Landgericht Köln Urteil, 30. Okt. 2015 - 7 O 103/15
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 554.154,20 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.01.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der H GmbH (Insolvenzschuldnerin). Die Insolvenzschuldnerin war in den Jahren 2008 bis 2012 als Auftragnehmerin für die Beklagte tätig. Die Insolvenzschuldnerin hatte die jeweils beauftragten Leistungen erbracht und die auf Blatt 44 ff. d.A. aufgelisteten Rechnungen gestellt, die vollständig von der Beklagten bezahlt wurden. In den entsprechenden zugrunde liegenden Bauverträgen war jeweils eine Vertragssumme netto zzgl. der Umsatzsteuer angegeben und eine Brutto-Vertragssumme gebildet. In den Verträgen war geregelt:
3„Die Umsatzsteuerschuld geht an die E AG als Leistungsempfänger gem. § 13b UStG über“
4(vgl. Bl. 60 d.A.). Entsprechend hatte die Insolvenzschuldnerin der Beklagten stets Netto-Rechnungen gestellt und die Beklagte die Umsatzsteuer an den Fiskus gezahlt.
5Seinerzeit existierte eine Verwaltungsanweisung, die genau dieses Vorgehen vorsah. Mit Urteil vom 22.08.2013 entschied der Bundesfinanzhof jedoch, dass diese Verwaltungsanweisung unzutreffend ist (BFH, Urteil vom 22.08.2013, V R37/10, Bundessteuerblatt Teil II, S. 128).
6Unter Berufung auf dieses Urteil beantragte die Beklagte beim zuständigen Finanzamt, dass sie nicht mehr als Steuerschuldnerin für die von der Insolvenzschuldnerin erbrachten Bauleistungen gelten solle und begehrte vom Finanzamt die Erstattung der von ihr aufgrund der Rechnungen vom 11.01.2008 bis 31.12.2012 entrichteten Umsatzsteuer.
7Das Finanzamt unterrichtete hiervon den Kläger mit Schreiben vom 12.11.2014 und erklärte, dass nunmehr die Insolvenzschuldnerin Steuerschuldnerin sei. Es forderte den Kläger daher auf, nunmehr Rechnungen auszustellen, die die Umsatzsteuer ausweisen und die Umsatzsteuer anzumelden (vgl. Bl. 3 d.A.).
8Der Kläger telefonierte daraufhin am 21.11.2014 mit dem bevollmächtigten Steuerberater der Beklagten. Der Inhalt dieses Telefonats ist streitig.
9Der Kläger stellte daraufhin der Beklagten korrigierte Rechnungen aus, aus denen sich eine ausstehende Umsatzsteuer in Höhe von 640.065,39 € ergab.
10Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.01.2015 (Anlage K6) erhob die Beklagte hinsichtlich der Forderungen für die Jahre 2008 bis 2011 die Einrede der Verjährung und kündigte eine Zahlung der Forderungen für das Jahr 2012 in Höhe von 85.911,19 € an. Diesen Betrag bezahlte die Beklagte dann auch am 14.01.2015.
11Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte verpflichtet sei, auch die auf die Rechnungen für den Zeitraum 2008 bis 2011 entfallene Umsatzsteuer an ihn zu bezahlen. Er behauptet, dass der Steuerberater der Beklagten am 21.11.2014 zugesagt habe, nach Stellung korrigierter Rechnungen die Umsatzsteuer an den Kläger auszuzahlen.
12Der Kläger beantragt,
13die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 554.154,20 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.01.2015 zu zahlen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Die Beklagte behauptet, ihr Steuerberater habe lediglich eine Zahlung nach rechtlicher Prüfung zugesagt. Die Beklagte ist der Meinung, dass eine Anspruchsgrundlage für eine Zahlung des Umsatzsteuerbetrages an die Klägerin nicht ersichtlich sei. Jedenfalls müsse zulasten des Klägers überhaupt erst einmal nachträglich eine Umsatzsteuerfestsetzung erfolgen. Dass dies erfolgt ist, sei nicht dargelegt (Bl. 25 d.A.). Es sei ohnehin davon auszugehen, dass eine solche verfassungswidrig sei, sodass der Kläger, wenn er seine Rechte effizient wahrnehme, eine Umsatzsteuerlast verhindern könne (Bl. 58, 73 ff. d.A.). Zuletzt erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
18Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
19Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der auf die Rechnungen für den Zeitraum 2008 bis 2011 entfallenen Umsatzsteuer in Höhe von 554.154,20 €. Ein solcher Anspruch ergibt sich im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung unmittelbar aus den zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten geschlossenen, den Rechnungen zugrunde liegenden Bauverträgen.
20Die streitgegenständlichen Bauverträge wiesen eine Lücke auf, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist. In allen streitgegenständlichen Bauverträgen war unstreitig vorgesehen, dass die Umsatzsteuerschuld bei der Beklagten liege. Entsprechend wurde zwischen den Parteien auch stets verfahren. Der nun eingetretene Fall, dass der Bundesfinanzhof die Verwaltungsanweisung, die ein solches Vorgehen vorsah, als unzutreffend bewertet und die Steuerschuld auf die Insolvenzschuldnerin, resp. den Kläger übergehen soll, wenn die Beklagte unter Bezugnahme auf dieses Urteil vom Fiskus die Rückerstattung der abgeführten Umsatzsteuer verlangt, ist in den Verträgen hingegen naturgemäß nicht geregelt worden. Diesen Fall haben die Vertragsparteien seinerzeit nicht bedacht und auch nicht bedenken können. Es lässt sich dieser Fall auch nicht durch das dispositive Recht lösen, weshalb nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung diese Lücke auf Grundlage des hypothetischen Willens der Vertragsparteien zu schließen ist (BGHZ 9, 273; BGHZ 111, 214; BGH, NJW-RR 2005, 1421). Dabei ist darauf abzustellen, was die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie die Möglichkeit des nun eingetretenen Falls bedacht hätten (BGHZ 111, 214). Ausgangspunkt für diese Wertung sind dabei die in den Verträgen enthaltenen Regelungen und Wertungen (BGH, NJW-RR 2005, 1421).
21Es ist eindeutig, dass die Insolvenzschuldnerin und die Beklagte bei allen streitgegenständlichen Bauverträgen stets davon ausgegangen waren, dass die Steuerschuld die Beklagte treffe. Entsprechend wurde unstreitig stets dergestalt verfahren, dass die Insolvenzschuldnerin Netto-Rechnungen ausstellte und die Beklagte die Umsatzsteuer an den Fiskus zahlte. Es ergibt sich daraus, dass die Vertragsparteien im Ergebnis stets wollten, dass die Umsatzsteuer wirtschaftlich von der Beklagten zu tragen ist. Hätten die Parteien vorhergesehen, dass die Steuerschuld die Insolvenzschuldnerin und nicht die Beklagte treffen könnte, kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass sie dann redlicherweise vereinbart hätten, dass die Insolvenzschuldnerin Bruttorechnungen ausstellt, die Beklagte die Werklöhne zuzüglich der Umsatzsteuer an diese bezahlt und die Insolvenzschuldnerin diese Umsatzsteuer dann an den Staat abführt. Dies entspricht auch der Verkehrssitte. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass auch die Beklagte vorgerichtlich die Umsatzsteuer für die ihrer Ansicht nach unverjährten Rechnungen aus dem Jahr 2012 klaglos und unverzüglich an den Kläger bezahlt hat.
22Die von der Beklagten weiter vorgebrachten Einwände ändern daran auf Grundlage der ergänzenden Vertragsauslegung nichts. Soweit die Beklagte einwendet, dass die Klägerin nicht dargelegt habe, dass das Finanzamt die Umsatzsteuer tatsächlich festgesetzt habe, ist dieser Einwand unerheblich. Grundlage für die Bezahlung der Umsatzsteuer ist auch im normalen Geschäftsverkehr stets die Rechnungslegung. Eine Vereinbarung, dass die Umsatzsteuer erst vom Finanzamt festgesetzt und erst dann vom Vertragspartner gezahlt werden soll, kommt praktisch nicht vor. Es ist daher in keiner Weise ersichtlich, dass nach dem hypothetischen Willen der Parteien unter Beachtung der Verkehrssitte hier eine Festsetzung der Umsatzsteuer Voraussetzung für deren Bezahlung durch die Beklagte hätte sein sollen.
23Auch der weitere Einwand der Beklagten, dass ihrer Meinung nach eine nachträgliche Belastung des Klägers mit der Umsatzsteuer verfassungswidrig sei, der Kläger daher bei effizienter Wahrnehmung seiner Rechte eine Umsatzsteuerlast verhindern könne und sie schon daher den Betrag nicht an den Kläger zahlen müsse, geht fehl. Zunächst einmal entspricht die Auferlegung der Umsatzsteuerschuld auf die Klägerseite der geltenden Gesetzeslage, weswegen die Umsatzsteuer auch von der Beklagten an den Kläger zu zahlen ist. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass tatsächlich mehrere Finanzgerichte verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber der Regelung des § 27 Abs. 19 UStG geäußert haben (FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.06.2015, 5 V 5026/15; FG Münster, Beschluss vom 12.08.2015, 15 V 2153/15 U; FG Niedersachen, Beschluss vom 03.07.2015, 16 V 95/15). Endgültig entschieden ist dies aber noch nicht. Um sich gegen die Umsatzsteuerlast zu wehren, müsste der Kläger daher einen langwierigen und kostenintensiven Prozess notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht führen. Dass die Parteien nach ihrem hypothetischen Vertragswillen redlicherweise diese Pflicht der Klägerseite hätten auferlegen wollen, ist nicht ersichtlich. Denn auch hier gilt, dass die nach den streitgegenständlichen Bauverträgen vorgesehenen Pflichtenkreise und Sphären zu beachten sind. Die Umsatzsteuer sollte nach dem eindeutigen Vertragswillen wirtschaftlich stets von der Beklagten getragen werden. Auch gingen die Vertragsparteien in den Verträgen seinerzeit von einer Umsatzsteuerschuld der Beklagten aus, was bedeutet, dass es bei Zweifeln an der Umsatzsteuerschuld nach den damaligen Vorstellungen der Vertragsparteien auch Sache der Beklagten gewesen wäre, einen entsprechenden kostenintensiven Prozess zu führen. Daraus ergibt sich, dass nach ergänzender Vertragsauslegung den Kläger zwar eine Mitwirkungspflicht treffen kann, hier einen entsprechenden Prozess zu führen. Wegen der klaren wirtschaftlichen Sphärenverteilung aus den Verträgen besteht eine solche Mitwirkungspflicht des Klägers aber redlicherweise nur dann, wenn und soweit er hierzu von der Beklagten ausdrücklich aufgefordert wird und diese sämtliche Kosten eines solchen Verfahrens trägt. Dass die Beklagte derartiges verlangt und angeboten hat, ist nicht ersichtlich.
24Die Ansprüche des Klägers sind entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht verjährt. Gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnt die Verjährungsfrist erst mit Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände. Die den Klageanspruch begründenden Umstände entstanden aber erst im Jahre 2014. Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 12.10.2015 (Bl. 88 d.A.) die Rechtsansicht vorträgt, dass es hier keine neue tatsächlichen Umstände gegeben habe, sondern sich allein die Rechtslage geändert habe, bezüglich derer eine Kenntnis nicht Voraussetzung für den Verjährungsbeginn sei, ist diese Ansicht unzutreffend. Denn entgegen der Ansicht der Beklagten entstand der Anspruch des Klägers hier nicht schon durch eine Änderung der Rechtslage, sondern erst dadurch, dass die Beklagte im Jahr 2014 unter Berufung auf diese geänderte Rechtslage vom Finanzamt die Rückzahlung der von ihr bezahlten Umsatzsteuer verlangt hat. Erst dadurch hat das Finanzamt sich dann an den Kläger als Steuerschuldner gewendet. Hätte die Beklagte nicht die Rückzahlung vom Fiskus verlangt, wäre dies nicht erfolgt. Es ist nämlich unstreitig, dass die Finanzverwaltung es bei Bauleistungen, die vor dem 15.02.2014 erbracht wurden, nicht beanstandet, wenn der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger einvernehmlich von der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ausgegangen sind und an dieser Beurteilung festhalten (Bl. 2 d.A.). Bei dem Umstand, dass die Beklagte im Jahr 2014 eine Rückerstattung der Umsatzsteuer vom Fiskus verlangt hat, handelt es sich aber um eine Tatsache, weswegen die Verjährungsfrist auch erst im Jahr 2014 zu laufen begann.
25Schließlich ist es auch unerheblich, dass die Beklagte nach ihrem Vortrag selbst die Umsatzsteuer vom Fiskus noch nicht zurückerhalten hat. Insbesondere ergibt sich hieraus keine rechtshemmende Einwendung der Beklagten. Auch insoweit gilt, dass nach ergänzender Vertragsauslegung ein derartiger Umstand nicht der Pflicht der Beklagten zur Zahlung der Umsatzsteuer an den Kläger entgegenstehen kann. Für die Durchsetzung ihrer Rückerstattungsansprüche gegen den Staat ist die Beklagte verantwortlich. Da gerade dadurch, dass die Beklagte vom Staat die Rückzahlung der Umsatzsteuer verlangt hat, eine Steuerlast des Klägers und eine entsprechende vertragliche Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Umsatzsteuer an diesen überhaupt erst entstanden ist, kann es redlicherweise nicht Aufgabe des Klägers sein, das wirtschaftliche Risiko in Bezug auf die Rückforderungsansprüche der Beklagten gegenüber dem Staat zu tragen.
26Die Zinsforderung ergibt sich aus § 288 Abs. 2 BGB. Dessen Voraussetzungen sind erfüllt. Insbesondere handelt es sich bei der Klageforderung um eine Entgeltforderung im Sinne dieser Vorschrift, da die Umsatzsteuer ein unselbständiger Teil der Vergütung ist.
27Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 2 ZPO.
28Streitwert: 554.154,20 €
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(1) Für nach § 3a Absatz 2 im Inland steuerpflichtige sonstige Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind.
(2) Für folgende steuerpflichtige Umsätze entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats:
- 1.
Werklieferungen und nicht unter Absatz 1 fallende sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers; - 2.
Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens; - 3.
Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen; - 4.
Bauleistungen, einschließlich Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen. Als Grundstücke gelten insbesondere auch Sachen, Ausstattungsgegenstände und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern. Nummer 1 bleibt unberührt; - 5.
Lieferungen - a)
der in § 3g Absatz 1 Satz 1 genannten Gegenstände eines im Ausland ansässigen Unternehmers unter den Bedingungen des § 3g und - b)
von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität, die nicht unter Buchstabe a fallen;
- 6.
Übertragung von Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, zertifizierten Emissionsreduktionen nach § 2 Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, Emissionszertifikaten nach § 3 Nummer 2 des Brennstoffemissionshandelsgesetzes sowie von Gas- und Elektrizitätszertifikaten; - 7.
Lieferungen der in der Anlage 3 bezeichneten Gegenstände; - 8.
Reinigen von Gebäuden und Gebäudeteilen. Nummer 1 bleibt unberührt; - 9.
Lieferungen von Gold mit einem Feingehalt von mindestens 325 Tausendstel, in Rohform oder als Halbzeug (aus Position 7108 des Zolltarifs) und von Goldplattierungen mit einem Goldfeingehalt von mindestens 325 Tausendstel (aus Position 7109); - 10.
Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Tablet-Computern und Spielekonsolen sowie von integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt; - 11.
Lieferungen der in der Anlage 4 bezeichneten Gegenstände, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt; - 12.
sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Nummer 1 bleibt unberührt.
(3) Abweichend von den Absatz 1 und 2 Nummer 1 entsteht die Steuer für sonstige Leistungen, die dauerhaft über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erbracht werden, spätestens mit Ablauf eines jeden Kalenderjahres, in dem sie tatsächlich erbracht werden.
(4) Bei der Anwendung der Absätze 1 bis 3 gilt § 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 2 und 3 entsprechend. Wird in den in den Absätzen 1 bis 3 sowie in den in Satz 1 genannten Fällen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist.
(5) In den in den Absätzen 1 und 2 Nummer 1 bis 3 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person ist; in den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe a, Nummer 6, 7, 9 bis 11 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist. In den in Absatz 2 Nummer 4 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 4 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Bei den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe b genannten Lieferungen von Erdgas schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Wiederverkäufer von Erdgas im Sinne des § 3g ist. Bei den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe b genannten Lieferungen von Elektrizität schuldet der Leistungsempfänger in den Fällen die Steuer, in denen der liefernde Unternehmer und der Leistungsempfänger Wiederverkäufer von Elektrizität im Sinne des § 3g sind. In den in Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 8 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Bei den in Absatz 2 Nummer 12 Satz 1 genannten Leistungen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Leistungen in deren Erbringung besteht und dessen eigener Verbrauch dieser Leistungen von untergeordneter Bedeutung ist; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Die Sätze 1 bis 6 gelten vorbehaltlich des Satzes 10 auch, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird. Sind Leistungsempfänger und leistender Unternehmer in Zweifelsfällen übereinstimmend vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 2 Nummer 4, 5 Buchstabe b, Nummer 7 bis 12 ausgegangen, obwohl dies nach der Art der Umsätze unter Anlegung objektiver Kriterien nicht zutreffend war, gilt der Leistungsempfänger dennoch als Steuerschuldner, sofern dadurch keine Steuerausfälle entstehen. Die Sätze 1 bis 7 gelten nicht, wenn bei dem Unternehmer, der die Umsätze ausführt, die Steuer nach § 19 Absatz 1 nicht erhoben wird. Die Sätze 1 bis 9 gelten nicht, wenn ein in Absatz 2 Nummer 2, 7 oder 9 bis 11 genannter Gegenstand von dem Unternehmer, der die Lieferung bewirkt, unter den Voraussetzungen des § 25a geliefert wird. In den in Absatz 2 Nummer 4, 5 Buchstabe b und Nummer 7 bis 12 genannten Fällen schulden juristische Personen des öffentlichen Rechts die Steuer nicht, wenn sie die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich beziehen.
(6) Die Absätze 1 bis 5 finden keine Anwendung, wenn die Leistung des im Ausland ansässigen Unternehmers besteht
- 1.
in einer Personenbeförderung, die der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5) unterlegen hat, - 2.
in einer Personenbeförderung, die mit einem Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 durchgeführt worden ist, - 3.
in einer grenzüberschreitenden Personenbeförderung im Luftverkehr, - 4.
in der Einräumung der Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse im Inland, - 5.
in einer sonstigen Leistung einer Durchführungsgesellschaft an im Ausland ansässige Unternehmer, soweit diese Leistung im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Messen und Ausstellungen im Inland steht, oder - 6.
in der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn erfolgt.
(7) Ein im Ausland ansässiger Unternehmer im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 und 5 ist ein Unternehmer, der im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat; dies gilt auch, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Ausland hat. Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte hat; dies gilt nicht, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Drittlandsgebiet hat. Hat der Unternehmer im Inland eine Betriebsstätte und führt er einen Umsatz nach Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder Nummer 5 aus, gilt er hinsichtlich dieses Umsatzes als im Ausland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig, wenn die Betriebsstätte an diesem Umsatz nicht beteiligt ist. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wird. Ist es zweifelhaft, ob der Unternehmer diese Voraussetzungen erfüllt, schuldet der Leistungsempfänger die Steuer nur dann nicht, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamts nachweist, dass er kein Unternehmer im Sinne der Sätze 1 und 2 ist.
(8) Bei der Berechnung der Steuer sind die §§ 19 und 24 nicht anzuwenden.
(9) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Absatz 1 Satz 3), der andere an Stelle des Leistungsempfängers Steuerschuldner nach Absatz 5 ist.
(10) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung den Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach den Absätzen 2 und 5 auf weitere Umsätze erweitern, wenn im Zusammenhang mit diesen Umsätzen in vielen Fällen der Verdacht auf Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall aufgetreten ist, die voraussichtlich zu erheblichen und unwiederbringlichen Steuermindereinnahmen führen. Voraussetzungen für eine solche Erweiterung sind, dass
- 1.
die Erweiterung frühestens zu dem Zeitpunkt in Kraft treten darf, zu dem die Europäische Kommission entsprechend Artikel 199b Absatz 3 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der Fassung von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 2013/42/EU (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 1) mitgeteilt hat, dass sie keine Einwände gegen die Erweiterung erhebt; - 2.
die Bundesregierung einen Antrag auf eine Ermächtigung durch den Rat entsprechend Artikel 395 der Richtlinie 2006/112/EG in der Fassung von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 2013/42/EG (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 1) gestellt hat, durch die die Bundesrepublik Deutschland ermächtigt werden soll, in Abweichung von Artikel 193 der Richtlinie 2006/112/EG, die zuletzt durch die Richtlinie 2013/61/EU (ABl. L 353 vom 28.12.2013, S. 5) geändert worden ist, die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für die von der Erweiterung nach Nummer 1 erfassten Umsätze zur Vermeidung von Steuerhinterziehungen einführen zu dürfen; - 3.
die Verordnung nach neun Monaten außer Kraft tritt, wenn die Ermächtigung nach Nummer 2 nicht erteilt worden ist; wurde die Ermächtigung nach Nummer 2 erteilt, tritt die Verordnung außer Kraft, sobald die gesetzliche Regelung, mit der die Ermächtigung in nationales Recht umgesetzt wird, in Kraft tritt.
(1) Änderungen dieses Gesetzes sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten der maßgeblichen Änderungsvorschrift ausgeführt werden. Das gilt für Lieferungen und sonstige Leistungen auch insoweit, als die Steuer dafür nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4, Buchstabe b oder § 13b Absatz 4 Satz 2 vor dem Inkrafttreten der Änderungsvorschrift entstanden ist. Die Berechnung dieser Steuer ist für den Voranmeldungszeitraum zu berichtigen, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt wird.
(1a) § 4 Nr. 14 ist auf Antrag auf vor dem 1. Januar 2000 erbrachte Umsätze aus der Tätigkeit als Sprachheilpädagoge entsprechend anzuwenden, soweit der Sprachheilpädagoge gemäß § 124 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von den zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen umfassend oder für bestimmte Teilgebiete der Sprachtherapie zur Abgabe von sprachtherapeutischen Heilmitteln zugelassen ist und die Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 spätestens zum 1. Januar 2000 erfüllt. Bestandskräftige Steuerfestsetzungen können insoweit aufgehoben oder geändert werden.
(2) § 9 Abs. 2 ist nicht anzuwenden, wenn das auf dem Grundstück errichtete Gebäude
- 1.
Wohnzwecken dient oder zu dienen bestimmt ist und vor dem 1. April 1985 fertiggestellt worden ist, - 2.
anderen nichtunternehmerischen Zwecken dient oder zu dienen bestimmt ist und vor dem 1. Januar 1986 fertiggestellt worden ist, - 3.
anderen als in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Zwecken dient oder zu dienen bestimmt ist und vor dem 1. Januar 1998 fertiggestellt worden ist,
(3) § 14 Abs. 1a in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung ist auf Rechnungen anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2002 ausgestellt werden, sofern die zugrunde liegenden Umsätze bis zum 31. Dezember 2003 ausgeführt wurden.
(4) Die §§ 13b, 14 Abs. 1, § 14a Abs. 4 und 5 Satz 3 Nr. 3, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 4b, § 17 Abs. 1 Satz 1, § 18 Abs. 4a Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 3, § 22 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Nr. 8, § 25a Abs. 5 Satz 3 in der jeweils bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung sind auch auf Umsätze anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2002 ausgeführt worden sind, soweit das Entgelt für diese Umsätze erst nach dem 31. Dezember 2001 gezahlt worden ist. Soweit auf das Entgelt oder Teile des Entgelts für nach dem 31. Dezember 2001 ausgeführte Umsätze vor dem 1. Januar 2002 das Abzugsverfahren nach § 18 Abs. 8 in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung angewandt worden ist, mindert sich die vom Leistungsempfänger nach § 13b geschuldete Steuer um die bisher im Abzugsverfahren vom leistenden Unternehmer geschuldete Steuer.
(5) § 3 Abs. 9a Satz 2, § 15 Abs. 1b, § 15a Abs. 3 Nr. 2 und § 15a Abs. 4 Satz 2 in der jeweils bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung sind auf Fahrzeuge anzuwenden, die nach dem 31. März 1999 und vor dem 1. Januar 2004 angeschafft oder hergestellt, eingeführt, innergemeinschaftlich erworben oder gemietet worden sind und für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b vorgenommen worden ist. Dies gilt nicht für nach dem 1. Januar 2004 anfallende Vorsteuerbeträge, die auf die Miete oder den Betrieb dieser Fahrzeuge entfallen.
(6) Umsätze aus der Nutzungsüberlassung von Sportanlagen können bis zum 31. Dezember 2004 in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und in eine steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen aufgeteilt werden.
(7) § 13c ist anzuwenden auf Forderungen, die nach dem 7. November 2003 abgetreten, verpfändet oder gepfändet worden sind.
(8) § 15a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3794) ist auch für Zeiträume vor dem 1. Januar 2002 anzuwenden, wenn der Unternehmer den Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezugs auf Grund der von ihm erklärten Verwendungsabsicht in Anspruch genommen hat und die Nutzung ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung mit den für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen nicht übereinstimmt.
(9) § 18 Abs. 1 Satz 1 ist erstmals auf Voranmeldungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2004 enden.
(10) § 4 Nr. 21a in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung ist auf Antrag auf vor dem 1. Januar 2005 erbrachte Umsätze der staatlichen Hochschulen aus Forschungstätigkeit anzuwenden, wenn die Leistungen auf einem Vertrag beruhen, der vor dem 3. September 2003 abgeschlossen worden ist.
(11) § 15a in der Fassung des Artikels 5 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3310) ist auf Vorsteuerbeträge anzuwenden, deren zugrunde liegende Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 nach dem 31. Dezember 2004 ausgeführt werden.
(12) Auf Vorsteuerbeträge, deren zugrunde liegende Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 nach dem 31. Dezember 2006 ausgeführt werden, ist § 15a Abs. 3 und 4 in der am 1. Januar 2007 geltenden Fassung anzuwenden.
(13) § 18a Abs. 1 Satz 1, 4 und 5 in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878) ist erstmals auf Meldezeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2006 enden.
(14) § 18 Abs. 9 in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794) und § 18g sind auf Anträge auf Vergütung von Vorsteuerbeträgen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2009 gestellt werden.
(15) § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 3 Nr. 2 in der jeweils ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung sind auf alle Rechnungen über Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2008 ausgeführt werden.
(16) § 3 Absatz 9a Nummer 1, § 15 Absatz 1b, § 15a Absatz 6a und 8 Satz 2 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1768) sind nicht anzuwenden auf Wirtschaftsgüter im Sinne des § 15 Absatz 1b, die auf Grund eines vor dem 1. Januar 2011 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft worden sind oder mit deren Herstellung vor dem 1. Januar 2011 begonnen worden ist. Als Beginn der Herstellung gilt bei Gebäuden, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird; bei baugenehmigungsfreien Gebäuden, für die Bauunterlagen einzureichen sind, der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden.
(17) § 18 Absatz 3 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1768) ist erstmals auf Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2010 enden.
(18) § 14 Absatz 1 und 3 ist in der ab 1. Juli 2011 geltenden Fassung auf alle Rechnungen über Umsätze anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2011 ausgeführt werden.
(19) Sind Unternehmer und Leistungsempfänger davon ausgegangen, dass der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b auf eine vor dem 15. Februar 2014 erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, ist die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu sein. § 176 der Abgabenordnung steht der Änderung nach Satz 1 nicht entgegen. Das für den leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt kann auf Antrag zulassen, dass der leistende Unternehmer dem Finanzamt den ihm gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer abtritt, wenn die Annahme der Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen auf eine Verwaltungsanweisung beruhte und der leistende Unternehmer bei der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs mitwirkt. Die Abtretung wirkt an Zahlungs statt, wenn
- 1.
der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger eine erstmalige oder geänderte Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellt, - 2.
die Abtretung an das Finanzamt wirksam bleibt, - 3.
dem Leistungsempfänger diese Abtretung unverzüglich mit dem Hinweis angezeigt wird, dass eine Zahlung an den leistenden Unternehmer keine schuldbefreiende Wirkung mehr hat, und - 4.
der leistende Unternehmer seiner Mitwirkungspflicht nachkommt.
(20) § 18h Absatz 3 und 4 in der Fassung des Artikels 8 des Gesetzes vom 25. Juli 2014 (BGBl. I S. 1266) ist erstmals auf Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2014 enden.
(21) § 18 Absatz 2 in der am 1. Januar 2015 geltenden Fassung ist erstmals auf Voranmeldungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2014 enden.
(22) § 2 Absatz 3 in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung ist auf Umsätze, die nach dem 31. Dezember 2015 und vor dem 1. Januar 2017 ausgeführt werden, weiterhin anzuwenden. § 2b in der am 1. Januar 2016 geltenden Fassung ist auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2016 ausgeführt werden. Die juristische Person des öffentlichen Rechts kann dem Finanzamt gegenüber einmalig erklären, dass sie § 2 Absatz 3 in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung für sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2021 ausgeführte Leistungen weiterhin anwendet. Eine Beschränkung der Erklärung auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen ist nicht zulässig. Die Erklärung ist bis zum 31. Dezember 2016 abzugeben. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres an widerrufen werden. § 18 Absatz 4f und 4g ist erstmals auf Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nicht der Erklärung nach Satz 3 unterliegen.
(22a) Hat eine juristische Person des öffentlichen Rechts gegenüber dem Finanzamt gemäß Absatz 22 Satz 3 erklärt, dass sie § 2 Absatz 3 in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung für sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2021 ausgeführte Leistungen weiterhin anwendet und die Erklärung für vor dem 1. Januar 2023 endende Zeiträume nicht widerrufen, gilt die Erklärung auch für sämtliche Leistungen, die nach dem 31. Dezember 2020 und vor dem 1. Januar 2025 ausgeführt werden. Die Erklärung nach Satz 1 kann auch für Zeiträume nach dem 31. Dezember 2020 nur mit Wirkung vom Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres an widerrufen werden. Es ist nicht zulässig, den Widerruf auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen zu beschränken.
(23) § 3 Absatz 13 bis 15 sowie § 10 Absatz 1 Satz 6 in der Fassung des Artikels 9 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) sind erstmals auf Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 ausgestellt werden.
(24) § 3a Absatz 5 Satz 3 bis 5 und § 14 Absatz 7 Satz 3 in der Fassung des Artikels 9 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 ausgeführt werden. § 18 Absatz 4c Satz 1 und Absatz 4d in der Fassung des Artikels 9 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist auf Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 enden.
(25) Das Bundesministerium der Finanzen teilt den Beginn, ab dem Daten nach § 22f Absatz 5 auf Anforderung zu übermitteln sind, durch ein im Bundessteuerblatt zu veröffentlichendes Schreiben mit. Gleiches gilt für die Festlegung des Kalenderjahres, ab dem Daten nach § 22f Absatz 3 auf Anforderung zu übermitteln sind. § 25e Absatz 1 bis Absatz 4 in der Fassung des Artikels 9 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist für die in § 22f Absatz 1 Satz 4 in der am 1. Januar 2019 geltenden Fassung genannten Unternehmer ab 1. März 2019 und für andere als die in § 22f Absatz 1 Satz 4 in der am 1. Januar 2019 geltenden Fassung genannten Unternehmer ab 1. Oktober 2019 anzuwenden.
(26) § 25 Absatz 3 in der Fassung des Artikels 11 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 bewirkt werden.
(27) § 4 Nummer 15a in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung gilt bis zu den Zeitpunkten nach § 412 Absatz 1 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sowie § 412 Absatz 5 Satz 9 in Verbindung mit § 412 Absatz 1 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch fort.
(28) § 15 Absatz 4b, § 16 Absatz 2 Satz 1 und § 18 Absatz 9 in der Fassung des Artikels 12 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) sind erstmals auf Voranmeldungs-, Besteuerungs- und Vergütungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 enden.
(29) § 22b Absatz 2 und 2a in der Fassung des Artikels 12 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Voranmeldungs-, Besteuerungs- und Meldezeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 enden.
(30) § 25f in der Fassung des Artikels 12 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Voranmeldungs- und Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 enden.
(31) Der Termin, ab dem § 21 Absatz 3a in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 29. Juni 2020 (BGBl. I S. 1512) erstmals anzuwenden ist, wird mit einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen bekanntgegeben.
(32) § 24 Absatz 1 in der Fassung des Artikels 11 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 bewirkt werden.
(33) § 18i Absatz 3 und 6, § 18j Absatz 4 und 7, § 18k Absatz 4 und 7 in der Fassung des Artikels 13 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) sind erstmals auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2021 ausgeführt werden. Die in den §§ 18i, 18j und 18k enthaltenen Verweise auf die §§ 3, 3a, 3c, 16, 18i, 18j, 18k und 22 be-ziehen sich auf die jeweilige Fassung der Artikel 13 und 14 des vorgenannten Gesetzes.
(34) Die §§ 3 und 3a Absatz 5, die §§ 3c, 4, 5, 11, 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe f bis i, § 14a Absatz 2, § 16 Absatz 1c bis 1e, § 18 Absatz 1, 3 und 9, die §§ 21a, 22, 22f und 25e in der Fassung des Artikels 14 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) sind erstmals auf Umsätze und Einfuhren anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2021 ausgeführt werden. § 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe d und e, § 16 Absatz 1a und 1b, § 18 Absatz 4c bis 4e und § 18h sind letztmalig auf Umsätze anzuwenden, die vor dem 1. Juli 2021 ausgeführt werden.
(35) § 4c in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2021 (BGBl. I S. 5250) ist auf Leistungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 bezogen werden. § 5 Absatz 1 Nummer 8 und 9 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2021 (BGBl. I S. 5250) ist auf Einfuhren nach dem 31. Dezember 2020 anzuwenden.
(36) § 18 Absatz 5a in der Fassung des Artikels 16 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals auf die Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2022 enden.
(37) § 18g in der Fassung des Artikels 16 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals auf die Übermittlung von Daten nach dem 31. Dezember 2022 anzuwenden.
Tenor
Die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids für 2011 vom 1.4.2015 wird i. H. von 191.282,88 € ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder anderweitigen Erledigung des Einspruchs ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beschwerde wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens strittig, ob der Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für 2011 schutzwürdiges Vertrauen der Antragstellerin (§ 176 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)) entgegensteht.
4Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin ist die Erbringung von Bauleistungen für die Errichtung von Gebäuden. Im Streitjahr 2011 erbrachte die Antragstellerin Bauleistungen an die X GmbH & Co. Bauträger KG (X KG). Am Kapital der Antragstellerin waren im Streitzeitraum G N zu 75 % und E T zu 25 % als Kommanditisten beteiligt. An der X KG waren im Streitzeitraum G N zu 95 % und K C zu 5 % als Kommanditist beteiligt. In den durch die Antragstellerin gegenüber der X KG ausgestellten Rechnungen heißt es: „Die Rechnung wird ohne Umsatzsteuer erstellt, da die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG übergeht.“
5Die Antragstellerin gab mit Eingang beim Antragsgegner am 28.12.2012 eine eine Erstattung ausweisende Umsatzsteuererklärung für 2011 mit einem Umsatzsteuerbetrag von 318.354,61 € ab. In der Erklärung gab sie an, steuerpflichtige Umsätze i. S. des § 13b Abs. 2 Nr. 2 bis Nr. 4 und Nr. 6 bis Nr. 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) im Umfang von 1.015.889 € getätigt zu haben, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schulde. Der Antragsgegner stimmte der Umsatzsteuererklärung für 2011 am 13.2.2013 zu.
6Beginnend im März 2015 führte der Antragsgegner bei der Antragstellerin eine Umsatzsteuersonderprüfung durch. Der Prüfer traf ausweislich des Berichts über die Umsatzsteuersonderprüfung vom 9.3.2015, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, im Wesentlichen die folgenden Feststellungen: Von den in 2011 erklärten Bauleistungen i. S. des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG i. H. von 1.015.889 € würden 1.006.752,34 € auf Bauleistungen entfallen, die an die X KG erbracht worden seien. Bei der Erteilung der Rechnungen seien sowohl der Leistungsempfänger, die X KG, als auch die Antragstellerin unter Berücksichtigung der im Zeitpunkt der Leistungserbringung geltenden Verwaltungsanweisungen davon ausgegangen, dass der Leistungsempfänger die für die Bauleistung entstandene Umsatzsteuer nach § 13b UStG schulde. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Urteil vom 22.8.2013 V R 37/10 (Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFHE - 243, 20, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 2014, 128) entschieden, dass es für die Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger darauf ankomme, dass der Leistungsempfänger die an ihn erbrachten Bauleistungen seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwende. Auf den Anteil der vom Leistungsempfänger ausgeführten Bauleistungen im Sinne des § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG an den insgesamt von ihm getätigten Umsätzen komme es entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung (vgl. Abschnitt (Abschn.) 13b.3 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE)) nicht an. Der Leistungsempfänger sei dann nicht Steuerschuldner, wenn er Lieferungen erbringe, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen würden. Bauträger, die eigene Grundstücke zum Zwecke des Verkaufs bebauen würden, würden bloße Grundstückslieferungen ausführen und seien daher für von Dritten bezogene Bauleistungen, die sie für derartige Veräußerungen verwenden würden, nicht Steuerschuldner. Unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 22.8.2013 V R 37/10 (aaO) habe die X KG die Erstattung der betreffend die Bauleistungen entrichteten Umsatzsteuer begehrt. Für die Antragstellerin als Bauleistende bedeute dies, dass sie Steuerschuldnerin gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG sei. Die Regelung des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG i. V. mit Abs. 5 Satz 2 UStG sei nicht mehr anzuwenden. Daher sei die Umsatzsteuer für 2011 lt. Tz. 3.3 des Berichts um 191.282,94 € zu erhöhen. Lt. Anlage zum Bericht werde unter Abrundung der Bemessungsgrundlage auf 1.006.752 € nur noch ein Erhöhungsbetrag von 191.282,88 € angenommen.
7Mit Bescheid vom 1.4.2015 setzte der Antragsgegner, entsprechend den Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung, die Umsatzsteuer auf 509.637,49 € und damit um 191.282,88 € höher fest. Dagegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung führte sie aus, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes vorliege. Durch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11.3.2010 (BStBl. I 2010, 254) sei klargestellt worden, dass auch Bauträger, die zwar ganz überwiegend Umsätze erbringen würden, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen würden, als Bauleistende anzusehen seien, wenn sie Werklieferungen im Sinne des § 3 Abs. 4 UStG erbringen würden, die mehr als 10 % der Summe ihrer steuerbaren und nicht steuerbaren Umsätze ausmachen würden. Die Antragstellerin habe sich demnach völlig korrekt nach der Auffassung dieses BMF-Schreibens und dessen Vorgaben verhalten und in Anwendung von § 13b UStG zutreffend Rechnungen über den Nettobetrag an den Leistungsempfänger mit dem Hinweis des Wechsels der Steuerschuldnerschaft ausgestellt. Die Antragstellerin könne sich daher auf § 176 Abs. 2 AO berufen. § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot und könne daher die Anwendung von § 176 Abs. 2 AO nicht ausschließen. Im Vertrauen auf die vermeintliche Rechtslage vor Erlass des BFH-Urteils vom 22.8.2013 V R 37/10 (aaO) habe die Antragstellerin mit den Leistungsempfängern stets nur Festpreise vereinbart. Die Nachforderbarkeit der Umsatzsteuer von der X KG sei insofern ausgesprochen fraglich. Im Übrigen sei die Nachforderung auch der Höhe nach unzutreffend. Die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer sei gemäß § 10 Abs. 1 UStG das Entgelt. Im vorliegenden Fall sei das Entgelt, also all das, was der Empfänger der Leistung aufgewandt habe, der bereits bezahlte Betrag. Solange die Antragstellerin nicht Rechnungen zuzüglich Umsatzsteuer ausstelle, müsse die Umsatzsteuer aus dem gezahlten Betrag herausgerechnet werden. Außerdem habe die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge.
8Der Antragsgegner lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab, da nicht zu erkennen sei, in welchem Umfang der angefochtene Umsatzsteuerbescheid für 2011 in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht fehlerhaft sei. Das Vertrauensschutzkonzept des § 27 Abs. 19 UStG ersetze als vorgreifliche Spezialnorm den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO. Außerdem sei bei der Aussetzung der Vollziehung von Steuerbescheiden wegen verfassungsrechtlicher Bedenken eine Interessenabwägung zwischen der einer Aussetzung der Vollziehung entgegenstehenden konkreten Gefährdung der öffentlichen Haushaltsführung und den für eine Aussetzung der Vollziehung sprechenden individuellen Interessen des Steuerpflichtigen erforderlich. Bei der erforderlichen Abwägung komme es maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen an und andererseits auf die Auswirkungen auf die Haushaltsführung. Da die Aussetzung der Vollziehung der Nachforderung gegenüber Bauleistenden die öffentliche Haushaltsführung erheblich gefährden würde, komme eine Aussetzung der Vollziehung nicht in Betracht.
9Am 9.7.2015 hat die Antragstellerin den vorliegenden gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Zur Begründung macht sie ergänzend zu ihren vorgerichtlichen Ausführungen geltend, dass das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 3.6.2005 5 V 5026/15 (Deutsches Steuerrecht - DStR - 2015, 1438) entschieden habe, dass in derartigen Fällen die Inanspruchnahme des Bauleistenden gegen § 176 Abs. 2 AO verstoße und § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG ein rückwirkendes Gesetz sei, das in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise die Wirkungen von § 176 Abs. 2 AO beseitige.
10Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
11die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids für 2011 vom 1.4.2015 i. H. von 191.282,88 € ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder anderweitigen Erledigung des Einspruchs ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.
12Der Antragsgegner beantragt,
13den Antrag abzulehnen.
14Zur Begründung führt er ergänzend aus, dass der Gesetzgeber das Prinzip des Vertrauensschutzes im Sinne des § 176 Abs. 2 AO durch das in § 27 Abs. 19 UStG niedergelegte Vertrauensschutzkonzept ersetzt habe. Eines darüber hinausgehenden Schutzes bedürfe die Antragstellerin nicht. Der Gesetzgeber sehe das Vertrauen des Bauleistenden in die bisherige Verwaltungsauffassung als nicht schutzwürdig an, wenn der Leistende gegen den Leistungsempfänger einen zivilrechtlichen Anspruch auf zusätzliche Bezahlung der Umsatzsteuer habe. § 27 Abs. 19 Sätze 3 und 4 UStG würden dem leistenden Unternehmer die Möglichkeit bieten, den zivilrechtlichen Anspruch gegenüber dem Leistungsempfänger auf die – noch ausstehende – Zahlung der Umsatzsteuer an das Finanzamt an Zahlungs statt abzutreten. Unter Berücksichtigung des Neutralitätsprinzips sei der Leistende dann nicht in seinem Vertrauen verletzt, da er wirtschaftlich so gestellt werde, wie vor dem Änderungsbescheid. Im Folgenden trage ausschließlich das Finanzamt das Risiko der Geltendmachung der Forderung gegenüber dem Leistungsempfänger. Deshalb würden auch die Einwendungen des leistenden Unternehmers fehlgehen, dass die Vorschrift voraussetze, dass ein zivilrechtlicher Anspruch bestehe, dieser aber unter anderem aufgrund von Vereinbarungen, Abtretungsverboten oder zivilrechtlicher Verjährung nicht vorhanden sei. Eine einredebehaftete und damit wirtschaftlich ganz oder teilweise wertlose Forderung könne zivilrechtlich gleichwohl an Zahlungs statt abgetreten werden. Es komme im Zeitpunkt der Annahme der Abtretung lediglich auf den Bestand der Forderung an, nicht jedoch auf die (vollumfängliche) Werthaltigkeit. Etwaige Einwendungen des Leistungsempfängers in Bezug auf die Werthaltigkeit der abgetretenen Forderung würden sich dann ausschließlich gegen das Finanzamt richten und würden den leistenden Unternehmer nicht mehr finanziell belasten. Da dem Finanzamt zwar grundsätzlich ein Ermessen im Hinblick auf die Annahme der Abtretung zustehe, dieses jedoch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 UStG regelmäßig zu Gunsten des leistenden Unternehmers ausüben müsse, sei für die Frage des Vertrauensschutzes im Einzelfall darauf abzustellen, ob die Abtretung tatsächlich vom leistenden Unternehmer angeboten wurde. Komme es ausschließlich aufgrund des Handelns des Leistenden, z.B. aufgrund dessen Weigerung, die Rechnung gegenüber dem Leistungsempfänger zu korrigieren bzw. die Abtretung anzubieten, nicht zur Abtretung, sei dieser insoweit nicht (mehr) schutzwürdig, da das Finanzamt die Abtretung unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 UStG angenommen hätte, wenn diese angeboten worden wäre. Die Antragstellerin weigere sich, ihre Rechnungen gegenüber der X KG zu korrigieren und biete dem Finanzamt keine Abtretung der Forderung gegenüber der X KG an.
15Im Übrigen sei der von der Antragstellerin als Begründung für ihren Aussetzungsantrag herangezogene Beschluss des FG Berlin-Brandenburg vom 3.6.2015 5 V 5026/15 (aaO) auf den vorliegenden Streitfall nicht übertragbar. Im Gegensatz zum Urteilsfall, der das Jahr 2009 betreffe, sei die Antragstellerin an der nachträglichen Inrechnungstellung der Umsatzsteuer für die im Streitjahr 2011 erbrachten Leistungen noch nicht durch zivilrechtliche Verjährungsvorschriften gehindert. Denn die Antragstellerin hätte auf das BFH-Urteil vom 20.8.2013 und die BMF-Schreiben vom 5.2.2014 (BStBl. I 2014, 233), 4.3.2014 (nicht veröffentlicht), 18.3.2014 (nicht veröffentlicht), 25.4.2014 (nicht veröffentlicht), 8.5.2014 (BStBl. I 2014, 823) und 31.7.2014 (BStBl. I 2014, 1073) sowie auf das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.7.2014 (Bundesgesetzblatt - BGBl. - 2014, 1266) noch rechtzeitig reagieren können. Auch jetzt – in 2015 – sei ein solcher Anspruch der Antragstellerin gegenüber der X KG zivilrechtlich noch nicht verjährt, da die zivilrechtliche Verjährung der Forderung des leistenden Unternehmers gegen den Leistungsempfänger nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erst mit Kenntnis über die den Anspruch begründenden Umstände beginne, d.h. erst wenn das Finanzamt den leistenden Unternehmer darüber informiere, dass § 13b UStG rückwirkend nicht anzuwenden und er daher Steuerschuldner sei. Weiterhin sei unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) (BGH-Urteil vom 12.6.2002 VIII ZR 187/01, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 2002, 3110) der Leistungsempfänger gemäß § 242 BGB daran gehindert, die Verjährungseinrede geltend zu machen, wenn nach den ursprünglichen Vereinbarungen der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer zu tragen habe und erst durch sein Verhalten, nämlich dem Änderungsbegehren gegenüber dem Finanzamt, den Bauleistenden die Umsatzsteuerpflicht treffe.
16Die Antragstellerin und die X KG seien sich auch, wie aus den Formulierungen in den Rechnungen ersichtlich sei, darüber einig, dass die X KG die Umsatzsteuer zusätzlich zum (Netto-)Rechnungsbetrag zu entrichten habe, wenn auch nicht an die Antragstellerin, sondern das Finanzamt. Die Formulierung in den Rechnungen sei Anhaltspunkt dafür, dass zwischen der Antragstellerin und der X KG eine Nettopreisvereinbarung getroffen worden sei. Die X KG habe entgegen dieser Vereinbarung mit der Antragstellerin durch Schreiben vom 13.2.2014 gegenüber dem Finanzamt beantragt, § 13b UStG rückwirkend nicht anzuwenden und die Umsatzsteuerfestsetzung entsprechend zu vermindern. Unter Verweis auf weitere Rechtsprechung des BGH (BGH-Urteil vom 14.1.2000 V ZR 416/97) könne ein Anspruch des Bauleistenden auf Zahlung der zusätzlichen Umsatzsteuer auch über das Rechtsinstitut der ergänzenden Vertragsauslegung hergeleitet werden, wenn die Parteien irrtümlicherweise übereinstimmend davon ausgegangen seien, dass ein bestimmter Vorgang nicht der Umsatzsteuer unterliege. So verhalte es sich auch hier. Auch eine sog. Brutto-Vereinbarung, wie sie die Antragstellerin vorträgt, sei der ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich. Deshalb stehe dem leistenden Unternehmer in den Fällen der rückwirkenden Nichtanwendung des § 13b UStG dem Grunde nach ein Anspruch auf zusätzliche Zahlung der Umsatzsteuer zu. Die Verträge zwischen der Antragstellerin und der X KG, die laut Antragsschrift eine Vereinbarung eines Festpreises enthalten würden und eine Nachforderung der Umsatzsteuer durch die Antragstellerin gegenüber der X KG ausschließen würden, lägen ihm, dem Antragsgegner, nicht vor. Sie seien im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung auch nicht zur Prüferhandakte genommen worden. Hinzu komme im vorliegenden Fall, dass es sich bei der Antragstellerin und der X KG um nahestehende Unternehmen handele.
17Die Umsatzsteuer sei daher im Streitfall auch nicht aus dem Rechnungsbetrag herauszurechnen. Da, wie die Rechnungen zeigen würden, von einer Nettopreisvereinbarung auszugehen sei, sei die Umsatzsteuer nicht aus dem Zahlbetrag herauszurechnen, sondern zusätzlich dem Nettobetrag hinzuzurechnen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und auf die vom Antragsgegner zu diesem Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
19II.
20Der Antrag ist begründet.
211. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
22Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn bei der Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Bei der notwendigen Abwägung im Einzelfall sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Für eine Aussetzung der Vollziehung ist jedoch nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Gründe überwiegen. Vielmehr genügt es, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie sein Misserfolg (ständige Rechtsprechung: BFH-Beschluss vom 23.8.2007 VI B 42/07, BFHE 218, 558, BStBl. II 2007, 799). Dagegen begründet eine vage Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs noch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts (BFH-Beschluss vom 11.6.1968 VI B 94/67, BStBl. II 1968, 657).
23Die Prüfung, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts vorliegen, erfolgt im Rahmen einer lediglich summarischen Prüfung. Dabei beschränkt sich der Prozessstoff wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere auf die Akten der Finanzbehörde und andere präsente Beweismittel. Weitere Maßnahmen zur Ermittlung des Sachverhalts muss das Gericht nicht ergreifen (BFH-Beschluss vom 14.2.1989 IV B 33/88, BFHE 156, 167, BStBl. II 1989, 516).
242. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids für 2011 gegeben. Nach summarischer Prüfung kann sich die Antragstellerin für das Jahr 2011 auf Vertrauensschutz gem. § 176 Abs. 2 AO berufen (a)). Nach summarischer Prüfung ist außerdem ernstlich zweifelhaft, ob die den Vertrauensschutz ausschließende Vorschrift des § 27 Abs. 19 UStG den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt (b)).
25a) § 176 Abs. 2 AO bestimmt, dass bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden darf, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist. Die betreffende Beurteilung des obersten Gerichtshofs muss dabei zeitlich nach dem Erlass des ursprünglichen, aber vor dem Erlass des Änderungsbescheids erfolgt sein (vgl. von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 176 AO, Rn. 34 m. w. N.). Der Schutz des § 176 Abs. 2 AO beschränkt sich auf Fälle, in denen im Zeitpunkt der Entscheidung des obersten Gerichtshofs bereits ein Steuerbescheid vorliegt (Hey, DStR 2004, 1897). Unerheblich ist indes, ob die Änderung des Steuerbescheids auf § 164 Abs. 2 AO oder einer anderen Änderungsnorm beruht, da § 176 AO für alle Fälle der Änderung von Steuerbescheiden zu berücksichtigen ist (Rüsken in Klein, AO, § 176 Rn. 6 m. w. N.).
26Die Finanzverwaltung legte § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG in der im Streitzeitraum 2011 geltenden Fassung zunächst dahingehend aus, dass es für den Wechsel der Steuerschuldnerschaft darauf ankomme, dass der Leistungsempfänger „nachhaltig“ bauwerksbezogene Werklieferungen und sonstige Leistungen erbringe und dabei die Summe dieser Leistungen mehr als 10 % seiner steuerbaren Umsätze betrage, wobei die Finanzverwaltung später präzisiert hat, dass dabei auf den „Weltumsatz“ des Leistungsempfängers abzustellen sei (vgl. Abschn. 182a Abs. 10 Satz 2 UStR 2005, nachfolgend BMF-Schreiben vom 16.10.2009 (BStBl. I 2009, 1298) und sich daran anschließend Abschn. 13b.3 Abs. 2 Satz 1 UStAE in der Fassung des BMF-Schreibens vom 12.12.2011, BStBl. I 2011, 1289). Der BFH entschied hingegen mit Urteil vom 22.8.2013 V R 37/10 (aaO), dass § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG 2005 (im Wesentlichen gleichlautend zu § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG in der im Streitjahr 2011 geltenden Fassung) dahingehend auszulegen sei, dass der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner sei, wenn er die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung mit Bauwerksbezug seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwende. Dies treffe auf Bauträger, die steuerfreie Grundstückslieferungen ausführen würden, nicht zu, so dass diese Vorschrift auf sie nicht anzuwenden sei. Die Voraussetzungen des § 176 Abs. 2 AO liegen vor diesem Hintergrund nach summarischer Prüfung im Streitfall vor. Die Umsatzsteuerfestsetzung für 2011 datiert vom 13.2.2013 (Zustimmung des Antragsgegners zur Umsatzsteuererklärung 2011) und hat sich an der in diesem Zeitpunkt maßgeblichen Erlasslage der Finanzverwaltung orientiert. Im Anschluss, d.h. am 22.8.2013, hat der BFH die Auslegung der Finanzverwaltung als nicht mit geltendem Recht in Einklang stehend bezeichnet. Erst im Anschluss an diese Rechtsprechung ist der Änderungsbescheid, der auf den 1.4.2015 datiert, ergangen, so dass nach summarischer Prüfung § 176 Abs. 2 AO für die vorliegende in diesem einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein streitige Umsatzsteuerfestsetzung 2011 eingreift.
27b) Die Anwendung der Vertrauensschutzregelung ist nach summarischer Prüfung auch nicht durch § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG ausgeschlossen. Diese Norm wurde durch Art. 7 Nr. 9 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.7.2014 (BGBl. I 2014, 1266) mit Wirkung vom 31.7.2014 zur Regelung von Fällen geschaffen, in denen sich Bauträger auf die zuvor bezeichnete Rechtsprechung des BFH berufen und die Erstattung der entrichteten Umsatzsteuer beantragen. Als Rechtsfolge sieht § 27 Abs. 19 UStG vor, dass dann, wenn Unternehmer und Leistungsempfänger davon ausgegangen sind, dass der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG auf eine vor dem 15.2.2014 erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet, und sich diese Annahme als unrichtig herausstellt, die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern ist, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu sein. Nach Satz 2 der Norm steht § 176 AO der Änderung nicht entgegen.
28Nach Auffassung des Senats ist ernstlich zweifelhaft, ob die rückwirkende Änderung der Steuerfestsetzung beim leistenden Unternehmer unter Suspendierung des aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz – GG –) abgeleiteten Vertrauensschutzes gegen das Verbot der Rückwirkung von Gesetzen verstößt (so ausdrücklich auch FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3.6.2015, DStR 2015, 1438).
29Eine Rechtsnorm entfaltet „echte Rückwirkung“, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“). Das ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig. Da eine Norm erst mit der Verkündung rechtlich existent ist, muss der von einem Gesetz Betroffene bis zu diesem Zeitpunkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird. Die maßgebliche Rechtsfolge steuerrechtlicher Normen ist dabei das Entstehen der Steuerschuld. Im Sachbereich des Steuerrechts liegt eine echte Rückwirkung daher nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert (vgl. Bundesverfassungsgericht – BVerfG –, Beschluss vom 7.7.2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BStBl. II 2011, 76).
30Es spricht viel dafür, dass es sich auch im vorliegenden Fall so verhält. § 27 Abs. 19 UStG greift in die im Zeitpunkt seiner Verkündung bereits entstandene Steuerschuld für 2011 nachträglich ein, so dass eine unzulässige echte Rückwirkung jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint (so auch Hammerl/Fietz, Neue Wirtschaftsbriefe für Steuer- und Wirtschaftsrecht - NWB - 2014, 2688; Schneider/Mann NWB 2014, 3911; Fleckenstein-Weiland, Betriebsberater - BB - 2014, 2391; Langer DStR 2014, 1897; Neeser Umsatzsteuer und Verkehrsteuerrecht - UVR - 2014, 333; Prätzler, Mehrwertsteuerrecht - MwStR - 2014, 680; a.A. Widmann MwStR 2014, 495; Sterzinger UR 2014, 276; differenzierend Listl/Baumgartner, Umsatzsteuerrundschau - UR - 2014, 913). Darüber hinaus scheint diese Gesetzeslage auch gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit zu verstoßen, der gebietet, dass Rechtsvorschriften klar und bestimmt sein müssen und dass ihre Anwendung für den Einzelnen voraussehbar sein muss (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union – EuGH – vom 9.10.2014 C-492/13, Traum EOOD, UR 2014, 943). Die beliebige Abbedingung des Vertrauensschutzes nach § 176 AO je nach Kassenlage ist mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit und mit der Rechtsstaatlichkeit staatlichen Handelns nicht vereinbar (so FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3.6.2005 5 V 5026/15, aaO). Anhaltspunkte dafür, dass eine der nach der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmen für die Zulässigkeit rückwirkender belastender Gesetze vorliegen (vgl. etwa Beschluss vom 8.7.1977 – 2 BvR 499/74, BVerfGE 45, 142), vermag der Senat nach summarischer Prüfung nicht zu erkennen.
31Die Entscheidung, ob das Vertrauensschutzkonzept des § 27 Abs. 19 UStG im konkreten Einzelfall den verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben genügt, den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO auszuschließen, wenn dem Bauleistenden kein Vermögensschaden droht, d. h. wenn er dem Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nachberechnen und dem Finanzamt den zivilrechtlichen Anspruch abtreten kann, ist dem Hauptsachverfahren einer insoweit noch zu erhebenden Klage vorbehalten. Insoweit ist im Rahmen dieses einstweiligen Rechtsschutzverfahrens unerheblich, ob dem Leistenden tatsächlich ein Anspruch auf Nachforderung der Umsatzsteuer gegen die X KG zusteht und der Leistende gewillt ist diesen abzutreten. Unerheblich ist daher im Rahmen dieses einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auch, ob Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Umsatzsteuer der bislang gezahlte Nettobetrag ist oder ob die Umsatzsteuer aus den gezahlten Beträgen herauszurechnen ist. Bis zur endgültigen Klärung der Rechtsfrage im Rahmen eines Klageverfahrens, ob § 176 Abs. 2 AO durch § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG verdrängt wird, ist die Aussetzung der Vollziehung in voller Höhe ohne Sicherheitsleistung geboten.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
33Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Beschwerde beruht auf §§ 128 Abs. 3, 115 Abs. 2 FGO.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.