Landgericht München I Endurteil, 20. Sept. 2017 - 15 O 21372/16

bei uns veröffentlicht am20.09.2017

Tenor

1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger € 810,00 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Gerichtskosten haben der Kläger 85 % und der Beklagte zu 1) 15 % zu tragen. Der Kläger trägt 70 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) sowie die gesamten außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2). Der Beklagte zu 1) trägt 15 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.700,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagten einen Anspruch auf immaterielle Entschädigung nach Art. 5 Abs. 5 MRK geltend.

Der Kläger ist .... Er reiste zusammen mit seiner Frau und seiner damals 1 % jährigen Tochter mit dem Zug aus ... kommend am 02.10.2013 in das Bundesgebiet ein. Bei der Grenzkontrolle konnte er keine aufenthaltslegitimierenden Ausweispapiere vorlegen. Er gab an, bereits in der ... im ... einen Asylantrag gestellt zu haben. Er wolle aber in Deutschland bleiben. Er erklärte, in der ... sei es schlimmer als in einem Gefängnis, zudem erhalte man nur 6 Euro im Monat.

Eine Abfrage im EURODAC-System ergab, dass der Kläger und seine Ehefrau in der ... am 25.08.2013 einen Asylantrag gestellt hatten. Durch die Bundespolizei wurde daher die Zurückschiebung des Klägers nach der EGV 343/2003 (Dublin-II-Verordnung) verfügt. Ferner beantragte die Bundespolizei Haft zur Sicherung der Zurückschiebung.

Mit Beschluss vom 03.10.2013 ordnete das Amtsgericht Passau die vorläufige Freiheitsentziehung an. Der Kläger wurde daraufhin in die Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim verbracht, die Ehefrau sowie die Tochter wurden in einer Gemeinschaftsunterkunft in Passau untergebracht.

In der Folgezeit wurde über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Wiederaufnahme des Klägers durch die ... betrieben. Am 08.10.2013 beantragte die Bundespolizei Zurückschiebungshaft bis längstens zum 15.11.2013. Mit Beschluss vom 16.10.2013 ordnete das Amtsgericht München unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Passau Abschiebehaft von 44 Tagen, längstens bis zum 15.11.2013, an. Gegen diesen Beschluss wandte sich der Kläger mit seiner Beschwerde vom 22.10.2013. Mit Beschluss vom 30.10.2013 setzte das Landgericht München I (Az. 13 T 23509/13) die Vollziehung der Freiheitsentziehung unter Auflagen außer Vollzug. Der Kläger wurde aus der Justizvollzugsanstalt entlassen und in der Gemeinschaftsunterkunft in Passau untergebracht. Mit Beschluss vom 07.11.2013 hob das Landgericht München I den Beschluss des Amtsgerichts vom 16.10.2013 auf und stellte zugleich die Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung fest.

In der Folgezeit entzog sich der Kläger der Zurückschiebung dadurch, dass er die Zeit bis zum Ablauf der Zurückschiebefrist im Kirchenasyl verbrachte. Im Rahmen des dann durchgeführten nationalen Asylverfahren wurde dem Kläger mit Bescheid des BAMF vom 12.07.2016 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagten seien beide für das vorliegende Verfahren passivlegitimiert. Ihm stehe eine Entschädigung nach Art. 5 Abs. 5 MRK zu, da die Haft - wie das Landgericht München I festgestellt habe - rechtswidrig gewesen sei. Als angemessene Entschädigung sei ein Betrag von 100,00 € je Hafttag angebracht.

Der Kläger beantragt daher,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 2.700,- als angemessenes Schmerzensgeld anlässlich rechtswidrig erlittener Abschiebehaft zwischen dem 03.10.2013 und dem 30.10.2013 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen

Klageabweisung.

Die Beklagte zu 2) hält sich nicht für passivlegitimiert. Ab dem Zeitpunkt der Haftanordnung durch das Gericht liege die Verantwortung allein bei dem Beklagten zu 1). Ferner sind die Beklagten der Auffassung, Rechtswidrigkeit i.S.d. § 62 AufenthG sei nicht mit dem Begriff „rechtmäßige Freiheitsentziehung“ i.S.d. Art. 5 Abs. 1 S. 2 litt. f) MRK gleichzusetzen. Ferner müsse auch in den hier vorliegenden Fällen berücksichtigt werden, dass die Anordnung durch einen Richter erfolgt sei, weshalb die Rechtsprechung zum „Spruchrichterprivileg“ des § 839 Abs. 2 BGB entsprechend heranzuziehen sei. Schließlich halten die Beklagten eine Entschädigung allenfalls in Höhe von € 30,00 je Hafttag für angemessen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 26.07.2017 Bezug genommen. Beweise wurden nicht erhoben.

Gründe

A.

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

I.

Die Beklagte zu 2) ist nicht passivlegitimiert.

1. Den freiheitsentziehenden Maßnahmen, wegen derer der Kläger vorliegend Ansprüche geltend macht, lag zwar ein Antrag der Bundespolizei und mithin der Beklagten zugrunde. Jedoch beruhte die freiheitsentziehende Maßnahme unmittelbar auf dem Beschluss des Amtsgerichts Passau vom 03.10.2013 bzw. des Amtsgerichts München vom 16.10.2013. In diesem Zusammenhang geht die Kammer davon aus, dass eine behördlich angeordnete Maßnahme einen abgrenzbaren Lebenssachverhalt darstellt und durch nachfolgende, spätere gerichtliche Entscheidungen, die von weiteren rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen und Prüfungen abhängig sind, ein neuer Lebenssachverhalt beginnt, der der zuvor handelnden Verwaltungsbehörde nicht ohne weiteres zugerechnet werden kann (vgl. hierzu OLGR Koblenz 2006, 1068; zitiert nach juris; OLGR Koblenz 2004, 226 Rn. 14; so auch OLG Celle OLGR Celle 2007, 303). Für die Geltendmachung einer auf Grund der Beschlüsse der Amtsgerichte vollzogenen Haft ist demzufolge der Träger der staatlichen Gerichte, also der Beklagte zu 1), passivlegitimiert.

2. Soweit das Oberlandesgericht München im Urteil vom 22.08.2013 (Az. 1 U 1488/13, zitiert nach juris) eine andere Auffassung vertreten hat, hat sie diese im Verfahren 1 U 3314/15 aufgegeben, und sich der Auffassung der Kammer angeschlossen. Dies ist auch zutreffend.

Der Kläger stützt seine Forderung darauf, dass das Landgericht München I festgestellt hat, dass die Beschlüsse vom 03. bzw. 16.10.2013 rechtswidrig waren. Der Vorwurf richtet sich gerade nicht dagegen, dass die Bundespolizei als „Herrin des Verfahrens“ es unterlassen habe, jederzeit zu überprüfen, ob die Haftvoraussetzungen noch vorlagen, und sie den Kläger von sich aus hätte entlassen müssen. Vielmehr macht der Kläger geltend, dass die Haftanordnung fehlerhaft war. Dies ist aber - wie auch das OLG München ausführt - wegen Art. 104 Abs. 2 GG die originäre Entscheidung des Gerichts. Die Ausländerbehörde - oder Bundespolizei - kann gerade nicht - ohne Mitwirkung des Gerichts - den Ausländer in Haft halten. Sie ist zwar antragsberechtigt. Die Entscheidung, ob die Haft (bzw. -fortdauer) angeordnet wird, trifft jedoch allein das Gericht.

Etwas anderes könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn der gerichtliche Beschluss auf einer fehlerhaften Mitteilung durch die Verwaltungsbehörde beruhen würde, beispielsweise auf dem Gericht unzutreffend mitgeteilten Tatsachengrundlagen. Dies ist vorliegend jedoch weder ersichtlich noch vorgetragen. Deshalb kann offenbleiben, inwieweit Handlungen der Ausländer- oder Polizeibehörde im Vorfeld der Haftanordnung überhaupt von Art. 5 Abs. 5 EMRK umfasst sind. Dagegen spricht aber, dass der Anspruch aus Art. 5 Abs. 5 EMRK als ein Tatbestand der Gefährdungshaftung (BGHZ 45, 58; Meyer-Goßner/Schmitt, 58. Aufl. 2015, Anh 4, Art. 5 MRK, Rn. 14) eng auszulegen ist und nicht ohne weiteres auf alle Handlungen ausgedehnt werden kann, die im Vorfeld der rechtswidrigen Haftanordnung des Gerichts kausal waren.

II.

Ein Anspruch gegen den Beklagten zu 1) besteht, allerdings nur in Höhe von € 810,00.

Art. 5 Abs. 5 MRK setzt voraus, dass der Kläger unter Verletzung des Art. 5 MRK von Freiheitsentziehung betroffen ist. Das ist vorliegend der Fall.

1. Gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 litt. f MRK darf die Freiheit nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

„[...]

f) rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.“

Nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR zu Artikel 5 Abs. 1 Buchst. a bis f MRK muss jede Freiheitsentziehung unter eine der Ausnahmen nach diesen Bestimmungen fallen und darüber hinaus „rechtmäßig“ sein. Wo es um die „Rechtmäßigkeit“ der Freiheitsentziehung geht, was auch die Frage beinhaltet, ob sie „auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise“ erfolgt ist, verweist die Konvention im Wesentlichen auf das innerstaatliche Recht und erlegt die Verpflichtung auf, dessen materiell- und verfahrensrechtliche Bestimmungen einzuhalten. Dies bedeutet in erster Linie, dass jede Festnahme oder Freiheitsentziehung eine gesetzliche Grundlage im innerstaatlichen Recht haben muss, betrifft aber auch die Qualität des Gesetzes, die rechtsstaatlichen Anforderungen genügen muss, einer Leitidee, die in allen Konventionsartikeln verankert ist. „Qualität des Gesetzes“ bedeutet in diesem Sinne, dass das Gesetz in den Fällen, in denen die Freiheitsentziehung nach innerstaatlichem Recht zulässig ist, hinreichend zugänglich sein muss und präzise und vorhersehbar anzuwenden ist, um jegliche Gefahr der Willkür zu vermeiden. Der von der Konvention gesetzte Maßstab hinsichtlich der „Rechtmäßigkeit“ besagt, dass alle Rechtsvorschriften hinreichend präzise sein müssen, so dass eine Person - nötigenfalls mit entsprechender Beratung - in einem Maß, das unter den jeweiligen Umständen angemessen ist, voraussehen kann, welche Folgen eine bestimmte Handlung nach sich ziehen kann. Die Einhaltung des innerstaatlichen Rechts reicht jedoch nicht aus: Artikel 5 Abs. 1 MRK verlangt auch, dass jede Freiheitsentziehung mit der Absicht, den Einzelnen vor Willkür zu schützen, vereinbar sein sollte (EGMR NJW 2010, 2495; vgl. auch BGHZ 198, 1).

2. Gemessen daran war die Haftanordnung rechtswidrig.

a. Die 13. Zivilkammer des Landgerichts München I hat im Beschluss vom 07.11.2013 zugleich mit der Aufhebung des Haftbefehls die Rechtswidrigkeit der Haft festgestellt. Die Kammer ist an diese Auffassung gebunden (std. Rechtsprechung der Kammer).

Es ist vorrangig Aufgabe der staatlichen Behörden, insbesondere der Gerichte, das innerstaatliche Recht auszulegen und anzuwenden. Da jedoch im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 MRK die Nichteinhaltung innerstaatlichen Rechts einen Verstoß gegen die Konvention zur Folge hat, kann und muss der EGMR eine gewisse Nachprüfung vornehmen und untersuchen, ob das innerstaatliche Recht beachtet worden ist. Freiheitsentziehung ist grundsätzlich rechtmäßig, wenn sie auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung stattfindet. Die spätere Feststellung eines Irrtums des Richters bei Abfassung der Entscheidung muss nicht im Nachhinein zwangsläufig die Rechtmäßigkeit der inzwischen erlittenen Freiheitsentziehung berühren. Deshalb haben es die Konventionsorgane stets abgelehnt, Beschwerden von verurteilten Straftätern anzunehmen, die behaupten, der Schuldspruch oder die gegen sie verhängte Strafe durch die Berufungsgerichte beruhten auf einem Tatsachen- oder Rechtsirrtum (EGMR NJW 2000, 2888). Entscheidend ist hierfür die Bestandskraft der Entscheidung, d.h. der EGMR misst der Rechtskraft eine erhebliche Bedeutung zu.

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 18.05.2006 (MDR 2006, 1284) entschieden, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit im gerichtlichen Verfahren über die Freiheitsentziehung grundsätzlich Bindungswirkung für das nachfolgende Entschädigungsverfahren hat. Diesem Verfahren lag zwar ein Antrag im Fortsetzungsfeststellungsverfahren zugrunde, nachdem der dortige Kläger am 10.03.2004 aus der Haft entlassen worden war, das zuständige Landgericht aber erst mit Beschluss vom 29.06.2004 über die Rechtswidrigkeit entschieden hatte. Anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall streiten hier die Parteien gerade über die Frage, ob die Haftanordnung vom 03./16.10.2013 rechtswidrig war.

Dennoch rechtfertigt dies kein Abweichen von der Entscheidung der 13. Zivilkammer. Soweit der BGH in verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren eine Bindungswirkung verneint hat, lag der ...er Entscheidungen nicht darauf, dass das Gericht in einem summarischen Verfahren und unter Zeitdruck entschieden hat, sondern dass die dort getroffenen Entscheidungen jederzeit nach § 80 Abs. 7 VwGO geändert werden können, somit nicht der materiellen Rechtskraft fähig sind (BGH NVwZ 2001, 352).

Die vorliegende Entscheidung der 13. Zivilkammer ist der formellen und materiellen Rechtskraft fähig. Sie ist bestandskräftig. Eine Abänderung im Zurückschiebehaftverfahren war damit nicht mehr möglich.

b. Zwar ist dem Beklagten zu 1) zuzugeben, dass die Entscheidung in einem Freiheitsentziehungsverfahren getroffen wurde, was der besonderen Beschleunigung unterliegt, auch wenn die Haftanordnung bereits außer Vollzug gesetzt war (vgl. insoweit auch Art. 5 Abs. 4 MRK, der eine „kurzer Frist“ anordnet; BVerfG, NVwZ-RR 2009, 616; BVerfG, Kammerbeschluss vom 13.10.2016, Az. 2 BvR 1275/16, zitiert nach juris).

Ferner dürfte die Auffassung des Beklagten zu 1) zutreffen, dass eine Haft i.S.d. Art. 5 Abs. 1 MRK nur rechtswidrig ist, wenn dies auf objektiven Umständen gründet. Der Gerichtshof prüft regelmäßig, ob ausreichende objektive Elemente existierten, die einen objektiven Beobachter dazu bringen konnten, vernünftigerweise zu glauben, dass der Betroffene die die Haft begründenden Umstände verwirklicht hat (zur Untersuchungshaft EGMR, Urteil vom 22.05.2014, Az. 15172/13). Unklar bleibt in dieser Entscheidung allerdings, ob der Gerichtshof die Bewertung aus der Sicht ex ante oder ex post vornimmt. Bei letzterer wäre möglicherweise auch das Verhalten des Klägers im weiteren Verlauf des Zurückschiebeverfahrens zu berücksichtigen.

Insoweit ist zutreffend, dass aus der Rückschau möglicherweise eine andere Beurteilung der Haftanordnung durch die Amtsgerichte vertretbar gewesen wäre. Gleichwohl ist der Kammer eine abweichende Beurteilung verwehrt.

3. Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) ist die Haftung nach Art. 5 Abs. 5 MRK auch nicht aufgrund des „Spruchrichterprivilegs“ ausgeschlossen.

Zwar haftet der Richter bei einem Urteil (oder urteilsvertretendem Erkenntnis) gemäß § 839 Abs. 2 S. 1 BGB nur dann, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Eine solche Straftat kann - mit Blick auf die sog. Sperrwirkung des § 339 StGB - grundsätzlich nur eine Rechtsbeugung darstellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 32, 357/363 f; 38, 281 ff; 40, 30/40, 169/178, 272/283; 41, 247/251 f; 44, 258), der auch die Kammer folgt, erfasst die Rechtsbeugung nach § 339 StGB nicht jede unrichtige Rechtsanwendung; vielmehr setzt die Norm einen „elementaren Verstoß gegen die Rechtspflege“ voraus. Da die Einordnung der Rechtsbeugung als Verbrechenstatbestand die Schwere des Unwerturteils indiziert und eine Verurteilung kraft Gesetzes zur Beendigung des Richter- oder Beamtenverhältnisses (§ 24 Nr. 1 DRiG, § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BRRG, § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG) führt, ist es mit dieser Zweckbestimmung nicht zu vereinbaren, jede unrichtige Rechtsanwendung und jeden Ermessensfehler in den Schutzbereich der Norm einzubeziehen. Ein Beugen des Rechts liegt danach nur dann vor, wenn der Täter sich bewusst und in schwerwiegender Weise vom Gesetz entfernt und sein Handeln statt an Gesetz und Recht an Maßstäben ausrichtet, die im Gesetz keinen Ausdruck gefunden haben.

Nach BGHZ 50, 14 dient § 839 Abs. 2 S. 1 BGB aber auch dem Schutz der richterlichen Unabhängigkeit: Der Richter soll im Interesse seiner inneren Freiheit und Unbefangenheit nicht befürchten müssen, dass sein Verhalten ihm als Fehlverhalten angelastet und zur Grundlage eines Ersatzanspruchs gemacht würde. Auf dieser Linie liegt es, dass bei richterlichen Amtspflichtverletzungen außerhalb des Anwendungsbereichs des § 839 Abs. 2 S. 1 BGB der Verfassungsgrundsatz der richterlichen Unabhängigkeit zu beachten ist. Soweit in solchen Fällen im Amtshaftungsprozess darüber zu befinden ist, ob ein Richter bei der Rechtsanwendung und Gesetzesauslegung schuldhaft amtspflichtwidrig gehandelt hat, kann dem Richter in diesem Bereich ein Schuldvorwurf nur bei besonders groben Verstößen gemacht werden; inhaltlich läuft das auf eine Haftung für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit hinaus (BGHZ 155, 306). Eine Haftung tritt jedenfalls dann nicht ein, wenn die betreffende richterliche Maßnahme nicht unvertretbar gewesen ist (BGH, Urteil vom 21.7.2005 - III ZR 21/05). Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs löst sich von dem Begriff der groben Fahrlässigkeit und stellt auf die Unvertretbarkeit als Maßstab ab (BGHZ 187, 286).

Diese Regelung betrifft jedoch die Verschuldenshaftung nach § 839 BGB.

Bei dem durch Art. 5 Abs. 5 MRK geschaffenen Schadenersatzanspruch handelt es sich um einen Fall der Gefährdungshaftung, der an rechtswidriges Verhalten anknüpft, aber vom Verschulden unabhängig ist (std. Rechtspr. seit BGHZ 45, 58; BGHZ 207, 365). Insoweit sind die Grundsätze, die der BGH zur Verschuldenshaftung aufgestellt hat, nicht auf diesen Anspruch übertragbar.

4. Insoweit kann offen bleiben, ob - wie der Kläger meint - die Inanspruchnahme von Kirchenasyl nicht als „Flucht“ i.S.v. § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG (in der Fassung vom 22.11.2011) zu werten ist.

5. Offenbleiben kann, ob vorliegend die Anwendbarkeit des § 242 BGB i.S. eines „venire contra factum proprium“ Anwendung findet könnte. Zwar ist der Ansatz der Beklagten insoweit nachvollziehbar, dass der Kläger nach seiner Haftentlassung offensichtlich genau das, was die Bundespolizei befürchtet hatte - sich der Zurückschiebung zu entziehen -, tatsächlich durch die Inanspruchnahme von Kirchenasyl getan hat. Allerdings sind die näheren Umstände dazu nicht mitgeteilt worden, weshalb der Kammer eine Bewertung, ob ausnahmsweise die Regeln des deutschen allgemeinen Zivilrechts auf den vorliegenden europarechtlichen Anspruch Anwendung finden können, nicht möglich ist (bisher zurückhaltend BGHZ 198, 1; für die Aufrechnung bejahend BGHZ 207, 365).

6. Der Anspruch besteht allerdings nur in Höhe von 810,00 €. Insoweit schließt sich die Kammer der Bewertung des OLG München (Urteil vom 22.08.2013, Az. 1 U 1488/13, zitiert nach juris; vgl. zur Höhe [20,00 €] auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 12.09.2013, Az. 2 W 2/13, zitiert nach juris; [15,00 €] OLG Bamberg, Beschluss vom 14.01.2014, 4 U 112/13, zitiert nach juris) an.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.

C.

Der Streitwert war gemäß der klägerischen Hauptforderung festzusetzen.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62 Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 104


(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden. (2) Über die Zuläss

Strafgesetzbuch - StGB | § 339 Rechtsbeugung


Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bi

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 48 Ärztliche Untersuchung


(1) In den Fällen der §§ 44 bis 47 kann die zuständige Behörde die ärztliche Untersuchung nur einer Amtsärztin oder einem Amtsarzt übertragen oder einer Ärztin oder einem Arzt, die oder der als Gutachterin oder Gutachter nach Satz 2 zugelassen ist. D

Deutsches Richtergesetz - DRiG | § 24 Beendigung des Dienstverhältnisses durch richterliche Entscheidung


Wird gegen einen Richter durch Urteil eines deutschen Gerichts im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkannt auf 1. Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer vorsätzlichen Tat,2. Freiheitsstrafe wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vo

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Gründe I. Die klagende Rechtsanwältin mit den Tätigkeitsschwerpunkten „Ausländer- und Asylrecht“ macht aus abgetretenem Recht einer ausländischen Staatsangehörigen (im folgenden: Betroffene oder Mandantin) gegen den

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(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

Wird gegen einen Richter durch Urteil eines deutschen Gerichts im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkannt auf

1.
Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer vorsätzlichen Tat,
2.
Freiheitsstrafe wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates oder Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit strafbar ist,
3.
Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter oder
4.
Verwirkung eines Grundrechts gemäß Artikel 18 des Grundgesetzes,
so endet das Richterverhältnis mit der Rechtskraft dieses Urteils, ohne daß es einer weiteren gerichtlichen Entscheidung bedarf.

(1) In den Fällen der §§ 44 bis 47 kann die zuständige Behörde die ärztliche Untersuchung nur einer Amtsärztin oder einem Amtsarzt übertragen oder einer Ärztin oder einem Arzt, die oder der als Gutachterin oder Gutachter nach Satz 2 zugelassen ist. Die oberste Dienstbehörde bestimmt, welche Ärztin oder welcher Arzt mit der Fertigung von Gutachten beauftragt werden kann. Sie kann diese Befugnis auf nachgeordnete Behörden übertragen.

(2) Die Ärztin oder der Arzt teilt der Behörde auf Anforderung im Einzelfall die tragenden Gründe des Gutachtens mit, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Diese Mitteilung ist in einem gesonderten und versiegelten Umschlag zu übersenden und versiegelt zur Personalakte zu nehmen. Sie darf nur für die Entscheidung der in Absatz 1 genannten Fälle verwendet werden.

(3) Zu Beginn der Untersuchung ist die Beamtin oder der Beamte auf deren Zweck und die Mitteilungspflicht nach Absatz 2 hinzuweisen. Die Ärztin oder der Arzt übermittelt der Beamtin oder dem Beamten oder, soweit dem ärztliche Gründe entgegenstehen, einer oder einem Bevollmächtigten ein Doppel der Mitteilung nach Absatz 2.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 21/05
Verkündet am:
21. Juli 2005
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 12. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin ist ein Unternehmen, das im Bereich audi ovisueller Medien der Sparten Informationstechnologie, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik tätig ist. Sie produziert insbesondere auch Geräte zum Empfang und zur Verarbeitung von Fernsehsignalen. Im Jahre 1998 erhob sie vor dem Landgericht Mainz gegen die damalige Beklagte zu 1, die Zugangshardware für den Bereich des digital und verschlüsselt ausgestrahlten Fernsehens herstellt und Inhaberin der Rechte an der "d-box"-Technologie sowie an dem zugehörigen Verschlüsselungssystem ist, sowie gegen die Deutsche Telekom AG als Beklagte zu 2 Klage mit den Anträgen, festzustellen, daß die Beklagten gesamt-
schuldnerisch verpflichtet seien, ihr eine Lizenz zur Herstellung der "d-box" zu den üblichen Preisen und Konditionen der Beklagten - die auch anderen Lizenznehmern gewährt würden - zu erteilen, sowie mit weiteren gestaffelten Haupt- und Hilfsanträgen auf Feststellung von Schadensersatz- und Unterlassungspflichten. Das Landgericht gab der Klage gegen die Beklagte zu 1 zum geringeren Teile statt, wies sie jedoch weit überwiegend ab. Dementsprechend wurde die Klägerin mit dem größten Teil der Kosten belastet. Das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Koblenz endete durch Rechtsmittelrücknahme , nachdem die Parteien sich außergerichtlich verglichen hatten.
Bereits vor der ersten mündlichen Verhandlung hatte da s Landgericht durch Beschluß vom 20. Mai 1999 den Gebührenstreitwert auf 20 Mio. DM festgesetzt. Hiergegen erhob die Klägerin Streitwertbeschwerde, mit der sie eine Herabsetzung auf den - auch in der Klageschrift angegebenen - Wert von 5 Mio. DM begehrte. Dieses Rechtsmittel wurde durch Beschluß des für die Hauptsache zuständigen Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz zurückgewiesen ; auch zwei spätere "Wiederaufnahmeanträge und Gegenvorstellungen" blieben erfolglos.
Die Klägerin nimmt nunmehr das beklagte Land auf Scha densersatz wegen Amtspflichtverletzungen der an den Entscheidungen über den Streitwert beteiligten Richter des Landgerichts Mainz und des Oberlandesgerichts Koblenz in Anspruch. Sie macht geltend, die Wertfestsetzung auf 20 Mio. DM sei bei weitem überhöht; der Wert hätte nach den objektiv angemessenen Lizenzgebühren zuzüglich eines "Sicherheitszuschlages" auf höchstens 5 Mio. DM festgesetzt werden dürfen. Ihren auf 194.789,42 € bezifferten Schaden erblickt
sie in der Kostenmehrbelastung, die sie aufgrund der Streitwertfestsetzung auf 20 Mio. DM gegenüber einer solchen auf 5 Mio. DM getroffen hatte.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet. Der Klägerin steht de r geltend gemachte Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) gegen das beklagte Land nicht zu.
1. Beide Vorinstanzen gehen zutreffend davon aus, daß die in dem hier in Rede stehenden (Gebühren-)Streitwertfestsetzungsverfahren ergangenen gerichtlichen Beschlüsse keine "urteilsvertretenden Erkenntnisse" waren und dementsprechend nicht dem Spruchrichterprivileg (Richterspruchprivileg) des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB unterfallen (vgl. Senatsurteil BGHZ 36, 144, 146; Staudinger/Wurm, BGB 13. Bearb. [2002] § 839 Rn. 333 m.w.N.). Dies hat die Konsequenz, daß vom rechtlichen Ansatzpunkt her für eine Amtshaftung wegen Pflichtverletzungen der beteiligten Richter nicht nur unter den engen Voraussetzungen des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB Raum ist.
2. Das Landgericht hat es - ohne sich indessen insoweit abschließend festzulegen - für möglich und naheliegend gehalten, daß die seinerzeitige Wert-
festsetzung auf 20 Mio. DM - objektiv - überhöht gewesen sei. Das Berufungsgericht hat diese Frage zugunsten des beklagten Landes restriktiver beurteilt, sie jedoch im Ergebnis ebenfalls offengelassen. Sie bedarf hier in der Tat keiner Entscheidung.
3. Denn nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Senats ist bei richterlichen Amtspflichtverletzungen außerhalb des Anwendungsbereichs des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB der Verfassungsgrundsatz der richterlichen Unabhängigkeit zu beachten (vgl. zu den sich daraus ergebenden haftungsrechtlichen Folgerungen: Senatsurteil BGHZ 155, 306, 309 f m.w.N.). Eine Haftung der beteiligten Richter, sei es in erster oder zweiter Instanz, wegen der hier in Rede stehenden Streitwertfestsetzung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sich nicht feststellen läßt, daß diese unvertretbar gewesen wäre.
Die Wertfestsetzung unterlag dem freiem Ermessen des Ger ichts (§ 3 Halbs. 1 ZPO). Bei der Ausübung dieses Ermessens hatte sich das Landgericht an dem von der Klägerin in deren Klageschrift mitgeteilten Zahlenwerk orientiert, daraus das mit der Klage geltend gemachte Interesse geschätzt und dies in den Gründen des Beschlusses ausführlich erläutert. Diese Sachbehandlung läßt bereits objektiv keine Pflichtverletzung erkennen. Das Landgericht und sodann das Beschwerdegericht hatten sich von den hiergegen gerichteten Angriffen der Klägerin nicht überzeugen lassen, sondern an dieser Berechnung festgehalten. Das Beschwerdegericht hat sich in den Gründen seiner Entscheidung mit dem Vorbringen der Klägerin sachlich auseinandergesetzt. Anhaltspunkte dafür, daß beide Gerichte die Grenzen der ihnen durch den Vertretbarkeitsmaßstab eingeräumten erweiterten Beurteilungsspielraums nicht
eingehalten
haben, sind nicht erkennbar. Erst eine Überschreitung dieser Grenzen hätte eine amtshaftungsrechtliche Verantwortlichkeit begründen können (vgl. Senatsurteil BGHZ 155, 306, 311).
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Gründe

I.

Die klagende Rechtsanwältin mit den Tätigkeitsschwerpunkten „Ausländer- und Asylrecht“ macht aus abgetretenem Recht einer ausländischen Staatsangehörigen (im folgenden: Betroffene oder Mandantin) gegen den verklagten Freistaat einen Schadensersatzanspruch nach Art. 5 V EMRK geltend.

Die Betroffene, über deren Herkunft und Identität nach wie vor keine zuverlässigen Erkenntnisse vorliegen und die sich selbst als nigerianische Staatsangehörige „T. L.“ mit dem Geburtsort .../Jamaika bezeichnet hatte, war nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet im bzw. vor August 2009 vom Amtsgericht S. am 18.03.2010 wegen unerlaubter Einreise und vorsätzlichem unerlaubten Aufenthalt sowie wegen Ausweismissbrauchs zu einer mehrmonatigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden. Der von ihr aus der anschließenden Strafhaft heraus gestellte Asylantrag wurde als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Dieser Bescheid ist ebenso wie die nachfolgende Abschiebungsverfügung des Regierungspräsidiums S. bestandskräftig. Die nach ihrer Haftentlassung untergetauchte Betroffene wurde am 16.06.2012 im W. aufgegriffen und dem Ermittlungsrichter vorgeführt, der gegen sie am 17.06.2012 die Haft zur Sicherung der Abschiebung bis längstens zum 17.09.2012 anordnete. Die Sicherungshaft wurde in der JVA N. vollzogen, wo die Betroffene - entsprechend ihrer bei der Aufnahme schriftlich erklärten Einwilligung - nicht getrennt von weiblichen Untersuchungs- bzw. Strafgefangenen untergebracht war. Auf die Beschwerde der Betroffenen hob das Landgericht W. mit Beschluss vom 19.07.2012 die Anordnung der Sicherungshaft vom 16.06.2012 auf und stellte antragsgemäß fest, dass „der Beschluss des Amtsgerichts W. vom 17.06.2012 die Betroffene in ihren Rechten verletzt (habe)“. Die am 20.07.2012 aus der Abschiebungshaft entlassene Betroffene ist am 17.09.2012 ausgereist.

Die Klägerin macht gegen den verklagten Freistaat einen auf Art. 5 V EMRK gestützten Schmerzensgeldanspruch geltend, wobei sie in erster Instanz pro Hafttag 250,00 Euro und somit insgesamt 8.750,00 Euro verlangt hatte.

Das Landgericht hat der Klägerin ein Schmerzensgeld von 525,00 Euro (= 35 Tage zu je 15,00 Euro) zugebilligt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie nunmehr eine Heraufsetzung des Schmerzensgeldes auf insgesamt 3.500,00 Euro, also entsprechend einem Tagessatz von (nur noch) 100,00 Euro erreichen möchte.

Dem Hinweisbeschluss des Senats vom 26.10.2013 ist die Klägerin mit einer Stellungnahme vom 18.11.2013 sowie einem Ablehnungsgesuch gegen die Mitglieder des erkennenden Senats vom gleichen Tag entgegengetreten. Der Ablehnungsantrag wurde mit Beschluss vom 10.12.2013 als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

II.

Nach der einstimmigen Auffassung des Senats ist die Berufung offensichtlich unbegründet mit der Folge, dass das Rechtsmittel keinerlei hinreichende Erfolgsaussicht i. S. d. § 522 II, 1 Nr. 1 ZPO bietet. Die Berufung ist von vornherein aussichtslos, weil das Bestehen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs schon dem Grunde nach nicht dargetan ist. Abgesehen davon, dass die klägerische Aktivlegitimation nicht nachgewiesen ist, war die Klage auch deshalb abweisungsreif, weil es zugleich an einem schlüssigen Sachvortrag der Klägerseite zur Einstandspflicht des Beklagten fehlt. Hiernach kommt es bereits nicht mehr darauf an, dass auch das Berufungsvorbringen zur angestrebten Entschädigungshöhe in keinem Punkt überzeugt.

Die klägerische Stellungnahme gibt dem Senat auch nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung, von seinen Darlegungen im Hinweisbeschluss auch nur in einem Punkt abzuweichen. Im Gegenteil: Was die Gegenerklärung an den ausführlichen Senatshinweisen auszusetzen hat, lässt erkennen, dass die Bedenken der Klägerseite noch in weiteren Punkten nicht auf der Höhe der maßgebenden Einordnungs- bzw. Bewertungskriterien sind. Der Senat wiederholt daher seine bisherigen Darlegungen und ergänzt sie im einzelnen wie folgt:

1. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des eingeklagten Entschädigungsanspruchs aus Art. 5 V EMRK sind bereits nicht schlüssig vorgetragen.

Die Garantie des Art. 5 V EMRK bezieht sich nämlich grundsätzlich nur auf die Freiheitsentziehung als solche, nicht auf die Modalitäten des Vollzugs der Haft; daher ergeben sich aus ihr keine Rechte inhaftierter Personen in Bezug auf ihre Behandlung in der Haft (so nunmehr ausdrücklich das Grundsatzurteil des BGH NJW 2013, 3176 = VersR 13, 1580, dort Rn. 30ff.). Nur in dem Ausnahmefall, dass es aufgrund ganz besonderer Umstände zugleich um die Rechtmäßigkeit der Haftanordnung selbst geht, stellen die Umstände des Vollzugs zugleich die Rechtmäßigkeit der Haft i. S. d. Art. 5 V EMRK in Frage (BGH a. a. O., Rn. 31: „persönliche Vollzugsuntauglichkeit“ des Häftlings wegen „schwerwiegender Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahren“; ähnlich schon - allerdings ohne griffigen Abgrenzungsmaßstab - LG Passau, Beschluss vom 20.4.12 - 2 T 56/12 -, zit. bei Renner-Winkelmann, AusländerR, 10. Aufl., Rn. 12 zu § 62a AufenthG).

In diesem Zusammenhang wird zudem zu berücksichtigen sein, dass es im Geltungsbereich der StPO seit jeher herrschende Meinung ist, dass Haftunfähigkeit allein dem Erlass eines Haftbefehls nicht entgegensteht, sondern nur seinen Vollzug hindert (vgl. nur Meyer-Goßner, 56. Auflage, Rn. 3 zu § 112 StPO; Graf-Krauß, 2. Aufl., Rn. 33 zu § 112 StPO; KK-Graf, 6. Aufl., Rn. 54 zu § 112 StPO; differenzierend Löwe-Rosenberg-Hilger, 26. Aufl., Rn. 68 zu § 112 StPO).

Nach alledem betrifft auch die Problematik einer konventionswidrigen Unterbringung, wie die Klägerseite nach wie vor verkennt, ausschließlich die Modalitäten des Haftvollzugs. Denn selbst bei unzumutbaren oder gar menschenunwürdigen Haftbedingungen - für deren Vorliegen hier nichts ersichtlich ist - wird der Anwendungsbereich des Art. 5 EMRK nicht berührt (BGH a. a. O., Rn. 32).

Dass im Streitfall eine vom Anwendungsbereich des Art 5 V EMRK mitumfasste Ausnahmekonstellation vorliegt, erschließt sich auch aus der das Abschiebungsverfahren abschließenden Entscheidung des Landgerichts W. vom 19.07.2012 nicht, in der das Vorliegen eines Haftgrundes nach § 62 II, 1 Nr.5 AufenthG ausdrücklich bejaht und die Rechtmäßigkeit der (weiteren) Inhaftierung ausschließlich im Hinblick darauf verneint wird, dass eine „richtlinienkonforme“ Unterbringung der Betroffenen nicht gewährleistet sei. Zudem steht wegen ihrer schriftlichen Einwilligungserklärung ein Verzicht der Betroffenen auf das Trennungsgebot im Raum (vgl. dazu lit. d/bb). Hiernach bleibt es eine nach wie vor erörterungsbedürftige Einordnungsfrage, ob die im Beschluss vom 19.07.2012 festgestellte Verletzung des Trennungsgebots überhaupt geeignet ist, i. S. d. Art. 5 V EMRK auf die Rechtmäßigkeit der Haftanordnung an sich durchzuschlagen.

c) Auch auf der Grundlage der vom Landgericht offenbar für bindend erachteten Feststellungen der Beschwerdekammer muss diese Einordnungsfrage klar vereint werden. Im Einzelnen:

aa) Selbst in dem anders gelagerten Modellfall eines (Untersuchungs-)Haftbefehls nach den §§ 112ff. StPO beschränkt sich der Gegenstand einer solchen Anordnung auf die Inhaftierung eines genau bezeichneten Beschuldigten wegen eines präzis umschriebenen Tatvorwurfs in Verknüpfung mit einem bestimmten Haftgrund (§ 114 StPO). Die Auswahl der Anstalt, in der der betreffende Untersuchungsgefangene im konkreten Fall untergebracht werden soll, beruht demgegenüber auf einer gesonderten Entscheidung des Ermittlungsrichters. Es geht insoweit um eine rein vollzugsrechtliche Maßnahme (hier: das sog. Aufnahmeersuchen i. S. d. Art. 8 I BayUVollzG), welche - in den Kategorien der Amtshaftung ausgedrückt - einem eigenen Pflichtenkreis zugeordnet bleibt, der keine Überschneidungen mit der die eigentliche Haftfrage betreffenden Beurteilungsmaterie erkennen lässt.

bb) Bei Freiheitsentziehungen nach dem AufenthaltsG ist für den Vollzug einer Haftanordnung ausschließlich die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsbehörde (fortan: Ausländerbehörde) zuständig (§ 422 III FamFG und Ziff. 62.0.4. der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum AufenthaltsG). Die Ausländerbehörde ist also die Herrin des Haftverfahrens (OLG München, Urteil vom 22.08.2013 - 1 U 1488/13 -, dort Rn. 58, 59). Ihr allein obliegt daher zugleich die Bestimmung der Vollzugsanstalt sowie die hierbei zu beachtende Auswahl einer „richtlinienkonformen“ Hafteinrichtung i. S. d. § 62a AufenthaltsG. Der an der Vollstreckung nicht beteiligte Haftrichter stellt deshalb auch kein Aufnahmeersuchen, weil ihm insoweit schon die Prüfungskompetenz fehlt (Wiesneth, Der amtsgerichtliche Bereitschaftsdienst, 2. Aufl., Rn. 132c und 145). Dementsprechend schweigt sich auch der vorliegende Haftbefehl vom 17.06.2012 (Anlage K 2) zu dieser Thematik aus.

cc) Schon vor diesem Hintergrund einer strikten Trennung der funktionellen Zuständigkeiten (und der sich daraus ergebenden Prüfungskompetenzen) von Haftrichter und Ausländerbehörde fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt dafür, dass im Streitfall die eigentliche Haftanordnung an der Verhältnismäßigkeitsprüfung hätte scheitern müssen, weil in der JVA N. - möglicherweise von vornherein absehbar - eine strikte Trennung von Abschiebungshäftlingen nicht lückenlos durchgeführt werden konnte. Denn es ist weder ersichtlich noch im Beschluss der Beschwerdekammer vom 19.07.2012 festgestellt (noch von der Klägerseite vorgetragen), dass im beurteilungserheblichen Zeitraum keine Möglichkeit bestanden hätte, die Betroffene in einer anderen JVA mit einer „richtlinienkonformen“ Ausgestaltung der Haftbedingungen unterzubringen. Erst recht nicht gibt es einen greifbaren Hinweis darauf, dass der Ermittlungsrichter Anlass gehabt haben könnte, die Auswahl einer nicht geeigneten Hafteinrichtung durch die Verwaltungsbehörde von vornherein in Erwägung zu ziehen (vgl. zu diesem Fragenkreis (erst) jetzt BGH, Beschluss vom 11.07.2013 - V ZB 40/11 -, Rn. 20).

Auch die Gegenerklärung zeigt hierzu in tatsächlicher Hinsicht keinen neuen Aspekt auf. Das Bemühen, in Anknüpfung an die Senatshinweise die Umstände des Streitfalls an die bei Renner-Winkelmann a. a. O., Rn. 13 zu § 62a AufenthaltsG erörterte Konstellation anzunähern, geht nicht über eine Erläuterung der dortigen Kommentarstelle hinaus. Davon abgesehen wäre ein nachgeschobenes Vorbringen mit der Qualität eines beurteilungserheblichen Sachvortrags - selbst jenseits der Zulassungsschranke des § 531 II, 1 Nr. 3 ZPO - längst verspätet, weil es sich nur um eine unzulässige Ergänzung der Berufungsangriffe handeln könnte (vgl. BGH NJW-RR 2007, 414, Rn. 13).

Wenn aber im Rahmen der Entscheidung über die Haftfrage kein Anlass bestanden hatte, die gebotene Prüfung der Verhältnismäßigkeit auch auf die voraussichtliche Ausgestaltung der Haftbedingungen zu erstrecken, so kann die Rechtmäßigkeit des Haftbefehls nicht dadurch - nachträglich und rückwirkend - in Frage gestellt werden, dass die Ausländerbehörde eine für den Vollzug der angeordneten Sicherungshaft ungeeignete Einrichtung ausgewählt hat .

dd) Entgegen der Ansicht der Klägerseite steht dieses Einordnungsergebnis auch vollauf im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung des V. Zivilsenats des BGH.

In der Rechtsbeschwerdesache V ZB 40/11 war in dem die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss vom 30.06.2011 noch ausdrücklich die Frage offen gelassen worden, ob „mit der Beschwerde gegen die Haftanordnung“ eine konventionswidrige Unterbringung der Betroffenen überhaupt „geltend gemacht werden konnte“ (a. a. O., dort Rn. 11).

Auf der gleichen Linie liegt der Beschluss des BGH vom 17.11.2011 - V ZB 212/11 -, in dem die Rechtmäßigkeit der Haftanordnung ausschließlich deshalb verneint wird, weil es an einem zulässigen Haftantrag fehlte; der vom Beschwerdegericht - LG Stade (Beschluss vom 08.09.2011 - 9 T 92/11 -, dort Rn. 17) - ausdrücklich erörterte Umstand, dass der Betroffene eine Woche lang gemeinsam mit einem Strafgefangenen untergebracht war, blieb unerwähnt. Erst in dem Vorlagebeschluss des BGH vom 11.07.2013 - V ZB 40/11 - wurde die Statthaftigkeit einer Haftbeschwerde auch auf die Rüge erweitert, es sei für den Haftrichter erkennbar gewesen, dass der Betroffene konventionswidrig untergebracht werden würde (a. a. O. Rn. 20 und 23). Die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung folgt auch in einem solchen Fall nicht, wie die Klägerseite meint, aus einer irgendwie gearteten „Rückwirkung“ der mit einer konventionswidrigen Unterbringung einhergehenden Rechtsbeeinträchtigung, sondern soll offenbar in einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) begründet sein (so nunmehr der Beschluss des BGH vom 30.10.2013 - V ZB 69/13 -, Rn. 7ff.). Selbst auf der Grundlage der aktuellen Linie der Rechtsprechung des BGH geht es also insoweit um die der eigentlichen Haftanordnung zugrundeliegende Pflichtenlage des Haftrichters. Eine diesbezügliche Pflichtverletzung des Ermittlungsrichters im Streitfall aber zeigt die Klägerseite, wie bereits dargelegt, auch nicht ansatzweise auf; es kann deshalb dahinstehen, ob der Ermittlungsrichter, wozu der Senat neigt, nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung die maßgebenden Aussagen des erwähnten Beschlusses vom 30.06.2011 - V ZB 40/11 -, dort Rn. 11, ohne weiteres - also nicht unvertretbar (vgl. BGHZ 187, 286, Rn. 14) - dahin verstehen durfte, dass bezüglich der Haftbedingungen von vornherein keine Sachaufklärung veranlasst war.

ee) Daraus folgt, dass der Feststellungsausspruch in Ziff. 2. des Beschlusses vom 19.07.2012 im Abschiebungsverfahren bereits von den zugrundeliegenden Feststellungen der Beschwerdekammer nicht getragen wird. Was die Darlegungen der Beschwerdegerichts allenfalls hergeben, ist die Bewertung, dass die Betroffene durch die Ausgestaltung der Abschiebungshaft in der JVA N. in ihrem Recht auf eine strikte Trennung i. S. d. § 62a I /2. HS AufenthG verletzt worden war. Allein in diesem eng begrenzten Umfang ist eine die Zivilgerichte bindende Wirkung der dortigen Entscheidung überhaupt diskutabel (vgl. zu dieser Problematik grundlegend Senat VersR 2013, 1263, dort Rn. 19ff.). Selbst wenn sie aber mit dieser Einschränkung bejaht wird, reichen die maßgebenden Feststellungen der Beschwerdekammer jedenfalls nicht aus, die Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruchs aus Art. 5 V EMRK auszufüllen.

Es bedarf nämlich keiner abschließenden Erörterung, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 62a I AufenthaltsG überhaupt das Gewicht besitzt, die Verhältnismäßigkeit der Inhaftierung an sich in Frage zu stellen. Denn allein der Umstand, dass der Abschiebungshäftling wie hier die Betroffene in einem überschaubaren Zeitraum von nur wenigen Wochen gemeinsam mit Straf- bzw. Untersuchungsgefangenen untergebracht war, reicht - auch in Relation zu den Haftfristen nach § 62 III, 4 und IV, 1 AufenthG - für sich genommen nicht aus, den schwerwiegenden Vorwurf einer (auf die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung selbst durchschlagenden) Unverhältnismäßigkeit der bis dahin vollzogenen Abschiebungs- bzw. Sicherungshaft zu tragen (vgl. hierzu auch LG Stade a. a. O.).

d) Auch die Ansichten der Stellungnahme zur Vorfragenkompetenz der Zivilgerichte sind nicht frei von Rechtsirrtum.

aa) Die gebotene Einschränkung der Bindungswirkung des Feststellungsausspruchs der Entscheidung der Beschwerdekammer vom 19.07.2012 entspricht exakt den einschlägigen Vorgaben der Rechtsprechung zur Beachtlichkeit der Feststellungen der Fachgerichte in Bezug auf die Art und den Gegenstand der beurteilten Maßnahme (vgl. hierzu BGH NJW 1994, 992; OLG München NJW 2007, 1005, dort Rn. 75). Wenn und soweit sich nämlich die vom Fachgericht festgestellte Rechtswidrigkeit erst anhand der Entscheidungsgründe einem bestimmten Fehlverhalten zuordnen lässt, so darf im Streitfall (erst recht) nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Tenor und die diesbezüglichen Feststellungen der fachgerichtlichen Entscheidung auseinanderfallen. Denn nur in dem durch die Feststellungen des Fachgerichts individualisierten Umfang lässt sich die dort als rechtswidrig beurteilte Maßnahme in die zum Anwendungsbereich des Art. 5 V EMRK entwickelten Abgrenzungskriterien einpassen. Hinsichtlich dieses für die Beantwortung der Haftungsfrage selbst maßgebenden Einordnungsmaßstabes kommt eine Vorgreiflichkeit der Auffassung der Beschwerdekammer ohnehin nicht in Betracht (vgl. BGHZ 20, 379, Rn. 8ff.).

bb) Darüber hinaus scheidet eine Vorgreiflichkeit von vornherein aus, wenn das Fachgericht den ihm vorgegebenen Beurteilungsmaßstab in einem entscheidenden Punkt nicht ausgeschöpft hat mit der Folge, dass unter demselben Blickwinkel auch bei der Klärung der sonstigen Haftungsvoraussetzungen (dem Grunde nach) ergänzender Prüfungs- und Feststellungsbedarf besteht (Senat a. a. O., Rn. 25ff.). So aber liegen die Dinge hier. Dem von ihr ausdrücklich erwähnten Umstand, dass die Betroffene in einer schriftlichen Einverständniserklärung in eine gemeinsame Unterbringung mit Strafgefangenen eingewilligt hatte, hat die Beschwerdekammer keine Bedeutung beigemessen. Darin liegt eine grundlegende Verkennung der Sach- und Rechtslage. Denn eine solche Einwilligung wirft die Frage auf, ob der Abschiebungsgefangene auf das Trennungsgebot wirksam verzichten kann. Diese Möglichkeit wird inzwischen auch vom BGH bejaht (FGPrax 2013, 231, Rn. 10). Infolgedessen hat die Beschwerdekammer den maßgebenden (fachgerichtlichen) Prüfungsmaßstab in einem kardinalen Punkt schon deshalb nicht ausgeschöpft, weil die Frage eines rechtswirksamen Verzichts auf das Trennungsgebot unerörtert blieb. Darüber hinaus muss bereits die Möglichkeit eines solchen Verzichts an die Erörterung der konkreten Pflichtenlage des Haftrichters rückgekoppelt werden: Denn sofern das Trennungsgebot zur Disposition des Abschiebungsgefangenen steht, sind schon im Hinblick auf die an eine dahingehende Einwilligungsmöglichkeit anknüpfende Ausgestaltung der Aufnahmepraxis in den meisten Vollzugsanstalten nur wenige Fallgestaltungen denkbar, in denen der Haftrichter „sehenden Auges den Betroffenen in eine rechtswidrige Vollzugspraxis übergibt“ (so die Formulierung bei Renner/Winkelmann a. a. O., Rn. 13).

e) Hiernach kommt es schon nicht mehr darauf an, dass es selbst bei Annahme einer Unverhältnismäßigkeit einer weiteren Haftfortdauer im vorliegenden Fall genügt hätte, lediglich die Vollziehung der Sicherungshaft einstweilen auszusetzen (vgl. hierzu auch den Beschluss des BGH vom 19.09.2011 - V ZB 212/11 -). Schließlich braucht es auch nicht mehr vertieft zu werden, ob eine Bindungswirkung des Feststellungsausspruchs der Beschwerdekammer zur (angeblichen) Rechtswidrigkeit des Haftbefehls vom 17.06.2012 von vornherein deshalb ausscheidet, weil für Rechtsbehelfe gegen den Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßnahme grundsätzlich nur der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist (vgl. MK-Wendtland, 3. Auflage, Rn. 7, 9 zu § 422 FamFG; Prütting/Helms-Jenissen, 2. Auflage, Rn. 14 zu § 422 FamFG; Renner-Winkelmann a. a. O., Rn. 38 zu § 62 und Rn. 12 zu § 62a AufenthaltsG; Keidel-Budde, 17. Aufl., Rn. 9 zu § 422 FamFG und Rn. 9 zu § 428 FamFG; Wiesneth a. a. O. Rn. 128a).

2. Hinsichtlich der Voraussetzungen eines etwaigen Schadenersatzanspruchs nach den Grundsätzen der Amtshaftung gemäß § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG (vgl. hierzu auch BGH NJW 2013, 3176 = VersR 13, 1580, dort Rn. 9ff.) fehlt schon ansatzweise jeder Sachvortrag der Klägerseite.

3. Bei dieser Sachlage ist es auch nicht mehr ausschlaggebend, dass es nach wie vor am Nachweis der bereits in der Klageantwort bestrittenen Aktivlegimitation fehlt, was der Senat im Rahmen seiner Sachprüfung (§ 529 II, 2 ZPO) von Amts wegen zu berücksichtigen hat.

Denn die als Anlage K 1 vorgelegte „Abtretungsvereinbarung“ weist unter dem maschinenschriftlichen Sachtext (mit dem typischen Erscheinungsbild vorformulierter Vertragsbedingungen i. S. d. § 305 I, 1 BGB) in der für die Unterzeichnung der Zedentenseite vorgesehene Unterschriftsleiste lediglich den Schriftzug „T. und daneben die handschriftlichen Orts- bzw. Datumsangabe „Shomolu 4/2/2013 aus. Die von der Beklagtenseite schon in der Klageerwiderung angemeldeten Zweifel an der Echtheit dieser Unterschrift leuchten bereits im Hinblick darauf ein, dass die Betroffene unstreitig bereits am 17.09.2012 ausgereist war. Zudem findet sich in dem die angebliche Unterschrift konstituierenden Schriftzug „Tracf nur der (vermeintliche) Vornamen der Betroffenen wieder (vgl. nur S. 3 der Klage: „Frau L. ...“). Schließlich stehen die angeblichen Eintragungen der „Zedentin“ zu den Rahmenumständen ihrer Unterschriftsleistung, was ebenfalls in der Klageantwort beanstandet wurde, in einem erklärungsbedürftigen Widerspruch dazu, dass die darunter stehende Unterschrift der Klägerin in München und ebenfalls unter dem 04.02.2013 geleistet worden sein soll. Vor dem Hintergrund, dass sich die Betroffene jeder Mitwirkung bei der Feststellung ihrer wahren Identität entzogen hatte, sind auch die ausweichenden Ausführungen in der klägerischen Replik (dort S.2 = Bl.36) von vornherein nicht geeignet, die Zweifel an der Echtheit der Unterschrift der Betroffenen auszuräumen. Was die Klägerin hierzu in der Sache anbietet, ist eine Art „anwaltlicher Versicherung“, die jedoch wegen ihrer mangelnden Substanz noch nicht einmal die Qualität einer Glaubhaftmachung besitzt und erst recht nicht den hier einschlägigen Anforderungen eines Vollbeweises (§ 440 I ZPO) genügt.

Was die Stellungnahme dem entgegenzusetzen versucht, lässt jegliches Bemühen vermissen, die Senatshinweise in rechtlicher oder/und tatsächlicher Hinsicht ernsthaft abzuarbeiten. Sofern sich die Darlegung, die Klägerin habe „das Dokument von der Zedentin in Empfang (genommen) und die Vereinbarung ebenfalls unterzeichnet als ergänzender Sachvortrag versteht, wirft dieser jeder konkreten Festlegung ausweichende Nachbesserungsversuch zusätzliche Fragen auf: So lässt sich beispielsweise die auf eine persönliche Übergabe „des Dokuments“ durch die Mandantin deutende Formulierung schon nicht ohne weiteres in Einklang bringen mit dem Vorbringen auf S. 4 des Ablehnungsgesuchs (= Bl. 135), wonach die Betroffene „längst wieder in Afrika weilen (soll)“.

Nach alledem bleibt es auch dabei, dass es in jeder Hinsicht an einem aus sich heraus nachvollziehbaren Sachvortrag der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerseite dazu fehlt, unter welchen - einer beweismäßigen Klärung zugänglichen - Umständen die vorgelegte Abtretungsurkunde an den Aufenthaltsort der Mandantin übersandt, dort von ihr unterzeichnet sowie wieder an die Klägerin zurückgesandt worden sein soll.

4. Schließlich überzeugt auch das Berufungsvorbringen zur Entschädigungshöhe weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht.

a) Zu Recht hat das Landgericht im rechtlichen Ausgangspunkt darauf abgestellt, dass ein Haftgrund vorlag und - vom Standpunkt der Kammer konsequent - die (angebliche) Rechtswidrigkeit der Haftanordnung ausschließlich mit der Ausgestaltung des nachfolgenden Vollzugs der Abschiebungshaft zusammenhing. Schon aus diesem Grund scheidet, weil es im entscheidenden Punkt an einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, der Entschädigungssatz des § 7 III StrEG als Orientierungsmarke von vornherein aus.

Was die Berufung im Übrigen an den Ausführungen der Kammer beanstandet, lässt bereits die gebotene konkrete Auseinandersetzung in der Sache mit den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts vermissen. So blendet auch das Berufungsvorbringen den Umstand aus, dass die Betroffene, weil die Voraussetzungen für eine Abschiebungshaft klar zu Tage lagen, den Grund für ihre Inhaftierung selbst gesetzt hatte. Im Lichte der dargelegten Einordnung kommt entscheidend hinzu, dass die Haftanordnung an sich vollauf der Sach- und Rechtslage entsprach. Die Umstände im Vorfeld der Inhaftierung erlangen noch zusätzlich dadurch Gewicht, dass sich die Betroffene nach ihrer Entlassung aus der Strafhaft erneut illegal im Bundesgebiet aufgehalten hatte und somit im Fall ihrer erneuten strafrechtlichen Verurteilung wieder mit einer nicht unerheblichen Freiheitsstrafe hätte rechnen müssen. Denn die an sich unumgängliche erneute Strafverfolgung hatte sich lediglich aufgrund der sofort in die Wege geleiteten Ausweisung und Abschiebung erübrigt (§ 154b III StPO). Unter diesem Blickwinkel muss sich also die Klägerseite als weiteren - allein für sich genommen - deutlich anspruchsmindernden Bemessungsfaktor entgegenhalten lassen, dass die hier vollzogene Sicherungshaft - bei wertender Betrachtung - zugleich einen gewissen strafersetzenden Sanktionscharakter hatte.

Die Einwände der Gegenerklärung stehen auch hier nicht in einem (noch) fassbaren Zusammenhang mit anerkannten Einordnungsstandards.

Es geht nicht um eine Prüfung der „haftungsausfüllenden Kausalität“, sondern vielmehr um Feststellungen zur Anspruchshöhe, vorliegend zu bemessungserheblichen Umständen im Vorverhalten der Betroffenen, die geeignet sind, den geltend gemachten Kompensationsbedarf nachhaltig einzuschränken. Inwieweit dieses Bewertungsmoment in die Kategorie des Mitverschuldens fällt, kann offenbleiben; denn ein Rechtssatz des Inhalts, dass im Rahmen des hier geltend gemachten Anspruchs aus Art. 5 V EMRK „kein Raum für ein Mitverschulden ist“, wie die Klägerseite meint, existiert nicht. Dass bei der Entscheidung über die Anordnung von Abschiebungshaft grundsätzlich Umstände außer Betracht zu bleiben haben, denen Sanktionscharakter zukommt, begründet kein dahingehendes „Verwertungsverbot“ im Rahmen der Feststellungen zur Anspruchshöhe. Mit anderen Worten: Die von der Klägerseite angemahnte Verwertungssperre vermengt in unzulässiger Weise die Rechtmäßigkeitsprüfung einer freiheitsentziehenden Maßnahme (als haftungsbegründender Tatbestand) mit dem in jeder Hinsicht anders strukturierten Feststellungsbedarf auf der Rechtsfolgenseite.

Es bleibt somit festzuhalten: Wer Schmerzensgeld beansprucht, weil er als Abschiebungsgefangener konventionswidrig zusammen mit Strafgefangen untergebracht worden war, muss sich als anspruchsverkürzenden Umstand entgegenhalten lassen, dass seine Inhaftierung - was für die Betroffene seit jeher unstreitig ist - im äußerlichen Zusammenhang mit einer sofort aufgedeckten laufenden Straftat (hier: illegaler Aufenthalt nach dem Untertauchen im Anschluss an eine mehrmonatige Strafhaft) erfolgt war, welche ohne die Abschiebungshaft zwingend eine erneute Strafverfolgung mit Untersuchungs- und anschließender Strafhaft hätte nach sich ziehen müssen.

b) Sodann und insbesondere weicht die Berufung jeder näheren Befassung mit dem hier gebotenen und vom Landgericht auch zutreffend dargelegten Einordnungsmaßstab aus, wonach es wegen der geltend gemachten Nachteile einer konventionswidrigen Unterbringung vorrangig auf diejenigen - konkreten - Beeinträchtigungen anzukommen hat, die der Betroffenen in erster Linie dadurch erwachsen sein können, dass sie nicht von weiblichen Untersuchungs- und Strafgefangenen strikt getrennt

untergebracht worden war. Selbst zu den dazu bemessungserheblichen Umständen lässt jedoch auch die Berufung näheren Sachvortrag vermissen.

In diesem Zusammenhang erschließt sich ein weiteres der geltend gemachten Anspruchshöhe gegenläufiges Bewertungsmoment aus der schriftlich erklärten Einwilligung der Betroffenen in eine gemeinsame Unterbringung mit Strafgefangenen: Unabhängig davon, welche rechtliche Qualität ein solcher Verzicht auf das Trennungsgebot hat, weist die erklärte Einwilligung jedenfalls darauf hin, dass die Mandantin selbst die Ausgestaltung ihrer Haftsituation nicht als unzumutbar empfunden hatte.

Schließlich kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Durchsetzung einer Forderung aus dem abgetretenen Recht einer im Abtretungszeitpunkt angeblich längst wieder in Afrika wohnenden Betroffenen die einer Schmerzensgeldzahlung zugedachte Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion offenkundig nicht oder nur in einem sehr begrenzten Umfang erfüllen kann, zumal als Rechtsgrund („causa“) einer etwaigen Abtretungsvereinbarung nach Lage der Dinge nur die noch offene Gebührenforderung der Klägerin gegen die Betroffene (vgl. den Kostenausspruch in Ziff. 3 des Beschlusses der Beschwerdekammer vom 19.7.12) in Betracht kommt.

Unter diesen Umständen ist es bereits nicht mehr beurteilungserheblich, dass die Vorstellungen der Klägerseite von einer angemessenen Schmerzensgeldhöhe (nach wie vor) selbst von derjenigen Größenordnung weit entfernt sind, auf die sich inzwischen der monatliche Entschädigungssatz von bis zu 500,00 Euro in den nicht vergleichbaren, weil weitaus gravierendere Grundrechtseingriffe betreffenden Fällen einer überlangen Sicherungsverwahrung „eingependelt“ hat (vgl. etwa OLG Karlsruhe VersR 2013, 316 und hierzu jetzt das Urteil des 3. ZS des BGH vom 13.09.2013 -III ZR 406/12 -).

Nach alledem bewegt sich das vom Landgericht zugebilligte Schmerzensgeld eher an der oberen Grenze des im Streitfall vertretbaren Bemessungsrahmens, der bei Gesamtschau der beurteilungserheblichen Umstände ohne weiteres auch nur einen „Tagessatz“ von (deutlich) unter 10,00 Euro gerechtfertigt hätte.

Kosten: § 97 I ZPO.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.