Landgericht Magdeburg Urteil, 28. Okt. 2015 - 7 O 73/15, 7 O 73/15 -006-

ECLI:ECLI:DE:LGMAGDE:2015:1028.7O73.15.00
bei uns veröffentlicht am28.10.2015

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall von Ordnungshaft bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland folgendes Verfahren anzuwenden:

- Verfahren zur Herstellung von Epichlorhydrin;

- bei dem Verfahren unterwirft man Dichlorpropanol einer Dehydrochlorierungsreaktion;

- das Dichlorpropanol erhält man durch Umsetzung von aus nachwachsenden Rohstoffen erhaltenem Glycerin mit mindestens einem Chlorierungsmittel in einem Reaktor;

- der Reaktor besteht aus oder ist beschichtet mit Werkstoffen, die aus emailliertem Stahl, Polyolefinen, fluorierten Polymeren, Phenolharzen, Tantal und Silber ausgewählt sind.

(Patentanspruch 1 des EP 1 752 435 B1)

2. der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 6. Juni 2012 begangen hat, und zwar unter Angabe

- der Art und des Umfangs der verübten eigenen Verfahrensbenutzungshandlungen entsprechend Ziffer 1;

- unter Einschluss insbesondere der Angabe des erzielten Umsatzes sowie der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Kosten und des erzielten Gewinns;

wobei die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben durch Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen oder einen geeigneten Zugang dazu, hilfsweise durch Übermittlung von Belegen (Rechnungen in Kopie) nachzuweisen ist;

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin sowie deren Rechtsvorgängerin durch die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 6. Juli 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen; die Kosten der Streitverkündung fallen der Streitverkündeten zur Last.

IV. Das Urteil ist zu I.1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,00 €, zu I.2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 € und zu II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht mit ihrer Klage auf der Grundlage patentrechtlicher Vorschriften Unterlassungs- und Auskunftsansprüche geltend und verlangt darüber hinaus die Feststellung einer Schadenspflicht der Beklagten.

2

Die Klägerin ist auf dem Weltmarkt im Bereich der Herstellung chemischer Produkte tätig, wobei eines ihrer Hauptprodukte Epichlorhydrin darstellt. Hierbei handelt es sich um eine Flüssigkeit, die als Komponente zur Herstellung von Epoxidharzen dient. Die Klägerin ist eingetragene und verfügungsberechtigte Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents EP1 752 435 B1 betreffend ein Verfahren zur Herstellung von Epichlorhydrin in einem Reaktor, der aus bestimmten Werkstoffen besteht oder damit beschichtet ist. Die diesem Patent zugrunde liegende Erfindung wurde am 18. November 2004 unter Inanspruchnahme der insgesamt drei Prioritäten vom 20. November 2003, vom 8. April 2004 und vom 5. April 2004 eingereicht. Die Anmeldung wurde am 14. April 2007 durch das Europäische Patentamt offengelegt, der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 6. Juni 2012 veröffentlicht. Die Erfindung des Klagepatents betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Epichlorhydrin aus Glyzerol, das aus erneuerbaren, nachwachsenden Rohstoffen während der Herstellung von Bio-Diesel erhalten wurde. Das Patent löst diese Aufgabe durch ein Verfahren zur Herstellung des in Rede stehenden Stoffes mittels chemischer Umsetzung eines aus nachwachsenden Rohstoffen erhaltenden Glyzerins unter Zuhilfenahme eines Chlorierungsmittels in einem Reaktor, der aus bestimmten, korrosionsbeständigen Werkstoffen besteht oder damit beschichtet ist. Die Beklagte ist eine der führenden Herstellerinnen von Epoxidharzen in Europa.

3

Die Beklagte hat eine Anlage zur Herstellung von Epichlorhydrin aus Glyzerol durch die Nebenintervenientin errichten lassen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass in der Anlage der Beklagten Epichlorhydrin hergestellt wird, dass des Weiteren bei dem von der Beklagten eingesetzten Verfahren Dichlorpropanol einer Dehydrochlorierungsreaktion unterworfen wird, dass dort Dichlorpropanol durch Umsetzung von aus nachwachsenden Rohstoffen erhaltenem Glyzerol mit mindestens einem Florierungsmittel in einem Reaktor erhalten wird.

4

Die Klägerin behauptet, dass der Reaktor der Beklagten aus emailliertem Stahl, Polyofiden, florierten Polymeren, Phenolharzen, Tantal und Silber bestehe oder damit beschichtet sei. Es treffe nicht zu, dass die Beschichtung des Reaktors der Beklagten aus anderen Materialien als PFA bestehe. Das von der Gegenseite ausgeführte Material GFK finde Verwendung allein in anderen Bauteilen des fraglichen Reaktors. Dieses Material sei nicht Teil der hier allein maßgeblichen Beschichtung. Die von der Beklagten erwähnte Glaskaschierung stelle eine zusätzliche Lage, nämlich ein zu der Beschichtung zusätzliches Element des Reaktors mit zusätzlichen Funktionen dar. Diese Lage befinde sich auf der der Reaktorkammer abgewandten Seite der aus PFA bestehenden Beschichtung und diene der Verbindung der Beschichtung mit den weiteren, aus GFA bestehenden Bauteilen des Reaktors. Eine derartige Beschichtung des Reaktors an der Reaktorkammer abgewandten Seite mit anderen Elementen schließe das Klagepatent nicht aus. Entscheidend komme es im Hinblick auf die Beschichtung darauf an, dass diese Beschichtung nicht an irgendeiner Stelle des Reaktors angebracht werde, sondern auf der die strukturelle Stabilität verleihenden Reaktorwand, also auf der dem Reaktionsraum zugewandten Seite. Dies ergebe sich zwingend bereits daraus, dass die Beschichtung des Reaktors mit anderen Materialien, etwa an dessen Außenhaut, den damit beabsichtigten Korrosionsschutz nicht bewirken könne. Wenn der Sachverständige in seinem Gutachten auf Seite 9 darlege, dass der Reaktor der Beklagten primär aus den Werkstoffen gemäß der Angaben aus GFK/PFA bestehe, so sei dies so zu verstehen, dass der gesamte Reaktor aus diesen Werkstoffen bestehe. Nicht zum Ausdruck habe der Sachverständige damit bringen wollen, mit welchen Stoffen der Reaktor an der entscheidenden Stelle beschichtet sei.

5

Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass keine überwiegenden Gründe für die fehlende Rechtsbeständigkeit des Klagepatents sprächen. Dies habe das Europäische Patentamt in einem – was zwischen den Parteien unstreitig ist – amtlichen Zwischenbescheid vom 18. November 2004 zum Ausdruck gebracht, in dem das Klagepatent dort ausdrücklich als neu beurteilt werde. Sie könne daher gemäß Art. 64 EPÜ Unterlassung von der Beklagten verlangen. Ihr Auskunftsanspruch stütze sich auf § 140 b Abs. 1, 3 PatentG in Verbindung mit Art. 64 EPÜ.

6

Die Klägerin beantragt,

7

I. die Beklagte zu verurteilen,

8

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall von Ordnungshaft bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,

9

in der Bundesrepublik Deutschland folgendes Verfahren anzuwenden:

10

- Verfahren zur Herstellung von Epichlorhydrin;

11

- bei dem Verfahren unterwirft man Dichlorpropanol einer Dehydrochlorierungsreaktion;

12

- das Dichlorpropanol erhält man durch Umsetzung von aus nachwachsenden Rohstoffen erhaltenem Glycerin mit mindestens einem Chlorierungsmittel in einem Reaktor;

13

- der Reaktor besteht aus oder ist beschichtet mit Werkstoffen, die aus emailliertem Stahl, Polyolefinen, fluorierten Polymeren, Phenolharzen, Tantal und Silber ausgewählt sind.

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(Patentanspruch 1 des EP 1 752 435 B1)

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2. der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 6. Juni 2012 begangen hat, und zwar unter Angabe

16

- der Art und des Umfangs der verübten eigenen Verfahrensbenutzungshandlungen entsprechend Ziffer 1;

17

- unter Einschluss insbesondere der Angabe des erzielten Umsatzes sowie der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Kosten und des erzielten Gewinns;

18

wobei die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben durch Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen oder einen geeigneten Zugang dazu, hilfsweise durch Übermittlung von Belegen (Rechnungen in Kopie) nachzuweisen ist;

19

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin sowie deren Rechts Vorgängerin durch die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 6. Juli 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

20

Hilfsweise beantragt die Klägerin,

21

dass der Antrag zu I. dahingehend spezifiziert werde, dass es sich um ein Verfahren gemäß Anspruch 1 des Klagepatents handele mit der Maßgabe, dass die Anlage, in der das Verfahren durchgeführt werde, von der Beklagten und ihrem Betrieb in ...9 L betrieben werde und es Gegenstand des Beweissicherungsverfahrens 7 OH 44/13 war.

22

Die Beklagte und die Streitverkündete beantragen beide,

23

die Klage abzuweisen.

24

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass sie mit dem bei ihr betriebenen Verfahren das Klagepatent nicht verletze. Auch wenn der Sachverständige im Beweissicherungsverfahren zum Ergebnis gelangt sei, dass sie alle Merkmale des in Rede stehenden Patents benutze, könne von einer Patentverletzung nicht ausgegangen werden. Denn der Sachverständige habe ebenfalls festgestellt, dass der von ihr verwendete Reaktor neben dem Material PFA auch eine Glasfaserkaschierung enthalte. Das streitgegenständliche Patent sehe eine solche Glasfaserkaschierung aber nicht vor, so dass die Lehre des Klagepatents durch sie nicht verwirklicht werde.

25

Sie vertritt die Ansicht, dass das Streitpatent mit hoher Wahrscheinlichkeit in dem anhängigen Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt widerrufen. Dies rechtfertige zumindest die Aussetzung des Rechtsstreits.

26

Für eine Patentverletzung sei es notwendig, dass alle Merkmale des geltend gemachten Patentanspruchs von ihr genutzt würden. Anerkannt sei dabei, dass eine Ausführungsform, bei der auch nur eines der Anspruchsmerkmale fehle, nicht zu einer Patentverletzung führen könne, weil sogenannte Unterkombinationen gerade nicht geschützt seien. Merkmal Nr. 4 des streitgegenständlichen Patents sei aber nicht erfüllt. Die dort genannten Stoffe seien abschließend. Insbesondere wegen der dort verwendeten Formulierungen "Werkstoffen, die aus … ausgewählt sind" ergebe sich, dass diese Aufzählung abschließend gemeint sei. Insbesondere fehle eine relativierende Formulierung wie etwa "beispielsweise". Zudem stehe die Formulierung "besteht aus" für eine abschließende Aufzählung. Die Klägerin habe sich daher auf bestimmte Werkstoffe beschränkt. Hieran müsse sie sich festhalten lassen.

27

Der bei ihr zum Einsatz kommende Reaktor sei nicht lediglich mit PFA beschichtet. Vielmehr handele es sich hierbei um den Verbundwerkstoff glasfaserkaschiertes PFA. Das Gutachten des im Beweissicherungsverfahren tätig gewordenen Sachverständigen sei daher an einem entscheidenden Punkt lückenhaft. Zum Zeitpunkt der Patentanmeldung sei die Klägerin noch nicht im Besitz der Erfindung gewesen und das von ihr geschützte Verfahren sei nicht mehr neu gewesen. Schließlich träfen die Behauptungen der Klägerin nicht zu, dass die beiden zur Beschichtung des Reaktors dienenden Werkstoffe nicht verbunden seien. Vielmehr sei das Typenschild des Reaktors zutreffend als Verbundwerkstoff gekennzeichnet. Die beiden Stoffe seien untrennbar miteinander verschmolzen.

28

Die Nebenklägerin ist der Meinung, die Herstellung von Epichlorhydrin durch die Beklagte verletze das Patent der Klägerin nicht, weil der Sachverständige im Beweissicherungsverfahren festgestellt habe, dass die Beschichtung des von der Beklagten verwendeten Reaktors mit Glasfasern kaschiert sei. Deshalb werde die Lehre des Klagepatents nicht verwirklicht. Notwendig sei es nämlich, dass sämtliche Merkmale des Patentanspruchs verwirklicht seien. Vorliegend sei zumindest das Merkmal Nr. 4 des Klagepatents nicht verwirklicht. Der Reaktor der Beklagten bestehe nicht aus einem der dort genannten Werkstoffe. Die dort genannten Stoffe seien auch abschließend. Dies werde aufgrund der gewählten Formulierung "besteht aus" erkennbar, die bei Patentansprüchen für eine abschließende Aufzählung stünde. Der im Beweissicherungsverfahren herangezogene Sachverständige hat in seinem Gutachten festgestellt, dass die Beklagten einen Reaktor "R1100" verwende und dass dieser Reaktor mit "FK/PFA" beschichtet sei bzw. mit Perfluoralkoxyalkan und einer Glasfaserkaschierung. Diese Stoffe bildeten einen Verbundwerkstoff. Die in der Beschichtung unstreitig vorhandenen Glasfasern gehörten nicht zu den in Merkmal 4 von Anspruch 1 des Klagepatents aufgezählten Werkstoffen. Nicht aufgezählt sei ferner ein Verbundwerkstoff aus GFK/PFA. Weil aber die Aufzählung im Merkmal 4 abschließend sei, komme es auch nicht darauf an, ob der Reaktor auch mit PFA beschichtet sei. Die Kombination aus GFK und PFA fallen nicht unter Merkmal 4, weil GFK ein nicht aufgelisteter Zusatzstoff sei und somit den abschließenden Charakter der Aufzählung sprengen würde. Sofern der Sachverständige dargestellt habe, dass die Merkmale des Patents vollständig erfüllt seien, habe er seine Kompetenzen überschritten, weil es sich hierbei um eine Rechtsmeinung und nicht um die Feststellung von Tatsachen handele. Er unterscheide in seinem Gutachten nicht danach, ob eine Beschichtung aus PFA oder GSK/PFA vorliege. Insofern weise sein Gutachten eine Lücke auf. Das Gericht könne daher an die vom Sachverständigen geäußerte Rechtsmeinung nicht gebunden sein.

29

Schließlich sei zu erwarten, dass das Patent im anhängigen Einspruchsverfahren widerrufen werde, so dass zumindest eine Aussetzung des Verfahrens angezeigt sei. Davon sei deshalb auszugehen, weil das Klagepatent unzulässigerweise eine Lehre unter Schutz stelle, die die Klägerin zum Zeitpunkt der Anmeldung des Klagepatents noch gar nicht besessen habe. Die heute beanspruchte Erfindung sei erst Jahre nach der ursprünglichen Patentanmeldung herausgearbeitet worden. Darüber hinaus sei der Gegenstand des Klagepatents durch den Stand der Technik nahegelegt. Die beanspruchte chemische Synthese sei im Stand der Technik identisch vorbekannt gewesen. Es beruhe demgegenüber nicht auf erfinderischer Tätigkeit, diese Synthese in einem Reaktor durchzuführen, der eine Beschichtung hat, wobei die Eignung der Beschichtung vorbekannt oder zumindest für den Fachmann offensichtlich gewesen sei. Die Auslegungen der Klägerin, dass gemäß der Merkmale 3 und 4 von Anspruch 1 des Klagepatents zwei chemische Reaktionen in ein und demselben Reaktor stattfinden müssten, sei falsch. Tatsächlich erfordere Anspruch 1 des Klagepatents einen Reaktor aus besonderen Materialien, in dem nur Dichlorpropanol aus Glyzerin hergestellt werden müsse. Die anschließende Herstellung von Epichlorhydrin aus Dichlorpropanol könne in einem anderen Reaktor erfolgen. Ein Reaktor zu anschließenden Umsetzung von Dichlorpropanol zu Epichlorhydrin werde in Anspruch 1 des Klagepatents nicht erwähnt. Auf die Beschichtung eines Reaktors für diese zweite Reaktion beziehe sich die Lehre des Klagepatents daher nicht. Beide chemischen Reaktionen könnten nicht "im selben Topf" stattfinden. Insgesamt sei daher festzustellen, dass Anspruch 1 des Klagepatents aufgrund seines Wortlauts sowie aufgrund der jedem Fachmann geläufigen chemischen Gegebenheiten so auszulegen sei, dass in dem Reaktor gemäß Merkmalen 3 und 4 nur Dichlorpropanol aus Glyzerin hergestellt werden müsse; die anschließende Herstellung von Epichlorhydrin aus Dichlorpropanol könne aber in einem anderen Reaktor erfolgen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin war es auch nicht notwendig, dass nur die innerste Beschichtung des Reaktors die für den Patentanspruch maßgebliche Beschichtung sei. Diese Ansicht finde bereits im Wortlaut des Anspruchs 1 des Klagepatents keine Stütze. Auch die tieferen Schichten hätten eine technische Bedeutung. Lege man also das Klagepatent mit der Klägerin so aus, dass in dem betreffenden Reaktor beide chemischen Reaktionen stattfinden müssten, würden die Merkmale 3 und 4 des in Rede stehenden Patents nicht verwirklicht. Denn aus dem entsprechenden Gutachten ergebe sich, dass die Beklagte in dem von ihr betriebenen Reaktor nur eine der beiden Reaktionen stattfinden lasse. Darüber hinaus wäre auch das Merkmal 4 nicht verwirklicht. Das Glasfasergewebe sei in der FPA-Schicht eingeschmolzen, so dass das Glasfasergewebe in der FPA-Schicht fest verankert sei.

30

Vorausgegangen ist diesem Verfahren ein im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens durchgeführtes Beweissicherungsverfahren (Az. 7 OH 44/13). Im Rahmen dieses Verfahrens hat die Kammer die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens beschlossen. Hinsichtlich des Ergebnisses dieses Beweissicherungsverfahrens wird auf das Gutachten des Sachverständigen Volkmar Müller vom 29. November 2013 verwiesen. Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Alle diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

31

Die Klage hat insgesamt Erfolg.

32

Sie ist zunächst zulässig, insbesondere auch mit dem von der Klägerin gestellten Hauptantrag. Denn der Hauptantrag ist hinreichend bestimmt.

33

Dies ergibt sich daraus, dass der Klageantrag die Patentansprüche des Klagepatents wieder gibt und darauf gerichtet ist, Verletzungen des so angegebenen Gegenstandes des Klagepatents zu unterlassen und, soweit sie eingetreten sind, Schadensersatz oder Entschädigung zu leisten. Einem solchen Antrag mangelt es nicht an der Bestimmtheit. Denn das Klagebegehren ergibt sich darin hinreichend deutlich, und zwar auch dann, wenn Gegenstand des Verletzungsprozesses die Beurteilung der Patentverletzung durch eine bestimmte Ausführungsform in ihrer konkreten Ausgestaltung ist. Ein solcher Antrag bleibt auch in einer möglicherweise zu weiten Form zulässig (siehe BGH, Urteil vom 30. März 2005, Az. X ZR 126/01, zitiert nach Juris).

34

Die Kammer braucht also nicht zu entscheiden, ob zwischen den Parteien (nur) eine bestimmte Ausführungsform des Klagepatents streitig ist. Der von der Klägerin gestellte Hauptantrag bleibt jedenfalls zulässig.

35

Die Klage hat auch bereits mit dem Hauptantrag in der Sache Erfolg.

36

Die Klägerin kann von der Beklagten die begehrte Unterlassung gemäß §§ 139 Abs. 1, 9 Abs. 2 Nr. 2 PatentG i. V. m. Art. 64 EPÜ verlangen.

37

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten und der Nebenintervenientin war die Kammer auch nicht dazu verpflichtet, das Verfahren mit Rücksicht auf das beim Europäischen Patentamt anhängige Einspruchsverfahren auszusetzen. Zwar muss im Verletzungsprozess die Frage der Aussetzung nach § 148 ZPO und damit die Frage, ob eine erhobene Nichtigkeitsklage hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, in jeder Instanz erneut geprüft werden, und zwar unter Berücksichtigung des jeweiligen Stands des Patentnichtigkeitsverfahrens. Die Beurteilung dieser Frage bietet aber keine vergleichbare Richtigkeitsgewähr wie die Beurteilung der Rechtslage im Übrigen, weil die Entscheidung über die Nichtigkeitsklage nicht dem Verletzungsrichter, sondern in erster Instanz dem Patentgericht obliegt. Wenn das Klagepatent also mit einer Patentnichtigkeitsklage angegriffen ist, verurteilt das Verletzungsgericht, wenn es eine Verletzung des in Kraft stehenden Patents bejaht, grundsätzlich nur dann wegen Patentverletzung, wenn es eine Nichtigerklärung nicht für (überwiegend) wahrscheinlich hält; andernfalls setzt es die Verhandlungen des Rechtsstreits nach § 148 ZPO aus, bis jedenfalls erstinstanzlich über die Klage auf Nichtigkeit des Patents entschieden ist. Die Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits ist daher grundsätzlich geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – X ZR 61/13).

38

So liegt es hier aber gerade nicht, so dass eine Aussetzung des Verfahrens nicht geboten war. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten und der Nebenintervenientin ist es für das Verletzungsgericht gerade nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die beim Europäischen Patentamt anhängige Nichtigkeitsklage Erfolg haben wird. Das Gegenteil dessen ergibt sich gegenwärtig vielmehr daraus, dass das Europäische Patentamt in dem genannten Zwischenbescheid entschieden hat, dass "die Patentansprüche in dem erteilten Umfang (werden) als neu angesehen" werden. Auch wenn es sich dabei nur um einen Zwischenbescheid des Europäischen Patentamts handelt und, so die Beklagte und die Nebenintervenientin, danach von ihnen noch weiter vorgetragen wurde, ergibt sich jedenfalls selbst für die zuständige Fachbehörde keine offensichtliche Nichtigkeit des Streitpatents.

39

Aufgrund des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens des Sachverständigen V. geht die Kammer schließlich auch davon aus, dass – was zwischen den Parteien allein streitig ist – auch Merkmal Nr. 4 des Streitpatents von der Beklagten verwirklicht wird.

40

Der Sachverständige hat auf Seite 9 seines Gutachtens ausgeführt:

41

"Aus diesen Angaben ergibt sich außerdem eindeutig, dass der Werkstoff mit der Angabe: "PFA" jeweils der Werkstoff ist, welcher die innere Reaktorwand des Reaktionsraumes des Reaktors (R1100) bildet und/oder in der innersten Schicht der Reaktorwand des Reaktionsraumes des Reaktors (R1100) enthalten ist, d. h. mit "PFA" beschichtet ist."

42

Die Kammer hat angesichts dieser klaren und eindeutigen Formulierung des Sachverständigen keinen Zweifel daran, dass die innerste Schicht der Reaktorwand, d. h. die dem Reaktionsraum des Reaktors zugewandte Seite, eben ausschließlich mit PFA beschichtet ist. Dass der Sachverständige in seinem Gutachten an anderen Stellen des Reaktors auch andere Werkstoffe, wie etwa GFK, feststellt, ändert an dieser Beurteilung nichts. Entscheidend kommt es schon aus der Sicht des im selbständigen Beweisverfahren berufenen Sachverständigen auf den inneren Reaktionsraum an, wo sich eben ausschließlich der durch Merkmal Nr. 4 geschützte Werkstoff befindet und gerade kein Verbundwerkstoff.

43

Der Sachverständige ist in seinem Gutachten zudem zu dem Ergebnis gekommen, dass die Merkmale 1 – 3 des Verfahrens nach Anspruch 1 des Europäischen Patents durch die Beklagte verwirklicht werden. Er kommt des Weiteren zu dem Ergebnis, dass aus den ihm vorliegenden Dokumentationen im Hinblick auf Merkmal 4 des Klagepatents eindeutig erkennbar bzw. abzuleiten sei, dass der relevante Reaktor primär aus den Werkstoffen gemäß der Angaben GFK/PFA bestehe.

44

Diesen Annahmen des Sachverständigen ist weder die Beklagte noch die Nebenintervenientin im selbständigen Beweisverfahren entgegen getreten. Sie haben diese Feststellungen des Sachverständigen seinerzeit vielmehr hingenommen.

45

Der Auskunftsanspruch ergibt sich aus §§ 140 b Abs. 1, 3 PatentG i. V. m. Art. 64 EPÜ.

46

Der Feststellungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten ergibt sich schließlich aus § 139 Abs. 2 PatentG i. V. m. Art. 64 EPÜ, § 256 ZPO.

47

Die Kostentscheidung folgt aus §§ 91, 101 ZPO.

48

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.


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Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2005 - X ZR 126/01

bei uns veröffentlicht am 30.03.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 126/01 Verkündet am: 30. März 2005 Groß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja .

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X Z R 6 1 / 1 3 vom 16. September 2014 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Kurznachrichten ZPO § 719 a) Ist der Verletzungsbeklagte durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil, ge

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 126/01 Verkündet am:
30. März 2005
Groß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Blasfolienherstellung
Streiten die Parteien darüber, ob und mit welchen Mitteln oder mit welcher räumlichkörperlichen
Ausgestaltung die im Patentverletzungsprozeß angegriffene Ausführungsform
Merkmale des Patentanspruchs verwirklicht, so hat das Gericht darauf
hinzuwirken, daß die Mittel, aus denen sich nach dem Klagevorbringen die Benutzung
des Patentanspruchs ergeben soll, im Klageantrag so konkret bezeichnet werden
, daß eine dem Klageantrag entsprechende Urteilsformel die Grundlage für die
Zwangsvollstreckung bilden kann. Die Wiedergabe des Wortlauts des Patentanspruchs
reicht insoweit auch dann nicht aus, wenn der Kläger eine wortsinngemäße
Verletzung geltend macht.
BGH, Urt. v. 30. März 2005 - X ZR 126/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. MeierBeck
und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision und die Anschlußrevision wird das am 10. Mai 2001 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision und der Anschlußrevision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung der Rechte aus dem deutschen Anteil des europäischen Patents 0 478 641 (Klagepatents I)
und aus dem parallelen deutschen Patent 40 01 287 (Klagepatent II) auf Auskunft , Rechnungslegung sowie Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht in Anspruch. Die Klägerin ist Inhaberin ausschließlicher Lizenzen an beiden Klagepatenten. Der Patentinhaber hat der Klägerin alle Ansprüche wegen Verletzung seines deutschen Anteils an dem Klagepatent I und wegen Verletzung des Klagepatents II abgetreten.
Das Klagepatent I ist am 19. Juni 1990 angemeldet worden unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung 39 20 194 vom 21. Juni 1989 und der Anmeldung des Klagepatents II vom 18. Januar 1990. Am 25. August 1993 wurde die Erteilung des Klagepatents I und am 21. Mai 1992 wurde die Erteilung des Klagepatents II veröffentlicht.
Patentansprüche 8, 9 und 12 des Klagepatents I lauten in der Verfahrenssprache Deutsch:
8. Verfahren zur Herstellung von Blasfolien in einer Folienblasanlage mit einem die Folienblase (110) umgebenden, einen ringförmigen Austrittsspalt (118) für Kühlluft aufweisenden Kühlring (116), bei dem zur Korrektur des Dickenprofils der Folienblase der Kühlluft-Durchsatz in den einzelnen Umfangsbereichen des Kühlrings (116) gesteuert wird, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß ma n zur gesteuerten Verringerung der Kühlluftströmung an der Folienblase (110) an in Umfangsrichtung des Kühlrings verteilten Positionen jeweils einen Teil (B) der Kühlluft abzweigt, indem man die Luft mittels einstellbarer Leitkörper oder Leitschaufeln
(128; 144; 156; 228) umlenkt, und daß man den GesamtStrömungswiderstand für die abgezweigte Kühlluft in dem betreffenden Umfangssegment unabhängig von der Position der Leitschaufeln konstant hält.
9. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 8, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß de r Kühlring (116) radial außerhalb des Austrittsspaltes (118) einen Kranz von Austrittsöffnungen (126) aufweist und daß einstellbare Leitkörper oder Leitschaufeln (128; 144; 228) derart in der Kühlluftströmung (A) im Inneren des Kühlrings (116) angeordnet sind, daß sie einen Teil (B) des Kühlluftstromes an die Austrittsöffnungen (126) umlenken und bei ihrer Verstellung die Durchschnittsquerschnitte zu den Austrittsöffnungen und zum Austrittsspalt so verändern, daß der GesamtStrömungswiderstand im wesentlichen gleich bleibt.
12. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 8, g e k e n n z e i c h n e t d u r c h in der Kühlluf tströmung oder stromabwärts des Austrittsspaltes (118) angeordnete Leitschaufeln (156), deren Radialposition und/oder Anstellwinkel steuerbar ist.
Figur 5 zeigt einen radialen Teilschnitt durch einen Kühlring einer Folienblasanlage nach dem Klagepatent I.

Bei diesem Ausführungsbeispiel kann die Öffnung (126) über den Leitkörper (die Leitschaufel) (128) verkleinert bzw. verschlossen werden. Damit wird der zur Kühlung über die Öffnung (118) zur Verfügung stehende Luftstrom beeinflußt.
Patentanspruch 10 des Klagepatents II lautet:
10. Vorrichtung zur Korrektur des Dickenprofils bei der Herstellung von Blasfolien in einer Folienblasanlage mit einem die Folienblase (10) umgebenden, einen ringförmigen Austrittsspalt für Kühlluft aufweisenden Kühlring (16) und mit am Umfang der Folienblase stromabwärts des Austrittsspaltes des Kühlrings angeordneten, einzeln steuerbaren Stellorganen (56) zur Beeinflussung der Kühlluftströmung, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß di e Stellorgane als Leitschaufeln (56) ausgebildet sind, die so in der Kühlluftströmung angeordnet sind, daß sie abhängig von ihrer Radialposition und/oder ihres Anstellwinkels einen mehr oder weniger großen Teil der Kühlluftströmung zu der von der Folienblase (10) abgewandten Seite ablenken, und deren Radialposition und/oder Anstellwinkel steuerbar ist.
Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, bietet an und vertreibt unter der Bezeichnung "S. L. " bzw. "S. L. M" Vorrichtungen zur Korrektur des Dickenprofils bei der Herstellung von Blasfolien in einer Blasfolienanlage. Diese sind wie folgt ausgestaltet:

Bei diesen Vorrichtungen strömt die Kühlluft, wie aus der vorstehenden Abbildung ersichtlich, durch die Kammer (120) in den Bereich des Austrittsspalts (118). Dort ist eine Lippe (128/156) angeordnet, die verschwenkt werden kann. Bei einer Stellung dieser Lippe wird Kühlluft in der Weise abgezweigt, daß sie zur Austrittsöffnung (126) gelangt und dann nicht oder in geringerem Maße als bei vollständigem Schließen des Schlauchs zur Öffnung (126) als Kühlluft auf die Folie auftrifft.
In erster Instanz hat die Klägerin ihre auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz und Entschädigung gerichtete Klage darauf gestützt, daß die Beklagten den Verfahrensanspruch 8 des Klagepatents I durch Anbieten des geschützten Verfahrens verwirklichten und den Vorrichtungsanspruch 12 des Klagepatents I durch die von ihnen angebotenen und in den Verkehr gebrachten Vorrichtungen.
Das Landgericht hat die Beklagten wegen Verletzung des Patentanspruchs 12 des Klagepatents I verurteilt; die auf Verletzung des Patentanspruchs 8 gestützte Klage hat das Landgericht abgewiesen.
Die Beklagten haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Im Wege der Anschlußberufung hat die Klägerin die Beklagten weiterhin wegen Verletzung des Patentanspruchs 12 des Klagepatents I und zusätzlich wegen mittelbarer Patentverletzung des Verfahrensanspruchs 8 des Klagepatents I, wegen Verletzung des Patentanspruchs 9 des Klagepatents I sowie wegen Verletzung des Patentanspruchs 1 und des Patentanspruchs 10 des Klagepatents II in Anspruch genommen, wobei die Parteien die auf das Klagepatent II gestützten Unterlassungsansprüche in der Berufungsinstanz für erledigt erklärt haben.
Das Berufungsgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Anschlußberufung der Klägerin die Beklagten wegen mittelbarer Patentverletzung des Verfahrensanspruchs 8 des Klagepatents I sowie wegen Verletzung des Patentanspruchs 9 des Klagepatents I und des Patentanspruchs 1 des Klagepatents II verurteilt. Soweit die Klage auch auf die Verletzung von Patentanspruch 12 des Klagepatents I gestützt worden war, hat das Berufungsgericht sie abgewiesen.
Mit der Revision wollen die Beklagten die Aufhebung des Berufungsurteils erreichen, soweit sie wegen Verletzung des Klagepatents I zu Unterlassung und Rechnungslegung verurteilt worden sind und ihre Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz und Entschädigung festgestellt worden ist. Sie streben insoweit die Abweisung der Klage an.
Die Klägerin tritt der Revision entgegen. Mit ihrer Anschlußrevision verfolgt sie gestützt auf Patentanspruch 12 des Klagepatents I ihre Ansprüche auf Unterlassung und Rechnungslegung weiter und strebt die Feststellung an, daß die Beklagten auch insoweit zu Schadensersatz und Entschädigung verpflichtet sind. Weiterhin macht sie gestützt auf Patentanspruch 10 des Klagepatents II ebenfalls Ansprüche auf Rechnungslegung, Schadensersatz und Entschädigung geltend.
Die Beklagten treten der Anschlußrevision entgegen.

Entscheidungsgründe:


Revision und Anschlußrevision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision und der Anschlußrevision. Das Berufungsgericht hat nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Beklagten das Klagepatent I verletzen. Dies führt dazu, daß auch die mit der Anschlußrevision angegriffenen Feststellungen im Ergebnis keinen Bestand haben.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagten verletzten mit den angegriffenen Vorrichtungen mittelbar den Verfahrensanspruch 8 des Klagepatents I. Die konkreten Mittel der angegriffenen Ausführungsform hat das Berufungsgericht im Tenor seines Urteils nicht bezeichnet. Damit umfaßt der Tenor zur mittelbaren Patentverletzung Vorrichtungen zur Ausführung des Ver-
fahrens nach Anspruch 8, für den das Klagepatent I mit den Unteransprüchen 9 und 12 zwei verschiedene, auf Anspruch 8 rückbezogene Vorrichtungen schützt. Das Berufungsgericht hält jedoch Anspruch 9 für wortsinngemäß verwirklicht , nicht aber Anspruch 12. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen , die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten die technischen Lehren des Patentanspruchs 9 des Klagepatents I und des Patentanspruchs 1 des Klagepatents II.
Die Revision rügt, es fehle, soweit eine Verurteilung erfolgt sei, dem Klageantrag und dem diesem entsprechenden Urteilstenor an der erforderlichen Bestimmtheit, weil der Verletzungsgegenstand lediglich mit den Verfahrensmerkmalen von Patentanspruch 8 umschrieben werde. Klageantrag und Urteilstenor seien nicht der angegriffenen konkreten Ausführungsform angepaßt, so daß die Frage der Patentverletzung in das Vollstreckungsverfahren verschoben werde. Der Urteilstenor umfasse in seiner Allgemeinheit auch Ausführungsformen nach Anspruch 12, die nach der Entscheidung des Berufungsgerichts die Klagepatente nicht verletzten, und weitere Ausführungsformen, die nicht in den Schutzbereich der Klagepatente fielen.
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klage nicht unzulässig. Dem Klageantrag, der die Patentansprüche des Klagepatents wiedergibt und darauf gerichtet ist, Verletzungen des so angegebenen Gegenstands des Klagepatents zu unterlassen und, soweit sie eingetreten sind, Schadensersatz oder Entschädigung zu leisten, mangelt es nicht an Bestimmtheit. Das Klagebegehren ergibt sich daraus hinreichend deutlich. Gegenstand des Verletzungsprozesses ist jedoch die Frage, ob die angegriffene Ausführungsform in ihrer konkreten Ausgestaltung von der technischen Lehre des Klagepatents
Gebrauch macht. Ein Klageantrag, der der konkreten Ausführungsform nicht Rechnung trägt, geht daher allenfalls inhaltlich insofern zu weit, als er nicht nur die konkrete Verletzungsform erfaßt. Die Klage bleibt indes auch mit einem solchen zu weitgehenden Antrag zulässig. Das Gericht hat jedoch nach § 139 Abs. 1 ZPO auf eine sachgerechte Fassung des Klageantrags, die die konkrete Verletzungsform umschreibt, hinzuwirken (Sen. BGHZ 98, 12, 23 - Formstein).
2. Die Lehre des Klagepatents I betrifft mit den Patentansprüchen 8, 9 und 12, über deren Verletzung die Parteien streiten, Verfahren und Vorrichtungen zur Blasfolienherstellung. Bei der Blasfolienherstellung wird eine schlauchförmige Folienblase aus einem Extrusionswerkzeug mit einem ringförmigen Austrittsspalt extrudiert. In der sich anschließenden Kühlzone wird die Folienblase verstreckt und durch Anblasen mit Kühlluft von innen und/oder außen gekühlt, bis das Folienmaterial erstarrt. Die Klagepatentschrift I schildert eingangs herkömmliche Verfahren zur Blasfolienherstellung und beanstandet daran , daß es zu relativ großen Dickeabweichungen der Folien komme, die bis zu 20 % betragen könnten. Die bekannten Vorrichtungen und Werkzeuge, mit denen die Foliendicke dadurch gesteuert werde, daß die Flußgeschwindigkeit der Schmelze innerhalb des Werkzeugs durch gezielte Heizung oder Kühlung des Werkzeugs in bestimmten Umfangsbereichen verändert werde, seien sehr aufwendig. Außerdem sei das Regelsystem zur Korrektur der Foliendicke relativ träge, da bei der Heizung und Kühlung der Werkzeugbereiche große Verzögerungszeiten aufträten.
Ziel der Erfindung nach dem Klagepatent I ist es, Verfahren und Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, die es ermöglichen, die Kühlluftströmung derart zu steuern, daß eine unabhängige feinfühlige und schnelle Änderung der Kühl-
wirkung in den einzelnen Umfangsbereichen der Folienblase ermöglicht wird und extreme örtliche Schwankungen der Kühlwirkung vermieden werden (Klagepatentschrift I S. 2 Z. 56-58).
Das Berufungsgericht hat die folgenden Merkmalsgliederungen der Patentansprüche 8, 9 und 12 zugrunde gelegt:
Patentanspruch 8:
Verfahren zur Herstellung von Blasfolien in einer Folienblasanlage
1. mit einem die Folienblase (110) umgebenden, einen ringförmigen Austrittsspalt (118) für Kühlluft aufweisenden Kühlring (116),
2. bei dem zur Korrektur des Dickenprofils der Folienblase der Kühlluft-Durchsatz in den einzelnen Umfangsbereichen des Kühlrings (116) gesteuert wird,
3. bei dem man zur gesteuerten Verringerung der Kühlluftströmung an der Folienblase (110) an in Umfangsrichtung des Kühlrings verteilten Positionen jeweils einen Teil (B) der Kühlluft abzweigt, indem man die Luft mittels einstellbarer Leitkörper oder Leitschaufeln (128; 144; 156; 228) umlenkt und
4. bei dem man den Gesamt-Strömungswiderstand für die abgezweigte und die nicht abgezweigte Kühlluft in dem betreffenden
Umfangssegment unabhängig von der Position der Leitschaufeln konstant hält.
Patentanspruch 9:
1. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 8,
2. bei der der Kühlring (116) radial außerhalb des Austrittsspaltes (118) einen Kranz von Austrittsöffnungen (126) aufweist und
3. bei der einstellbare Leitkörper oder Leitschaufeln (128; 144; 228) derart in der Kühlluftströmung (A) im Inneren des Kühlrings (116) angeordnet sind,
4. daß sie einen Teil (B) des Kühlluftstromes an die Austrittsöffnungen (126) umlenken und
5. bei ihrer Verstellung die Durchschnittsquerschnitte zu den Austrittsöffnungen und zum Austrittsspalt so verändern, daß der Gesamt-Strömungswiderstand im wesentlichen gleich bleibt.
Patentanspruch 12:
1. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 8,
2. bei der Leitschaufeln (156) in der Kühlluftströmung an oder stromabwärts des Austrittsspaltes (118) angeordnet sind und
3. bei der die Radialposition und/oder der Anstellwinkel der Leitschaufeln (156) steuerbar ist.
Das Berufungsgericht hat der Klagepatentschrift I Seite 3 Zeilen 2/3 entnommen , daß es Grundgedanke der Erfindung ist, wenigstens einen in einzelne Umfangssegmente unterteilten Kühlring vorzusehen. Nach dem Verständnis des Durchschnittsfachmanns sei mit diesem Grundgedanken der Erfindung die Funktion angesprochen, die Kühlströmungen in den einzelnen Umfangsbereichen oder -segmenten unabhängig voneinander zu steuern oder zu regeln. Die Kühlluftdurchsätze in den einzelnen Segmenten sollten sich danach nicht gegenseitig beeinflussen, und über den Umfang des Kühlrings sollten keine sprunghafte Änderungen der Kühlwirkung auftreten. Zu Merkmal 4 des Patentanspruchs 8 und Merkmal 5 des Patentanspruchs 9 hat das Berufungsgericht ausgeführt, es solle danach der Gesamtströmungswiderstand für die abgezweigte und die nicht abgezweigte Kühlluft "konstant gehalten" werden bzw. im wesentlichen gleich bleiben; dies bedeute, daß bei bestimmungsgemäßem Gebrauch der Gesamtströmungswiderstand für die abgezweigte und die nicht abgezweigte Kühlluft unabhängig von der Position der Leitschaufeln konstant gehalten werden solle. Dem Durchschnittsfachmann sei dabei klar, daß jegliche Bewegung der Leitkörper oder Leitschaufeln in dem Kühlluftstrom zwangsläufig zu einer gewissen Veränderung des Strömungswiderstandes führen müsse.
Da bei der angegriffenen Ausführungsform die Lippe 128/156 im Sinne von Patentanspruch 9 des Klagepatents I im Inneren des Kühlrings angeordnet sei, den Luftstrom aber lediglich teile und nicht den Gesamtquerschnitt des
Luftzuführkanals verändere, bleibe der Gesamtströmungswiderstand im wesentlichen konstant.
Die Revision nimmt die Auslegung der Merkmale 4 des Patentanspruchs 8 und 5 des Patentanspruchs 9 durch das Berufungsgericht hin, meint aber, fehlerhaft sei die Annahme des Berufungsgerichts, auch bei den Kühlringen der Beklagten werde der Gesamtströmungswiderstand bei Verstellen der Leitkörper noch im wesentlichen konstant gehalten. Das Berufungsgericht habe zunächst nicht geklärt, bis zu welchen Abweichungen und Schwankungen der Druckverhältnisse bei Verstellung der Leitschaufeln der Gesamtströmungswiderstand noch als im wesentlichen konstant oder gleichbleibend anzusehen sei. Die Beklagten hätten unter Beweis gestellt, daß die Länge des Abluftkanals in Verbindung mit dem relativ geringen Durchmesser bei der angegriffenen Ausführungsform gerade zu einer Erhöhung des Gesamtströmungswiderstands führe. Dies hätten auch die von den Beklagten durchgeführten Messungen bestätigt. Sie hätten ergeben, daß der Gesamtströmungswiderstand nicht im wesentlichen konstant geblieben sei; je mehr Luft über den Abluftkanal abgeführt werde, um so höher sei der Gesamtströmungswiderstand in dem betrachteten Segment.
Die Angriffe der Revision sind begründet. Angesichts des rechtsfehlerfreien Verständnisses des Merkmals 4 bedurfte es zwar nicht, wie die Revision meint, zusätzlich einer ausdrücklichen Klärung, bis zu welchen Abweichungen und Schwankungen der Druckverhältnisse bei Verstellen der Leitschaufeln der Gesamtströmungswiderstand noch als im wesentlichen konstant anzusehen ist. Erforderlich war aber die Feststellung, daß auch bei den angegriffenen Ausführungsformen der Gesamtströmungswiderstand im vorbezeichneten Sinne im
wesentlichen gleich gehalten wird, so daß die aufgezeigten Nachteile vermieden werden. Dem genügen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Das Berufungsgericht ist im Ansatz davon ausgegangen, daß die Lehre des Patentanspruchs 9 des Klagepatents I eine Vorrichtung zuläßt, bei der die Leitkörper oder Leitschaufeln im Inneren des Kühlrings angeordnet sind. Soweit sich allein dadurch der Gesamtströmungswiderstand erhöhe, genüge dies dem, was das Klagepatent unter dem im wesentlichen Konstanthalten verstehe. Das Berufungsgericht geht sodann aber davon aus, daß jegliche Bewegung der Leitkörper oder Leitschaufeln in dem Kühlluftstrom zwangsläufig zu einer gewissen Erhöhung des Strömungswiderstands führt. Es fährt fort, angesichts des Umstands, daß das Verhältnis des Durchmessers des Abluftkanals zu seiner Länge etwa 1:10 betrage, komme es entgegen dem Vorbringen der Beklagten auch dann nicht zu einer nennenswerten Erhöhung des Strömungswiderstands und zu nennenswerten Druckerhöhungen in den benachbarten Umfangssegmenten , wenn sich die Lippe 128/156 in einer Stellung befinde, bei welcher ein überwiegender Anteil der Strömung abgeführt und nur ein geringerer Anteil durch den Austrittsspalt geführt werde. Wie es zu dieser Folgerung gelangt ist, hat das Berufungsgericht nicht näher dargelegt. Seine Ausführungen lassen nicht erkennen, daß es insofern selbst über besondere Sachkunde verfügt. Das wäre indessen erforderlich gewesen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann zwar ein in Patentsachen erfahrenes Gericht technische Fragen gegebenenfalls auch ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen beurteilen, soweit es den erforderlichen Sachverstand besitzt; dieser muß jedoch, soweit er sich - wie hier - nicht schon aus der Sache selbst ergibt, dargelegt werden. Der Revision ist deshalb darin zuzustimmen, daß das Berufungsgericht insbesondere angesichts der von den Beklagten durchgeführten Messungen, die anderes ergeben hatten, nicht ohne Darlegung eigener Sachkunde diesen unter Beweis
gestellten Vortrag abtun konnte. Daß es diese besitzt, hat das Berufungsgericht auch nicht durch seine Begründung erkennen lassen.
3. Auch die Anschlußrevision ist begründet. Mit ihr macht die Klägerin geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht festgestellt, daß sich die Leitschaufeln der angegriffenen Ausführungsform, die Lippen 128/156, im Inneren des Kühlrings befänden und daher Merkmal 2 des Patentanspruchs 12 nicht benutzt werde. Entsprechendes gelte für Patentanspruch 10 des Klagepatents II. Das Berufungsgericht hat dazu festgestellt, da bei der angegriffenen Ausführungsform die Lippe 128/156, die nicht im Sinne des Patentanspruchs 12 des Klagepatents I "an oder stromabwärts des Austrittsspalts", sondern im Sinne des Patentanspruchs 9 des Klagepatents I im Inneren des Kühlrings angeordnet sei, den Luftstrom lediglich teile, den Gesamtquerschnitt des Luftzuführkanals aber nicht verändere, bleibe auch der Gesamtströmungswiderstand im wesentlichen konstant.
Da diese Feststellung des Berufungsgerichts keinen Bestand hat, das Berufungsgericht hierzu vielmehr erneut Feststellungen zu treffen haben wird, wird es sich bei der Beantwortung dieser Frage auch erneut damit befassen müssen, was die zu treffenden Feststellungen für die Anordnung der Leitschaufeln und deren Wirkung zur Folge haben. Eine isolierte Betrachtung nur der Aussage der Klagepatente über die Anordnung der Leitschaufeln ist so lange nicht möglich, wie die Strömungsverhältnisse der abgezweigten und nicht abgezweigten Kühlluft nicht geklärt sind.
4. Das Berufungsgericht wird daher zunächst auf Anträge hinzuwirken haben, die die Verletzungsform bezeichnen. Die bloße Wiedergabe der Pa-
tentansprüche genügt dazu nicht, sie gibt für die Verletzungsform, über die die Parteien streiten, nichts her. Die Parteien streiten, wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist, über die Frage, welche Bedeutung der Vorgabe zukommt, den Gesamtströmungswiderstand für die abgezweigte und die nicht abgezweigte Kühlluft in dem betreffenden Umfangssegment unabhängig von der Position der Leitschaufeln konstant zu halten, und ob und mit welchen Mitteln dies bei der angegriffenen Ausführung erreicht wird. Die Angabe dieses Merkmals und der Mittel, mit denen dieses bei der Verletzungsform verwirklicht wird, ist daher in den Klageanträgen und im Tenor so konkret zu fassen, daß sie die Grundlage für die Zwangsvollstreckung bilden können (vgl. Sen. BGHZ aaO - Formstein; Sen.Urt. v. 24.09.1991 - X ZR 37/90, GRUR 1992, 40, 41 - Beheizbarer Atemluftschlauch; Busse, PatG, 6. Aufl., § 143 Rdn. 159; MeierBeck , GRUR 1998, 276).
Das Berufungsgericht wird sodann Feststellungen dazu zu treffen haben , ob bei der angegriffenen Ausführungsform der Gesamtströmungswiderstand für die abgezweigte und die nicht abgezweigte Kühlluft in dem betreffenden Umfangssegment unabhängig von der Position der Leitschaufeln konstant gehalten wird. Gegebenenfalls wird es weiter die von der Anschlußrevision aufgeworfenen Fragen zu beantworten haben.
Schließlich wird es im Falle einer danach auszusprechenden Verurteilung die Entscheidung des Senats vom 3. Juni 2004 (X ZR 82/03, GRUR 2004, 845 – Drehzahlermittlung) zu berücksichtigen haben.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Kirchhoff

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X Z R 6 1 / 1 3
vom
16. September 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Kurznachrichten

a) Ist der Verletzungsbeklagte durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil, gegen
das Einspruch oder Berufung eingelegt worden ist, wegen Patentverletzung
verurteilt, ist es grundsätzlich geboten, die Zwangsvollstreckung aus diesem
Urteil gemäß § 719 Abs. 1 und § 707 ZPO gegen Sicherheitsleistung einstweilen
einzustellen, wenn das Klagepatent im Patentnichtigkeitsverfahren
durch das Bundespatentgericht für nichtig erklärt worden ist.

b) Unter den gleichen Voraussetzungen ist die Zwangsvollstreckung in entsprechender
Anwendung von § 719 Abs. 1 ZPO auch im Revisionsverfahren und
im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen
Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen.
BGH, Beschluss vom 16. September 2014 - X ZR 61/13 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. September 2014
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski,
Dr. Bacher, Hoffmann und die Richterin Schuster

beschlossen:
Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts München I vom 25. Mai 2012 und aus dem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 25. April 2013 wird gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4 Millionen Euro einstweilen eingestellt.

Gründe:


I. Das Landgericht hat die Beklagte wegen Verletzung des mit Wirkung
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für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 304 891 (Klagepatents) durch eine Kurznachrichtenfunktion von Mobiltelefonen zur Unterlassung , Auskunftserteilung, Vernichtung und Rückruf verurteilt sowie die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz festgestellt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen hat die Beklagte Beschwerde mit dem Ziel der Zulassung der Revision erhoben, über die der Senat noch nicht entschieden hat. Unterdessen hat das Bundespatentgericht auf die während des landgerichtlichen Verfahrens erhobene Nichtigkeitsklage der Beklagten mit Urteil vom 7. Mai 2014 (6 Ni 12/14) das Klagepatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Vor Zustellung dieses Urteils hat die Beklagte beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Berufungsurteil einstweilen gegen Si- cherheitsleistung einzustellen. Diesen Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 8. Juli 2014 (X ZR 61/13, juris - nicht zu ersetzender Nachteil) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Anhörungsrüge der Beklagten. II. Die zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet. Sie ist jedoch zugleich
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als Gegenvorstellung anzusehen und führt im Hinblick auf die sich aus den nunmehr vorliegenden Entscheidungsgründen des patentgerichtlichen Urteils ergebende veränderte Sachlage zur einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung. 1. Die Zwangsvollstreckung aus einem wegen Patentverletzung verur3 teilenden Erkenntnis ist nach § 719 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 707 Abs. 1 ZPO vom Landgericht oder vom Berufungsgericht grundsätzlich gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen, wenn das Klagepatent durch (nicht rechtskräftiges) Urteil des Patentgerichts für nichtig erklärt wird. Wenn das Klagepatent mit einer Patentnichtigkeitsklage angegriffen ist,
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verurteilt das Verletzungsgericht auch dann, wenn es eine Verletzung des in Kraft stehenden Patents bejaht, grundsätzlich nur dann wegen Patentverletzung , wenn es eine Nichtigerklärung nicht für (überwiegend) wahrscheinlich hält; andernfalls setzt es die Verhandlung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO aus, bis jedenfalls erstinstanzlich über die Klage auf Nichtigerklärung des Patents entschieden ist. Denn eine - vorläufig vollstreckbare - Verpflichtung des Verletzungsbeklagten zu Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung sowie Vernichtung patentgemäßer Erzeugnisse ist regelmäßig nicht zu rechtfertigen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht, dass dieser Verurteilung durch die Nichtigerklärung des Klagepatents die Grundlage entzogen werden wird. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten folgende und damit verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewährungsanspruch (s. nur BVerfGE 88, 118, 123) gebietet, dem Verletzungsbeklagten wirkungsvollen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, wenn er sich gegen den Angriff aus dem Klagepatent mit einem Gegenangriff gegen den Rechtsbestand dieses Patents zur Wehr setzen will. Dies erfordert nicht nur eine effektive Möglichkeit, diesen Angriff selbst durch eine Klage auf Nichtigerklärung führen zu können, sondern auch eine angemessene Berücksichtigung des Umstands, dass in diesem Angriff auch ein - und gegebenenfalls das einzige - Verteidigungsmittel gegen die Inanspruchnahme aus dem Patent liegen kann. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent anders als in anderen Rechtsordnungen nicht als Einwand im Verletzungsverfahren oder durch Erhebung einer Widerklage auf Nichtigerklärung geführt werden. Dies darf indessen nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits ist vielmehr grundsätzlich geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird. Ist der Verletzungsbeklagte bereits durch ein vorläufig vollstreckbares Ur5 teil wegen Patentverletzung verurteilt, reicht jedoch die Aussetzung allein nicht aus, um einer wahrscheinlichen Nichtigerklärung des Klagepatents Rechnung zu tragen. Vielmehr erschüttert die Erwartung des Verletzungsgerichts, das Klagepatent werde für nichtig erklärt werden, zugleich die Grundlage eines bereits ergangenen, auf Patentverletzung erkennenden Urteils oder Versäumnisurteils in einem solchen Maße, dass es grundsätzlich geboten ist, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil nach §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 ZPO gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustel- len. Dies ist regelmäßig angezeigt, wenn das Klagepatent durch das erstinstanzlich zur Beurteilung seiner Rechtsbeständigkeit berufene Bundespatentgericht bereits für nicht erklärt worden ist. Dem entspricht auch die obergerichtliche Einstellungspraxis (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Juli 2008 - 2 U 90/06, InstGE 9, 173 - Herzklappenringprothese). Eine andere Einschätzung kann im Einzelfall geboten sein, wenn sich
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aus den Gründen der patentgerichtlichen Entscheidung gewichtige Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese einer Überprüfung im Berufungsverfahren aller Voraussicht nach nicht standhalten wird. Dies kommt jedoch allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht. 2. Hat das Patentgericht - wie im Streitfall - das Klagepatent für nichtig
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erklärt, ist die Zwangsvollstreckung auch dann in entsprechender Anwendung der §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 ZPO gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen , wenn das Verletzungsverfahren vom Berufungsgericht bereits entschieden und aufgrund einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision oder einer zugelassenen Revision beim Bundesgerichtshof anhängig ist. Die Einstellungsmöglichkeit nach den §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 ZPO tritt insoweit neben die von der Beklagten in erster Linie erstrebte und im Senatsbeschluss vom 8. Juli 2014 erörterte Einstellung nach § 719 Abs. 2 ZPO, deren Voraussetzungen, wie in diesem Beschluss näher ausgeführt wurde, nicht erfüllt sind. Zwar ist die Möglichkeit, die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstre8 ckung auch dann anzuordnen, wenn der Schuldner nicht glaubhaft machen kann, dass ihm die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, nach dem Wortlaut des § 719 Abs. 1 ZPO an sich nur dann eröffnet, wenn gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt wird. Die Vorschrift ist im Revisionsverfahren und im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde aber entsprechend anzuwenden, wenn das Klagepatent erstinstanzlich für nichtig erklärt worden ist. Sinn und Zweck der Differenzierung zwischen den Voraussetzungen des
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§ 719 Abs. 1 und des § 719 Abs. 2 ZPO ist es, der erhöhten Richtigkeitsgewähr Rechnung zu tragen, die der Gesetzgeber, ähnlich wie in § 708 Nr. 10 und § 717 Abs. 3 ZPO einerseits und in §§ 709, 717 Abs. 2 ZPO andererseits mit Berufungsurteilen verbindet. Sie trägt den Besonderheiten der Verschränkung von Patentverletzungsprozess und Patentnichtigkeitsverfahren, die sich aus dem "Trennungsprinzip" ergibt, nicht hinreichend Rechnung. Die sich daraus ergebende planwidrige Regelungslücke ist durch entsprechende Anwendung von § 719 Abs. 1 ZPO auszufüllen. Im Verletzungsrechtsstreit muss die Frage der Aussetzung nach § 148
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ZPO und damit die Frage, ob eine erhobene Nichtigkeitsklage hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, in jeder Instanz erneut geprüft werden, und zwar unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes des Patentnichtigkeitsverfahrens. Die Beurteilung dieser Frage bietet aber keine vergleichbare Richtigkeitsgewähr wie die Beurteilung der Rechtslage im Übrigen, weil die Entscheidung über die Nichtigkeitsklage nicht dem Verletzungsrichter, sondern in erster Instanz dem Patentgericht obliegt. Gibt das Patentgericht der Nichtigkeitsklage statt, so wird die Richtigkeitsgewähr eines Berufungsurteils aus gleichsam außerhalb dieses Urteils liegenden Gründen erschüttert, und zwar in gleichem Maße wie die Richtigkeitsgewähr eines entsprechenden erstinstanzlichen Urteils. Für die der Regelung in § 719 Abs. 1 und 2 ZPO zugrunde liegende Differenzierung ist angesichts dessen insoweit kein Raum. Vielmehr muss die Regelung des § 719 Abs. 1 ZPO entsprechend herangezogen werden, wenn gegen ein Berufungsurteil Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden ist.
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3. Nach diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil und dem Urteil des Landgerichts München I anzuordnen. Der dem angefochtenen Berufungsurteil zugrunde liegenden Einschät12 zung, die Nichtigkeitsklage werde voraussichtlich erfolglos bleiben, ist mit dem Urteil des Patentgerichts die Grundlage entzogen. Die nunmehr vorliegenden Entscheidungsgründe dieses Urteils enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses offensichtlich unrichtig ist. Vor diesem Hintergrund ist die Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil in entsprechender Anwendung von § 719 Abs. 1 ZPO gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen. Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung nahelegen könnten, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Auch die Erklärung der Klägerin, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens keine weiteren Vollstreckungsmaßnahmen aus den Verletzungsurteilen vorzunehmen, verschafft der Beklagten schon deshalb keine Rechtsposition, die vergleichbar der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung wäre, weil sie unter dem unbestimmten Vorbehalt einer "unveränderten Sachlage" abgegeben wurde.
Meier-Beck Grabinski Bacher
Hoffmann Schuster

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 25.05.2012 - 7 O 19334/11 -
OLG München, Entscheidung vom 25.04.2013 - 6 U 2420/12 -

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.