Landgericht München I Endurteil, 17. Mai 2018 - 2 O 14564/17
nachgehend
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, die Bürgschaft vom 12.10.2012 der Sparkasse im Landkreis ..., in Höhe von 21.100,- € an die Klägerin herauszugeben.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 16 % und die Beklagte 84 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 22.400,00 €. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,- € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.275,00 € festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Beklagte wird verurteilt, die Bürgschaft vom 12.10.2012 der Sparkasse im Landkreis ... in Höhe von 21.100,00 € an die Klägerin herauszugeben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, die vorgerichtliche Anwaltskosten (als Nebenforderung gemäß § 4 ZPO) i.H.v. 984,60 € nebst Zinsen i.H.v. 5 % - Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Klagezustellung zu zahlen.
Gründe
I.
1. Zum Herausgabeanspruch:
2. Zum Antrag auf vorgerichtliche Anwaltskosten:
II.
III.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht München I Endurteil, 17. Mai 2018 - 2 O 14564/17
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht München I Endurteil, 17. Mai 2018 - 2 O 14564/17
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandgericht München I Endurteil, 17. Mai 2018 - 2 O 14564/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.
(2) Die gleiche Befugnis hat der Bürge, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann.
Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage). Erhebt der Bürge die Einrede der Vorausklage, ist die Verjährung des Anspruchs des Gläubigers gegen den Bürgen gehemmt, bis der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat.
(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.
(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der L Bau GmbH.
3Mit Bauvertrag vom 15.02.2012 beauftragte die Beklagte die Firma L mit der Ausführung von Rohbauarbeiten bei dem Bauvorhaben der O-Bank in Köln. Die Geltung der VOB/B wurde vereinbart. In § 9 Abs. 2 des Bauvertrages war vereinbart: „Zur Sicherung sämtlicher Mängelansprüche des Auftraggebers wird eine Sicherheit i.H.v. 5 % der geprüften Nettoabrechnungssumme der Schlussrechnung vereinbart. Die Sicherheit wird von der Schlusszahlung einbehalten. Eine Ablösung des Einbehalts durch eine unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines Kreditversicherers oder Kreditinstituts gemäß § 17 Abs. 2 VOB/B, in der der Bürge auf die Einrede der Anfechtung und Vorausklage verzichtet, ist möglich. Im übrigen gelten die Bestimmungen des § 17 VOB/B.“
4Die Firma L führte die Leistungen in der Folgezeit aus; sie wurden von der Beklagten abgenommen. Mit Schlussrechnung vom 25.04.2013 rechnete die Firma L ihre Leistungen ab. Die Schlussrechnung wurde von der Beklagten geprüft. Von dem von ihr ermittelten Nettobetrag in Höhe von 334.975,76 € behielt die Beklagte 5 % = 16.748,79 € als Sicherheit für Mängelansprüche gemäß der Vereinbarung in § 9 Abs. 2 des Vertrages ein.
5Der Kläger meint, der Sicherheitseinbehalt sei zu Unrecht erfolgt, da die Vertragsklausel in § 9 Abs. 2 unwirksam sei, weil sie gegen Grundsätze des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoße. Sie sei gemäß § 307 Abs. 2 BGB nichtig. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung seien nämlich die Vereinbarung eines Gewährleistungseinbehalts von 5 % der Auftragssumme in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers entgegen den Geboten von Treu und Glauben, sofern dem Auftragnehmer kein angemessener Ausgleich dafür zugestanden werde, dass er den Werklohn nicht sofort ausgezahlt bekomme, das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist tragen müsse und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung des Werklohns vorenthalten werde. Die vorliegend der Firma L eingeräumte Möglichkeit, den Einbehalt durch Hingabe einer wie oben näher beschriebenen Bürgschaft abzulösen, sei in diesem Sinne kein angemessener Ausgleich. Zu der von der Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung behauptet der Kläger, die fraglichen Rechnungen seien teilweise bereits ausgeglichen; auf den diesbezüglichen Vortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 06.09.2013 wird Bezug genommen. Zur Rechnung vom 28.03.2013 behauptet der Kläger, dass der Minibagger lediglich deshalb in der Baugrube verblieben sei, weil die Beklagte die Firma X, die den Bagger gestellt habe, nicht angewiesen habe, diesen aus der Baugrube abzutransportieren. Der Kläger meint, dass die genannte Rechnung daher unberechtigt sei.
6Der Kläger beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.748,49 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2013 zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte meint, zum Sicherheitseinbehalt berechtigt zu sein. Hilfsweise erklärt die Beklagte in Höhe von 9.274,85 € die Aufrechnung mit Gegenforderungen aus drei Rechnungen vom 28.03.2013, 07.02.2013 und 30.01.2013 über Maschinenmieten der Firma L bei der Beklagten. Auf die Darstellung der Gegenforderungen durch die Beklagte (Bl. 52, 128-129 d.A.) wird Bezug genommen. Bezüglich der Rechnung vom 28.03.2013 behauptet die Beklagte, von der Firma L nicht informiert worden zu sein, die Firma X wegen eines vorzeitigen Abtransport des Baggers zu kontaktieren. Eine Weigerung der Firma X zum Abtransport sei der Beklagten nicht bekannt.
11Entscheidungsgründe:
12Die Klage ist derzeit unbegründet.
13Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen fälligen Anspruch auf Auszahlung des einbehaltenen Werklohns nach §§ 631 Abs. 1 BGB, 2 VOB/B.
14Die Entstehung des Werklohnanspruchs der Firma L gegen die Beklagte ist zwischen den Parteien nicht streitig. Es ist lediglich streitig, ob die Beklagte zu einem Sicherheitseinbehalt berechtigt ist.
15Im Ergebnis begegnet der Sicherheitseinbehalt keinen Bedenken.
16Bei der fraglichen Klausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten; hiervon gehen auch beide Parteien aus.
17Zutreffend beruft sich der Kläger zunächst auf den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsatz, wonach die Vereinbarung eines Gewährleistungseinbehalts von 5 % der Auftragssumme in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers entgegen den Geboten von Treu und Glauben ist (und somit die Voraussetzungen des § 307 Abs. 2 BGB für die Nichtigkeit einer derartigen Klausel erfüllt), sofern dem Auftragnehmer kein angemessener Ausgleich dafür zugestanden wird, dass er den Werklohn nicht sofort ausgezahlt bekommt, das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist tragen muss und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung des Werklohns vorenthalten wird (vgl. nur BGHZ 136, 27).
18Soweit der Kläger zahlreiche weitere Entscheidungen für seine Auffassung heranzieht, die Möglichkeit einer Ablösung des Sicherheitseinbehalts durch Hingabe einer unbefristeten, unwiderruflichen und selbstschuldnerischen Bürgschaft unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtung und Vorausklage, sei kein angemessener Ausgleich in diesem Sinne, vermag er hiermit indes nicht zu überzeugen.
19Die Ansicht des Klägers findet nämlich in der der Kammer zugänglichen Rechtsprechung keine Stütze.
20Die vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidungen lassen sich auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht übertragen, weil sie Bürgschaften anderer Ausgestaltung betreffen.
21Während es hier geht es um den formularmäßigen Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit (§ 770 Abs. 1 BGB) und der Vorausklage (§ 771 BGB) geht, ist Gegenstand der zitierten Entscheidungen zumeist der Verzicht auch auf die Einrede der Aufrechenbarkeit (§ 770 Abs. 2 BGB). Dies gilt u.a. für die Entscheidungen BGH NJW 2003, 1521 und OLG Frankfurt a.M. IBR 2013, 26. Weitere Entscheidungen betreffen Bürgschaften auf erstes Anfordern, d.h. solche, bei denen sämtliche Einreden (außer § 242 BGB) ausgeschlossen sind. Dies gilt u.a. für die Entscheidungen BGHZ 136, 27 = BGH NJW 1997, 2598; OLG Karlsruhe BauR 2004, 1165 und OLG Frankfurt a.M. IBR 2013, 617. Die Entscheidung BGH BauR 2009, 1742 = NZBau 2009, 784 betrifft eine Bürgschaft mit Verzicht auf sämtliche Einreden des § 768 BGB. Im Ergebnis beziehen sich alle diese Entscheidungen auf Bürgschaften, bei denen die Rechte des Bürgen weitergehend eingeschränkt waren als im vorliegenden Fall, in dem nämlich insbesondere die Einrede der Aufrechenbarkeit nicht ausgeschlossen ist.
22Eine Juris-Recherche der Kammer mit den Stichworten „Sicherheitseinbehalt“, „Anfechtbarkeit“ und „Vorausklage“ ergab, dass sich sämtliche hierzu nachgewiesenen Entscheidungen zu Bürgschaften verhalten, in denen – anders als hier – zumindest auch die Aufrechenbarkeit ausgeschlossen war. Diese Entscheidungen sind daher auf den vorliegenden Fall ebenfalls nicht übertragbar.
23Soweit sich der Kläger auch auf die Entscheidung OLG Hamm IBR 2013, 200 bezogen hat, wonach bereits der Umstand, das dem Auftragnehmer lediglich eine Ablösung des Sicherheitseinbehalts durch Hingabe einer (wie auch immer gearteten) Bürgschaft unangemessen benachteiligend sei, ist diese Entscheidung – soweit ersichtlich – vereinzelt geblieben; zudem lässt sich der vom OLG Hamm gezogene Schluss gerade nicht auf die dort zitierten Entscheidungen BGH BauR 2009, 1742 = NZBau 2009, 784 und BGHZ 136, 27 = BGH NJW 1997, 2598 stützen; die genannten Entscheidungen betrafen nämlich – wie bereits ausgeführt – Bürgschaften auf erstes Anfordern bzw. Bürgschaften mit einem Verzicht auf sämtliche Einreden des § 768 BGB.
24Der Kläger hat auch keine Argumente dafür vorgebracht, wieso der hier vorliegende Fall – im Wege der Rechtsfortentwicklung – ebenso behandelt werden soll wie diejenigen Fälle, die den eingangs zitierten Entscheidungen zugrunde lagen. Ein sachlicher Grund für eine solche Gleichbehandlung ist auch nicht ersichtlich. Dem Beklagten bleiben ausreichende Einredemöglichkeiten erhalten. Insbesondere die in der Praxis wichtige Einrede der Aufrechenbarkeit wird ihm nicht genommen.
25Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
26Der Streitwert wird auf 16.748,49 EUR festgesetzt.
BUNDESGERICHTSHOF
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Wimmer
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf Zahlung von 327.500 € in Anspruch.
- 2
- Die Klägerin beauftragte die B. GmbH im Jahre 2008 unter Einbeziehung der VOB/B (2006) mit der Errichtung von 47 Wohneinheiten nebst Tiefgarage zu einem Pauschalfestpreis in Höhe von 6.550.000 €.
- 3
- Gemäß § 12.1.1 des Vertrags hatte die B. GmbH eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Bruttoauftragssumme zu stellen. § 12.1.1 des Vertrags lautet: "Ausführungsbürgschaft Zur Absicherung der vertragsgemäßen Erfüllung seiner Leistungspflichten , insbesondere der vertragsgemäßen Ausführung der Bau- und Planungsleistungen, der Rückerstattung evtl. Vorauszahlungen und Überzahlungen einschließlich Zinsen sowie von Schadensersatz- und Vertragsstrafeansprüchen stellt der AN dem AG eine Erfüllungsbürgschaft einer Deutschen Großbank oder eines Deutschen Kreditinstitutes öffentlichen Rechts oder eines allgemein anerkannten Kreditversicherers in Höhe von 5 % der Bruttoauftragssumme. Die Bürgschaft ist spätestens vor Auszahlung der ersten Abschlagszahlungen zu stellen. … Die Bürgschaft ist unbedingt, unbefristet, unwiderruflich und selbstschuldnerisch auszustellen und hat den Verzicht auf das Recht zur Hinterlegung sowie die Einreden der Anfechtbarkeit, Aufrechenbarkeit und der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB sowie den Hinweis zu enthalten, dass § 775 BGB nicht zur Anwendung kommt. Für die Einrede der Aufrechenbarkeit gilt dies nur insoweit, als die Gegenforderung nicht unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist. ..."
- 4
- Zudem sah § 10.5. des Vertrags einen Einbehalt von der Schlusszahlung in Höhe von 5 % der Bruttoauftragssumme zur Sicherung der Mängelansprüche der Klägerin vor, wobei die B. GmbH gemäß § 10.5. i.V.m. § 12.1.2 des Vertrags berechtigt war, den Einbehalt durch Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft in gleicher Höhe abzulösen.
- 5
- Bei diesen Regelungen handelt es sich um von der Klägerin vorformulierte und gestellte Geschäftsbedingungen.
- 6
- § 13.1. des Vertrags erlaubte Abschlagsrechnungen nach dem Vertrag beigefügten Zahlungsplänen. Nach diesen sollten die drittletzte Abschlagszahlung in Höhe von 5 % der vereinbarten Vergütung mit "vollständige(r) Fertigstel- lung und Übergabe an den Kunden des Auftraggebers", die vorletzte Abschlagszahlung in Höhe von 5 % der vereinbarten Vergütung "nach Beseitigung der Mängel aus den Abnahmeprotokollen und Kundenunterschriften" und die letzte Abschlagszahlung in Höhe von 5 % der vereinbarten Vergütung "nach erfolgter Abnahme, Ablösung des Sicherheitseinbehalts für die Gewährleistung mit Bürgschaft und Fälligkeit der (vorletzten) Rate" fällig werden. Gemäß § 12.1.5 des Vertrags sollten die Zahlungspläne unbeachtlich sein und die Fälligkeit der Abschlagsforderungen sollte sich nach § 632a BGB richten, sofern die B. GmbH Sicherheiten gemäß § 648a BGB verlangt.
- 7
- Im August 2008 verbürgte sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten gegenüber der Klägerin entsprechend § 12.1.1 des Vertrags für die vertragsgemäße Erfüllung der Leistungspflichten der B. GmbH bis zu einem Betrag in Höhe von 327.500 €.
- 8
- Am 10. August 2008 stellte die B. GmbH bei dem Amtsgericht P. einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Zwei Tage später stellte sie die Arbeiten an dem Bauvorhaben ein. Die Klägerin erklärte unter dem 13. August 2008 die Kündigung des Vertragsverhältnisses mit der B. GmbH gemäß § 8 Nr. 2 VOB/B sowie aus wichtigem Grund. In der Folgezeit ließ sie das Bauvorhaben durch Drittunternehmen fertigstellen, wodurch ihr Mehrkosten in Höhe von 1.328.188,52 € entstanden.
- 9
- Die Klägerin nimmt die Beklagte aus der Bürgschaft auf Zahlung von 327.500 € in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht nach voran- gegangenem Hinweis mit einstimmigem Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren auf Abweisung der Klage gerichteten Antrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 10
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 11
- Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin habe gegen die Beklagte einen durchsetzbaren Anspruch aus der Bürgschaft auf Zahlung von 327.500 €.
- 12
- Die von der Beklagten erhobene Einrede des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB greife nicht durch. Die zwischen der Klägerin und der B. GmbH gemäß § 12.1. des Vertrags getroffene Sicherungsabrede sei wirksam. Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB liege bei einer fünfprozentigen Vertragserfüllungsbürgschaft nicht vor. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Abschlagszahlungsvereinbarung gemäß § 13.1. des Vertrags in Verbindung mit den Zahlungsplänen. § 13.1. des Vertrags betreffe nicht die Sicherungsabrede zur Vertragserfüllungsbürgschaft, sondern enthalte Regelungen zu den Voraussetzungen, unter denen Abschlagszahlungen zu leisten seien. Diese Regelungen stellten eine für die Auftragnehmerin günstige Abweichung von der gesetzlichen Bestimmung des § 641 BGB dar.
- 13
- Zudem würde eine Unwirksamkeit der Zahlungspläne nicht zu einer Gesamtunwirksamkeit der Sicherungsabrede, sondern zur gesetzlichen Regelung des § 641 BGB führen.
II.
- 14
- Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der Klägerin ein Zahlungsanspruch aus der Vertragserfüllungsbürgschaft nicht zuerkannt werden. Die Beklagte verteidigt sich gegen die Inanspruchnahme aus der Vertragserfüllungsbürgschaft unter anderem mit dem ihr gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB zustehenden Einwand , die der Bürgschaft zugrundeliegende Sicherungsvereinbarung im Bauvertrag sei unwirksam. Aufgrund der bisherigen Feststellungen kann die Wirksamkeit der Sicherungsabrede nicht bejaht werden.
- 15
- 1. Zutreffend führt das Berufungsgericht zunächst aus, dass eine zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer getroffene Sicherungsabrede , nach der letzterer eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen hat, den Auftragnehmer gemäß § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt und unwirksam ist, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Vertragspartners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 - VII ZR 7/10, BauR 2011, 677 Rn. 18 = NZBau 2011, 229; Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498, 1499, juris Rn. 30 = NZBau 2000, 424; je- weils m.w.N.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich die unangemessene Benachteiligung - wie das Berufungsgericht zu Recht erkennt - dabei auch aus einer Gesamtwirkung mehrerer, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Vertragsbestimmungen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12, BauR 2015, 114 Rn. 26 = NZBau 2014, 759; Urteil vom 9. Dezember 2010 - VII ZR 7/10, BauR 2011, 677 Rn. 16 m.w.N. = NZBau 2011, 229).
- 16
- 2. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht hingegen an, dass hinsichtlich der Abschlagszahlungsregelung gemäß § 13.1. des Vertrags i.V.m. den Zahlungsplänen und der Sicherungsabrede keine Gesamtschau vorzunehmen sei und daher eine Unwirksamkeit der Sicherungsabrede zur Vertragserfüllungsbürgschaft nicht angenommen werden könne.
- 17
- a) Abschlagszahlungsregelungen, aufgrund derer der Auftraggeber trotz vollständig erbrachter Werkleistung einen Teil des Werklohns einbehalten darf, ohne dem Auftragnehmer hierfür eine Sicherheit leisten zu müssen, bewirken einerseits, dass dem Auftragnehmer bis zur Schlusszahlung Liquidität entzogen wird und er darüber hinaus in Höhe des Einbehalts das Risiko trägt, dass der Auftraggeber insolvent wird und er in Höhe des Einbehalts mit der für seine Leistung zu beanspruchenden Werklohnforderung ausfällt. Der Auftraggeber andererseits erhält durch die Einbehalte nicht nur eine Sicherung vor Überzahlungen , er kann vielmehr gegen die einbehaltenen Restforderungen des Auftragnehmers jederzeit mit sonstigen Forderungen aus dem Werkvertrag aufrechnen. Die Einbehalte stellen damit eine Sicherung sämtlicher vertraglicher Ansprüche des Auftraggebers dar, also auch solcher, auf die sich die der Vertragserfüllungsbürgschaft zugrundeliegende Sicherungsabrede bezieht. Solche Abschlagszahlungsregelungen können daher zur Unwirksamkeit der Sicherungsabrede führen, wenn sie in Verbindung mit der Vertragserfüllungsbürg- schaft bewirken, dass die Gesamtbelastung durch die vom Auftragnehmer zu stellenden Sicherheiten das Maß des Angemessenen überschreitet (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 - VII ZR 7/10, BauR 2011, 677 Rn. 23 f. = NZBau 2011, 229; OLG Celle, BauR 2015, 676, 678, juris Rn. 34 ff. = NZBau 2014, 696).
- 18
- b) Dies lässt sich nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht verneinen. Der B. GmbH, die bereits mit den mit der Stellung der fünfprozentigen Vertragserfüllungsbürgschaft verbundenen Aufwendungen belastet war, sollte bei wortlautgetreuer Auslegung der Regelungen von § 13.1. des Vertrags i.V.m. den Zahlungsplänen betreffend die letzten drei Abschlagsforderungen Liquidität in Höhe von weiteren 15 % der vereinbarten Vergütung entzogen werden. Insoweit hätte sie das Risiko getragen, wegen Insolvenz der Klägerin mit ihrer Forderung auszufallen.
- 19
- Nach dem Wortlaut der zwischen der Klägerin und der B. GmbH vereinbarten Zahlungspläne sollten die letzten drei Abschlagsforderungen abweichend von dem gesetzlichen Leitbild des § 632a BGB a.F. erst nach einem gegebenenfalls längeren Zeitraum nach der mangelfreien Fertigstellung des Bauwerks fällig werden. Zudem sollte die Fälligkeit der letzten drei Abschlagsforderungen von Voraussetzungen abhängig sein, die außerhalb des Einflussbereichs der B. GmbH lagen. So wäre die drittletzte Abschlagsforderung in Höhe von 5 % der vereinbarten Vergütung erst nach "Fertigstellung und Übergabe an den Kunden des Auftraggebers", das heißt erst nach der Übergabe sämtlicher 47 Wohneinheiten an die jeweiligen Erwerber, fällig geworden. Zwischen der mangelfreien Fertigstellung des Bauwerks und der Übergabe sämtlicher Wohneinheiten hätte, insbesondere wenn die Klägerin noch nicht für sämtliche Wohneinheiten Erwerber gefunden hatte, ein erheblicher Zeitraum liegen können , währenddessen die B. GmbH dem Insolvenzrisiko der Klägerin ausgesetzt gewesen wäre. Nichts anderes galt für die letzten beiden Abschlagsforderungen. Die vorletzte Abschlagsforderung sollte nach den Zahlungsplänen erst nach Beseitigung sämtlicher Mängel aus den Abnahmeprotokollen und Kundenunterschriften und die letzte Abschlagsforderung erst nach Fälligkeit der vorletzten fällig werden. Die Klägerin war danach berechtigt, die letzten beiden Abschlagszahlungen so lange einzubehalten, wie zwischen ihr und einem ihrer Kunden ein (Rechts-) Streit über die ordnungsgemäße Mängelbeseitigung bestand , aufgrund dessen der Kunde seine Unterschriftsleistung verweigert.
- 20
- Bei diesem Verständnis von § 13.1. des Vertrags i.V.m. den Zahlungsplänen war die Klägerin berechtigt, trotz Fertigstellung des Bauwerks 15 % des Werklohns einzubehalten. Gegen die Restforderungen der B. GmbH hätte sie jederzeit mit sonstigen Forderungen aus dem Werkvertrag aufrechnen können. Die Einbehalte stellten damit eine Sicherung sämtlicher vertraglicher Ansprüche der Klägerin dar, also auch solcher, auf die sich die der Vertragserfüllungsbürgschaft zugrundeliegende Sicherungsabrede bezieht. Die trotz Fertigstellung des Bauwerks nach dem Vertrag von der B. GmbH danach zu tragende Gesamtbelastung durch die von ihr zu stellenden Sicherheiten in Höhe von bis zu 20 % der vereinbarten Vergütung überschreitet das Maß des Angemessenen. Sie lässt sich durch das Interesse der Klägerin an Absicherung nicht rechtfertigen.
- 21
- c) Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin der B. GmbH einen angemessenen Ausgleich für die genannten Nachteile zugestanden hat. Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, inwieweit die Zahlungspläne für die B. GmbH im Übrigen günstiger als die gesetzliche Regelung des § 632a BGB a.F. waren und hierdurch ein angemessener Ausgleich geschaffen wurde.
III.
- 22
- Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO.
- 23
- 1. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob die Sicherungsabrede in Kombination mit den zwischen der Klägerin und der B. GmbH vereinbarten Zahlungsplänen die Auftragnehmerin unangemessen benachteiligte und gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Die Auslegung der Zahlungspläne kann der Senat nicht selbst vornehmen, da es an hinreichenden Feststellungen fehlt. Diese wird das Berufungsgericht, gegebenenfalls auf der Grundlage ergänzenden Parteivorbingens, zu treffen haben.
- 24
- 2. Die Klage ist auch nicht bereits aus anderen Gründen abweisungsreif. Sofern nicht die zwischen der Klägerin und der B. GmbH getroffene Sicherungsabrede aus den unter II. genannten Gründen unwirksam ist, steht der Klägerin nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ein durchsetzbarer Anspruch auf Zahlung eines Betrags in Höhe von 327.500 € aus § 8 Nr. 2 Abs. 2 Satz 2 VOB/B (2006) i.V.m. § 765 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu.
- 25
- a) Entgegen der Auffassung der Revision ist § 8 Nr. 2 Abs. 1 Fall 2 i.V.m. § 8 Nr. 2 Abs. 2 VOB/B (2006) wirksam. Wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 7. April 2016 - VII ZR 56/15 (WM 2016, 944, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) zwischenzeitlich entschieden hat, verstoßen die gleichlautende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2, § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) weder gegen §§ 103, 119 InsO noch sind sie gemäß § 307 Abs. 1, 2 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers unwirksam.
- 26
- b) Entgegen der Auffassung der Revision kann die Beklagte gegenüber der Klageforderung - vorbehaltlich der Ausführungen unter II. - nicht die Einrede des § 768 BGB erheben. Die Sicherungsabrede gemäß § 12.1.1 des Vertrags ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - weder wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers gemäß § 307 Abs. 1 BGB noch gemäß § 648a Abs. 7 BGB unwirksam.
- 27
- aa) Die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Bruttoauftragssumme ist für sich genommen nicht zu beanstanden, da das Verlangen von Vertragserfüllungssicherheiten in einer Größenordnung von bis zu 10 % der Auftragssumme nicht als missbräuchliche Durchsetzung der Interessen des Verwenders anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2016 - VII ZR 56/15, WM 2016, 944 Rn. 72 m.w.N.).
- 28
- bb) § 12.1.1 des Vertrags führt nicht im Zusammenwirken mit § 10.2. des Vertrags zu einer Übersicherung der Mängelrechte der Auftraggeberin.
- 29
- Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers liegt nicht vor, wenn die vom Auftraggeber gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu führen, dass der Auftragnehmer durch ein zeitliches Nebeneinander von Vertragserfüllungs- und Mängelsicherheit für einen jedenfalls erheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus für mögliche Mängelrechte des Auftraggebers eine Sicherheit in Höhe von 5 % der Auftragssumme zu leisten hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 120/14, BauR 2015, 832 Rn. 18 = NZBau 2015, 223; Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12, BauR 2015, 114 Rn. 23 = NZBau 2014, 759; Urteil vom 5. Mai 2011 - VII ZR 179/10, BauR 2011, 1324 Rn. 28 = NZBau 2011, 410).
- 30
- Die B. GmbH war gemäß § 12.1.1 des Vertrags verpflichtet, eine Vertragserfüllungssicherheit von 5 % der Bruttoauftragssumme zu stellen. Nach § 10.2. des Vertrags war die Klägerin berechtigt, von der Schlusszahlung 5 % der Bruttoauftragssumme aus der Schlussrechnung als Mängelsicherheit einzubehalten. Beide Sicherheiten konnten jedoch nicht zeitgleich nebeneinander beansprucht werden. Entgegen der Auffassung der Revision war die Vertragserfüllungsbürgschaft nicht zeitlich unbegrenzt zu stellen, sondern gemäß § 17 Nr. 8 Abs. 1 VOB/B (2006) mit Abnahme und Stellung der Sicherheit für die Mängelansprüche zurückzugeben. Der Vertrag enthält insoweit keine eigenständige Regelung, so dass auf die ergänzend anwendbaren Regelungen der Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B 2006) zurückzugreifen ist.
- 31
- cc) Die Verpflichtung zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft gemäß § 12.1.1 des Vertrags ist nicht deshalb unwirksam, weil die Vertragserfüllungsbürgschaft unter Verzicht auf die Einreden des § 770 Abs. 1, 2 BGB zu stellen war.
- 32
- Es kann dahinstehen, ob eine solche Klausel den Auftragnehmer, insbesondere , wenn der Ausschluss - wie hier im Hinblick auf § 770 Abs. 1 BGB - uneingeschränkt ist, den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt (vgl. OLG Jena, MDR 2010, 259, juris Rn. 12 f.; Ingenstau/Korbion/Joussen, VOB Teile A und B, 19. Aufl., § 17 Abs. 4 VOB/B Rn. 38 ff.; Thiele/Bütter, MDR 2003, 1025,1026). Eine Unwirksamkeit dieses Teils der Klausel hätte nicht die Gesamtunwirksamkeit von § 12.1.1 des Vertrags zur Folge.
- 33
- Nur wenn der als wirksam anzusehende Teil im Gesamtgefüge des Vertrags nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel (BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 120/14, BauR 2015, 832 Rn. 19 = NZBau 2015, 223; Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12, BauR 2015, 114 Rn. 27 = NZBau 2014, 759; Urteil vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, BGHZ 179, 374 Rn. 15 ff.).
- 34
- Die Regelungen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Bürgschaftsvertrags im vierten Absatz von § 12.1.1 des Vertrags sind inhaltlich von der Verpflichtung zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft im ersten Absatz von § 12.1.1 des Vertrags trennbar und haben nur untergeordnete Bedeutung. Die Vereinbarung , eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen, ist auch ohne die Regelungen zum Inhalt der Bürgschaft aus sich heraus verständlich und sinnvoll. Vor diesem Hintergrund bliebe selbst bei einer Unwirksamkeit der Regelungen des vierten Absatzes des § 12.1.1 des Vertrags die Verpflichtung der Auftragnehmerin bestehen, eine (einfache) Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen.
- 35
- dd) Aus demselben Grunde ist die Sicherungsabrede auch nicht deshalb unwirksam, weil sie die Verpflichtung beinhaltet, eine Vertragserfüllungsbürgschaft unter Verzicht auf das Recht des Bürgen zur Hinterlegung und auf den Befreiungsanspruch aus § 775 BGB zu stellen. Beide Verzichte wirken sich zudem nicht nachteilig auf die Rechtsstellung des Auftragnehmers aus.
- 36
- ee) Es kann dahinstehen, ob § 12.1.5 des Vertrags, wonach die Zahlungspläne unbeachtlich sein sollten und sich die Fälligkeit der Abschlagsforderungen nach § 632a BGB richten sollte, sofern die B. GmbH Sicherheiten gemäß § 648a BGB verlangt, wegen Verstoßes gegen § 648a Abs. 7 BGB unwirksam ist, da dies nicht zu einer Unwirksamkeit von § 12.1.1 des Vertrags führen würde. § 12.1.5 des Vertrags ist inhaltlich von der Verpflichtung zur Stel- lung der Vertragserfüllungsbürgschaft gemäß § 12.1.1 des Vertrags trennbar. Die Vereinbarung, eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen, ist auch ohne die Regelungen des § 12.1.5 des Vertrags aus sich heraus verständlich und sinnvoll.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 26.06.2012 - 16 HKO 29336/11 -
OLG München, Entscheidung vom 29.01.2013 - 13 U 3214/12 Bau -
(1) Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.
(2) Die gleiche Befugnis hat der Bürge, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann.
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die beklagte Versicherung aus einer Gewährleistungsbürgschaft in Anspruch.
- 2
- Die Klägerin beauftragte die G. GmbH (im Folgenden: Hauptschuldnerin) durch Vertrag vom 13./22. Februar 2007 mit der Lieferung und dem Einbau einer Lüftungsanlage in ein in ihrem Eigentum stehendes Gebäude. Bestandteile dieses Vertrages waren u.a. die zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB) für die Ausführung von Bauleistungen der Klägerin in der Fassung 03/2006, die VOB, Teile B und C, sowie ein Bürgschaftsmuster der Klägerin. Der Vertrag enthielt folgende Regelung: "Als Sicherheit für Gewährleistungsansprüche wird eine Sicherheitsleistung in Höhe von 5% auf die Schlussrechnungssumme über den gesamten Zeitraum der Gewährleistungsfrist einbehalten. Der 5%-ige Gewähr- leistungseinbehalt kann durch eine unbefristete Bankbürgschaft abgelöst werden (siehe Ziffer II.12.2 der ZVB)." In Ziffer 12 ZVB der Klägerin heißt es: "12. Zu § 14 VOB/B - Abrechnung … 12.2 Dem AG verbleibt für die Sicherstellung der Gewährleistung einschließlich Schadenersatz für die Dauer der Gewährleistungszeit gemäß Ziffer 11.1 ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5 v.H. der BruttoSchlussrechnungssumme. Der Sicherheitseinbehalt kann frühestens mit der Fälligkeit der Schlusszahlung - Zug um Zug - gegen Stellung einer Gewährleistungssicherheit nach § 17 Nr. 2 VOB/B ausgezahlt werden. Wenn der AN Sicherheit durch Bürgschaft erbringen will, muss er diese in Form einer unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Bank oder eines deutschen öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts stellen. Die Bürgschaft hat im Übrigen der Anl. 7 zu entsprechen. …"
- 4
- Am 30. November 2007 nahm die Klägerin die Werkleistungen der Hauptschuldnerin ab. Am 10. Oktober 2008 stellte die Hauptschuldnerin eine Schlussrechnung über brutto 240.623,67 €, von der ein Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 12.021,18 € vorgenommen wurde. Mit Schreiben der Hauptschuldnerin vom 5. Mai 2009 erhielt die Klägerin die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) am 29. April 2009 ausgestellte Bürgschaftsurkunde , in der die Beklagte eine selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von 12.021,18 € übernahm. Der in der Bürgschaft vereinbarte Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit galt nicht für unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen der Hauptschuldnerin.
- 5
- Unter dem 23. August 2011 zeigte die Klägerin der Hauptschuldnerin vermeintliche Mängel der Werkleistung an und forderte sie unter Fristsetzung zur Beseitigung auf. Die Hauptschuldnerin lehnte eine Nachbesserung ab. Nach mehrmaliger ergebnisloser Fristsetzung zur Nachbesserung beauftragte die Klägerin ein Drittunternehmen mit der Ersatzvornahme. Dieses stellte der Klägerin 3.940,50 € in Rechnung. Außerdem entstanden der Klägerin Gutachterkosten in Höhe von 5.997,90 €. Der Rechtsstreit, in dem die Klägerin die Hauptschuldnerin auf Zahlung von 9.938,72 € in Anspruch nimmt, ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Hauptschuldnerin unterbrochen. Unter dem 13. Februar 2015 nahm die Klägerin die Beklagte als Bürgin auf Zahlung dieses Betrages in Anspruch.
- 6
- Die Klage auf Zahlung von 9.938,72 € nebst Zinsen ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 9
- Der Anspruch der Klägerin gemäß § 765 Abs. 1 BGB sei gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, §§ 821, 768 BGB einredebehaftet, weil die Sicherungsabrede zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin unwirksam sei und die beklagte Bürgin sich darauf berufe. Die durch den uneingeschränkten Verzicht auf die Aufrechnungseinrede des § 770 Abs. 2 BGB bedingte Unwirksamkeit des Bürgschaftsversprechens führe zur Unwirksamkeit der Sicherungsabrede. Das von der Klägerin unstreitig als Allgemeine Geschäftsbedingung verwendete Muster eines Bürgschaftsversprechens sei gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, soweit der dort geregelte Einwendungsausschluss bzgl. Aufrechnungen auch unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen umfasse. Das Bürgschaftsmuster sei in den Vertrag zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin wirksam einbezogen worden. Dem stehe nicht entgegen, dass das Muster dem Vertrag nicht beigefügt gewesen sei, dass es der Hauptschuldnerin nicht zur Kenntnis gelangt sei und dass die von der Beklagten gestellte Bürgschaft dem Muster bzgl. des Aufrechnungsausschlusses nicht entsprochen habe. Im kaufmännischen Geschäftsverkehr würden Allgemeine Geschäftsbedingungen auch dann Vertragsinhalt, wenn der Kunde sie nicht kenne, sondern nur die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme habe, davon aber keinen Gebrauch mache. Von dieser Möglichkeit einer Kenntnisnahme sei das Landgericht mangels entgegenstehenden Vortrags der Klägerin ausgegangen. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren sinngemäß behaupte, das Bürgschaftsmuster habe bei Vertragsschluss nicht mehr existiert, sei dieses Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen.
- 10
- Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstrittene Frage, ob der formularmäßig vereinbarte Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede zur Folge habe, wenn der Einredeausschluss auch unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen umfasse , sei für den hier zu entscheidenden Fall eines unwirksamen Aufrechnungsverzichts in einer Gewährleistungsbürgschaft zu bejahen. Die Vereinbarung eines an sich unzulässigen Bareinbehalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers sei nur wirksam, wenn dem Auftragnehmer ein ange- messener Ausgleich zugestanden werde. Die Befugnis zur Ersetzung des Bareinbehalts durch eine Bürgschaft, die unwirksame Regelungen enthalte, stelle aber keinen angemessenen Ausgleich für den Auftragnehmer dar.
- 11
- Die Sicherungsabrede lasse sich auch nicht teilweise aufrechterhalten. Die Einräumung des Sicherheitseinbehalts und die Möglichkeit seiner Ablösung durch eine Bürgschaft stellten eine geschlossene Konzeption mit untrennbarer Verknüpfung dar. Hinzu komme, dass das Bürgschaftsversprechen nach dem Muster der Klägerin auch deshalb unwirksam sei, weil es einen unwirksamen unbeschränkten Verzicht auf die Rechte gemäß § 776 BGB regele. Das Zusammentreffen einer Unwirksamkeit der Gewährleistungsbürgschaft wegen des Verzichts auf die Rechte gemäß § 770 Abs. 2 BGB und zugleich auf die Rechte gemäß § 776 BGB rechtfertige erst recht die Feststellung einer hierdurch bedingten Unwirksamkeit der Sicherungsabrede.
II.
- 12
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
- 13
- Die Klägerin kann die Beklagte aus der Gewährleistungsbürgschaft nicht nach § 765 Abs. 1 BGB in Anspruch nehmen. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass die Beklagte der Inanspruchnahme aus der von ihr übernommenen Gewährleistungsbürgschaft mit Erfolg dauerhaft die Einrede nach § 768 Abs. 1 Satz 1, § 821 BGB entgegenhalten kann.
- 14
- 1. Dem Bürgen stehen gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB die Einreden des Schuldners aus der Sicherungsabrede mit dem Gläubiger zu. Hat der Bürge eine Sicherung gewährt, obwohl die Sicherungsabrede zwischen Haupt- schuldner und Gläubiger unwirksam ist, so kann er sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegenüber dem Leistungsverlangen des Gläubigers dauerhaft auf die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede und auf die Einrede des Hauptschuldners berufen, dass der Gläubiger die Inanspruchnahme des Bürgen zu unterlassen hat (BGH, Urteile vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 316 f. mwN, vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, BGHZ 179, 374 Rn. 9, vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12, WM 2015, 844 Rn. 15 und vom 22. Januar 2015 - VII ZR 120/14, WM 2015, 1076 Rn. 14). Bei Unwirksamkeit der Sicherungsabrede und damit der Verpflichtung der Hauptschuldnerin zur Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft steht dieser gegenüber dem Begehren der Klägerin auf Stellung einer solchen Bürgschaft die dauerhafte Einrede aus § 821 BGB zu; sie hat nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Rückgewähr der Bürgschaftsurkunde gegen die Klägerin (BGH, Urteil vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99, 105 mwN). Die Beklagte kann sich gegenüber der Klägerin bei Inanspruchnahme aus der Bürgschaft gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB ebenfalls nach § 821 BGB darauf berufen, dass diese ohne Rechtsgrund gestellt worden ist.
- 15
- 2. Die Sicherungsabrede zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin gemäß Ziffer 12.2 ZVB in Verbindung mit dem Bürgschaftsmuster ist insgesamt nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Verpflichtung, den Sicherheitseinbehalt für Mängelansprüche nur durch eine formularmäßige selbstschuldnerische Bürgschaft ablösen zu können, in der u.a. auf die Einrede der Aufrechenbarkeit nach § 770 Abs. 2 BGB verzichtet wird, benachteiligt den Werkunternehmer, d.h. die Hauptschuldnerin, unangemessen.
- 16
- a) Die Klausel in Ziffer 12.2 ZVB, bei der es sich nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts um von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, wurde wirksam in den Bauvertrag einbezogen. Es ist zwischen Unternehmern unschädlich, dass das Bürgschaftsmuster aus Anlage 7 dem Vertrag nicht beigefügt war (BGH, Urteile vom 3. Februar 1982 - VIII ZR 316/80, WM 1982, 486, 487 und vom 12. Februar 1992 - VIII ZR 84/91, BGHZ 117, 190, 198). Es genügt, dass dieses ausdrücklich einbezogen wurde und die Hauptschuldnerin die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme, etwa durch Anfordern des Musters bei der Klägerin, hatte, hiervon indes keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 1992 aaO).
- 17
- Das Berufungsgericht hat diese Voraussetzungen rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Revision wendet hiergegen ohne Erfolg ein, nach den Feststellungen des Landgerichts habe die Beklagte nicht behauptet, der Hauptschuldnerin sei die Möglichkeit verschafft worden, in zumutbarer Weise von dem Bürgschaftsmuster Kenntnis zu nehmen. Das Landgericht ist mangels abweichenden Vortrags der Parteien davon ausgegangen, dass der Hauptschuldnerin diese Möglichkeit der Kenntnisnahme eingeräumt worden ist. Den erstmals in der Berufungsinstanz gehaltenen, abweichenden Vortrag der Klägerin hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zurückgewiesen.
- 18
- b) Die Klausel in Ziffer 12.2 ZVB ist als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird (st. Rspr.; siehe nur Senatsurteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rn. 19 mwN). Diese objektive Auslegung, die der Senat wegen der offensichtlichen Verwendung der Klausel über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus selbst vornehmen kann (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 2009, aaO Rn. 20 mwN), führt hinsichtlich des Verzichts auf die Einrede der Aufrechenbarkeit zu dem Ergebnis , dass diese Einrede ohne Einschränkung abbedungen werden soll. Insbe- sondere liefert der eindeutige und umfassende Wortlaut der Klausel keinen Anhalt dafür, dass die Einrede der Aufrechenbarkeit der Bürgin verbleiben sollte, wenn es sich um eine unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderung des Hauptschuldners gegen den Gläubiger handelt.
- 19
- c) Das benachteiligt den Werkunternehmer, d.h. die Hauptschuldnerin, unangemessen, da dieser danach verpflichtet ist, zur Ablösung des Gewährleistungseinbehalts eine formularmäßige Bürgschaft zu stellen, die einen gegenüber dem Bürgen unzulässigen Inhalt aufweist.
- 20
- aa) Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteile vom 16. Januar 2003 - IX ZR 171/00, BGHZ 153, 293, 299 f., vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 121/02, BGHZ 156, 302, 310 und vom 15. Januar 2004 - IX ZR 152/00, WM 2004, 720, 723; siehe auch Senatsurteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rn. 40) ist ein formularmäßiger Ausschluss der Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 Abs. 2 BGB mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligt den Bürgen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), wenn davon auch unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen des Hauptschuldners umfasst werden.
- 21
- § 770 Abs. 2 BGB ist insoweit eine Ausprägung des allgemeinen Subsidiaritätsgrundsatzes , wonach der Bürge im Grundsatz erst dann in Anspruch genommen werden soll, wenn sich der Gläubiger nicht durch Inanspruchnahme des Hauptschuldners, etwa durch Aufrechnung, befriedigen kann. Ein formularmäßiger Ausschluss der Einrede des Bürgen nach § 770 Abs. 2 BGB ist vergleichbar mit einer durch § 309 Nr. 3 BGB verbotenen Bestimmung, die dem Vertragspartner des Klauselverwenders die Befugnis nimmt, mit einer unbestrit- tenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen. Insoweit gibt die Regelung im Klauselverbot des § 309 Nr. 3 BGB ein allgemeines Grundverständnis von Treu und Glauben wieder (BGH, Urteil vom 16. Januar 2003 - IX ZR 171/00, BGHZ 153, 293, 299 f.).
- 22
- Auf dieser Grundlage benachteiligt die streitige Klausel den Bürgen unangemessen. Denn nach der gesetzlichen Regelung des § 770 Abs. 2 BGB ist es dem Gläubiger zuzumuten, sich durch Aufrechnung mit der verbürgten Forderung von einer eigenen Schuld zu befreien, bevor er den Bürgen in Anspruch nimmt. Das gesetzlich geschützte Interesse des Bürgen, den Gläubiger auf die Aufrechnungsmöglichkeit verweisen zu können, wird nicht durch dessen Interesse aufgehoben, sich die Gegenforderung des Hauptschuldners als anderweitige Sicherheit dienen zu lassen (BGH, Urteil vom 16. Januar 2003 - IX ZR 171/00, BGHZ 153, 293, 299 f.).
- 23
- bb) Eine Sicherungsabrede, die es dem Auftragnehmer auferlegt, zur Ablösung eines Gewährleistungseinbehalts eine Bürgschaft mit diesem gegenüber dem Bürgen unzulässigen Regelungsinhalt zu stellen, benachteiligt ihrerseits den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist damit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (vgl. OLG Düsseldorf , NZBau 2008, 767, 768; OLG Jena, Beschluss vom 17. November 2009 - 4 W 485/09, juris Rn. 18; LG Potsdam, Urteil vom 21. Oktober 2011 - 10 O 454/10, juris Rn. 31).
- 24
- (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt ein in einem Vertrag über Bauleistungen formularmäßig vereinbarter Sicherungseinbehalt dann nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Werkunternehmers, wenn ein fairer Ausgleich dafür vorgesehen ist, dass er den Werklohn nicht sofort ausgezahlt erhält, das Bonitätsrisiko des Bestellers für die Dauer der Ge- währleistungsfrist tragen muss und ihm die Verzinsung des Werklohns vorenthalten wird (BGH, Urteile vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27, 31 f. und vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, BGHZ 157, 29, 31 f.; BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 - VII ZR 210/06, WM 2007, 1625 Rn. 6 mwN). Ausreichend ist es danach, dem Werkunternehmer das Recht einzuräumen, den Einbehalt durch Stellung einer selbstschuldnerischen, unbefristeten Bürgschaft abzulösen (BGH, Urteile vom 13. November 2003, aaO und vom 26. Februar 2004 - VII ZR 247/02, WM 2004, 718, 719 f.). Kein angemessener Ausgleich liegt vor, wenn eine Bürgschaft auf erstes Anfordern (BGH, Urteile vom 5. Juni 1997, aaO, S. 32 f. und vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99, 105; BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007, aaO Rn. 7) oder eine solche, in der auf sämtliche Einreden aus § 768 BGB zu verzichten ist (BGH, Urteile vom 8. März 2001, aaO, S. 104 und vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rn. 24), verlangt wird.
- 25
- (2) Nach diesen Maßstäben stellt die Ablösungsmöglichkeit durch eine formularmäßige Bürgschaft, die den uneingeschränkten Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit aus § 770 Abs. 2 BGB enthalten muss, keinen angemessenen Ausgleich für die Vereinbarung eines Sicherheitseinbehalts dar. Denn damit verlangt der Auftraggeber die Ablösung durch eine Bürgschaft, die der Auftragnehmer, wie ausgeführt, nicht wirksam stellen kann, weil diese einen gegenüber dem Bürgen unzulässigen Regelungsinhalt hätte. Die von der Klägerin verwendete und der Hauptschuldnerin vorgegebene Klausel in Ziffer 12.2 ZVB in Verbindung mit dem Bürgschaftsmuster verwehrt es dieser, die nach § 17 Nr. 3 VOB/B bestehende Wahlmöglichkeit unter den verschiedenen Arten der Sicherheit wahrnehmen zu können, ohne dabei gegen Klauselverbote zu verstoßen. Damit erhält in der vorliegenden Sicherungsvereinbarung die Hauptschuldnerin nicht den nach der Rechtsprechung erforderlichen fairen Ausgleich für die Einbußen an Liquidität, das Bonitätsrisiko und die Zinsverluste, die mit dem Gewährleistungseinbehalt verbunden sind.
- 26
- (3) Demgegenüber kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, eine Regelung , die dem Bürgen den Schutz des § 770 Abs. 2 BGB umfassend nimmt, könne nur formularmäßig nicht wirksam vereinbart werden, während eine individualvertragliche Vereinbarung möglich bleibe (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2002 - IX ZR 254/00, WM 2002, 1179, 1181). Denn die Klausel in Ziffer 12.2 ZVB sieht vor, dass die betreffende Bürgschaft der von der Klägerin gestellten Anlage 7 zu entsprechen hat. Die Hauptschuldnerin war daher verpflichtet, die Klausel über den Verzicht auf die Einreden aus § 770 Abs. 2 BGB gegenüber einem möglichen Bürgen zu stellen, sodass von einer Kontrolle der entsprechenden Klausel in der Bürgschaftsurkunde nach den §§ 305 ff. BGB auszugehen war. Insoweit ist es unerheblich, dass die Klägerin der Hauptschuldnerin die Verwendung des Formulars aus Anlage 7 nicht verbindlich vorgegeben hat. Der Inhalt des zu stellenden Einredeverzichts war genau vorgegeben und für eine Vorformulierung genügt es bereits, wenn die Vertragsbedingung zum Zwecke künftiger wiederholter Einbeziehung in Vertragstexte "im Kopf des Verwenders" gespeichert ist (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 20 mwN). Davon ist vorliegend auszugehen. Überdies besteht insoweit auch kein Raum für eine Individualvereinbarung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB. Für ein Aushandeln nach dieser Norm ist es erforderlich, dass der Verwender die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und sich deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung der Klausel bereit erklärt (BGH, Urteile vom 22. November 2012 - VII ZR 222/12, NJW 2013, 856 Rn. 10 mwN und vom 20. März 2014 - VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 Rn. 27). Da die Klägerin der Hauptschuldnerin den zu vereinbarenden Einredeverzicht jedoch genau vorgegeben hat, kann der Inhalt der entsprechenden Klausel durch diese nicht ernsthaft zur Disposition gestellt werden. Ein Aushandeln im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB scheidet von vornherein aus.
- 27
- Dass die tatsächlich von der Beklagten gestellte Bürgschaft den beanstandeten Einredeverzicht in dieser Form nicht enthielt, ist ohne Bedeutung, da im Rahmen der Inhaltskontrolle auf die Umstände im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen ist (BGH, Urteile vom 3. November 1999 - VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103, 117 und vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rn. 29).
- 28
- d) Die Regelung kann nicht in der Weise aufrechterhalten werden, dass die Hauptschuldnerin berechtigt ist, den Sicherheitseinbehalt durch eine selbstschuldnerische , unbefristete Gewährleistungsbürgschaft ohne Verzicht des Bürgen auf die Einrede aus § 770 Abs. 2 BGB abzulösen.
- 29
- aa) Für die Teilbarkeit einer solchen Klausel kommt es darauf an, ob die Sicherungsvereinbarung - hier die Ablösung eines Einbehalts durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht des Bürgen auf die Einrede nach § 770 Abs. 2 BGB - als konzeptionelle Einheit zu verstehen ist, was zu einer die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsparteien berücksichtigenden Gesamtbeurteilung des Regelungsgefüges zwingt (BGH, Urteile vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, BGHZ 179, 374 Rn. 20 mwN und vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rn. 34).
- 30
- Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bildet eine Vereinbarung zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen mit der Ablösungsmöglichkeit durch eine Gewährleistungsbürgschaft - hier Ziffer 12.2 ZVB - eine untrennbare Einheit (BGH, Urteile vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99, 106, vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00, WM 2002, 133, 134, vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, WM 2005, 268, 269 f., vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, BGHZ 179, 374 Rn. 20, vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rn. 36 und vom 28. Juli 2011 - VII ZR 207/09, WM 2011, 1697 Rn. 14). Der unauflösbare wechselseitige Bezug dieser Teile der Klausel wird dadurch deutlich, dass die Sicherheitsleistung durch eine Bürgschaft für sich genommen den Auftragnehmer nicht unangemessen belastet. Ein unangemessener Nachteil entsteht erst dadurch, dass es sich dabei um die Ablösungsbefugnis für den Einbehalt von Entgelt handelt und der Auftragnehmer die vereinbarte Sicherheit stellen muss, um den davon betroffenen Teil des Werklohns zu erhalten.
- 31
- bb) Auch eine ergänzende Auslegung der Sicherungsvereinbarung dahingehend , dass eine Bürgschaft ohne umfassenden Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit zu stellen ist, um den Sicherungseinbehalt abzulösen, kommt mit dem Berufungsgericht nicht in Betracht (BGH, Urteile vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rn. 37 ff. und vom 28. Juli 2011 - VII ZR 207/09, WM 2011, 1697 Rn. 14).
- 32
- Um den Vorrang des dispositiven Gesetzesrechts nicht zu umgehen, setzt eine ergänzende Vertragsauslegung zur Schließung einer Lücke, die durch den Wegfall einer unwirksamen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen entstanden ist, voraus, dass dispositives Gesetzesrecht nicht zur Verfügung steht und die ersatzlose Streichung der Klausel nicht zu einer angemessenen , den typischen Interessen Rechnung tragenden Lösung führt (BGH, Urteile vom 9. Juli 2008 - VIII ZR 181/07, BGHZ 177, 186 Rn. 18 und vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rn. 38, jeweils mwN).
- 33
- Vorliegend fehlt jeglicher Anhalt dafür, was die Parteien, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel gekannt hätten, bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen typischerweise bestehenden Interessen vereinbart hätten. Da die Klägerin im Werkvertrag die zu einer Bürgschaft alternative Hinterlegung ausschließt , gibt sie zu erkennen, dass sie besonderen Wert auf eine Sicherheitsleistung durch Bürgschaft in der von ihr vorgegebenen Form legt. Sie will den Sicherheitseinbehalt nur im Austausch mit genau der von ihr vorgegebenen Sicherheit auszahlen. Dem Auftragnehmer soll ausdrücklich kein Wahlrecht zukommen. Vor diesem Hintergrund ist offen, ob die Vertragsparteien aus der Vielzahl denkbarer Gestaltungsmöglichkeiten gerade die Ablösung eines Sicherheitseinbehalts durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ohne den (umfassenden oder teilweisen) Verzicht auf die Rechte aus den §§ 770, 772 und 776 BGB gewählt hätten, da eine solche für die Klägerin aufgrund der zahlreichen Einredemöglichkeiten des Bürgen wesentlich weniger "wert" gewesen wäre. Stattdessen wären etwa auch eine Verringerung des Einbehalts, die Verkürzung der Einbehaltsfrist oder die Wahl eines anderen der in § 17 VOB/B genannten Sicherungsmittel in Betracht gekommen (vgl. BGH, Urteile vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99, 106, vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, WM 2005, 268, 270, vom 14. April 2005 - VII ZR 56/04, WM 2005, 1188, 1189 und vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rn. 38).
- 34
- e) An diesem Ergebnis ändert auch die von der Revision angeführte Regelung im Werkvertrag vom 13./22. Februar 2007 nichts, wonach der Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 5% der Schlussrechnungssumme durch eine unbefristete Bankbürgschaft abgelöst werden kann. Nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts wird die konkrete Höhe des Sicherheitseinbehalts (Brutto- oder Nettoschlussrechnungssumme) und die Ablösungsmöglichkeit durch eine Bürgschaft im Werkvertrag selbst nicht geregelt, sondern insoweit auf die Klausel in Ziffer 12.2 der ZVB der Klägerin verwiesen, in der die konkrete Höhe der Sicherheitsleistung sowie die Details zu den Ablösungsmöglichkeiten geregelt sind.
- 35
- f) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, sie habe auf die Wirksamkeit der Sicherungsabrede vertraut. Dem Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen , die sich aufgrund einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung als unwirksam erweisen, ist im Allgemeinen kein Vertrauensschutz zuzubilligen (BGH, Urteil vom 5. März 2008 - VIII ZR 95/07, NJW 2008, 1438 Rn. 20 mwN). Anhaltspunkte, die eine Ausnahme von dieser Regel rechtfertigen könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
- 36
- 3. Da die Sicherungsabrede bereits aus diesem Grund unwirksam ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob sie auch wegen des in dem Bürgschaftsmuster vorgesehenen unbeschränkten Verzichts auf die Rechte gemäß § 776 BGB unwirksam ist.
LG Köln, Entscheidung vom 08.12.2015 - 27 O 295/15 -
OLG Köln, Entscheidung vom 12.10.2016 - 11 U 3/16 -
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.