Gericht

Landgericht München I

Gründe

Landgericht München I

36 S 16283/14 WEG

IM NAMEN DES VOLKES

1 C 27/14 WEG AG Sonthofen

In denn Rechtsstreit

...

- Klägerin und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigter: ...

gegen

die übrigen Wohnungseigentümer der WEG

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Verwalterin der Wohnungseigentumsgemeinschaft: ...

Prozessbevollmächtigte: ...

wegen Beschlussanfechtung

erlässt das Landgericht München I - 36. Zivilkammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht ..., die Richterin am Landgericht ... und die Richterin am Landgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 08.10.2015

folgendes

Endurteil

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Sonthofen vom 23.07.2014, Az. 1 O 27/14 WEG, in Ziffer 1 des Tenors dahingehend abgeändert, dass der in der Eigentümerversammlung vom 21.12.2013 unter TOP 4a III (Genehmigung der Jahresabrechnung 2010) für ungültig erklärt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Sonthofen vom 23.07.2014, Az. 1 O 27/14 WEG, in der Kostenentscheidung dahingehend abgeändert, dass die Klägerin von den Kosten der ersten Instanz 3/4 und die Beklagten samtverbindlich 1/4 tragen.

3. Von der Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 2/3 und die Beklagten samtverbindlich 1/3.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Nach §§ 540 Abs. 2, 313 Abs. 1 S. 1 ZPO ist eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit der Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen entbehrlich, da gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft kein Rechtsmittel zulässig ist (Thomas/Putzo, ZPO, § 540 Rd.-Nr. 4 m. w. N.).

Die Revision wurde nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs. 2 WEG ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Wohnungseigentumssache nach § 43 Nr. 4 WEG handelt.

II.

Die Berufung ist zulässig und - nach Teilrücknahme - mit Ausnahme des Kostenantrags erfolgreich. Nach Rücknahme des Antrags auf Genehmigung der Jahresabrechnungen 2011 und 2012 durch das Gericht in der Berufungsverhandlung vom 8.10.2015, ist Gegenstand des Berufungsverfahren nur noch der Beschluss über die Jahresabrechnung 2010 TOP 4a III.

1. Die Anfechtung erfolgte fristgerecht.

2. Mit Beschluss der Eigentümerversammlung vom 21.12.2013 TOP 4a III wurde die Jahresgesamt- und Einzelabrechnung 2010 genehmigt. Dieser Beschluss war für ungültig zu erklären, da eine ausreichende Prüfung der Plausibilität und Schlüssigkeit der Jahresabrechnung nicht möglich war. Die Rüge der fehlenden Schlüssigkeit und der fehlenden Gesamteinnahmen wurde bereits mit der Klagebegründung, also innerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG, erhoben. Unabhängig davon, ob die Klägerin die Jahresabrechnung vorliegen hatte, hat sie jedenfalls auf Seite 5 der Klage vom 16.01.2014 ausdrücklich gerügt, dass es an der Angabe sämtlicher Wohngeldzahlungen fehle. Dies trifft zu: Die Jahresabrechnung (Anlage B 1) führt unter der Rubrik „Ausgaben/Einnahmen“ zunächst die Kosten der Eigentümergemeinschaft auf, enthält aber dazwischen zwei Einnahmenpositionen, nämlich Zinseinnahmen von insgesamt 559,32 € und einen Abrechnungsrest aus dem Vorjahr von 0,04 €. Weitere Einnahmen sind nicht angegeben. Im Ergebnis sind „Gesamt Ausgaben-Einnahmen“ von 24.357,89 €, anteilig für die Klägerin 1.540,83 € ausgewiesen. Zwar werden im Folgenden in der Einzelabrechnung die Zahlungen der Klägerin aufgeführt, doch sind die Wohngeldeinnahmen insgesamt nirgends genannt. Wenn aber die Wohngeldeinnahmen, die den weitaus größten Teil der Einnahmen ausmachen, nirgends erwähnt werden, dann lässt sich die Jahresabrechnung insgesamt nicht auf ihre Plausibilität hin überprüfen (vgl. hierzu Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 28 Rn. 33,34). Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob hinsichtlich weiterer Einzelpositionen, insbesondere dem Vermögensstatus, rechtzeitig Rügen erhoben wurden und diese durchgreifen.

Bezüglich der von der Klägerin gerügten Abrechnungsspitze der Vorjahre wäre der angefochtene Beschluss sogar nichtig, wenn er so auszulegen sein sollte, dass die Abrechnungsspitze der Vorjahre (703,11 € abzüglich 213,16 €) mitbeschlossen sein sollte. Insoweit gilt, dass die Eigentümer nicht befugt sind, dem Schuldner eines nach materieller Rechtslage bestehenden Anspruchs zusätzlich eine hiervon losgelöste weitere Leistungspflicht aufzuerlegen. Sie sind ebenso wenig befugt, originär durch Beschluss eine solche Leistungspflicht zu schaffen, wenn hierfür materiell, d. h. aufgrund Gesetzes oder Vereinbarung, keine Anspruchsgrundlage besteht. Hieran findet die Beschlusskompetenz des § 28 Abs. 5 WEG ihre Grenze. Sie bietet insbesondere keine Grundlage dafür, die Forderungen der Gemeinschaft gegen einzelne Mitglieder durch wiederholte Beschlussfassung hierüber zu vervielfachen, was aber durch eine jährliche Saldierung ohne gleichzeitige Aufhebung der alten, schon beschlossenen Jahresabrechnungen der Fall wäre (hierzu LG Nürnberg-Fürth, NZM 2010, 791), die hier nicht vorliegt. Letztlich kann hier aber offen bleiben, ob die Vorjahressalden nicht nur zur Information angefügt wurden, weil der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung in jedem Fall für ungültig zu erklären war.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92, 269 Abs. 3 ZPO. Angesichts des Teilerfolgs der Berufung war auch die Kostenentscheidung 1. Instanz entsprechend abzuändern. Die Klägerin obsiegt hier zu etwa ¼. Dies entspricht in etwa dem Verhältnis zwischen erfolgreicher Anfechtung der Jahresabrechnung, bei dem das 5- fache Klägerinteresse 8.565,80 € beträgt, zum Gesamtstreitwert von 35.595,80 €. Im Berufungsverfahren liegt die Quote aufgrund des geringeren Streitwerts von 24.595,80 € bei 1/3.

Eine Auferlegung der Kosten auf den Verwalter gemäß § 49 Abs. 2 WEG, wie von der Klägerin beantragt, war nicht veranlasst. Insoweit liegt es im Ermessen des Gerichts, ob es von der Regelung Gebrauch macht. Im vorliegenden Fall ergibt sich bereits aus den divergierenden Entscheidungen der Instanzen, dass die Sache nicht einfach gelagert ist.

2. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung.

3. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit war nicht veranlasst.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 62 Abs. 2 WEG ausgeschlossen. Darum ist die Entscheidung rechtskräftig.

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 17. Sept. 2015 - 1 C 27/14

bei uns veröffentlicht am 17.09.2015

Tatbestand 1 Der Kläger, ein pakistanischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erlassene Abschiebungsanordn

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Tatbestand

1

Der Kläger, ein pakistanischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erlassene Abschiebungsanordnung nach Ungarn.

2

Der Kläger reiste im Juni 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 8. Juli 2013 einen Asylantrag. Er gab an, im Mai 2013 in Ungarn erkennungsdienstlich behandelt worden zu sein und einen Ausweis erhalten zu haben, mit dem er sich in Ungarn hätte aufhalten dürfen. Nach zwei Tagen sei er über Österreich nach Deutschland gefahren.

3

Nach einem Abgleich der Fingerabdrücke im Eurodac-System richtete das Bundesamt am 5. November 2013 ein Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn, dem die dortigen Behörden am 14. November 2013 zustimmten. Sie gaben an, der Kläger habe am 27. Mai 2013 in Ungarn einen Asylantrag gestellt. Nachdem er abgetaucht sei, sei sein Verfahren im Juni 2013 eingestellt worden.

4

Mit Bescheid vom 17. Januar 2014 entschied das Bundesamt, dass der Asylantrag unzulässig ist (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Ungarn an (Nr. 2 des Bescheids). Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 6. März 2014 ab. Im Hauptsacheverfahren hat es die Klage abgewiesen.

5

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung hinsichtlich der Abschiebungsanordnung (Nr. 2 des Bescheids) zugelassen, hinsichtlich der Zulässigkeitsentscheidung (Nr. 1 des Bescheids) jedoch den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung abgelehnt. Mit Urteil vom 27. August 2014 hat er die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass § 34a Abs. 1 AsylVfG mit den unionsrechtlichen Vorgaben sowohl der Dublin II-Verordnung als auch der Dublin III-Verordnung vereinbar sei. Es könne offenbleiben, welche dieser Verordnungen anwendbar sei, wenn - wie hier - das Wiederaufnahmeersuchen während der Geltung der Dublin II-Verordnung gestellt, das Überstellungsverfahren aber erst nach Inkrafttreten der Dublin III-Verordnung eingeleitet worden sei. Es widerspreche nicht dem Unionsrecht, dass § 34a AsylVfG zwingend den Erlass einer Abschiebungsanordnung vorsehe. Denn der Wortlaut der Vorschrift sei in einer Weise offen, dass eine Abschiebung nicht ausnahmslos stattfinden müsse. Zwar gewährten die Dublin-Regelungen den Mitgliedstaaten insoweit einen gewissen Spielraum bei der Auswahl der Überstellungsvarianten. Dieser werde aber durch den unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip sei bei der Entscheidung über den Vollzug der Überstellungsentscheidung von den hierfür zuständigen Ausländerbehörden der Länder zu beachten; insoweit bedürfe es keiner Regelung im Bundesamtsbescheid. Die Verlagerung der Entscheidung über die Modalitäten der Überstellung auf die Ausländerbehörden entspreche der föderalen Struktur Deutschlands. Gegen die Rechtmäßigkeit der verfügten Abschiebungsandrohung könne nicht mit Erfolg eingewendet werden, dass eine Überstellung nach Ungarn nicht mehr möglich sei. Zum einen sei dies nach wie vor der Fall. Zum anderen könne sich der Kläger auf einen Zuständigkeitswechsel auf Deutschland nicht berufen, weil die Unzulässigkeitsentscheidung in Nr. 1 des angegriffenen Bescheids in Bestandskraft erwachsen und damit die Zuständigkeitsfrage rechtskräftig geklärt sei.

6

Der Kläger rügt mit seiner Revision, dass § 34a AsylVfG gegen den Anwendungsvorrang des Unionsrechts verstoße. Art. 19 Abs. 1 und 2 der Dublin II-Verordnung spreche nur von "Überstellung" und nicht von "Abschiebung". Zudem verbiete das Verhältnismäßigkeitsprinzip, eine Überstellung, die nur der Realisierung einer internationalen Zuständigkeitszuweisung diene, ausschließlich mit dem Zwangsmittel der Abschiebung durchzuführen. Das nationale Recht diskriminiere die Asylbewerber, wenn es sie auf dieselbe Stufe mit Gefährdern der öffentlichen Sicherheit stelle. § 34a AsylVfG könne nicht unionsrechtskonform gehandhabt werden, denn die Vorschrift lasse den Ausländerbehörden auch mit Blick auf in § 6 AsylVfG angeordnete Verbindlichkeit der Entscheidungen des Bundesamts keinen Spielraum bei der Umsetzung. Zudem sehe Unionsrecht vor, dass die Überstellungsentscheidung mit den weiteren Regelungen über ihren Vollzug in einem einzigen Bescheid zusammengefasst werde.

7

Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil. Die unionsrechtlichen Regelungen machten dem nationalen Gesetzgeber keine Vorgaben, welche der unionsrechtlich zulässigen Überstellungsvarianten er vorzusehen habe. Seit April 2015 werde in den Bescheiden des Bundesamts die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise angeboten, wenn diese mit allen beteiligten Stellen abgestimmt sei. Hierauf bestehe jedoch kein Rechtsanspruch.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich nicht am Verfahren beteiligt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts steht im Einklang mit revisiblem Recht. Die angefochtene Abschiebungsanordnung erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylVfG. Die Rechtsgrundlage ist mit Unionsrecht vereinbar. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist bei der Entscheidung der Ausländerbehörden über den Vollzug der angeordneten Abschiebung zu beachten. Die Anordnung ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil die Überstellung nach Ungarn nicht mehr vollzogen werden könnte, denn der Kläger kann sich auf den mit Ablauf der Frist des Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO gemäß Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO eingetretenen Übergang der Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland nicht berufen.

10

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798) und das Aufenthaltsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das Asylverfahrensgesetz zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474), das Aufenthaltsgesetz zuletzt geändert durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I S. 1386). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylVfG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon - wie im vorliegenden Fall - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.

11

Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die in Nr. 2 des angefochtenen Bescheids angeordnete Abschiebung des Klägers nach Ungarn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylVfG erfüllt. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die Abschiebung eines Ausländers in den nach § 27a AsylVfG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Vorschrift dient der Umsetzung der Dublin-Verordnungen der Europäischen Union über die Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist.

12

1. Aufgrund der rechtskräftig gewordenen Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids steht fest, dass der Asylantrag des Klägers nach § 27a AsylVfG unzulässig ist. Dabei handelt es sich - ungeachtet der gewählten Formulierung des Bundesamts ("Der Asylantrag ist unzulässig") - nicht um eine Feststellung, sondern um eine rechtsgestaltende Entscheidung über die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig, wie von § 31 Abs. 6 AsylVfG verlangt (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 10. November 2014 - A 11 S 1778/14 - DVBl 2015, 118, 123).

13

2. § 34a Abs. 1 AsylVfG ist mit den unionsrechtlichen Bestimmungen des Dublin-Regelungswerks vereinbar, und zwar sowohl mit der hier anwendbaren Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 50 S. 1) - Dublin II-VO - und der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Dublin II-VO (ABl. L 222 S. 3) - Dublin-DVO - als auch mit der hier nicht anwendbaren Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO -.

14

a) Im vorliegenden Fall ist weiterhin die Dublin II-VO anwendbar. Das ergibt sich aus der Übergangsregelung des Art. 49 Abs. 2 der Dublin III-VO. Nach dieser Vorschrift ist die Dublin III-VO erst auf Anträge zur Erlangung internationalen Schutzes anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden, also ab dem 1. Januar 2014. Hier war der Antrag im Juli 2013 und damit vor dem maßgeblichen Stichtag gestellt worden. Darüber hinaus gilt die Dublin III-VO zwar ab dem 1. Januar 2014 für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung -, dies aber nur dann, wenn sie nicht bereits vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 - BVerwGE 150, 29 Rn. 27). Hier war der Wiederaufnahmeantrag am 5. November 2013 und damit vor dem maßgeblichen Stichtag gestellt worden. Eine Anwendbarkeit der Dublin III-VO lässt sich auch nicht aus der Überlegung ableiten, dass mit der hier zu beurteilenden Abschiebungsanordnung das Überstellungsverfahren im Sinne von Art. 29 ff. Dublin III-VO und damit ein eigenständiger Verfahrensabschnitt eingeleitet wurde. Denn die Stichtagsregelung in Art. 49 Abs. 2 Dublin III-VO gilt grundsätzlich für alle Anträge auf internationalen Schutz und enthält nur für nach dem Stichtag gestellte Gesuche um Aufnahme und Wiederaufnahme eine Rückausnahme. Da der Wiederaufnahmeantrag hier am 5. November 2013 gestellt worden ist, findet folglich auch auf die das Überstellungsverfahren einleitende Abschiebungsanordnung die Dublin II-VO Anwendung.

15

b) Die Dublin-Verordnungen geben keine Rangfolge hinsichtlich der drei von ihnen vorgesehenen Überstellungsmodalitäten vor. Der Senat hat das in dem den Beteiligten bekannten Urteil vom heutigen Tag in der Parallelsache BVerwG 1 C 26.14 ausführlich begründet (Rn. 15 - 18); darauf wird Bezug genommen.

16

3. § 34a AsylVfG steht in der vom Senat vorgenommenen Auslegung auch mit dem unionsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit in Einklang; auch insoweit wird auf die ausführliche Begründung in dem Urteil BVerwG 1 C 26.14 (Rn. 20 - 27) verwiesen.

17

4. Der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des angefochtenen Bescheids steht nicht entgegen, dass dieser keine Belehrung über die Möglichkeit der Beantragung einer Überstellung ohne Verwaltungszwang bei der für den Kläger zuständigen Ausländerbehörde enthält. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen in Rn. 29 - 30 der zuvor genannten Parallelentscheidung hingewiesen.

18

5. Die angefochtene Abschiebungsanordnung erfüllt auch das gesetzliche Erfordernis des § 34a Abs. 1 AsylVfG, demzufolge feststehen muss, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Dieses Tatbestandsmerkmal erfasst nicht nur bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegende, sondern auch nachträglich auftretende Abschiebungshindernisse. In einem Fall wie dem hier vorliegenden, in dem die Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 27a AsylVfG bereits in Bestands- bzw. Rechtskraft erwachsen ist, ist mit Blick auf die internationale Zuständigkeit für die Prüfung eines Asylantrags nur von Bedeutung, ob eine Überstellung an den ersuchten Mitgliedstaat tatsächlich möglich ist. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, ist eine Überstellung des Klägers nach Ungarn unabhängig vom Lauf der unionsrechtlichen Überstellungsfristen tatsächlich noch möglich, sodass die Revision auch unter diesem Gesichtspunkt keinen Erfolg hat.

19

6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.

(2) Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für

1.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander,
2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern,
3.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie
4.
Beschlussklagen gemäß § 44.

Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, dass eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878desBürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes.

(1) Die Wohnungseigentümer beschließen über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Absatz 2 Nummer 4 oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen. Zu diesem Zweck hat der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der darüber hinaus die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthält.

(2) Nach Ablauf des Kalenderjahres beschließen die Wohnungseigentümer über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Zu diesem Zweck hat der Verwalter eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die darüber hinaus die Einnahmen und Ausgaben enthält.

(3) Die Wohnungseigentümer können beschließen, wann Forderungen fällig werden und wie sie zu erfüllen sind.

(4) Der Verwalter hat nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Rücklagen und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Der Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Werden Rechtsverhältnisse, mit denen ein Rechtserfolg bezweckt wird, der den durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen entspricht, in solche Rechtsformen umgewandelt, so ist als Geschäftswert für die Berechnung der hierdurch veranlassten Gebühren der Gerichte und Notare im Fall des Wohnungseigentums ein Fünfundzwanzigstel des Einheitswerts des Grundstückes, im Falle des Dauerwohnrechtes ein Fünfundzwanzigstel des Wertes des Rechts anzunehmen.

(2) Durch Landesgesetz können Vorschriften zur Überleitung bestehender, auf Landesrecht beruhender Rechtsverhältnisse in die durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen getroffen werden.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.