Oberlandesgericht München Beschluss, 07. Nov. 2018 - 9 U 1903/18 Bau

bei uns veröffentlicht am07.11.2018
vorgehend
Landgericht München I, 9 U 1903/18 Bau, 24.09.2018

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 17.05.2018, Aktenzeichen 2 O 14564/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar, die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.275,00 € festgesetzt.

Gründe

Wie bereits im Hinweisbeschluss des Senats vom 24.9.2018 angekündigt, übt der Senat sein eingeschränktes Ermessen („soll“) dahingehend aus, dass er die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 17.5.2018 durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückweist.

Die Parteien streiten über die Pflicht der Beklagten, an die Klägerin eine übergebene Gewährleistungsbürgschaft zurückzugeben.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom17.5.2018 Bezug genommen.

Das Erstgericht hat der Klage stattgegeben und sprach den begehrten Herausgabeanspruch zu. Im Berufungsverfahren beantragt die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.7.2018, Bl. 69:

I.

Das Endurteil des Landgerichts München I, Az. 2 O 14564/17 wird abgeändert.

II.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die zwischen den Parteien in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 24.9.2018 bereits nach § 522 Abs. 2 ZPO auf die mangelnden Erfolgsaussichten der Berufung hingewiesen, vgl. Bl. 85/91.

II.

1. Offensichtliche Aussichtslosigkeit der Berufung Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 17.5.2018 hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg im Sinn von § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Davon ist der Senat nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage überzeugt. Er würde in der Sache nicht anders entscheiden als das Landgericht. Zur Begründung nimmt der Senat auf die Ausführungen des Erstgerichts in den Urteilsgründen sowie seinen Hinweisbeschluss vom 24.9.2018, Bl. 85/91 Bezug. Seine leitenden Erwägungen hat der Senat bereits in dem Hinweisbeschluss zum Ausdruck gebracht.

Die weiteren Ausführungen des Berufungsführers im Schriftsatz vom 18.10.2018 sind nicht geeignet, die im Ersturteil und im Hinweisbeschluss ausgeführten Argumente zu entkräften bzw. der Berufung zum Erfolg zu verhelfen.

Insbesondere vermag auch das angeführte Argument der zu erwartenden Rechtstreue der Beklagten nicht zu überzeugen. Klauseln, wie die von der Beklagten verwendete, wurden bereits durch die Entscheidung des BGH v. 16.9.2009 - XI ZR 145/08, NZBau 2009, 784) als unwirksam angesehen. Die in Rede stehende Klausel wurde aber durch die Beklagte bei Verträgen aus dem Jahr 2012, wie dem vorliegenden verwendet. Die Verwendung der Klausel an sich ist daher jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Rechtstreue-Arguments nicht nachvollziehbar und kann damit auch die Annahme einer Teilbarkeit der Klauseln nicht herbeiführen.

2. Weitere Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nr. 2 - 4 ZPO Der Senat hält aufgrund der Sach- und Rechtslage eine mündliche Verhandlung für nicht geboten, § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO. Der Rechtssache kommt im Übrigen auch keine grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

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Landgericht München I Endurteil, 17. Mai 2018 - 2 O 14564/17

bei uns veröffentlicht am 17.05.2018

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, die Bürgschaft vom 12.10.2012 der Sparkasse im Landkreis ..., in Höhe von 21.100,- € an die Klägerin herauszugeben. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Von den Kosten des

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Bürgschaft vom 12.10.2012 der Sparkasse im Landkreis ..., in Höhe von 21.100,- € an die Klägerin herauszugeben.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 16 % und die Beklagte 84 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 22.400,00 €. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,- € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.275,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten in der Hauptsache die Herausgabe einer „Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchebürgschaft“ geltend, nämlich der Bürgschaftsurkunde der Sparkasse ... vom 12.10.2012 über 21.100,- € (Anlage K 3).

Die Beklagte hatte den Abbruch und den Neubau von Salzlagerhallen ausgeschrieben, unter anderem für das .... Die Klägerin gab hierauf ein Angebot ab und erhielt hierauf unter dem 8.5.2012 den entsprechenden Auftrag über eine Summe von 422.866,50 € (Anlage K 1), dem das Formular 421 (Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchebürgschaft) beilag. Der Auftragserteilung lagen die „Besonderen Vertragsbedingungen“ der Beklagten zugrunde (im folgenden: BVB), die unter ihrer Ziffer 4 Regelungen zur „Sicherheitsleistung (§ 17 VOB/B)“ enthalten (Anlage K 2).

Der dortigen Regelung folgend stellte die Klägerin auf dem Formblatt 421 die verfahrensgegenständliche Bürgschaft der Sparkasse ... vom 12.10.2012 über 21.100,- €. Diese enthält - entsprechend Ziffer 4.3 BVB - einen Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit sowie der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB, wobei der Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit nicht für unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen des Hauptschuldners gilt.

Die Klägerin erbrachte sodann die ihr beauftragte Leistung, die die Beklagte am 5.12.2012 ohne die Feststellung von Mängeln abnahm (Anlage K 4).

Die Klägerin war und ist der Ansicht, der ihr formularmäßig vorgegebene uneingeschränkte Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit benachteilige sie unter Verstoß gegen den Grundsatz von treu und Glauben unangemessen, weshalb diese Vertragsklausel unwirksam sei, was zur Unwirksamkeit der vorgegebenen Sicherungsabrede insgesamt führe.

Nachdem die ... diese Ansicht mit Schreiben vom 13.3.20.17 nicht teilte (Anlage K 5) und einen Austausch der Bürgschaft gegen eine der Regelung des § 17 VOB/B entsprechende anregte, forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 22.2.2017 unter Fristsetzung zur Herausgabe der Bürgschaft auf (Anlage K 7). Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 8.3.2017 setzte sie vergeblich eine diesbezügliche Nachfrist (Anlage K 8).

Die Klägerin beantragt daher gemäß der am 17.11.2017 zugestellten Klageschrift:

I. Die Beklagte wird verurteilt, die Bürgschaft vom 12.10.2012 der Sparkasse im Landkreis ... in Höhe von 21.100,00 € an die Klägerin herauszugeben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die vorgerichtliche Anwaltskosten (als Nebenforderung gemäß § 4 ZPO) i.H.v. 984,60 € nebst Zinsen i.H.v. 5 % - Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Sie behauptet, es lägen erhebliche Mängel der Leistung der Klägerin vor, die bei Abnahme nicht erkennbar gewesen seien, und zwar auch bei weiteren Salzlagerhallen, für die die Klägerin den Zuschlag erhalten hatte. Insoweit seien bereits diverse Rechtsstreitigkeiten beim Landgericht München I rechtshängig, wegen der hier verfahrensgegenständlichen Salzhalle ... das Verfahren 24 O 6218/17.

In rechtlicher Hinsicht habe die Klägerin keinen Anspruch auf eine unbedingte Herausgabe der Bürgschaftsurkunde, da selbst bei einer Unwirksamkeit der formularmäßigen Vorgabe des Verzichts auf die Einrede der Anfechtbarkeit die Sicherungsabrede nicht insgesamt unwirksam sei.

Im übrigen wird bezüglich des weiteren Vorbringens und der Rechtsauffassungen der Parteien im einzelnen Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und in der Hauptsache begründet. Lediglich hinsichtlich der als Nebenforderung geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten ist die Klage unbegründet und insoweit abzuweisen.

I.

1. Zum Herausgabeanspruch:

Die Klägerin kann von der Beklagten die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an sich verlangen. Anspruchsgrundlage hierfür ist § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB.

Die Beklagte hat die Bürgschaft der Sparkasse im Landkreis ... vom 12.10.2012 von der Klägerin als Sicherheit ohne rechtlichen Grund erlangt. Denn die im Bauvertrag, Ziffer 4 BVB, getroffene Sicherheitsabrede ist wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam.

Bei den BVB handelt es sich um von der Beklagten als Verwenderin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Jedenfalls der Verzicht auf die Einrede der Anfechtung gemäß Ziffer 4.3 BVB benachteiligt die Klägerin als Vertragspartnerin der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§§ 307 Abs. 1, 242 BGB) (siehe hierzu a). Die Unwirksamkeit dieser Klausel führt vorliegend zur Gesamtunwirksamkeit der Sicherheitenklausel (siehe hierzu b).

a) Der formularmäßige uneingeschränkte Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit - in Abweichung von § 17 Nr. 4 VOB/B - ist nach überwiegender obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, unwirksam. Denn dadurch wird selbst eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch den Verwender ausgeschlossen (vgl. OLG München, Urteil vom 3.6.2014, 9 U 3404/13 Bau, IBR 2017, 23 [die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen wurde mit Beschluss des BGH vom 2.11.2016, VII ZR 158/14, zurückgewiesen] unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 16.9.1993, VII ZR 206/92, NJW 1993, 3264 ff.).

Auch die Kommentierungen von Ripke, IBR 2015, 1016, und Windorfer, NZBau 2017, 460, vertreten diese Ansicht.

Die abweichende Rechtsauffassung im Urteil des LG Köln vom 8.7.2014 (27 O 16/14, NZBau 2015, 36) überzeugt nicht und steht im Widerspruch zur Entscheidung desselben Gerichts vom 20.11.2012 (27 O 197/12, NJOZ 2013, 1380).

b) Diese unangemessene Benachteiligung führt nicht nur zur Unwirksamkeit der Klausel zum Verzicht auf die Einrede der Anfechtung, also zur hierauf beschränkten Teilunwirksamkeit, sondern nach Ansicht der Kammer zur Unwirksamkeit der gesamten Sicherungsklausel.

Zwar ist der BGH in seinem Urteil vom 16.6.2016, VII ZR 29/13, IBR 2016, 455, bei einem Verzicht auf die Einreden des § 770 Abs. 1 und 2 BGB von einer bloßen Teilunwirksamkeit ausgegangen. Insoweit ist der hier vorliegende Sachverhalt jedoch entgegen der Auffassung der Beklagtennicht in vollem Umfang vergleichbar. Denn vorliegend würde die Aufrechterhaltung der Sicherungsabrede ohne den unwirksamen Teil, also ohne den erklärten Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit, zu einem Widerspruch zur vertraglichen Regelung insoweit führen, als Ziffer 4.3 BVB zwingend die Verwendung von Formblättern (421 bzw. 422) vorsieht, die die unwirksame Klausel ihrerseits wieder enthalten. Soll nun - bei geltungserhaltender Reduktion - die entsprechende Formblattklausel deshalb ganz entfallen oder soll im Formblatt nur die entsprechend unwirksame Passage entfallen? Insoweit bleibt unklar, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel gekannt hätten. Deshalb fehlt es an einer inhaltlichen „Trennbarkeit“ der unwirksamen Klausel von der Verpflichtung zur Sicherheitenstellung fehlen, wie sie im Urteil des BGH bejaht worden war.

So hat auch der BGH mittlerweile in seinem Urteil vom 24.10.2017, XI ZR 600/16, IBR 2018, 76 (= NJW 2018, 857 ff., eine Unwirksamkeit der gesamten Sicherungsabrede bejaht. Zwar lag der dortigen Entscheidung eine Gewährleistungsbürgschaft zugrunde und nicht - wie im Sachverhalt des Urteils vom 16.6.2016, eine Vertragserfüllungsbürgschaft. Streitgegenständlich ist vorliegend freilich eine „Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchebürgschaft“ (Formular 421), wobei der formularmäßige Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit auch für die reine Mängelansprüchebrügschaft (Formular 422) gelten soll.

Insoweit ist der vorliegende Sachverhalt eher mit demjenigen vergleichbar, der dem Urteil vom 24.10.2017 zugrunde lag. Dies auch deshalb, weil auch dort klauselmäßig vorgegeben war, dass die Bürgschaft inhaltlich dem Formular einer bauvertraglichen Anlage zu entsprechen hatte, wenn auch dort der Hauptschuldnerin die Verwendung des entsprechenden Formulars nicht verbindlich vorgegeben war (vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 26). Hier war dies jedoch sogar zusätzlich der Fall.

Deshalb kann die Sicherheitsabrede auch hier nicht in der Weise aufrechterhalten werden, dass die Klägerin als Hauptschuldnerin im Ergebnis eine Bürgschaft ohne die unwirksame Klausel zu stellen hat. Die Sicherheitsabrede ist insoweit nicht teilbar, sondern als konzeptionelle untrennbare Einheit zu verstehen (vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 28-33).

Jedenfalls aus der Kombination der Klauseln „Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit“ und „Verpflichtung zur Verwendung des Formblatts“ ergibt sich also die Gesamtunwirksamkeit der Sicherungsabrede.

2. Zum Antrag auf vorgerichtliche Anwaltskosten:

Insoweit hat die Klägerin keinen Anspruch. Als Anspruchsgrundlage hierfür kämen grundsätzlich §§ 280 Abs. 1, 286 BGB in Betracht.

Allerdings forderte die Klägerin die Beklagte erstmals mit Schreiben ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 22.2.2017 unter Fristsetzung zur Herausgabe der Bürgschaft auf (Anlage K 7) und setzte ihr mit weiterem Anwaltsschreiben vom 8.3.2017 vergeblich eine diesbezügliche Nachfrist (Anlage K 8). Erst durch diese Mahnung trat Verzug ein. Das erst verzugsbegründende Mahnscheiben wird aber noch nicht vom Verzögerungsschaden umfasst.

Eines vorherigen gerichtlichen Hinweises an die Klägerin insoweit hat es nicht bedurft, nachdem es sich lediglich um eine Nebenforderung handelt (§ 139 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Im übrigen beträgt der Gegenstandswert nicht 21.100,- €, sondern nur 5.275,- €, so dass allenfalls 480,20 € netto angefallen wären.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. § 92 Abs. 2 ZPO war nicht anzuwenden, da die Zuvielforderung der Klägerin (bezüglich der Nebenforderung) nicht nur verhältnismäßig geringfügig war.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1. § 711 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO.

III.

Bezüglich der Streitwertfestsetzung wird Bezug genommen auf Ziffer I. des Beschlusses vom 11.10.2017 (Bl. 8/9 d.A.).

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.