –, juris, Rn. 17; LG Essen, Urteil vom 09.10.2014, 6 O 214/14, juris, Rn. 37). Demgegenüber führt aber der BGH aus, dass eine Bank ein schutzwürdiges Vertrauen dann nicht in Anspruch nehmen kann, wenn sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Verbraucher keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt hat (BGH, Urteil vom 07. Mai 2014, IV ZR 76/11, juris, Rn. 39). Dies entspricht auch der gesetzgeberischen Wertung, die kein Erlöschen des Widerrufsrechts nach einer bestimmten Zeit vorsieht. Dementsprechend führt auch das OLG Hamm richtigerweise aus, dass diese Wertung nicht unterlaufen werden kann, indem „(…) man Banken das Recht zubilligt, sich der Haftung unter Hinweis auf § 242 BGB zu entziehen.“ (OLG Hamm, Urteil vom 25.03.2015, I-31 U 155/14 u.a., juris, Rn. 16). Dieser Argumentation von BGH und OLG Hamm schließt sich die Kammer an.
46Weiter ist der Argumentation des OLG Hamm folgend anzunehmen, dass die Beklagte hier „ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, den Kläger in wirksamer Form nachzubelehren“ (OLG Hamm, Urteil vom 25.03.2015, I-31 U 155/14 u.a., juris, Rn. 16).
473.
48Der Kläger hat hinsichtlich des Antrages zu 1) auch einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2010, § 818 Abs. 1 BGB. Der Betrag stand der Beklagten ab dem 03.06.2010 zur Nutzung zur Verfügung. § 818 Abs. 1 BGB stellt dabei für einen Zinsanspruch ab dem 03.06.2010 die einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage dar. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 291 BGB oder §§ 280, 286, 288 BGB, vielmehr begründen diese nur Zinsansprüche ab späteren Zeitpunkten.
49Der Anspruch besteht auch in der beantragten Höhe. Zwar ist ein Anspruch gem. § 818 Abs. 1 BGB grundsätzlich auf Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Nutzungen beschränkt. „Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss.“ (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 – XI ZR 348/13, juris, Rn. 71). Diese Rechtsprechung ist, zumindest hinsichtlich des Anspruches aus § 818 BGB, auch auf vorliegende Konstellation übertragbar (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 25.03.2015, I-31 U 155/14 u.a., juris, Rn. 17). Die Vermutung ist hier auch nicht erschüttert oder widerlegt. Der Kläger argumentiert zum Teil mit einem höheren Zinssatz von 12,25 % aufgrund der Möglichkeit von Dispo-Krediten. Er beantragt aber nur den gesetzlich vorgesehen Satz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, sodass zu seinen Gunsten die tatsächliche Vermutung eingreift.
50Zwar argumentiert das LG Nürnberg-Fürth in einer jüngerern Urteil gegen eine solche Vermutung (Urteil vom 27. Oktober 2014 – 10 O #####/#### –, juris, Rn. 52). Allerdings ist die Rechtsprechung des LG Nürnberg-Fürth zu §§ 357, 346 BGB ergangen und zu einem Fall, in dem nur die Nutzungsentschädigung herausgefordert wurde, nicht aber die Vorfälligkeitsentschädigung. Die Rechtsprechung des LG Nürnberg-Fürth ist daher nicht übertragbar.
51Auch die von der Beklagten vorgelegte Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank, nach der der effektive Jahreszins p.a. für Wohnbaukredite seit Juni 2010 von 3,78 auf 2,51 % gefallen ist, bei einer Steigerung im Jahr 2011, entkräftet die Vermutung nicht. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte das ihr zur Verfügung stehende Geld auch anderweitig als für Wohnbaukredite investiert, sodass diese reine Zinsaufstellung wenig aussagekräftig ist.
524.
53Der Kläger hat entsprechend dem Antrag zu 2) auch Anspruch auf die Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, §§ 286, 257, 250, 249 BGB. Dabei ist unerheblich, dass die tatsächliche Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von der Beklagten bestritten wird. Der Anspruch auf Freistellung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. § 257 BGB hat sich durch die ernsthafte und endgültige Ablehnung der Beklagten, die Rückabwicklung des Vertrags vorzunehmen und so zumindest auch konkludent vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen, in einen Zahlungsanspruch gewandelt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 03. September 2013 – I-4 U 58/13, 4 U 58/4 U 58/13 –, juris, Rn. 26). Es ist kommt insofern auch nicht mehr darauf an, ob die Klägerin entsprechend ihrer Behauptung schon bezahlt hat und deshalb schon aus diesem Grunde einen Zahlungsanspruch geltend machen kann. Mit Schreiben vom 21.10.2014 wurde die Beklagte auch zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bis zum 05.11.2015 aufgefordert. Spätestens am 06.11.2015 ist sie somit in Verzug geraten, sodass ab diesem Zeitpunkt auch ein Zinsanspruch besteht, §§ 280 Abs. 1, 286, 288, 187 Abs. 1 (analog) BGB.
546.
55Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
56Der Streitwert wird auf 8.185,14 EUR festgesetzt.
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(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.
(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.
(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.
(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.
(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.
(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Herstellung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Nach dem Ablauf der Frist kann der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn nicht die Herstellung rechtzeitig erfolgt; der Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.