Landgericht Köln Urteil, 20. Dez. 2018 - 36 O 147/18
Tenor
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 66.640,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2018 zu zahlen, abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 0,266 € für jeden ab Kilometerstand 0 km mit dem nachbezeichneten Fahrzeug bis zur Rückgabe gefahrenen Kilometer, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeuges VW Touareg Edition, 3.0 l V-6 TDI, FIN: #####.
Die Beklagte zu 2) wird weiter verurteilt, an den Kläger 3.718,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2018 zu zahlen.
Die Beklagte zu 2) wird weiter verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.954,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2018 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) sich mit der Rücknahme des Pkw des Klägers, VW Touareg Edition, 3.0 l V-6 TDI, FIN: #####, in Annahmeverzug befindet.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger zu zwei Dritteln und die Beklagte zu 2) zu einem Drittel. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und zu 3) trägt der Kläger, die Beklagte zu 2) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger macht gegen die Beklagten einen Rückabwicklungsanspruch betreffend den Kauf eines Reimport-Pkw der Marke VW Touareg geltend.
3Der Kläger, von Beruf selbstständiger Diplom-Ingenieur, bestellte mit Kaufvertrag über ein Neufahrzeug vom 22.07.2015 (Bl. 101, 101 R GA) bei dem Beklagten zu 1), der gewerblich mit Fahrzeugen handelt, einen Neuwagen des Typs VW Touareg Edition V6 3,0 TDI, Schadstoffnorm Euro 6, zu einem Kaufpreis von 66.640,00 € brutto. Das Fahrzeug sollte als Reimportfahrzeug von dem Beklagten zu 1) aus Finnland importiert und sodann an den Kläger übereignet werden.
4Nachdem der Kläger mit dem Beklagten zu 1) den Kaufvertrag über das vorbezeichnete Fahrzeug abgeschlossen hatte wurde im September 2015 in den Medien der sog. „VW Abgasskandal“ bekannt. Dieser bezog sich zunächst auf den nachfolgend zusammengefassten Sachverhalt, der dem Gericht aus der Berichterstattung in den allgemein zugänglichen Medien sowie aus anderen, diesbezüglich anhängigen Rechtsstreitigkeiten bekannt ist :
5Zum Nachweis, dass ein Kraftfahrzeug bei seinem Betrieb die europaweit einheitlich festgesetzten Abgasgrenzwerte einhält, muss das Fahrzeug über eine Typgenehmigung gemäß Art. 4 Abs. 1 der "Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (...) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge" (im Folgenden: VO (EG) 715/2007) verfügen. Die zur Erteilung dieser Typgenehmigung durchgeführte Prüfung der Abgasgrenzwerte erfolgt nicht durch Messungen der tatsächlichen Werte während des Regelbetriebes eines Fahrzeugs, sondern in einem europaweit festgelegten einheitlichen Testverfahren, dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), auf einem Prüfstand.
6Im Zusammenhang mit diesem Prüfstandsverfahren kam zunächst im Jahr 2015 ans Licht, dass die von der Beklagten zu 2) und ihren Konzerntöchtern hergestellten Fahrzeuge mit Motoren der Baureihe EA 189 eine spezielle Motorsteuerungssoftware implementiert worden war, welche erkannte, wann ein Fahrzeug das Prüfstandsverfahren durchlief und daraufhin den Schadstoffausstoß durch den Wechsel in einen besonderen Betriebsmodus reduzierte. Hinsichtlich dieser bei den Motoren der EA 189-Baureihe implementierten Software kam das Kraftfahrt-Bundesamt (im Folgenden: KBA) mit Bescheid vom 15.10.2015 zu dem Ergebnis, dass es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele, und erlegte der Beklagten zu 2) deshalb auf, die Software aus allen betroffenen Kfz zu entfernen sowie geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge zu ergreifen. Die Beklagte zu 2) entwickelte daraufhin in der Folgezeit für die betroffenen Fahrzeugtypen jeweils Software-Updates, welche die nach Auffassung des KBA aufgrund der Abschalteinrichtung mit einem technischen Mangel behafteten Fahrzeuge wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand versetzen sollen. Die betroffenen Fahrzeuge wurden sodann seitens der Beklagten zu 2) chargenweise zurückgerufen, um das Software-Update durchführen zu können. Soweit die Eigentümer der Fahrzeuge in Einzelfällen die Durchführung des Software-Updates verweigerten, ist es gerichtsbekannt mittlerweile zu Stilllegungsverfügungen der zuständigen Kfz-Zulassungsämter betreffend diese Fahrzeuge gekommen.
7Der Motor des streitbefangenen Pkw gehört nicht zur Baureihe EA 189, was auch dem Kläger bekannt war. Nachdem jedoch der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt noch auf das bei dem Beklagten zu 1) bestellte Fahrzeug wartete, von dem vorstehend beschriebenen "VW-Abgasskandal" Kenntnis erlangt hatte richtete er mit E-Mail vom 22.09.2015 (Bl. 103 GA) an einen Mitarbeiter des Beklagten zu 1) die Anfrage, ob es möglich sei, dass die derzeit in der Presse besprochene “Schummelei bei den Abgaswerten im Hause VW“ auch auf sein Fahrzeug zutreffen könne und ihm hierdurch Nachteile entstehen könnten. Mit E-Mail vom gleichen Tage antwortete der Mitarbeiter des Beklagten zu 1), dass es sich bei dem Motor in dem von dem Kläger bestellten Fahrzeug nicht um denjenigen handelte, der von dem Abgasskandal betroffen sei; man gehe davon aus, dass es sich VW nicht erlauben könne, die betroffenen Motoren in der aktuellen Produktion weiter zu verwenden.
8Mit weiterer E-Mail vom 22.09.2015 (Bl. 105 GA) wandte sich der Kläger an die Beklagte zu 2) mit der Anfrage, ob das von ihm bestellte Fahrzeug mit einer Software versehen sei, „die über Verbrauchswerte täuscht“, oder ob er einen Neuwagen mit einer korrekt arbeitenden Software erhalte. Da die Beklagte zu 2) diese Anfrage zunächst nicht beantwortete, begehrte der Kläger vor Abnahme des Fahrzeugs von dem Beklagten zu 1) die Unterzeichnung einer vorformulierten schriftlichen Erklärung, derzufolge der Kläger das Fahrzeug, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass es „fehlerhafte Abgaswerte“ aufweise, nur unter Vorbehalt annehme und sich „für den Fall fehlerhafter Abgaswerte“ die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vorbehalte; wegen des genauen Wortlauts wird auf die Ablichtung Bl. 106 GA Bezug genommen. Nachdem sowohl der Kläger als auch der Beklagte zu 1) diese Erklärung mit Datum vom 03.11.2015 unterzeichnet hatten, nahm der Kläger das Fahrzeug am 20.11.2015 entgegen. Mit E-Mail vom 04.12.2015 beantwortete sodann die Beklagte zu 2) die E-Mail des Klägers vom 22.09.2015, und zwar unter anderem mit folgenden Ausführungen (Bl. 107 GA): „Daher möchten wir Ihnen mit diesem Schreiben versichern, dass Ihr Volkswagen Touareg nicht von der Abweichung der Abgaswerte betroffen sind ist.“
9Am 08.12.2017 ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt auch für Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs VW Touareg 3.0 l Diesel Euro 6 einen verpflichtenden Rückruf an. In der Verlautbarung hierzu (Bl. 126 GA) teilte das KBA mit:
10"Bei der Überprüfung des VW Touareg 3,0 l Diesel Euro 6 durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) wurden zwei unzulässige Abschalteinrichtungen nachgewiesen. Im Prüfzugzyklus NEFZ springt bei diesen Fahrzeugen zum einen eine sogenannte schadstoffmindernde Aufwärmstrategie an, die überwiegend im realen Verkehr nicht aktiviert wird. Zum anderen wurde bei Fahrzeugen mit SCR-Katalysator eine Strategie eingesetzt, die die Nutzung von AdBlue unter bestimmten Bedingungen unzulässig einschränkt. Dass KBA hat deshalb am 8. Dezember 2017 einen verpflichtenden Rückruf dieser Fahrzeuge angeordnet, um die Vorschriftsmäßigkeit der produzierten Fahrzeuge wieder herzustellen."
11Der Kläger erfuhr zunächst im Januar 2018 aus der Presse, dass auch in den von ihm erworbenen PKW eine vom KBA als verbotene Abschalteinrichtung eingestufte Software implementiert war. Mit Schreiben aus Februar 2018 (Bl. 125, 125 R GA) informierte die Beklagte zu 2) den Kläger, dass sein Fahrzeug von der Rückrufaktion betroffen sei und teilte ihm mit, dass er sich zur Durchführung eines Software-Updates an einen VW-Vertragspartner wenden möge. Der Kläger hat dieses Software-Update bislang nicht durchführen lassen, zum einen, weil er meint, dass auch nach Durchführung des Updates die Abgasgrenzwerte nicht vorschriftsmäßig eingehalten würden, zum anderen, weil er Folgeschäden für sein Fahrzeug befürchtet.
12Mit anwaltlichen Schreiben vom 31.01.2018 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten zu 1) die Anfechtung seiner Vertragserklärung zum streitgegenständlichen Kaufvertrag sowie den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit anwaltlichen Schreiben vom gleichen Tage an die Beklagten zu 2) und zu 3) forderte er diese zur Schadensersatzleistung im Hinblick auf die in dem Fahrzeug eingebaute Motorsteuerungssoftware erfolglos auf. Die Beklagten wiesen die geltend gemachten Ansprüche zurück. Eine Frist zur Nacherfüllung hat der Kläger den Beklagten zuvor nicht gesetzt.
13Der Kläger erwarb für das streitbefangene Fahrzeug einen Satz Winterreifen zum Preis von 1.846,53 €. Unter dem 29.12.2015 schloss er für das Fahrzeug eine Garantieversicherung zum Preis von 1.872,00 € ab (Bl. 109 GA).
14Der Kläger trägt vor, dass in dem von ihm erworbenen streitgegenständlichen Pkw entsprechend den Feststellungen des Kraftfahrt-Bundesamtes mindestens eine verbotene Abschaltinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 a) der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verwendet werde. Zum einen springe die sogenannte "schadstoffmindernde Aufwärmstrategie" des Fahrzeugs nur im Prüfstandsverfahren an, während im realen Verkehrsbetrieb die entsprechende Schadstoffminderung unterbleibe. Zum anderen werde bei der Motorsteuerung eine Strategie eingesetzt, welche die Schadstoffreduzierung durch die Zuführung von AdBlue - einer beim Betrieb des Motors zugesetzte künstlichen Harnstofflösung - unzulässig einschränke.
15Der Kläger meint, dass der Beklagte zu 1) aufgrund der erklärten Anfechtung sowie auch unter dem Gesichtspunkt der kaufrechtlichen Sachmängelhaftung zur Rückgängigmachung des streitgegenständlichen Kaufvertrages verpflichtet sei. Kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche seien vorliegend auch nicht verjährt: In der ergänzenden Vereinbarung vom 03.11.2015 sei ein Garantievertrag zu sehen, welcher der Regelverjährung gemäß § 195 BGB unterliege. Im Übrigen habe der Beklagte zu 1) dem Kläger den dem Fahrzeug anhaftenden Mangel auch arglistig, nämlich bedingt vorsätzlich, verschwiegen. Der Setzung einer Nachfrist zur Mängelbeseitigung habe es vorliegend nicht bedurft, da die Durchführung des Software-Updates, die allein als Mängelbeseitigung angeboten werde, ihm sowohl wegen arglistigen Verhaltens des Beklagten zu 1) als auch deshalb nicht zumutbar sei, weil das Software-Update nicht dazu geeignet sei, den vorhandenen Mangel vollumfänglich, insbesondere ohne verbleibenden merkantilen Minderwert des Fahrzeugs, zu beseitigen.
16Der Kläger behauptet, dass die Beklagte zu 2) den streitgegenständlichen Motor in das von ihr hergestellte Fahrzeug eingebaut und mit diesem in den Verkehr gebracht habe. Der Vorstand der Beklagten zu 2) sei seit dem Zeitpunkt der ersten Lieferung der betroffenen Motoren, spätestens jedoch mit Bekanntwerden des Abgasskandals um den Motorentyp EA 189, darüber im Bilde gewesen, dass in dem Motor eine verbotene Abschalteinrichtung verwendet werde, und habe dies billigend in Kauf genommen. Es habe letztlich keine legalen Abgasverminderungssysteme gegeben, mit denen die Beklagte zu 2) in der Lage gewesen wäre, die Stickoxidgrenzwerte einzuhalten.
17Der Kläger trägt weiter vor, dass die Beklagte zu 3) den streitgegenständlichen Motor, dessen Steuerungssoftware und das streitgegenständliche Fahrzeug mit Wissen und Wollen ihres Vorstandes hergestellt und in Verkehr gebracht habe. Die Beklagte zu 3) habe den streitgegenständlichen Motor hergestellt und zur weiteren Verwendung an die Beklagte zu 2) geliefert; dabei sei auch der Vorstand der Beklagten zu 3) insbesondere über die Art und Weise, wie die Abgasreinigung im streitgegenständlichen Fahrzeugtyp funktionieren solle, informiert gewesen.
18Schließlich behauptet der Kläger, dass für den streitgegenständliche PKW von einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 500.000 km auszugehen sei.
19Zu dem ergänzend gestellten Feststellungsantrag trägt der Kläger vor, dass er an der begehrten Feststellung ein berechtigtes Interesse habe, dies im Hinblick auf mögliche künftige Schäden, die infolge der Abschalteinrichtungen oder des Entfernens derselben an dem streitgegenständlichen Fahrzeug entstehen könnten, insbesondere einer Beeinträchtigung der Lebensdauer einzelner Fahrzeugkomponenten.
20Der Kläger beantragt,
211.,
22die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 66.640,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2018, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeuges VW Touareg Edition, 3.0 l V-6 TDI, FIN: #####, abzüglich der Zahlung einer Nutzungsentschädigung in EUR pro gefahrenem km seit dem 20.11.2015 (Laufleistung zum Zeitpunkt des Kaufvertrages: 0 km), die sich nach folgender Formel berechnet:
23(66.640,00 EUR x gefahrene Kilometer) : 500.000 km
24zu zahlen;
252.,
26die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 3.718,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2018 zu zahlen,
273.,
28die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.954,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2018 zu zahlen,
294.,
30festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Rücknahme des Pkw's des Klägers, VW Touareg Edition, 3.0 l V-6 TDI, FIN: #####, in Annahmeverzug befinden,
315.,
32festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, an den Kläger Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus der Ausstattung des Fahrzeuges VW Touareg Edition, 3.0 l V-6 TDI, FIN: #####, mit der manipulierenden Motorsoftware resultieren.
33Die Beklagten beantragen,
34die Klage abzuweisen.
35Der Beklagte zu 1) erhebt die Einrede der Verjährung. Darüber hinaus trägt er vor, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mangelfrei sei, da es in dem allein maßgeblichen Verfahren des NEFZ die vorgegebenen Stickstoffgrenzwerte einhalte. Auf den Schadstoffausstoß im realen Fahrbetrieb komme es nach den gesetzlichen Vorgaben nicht an. Soweit derzeit auf Anordnung des KBA für Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs eine Aktualisierung der Motorsoftware durch Installation eines Software-Updates vorgenommen werde, könne der Kläger diese Maßnahme jederzeit kostenfrei durchführen lassen; das KBA habe in der Freigabebestätigung betreffend diese Software ausdrücklich bestätigt, dass die Maßnahme nicht zu negativen Auswirkungen im Hinblick auf Kraftstoffverbrauchswerte, CO2-Immissionswerte, Motorleistung, Drehmoment, Geräuschimmissionen und Dauerhaltbarkeit der emissionsmindernden Einrichtungen führe, sowie dass nach Durchführung des Software-Updates alle geltenden Grenzwerte bezüglich der Schadstoffimmissionen sowie die sonstigen Anforderungen eingehalten würden.
36Der Beklagte zu 1) trägt weiter vor, dass er den Kläger in keinerlei Hinsicht getäuscht habe; als freier Händler habe auch er nur auf die öffentlichen Stellungnahmen des Fahrzeugherstellers zurückgreifen können, von den von den Manipulationen des Herstellers habe er keinerlei Kenntnis gehabt und insbesondere auch gegenüber dem Kläger nicht mit Täuschungsvorsatz gehandelt. Er habe auch mit dem Kläger nicht eine bestimmte Beschaffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs vereinbart. Der schriftlichen Erklärung vom 03.11.2015 sei doch gerade zu entnehmen, dass der Kläger schon selbst damit gerechnet habe, dass das Fahrzeug fehlerhafte Abgaswerte aufweisen würde; eine Beschaffenheitsvereinbarung sei deshalb nicht getroffen worden. Zudem fehle es an der für einen wirksamen Rücktritt vom Kaufvertrag erforderlichen Nachfristsetzung zur Mängelbeseitigung.
37Die Beklagte zu 2) trägt vor, dass sie den streitgegenständlichen Motor nicht hergestellt habe, weshalb sie für eine etwaige Fehlerhaftigkeit dieses Motors auch nicht einstehen müsse. Zudem habe der Kläger das Fahrzeug als Reimport aus Finnland erworben; der Pkw sei folglich für den Verkauf im Ausland bestimmt gewesen, weshalb der Kläger schon nicht zum Adressatenkreis einer etwaigen Täuschung im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs gehöre. Zudem sei eine etwaige Täuschung nicht kausal für den Kaufentschluss des Klägers gewesen und ein Schaden sei dem Kläger ebenfalls nicht entstanden.
38Der in das Fahrzeug implementierte und vom KBA als unzulässige Abschalteinrichtung beurteilte sogenannte "Warmlauf-Modus" des SCR-Katalysators habe mit dem Regelbetrieb des Fahrzeugs nichts zu tun; es handele sich allerdings auch nicht um einen alternativen Betriebsmodus für den Motor im Prüfstandsbetrieb. Der Warmlauf-Modus verfolge lediglich den Zweck, dass sich der SCR-Katalysator nach einem Kaltstart des Fahrzeugs schneller aufheize, damit die Stickstoffemissionen auch bereits in den ersten Betriebsminuten nach einem Kaltstart effizient reduziert würden. Auch die ebenfalls vom KBA als unzulässige Abschalteinrichtung eingestufte optimierte Dosierungsstrategie betreffend die Zuführung von AdBlue beim Betrieb des Motors verfolge lediglich das Ziel, ein rechtzeitiges Nachtanken und eine jederzeitige ausreichende Versorgung des Fahrzeugs mit AdBlue sicherzustellen. Man habe deshalb die optimierte Dosierungsstrategie implementiert, um sicherzustellen, dass dem Fahrzeugführer rechtzeitig – nämlich bei einer noch verbleibenden Fahrstrecke von 2.400 km – angezeigt werde, dass er AdBlue nachtanken müsse.
39Soweit das KBA diese Einzelheiten der Motorsteuerungssoftware beanstandet habe, habe es das von der Beklagten zu 2) entwickelte Software-Update für den streitgegenständlichen Fahrzeug-Typ zwischenzeitlich freigegeben. Der Kläger könne diese Maßnahme jederzeit kostenfrei durchführen lassen; das KBA habe in der Freigabebestätigung ausdrücklich bestätigt, dass die Maßnahme nicht zu negativen Auswirkungen im Hinblick auf Kraftstoffverbrauchswerte, CO2-Immissionswerte, Motorleistung, Drehmoment, Geräuschimmissionen und Dauerhaltbarkeit der emissionsmindernden Einrichtungen führe, sowie dass nach Durchführung des Software-Updates alle geltenden Grenzwerte bezüglich der Schadstoffimmissionen sowie die sonstigen Anforderungen eingehalten würden.
40Die Beklagte zu 2) trägt weiter vor, dass sie den Kläger nicht getäuscht habe. Das Fahrzeug verfüge über alle erforderlichen Genehmigungen und halte im allein maßgeblichen Prüfstandsverfahren auch die Abgasgrenzwerte ein; dass die Abgaswerte in der täglichen Fahrpraxis höher seien als im Prüfstandsverfahren, sei allgemein bekannt und gebe keinen Anlass zu Beanstandungen.
41Ein Schaden sei dem Kläger ohnehin nicht entstanden: Das Fahrzeug sei technisch einwandfrei, verfüge über alle erforderlichen Genehmigungen und das Verbleiben eines merkantilen Minderwerts sei ebenfalls nicht zu erwarten.
42Zudem habe der Kläger nicht substantiiert vorgetragen, dass Personen, deren Kenntnisse der Beklagten zu 2) zuzurechnen wären, mit Vorsatz hinsichtlich einer Täuschung oder eines Schadens des Klägers gehandelt hätten. Erst recht fehle es an einer Sittenwidrigkeit des Handelns der Beklagten zu 2).
43Die Beklagte zu 3) meint, dass sie keine taugliche Anspruchsgegnerin für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche sei, da sie weder Herstellerin noch Verkäuferin des streitgegenständlichen Fahrzeugs sei und es auch zu keiner Zeit einen direkten Kontakt zwischen ihr und dem Kläger gegeben habe. Ein den Kläger täuschendes, erst recht sittenwidriges Verhalten der Beklagten zu 3) dem Kläger gegenüber sei mithin unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gegeben, zumal das streitgegenständliche Fahrzeug - was als solches unstreitig ist - auch nicht über die bei den Motoren der Baureihe EA 189 verwendete Umschaltlogik verfüge.
44Dem Kläger könne auch ein ersatzfähiger Schaden nicht entstanden sein, da das streitgegenständliche Fahrzeug stets technisch sicher und fahrbereit gewesen sei, zudem verfüge es nach wie vor über die erforderliche EG-Typengenehmigung und die Einstufung in die Abgasnorm EU 6. Soweit die Beklagte auf Anordnung des KBA für Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs eine Aktualisierung der Motorsoftware durch Installation eines Software-Updates vornehme, könne der Kläger diese Maßnahme jederzeit kostenfrei durchführen lassen; das KBA habe in der Freigabebestätigung betreffend diese Software ausdrücklich bestätigt, dass diese Maßnahme nicht zu negativen Auswirkungen im Hinblick auf Kraftstoffverbrauchswerte, CO2-Immissionswerte, Motorleistung, Drehmoment, Geräuschimmissionen und Dauerhaltbarkeit der emissionsmindernden Einrichtungen führe, sowie dass nach Durchführung des Software-Updates alle geltenden Grenzwerte bezüglich der Schadstoffimmissionen sowie die sonstigen Anforderungen eingehalten würden.
45Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
46E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
47Die Klage ist zulässig und in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang - nämlich im Wesentlichen gegen die Beklagte zu 2) - auch begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
48Der Kläger hat zunächst gegen die Beklagte zu 2) unter dem Gesichtspunkt einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB einen Anspruch auf Erstattung des für den streitgegenständlichen Pkw gezahlten Kaufpreises, abzüglich einer Entschädigung für die zwischenzeitlich gezogenen Nutzungen, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs. Im Einzelnen:
49Der Kläger hat durch ein Verhalten der Beklagten zu 2), nämlich durch die vorsätzliche Inverkehrbringung des wegen der - ebenfalls vorsätzlichen - Implementierung zweier unzulässiger Abschalteinrichtungen in die Motorsteuerungssoftware technisch mangelbehafteten streitgegenständlichen Pkw, einen Schaden erlitten. Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB ist nicht nur die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter oder eine nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses (BGH, Urteil vom 19.07.2004, Az. II zR 402/02, juris Rz. 41; LG Offenburg, Urteil vom 12.05.2017, Az. 6 O 119/16, juris Rz. 28). Es genügt jede Schadenszufügung im weitesten Sinne, also jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage in ihrer Gesamtheit. Nach dem subjektbezogenen Schadensbegriff stellt auch der Abschluss eines Geschäfts, welches nicht den Zielen des Geschädigten entspricht, einen Schaden im Rahmen des § 826 BGB dar, ohne dass es darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt (so auch LG Offenburg a. a. O.).
50Der Kläger hat einen von der Beklagten hergestellten Pkw erworben, welcher in einem bedeutsamen Gesichtspunkt anders beschaffen war, als ein vernünftiger Durchschnittskäufer dies erwarten durfte. Ein vernünftiger Durchschnittskäufer darf nämlich davon ausgehen, dass ein von ihm erworbener PKW entweder zu Recht zugelassen oder zulassungsfähig ist. Hierzu gehört, dass der Hersteller die für das Fahrzeug erforderliche Typgenehmigung nicht durch Täuschung erwirkt hat. Das gilt auch, wenn der Käufer sich bis zum Bekanntwerden einer solchen Täuschung keine konkreten Vorstellungen von den technischen Einrichtungen und den rechtlichen Voraussetzungen für die Typgenehmigung gemacht hat (so auch OLG Köln, Beschluss vom 20.12.2017, Az. 18 U 112/17, juris Rz. 36, 38). Die von der Beklagten in das streitgegenständliche Fahrzeug implementierte Motorsteuerungssoftware beinhaltet gleich in zweifacher Hinsicht nach der zutreffenden und von der erkennenden Kammer geteilten Beurteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes eine verbotene Abschalteinrichtung gemäß Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007, nämlich zum einen in Form des sogenannten „Warmlauf-Modus“, der vordergründig für eine effizientere Reduzierung der Stickstoffemissionen des Pkw auch bei geringer Betriebstemperatur sorgen soll, jedoch nach den Feststellungen des KBA im Wesentlichen nur beim Durchlaufen des Prüfstandsverfahrens des NEFZ anspringt, im realen Verkehr hingegen überwiegend nicht aktiviert wird, zum anderen in Form der Dosierungsstrategie des zugesetzten AdBlue, die vordergründig der Einhaltung der Anforderungen der Euro 6 - Norm[1] dienen soll, nach den Feststellungen des KBA jedoch im Ergebnis die Nutzung von AdBlue in unzulässiger Weise einschränkt, mit entsprechender Verminderung von dessen schadstoffmindernder Wirkung.
51Die Kammer legt insoweit ihrer Entscheidungsfindung die Beurteilung der Motorsteuerungssoftware durch das Kraftfahrt-Bundesamt als unzulässige Abschalteinrichtung als zutreffend zugrunde, ohne sich insoweit zur Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens gehalten zu sehen, dies aus folgenden Gründen:
52Bereits anlässlich des eingangs dieses Urteils beschriebenen, im September 2015 zutage getretenen sogenannten „VW-Abgasskandals“ betreffend die Motoren der Baureihe EA 189 war sowohl für die Beklagte zu 2) als Herstellerin der betroffenen Fahrzeuge als auch für das Kraftfahrt-Bundesamt ersichtlich, dass die Bejahung des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung zu ganz erheblichen Konsequenzen sowohl für den Leumund des Konzerns der Beklagten zu 2) als auch - insbesondere - für Millionen von Fahrzeugeigentümern führen würde. Entsprechend darf davon ausgegangen werden, dass das KBA sich über die weitreichenden Konsequenzen der Bejahung des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung vor der Verlautbarung entsprechender verpflichtender Rückrufe vollumfänglich im Klaren war und die Bewertung der Software als unzulässige Abschalteinrichtung nur in solchen Fällen getroffen hat, in denen dies unausweichlich war. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass ein Kraftfahrzeughersteller, der sich verbotener Abschalteinrichtungen bedient, diese in der Regel nicht - wie bei den EA 189-Motoren - so ausgestalten wird, dass sie ersichtlich betrügerischen Zwecken dienen, sondern in der Regel - wie vorliegend - Steuerungsstrategien implementieren wird, die vordergründig legitimen Zwecken dienen, tatsächlich jedoch die Funktion einer unzulässigen Abschalteinrichtung erfüllen.
53Wenn die Beklagte zu 2) die Einschätzung des Kraftfahrt-Bundesamts als einer Bundesbehörde, deren hoheitliche Akte jederzeit gerichtlicher Überprüfung zugänglich sind, als fehlerhaft oder zumindest angreifbar beurteilt hätte, hätte sie als Adressatin des Hoheitsaktes die Möglichkeit gehabt, diesen gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls aufheben zu lassen. Hiervon hat die Beklagte zu 2) indes keinen Gebrauch gemacht - nach Angabe ihres Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung möglicherweise mit Blick auf die gesteigerte mediale Aufmerksamkeit, der sie sich seit Bekanntwerden des sog. Abgasskandals ausgesetzt sieht. Die Konsequenzen der nunmehr bestandskräftigen Einschätzung und Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes treffen jedoch nunmehr – was für die Beklagte zu 2) als selbstverständliche Konsequenz von vorneherein erkennbar war und von ihr entsprechend wissentlich in Kauf genommen wurde – nicht diese selbst, sondern die Käufer der von ihr in großer Zahl hergestellten und mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehenen Pkws. Insoweit erachtet es die Kammer als ein Gebot von Treu und Glauben, dass die Beklagte zu 2), wenn sie die ihr mögliche gerichtliche Überprüfung der verpflichtenden Rückrufanordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes unterlässt und die entsprechenden Hoheitsakte bestandskräftig werden lässt, dann auch im Rechtsstreit mit den Millionen Käufern ihrer Produkte, die die Folgen dieser Entscheidung zu tragen haben, an die Bestandskraft der von ihr nicht angegriffenen behördlichen Beurteilung gebunden bleibt.
54Darüber hinaus hat die Beklagte zu 2) zwar im Rechtsstreit dargelegt, welche (vordergründigen) Zwecke die vom Kraftfahrt-Bundesamt als unzulässige Abschalteinrichtungen beurteilten Motorsteuerungsstrategien verfolgen; daraus folgt allerdings noch nicht - und hierzu hat die Beklagte zu 2) auch nichts weiter dargelegt - dass es sich nicht darüber hinaus, wie vom Kraftfahrt-Bundesamt zutreffend erkannt, um unzulässige Abschalteinrichtungen handelt, die letztlich, wenn auch auf technisch andere Weise, den gleichen Zwecken dienen wie die in die EA 189-Motoren eingebaute Umschaltlogik.
55Das Vorhandensein der nach alledem vom Kraftfahrt-Bundesamt zu Recht als solchen eingestuften unzulässigen Abschalteinrichtungen in dem streitgegenständlichen Pkw begründet eine technische Mangelhaftigkeit des von dem Kläger erworbenen Fahrzeugs mit potentieller Gefahr seiner Stilllegung, was als Schaden im Sinne des § 826 BGB vollkommen ausreicht. Zudem entsprechen die Schadstoffimmissionen des Fahrzeugs nicht jenen, die der Kläger aufgrund der gesetzlichen Grenzwerte und des erfolgreichen Durchlaufens des NEFZ-Prüfstandsverfahrens erwarten durfte. Zwar trifft der Einwand der Beklagten zu, dass allgemein bekannt ist, dass die auf dem Prüfstand ermittelten Abgaswerte im realen Straßenverkehrsbetrieb regelmäßig nicht erreicht werden. Allerdings dürfen die Käufer von Kraftfahrzeugen berechtigterweise erwarten, dass diese übliche Abweichung nicht durch den Einsatz einer Manipulationssoftware noch vergrößert wird (so auch LG Offenburg, Urteil vom 12.05.2017, Az. 6 O 119/16, juris Rz. 32). Die schädigende Handlung der Beklagten lag hier gerade darin, dass sie die Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs in einem Zustand hergestellt und auf den Markt und an ihre Kunden gebracht hat, in welchem durch die eingebaute unzulässige Abschalteinrichtung dem Prüfstandsverfahren die Aussagekraft in Bezug auf den realen Fahrbetrieb des Fahrzeugs genommen wurde und damit die ohnehin durch die Beschränkung auf die Prüfstandswerte nur eingeschränkte staatliche Kontrolle der Abgasgrenzwerte ihre Wirksamkeit vollends verloren hat (ähnlich - für die EA 189-Motoren - LG Aachen, Urteil v. 07.07.2017, Az. 8 O 12/16, zitiert nach: juris Rz. 29; LG Osnabrück, Urteil v. 09.05.2017, Az. 1 O 29/17, zitiert nach: juris Rz. 42; LG Arnsberg, Urteil v. 14.06.2017, Az. 1 O 25/17, zitiert nach: juris Rz. 22; jeweils m. w. N.).
56Dieses Ergebnis ist auch nicht unter Schutzzweckgesichtspunkten zu korrigieren (so auch LG Offenburg a. a. O., Rz. 38 ff.). Die im Rahmen des §§ 826 BGB verletzte Verhaltensnorm, in deren Schutzzweckzusammenhang der Schaden fallen muss, um zurechenbar zu sein, ist hier nicht nur die öffentlich-rechtliche Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 VO (EG) 715/2007, die möglicherweise nicht dem Individualschutz dient, sondern die Anforderung an einen Fahrzeug- und Motorenhersteller, nur solche Fahrzeuge herzustellen und in Verkehr zu bringen, deren Betriebsgenehmigung er nicht durch Täuschung erwirkt hat und die nicht aufgrund einer solchen Täuschung technisch und rechtlich mängelbehaftet und von der Gefahr einer Stilllegung bedroht sind. Bereits der Erwerb eines solchen Fahrzeugs stellt für den Kunden - hier den Kläger - einen Schaden dar, der der Beklagten vollumfänglich zuzurechnen ist.
57Die Frage, ob dem Kläger angesonnen werden kann, zur Behebung oder Minderung dieses Schadens, der ihm bereits durch den Erwerb des technisch mangelbehafteten Fahrzeugs entstanden ist, das von der Beklagten zu 2) angebotene Software-Update durchzuführen, ändert nichts an der rechtlichen Bewertung, dass dem Kläger zunächst einmal durch das Verhalten der Beklagten zu 2) ein Schaden entstanden ist. Die Durchführung eines Software-Updates stellt demgegenüber eine nachträgliche Schadensbehebungs- oder Schadensminderungsmaßnahme dar, zu deren Durchführung der Kläger allenfalls wegen der ihn treffenden Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB gehalten sein könnte - was indes, wie noch auszuführen sein wird, nicht der Fall ist.
58Das schädigende Verhalten der Beklagten zu 2) ist auch als sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB zu beurteilen. Denn die Beklagte zu 2) hat in großem Umfang vorsätzlich gesetzliche Umweltschutzvorschriften ausgehebelt und zugleich ihre Kunden getäuscht und geschädigt. Sie hat dabei nicht nur gesetzliche Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit den unzulässigen Abschalteinrichtungen zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden und den Verbrauchern geschaffen, welches sich mit Blick auf die erheblichen Folgen einerseits für die Fahrzeugeigentümer, die sich drohenden Stillegungsverfügungen, verpflichtenden Rückrufaktionen und Software-Updates, und einem - sich mittlerweile auch sichtbar auf dem Kfz-Markt abzeichnenden - rapiden Wertverfall ihrer Dieselfahrzeuge ausgesetzt sehen, andererseits für die Allgemeinheit, die aufgrund der millionenfachen Verkehrsteilnahme von Dieselfahrzeugen, die höhere Abgasemissionen ausstoßen als nach dem Einhalten der Schadstoffnormen auf dem Prüfstand zu erwarten war, erhöhter Umweltbelastung und drohenden Fahrverboten in stark belasteten Innenstadtzonen ausgesetzt ist, als sittenwidrig zu beurteilen ist. Zudem gilt der Grundsatz, dass eine bewusste Täuschung zur Herbeiführung eines Vertragsschlusses regelmäßig bereits den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründet (BGH, Urteil vom 28.06.2016, Az. I ZR 536/15, juris Rz. 17; LG Offenburg a. a. O.) und im vorliegenden Fall liegt eine solche zudem auch in der wahrheitswidrigen Angabe der Beklagten zu 2) im Schreiben vom 04.12.2015 an den Kläger, dass das von ihm erworbene Fahrzeug nicht von der Abweichung der Abgaswerte betroffen sei.
59Das gegen die guten Sitten verstoßende Verhalten der Beklagten zu 2) hat den Schaden des Klägers auch kausal und zurechenbar ausgelöst. Denn die durch die Beklagte zu 2) manipulierten Werte des Prüfstandsverfahrens zur Untersuchung der Abgaswerte haben neben dem Bezug zur Umweltverträglichkeit auch Einfluss auf die Zulassung, bzw. Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs. Insoweit ist bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Gesetzmäßigkeit und Zulassungsfähigkeit eines Fahrzeugs für die Kaufentscheidung eines potentiellen Käufers von wesentlicher Bedeutung ist, ohne dass es darauf ankommt, ob der Käufer konkrete Vorstellungen über die für die Zulassung und Zulassungsfähigkeit im Einzelnen erforderlichen technischen Einrichtungen, rechtlichen Voraussetzungen und Zulassungs- bzw. Genehmigungsverfahren macht. Denn ein Fahrzeugkäufer darf auch ohne solche detaillierten Vorstellungen davon ausgehen, dass ein von ihm für den Inlandsbetrieb erworbener Pkw eines namhaften Herstellers entweder zu Recht zugelassen oder zulassungsfähig ist (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 20.12.2017, Az. 18 U 112/17, zitiert nach juris Rz. 36 ff.; ähnlich auch LG Arnsberg, Urteil vom 14.06.2017, Az. 1 O 25/17, juris Rz. 53). Da eine Täuschung in dem für den erlaubten Betrieb und die Zulassung des Fahrzeugs bedeutsamen Bereich sowohl die Allgemeine Betriebserlaubnis des Fahrzeugs gefährdet als auch erhebliche Einbußen des Verkehrswerts zur Folge haben kann, ist bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn er von der Manipulation gewusst hätte. Die Kammer teilt insoweit die Beurteilung des LG Hildesheim, dass „kein verständiger Kunde ein Fahrzeug mit dieser Motorsteuerungssoftware erwerben würde, wenn die Beklagte ihn vor dem Kauf darauf hinweisen würde, dass die Software nicht gesetzeskonform sei und er deshalb jedenfalls mit Problemen für den Fall der Entdeckung der Manipulation durch das KBA rechnen müsse.“ (LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017, Az. 3 O 139/16, juris, Rz. 31).
60Die Beklagte zu 2) hat auch sämtliche vorbeschriebenen Merkmale der Schadenszufügung im Sinne des § 826 BGB in ihrer Person verwirklicht. Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB setzt voraus, dass einer ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektien Tatbestand dieser Anspruchsgrundlage verwirklicht hat (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2016, Az. VI ZR 536/15, juris Rz. 13). Dabei zählen allerdings zu den verfassungsmäßig berufenen Vertretern einer Gesellschaft im Sinne des § 31 BGB entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur die satzungs- oder gesetzmäßigen Organe einer juristischen Person, wie etwa Vorstandsvorsitzende und Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, sondern alle Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Personen zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind und die die juristische Person insoweit repräsentieren. Es ist weder erforderlich, dass die Tätigkeit des verfassungsmäßig berufenen Vertreters satzungs- oder gesetzmäßig vorgesehen ist, noch muss er rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht für das Unternehmen besitzen. Der personelle Anwendungsbereich des § 31 BGB deckt sich damit in etwa mit dem Begriff des leitenden Angestellten im arbeitsrechtlichen Sinne (Palandt/Ellenberger, § 31 Rz. 6).
61Es ist der Entscheidung gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zugrunde zu legen, dass leitende Mitarbeiter der Beklagten zu 2) mit Organstellung im Sinne des § 31 BGB Kenntnis von dem Einbau der Manipulationssoftware gehabt haben. Denn die Beklagte zu 2) ist dem diesbezüglichen, hinreichend substantiierten Vortrag des Klägers ihrerseits nicht substantiiert entgegengetreten. Der Kläger hat eine der Beklagten zu 2) zurechenbare Kenntnis ihrer leitenden Organe um die Funktionsweise sowie die Eigenschaften der in ihre Fahrzeuge eingebauten Dieselmotoren hinreichend substantiiert behauptet. Hiernach oblag es der Beklagten zu 2), ihrerseits darzulegen, welche Personen in ihrem Unternehmen Kenntnis von der Software hatten, bzw. wie es ggfs. möglich war, dass der millionenfache und kostenintensive Einbau der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware in ihrem gesamten Unternehmensgeflecht nicht einem einzigen leitenden Mitarbeiter, dessen Position im Unternehmen ausreichen würde, um ihn als verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten zu 2) im Sinne des § 31 BGB einzustufen, bekannt gewesen sein soll. Wie der Kläger zutreffend vorträgt, ist dies angesichts der systematischen und flächendeckenden Implementation der Software kaum vorstellbar und die Beklagte zu 2) hat auch diesbezüglich keinen konkreten Vortrag gehalten.
62In subjektiver Hinsicht ist es im Rahmen des § 826 BGB nicht erforderlich, dass der Schädiger selbst zur Bewertung seines Tuns als sittenwidrig gelangt, es genügt die Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände. Eine solche Kenntnis der Beklagten zu 2) ist - wie dargelegt - zu bejahen. Die Beklagte zu 2) handelte auch mit Schädigungsvorsatz im Sinne des § 826 BGB. Insoweit muss der Schädiger nicht im Einzelnen wissen, wer der durch sein Verhalten Geschädigte sein wird. Er muss nur die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden anderer auswirken könnte, und die Art des möglichen Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen haben (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004, Az. II ZR 402/02, juris Rz. 47; LG Offenburg, Urteil vom 12.05.2017, Az. 6 O 119/16, juris Rz. 48). Für die beteiligten Organe der Beklagten zu 2) im Sinne des § 31 BGB war aufgrund ihrer Kenntnis von der Implementation der Motorsteuerungssoftware mit den unzulässigen Abschalteinrichtungen offensichtlich, dass die Kunden der Beklagten zu 2) künftig Fahrzeuge erwerben würden, welche ihren berechtigten Erwartungen an den gesetzeskonformen Erwerb der Typgenehmigung und die technische Mangelfreiheit nicht entsprachen und ihnen deshalb einen Schaden im Sinne des § 826 BGB zufügten.
63Da - wie erörtert - alle Anspruchsmerkmale des § 826 BGB verwirklicht sind, hat der Kläger gegen die Beklagte zu 2) aus dieser Norm in Verbindung mit § 249 BGB einen Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens, der hier auf Rückabwicklung des streitgegenständlichen Kaufvertrages gerichtet ist, da der Kläger, wenn er von der Täuschung gewusst hätte, den streitgegenständlichen Pkw nicht erworben hätte. Der Kläger muss sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 BGB darauf einlassen, das von der Beklagten zu 2) entwickelte Software-Update durchzuführen, weil zum einen nicht auszuschließen ist, dass die Durchführung des Software-Updates zu nachteiligen Folgen für die Lebensdauer des streitgegenständlichen Pkw führen wird, vor allem aber davon auszugehen ist, dass dem
64dem Fahrzeug allein wegen der Betroffenheit von dem VW-Abgasskandal ein merkantiler Minderwert verbleiben wird. Im Einzelnen:
65Der Kläger hegt zunächst berechtigterweise die Befürchtung, dass das von der Beklagten zu 2) angebotene Software-Update den vorhandenen technischen Mangel des streitgegenständlichen Pkw entweder nicht dauerhaft beheben oder aber wieder zu neuen Problemen führen wird: Diese berechtigten Zweifel ergeben sich bereits daraus, dass es der Beklagten zu 2) offenbar seit mehr als 10 Jahren nicht gelungen ist, Dieselfahrzeuge herzustellen, die - ohne Manipulationen - einerseits die Abgasgrenzwerte wenigstens im Prüfstandsverfahren einhalten und andererseits die am Markt erwünschte und beworbene Leistung bringen, während sie nunmehr geltend macht, dass ihr kurz nach Bekanntwerden der Manipulationen die Lösung dieses Problems mittels eines einzigen Software-Updates - ohne die Notwendigkeit von Hardware-Nachrüstungen, ohne erneute Unterwanderung der Aussagekraft der Prüfstandswerte und ohne jegliche nachteilige Folgen im Hinblick auf Kraftstoffverbrauchswerte, CO2-Immissionswerte, Motorleistung, Drehmoment, Geräuschimmissionen und Dauerhaltbarkeit der emissionsmindernden Einrichtungen und das zudem für sämtliche betroffenen Fahrzeugtypen - gelungen sei. Zumindest über mögliche nachteilige Folgen für die Dauerhaltbarkeit des Motors oder sonstiger Fahrzeugkomponenten jenseits der emissionsmindernden Einrichtungen verhält sich auch die Freigabebescheinigung des KBA nicht, weil solche Folgen gar nicht Gegenstand der Prüfung durch das KBA sind. Zudem handelt es sich um langfristige Prozesse, die sich erst im Laufe der Zeit erweisen werden. Schon diese naturgemäß prognostische Natur sämtlicher Angaben der Beklagten zu 2) betreffend mögliche Auswirkungen des Software-Updates auf die Dauerhaltbarkeit und/oder den Verschleiß einzelner Komponenten des Fahrzeugs berechtigt aus Kundensicht zu Zweifeln, die noch verstärkt werden, durch die "naheliegende Frage, warum die Beklagte (...) die jetzt beabsichtigten technischen Lösungen nicht von vornherein implementiert hat" (LG Arnsberg a. a. O., Rz. 35), sondern zu einer Manipulationssoftware greifen musste. Die von dem Kläger geäußerten Bedenken hinsichtlich möglicher negativer Folgewirkungen des Software-Updates sind also berechtigt, weshalb der Kläger sich auf das Update nicht einlassen muss - zumal sich im Ernstfall auch kaum beweisen lassen wird, dass ein etwaiger frühzeitiger Verschleiß des Motors, der Feinstaubpartikelfilter oder sonstiger Fahrzeugkomponenten auf das Software-Update zurückzuführen ist, weshalb ein solcher Schaden voraussichtlich ersatzlos bei dem Käufer verbleiben wird.
66Schließlich ist dem Kläger die Durchführung des Software-Updates auch deshalb nicht zumutbar, weil er zu Recht befürchtet, dass dem Fahrzeug auch nach Durchführung des Software-Updates allein wegen der Betroffenheit von dem Abgasskandal und der Veränderung des Originalzustandes durch das Update mit der Gefahr von Folgeproblemen ein merkantiler Minderwert verbleiben wird (vgl. hierzu auch OLG Köln, Beschluss v. 20.12.2017, Az. 18 U 112/17, juris Rz. 48).
67Auf den im Wege des Schadensersatzes Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu erstattenden Kaufpreis muss der Kläger sich im Wege des Vorteilsausgleichs den Geldwert der zwischenzeitlichen Nutzung des Pkw nach der üblichen Formel
68gefahrene Kilometer x Bruttokaufpreis
69voraussichtliche Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs
70anrechnen lassen.
71Auf dieser Basis schätzt die Kammer im vorliegenden Fall - ausgehend von einem unstreitigen Kilometerstand Null bei Übergabe des Neufahrzeugs sowie von einer geschätzten voraussichtlichen Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Pkw von 250.000 km (so auch LG Aachen, Urteil v. 07.07.2017, Az. 8 O 12/16, zitiert nach: juris Rz. 38, m. w. N.) - die von dem Kläger für die Zeit bis zur Durchführung der Rückübereignung zu leistende Nutzungsentschädigung auf
72gefahrene Kilometer x 66.640,00 € = 0,266 €/km.
73250.000 km
74Zu dem nach dem Vorstehenden von der Beklagten gemäß §§ 826, 249 ff. BGB zu ersetzenden Schaden gehört auch der Ersatz der mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten, jetzt nutzlosen Aufwendungen des Klägers in Höhe von insgesamt 3.718,53 € für Winterreifen und Garantieversicherung.
75Darüber hinaus hat der Kläger gegen die Beklagte zu 2) auch Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten (Klageantrag zu 3)) nach einem Gegenstandswert von 70.358,53 € in geltend gemachter Höhe unter dem Gesichtspunkt der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.
76Zu entsprechen war zudem dem Klageantrag zu 4) auf Feststellung, dass sich die Beklagte zu 2) mit der Rücknahme des streitbefangenen Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet; der Annahmeverzug ist gemäß § 293 BGB aufgrund des erfolglosen vorgerichtlichen Angebots des Klägers zur Durchführung der Rückabwicklung eingetreten.
77Unbegründet war hingegen der mit dem Klageantrag zu 5) geltend gemachte weitere Feststellungsantrag, der auf eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2) hinsichtlich solcher Schäden gerichtet war, die nach der Befürchtung des Klägers künftig noch infolge des Vorhandenseins der unzulässigen Abschalteinrichtungen oder infolge der Entfernung derselben durch das Software-Update entstehen können. Da das Rückabwicklungsbegehren des Klägers begründet ist, treffen solche Schäden, so sie denn in Zukunft entstehen, nicht mehr den Kläger, sondern die Beklagte zu 2), welche dann die Eigentümerin des streitbefangenen Fahrzeugs ist.
78Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB.
79Unbegründet ist die gegen den Beklagten zu 1) erhobene Klage, da die von diesem erhobene Einrede der Verjährung durchgreift. Sämtliche denkbaren kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche gegen den Beklagten zu 1) – auch aus einer etwaigen Beschaffenheitsvereinbarung – sind gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB mit Ablauf des 31.12.2017 verjährt. Für ein arglistiges Verhalten des Beklagten zu 1) ist entgegen der Auffassung des Klägers hier nichts ersichtlich, vielmehr hat sich der Beklagte zu 1) über seinen Mitarbeiter lediglich dahingehend geäußert, dass in das streitgegenständliche Fahrzeug kein Motor der Baureihe EA 189 eingebaut sei - was zutreffend ist – und dass er selbst von dem aufgedeckten Abgasskandal betroffen und schockiert sei.
80Auch die von dem Kläger und dem Beklagten zu 1) unterzeichnete Erklärung vom 03.11.2015 führt hinsichtlich der eingetretenen Verjährung nicht zu einer anderen Beurteilung. Es handelt sich bei dieser Erklärung nicht um eine selbstständige Garantieerklärung des Beklagten zu 1), sondern allenfalls um eine Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend, dass das streitgegenständliche Fahrzeug von einer Manipulation der Prüfstand-Abgaswerte nicht betroffen sei. Die Vereinbarung nimmt insoweit ausdrücklich auf den bereits abgeschlossenen Kaufvertrag vom 22./24.07.2015 Bezug und ergänzt diesen. Dass der Beklagte zu 1) darüber hinaus eine
81selbstständige Garantieerklärung – erst recht mit einer eigenständigen Garantiefrist, zu der in der schriftlichen Erklärung nichts erwähnt ist – hätte abgeben wollen, lässt sich der Erklärung nicht entnehmen, und es ist auch nicht ersichtlich, weshalb der Beklagte zu 1), der nicht der Hersteller des Fahrzeugs ist, angesichts des bereits zu Tage getretenen „VW-Abgasskandals“ auf eigenes Risiko eine solche Garantie hätte übernehmen sollen.
82Unbegründet ist auch die gegen die Beklagte zu 3) erhobene Klage. Die Beklagte zu 3) ist die Herstellerin des streitgegenständlichen Motors, der jedoch als solcher - hinsichtlich der „hardware“ - nicht mangelbehaftet ist, sondern erst durch den Betrieb mit der die Motorleistung gezielt manipulierenden Software Anlass zur Beanstandung gibt. Soweit der Kläger auf entsprechenden Hinweis des Gerichts mit Schriftsatz vom 15.11.2018 erstmals - und gänzlich unsubstantiiert - vorgetragen hat, dass auch die Steuerungssoftware des Motors und damit die unzulässigen Abschalteinrichtungen von der Beklagten zu 3) angefertigt worden seien und hierzu auf einen Bußgeldbescheid unbekannten Inhalts Bezug nimmt (Bl. 400 GA), steht dieser Vortrag im Widerspruch zu dem Vortrag in der Klageschrift, wonach die Beklagte zu 2) den Motor in den streitgegenständlichen Pkw eingebaut hat und mithin bei der Fertigung des Fahrzeugs auch die zugehörige Software implementiert haben muss. Selbst wenn die Beklagte zu 3) zusammen mit dem Motor auch eine Steuerungssoftware an die Beklagte zu 2) geliefert haben sollte, so oblag doch letztlich der Beklagten zu 2) als Herstellerin des Fahrzeugs die Implementation der Software in die Bordelektronik des Pkw, weshalb auch sie allein letztlich für die Inverkehrbringen des mit der unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs verantwortlich zeichnet.
83Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.
84Streitwert:
85Klageantrag zu 1): 66.640,00 €
86Klageantrag zu 2): 3.718,53 €
87Klageantrag zu 3): -,-- € (kein selbständiger Streitwert neben dem Klageantrag zu 1))
88Klageantrag zu 4): -,-- € (kein selbständiger Streitwert neben dem Klageantrag zu 1))
89Klageantrag zu 5): 3.000,00 €
90Insgesamt: 73.358,53 €
91
[1] = Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge
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Urteil einreichenLandgericht Köln Urteil, 20. Dez. 2018 - 36 O 147/18 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.
BUNDESGERICHTSHOF
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterinnen Dr. Roloff und Müller
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger nehmen die Beklagte auf Schadensersatz wegen ihrer Beteiligung an der G. Immobilienfonds 1 GbR (im Folgenden: Fondsgesellschaft) in Anspruch.
- 2
- Die Beklagte ist Initiatorin des Fonds und Mitherausgeberin des am 5. Dezember 1994 emittierten Fondsprospekts. Gegenstand des Fonds waren die Errichtung und Vermietung einer Mehrfamilienhausanlage auf dem Grundstück S. Straße 45 a-f (im Folgenden: Fondsgrundstück) in Berlin/Tegel.
- 3
- Das Fondsgrundstück ist Teil des Geländes des ehemaligen Gaswerks Tegel. Dieses Gelände wurde von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt seit dem Jahr 1989 wegen zuvor an verschiedenen Stellen des Geländes festgestellter Bodenkontaminationen als "Altlastenverdachtsfläche 13" im sog. Altlastenverdachtsflächenkataster geführt. Die Beklagte ist seit spätestens 1990 Eigentümerin zahlreicher Grundstücke auf diesem Gelände, auch des Fondsgrundstücks, an dem sie der Fondsgesellschaft ein Erbbaurecht eingeräumt hat. Nach § 4 Nr. 4 des Erbbaurechtsvertrages übernimmt die Erbbauberechtigte auf eigene Kosten und Gefahr alle diejenigen Verpflichtungen, die sie treffen würden, wenn sie selbst Eigentümerin des Grundstücks wäre.
- 4
- 1990 und 1993 wurden im öffentlichen Auftrag Gutachten zur Altlastensituation von untersuchten Teilflächen der "Altlastenverdachtsfläche 13" erstattet. Mit Bescheid vom 8. November 1994 erteilte das Bezirksamt ReinickendorfBerlin der Beklagten eine Baugenehmigung für den Abbruch von Baulichkeiten, von der auch die auf dem Fondsgrundstück befindlichen Gebäude erfasst waren. In den der Genehmigung beigefügten Bedingungen und Auflagen wurde "aufgrund der bereits gutachterlich festgestellten Bodenverunreinigungen im Bereich der ehemaligen Gasanstalt VI Tegel (Altlastenverdachtsfläche Nr. 13)" angeordnet, dass "unter Einbeziehung der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen Haufwerksbeprobungen hinsichtlich der Belastungen mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK)" vorzunehmen seien. Zur Begründung wurde ausgeführt, Bodenuntersuchungen auf dem gesamten Gelände der Altlast und auch in der Umgebung der abzureißenden Gebäude hätten teilweise hohe Belastungen mit PAK ergeben.
- 5
- In dem am 5. Dezember 1994 emittierten Fondsprospekt fand das Thema Altlastenverdacht keine Erwähnung. Die Kläger traten der Fondsgesellschaft bis Ende Dezember 1994 als Gesellschafter bei. Im Zuge der im Jahr 1995 begonnenen Bauarbeiten zur Errichtung der Fondsimmobilien wurden auf dem Fondsgrundstück Bodenkontaminationen gefunden.
- 6
- Die Kläger haben ihre Anträge auf Rückzahlung ihrer Einlagen abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen, Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Anteile an der Fondsgesellschaft, sowie auf Zahlung entgangener Zinsvorteile aus dem investierten Betrag und auf Freistellung von mit der Beteiligung zusammenhängenden Verpflichtungen auf behauptete Fehler des Fondsprospekts gestützt, unter anderem auf das Verschweigen der Altlastensituation.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens wurde die Fondsgesellschaft saniert. Aufgrund der in diesem Zusammenhang geschlossenen Vereinbarungen beteiligten sich einige Kläger, unter anderem der Kläger zu 22, an der Sanierung und zahlten dazu einen Beitrag an die Fondsgesellschaft; andere Kläger schieden aus der Fondsgesellschaft aus und zahlten an diese den jeweiligen Auseinandersetzungsfehlbetrag. Auf die Berufung eines Teils der Kläger hat das Kammergericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und den - in der Berufungsinstanz um die Sanierungsbeiträge bzw. die Auseinandersetzungsfehlbeträge erweiterten - Klagen überwiegend stattgegeben; hinsichtlich des geltend gemachten entgangenen Zinsgewinns sowie bezüglich eines Teils der im Zusammenhang mit der Sanierung geltend gemachten Zahlungsbeträge ist die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen worden. Mit der vom Berufungsgericht für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollumfängliche Zurückweisung der Berufung weiter. Die Kläger zu 16 und 22 wenden sich mit ihren Anschlussrevisionen gegen das Berufungsurteil insoweit, als ihre Berufung zurückgewiesen worden ist.
Entscheidungsgründe:
A.
- 8
- Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass den Klägern gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zustehe, weil die Beklagte in dem Fondsprospekt vorsätzlich und sittenwidrig nicht darauf hingewiesen habe, dass das Fondsgrundstück im Zeitpunkt der Prospektherausgabe auch nach Einschätzung der zuständigen Behörden unter konkretem Altlastenverdacht gestanden habe. Dieser Verdacht und damit die konkrete Gefahr einer öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme auf Sanierung sei ein offenbarungspflichtiges Risiko gewesen, zumal aufgrund des Erbbaurechtsvertrages die Fondsgesellschaft im Verhältnis zur Beklagten die Sanierungskosten zu tragen gehabt habe. Die in Unkenntnis des Altlastenverdachts eingegangene und unter den realen Umständen nicht gewollte Beteiligung am streitgegenständlichen Fonds stelle den durch den fehlenden Hinweis im Prospekt verursachten Schaden dar. Die Schädigung der Kläger sei auch sittenwidrig gewesen. Die Anleger seien zur Wahrung ihrer Vermögensinteressen auf eine wahrheitsgemäße Darstellung der Anlage im Prospekt angewiesen gewesen, da dieser die einzige für sie zugängliche Informationsquelle gewesen sei. Die unterlassene Aufklärung habe objektiv zur Folge gehabt, dass sie getäuscht und infolge der Täuschung zum Nutzen der Beklagten dem Fonds beigetreten seien. Dies sei nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich und damit sittenwidrig. Für den Schädigungsvorsatz könne es dahinstehen , ob der damalige Vorstand der Beklagten von dem konkreten Altlastenverdacht und damit vom Prospektmangel Kenntnis gehabt habe. Denn die Beklagte müsse das jedenfalls bei ihren Sachbearbeitern vorhandene Wissen um die Altlastenproblematik des Fondsgrundstücks über die Grundsätze der Wissenszurechnung bzw. Wissenszusammenrechnung gegen sich gelten lassen. Diese zur Arglisthaftung bei Grundstückskaufverträgen entwickelte Rechtsprechung sei auf die deliktische Vorsatzhaftung wegen Verschweigens entscheidungserheblicher Umstände unmittelbar übertragbar. Rechne man der Beklagten das in ihrem Hause bei - namentlich nicht bekannten - Mitarbeitern und in Form schriftlicher Dokumente vorhandene Wissen um die Altlastensituation des Fondsgrundstücks zusammen mit dem Wissen des damaligen Vorstands zu, so seien in der Person der Beklagten alle für den Vorsatz nach § 826 BGB erforderlichen subjektiven Komponenten erfüllt. Das gelte auch für die offensichtliche Inkaufnahme der negativen Folgen des eigenen Handelns für Dritte ; auch insoweit sei die Beklagte einer natürlichen Person gleichzustellen.
- 9
- Zu ersetzen seien die erbrachten Einlagen abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen und zuzüglich der gezahlten Auseinandersetzungsfehlbeträge bzw. Sanierungsbeiträge. Bezüglich des letztgenannten Postens sei allerdings von den durch eine Bestätigung der Fondsmanagerin belegten und teilweise unter den Zahlungsanträgen liegenden Beträgen auszugehen. Steuervorteile seien nicht schadensmindernd in Abzug zu bringen. Ein Anspruch auf entgangenen Gewinn bestehe nicht, da die Behauptung der Kläger, dass ihnen ein Zinsgewinn aus einer anderweitigen Anlage entgangen sei, in unauflöslichem Widerspruch zu dem weiteren Vortrag stehe, sie hätten sich im Falle der ordnungsgemäßen Aufklärung an einer anderen Anlage mit vergleichbaren steuerlichen Auswirkungen beteiligt.
B.
- 10
- Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dabei ist über die Revision der Beklagten gegen die Kläger zu 9 und 13 antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da diese in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung anwaltlich nicht vertreten waren. Inhaltlich beruht das Urteil indessen auch insoweit auf einer Sachprüfung und nicht auf der Säumnis (BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 ff.; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 555 Rn. 6; Krüger in Münchener Kommentar , ZPO, 4. Aufl., § 555 Rn. 17).
I.
- 12
- Zwar kann der Tatbestand des § 826 BGB auch dadurch verwirklicht werden, dass ein Prospektverantwortlicher Anlageinteressenten mittels eines fehlerhaften oder unvollständigen Prospekts zum Abschluss eines Vertrages veranlasst, den sie sonst nicht geschlossen hätten (vgl. BGH, Urteile vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 295/12, NJW 2014, 1098 Rn. 21 ff.; vom 28. Februar 2005 - II ZR 13/03, NJW-RR 2005, 751; vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 279/03, WM 2005, 28, 29; zum Schaden im Sinne des § 826 BGB infolge der Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung vgl. Senatsurteile vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14, WM 2014, 2318 Rn. 19 mwN; vom 19. November 2013 - VI ZR 336/12, VersR 2014, 210 Rn. 28; vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361, 367 f.). Erforderlich ist allerdings, dass das Verhalten des Prospektverantwortlichen als sittenwidrig zu werten ist und er mit Schädigungsvorsatz gehandelt hat. Beides ist getrennt festzustellen (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380 Rn. 10 mwN).
- 13
- Ist Prospektverantwortliche eine juristische Person, so hat sie gemäß § 31 BGB für den Schaden einzustehen, den ihr "verfassungsmäßig berufener Vertreter" (zur weiten Auslegung dieses Begriffs vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 - VII ZR 82/65, BGHZ 49, 19, 21 mwN) durch eine unerlaubte Handlung einem Dritten zugefügt hat. Im Rahmen des § 826 BGB ist somit Voraussetzung , dass ein solcher Vertreter den objektiven und subjektiven Tatbestand dieser Anspruchsgrundlage verwirklicht hat (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, NJW-RR 2012, 404 Rn. 8).
- 14
- 1. Die bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen bereits nicht die Annahme, ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten habe durch die Herausgabe eines unvollständigen Prospekts sittenwidrig gehandelt.
- 15
- a) Die Qualifizierung eines Verhaltens als sittenwidrig ist eine Rechtsfrage , die der uneingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12, aaO Rn. 7; vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, VersR 2013, 1144 Rn. 14; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 124/09, VersR 2010, 1659 Rn. 12).
- 16
- Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12, aaO Rn. 8 mwN). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht oder einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Auch hier müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (Senatsurteile vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, aaO Rn. 14; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 124/09, aaO Rn. 12; vom 10. Juli 2001 - VI ZR 160/00, VersR 2001, 1431, 1432). Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380 Rn. 8 für die Verleitung zum Vertragsbruch; BGH, Urteil vom 22. Juni 1992 - II ZR 178/90, NJW 1992, 3167, 3174 für die Erteilung einer bewusst unrichtigen Auskunft aus eigennützigen Interessen). Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361, 366 für das Erschleichen eines Wohnungsbauförderungsdarlehens durch Falschangaben; BGH, Urteile vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 295/12, aaO Rn. 24; vom 28. Februar 2005 - II ZR 13/03, aaO).
- 17
- Das Unterlassen einer für die Anlageentscheidung erheblichen Information in einem Prospekt ist für sich genommen nicht verwerflich. Gegen die guten Sitten verstößt ein Prospektverantwortlicher aber beispielsweise dann, wenn er Anlageinteressenten durch eine bewusste Täuschung zur Beteiligung bewegt, etwa dadurch, dass er einen ihm bekannten Umstand bewusst verschweigt, um unter Ausnutzung der Unkenntnis der Anlageinteressenten möglichst viele Beitritte zu erreichen (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, aaO Rn. 15, 18).
- 18
- b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings dieBeurteilung des Berufungsgerichts, dass der von dem damaligen Vorstand der Beklagten in den Verkehr gebrachte Prospekt über einen für die Anlageentscheidung erheblichen Punkt nicht aufklärte und damit fehlerhaft war. Die notwendigen Feststellungen zur Sittenwidrigkeit, etwa zu einer bewussten Täuschung durch den Vorstand, sind indes nicht getroffen.
- 19
- (1) Es trifft zu, dass es eines Hinweises in dem Prospekt der Beklagten bedurfte, wenn das Fondsgrundstück im Zeitpunkt der Prospektherausgabe nach Einschätzung der zuständigen Behörden unter Altlastenverdacht stand. Denn gemäß § 4 Nr. 4 des Erbbaurechtsvertrages hatte im Ergebnis die Fondsgesellschaft die Kosten einer etwaigen Altlastensanierung zu tragen, was sich wiederum auf die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft und damit auf den Wert der Beteiligung der Anleger auswirken konnte. Mit einem bestehenden Altlastenverdacht war somit ein Risiko für die Anleger verbunden, das für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben konnte.
- 20
- Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass ein aufklärungsbedürftiger Altlastenverdacht vorlag, ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht stützt seine Bewertung auf die von der Revision nicht angegriffene Feststellung, dass das Land Berlin im Jahr 1989 in Reaktion auf zuvor an verschiedenen Stellen gefundene Bodenkontaminationen das gesamte Areal des Gaswerks Tegel, zu welchem auch das Fondsgrundstück gehörte , als "Altlastenverdachtsfläche 13" eingestuft hatte. Ferner ist festgestellt, dass ausweislich der Gutachten aus dem Jahr 1993 Grundstücke auf dem Areal - wenn auch nicht das Fondsgrundstück - untersucht und dort mit der früheren Nutzung als Gaswerk zusammenhängende Kontaminationen festgestellt worden waren. Schließlich ist festgestellt, dass kurz vor Herausgabe des Prospekts das Bezirksamt Reinickendorf-Berlin der Beklagten in den Bedingungen und Auflagen einer Abrissgenehmigung mit Hinweis auf festgestellte hohe PAKBelastungen in der Umgebung der abzureißenden Gebäude aufgegeben hatte, unter Einbeziehung der Senatsverwaltung Beprobungen hinsichtlich der Belastung des Grundstücks mit PAK vornehmen zu lassen. Damit lag ein begründeter behördlicher Verdacht vor, der auch hinsichtlich des Fondsgrundstücks auf hinreichenden Verdachtsmomenten (Nachweise von Kontaminationen in der Umgebung) basierte und der sich, wie ebenfalls festgestellt, schließlich sogar bestätigte. Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegen halten, dass sich der Altlastenverdacht nicht allein deswegen auf das Fondsgrundstück erstrecken lasse, weil sich dort früher Kohlespeicher befunden hätten. Es kann dahinstehen , ob die Kohlespeicher tatsächlich, wie vom Berufungsgericht angenommen , ein weiterer Indikator für Altlasten waren, da dies angesichts der festgestellten Sachlage für die Begründung des hinreichend konkreten Altlastenverdachts nicht erforderlich ist. Soweit die Beklagte einwendet, sie habe entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts zu Tiefe und Umfang des Bodenaushubs im Zuge der Errichtung von Gebäuden auf dem Fondsgrundstück in den 1960er Jahren vorgetragen, ihr diesbezüglicher Vortrag sei aber vom Berufungsgericht übergangen worden, kann sie auch damit nicht durchdringen. Denn das Berufungsurteil stützt sich in diesem Zusammenhang weiter auf die von der Revision nicht angegriffene Feststellung, dass der Bodenaushub in einer gegenüber der Altlastenproblematik weitgehend unsensiblen Zeit erfolgte und den erst später erfassten (behördlichen) Verdacht, der sich zudem bestätigte , nicht ausräumen konnte.
- 21
- (2) Die objektive Verletzung der Pflicht, die künftigen Anleger über den konkreten Altlastenverdacht aufzuklären, vermag aber die Sittenwidrigkeit des Verhaltens des damaligen Vorstands der Beklagten nicht zu begründen. Für die Annahme der Sittenwidrigkeit genügt es entgegen der Annahme des Berufungsgerichts insbesondere nicht, dass die Kläger - wie in Kapitalanlagefällen typisch - zur Wahrung ihrer Vermögensinteressen auf eine wahrheitsgemäße Darstellung der Kapitalanlage im Prospekt als der maßgeblichen Informationsquelle angewiesen waren. Denn dies begründete zwar die Rechtspflicht zur vollständigen und richtigen Aufklärung. Die im Rahmen des § 826 BGB erforderliche Sittenwidrigkeit der unterlassenen Aufklärung folgt daraus jedoch regelmäßig noch nicht. Auch der weitere Umstand, dass sich die Kläger auf der Grundlage unvollständiger Informationen an dem Fonds beteiligten und dass die Beteiligung für die Beklagte als Initiatorin des Fonds von Nutzen war, rechtfertigt noch nicht das Urteil der Verwerflichkeit. Anderenfalls führte die Verwendung eines objektiv unrichtigen Prospekts regelmäßig zu einer sittenwidrigen Schädigung der die Kapitalanlage zeichnenden Anleger, obwohl darin zunächst nicht mehr als eine zu einem möglicherweise ungewollten Vertragsschluss führende Pflichtverletzung zu sehen ist.
- 22
- Eine bewusste Täuschung durch den damaligen Vorstand der Beklagten, die den Vorwurf der Sittenwidrigkeit rechtfertigen könnte, ist nicht festgestellt.
- 23
- Ein solcher Vorwurf lässt sich insbesondere nicht dadurch begründen, dass - wie im angefochtenen Urteil geschehen - für die Kenntnis vom Altlastenverdacht auf das Wissen bei namentlich nicht bekannten Mitarbeitern der Beklagten abgestellt und dieses zusammen mit dem Wissen des damaligen Vorstandes der Beklagten zugerechnet wird. Dabei kann die vom Berufungsgericht aufgeworfene und bejahte Frage dahinstehen, ob die für den rechtsgeschäftlichen Verkehr mit juristischen Personen entwickelten Grundsätze der Wissenszurechnung und Wissenszusammenrechnung (s. hierzu BGH, Urteile vom 8. Dezember 1989 - V ZR 246/87, BGHZ 109, 327, 330 ff.; vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 35 ff.; vom 13. Oktober 2000 - V ZR 349/99, NJW 2001, 359, 360; vom 10. Dezember 2010 - V ZR 203/09, juris Rn. 16 ff.) im Rahmen der deliktsrechtlichen Haftung überhaupt Anwendung finden können (gegen eine Übertragung jedenfalls im Anwendungsbereich des § 852 Abs. 1 BGB a.F.: Senatsurteil vom 28. Februar 2012 - VI ZR 9/11, NJW 2012, 1789 Rn. 14; vgl. auch Senatsurteil vom 27. März 2001 - VI ZR 12/00, VersR 2001, 863, 864 f.; für eine Übertragung: Wagner in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, § 826 Rn. 36). Denn über eine Wissenszusammenrechnung führt kein Weg zu dem für das Merkmal der Arglist entbehrlichen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 246/87, aaO 333), für das Merkmal der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB aber erforderlichen moralischen Unwerturteil. Insbesondere lässt sich eine die Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren, dass die im Hause der Beklagten vorhandenen kognitiven Elemente "mosaikartig" zusammengesetzt werden. Eine solche Konstruktion würde dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gemäß § 826 BGB, die sich hierdurch von der vertraglichen oder vertragsähnlichen Haftung deutlich unterscheidet, nicht gerecht.
- 24
- 2. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen ferner nicht die Annahme eines Schädigungsvorsatzes, der in der Person des handelnden verfassungsmäßig berufenen Vertreters der Beklagten hätte erfüllt sein müssen.
- 25
- a) Der gemäß § 826 BGB erforderliche Vorsatz enthält ein Wissens- und ein Wollenselement. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt (Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12, aaO Rn. 12; vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, aaO Rn. 22; vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, NJW-RR 2012, 404 Rn. 10).
- 26
- b) Auch in diesem Zusammenhang ist es zu beanstanden, dass das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob der damalige Vorstand der Beklagten bei Herausgabe des Prospekts überhaupt Kenntnis vom Altlastenverdacht und somit vom Prospektmangel hatte, und stattdessen auf das "im Hause der Beklagten" vorhandene Wissen abgestellt hat. Denn selbst wenn zur Begründung des Wissenselements des Schädigungsvorsatzes auch im Recht der unerlaubten Handlung eine Wissenszusammenrechnung zulässig wäre, fehlte es vorliegend jedenfalls am Wollenselement. Die zumindest billigende Inkaufnahme der Schädigung eines anderen setzt damit korrespondierende Kenntnisse derselben natürlichen Person voraus und kann deshalb nicht losgelöst von diesen beurteilt werden. So mag es durchaus gerechtfertigt sein, im Einzelfall aus dem Wissen einer natürlichen Person auf deren Willen zu schließen. Sind aber die maßgeblichen Kenntnisse auf mehrere Personen innerhalb einer juristischen Person verteilt und ist nicht festgestellt, wer über welche Kenntnisse verfügt, so kommt die Unterstellung einer der juristischen Person bzw. ihrem Organ zuzurechnenden billigenden Inkaufnahme der Schädigung ohne diesbezügliche Feststellungen einer Fiktion gleich. Hier gibt es keine Lebenserfahrung, wonach von der Kenntnis auf die Billigung geschlossen werden könnte. So ist im Streitfall zwar in tatsächlicher Hinsicht die Feststellung des Berufungsgerichts nachvollziehbar , dass "im Hause der Beklagten" die Informationen und damit die Kenntnisse über den konkreten Altlastenverdacht vorhanden waren. Dagegen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, welche voluntativen Elemente im Hinblick auf die Schädigung der Anleger "im Hause der Beklagten" vorhanden waren, erst recht ist nicht vorstellbar, wie sich diese in tatsächlicher Hinsicht zu der Tatbestandsvoraussetzung einer billigenden Inkaufnahme zusammenfügen lassen sollen. Im Ergebnis müsste regelmäßig in Fällen, in denen sich das kognitive Element des Vorsatzes nur durch Zusammenrechnung der "im Hause" der juristischen Person vorhandenen Kenntnisse herstellen lässt, in tatsächlicher Hinsicht auf die positive Feststellung des Wollenselements verzichtet werden. Auch dies würde der Vorschrift des § 826 BGB nicht gerecht.
- 27
- 3. Es kann daher nicht auf die Feststellung verzichtet werden, ob der damalige Vorstand der Beklagten (oder ein sonstiger verfassungsmäßiger Vertreter im Sinne des § 31 BGB) persönlich die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat. Insbesondere kommt es darauf an, was er zum maßgeblichen Zeitpunkt der Prospektherausgabe gewusst und gewollt hat (vgl. Senatsurteile vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, aaO Rn. 23; vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, aaO Rn. 8).
II.
- 28
- Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Insbesondere fehlt es an den erforderlichen Feststellungen, die eine Haftung der Beklagten gemäß § 823 Abs. 2 BGB, § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB iVm § 31 BGB begründen könnten. Voraussetzung wäre, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 264a StGB verwirklicht hat (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, aaO Rn. 8; BGH, Urteil vom 25. Juni 2009 - III ZR 279/08, juris Rn. 4). Dabei ist nach den im Strafrecht geltenden Maßstäben zu klären, ob der zur Verwirklichung des Straftatbestandes des § 264a StGB erforderliche Vorsatz vorliegt (vgl. Senatsurteile vom 15. Mai 2012 - VI ZR 166/11, NJW 2012, 3177 Rn. 20, 22; vom 10. Juli 1984 - VI ZR 222/82, NJW 1985, 134, 135; BGH, Beschluss vom 24. November 2010 - III ZR 12/10, juris Rn. 12; Urteile vom 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 14; vom 26. Februar 1962 - II ZR 22/61, NJW 1962, 910, 911; Förster in BeckOK BGB, Stand 1. Februar 2016, § 823 Rn. 282). Danach muss der verfassungsmäßige Vertreter (selbst) die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben (Senatsurteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, aaO Rn. 10). Eine Wissenszurechnung oder Wissenszusammenrechnung durch Berücksichtigung des Wissens anderer Mitarbeiter der juristischen Person ist dabei ausgeschlossen.
III.
- 29
- Das Berufungsgericht wird auf der Grundlage des Vortrags und der Beweisangebote der Parteien der Frage nachzugehen haben, ob die nach den jeweiligen Haftungstatbeständen erforderlichen Voraussetzungen in der Person des ehemaligen Vorstands (oder eines sonstigen verfassungsmäßigen Vertreters ) der Beklagten erfüllt waren. Sollte schon eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB, § 264a StGB, § 31 BGB gegeben sein, käme es auf das Erfordernis der Sittenwidrigkeit für eine Haftung nach § 826 BGB nicht mehr an. Im Rahmen der Kausalität wird das Berufungsgericht allerdings zu berücksichtigen haben, dass die von der Rechtsprechung entwickelte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht für die Feststellung der Voraussetzungen eines Straftatbestandes gelten (vgl. Senatsurteile vom 12. Mai 2015 - VI ZR 102/14, WM 2015, 1562 Rn. 50; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 46, jew. mwN). Sollte eine Haftung der Beklagten aus unerlaubter Handlung bezogen auf den Altlastenverdacht nicht feststellbar sein, wird sich das Berufungsgericht mit dem Vortrag der Kläger zu weiteren Haftungsgründen zu befassen haben (Revisionserwiderung S. 15 f. unter Ziff. 6 b und c mit Verweisen auf die Berufungsbegründung ). Sollten die notwendigen Feststellungen zum Haftungsgrund getroffen werden, wird zudem der Vortrag der Parteien im Revisionsrechtszug zur Frage der Anrechnung von Steuervorteilen und zu den Rechtshängigkeitszinsen (bezogen auf die Kläger zu 10 bis 17) zu berücksichtigen sein.
C.
- 30
- Die Anschlussrevision des Klägers zu 22 ist teilweise begründet. Im Übrigen sind die Anschlussrevisionen unbegründet.
I.
- 31
- Zu Recht beanstandet die Anschlussrevision des Klägers zu 22, dass das Berufungsgericht diesem nur den von ihm an die Fondsgesellschaft geleis- teten Sanierungsbeitrag in Höhe von 25.227,35 € mit der Begründung zuge- sprochen hat, dass sich aus dem von dem Kläger vorgelegten Bestätigungsschreiben der Fondsmanagerin nur dieser Betrag ergebe und die Beklagte höhere Sanierungsbeiträge bestritten habe. Damit hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft den Vortrag des Klägers zu 22 im Schriftsatz vom 22. Juli 2013 übergangen. Der Kläger hat vorgetragen, die Differenz zwischen dem im Bestätigungsschreiben genannten Betrag und dem von ihm insoweit auf 35.108,72 € bezifferten Ersatzbetrag ergebe sich daraus,dass er den Sanie- rungsbeitrag habe finanzieren müssen; auch die diesbezüglichen Finanzierungskosten seien erstattungsfähig. Da die Finanzierungskosten Teil des adäquat -kausal verursachten Schadens sein können, ist dieser Vortrag erheblich.
- 32
- Das Berufungsgericht wird sich daher - sollte ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach festgestellt werden - mit dem Vorbringen des Klägers zu 22 unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagten hierzu in der Erwiderung auf die Anschlussrevision zu befassen haben.
II.
- 33
- Unbegründet sind die Anschlussrevisionen der Kläger zu 16 und 22 insoweit , als sie sich gegen die Abweisung ihrer Anträge auf Ersatz entgangenen Zinsgewinns wenden. Entgegen der Ansicht der Anschlussrevisionen hat das Berufungsgericht diesen Anspruch - jedenfalls im Ergebnis - zu Recht abgelehnt.
- 34
- 1. Zwar würde ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB, lägen dessen tatbestandliche Voraussetzungen vor, gemäß § 252 Satz 1 BGB den entgangenen Gewinn umfassen, wozu grundsätzlich auch entgangene Anlagezinsen gehören. Dafür, dass und in welcher Höhe ihm durch das schädigende Ereignis ein solcher Gewinn entgangen ist, ist aber der Geschädigte darlegungsund beweispflichtig. § 252 Satz 2 BGB enthält für den Geschädigten lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung. Der Geschädigte kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (BGH, Urteile vom 16. Juli 2015 - IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447 Rn. 49; vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, NJW 2012, 2266 Rn. 11 ff.). Für die Schlüssigkeit des diesbezüglichen Klagevortrags ist bezogen auf die Höhe des geltend gemachten entgangenen Gewinns die Darlegung erforderlich, dass die Kapitalanlage , in die alternativ investiert worden wäre, den mit der Klage geltend gemachten Zinsertrag erbracht hätte. Denn von einem Mindestschaden in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4 v.H. (§ 246 BGB) kann nicht ausgegangen werden (Urteile vom 16. Juli 2015 - IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447 Rn. 49; vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, aaO Rn. 18).
- 35
- 2. Diesen Anforderungen ist der Vortrag der Kläger zu 16 und 22 in den von den Anschlussrevisionen zitierten Schriftsätzen nicht gerecht geworden. Sowohl der erstinstanzliche Vortrag der Kläger zu 16 und 22 im Schriftsatz vom 5. Dezember 2007 als auch derjenige des Klägers zu 22 im Schriftsatz vom 13. Februar 2014 betreffen zwar eine "vergleichbare steuersparende Alterna- tivanlage", in die die Kläger investiert hätten, jedoch in beiden Fällen unter dem Gesichtspunkt, dass wegen alternativer Beteiligung an ebenfalls steuersparenden Modellen selbst außergewöhnliche Steuervorteile nicht anzurechnen seien. Zwar wird in diesem Zusammenhang erwähnt, dass bei Zeichnung der konkret angeführten Alternativanlagen im Gesamtergebnis ein Überschuss in bestimmter Höhe erzielt worden wäre. Zu dem in den Berufungsanträgen als entgangenen Gewinn verlangten festen jährlichen Zinssatz in Höhe von 4 v.H. seit dem 1. Juli 1996 bis Rechtshängigkeit auf den jeweiligen investierten Betrag ist hingegen in den von der Anschlussrevision zitierten Schriftsätzen nichts ausgeführt. Zwar kann den Ausführungen zur Nichtanrechnung von Steuervorteilen - sofern diese über ihre ausdrückliche Zielrichtung hinaus auch als Vortrag zum entgangenen Gewinn behandelt werden - entnommen werden, dass die Kläger bei einer Alternativanlage mit vergleichbaren steuerlichen Auswirkungen im Gesamtergebnis einen Gewinn erzielt hätten. Insoweit steht die Tatsache, dass die Kläger überhaupt entgangenen Gewinn verlangen, nicht "in unauflöslichem Widerspruch" zu dem Vortrag, dass die Alternativanlage eine solche mit vergleichbaren steuerlichen Auswirkungen gewesen wäre. Nicht in Einklang zu bringen ist aber der Vortrag zur steuersparenden Alternativanlage damit, dass - wie bei einer festverzinslichen Anlageform - ein fester jährlicher Zinsgewinn auf den investierten Betrag verlangt wird. Jedenfalls insoweit besteht die vom Berufungsgericht erwähnte und nach wie vor nicht aufgelöste Widersprüchlichkeit, so dass die geltend gemachten Zinsen zu Recht nicht zuerkannt worden sind.
Roloff Müller
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 02.09.2009 - 36 O 11/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 27.08.2015 - 2 U 42/09 -
Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Augsburg - 3. Zivilkammer - wird zurückgewiesen.
III. Die erstinstanzlichen Kosten werden wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten werden dem Kläger zu 1/3 und den Be - klagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern zu 2/3 auferlegt. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. Die Beklagten zu 2 und 3 tragen gesamtschuldnerisch 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
IV. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens werden den Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern auf- erlegt. Der Streithelfer der Beklagten hat die Kosten der Nebenintervention zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht mit der Begründung geltend, der Zedent sei durch unzutreffende Angaben in einer Ad-hoc-Mitteilung der I. AG (frühere Beklagte zu 1, im folgenden: I. AG) dazu veranlaßt worden, - mittlerweile wertlos gewordene - Aktien dieser Gesellschaft zu erwerben. Der Beklagte zu 2 war Vorstandsvorsitzender, der Beklagte zu 3 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der I. AG. Der Kläger hat die gegen die Gesellschaft gerichtete Klage nach Erlaß des Landgerichtsurteils zurückgenommen, nachdem am 1. Juli 2001 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet worden war.
Die Aktien der I. AG wurden im Juli 1998 zum geregelten Markt mit Handel im Neuen Markt bei einem Emissionskurs von 27,10 € zugelassen und erreichten nach starkem Kursanstieg bereits im Februar 1999 ihren Höchststand von 318,00 €. Nach zwischenzeitlicher Halbierung dieses Wertes und schwankendem Kurs erfolgte im August 1999 ein Aktiensplit im Verhältnis 1 : 5. Nach weiterhin uneinheitlichem Verlauf stieg der Kurs im Zusammenhang mit der Cebit im Februar 2000 nochmals kurzfristig bis auf 51,00 € an, um dann
nach und nach wieder abzufallen; derzeit bewegt er sich bei wenigen Cent pro Aktie.
Die I. AG veröffentlichte eine Vielzahl von Ad-hoc-Mitteilungen, u.a. am 20. Mai und am 13. September 1999. Am 20. Mai 1999 gab sie bekannt , der Mobilfunkanbieter M. habe bei ihr "per Rahmenabkommen Surfstations und die zugehörigen JNT-Lizenzen geordert"; das Auftragsvolumen betrage mindestens ca. 55 Mio. DM, wobei die Abwicklung in mehreren Chargen erfolge. Diese Ad-hoc-Mitteilung, die vom Beklagten zu 3 veranlaßt und vom Beklagten zu 2 gebilligt worden war, gab den mit der M. abgeschlossenen Vertrag nicht richtig wieder: Tatsächlich enthielt er nur eine verbindliche Bestellung über 14.000 Surfstationen mit einem Gesamtvolumen von ca. 9,8 Mio. DM; ergänzend war von M. lediglich für den Fall einer erfolgreichen Testphase die Erhöhung des Auftrags von 14.000 auf 100.000 Stationen in Aussicht gestellt worden. Erst mit dieser Folgebestellung - die allerdings nicht erfolgte - wäre das in der Ad-hoc-Meldung vom 20. Mai 1999 mitgeteilte Auftragsvolumen von 55 Mio. DM erreicht worden. Auf der Hauptversammlung der I. AG vom 24. Juni 1999 wurde der Inhalt der Meldung - freilich ohne Kenntnis des Klägers - auf entsprechende Nachfrage einer Aktionärin von den Beklagten zwar richtig gestellt, jedoch wurde die falsche Mitteilung vom 20. Mai 1999 später in der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. August 1999 wieder bestätigt. Erst durch Ad-hoc-Mitteilung vom 22. August 2000 wurde die ursprüngliche Meldung - zum Teil - widerrufen.
In einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung vom 13. September 1999 gab die I. AG bekannt, daß die G. bei ihr per Rahmenabkommen JNT-Lizenzen und Surfstationen im Wert von rund 55 Mio. DM geordert habe. Auch diese Mitteilung war unzutreffend, da es sich insoweit nicht um einen
neuen Auftrag, sondern lediglich um eine gemeinsame Vertriebsvereinbarung handelte. Dies wurde von der I. AG erst mit Ad-hoc-Mitteilung vom 29. August 2000 berichtigt.
Der Kurs der Aktie stieg unmittelbar nach der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 um ca. 20 % auf 40,80 €. Nachdem sich der Kurs - nach weiteren uneinheitlichen Ausschlägen - wieder beruhigt hatte, erwarb der Zedent am 28. Juli 1999 - unter Inanspruchnahme von Kontokorrentkredit - 230 Stückaktien der I. AG zum Kurs von 40,00 € (Gesamtaufwand incl. Nebenkosten : 90.945,70 DM).
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Teilurteil der Klage auf Zahlung von 90.945,70 DM nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Abtretung von 1.150 Aktien der I. AG stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht (ZIP 2002, 1889) nach erneuter Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO n.F.).
Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht Schadensersatzansprüche des Klägers sowohl aus (allgemeiner) Prospekthaftung (dazu unter I.) als auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der Verletzung eines Schutzgesetzes (dazu unter II.) verneint. Dennoch ist die Klage begründet, weil der Kläger - wie bereits das
Landgericht zutreffend erkannt hat - gegen die Beklagten einen Ersatzanspruch aus § 826 BGB hat (dazu unter III.).
I. Schadensersatz aus Prospekthaftung
Das Berufungsgericht hat Prospekthaftungsansprüche mit der Begründung verneint, die Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und vom 13. September 1999 seien nicht als "Prospekte" i.S. der allgemeinen Prospekthaftung anzusehen, weil sie keine vollständige Unternehmensdarstellung - wie ein Emissions- oder sonstiger (Wertpapier-)Verkaufsprospekt - enthielten. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
1. Allerdings ist schon im Ansatz zweifelhaft, ob die von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätze, die an ein typisiertes Vertrauen des Anlegers auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Prospektverantwortlichen gemachten Angaben anknüpfen (vgl. BGHZ 71, 284 u. st.Rspr.), hier überhaupt auf die Haftung der Beklagten für die von ihnen veranlaßten fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen (§ 15 WpHG a.F.) der I. AG - eines Unternehmens des Neuen Marktes, der ein Segment des geregelten Marktes ist (vgl. dazu Potthoff/Stuhlfauth, WM 1997, Sonderbeilage Nr. 3, S. 6 ff.) - Anwendung finden könnten. Der Senat hat bislang - anders als die Revision meint - lediglich entschieden (BGHZ 123, 106), daß die Prospekthaftungsgrundsätze auch für Prospekte gelten, mit denen für den Erwerb von Aktien außerhalb der geregelten Aktienmärkte geworben wird (vgl. aber für den Bereich der nicht zum Handel an einer inländischen Börse zugelassenen Wertpapiererstemissionen nunmehr die spezialgesetzliche Haftungsregelung nach § 13 VerkaufsprospektG (v. 13. Dezember 1990, BGBl. I, 2749) i.V.m. §§ 45 bis 48 BörsG).
2. Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil die Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 und vom 13. September 1999 jedenfalls nicht die an einen "Prospekt" im Sinne der Prospekthaftungsgrundsätze zu stellenden Anforderungen erfüllen.
a) Ein Prospekt stellt in der Regel die für den Anlageinteressenten wichtigste und häufigste Informationsquelle dar und bildet im allgemeinen die Grundlage seiner Anlageentscheidung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofes darf ein Anleger erwarten, daß er ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt erhält, d.h. daß der Prospekt ihn über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichtet (vgl. BGHZ 123, 106, 109 f.; Sen.Urt. v. 29. Mai 2000 - II ZR 280/98, NJW 2000, 3346 - jew. m.w.N.).
Diese Anforderungen kann eine Ad-hoc-Mitteilung i.S. des § 15 Abs. 1 WpHG a.F. in der Regel nicht erfüllen. Sie ist anlaßbezogen auf neue, bislang nicht veröffentlichte gewichtige Einzeltatsachen, die lediglich die bereits bekannten Informationen für den Sekundärmarkt ergänzen. Dabei erhebt die Bekanntgabe einer solchen kapitalmarktbezogenen Einzelinformation - anders als die den Primärmarkt betreffende Publizität eines (Emissions-)Prospekts - erkennbar nicht den Anspruch, eine das Publikum des Sekundärmarktes umfassend informierende Beschreibung zu sein.
b) So lag es jedenfalls hier bezüglich der beiden Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999. Sie betrafen jeweils einzelne Geschäftsabschlüsse, die ein vollständiges Bild über sämtliche für den Aktienkauf wesentlichen Umstände der Gesellschaft und die etwa damit ver-
bundenen Risiken ersichtlich nicht vermittelten; ebensowenig ließen die vermittelten Einzeltatsachen verläßliche Rückschlüsse über die Entwicklung der Aktie zu.
II. Schadensersatz aus Verletzung von Schutzgesetzen
Zu Recht hat das Berufungsgericht Ansprüche des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Verletzung etwaiger Schutzgesetze verneint.
1. Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 WpHG a.F. besteht nicht.
§ 15 WpHG a.F. ist kein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Normzweck des § 15 WpHG a.F. ist nach den Gesetzesmaterialien nicht der Schutz der Individualinteressen der Anleger, sondern ausschließlich die im öffentlichen Interesse liegende Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes (vgl. insbesondere: BT-Drucks. 12/7918, S. 96, 102). Dementsprechend stellt § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. ausdrücklich klar, daß Verstöße gegen § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. keine Schadensersatzpflicht des Emittenten auslösen. Das schließt eine Schutzgesetzeigenschaft des § 15 WpHG a.F. aus (h.M., vgl. BVerfG, Urt. v. 24. September 2002 - 2 BvR 742/02, ZIP 2002, 1986, 1988; Kümpel in Assmann/Schneider, WpHG 2. Aufl. § 15 Rdn. 188; Rützel, AG 2003, 69, 72; Thümmel, BB 2001, 2331, 2332; Groß, WM 2002, 477, 482; Horn, Festschrift Ulmer 2003, S. 817, 819; zur Gegenansicht: Möllers/Rotter, Ad-hocPublizität 2003, § 16 Rdn. 55).
2. Auch § 88 BörsG a.F ist - entgegen der Ansicht der Revision - kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB.
Der Senat hat bislang die Frage, ob § 88 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB ist, offengelassen (vgl. Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, NJW 1986, 837, 840). Er verneint sie nunmehr in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der herrschenden Meinung (vgl. BVerfG ZIP 2002, 1986, 1988 mit umfangreichen Nachw. z. Meinungsstand). Nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 10/318, S.44) ist über § 88 BörsG a.F. ein Schutz des einzelnen Anlegers nicht gewollt.
Schutzgesetz ist eine Rechtsnorm nur dann, wenn sie - sei es auch neben dem Schutz der Allgemeinheit - gerade dazu dienen soll, den einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu schützen. Dabei kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlaß des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder zumindest mitgewollt hat (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, NJW 1992, 241, 242 m.w.N.). Der Tatbestand des § 88 BörsG a.F. erfordert ein Handeln in der Absicht, auf den Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren einzuwirken. Wie bereits in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 10/318, S. 45), steht bei § 88 BörsG a.F. allgemein die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und Märkten mit ihrer für das gesamte Wirtschaftsleben weitreichenden Bedeutung im Vordergrund. § 88 BörsG a.F. bezweckt deshalb nach dem Willen des Gesetzgebers in erster Linie den Schutz der Allgemeinheit. Zwar wirkt sich der Schutz der Allgemeinheit mittelbar auch zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers aus (vgl. BT-Drucks. aaO S. 46). Damit erstrebt das Gesetz aber noch nicht einen be-
sonderen Schadensersatzanspruch zum Schutze (auch) der Individualinteressen des einzelnen (vgl. dazu: BGHZ 84, 312, 314; 125, 366, 374). Der dem einzelnen zustatten kommende mittelbare Schutz ist vielmehr nur eine Reflexwirkung des Gesetzes, die die zivilrechtliche Haftung nicht begründen kann (vgl. BGHZ 89, 383, 401). Die Funktion, den Anleger vor Täuschungen und Vermögensverlusten zu schützen, wurde von § 264 a StGB übernommen; diese Norm ist aufgrund ihres drittschützenden Charakters Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 aaO; vgl. dazu noch unten unter 5.).
3. Entgegen der Ansicht der Revision müssen weder § 15 WpHG a.F. noch § 88 BörsG a.F. aufgrund europarechtlicher Vorgaben in berichtigender Auslegung als Schutzgesetze ausgelegt werden. Der EG-Insider-Richtlinie 89/592/EWG vom 13. November 1989 (ABl Nr. L 334/30, Einleitung und Art. 13; sowie die in Art. 7 in Bezug genommene Richtlinie 79/279/EWG) oder der EGTransparenz -Richtlinie 88/627/EWG vom 12. Dezember 1988 (ABl Nr. L 348/62) läßt sich kein Gebot entnehmen, § 15 WpHG a.F. oder § 88 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB auszugestalten (BVerfG ZIP 2002, 1986, 1989).
4. Einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG hat das Berufungsgericht zutreffend verneint, weil die unrichtigen Ad-hocMitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 nicht den Tatbestand des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG erfüllen.
a) Zwar ist die Strafvorschrift des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (einhellige Meinung: vgl. z.B. BGHZ 149, 10, 20; Otto in Großkomm./AktG, 4. Aufl. 1997, § 400 Rdn. 2 m.w.N.). § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG soll das Vertrauen potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre
der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse schützen.
b) Die Beklagten haben jedoch durch die beiden Ad-hoc-Mitteilungen nicht die Verhältnisse der Gesellschaft "in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" (§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) unrichtig wiedergegeben.
Unter "Übersichten über den Vermögensstand" sind alle Zusammenstellungen von Zahlenmaterialien, insbesondere alle Arten von Bilanzen zu verstehen , die einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ermöglichen (vgl. Otto aaO § 400 Rdn. 33). Darunter fallen ersichtlich nicht Ad-hoc-Mitteilungen, die - wie im vorliegenden Fall - nur jeweils einen einzelnen Geschäftsabschluß bekanntgeben.
Als "Darstellungen über den Vermögensstand" gelten nur solche Berichte , die den Vermögensstand des Unternehmens so umfassend wiedergeben, daß sie ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Aktiengesellschaft ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken. Auch das ist bei den Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 offensichtlich nicht der Fall.
Soweit in der Literatur vereinzelt die Ansicht vertreten wird, daß sich die "Darstellungen" i.S. von § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG nicht auf den Vermögensstand beziehen müßten (Baums, Bericht der Regierungskommission "Corporate Governance" vom 10. Juli 2001, BT-Drucks. 14/7515 Rdn. 184; Möllers, Ad-hoc-Publizität 2003, § 12 Rdn. 85 ff.), kann dem nicht gefolgt werden. Bereits aus dem eindeutigen, einer (derartigen) Auslegung nicht zugänglichen Wortlaut der Vorschrift (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG; dazu: BVerfGE 47, 109,
120 f.,124; 64, 389, 393 f.) ergibt sich, daß Darstellungen - genau wie in § 264 a StGB - auch den Vermögensstand betreffen müssen und nicht isoliert betrachtet werden können.
5. Auch eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264 a StGB hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
Zwar hat die Strafnorm drittschützenden Charakter (vgl. Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, NJW 1992, 241 f.) und ist damit Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Um den Tatbestand des § 264 a StGB zu erfüllen, muß u.a. die fehlerhafte Information "in Prospekten" oder "in Darstellungen oder Übersichten" über den Vermögensstand erfolgen. Die Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 bzw. 13. September 1999 sind jedoch - wie bereits an anderer Stelle ausgeführt - weder "Prospekte" (siehe oben I. 2.) noch "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" (siehe oben II. 4.). Unabhängig davon fehlte es hier an dem außerdem in § 264 a Abs. 1 StGB vorausgesetzten Zusammenhang der Tathandlung mit dem "Vertrieb von Anteilen" (Nr. 1) oder mit einem Erhöhungsangebot (Nr. 2) (vgl. dazu: Lackner, StGB 24. Aufl. § 264 a Rdn. 6).
6. Ein Anspruch des Klägers gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB scheidet nach den zutreffenden Erwägungen des Berufungsgerichts bereits deshalb aus, weil hier eine Absicht der Beklagten, sich oder einem Dritten "stoffgleich" zu Lasten des Vermögens des Zedenten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, nicht feststellbar ist. Gemäß § 263 StGB muß der Täter einen Vermögensvorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten in der Weise anstreben, daß dieser Vorteil "die Kehrseite des Schadens" ist (BGHSt 6,115,116; Tiedemann in Leipziger Komm., StGB 11. Aufl. 2000, § 263
Rdn. 256). Eine - lediglich mittelbare - Begünstigung der I. AG oder der Beklagten selbst durch einen infolge der falschen Ad-hoc-Mitteilung steigenden Aktienkurs reicht nicht aus (Möllers, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rdn. 104; Rützel, AG 2003, 69, 73; Rodewald/Siems, BB 2001, 2437, 2440). Hinsichtlich der an dem Aktienkauf des Zedenten beteiligten unbekannten Verkäufer liegt eine Bereicherungsabsicht der Beklagten fern.
III. Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 826 BGB verneint.
1. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stünden zwar die Unrichtigkeit der Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999, die Kenntnis der Beklagten hiervon und der Kausalzusammenhang zwischen der unrichtigen Meldung vom 20. Mai 1999 und der Anlageentscheidung des Zedenten P. fest. Auch wenn dieser bei wahrheitsgemäßer Information die Aktien nicht gekauft hätte, könne er schon nicht im Wege des Schadensersatzes "Rückgängigmachung" des Erwerbs verlangen, weil er bewußt in ein hochspekulatives Marktsegment investiert habe. Jedenfalls hätten die Beklagten insoweit nicht vorsätzlich gehandelt, weil sie weder vorausgesehen noch billigend in Kauf genommen hätten, daß Anleger in I.-Aktien wegen des Vertrauens in die Richtigkeit der Darstellung der Ad-hoc-Mitteilungen einen Schaden, insbesondere in Form der Beeinträchtigung ihres wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts, erleiden könnten. Selbst wenn die von P. erworbenen Mitgliedschaftsrechte, was naheliege, wegen des fehlenden Auftrags
der M. AG einen geringeren Wert gehabt hätten, hätten die Beklagten nicht vorwerfbar in Verfolgung eigensüchtiger Interessen und in dem Bewußtsein einer möglichen Schädigung potentieller Anleger gehandelt. Denn sie hätten sich aufgrund des - wenn auch in erheblich geringerem Umfang - erteilten Auftrags der M. in euphorischer Stimmung bezüglich der weiteren Unternehmensentwicklung befunden und seien überzeugt gewesen, die Zielvorstellungen zu dem erwarteten umfangreichen Auftrag erfüllen zu können.
Diese Bewertung hält in wesentlichen Punkten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
2. Die Beweiswürdigung ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 ZPO n.F. gebunden ist. Revisionsrechtlich ist seine Würdigung jedoch darauf zu überprüfen, ob er sich mit dem Prozeßstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. z.B. BGH, Urt. v. 11. Februar 1987 - IV b ZR 23/86, BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Revisionsrüge 1).
Danach liegt schon den - teilweise im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen stehenden - Ausführungen des Berufungsgerichts zum Schaden offenbar ein unzutreffendes Verständnis des Schadensbegriffs i.S. der §§ 826, 249 ff. BGB zugrunde; darüber hinaus beruht die Verneinung der subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB auf einer zum Teil widersprüchlichen und unvollständigen Bewertung der objektiven Tatumstände sowie auf einer Überspannung der Anforderungen an den Vorsatz (§ 286 ZPO).
a) Auf der Grundlage der Feststellungen zur Kausalität zwischen der falschen Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 und der Anlageentscheidung des Zedenten P. kann der Kläger nach § 826 BGB - bei Vorliegen auch der weiteren Voraussetzungen dieser Norm (vgl. dazu unten) - von den Beklagten nicht etwa nur, wie das Berufungsgericht offenbar meint, den Differenzschaden des Zedenten in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, sondern grundsätzlich Naturalrestitution (§ 249 BGB) in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien verlangen (vgl. zu dieser Unterscheidung im Rahmen von § 37 c WpHG n.F.: Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 f.).
§ 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab: Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (vgl. Wagner in Münch.Komm.z.BGB 4. Aufl. § 826 Rdn. 6 m.w.N.). Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Danach ist im vorliegenden Fall der in seinem Vertrauen in die Richtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 enttäuschte Anleger P. im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen Mitteilung nachgekommen wären. Da er in diesem Fall - wie festgestellt - die Aktien nicht erworben hätte, kann er nach § 249 Abs. 1 BGB Geldersatz in Höhe des für den Aktienerwerb aufgewendeten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Rechtspositionen auf die - an dem Erwerbsgeschäft nicht beteiligten - Schädiger verlangen.
Eine Einschränkung der Schadensersatzpflicht, wie sie das Oberlandesgericht wegen der Investition des Zedenten in ein Papier des "hochspekulativen" Neuen Marktes annimmt, ist nicht berechtigt; sie steht im Widerspruch zu der festgestellten Überzeugung des Gerichts, daß P. ohne die fehlerhaften Mitteilungen die Aktien der I. AG nicht erworben hätte.
Selbst unter dem Blickwinkel des Rechtswidrigkeitszusammenhangs/ Schutzzwecks der Haftungsnorm ist für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen, die auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i.S. des § 826 BGB erfüllen, eine Beschränkung der Rechtsfolgen zugunsten des Schädigers nicht veranlaßt. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. - wie bereits ausgeführt - eine besondere Schadensersatzhaftung für die Verletzung der Ad-hoc-Publizität i.S. von § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. ausdrücklich ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt, daß jene Norm kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB sein soll. Gemäß § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG a.F. bleiben jedoch ausdrücklich - schon bezogen auf den Emittenten - Schadensersatzansprüche, die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, unberührt. Unter derartige allgemeine zivilrechtliche Haftungstatbestände fällt insbesondere die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nach § 826 BGB. Ein Haftungsausschluß in Fällen betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung Dritter wäre - wie im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich klargestellt wurde (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 12/7918, S. 102) - mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht vereinbar. Für die - ohnehin nicht ausgeschlossene - Haftung der die falschen Ad-hoc-Mitteilungen veranlassenden Vorstände als gesetzliche Vertreter des Emittenten gelten daher im Bereich des § 826 BGB ebenfalls keine generellen Beschränkungen hinsichtlich Art und Umfang des Schadensersatzes.
b) Ausgehend hiervon und auf der Grundlage der den Beklagten bekannten objektiven Unrichtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 ist die Verneinung der (weiteren) subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB durch das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerhaft.
Die Veröffentlichung der Mitteilung vom 20. Mai 1999 als Ad-hocMitteilung setzte bereits nach dem Gesetz (§ 15 Abs. 1 WpHG a.F.) voraus, daß die mitgeteilte neue Tatsache "geeignet ist, den Börsenpreis der zugelassenen Wertpapiere erheblich zu beeinflussen". Da dies ohne Kauf- und Verkaufsentscheidungen von individuellen Marktteilnehmern als zu erwartender Reaktion auf die Mitteilung der meldepflichtigen Tatsache nicht möglich ist, wissen die verantwortlichen Vorstände, daß es infolge der fehlerhaften Ad-hocInformation zu entsprechenden Anlageentscheidungen kommen wird (so zutreffend Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1067). Kennen sie die Unrichtigkeit der Adhoc -Mitteilung, so wissen sie auch, daß deshalb Wertpapierkäufe auf fehlerhafter Tatsachengrundlage getätigt werden. Da beide Beklagten die Bedeutung der konkreten Ad-hoc-Mitteilung und deren Unrichtigkeit kannten, ist - wie die Revision zutreffend geltend macht - schon nach der Lebenserfahrung davon auszugehen , daß die unrichtige Meldung keinen anderen Zweck hatte, als dem Börsenpublikum einen gestiegenen Unternehmenswert vorzuspiegeln und den Börsenpreis positiv zu beeinflussen. Von einer bloßen Leichtfertigkeit - wie das Oberlandesgericht meint - kann ersichtlich keine Rede sein. Dagegen sprechen weitere erhebliche Umstände, die das Berufungsgericht übersehen hat. Unstreitig mußte der Beklagte zu 2 in Anwesenheit des Beklagten zu 3 in der Hauptversammlung der I. AG vom 24. Juni 1999 auf entsprechende Frage einer Aktionärin klarstellen, daß die M. AG am 19. Mai 1999 lediglich 14.000 JNT-Surfstationen bestellt hatte; gleichwohl bestätigten die Beklagten - anstelle einer gebotenen sofortigen Richtigstellung durch Ad-hoc-Meldung -
bereits in der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. August 1999 wieder die falsche Ursprungsmeldung vom 20. Mai 1999. Schließlich hat das Berufungsgericht auch die bedeutsame Indiztatsache außer Betracht gelassen, daß die Beklagten in der Ad-hoc-Mitteilung vom 13. September 1999 sogar einen in vollem Umfang frei erfundenen "erneuten Mega-Deal" in Gestalt der angeblichen Order eines P.er Unternehmens über 55 Mio. DM veröffentlichten. Auch diese erneute Falschmeldung diente ersichtlich keinem anderen Zweck als der positiven Beeinflussung des Börsenkurses und der Irreführung des Börsenpublikums über den wirklichen Wert des Unternehmens.
Zudem hat das Berufungsgericht die Anforderungen an den Vorsatz überspannt.
Für den Vorsatz im Rahmen des § 826 BGB genügt ein "Eventualdolus". Dabei braucht der Täter nicht im einzelnen zu wissen, welche oder wieviele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden; vielmehr reicht aus, daß er die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden irgendwelcher anderer auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen hat (st.Rspr., so schon RGZ 55, 60; BGH, Urt. v. 20. November 1990 - VI ZR 6/90, BGHR BGB § 826 Schädigungsvorsatz 2). Angesichts der Gesamtumstände besteht hier an einer vorsätzlichen Handlungsweise der Beklagten in bezug auf die Mitteilung vom 20. Mai 1999 kein Zweifel. Den Beklagten war bei einer Parallelwertung in der (juristischen) Laiensphäre positiv bewußt, daß durch die Falschmeldung u.a. die Erwerber von I.-Aktien ihre Kaufentscheidungen auf fehlerhafter Tatsachengrundlage trafen, die sie bei der gebotenen richtigen Information entweder überhaupt nicht oder aber nur zu anderen Konditionen getroffen hätten. Derartige Schäden als Folgen ihrer - direkt vorsätzlichen - Handlungs-
weise nahmen sie zumindest billigend in Kauf. Ein solcher Eventualvorsatz der Beklagten hinsichtlich der als Folge ihres Tuns erwarteten, mindestens aber für möglich gehaltenen Schäden bei den Investoren läßt sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht aufgrund einer lediglich euphorischen Stimmung der Beklagten in bloße Fahrlässigkeit "umqualifizieren". Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß den Beklagten als u.a. für die zentrale Aufgabe der Publizität verantwortlichen Organen des Unternehmens, die über die Auswirkungen ihrer unrichtigen Ad-hoc-Information auf den Aktienmarkt Bescheid wußten, nicht durch eine (momentane) Euphorie über vermeintliche Chancen und Zukunftsperspektiven der I. AG der Verstand "vernebelt" wurde. Mit Recht rügt die Revision insoweit, daß nicht einmal nachvollziehbar dargelegt ist, worauf bezüglich des Geschäfts mit M. über die insoweit nicht ausreichende bloße Hoffnung hinaus bereits eine gesicherte Erwartung hinsichtlich der Zielvorstellung weiterer Aufträge hätte gestützt werden können; denn ersichtlich war weder die hierfür erforderliche Software bis zur Serienreife gediehen noch die Lauffähigkeit der Hardware gesichert. Abgesehen davon beträfe die etwaige Hoffnung oder Erwartung der Beklagten, den falsch gemeldeten "Mega-Deal" zu einem späteren Zeitpunkt noch zustande bringen zu können, nur die Möglichkeit einer künftigen Minderung oder wirtschaftlichen Beseitigung eines beim Anleger mit dem Aktienkauf bereits eingetretenen Vermögensschadens; das gilt insbesondere für den - wie hier - bereits dadurch entstandenen Schaden, daß der Anleger infolge der Irreführung Aktien erworben hat, die er ohne die Falschmeldung nicht erworben hätte. Eine etwaige spätere Schadenskompensation ließe aber die schon eingetretene Vollendung der vorsätzlichen Schädigung unberührt.
c) Die vorsätzliche Veröffentlichung der bewußt unwahren Ad-hocMitteilung ist schließlich auch - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts -
als sittenwidrig i.S. des § 826 BGB, d.h. als "gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" verstoßend (st.Rspr. seit RGZ 48, 114, 124), anzusehen.
Freilich genügt dafür im allgemeinen die bloße Tatsache, daß der Täter gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen hat, ebensowenig wie der Umstand , daß sein Handeln bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muß sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben. Hier wird die Verwerflichkeit allerdings bereits durch das Verhalten der Beklagten indiziert: die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch eine grob unrichtige Adhoc -Mitteilung. Ein solches Handeln verstößt derart gegen die Mindestanforderungen im Rechtsverkehr auf dem Kapitalmarkt, daß ein Ausgleich der durch sie bei den einzelnen Marktteilnehmern verursachten Vermögensschäden geboten erscheint. Eine derartige Verhaltensweise ist nicht etwa deshalb in einem milderen Licht zu sehen, weil Ad-hoc-Mitteilungen wie die vorliegende gerade in der fraglichen "euphorischen Phase" des Neuen Marktes vielfach zu Werbezwecken veröffentlicht worden sind; denn darin lag - auch im vorliegenden Fall - selbst ein Mißbrauch des Rechtsinstituts der Ad-hoc-Publizität. Zudem setzten sich die Beklagten - was das Oberlandesgericht außer Betracht läßt - bedenkenlos über die Hinweise von Mitarbeitern hinsichtlich der Unrichtigkeit der Meldung ebenso hinweg wie später über den Umstand, daß sogar in der Bereichsöffentlichkeit der Hauptversammlung der Schwindel entdeckt worden war. Mit der Veröffentlichung der Mitteilung über einen angeblichen Großauftrag - wie auch durch die weitere Falschmeldung im September 1999 - haben die Beklagten gezeigt, daß ihnen offensichtlich jedes Mittel recht war, um in den potentiellen Anlegern des Marktes positive Vorstellungen über den Wert des Unterneh-
mens hervorzurufen und über die einsetzende Nachfrage den Kurs der I.-Aktie "zu pushen".
Die Beklagten verfolgten mit den falschen Ad-hoc-Mitteilungen auch in jedenfalls objektiv unlauterer Weise "eigene Zwecke". Sie waren nämlich - was das Oberlandesgericht übersehen hat - nicht etwa unbeteiligte "Nur-Vorstände", sondern besaßen als Gründungsgesellschafter Aktien der I. AG im Millionenumfang, so daß sie von dem mit den unrichtigen Meldungen bezweckten "Pushen" der Kurse zumindest mittelbar selbst profitierten. In diesem Zusammenhang weist die Revision zutreffend darauf hin, daß die Beklagten aus - wenn auch nicht mit den hier inkriminierten Meldungen unmittelbar zusammenhängenden - unstreitigen Verkäufen eigener Aktienpakete Anfang des Jahres 1999 jeweils knapp 29 Mio. DM und im Juli 2000 jeweils ca. 500.000,00 € erlösten. Bereits daraus läßt sich entnehmen, daß ihnen auch bewußt war, daß eine durch die unrichtigen Ad-hoc-Mitteilungen bewirkte Kurssteigerung zu einer Wertsteigerung der eigenen Beteiligung an der I. AG führen würde. Vorrangiges Ziel oder gar Endziel ihrer ungesetzlichen Handlungsweise mußten solche "eigenen Zwecke" im Rahmen des § 826 BGB nicht sein.
IV. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung. Da eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich und insbesondere weitergehender entscheidungsrelevanter Vortrag zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB nicht zu erwarten ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden.
1. Nach den vorstehenden Ausführungen haften die Beklagten dem Kläger - ohne daß dies noch weiterer Ausführungen bedürfte - für den dem Zedenten P. durch die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung entstandenen
Schaden gemäß § 826 BGB auf Schadensersatz in Höhe des geltend gemachten Bruttoaufwands von 90.945,70 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung von 1.150 Stückaktien der I. AG, wie bereits das Landgericht zutreffend entschieden hatte.
2. Eine Kürzung des Ersatzanspruchs des Zedenten des Klägers gemäß § 254 BGB findet nicht statt. Es kann dahinstehen, ob gegenüber einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung der vorliegenden Art überhaupt unter dem Blickwinkel des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB dem geschädigten Anleger eine Kursbeobachtungs - und Verkaufspflicht bei sinkenden Kursen aufzuerlegen wäre (vgl. zur Mitverschuldensfrage im Rahmen von § 37 b, c WpHG n.F.: Fleischer/ Kalls, AG 2002, 329, 334 f.). Denn jedenfalls hätte der Anleger P. - unabhängig davon, wann er von den erst Ende August 2000 erfolgten Korrekturmeldungen der I. AG Kenntnis erlangte - einer wie auch immer gearteten Schadensminderungspflicht schon durch die rechtzeitige "Anmeldung" seines Ersatzanspruchs bei den Beklagten mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 7. November 2000 genügt.
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Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Die in § 437 Nr. 1 und 3 bezeichneten Ansprüche verjähren
- 1.
in 30 Jahren, wenn der Mangel - a)
in einem dinglichen Recht eines Dritten, auf Grund dessen Herausgabe der Kaufsache verlangt werden kann, oder - b)
in einem sonstigen Recht, das im Grundbuch eingetragen ist,
besteht, - 2.
in fünf Jahren - a)
bei einem Bauwerk und - b)
bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat, und
- 3.
im Übrigen in zwei Jahren.
(2) Die Verjährung beginnt bei Grundstücken mit der Übergabe, im Übrigen mit der Ablieferung der Sache.
(3) Abweichend von Absatz 1 Nr. 2 und 3 und Absatz 2 verjähren die Ansprüche in der regelmäßigen Verjährungsfrist, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 tritt die Verjährung jedoch nicht vor Ablauf der dort bestimmten Frist ein.
(4) Für das in § 437 bezeichnete Rücktrittsrecht gilt § 218. Der Käufer kann trotz einer Unwirksamkeit des Rücktritts nach § 218 Abs. 1 die Zahlung des Kaufpreises insoweit verweigern, als er auf Grund des Rücktritts dazu berechtigt sein würde. Macht er von diesem Recht Gebrauch, kann der Verkäufer vom Vertrag zurücktreten.
(5) Auf das in § 437 bezeichnete Minderungsrecht finden § 218 und Absatz 4 Satz 2 entsprechende Anwendung.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.
(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.
(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.