Landgericht München I Urteil, 16. Feb. 2016 - 22b Ns 235 Js 132863/15

bei uns veröffentlicht am16.02.2016

Gericht

Landgericht München I

Tenor

I.

Die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten werden als unbegründet verworfen.

II.

Der Angeklagte trägt die Kosten seiner Berufung einschließlich seiner notwendigen Auslagen.

Die Kosten der Berufung der Staatsanwaltschaft einschließlich der ausscheidbaren notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft München I vom 14.6.15 unter dem Aktenzeichen: 842 Ds 235 Js 132863/15 wurde zugelassen und das Verfahren gegen den Angeklagten mit Beschluss vom 29.7.15 vor dem Strafrichter eröffnet.

Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts München vom 02.10.2015 wegen Beleidigung in drei tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je € 100,00 verurteilt.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts München legte die Staatsanwaltschaft München I form- und fristgerecht Berufung ein, die auf das Strafmaß beschränkt wurde. Ebenso legte der Angeklagte form- und fristgerecht Rechtsmittel ein, welches als Berufung zu behandeln war.

Verständigungsgespräche wurden nicht geführt, das Urteil beruht nicht auf einer Absprache gemäß § 257 c StPO.

II.

Der Angeklagte, welcher im Dezember 1964 in M. geboren wurde, ist deutscher Staatsangehöriger. Er hat 1984 in P. das Abitur absolviert und sodann erfolgreich im Jahre 1988 das Jurastudium beendet. Danach war er als Referendar und Assessor tätig. Im Jahre 1991 hat er das zweite Staatsexamen erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss daran war als Regierungsrat bei der Regierung von O. und später beim Landratsamt Mü. am I. tätig. Mit Antrag vom 15.12.1991 wurde der Angeklagte aus eigener Initiative vom Staatsdienst befreit. Er wollte die Kanzlei seines Vaters übernehmen. Ab 17.02.1992 war er als zugelassener Rechtsanwalt im zivilrechtlichen Bereich tätig.

Der Angeklagte ist seit 17.09.2008 mit Frau Ch. Ka. verheiratet. Die Ehefrau hat einen Sohn mit in die Ehe gebracht, welcher am ...1997 geboren ist. Der Sohn lebt im gemeinsamen Haushalt und ist derzeit noch Schüler.

Der Angeklagte lebt mit seiner Ehefrau, welche als angestellte IT-Kraft bei Gi. & D. in M. arbeitet, in einem Eigenheim. Angaben zu den monatlichen Einkünften aus seiner Anwaltstätigkeit und aus der Tätigkeit seiner Ehefrau hat der Angeklagte nicht getätigt. Der Angeklagte versichert in geordneten Vermögensverhältnissen zu leben.

Der Angeklagte hat keine Schulden.

Der Angeklagte hat keine Erkrankungen, er ist ist gesund. Zudem ist eine Suchtproblematik (Alkohol, Drogen, Spielsucht) nicht gegeben.

Das Bundeszentralregister des Angeklagten weist keinen Eintrag auf.

III.

Der Angeklagte hatte in eigener Sache eine Vielzahl von zivil rechtlichen Prozessen gegen eine Schaustellerin namens Ka. Kr1. und einem Zeugen namens L. Kr. geführt, welche allesamt bis in die letzte Instanz ohne Erfolg blieben:

Im Schadensersatzverfahren des Angeklagten gegen L. Kr. wegen falscher uneidlicher Aussage im vorangegangenen Zivilprozess des Angeklagten gegen Ka. Kr1. forderte der Angeklagte ca. € 127.000,00 Schadensersatz von Kr. Diesen Prozess verlor der Angeklagte. Der Vorsitzende Richter in diesem Prozess war der Vorsitzende Richter ... am Landgericht München I.

Mit Schreiben vom 16.09.2014 erstattete der Angeklagte gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht München I R. Strafanzeige wegen Rechtsbeugung. Der Angeklagte war der festen Überzeugung, dass er den Prozess deshalb verloren hat, weil der Vorsitzende Richter die Akten nur auszugsweise und lückenhaft gelesen hatte.

Mit Verfügung vom 17.09.2014 hatte die Staatsanwaltschaft München I die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht München I R. gemäß § 152 Abs. 2 StPO abgelehnt.

Gegen diese Verfügung der Staatsanwaltschaft München I wandte sich der Angeklagte mit Antrag auf Klageerzwingung am 27.10.2014 über den der zweite Strafsenat des Oberlandesgerichts München, bestehend aus dem Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Rau, Richterin am Oberlandesgericht Titz und Richter am Oberlandesgericht Gacaoglu, unter dem Aktenzeichen: 2 Ws 1105/14 am 05.02.2015 negativ entschied.

Mit Schreiben vom 16.02.2015, eingegangen beim Obertandesgericht München II, 2. Strafsenat, spätestens am 17.02.2015 erhob der Angeklagte Anhörungsrüge gemäß § 152 a VwGO analog.

Im Rahmen dieser Anhörungsrüge schilderte der Angeklagte unter Ziffer I, II, III den Verfahrensablauf im Zivilverfahren gegen den Beklagten K., teils mit rechtlicher und persönlicher Bewertung der Sachlage.

Unter Ziffer IV. bis VII. des Schreibens des Angeklagten wird eine Pflichtverletzung der Staatsanwaltschaft München I wegen pflichtwidriger Nichteinleitung des Ermittlungsverfahrens gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht München I R. ausgeführt und begründet.

Unter Ziffer VIII. trägt der Angeklagte in Bezug auf die Entscheidung des 2. Strafsenats des OLG München Folgendes vor:

„Vollens unverständlich ist Seite 3 Ihres Beschlusses vom 05.02.2015. Seite 3 Ihres Beschlusses vom 05.02.2015 ist bereits der bare Unsinn. Ihr Gefühl von Machtvollkommenheit kennt offenbar keine Grenzen, keine Scham. Anders ist es nicht zu erklären, dass Sie eine ganze Seite lang einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung eines deutschen Gerichts den reinen Unsinn fabrizieren.“

Unter Ziffer IX. führt der Angeklagte Folgendes aus:

„Der Unterschied zwischen Ihnen und Ro. F6. liegt in Folgendem: Während ein Ro. F6. im Gerichtssaal schrie und tobte und überhaupt keinen Wert darauf legte, dass das von ihm begangene Unrecht in irgendeiner Weise zu verschleiern, gehen sie den umgekehrten Weg: Sie haben sich ein Mäntelchen umgehängt, auf dem die Worte: „Rechtsstaat“ und „Legitimität“ aufgenäht sind. Sie hülfen sich in einen Anschein von Pseudolegitimität, die sie aber in Wahrheit in keiner Weise für sich beanspruchen können. Denn in Wahrheit begehen Sie - zumindest in diesem vorliegenden Justizskandal - genauso schlicht Unrecht, wie es auch Ro. Freister getan hat. So betrachtet ist das Unrecht, das Sie begehen noch viel perfider, noch viel abgründiger, noch viel hinterhältiger als das Unrecht, das ein Ro. F6. begangen hat: Bei Ro. F6. kommt das Unrecht sehr offen, sehr direkt, sehr unverblümt daher. Bei ihnen hingegen kommt das Unrecht als unrechtmäßige Beanspruchung der Begriffe Rechtsstaatlichkeit und Demokratie daher: Sie berufen sich auf die Begriffe Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, handeln dem aber - zumindest in dem vorliegenden Justizskandal - zuwider.“

Der Angeklagte beabsichtigte mit diesem Schreiben, jeweils seine Missachtung gegenüber den betroffenen Richtern des 2. Strafsenats beim Oberlandesgericht München auszudrücken und diese in ihrer Ehre zu verletzen.

Dem Angeklagten war ais erfahrener Rechtsanwalt bewusst, dass eine Änderung der Sachentscheidung nicht zu erwarten ist.

Hintergrund der Äußerungen war vielmehr eine sich eingestellte Frustration des Angeklagten über den bisherigen erfolglosem Verlauf seiner zivil rechtlichen Anstrengungen und der Missachtung der bayerischen Justiz des Fehlverhaltens des entscheidenden Richters am Landgericht München I R. und der Entscheidungen dieses nicht zu ahnden.

Strafantrag wurde durch den Dienstvorgesetzten der drei Geschädigten form- und fristgerecht gestellt.

IV.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten ergeben sich aufgrund seiner eigenen Angaben, die nachvollziehbar und glaubhaft erschienen, sowie dem verlesenen Bundeszentralregisterauszug.

Die Feststellungen zum Sachverhalt ergeben sich ebenfalls aus den Angaben des Angeklagten, die vollumfänglich glaubhaft waren. Der Angeklagte war auch glaubwürdig. Er berichtete in überzeugender Weise, wie sich seine Bemühungen um zivilrechtliche Forderungen in eigener Sache gegen die Schaustellerin Ka. Kr1. und dem Zeugen L. Kr. darstellten und weiche Mühen er hatte, seine Forderungen einzuklagen. Er hat nach eigenen Angaben alle Instanzen bemüht, jeweils ohne Erfolg in der Sache.

Die Erfolglosigkeit seiner Klage gegen Kr. durch den Urteilsspruch des Vorsitzenden Richters am Landgericht München I R. veranlasste ihn gegen diesen Strafanzeige zu stellen. Er war der Auffassung, dass die Klage Erfolg gehabt hätte, wenn VRiLG R. sich die Mühe gemacht hätte, die Akte und insbes. seinen Sachvortrag lückenlos zu lesen.

Die Tatsache, dass er am 16.09.2014 gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht München I R. Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft München I einreichte und diese bereits einen Tag danach am 17.09.2014 durch die Staatsanwältin als Gruppenleiterin S. gemäß § 152 Abs. 2 StPO abgewiesen wurde, erweckte bei ihm den Eindruck, dass er nicht ernst genommen wird und die bayerische Justiz kein Interesse an der Strafverfolgung von Pflichtverletzungen bayerischer Richter habe. Aus diesem Grunde habe er auch Antrag auf Klageerzwingung gestellt. Nachdem auch diese Maßnahme ohne Erfolg blieb und es zum Beschluss des 2 Strafsenats des OLG München vom 5.2.15 kam, verfestigte sich sein Eindruck, dass der Rechtsstaat nicht mehr funktioniere und die bayerische Justiz einen Schutzmantel um ihre Richter in unzulässiger Weise lege.

In dieser Stimmungssituation habe er das Schreiben vom 16.02.2015 verfasst. Er berichtete, dass er sich die Wortwahl in diesem Schreiben sehr gut und lange überlegt habe und er auch heute noch zu seiner Wortwahl stehe.

Seine Motivation sei es gewesen, seine Erfahrungen, wie mit Pflichtverletzungen von Staatsbürgern verfahren wird, zu schildern. Seiner Ansicht nach habe sich ein negatives Zerrbild eines Rechtsstaats gezeigt und der Rechtsstaat habe sich verabschiedet. Er habe es als seine letzte Möglichkeit gesehen, den strafrechtlichen Anspruch auf Rechtsverfolgung mit entsprechender Deutlichkeit und Härte klarzustellen. Ihm sei bewusst, dass er eigentlich nichts Positives mit NS-Bezug ( explizit vom Angeklagten als „NS-Keule“ bezeichnet) erreiche, weil es dann nur noch Abklatsch sei, aber er habe sich lange überlegt, wie er die Kritik formulieren solle. Er fände sie zutreffend.

Der Angeklagte berichtete auch auf Frage des Gerichts, dass ihm durchaus bewusst ist, welche Rolle der bezeichnete Ro. F6. im NS-Regime hatte und welche Tragweite die Handlungen F6.s hatten. Er berichtete von weiteren „NS-Größen“ wie O. Th., von Sch. und zitiere den Film „Die geheime Reichssache“, ein Film über das Wirken von Ro. F6. Er sei auch der Meinung, dass der Vergleich mit F6. zutreffend sei, da es ein Justizskandal darstelle, wie die bayerische Justiz den Vorsitzenden Richter am Landgericht München I R. in Schutz nehme. Er wiederholte mehrfach, dass er zu dem Vergleich stehe, er sei sehr präzise. Er habe die Worte sorgfältig gewählt.

Er sei jedoch der Meinung, dass diese Aussagen, Wertungen und Vergleiche durch sein Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, insbesondere unter dem § 193 StGB, der Wahrnehmung berechtigter Interessen, zulässig sei.

Das Schreiben vom 16.2.2015 wurde dem Angeklagten auszugsweise vorgehalten und in Augenschein genommen, er bestätigte Urheber dieses Schreibens zu sein, ebenso, dieses unterschrieben zu haben.

Die Ausführungen des Angeklagten zum objektiven Sachverhalt und seiner Motivationslage waren nachvollziehbar und in sich nicht im Widerspruch. Das Gericht ging von der Richtigkeit der Ausführungen des Angeklagten in objektiver Hinsicht aus.

Der Verteidiger des Angeklagten ergänzte die Ausführungen des Angeklagten insoweit, dass er der Auffassung sei, dass die Wortwahl anders auszulegen ist, als es im Urteil in erster Instanz erfolgt ist. Er sei der Auffassung, dass allein die Methodik der Darstellung von Sachverhalten durch das Agieren von F6. mit den Mitgliedern des 2. Strafsenats verglichen wurden, nicht dessen Gesinnung, Charakter oder Person an sich.

Der Strafantrag vom11.3.15 wurde verlesen. Es wurde festgestellt, dass dieser form- und fristgerecht vom Dienstvorgesetzten gestellt wurde.

V.

Der Angeklagte hat sich wegen Beleidigung in drei tateinheitlichen Fällen gemäß §§ 185, 194, 52 StGB schuldig gemacht.

Der Vortrag des Angeklagten unter den Ziffern XIII und IX stellt herabwürdigende, ehrverletzende Wertungen dar, keine Tatsachenfeststellungen, somit ist § 185 StGB einschlägig.

Der Vorwurf der Machtvollkommenheit ohne Grenzen, ohne Scham, reinen Unsinn zu fabrizieren und der Vergleich zum Wirken von Ro. F6. stellen eine Herabsetzung der Ehre der betroffenen Senatsmitglieder auf massive Art und Weise dar. Maßgebend ist, wie ein verständiger Dritter diese Äußerungen versteht (BGH 19, 237), jedoch unter Berücksichtigung der Begleitumstände.

Der Angeklagten zieht Parallelen im Agieren und Entscheiden der Senatsmitglieder mit R. F6. Im ersten Einleitungssatz bezieht sich der Angeklagte auf das Prozessverhalten und der inneren Einstellung des R. F6.. In der Folge wird ein Vergleich der Entscheidung der Senatsmitglieder mit dem Unrecht, das R. F6. begangen hat, gezogen und als noch abgründiger, hinterhältiger als das von F6. begangene Unrecht bezeichnet.

Es ist allgemein- und gehenskundig, also offenkundig, dass sich Ro. F6. - ehemaliger und letzter Präsident des Volksgerichtshofs, dem höchsten Gericht des NS Staates für politische Strafsachen - der nationalsozialistischen Gesinnung unterworfen hat und diese mit Überzeugung vollstreckte.

Mehrere tausend Todesurteile (ca. 2600) wurden unter der Feder von F6. ausgesprochen, in der Sache bereits, wenn leise Zweifel am Endsieg Hitlers geäußert wurden. Er führte viele Schauprozesse mit von vorneherein festgelegten Urteilen. Er verurteilte u. a. die Mitglieder der Widerstandsgruppe Weiße Rose, die Geschwister Sc. und die Verschwörer des Hitler-Attentats zum Tode.

Besonderes Merkmal war sei jähzorniges lautes bzw. schreiendes Auftreten im Prozess und Verwenden von Ausdrücken und Verhaltensmaßnahmen, die die Angeklagten rechtsgrundlos demütigten. Zudem wurden rechtsstaatliche Grundsätze mit Füßen getreten; er rechtfertigte seine Handlungen mit den Grundsätzen der Ideologie der NS-Zeit.

Dass ein Vergleich mit einem der größten Verbrecher im nationalsozialistischen Regime einen massiven Angriff auf die Ehre der Geschädigten - auch unter Berücksichtigung der Begleitumstände - darstellt, ist eindeutig.

Strafantrag wurde form - und fristgerecht gestellt.

Die Aussage des Angeklagten! ist auch nicht gemäß § 193 StGB gerechtfertigt:

Hierbei ist insbesondere die Gesamtbetrachtung der Ausführungen des Angeklagten vom 16.02.2015 unter Ziffer IX angezeigt:

Der Einwand des Verteidigers!, dass der Angeklagte ja nur das laute äußere Verhalten F6.s mit dem Agieren der Senatsmitglieder in Relation gesetzt habe, also nicht dessen schreckliche Taten und innere Gesinnung, überzeugt nicht. Zum einen hatte der Angeklagte diese Interpretation nicht bestätigt und trifft auch die Sachlage nicht. Maßgeblich für die Auslegung ist in erster Linie die Wortwahl, die der Angeklagte auch nach eigenen Angaben bewusst so gewählt hat.

Ro. F6.s lautes Auftreten in der Sitzung ist mit der vom Angeklagten kritisierten im Beschlusswege gefassten En Scheidung des 2. Strafsenats vom Grundsachverhalt her bereits nicht vergleichbar. Der Angeklagte ist Anwalt und kennt die Verfahrensgrundsätze. Er weiß, dass im Beschlusswege keine mündliche Verhandlung erfolgt, demgemäß ein Auftreten wie F6. nicht zur Debatte steht, wenn der 2. Senat einen Beschluss fasst. Im Übrigen zeigt der Wortlaut der Ausführungen des Angeklagten, dass er den Vergleich eindeutig mit dem „Unrecht“, das F6. begangen hat, zieht.

Nach obergerichtlicher Rechtssprechung im sogenannten „Kampf um das Recht“ zulässig, auch zugespitzte, starke, eindringliche und sinnfällige Schlagworte zu verwenden (BVerfGE 28.7.2014, 1 BvR 482/13; BayObLG NStZ - RR 2002,40). Das ehrverletzende Verhalten ist dann aber nicht nach § 193 StGB gerechtfertigt, wenn der/die Verfahrensbeteiligten oder der Verfahrensablauf hierzu keine Veranlassung gegeben haben (BVerfG NJW 88, 194) oder es sich bei dem Werturteil um eine Schmähkritik, Formalbeleidigung oder einen Angriff auf die Menschenwürde der betroffenen Richter handelt:

Es ist somit grundsätzlich erlaubt, polemische Aussagen zu tätigen und Aussagen zu „unsinnigen“ Entscheidungen per se unter § 193 StGB zu rechtfertigen. Zumal es sich hier um Äußerungen des Verteidigers in eigener Sache, in einem Schreiben an die Richter selbst, ohne Öffentlichkeitsbezug, handelt.

Das Schreiben des Angeklagten hatte nach dem Beschluss des 2. Senats keine verfahrensrechtliche Relevanz mehr. Eine anders geartete Entscheidung in der Sache war nicht mehr möglich und auch nicht zu erwarten. Der Angeklagte wusste, dass damit die Sache erledigt war, was er in der Hauptverhandlung auch so bestätigte. Er gab hierzu an, dass es ihm ein Bedürfnis war, die Richter über das Versagen der Rechtsstaatlichkeit zu informieren und dieses Verhalten der Justiz mit eindeutigen Worten zu kritisieren. In der Sache aber selbst, waren diese Ausführungen nicht dienlich. Die Äußerungen des Angeklagten lieferten zwar keinen Beitrag zur Auseinandersetzung in der Sache selbst, stellen aber nicht nur die Diffamierung der betroffenen Richter in den Vordergrund (BVerfGE 28.7.2015; 1 BvR 482/13). Der Angeklagte hat in seinen Ausführungen sehr wohl zum Verhalten der jeweiligen Amtspersonen Stellung unter den Ziffern I - VII umfassend genommen und sich damit auseinandergesetzt. Eine isolierte Betrachtung der Ausführungen des Angeklagten unter Ziffer VIII.-IX. erschien dem Gericht nicht zulässig zu sein. Eine reine Schmähkritik ist somit - bei Betrachtung der Gesamtumstände - nicht gegeben.

Zur Entscheidung, ob die Äußerungen des Angeklagten aufgrund Wahrnehmung der berechtigter Interessen gerechtfertigt waren, ist letztlich eine Abwägung der Beeinträchtigungen und Rechtspositionen vorzunehmen, die im Einzelfall die persönliche Ehre der betroffenen Richter betrifft und auf der anderen Seite das Recht auf freie Meinungsäußerung:

In § 193 StGB findet sich der Gedanke, dass grundsätzlich auch das Recht zur Äußerung der Meinung verbürgt ist. Ihre Grenze findet die Freiheit jedoch u. a. im Schutz der persönlichen Ehre. Grundsätzlich ist im Bereich der öffentlichen und politischen Meinungsbildung eine Vermutung zugunsten der Freiheit der Rede gegeben (ständige Rechtsprechung Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 7,198, 208, 212).

Die Freiheit der Meinungsäußerung ist eine konstitutive Grundlage jeder freiheitlichen und demokratischen Rechtsordnung und kann wegen dieser außerordentlichen Bedeutung nur durch solche Rechtsgüter eingeschränkt werden, denen ebenfalls ein hoher Rang zukommt und die ihrerseits im Licht der Meinungsfreiheit auch zu fassen sind. Die Frage ist somit, ob und inwieweit sich aus dem Recht der persönlichen Ehre im Einzelfall Grenzen ergeben BVerfGE 61, BVerfG NJW 1992, 2815).

Die Grenzen der Meinungsfreiheit finden sich grundsätzlich dann, wenn u. a. die Menschenwürde der Geschädigten verletzt ist. Wegen der des Rechts auf Meinung verdrängenden Effekts sind diese Ausnahmetatbestände jedoch eng auszulegen (Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 93, 266).

Das Verhalten von Rechtsanwälten, die auch Teil der Rechtspflege sind, muss grundsätzlich „zurückhaltend, ehrenhaft und würdig“ sein (EGMR NJW 04, 3317).

Bei den Äußerungen des Angeklagten handelt es sich um einen Vergleich bzw. Schlechterstellung von Amtsträgern mit idem Handeln eines der menschenverachtendsten Naziverbrechers, namens R. F6. Die ehrverletzenden Äußerungen stellen eine Herabsetzung der Amtsträger auf der untersten sittlichen Stufe dar.

Der Angriff auf die Ehre der Personen ist in höchstem Maße herabwürdigend, wenn es um einen Vergleich mit Verbrechern des Nationalsozialistischen Regimes geht (BVerfGE 82, 272), gerade im Bereich der Tätigkeit der Justiz.

Die Ehrverletzung in einer der massivsten Formen ist im Rahmen eines Klageerzwingungsverfahrens, schriftlich, ohne Außenwirkung, erfolgt, das aber letztlich bereits ihr Ende gefunden hat, also ohne dass Einfluss auf das Verfahren zu nehmen war. Dem Angeklagten ging es darum, den bereits verlorenen Kampf um die Gerechtigkeit vehement zu kritisieren und die beteiligten Personen zu maßregeln. Die emotionalen Beweggründe sind auch aus dem Schreiben des Angeklagten erkennbar.

Die Äußerungen sind durch einen Rechtsanwalt in eigener Sache, also nicht im Interesse eines Mandanten erfolgt.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die erhobene Kritik mit den ehrverletzenden Worten im Rahmen der gebotenen Güterabwägung nicht hinnehmbar ist. Die Grenze zur Ausübung der Meinungsfreiheit/Wahrung der berechtigten Interessen ist in diesem Falle überschritten. Die Äußerungen in ihrer Massivität ist für Richter im Rahmen der Ausübung ihres Amtes nicht mehr hinnehmbar. Es ist nicht zu rechtfertigen, dass die Amtspersonen keinerlei Schutz mehr beanspruchen können, wenn im Rahmen der beleidigenden Äußerungen auch sachliche Erwägungen vorgetragen werden.

Die ehrverletzende Kritik hat eine eigenständige Bedeutung, geht deutlich über eine Polemik in der Sache hinaus und hat im objektiven Sachverhaltsvergleich keine Grundlage. F6.s Agieren war menschenverachtend und ohne jegliche verfassungskonforme Grundlage. Die Entscheidung des 2. Senats ist - auch wenn der Senat nicht in eine Sachprüfung des Grundvorgangs eingetreten ist - in keinster Weise in Vergleich mit dem Unrecht F6.s zu stellen.

Auch ist die Wertung der Handlung der Senatsmitglieder steht in keinem Verhältnis zum Werturteil des Angeklagten.

Der Angeklagte handelte auch vorsätzlich. Er trug vor, dass ihm sowohl die Wortwahl, als auch die Bedeutung und Wirkung seiner Aussage bewusst war und sich die Wortwahl sehr wohl überlegt hatte.

VI.

Der gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen beträgt Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.

Anhaltspunkte für eine Straf rahmen Verschiebung nach §§ 20,21 StGB haben sich nicht ergeben. Der Angeklagte hat weder ein Suchtverhalten gezeigt, noch sind Umstände vorhanden,

die eine Strafrahmenverschiebung zulassen. Ein Täter-Opfer-Ausgleich oder ähnliche Handlungen sind nicht erfolgt.

Innerhalb des gesetzlich vorgegeben Strafrahmen war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er in objektiver Hinsicht voll umfang lieh geständig war. Der Angeklagte räumte den Sachverhalt und auch die Motivationslage vollumfänglich ein.

Darüber hinaus war positiv zu berücksichtigen, dass die beleidigenden Äußerungen nicht in Öffentlichkeit getätigt wurden. Die Äußerungen wurden in einem Klageerzwingungsverfahren schriftlich gegenüber den Senatsmitgliedern getätigt. Der Kreis der Personen, die von den Äußerungen Kenntnis nehmen konnten war gering.

Der Angeklagte ist bislang auch strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.

Ein Interesse der Geschädigten an der Strafverfolgung ist ebenfalls nicht erkennbar.

Strafmildernd war auch zu sehen, dass im Hinblick auf die vom Angeklagten geschilderte Vorgeschichte in dem von ihm persönlich geführten Zivilverfahren sich eine gewisse Frustration einstellte und diese den Leidensdruck beim Angeklagten in den letzten Bemühungen stark erhöhte.

Andererseits aber war zu Serien, dass es sich hier nicht um eine Spontantat handelt, sondern um wohl überlegt gewählte Worte, die in ihrer Massivität und Angriffsstärke im obersten Bereich anzusetzen sind. Der Angeklagte, der durchaus in der Lage ist, sich sachlich deutlich und mit Nachdruck auszudrücken, hat bewusst äußert ehrverletzende Ausdrücke gewählt. Die Gleichstellung bzw. im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit des Unrechts noch über einem Verbrecher des Nationalsozialismus gestellt zu werden, ist eine der schlimmsten Beleidigungen, die ein Amtsträger erlangen kann.

Der Angeklagte hat auch insgesamt drei Personen in seinen ehrverletzenden Äußerungen erfasst.

Unter Berücksichtigung zugunsten und zulasten sprechenden Umstände sah das Gericht eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen an.

Die Tagessatzhöhe war unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten zu schätzen. Der Angeklagte hat angegeben, in geordneten Verhältnissen zu leben, zudem in einem Eigenheim zu wohnen, seine Ehefrau hat eigenes Einkommen. Sie ist nicht unterhaltsbedürftig. Der im Haushalt lebende Sohn ist noch unterhaltsbedürftig. Eine Unterhalts Verpflichtung gegenüber dem Sohn der Ehefrau wurde nicht dargetan, aber Zugunsten des Angeklagten angenommen.

Das Gericht hat berufsbedingte Abzüge für Versicherungen, Aufwendungen, Betriebsausgaben, sowie Krankenkassenbeiträge in Höhe von insges. 1500,00 Euro geschätzt und in Abzug gebracht, zudem 250 Euro (50% von 500,00 Euro, 10% aus dem Einkommen) für Aufwand zum Unterhalt des Ziehsohnes.

Ein Mietwert für das selbstgenutzte Eigenheim wurde nicht einkommenserhöhend angesetzt, da nicht erkennbar war, ob dies im Eigentum des Angeklagten oder seiner Ehefrau steht.

Nach Abzug der Positionen von einem geschätzten monatlichen Einkommen von 5000,00 € ist ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 3000,00 Euro anzunehmen.

Insoweit erscheint die Festsetzung der Tagessatzhöhe auf € 100,00 für angezeigt an.

Eine unverhältnismäßig hohe Belastung aus der Geldstrafe für den Angeklagten ist nicht gegeben, weshalb eine Reduzierung - unabhängig von den tatsächlichen finanziellen Verhältnissen (BGH 26,331) - nicht angezeigt ist.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO.

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(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.

(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Die Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt. Ist die Tat in einer Versammlung oder dadurch begangen, dass ein Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verletzte als Angehöriger einer Gruppe unter der nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verfolgt wurde, diese Gruppe Teil der Bevölkerung ist und die Beleidigung mit dieser Verfolgung zusammenhängt. In den Fällen der §§ 188 und 192a wird die Tat auch dann verfolgt, wenn die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Die Taten nach den Sätzen 2 und 3 können jedoch nicht von Amts wegen verfolgt werden, wenn der Verletzte widerspricht. Der Widerspruch kann nicht zurückgenommen werden. Stirbt der Verletzte, so gehen das Antragsrecht und das Widerspruchsrecht auf die in § 77 Abs. 2 bezeichneten Angehörigen über.

(2) Ist das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, so steht das Antragsrecht den in § 77 Abs. 2 bezeichneten Angehörigen zu. Ist die Tat in einer Versammlung oder dadurch begangen, dass ein Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verstorbene sein Leben als Opfer der nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verloren hat und die Verunglimpfung damit zusammenhängt. Die Tat kann jedoch nicht von Amts wegen verfolgt werden, wenn ein Antragsberechtigter der Verfolgung widerspricht. Der Widerspruch kann nicht zurückgenommen werden.

(3) Ist die Beleidigung gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. Richtet sich die Tat gegen eine Behörde oder eine sonstige Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so wird sie auf Antrag des Behördenleiters oder des Leiters der aufsichtführenden Behörde verfolgt. Dasselbe gilt für Träger von Ämtern und für Behörden der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts.

(4) Richtet sich die Tat gegen ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder eine andere politische Körperschaft im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes, so wird sie nur mit Ermächtigung der betroffenen Körperschaft verfolgt.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 22. August 2012 - 38 Ns 115 Js 251/09 - 172/11 - und der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Januar 2013 - III 2 RVs 186/12 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes.

2. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Duisburg zurückverwiesen.

3. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die ihm im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: Fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine strafgerichtliche Verurteilung wegen Beleidigung gemäß § 185 StGB.

2

1. Der Beschwerdeführer führte vor dem Amtsgericht einen Schadensersatzprozess gegen seinen ehemaligen Prozessbevollmächtigten, da dieser eine Berufung in einem weiteren Verfahren beim falschen Gericht eingelegt haben soll. Das Amtsgericht wies diese Schadensersatzklage ab. Nachdem die Berufung des Beschwerdeführers zurückgewiesen worden war, erhob der Beschwerdeführer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die zuständige Richterin des Amtsgerichts. Das diesbezügliche Schreiben an den Präsidenten des Landgerichts, das der Beschwerdeführer auch an die betroffene Richterin, den Justizminister und die Gegenseite übersandte, enthielt folgende Äußerungen:

Infolge der Hauptverhandlung am 27.10.2008 wurde von der Richterin … ein skandalöses Fehlurteil gefällt. Wenn schon bekannt, dass in Deutschland der Richter beliebig urteilen kann (…)

Bis hierhin kann man das Urteil als absichtlich oder unabsichtlich schlampig und arglistig ansehen.

Den Kern der richterlichen Tätigkeit verlassend protestiere ich folgend gegen das schäbige, rechtswidrige und eines Richters unwürdige Verhalten der Richterin … und meine, sie müsse effizient bestraft werden um zu verhindern, dass diese Richterin nicht auf eine schiefe Bahn gerät. (…)

Perplex hatte ich an diesem Punkt verstanden, dass der Aufklärungstermin lediglich eine Farce und Finte sein konnte.

Sie begab sich an ihren Platz und fabulierte durcheinander (…)

Ihre Idee, die Berufung sei wegen mangelnder Aussicht auf Erfolg zurückgenommen worden, findet sich erstaunlicherweise wieder in dem entstellten Sachverhalt, wo die Richterin … behauptet: "der Kläger begehre Schadensersatz wegen anwaltlicher Fehlberatung", "er habe ihn beauftragt, die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels zu prüfen". Solche Erfindung in ein Urteil einzubauen, ist illegal. Ich hatte Auftrag erteilt, in jedem Fall Berufung (…) einzulegen.

Die Richterin … hat nicht einmal auf die "Differenz zwischen dem Klageantrag und der Klagebegründung", wie im Urteil behauptet, hingewiesen; durch einen solchen Hinweis wäre ich vermutlich alarmiert worden (…). "Gleichwohl vermochte der Kläger diesen Widerspruch nicht aufzuklären" ist nicht nur gelogen, sondern im Hinblick darauf, dass diese perfide Lüge benutzt wird, mich den Prozess verlieren zu lassen, niederträchtig und gegen das Recht. (…)

3

2. Das Amtsgericht verurteilte den Beschwerdeführer aufgrund dieser Äußerungen wegen Beleidigung gemäß § 185 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagesssätzen zu je 20 €. Den auf die Berufung des Beschwerdeführers erfolgten Freispruch hob das Oberlandesgericht auf.

4

3. Mit angegriffenem Urteil verwarf das Landgericht daraufhin die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet. Der Beschwerdeführer habe sich wegen Beleidigung strafbar gemacht. Sein Handeln sei auch dann nicht gemäß § 193 StGB gerechtfertigt, wenn man davon ausgehe, dass seine Äußerungen als Werturteil beziehungsweise als Meinungskundgabe anzusehen seien und die Meinungsfreiheit grundsätzlich dem Persönlichkeitsschutz vorgehe. Bei den Äußerungen des Beschwerdeführers handele es sich um Schmähkritik. Dies habe zur Folge, dass seine Meinungsfreiheit zurücktreten müsse. Dem Beschwerdeführer sei es im Kern nicht um eine sachliche Auseinandersetzung mit der Art und Weise gegangen, wie der Zivilprozess geführt worden sei, sondern um eine Diffamierung der Person der Richterin. Selbst wenn keine Schmähkritik vorliege, müsse bei einer Abwägung seine Meinungsfreiheit gegenüber der Ehre der Richterin zurücktreten. Der Zivilprozess sei zum Zeitpunkt des Schreibens endgültig abgeschlossen gewesen. Zudem könne seine sinngemäße Äußerung, die Richterin drohe auf eine schiefe Bahn zu geraten, nur in dem Sinne ausgelegt werden, dass die Gefahr der Begehung künftiger Straftaten durch die Richterin bestehe. Dies sei völlig aus der Luft gegriffen und ein durch nichts gerechtfertigter Wertungsexzess. Zusätzlich habe der Beschwerdeführer durch die Übersendung des Schreibens an die Gegenseite den Kreis der Adressaten und Empfänger unnötig ausgedehnt.

5

4. Das Oberlandesgericht verwarf die Revision des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 7. Januar 2013 als unbegründet.

6

5. Mit seiner Verfassungsbeschwerde vom 11. Februar 2013 rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG.

7

6. Dem Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Von einer Stellungnahme wurde abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen dem Bundesverfassungsgericht vor.

II.

8

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

9

1. Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 61, 1 <7 ff.>; 90, 241 <246 ff.>; 93, 266 <292 ff.>). Dies gilt namentlich für den Einfluss des Grundrechts auf Meinungsfreiheit bei Auslegung und Anwendung der grundrechtsbeschränkenden Vorschriften der §§ 185 ff. StGB (vgl. BVerfGE 82, 43 <50 ff.>; 85, 23 <30 ff.>; 93, 266 <292 ff.>).

10

2. Die Verfassungsbeschwerde ist danach zulässig und im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.

11

a) Das Urteil des Landgerichts, dem sich das Oberlandesgericht anschließt, nimmt in verfassungsrechtlich nicht mehr tragbarer Art und Weise an, dass es sich bei den für strafbar erachteten Äußerungen um Schmähkritik handele. Hierbei verkennt das Landgericht die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur Einordnung einer Äußerung als Schmähkritik. Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts hat das Bundesverfassungsgericht den in der Fachgerichtsbarkeit entwickelten Begriff der Schmähkritik eng definiert. Danach macht auch eine überzogene oder ausfällige Kritik eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Sie muss jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der persönlichen Herabsetzung bestehen. Wesentliches Merkmal der Schmähung ist mithin eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung. Nur dann kann im Sinne einer Regelvermutung ausnahmsweise auf eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls verzichtet werden. Aus diesem Grund wird Schmähkritik bei Äußerungen in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vorliegen und im Übrigen eher auf die sogenannte Privatfehde beschränkt bleiben (vgl. BVerfGE 82, 272 <283 f.>; 93, 266 <294, 303>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 12. Mai 2009 - 1 BvR 2272/04 -, NJW 2009, S. 3016 <3018>). Dem genügt die Entscheidung des Landgerichts nicht. Auch bezüglich der Äußerung, es müsse verhindert werden, dass die Richterin auf eine schiefe Bahn gerate, steht die Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund. Der Beschwerdeführer bezieht sich auf das von ihm in der Dienstaufsichtsbeschwerde kritisierte Verhalten und bezweckt eine Überprüfung dieses Verhaltens durch eine übergeordnete Stelle. Es handelt sich zwar um polemische und überspitzte Kritik; diese hat aber eine sachliche Auseinandersetzung zur Grundlage. Bezüglich der weiteren Äußerungen begründet das Landgericht seine Einordnung als Schmähkritik überhaupt nicht.

12

b) Soweit das Landgericht hilfsweise dennoch eine Abwägung vornimmt, verstößt es hierbei zunächst insofern gegen die Meinungsfreiheit, die Äußerung des Beschwerdeführers, "es müsse verhindert werden, dass die Richterin auf eine schiefe Bahn gerate", dahingehend auszulegen, dass hiermit der betroffenen Richterin die künftige Begehung von Straftaten unterstellt werde. Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung von Äußerungen ist, dass ihr Sinn zutreffend erfasst worden ist (vgl. BVerfGE 93, 266 <295>). Ein Verstoß gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit liegt vor, wenn ein Gericht bei mehrdeutigen Äußerungen die zur Verurteilung führende Bedeutung zugrunde legt, ohne vorher die anderen möglichen Deutungen mit schlüssigen Gründen ausgeschlossen zu haben (vgl. BVerfGE 82, 43 <52>; 93, 266 <295 f.>). Die Beachtung dieser Anforderungen unterliegt der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 93, 266 <296>). Warum die Äußerung des Beschwerdeführers hier vernünftigerweise nur so gemeint sein könne, dass die Richterin sonst Straftaten begehen würde, ist aus der Entscheidung des Landgerichts nicht erkennbar. Mit weiteren möglichen Deutungen hat es sich nicht auseinandergesetzt.

13

Auch im Übrigen genügt die Abwägung nicht den verfassungsrechtlichen Maßstäben (vgl. hierzu BVerfGE 7, 198 <212>; 93, 266 <293>; stRspr). Das Landgericht stellt einseitig auf den Ehrschutz ab, ohne die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers ausreichend zu würdigen. Insbesondere wird nicht hinreichend gewürdigt, dass der Beschwerdeführer das Schreiben zwar auch an die Gegenseite gesandt hat, den Adressatenkreis des Schreibens aber überschaubar hielt und sich neben dem Dienstvorgesetzten der Amtsrichterin auf den beklagten Anwalt und den Justizminister beschränkte. Zudem ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer im "Kampf ums Recht" befand und ihm hierbei zur plastischen Darstellung seiner Position grundsätzlich erlaubt ist, auch starke und eindringliche Ausdrücke zu benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, ohne jedes Wort auf die Waagschale legen zu müssen (vgl. BVerfGE 76, 171 <192>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Juli 1996 - 1 BvR 873/94 -, NStZ 1997, S. 35, der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. März 1999 - 1 BvR 734/98 -, NJW 2000, S. 199 <200> und der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. Februar 2012 - 1 BvR 2883/11 -, NJW-RR 2012, S. 1002).

14

c) Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Fehlern. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei erneuter Befassung zu einer anderen Entscheidung in der Sache kommen wird.

15

3. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.