Landgericht Köln Urteil, 07. Juli 2016 - 29 S 180/15


Gericht
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Brühl vom 3.9.2015 –
29 C 11/15 – aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Der Beschluss aus der Eigentümerversammlung vom 5.2.2015 der Gemeinschaft T-Straße 66, 68-73, 75, 77 und G-Staße 30, X, zu TOP 6 wird für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten nach Kopfteilen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO i.V.m. § 26 Nr.8 EGZPO abgesehen. Für die tatsächlichen Feststellungen wird auf das amtsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
3Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg.
4Die Beschlussfassung zu TOP 6 – Ablehnung der Abberufung der Verwalterin E GmbH – widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, da die Verwalterin als Bevollmächtigte für 24 Wohnungseigentümer von der Stimmabgabe ausgeschlossen war. Ob die weiteren von dem Kläger gerügten Mängel der Beschlussfassung vorliegen, kann dahinstehen.
5Ob der Verwalter als Bevollmächtigter bei der Beschlussfassung über seine Abberufung aus wichtigem Grund zur Stimmabgabe berechtigt ist, ist umstritten.
6Das Amtsgericht geht unter Berufung auf die Entscheidung des OLG Hamm (Beschluss vom 20.7.2006 – 15 W 142/05 - juris) davon aus, dass der Verwalter als Vertreter einzelner Wohnungseigentümer nicht gehindert ist bei der Beschlussfassung über seine eigene Abberufung aus wichtigem Grund mitzuwirken. Die Entscheidung des OLG Hamm ist hingegen nicht einschlägig, da es in dem vom OLG Hamm zu entscheidenden Fall um die Bestellung des Verwalters ging.
7Die Auffassung des Amtsgericht wird jedoch durch die Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 15.9.2010 – 32 Wx 16/10 – juris) gestützt. Das OLG München geht davon aus, dass der Verwalter als Bevollmächtigter über seine eigene Abberufung abstimmen kann. Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Stimmrechtsverbots müssten in der Person des Vollmachtgebers vorliegen nicht in der des Vertreters. Wenn der Verwalter als Vertreter auftrete so gehe es um die Ausübung eines Stimmrechts des Miteigentümers und damit um deren Recht zur Mitgestaltung der Gemeinschaftsangelegenheiten.
8Die überwiegende Auffassung in der Literatur (vgl. Timme-Knop, § 26 Rn. 240; Riecke/Schmid-Abramenko, § 26 Rn.27; Jennißen-Jennißen, § 26 Rn. 146; Häublein ZWE ZWE 2012, 14f)) sowie das OLG Düsseldorf ZMR 1999, 60 gehen davon aus, dass der Verwalter auch andere Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über seine Abberufung aus wichtigem Grund nicht vertreten dürfe, da nach dem Rechtsgedanken des §§ 712, 737 BGB, 117, 127, 140 HGB, ein Gesellschafter dann nicht mehr stimmberechtigt sei, wenn ihm eine Rechtsposition aus wichtigem Grund entzogen werden solle.
9Nach der Entscheidung des BGH (Beschluss vom 19.9.2002 -V ZB 30/02 - juris ) ist ein Stimmrechtsausschluss für den Wohnungseigentümer, der auch Verwalter ist, dann gegeben, wenn seine Abberufung aus wichtigem Grund erfolgen soll.
10Die Kammer folgt der herrschenden Auffassung in der Literatur und der Entscheidung des OLG Düsseldorf, dass der Verwalter als Vertreter einzelner Wohnungseigentümer jedenfalls dann, wenn wie im vorliegenden Fall keine speziellen Anweisungen für die Stimmabgabe in Bezug auf die Beschlussfassung zur sofortigen Abberufung des Verwalters in der Bevollmächtigung enthalten sind, von der Stimmabgabe ausgeschlossen ist. Nach dem Rechtsgedanken der §§ 712, 737 BGB, 117, 127, 140 HGB, den auch der BGH in seiner Entscheidung vom 19.9.2002 anwendet, kann niemand in eigener Sache über die Entziehung einer Rechtsposition aus wichtigem Grund entscheiden. Die Entscheidung des OLG München ist abzulehnen. Der Verwalter nimmt auch als Vertreter, der eine eigene Willenserklärung im fremden Namen abgibt, auf die Willensbildung in der Gemeinschaft Einfluss, so dass der Sinn des Stimmrechtsverbots für den Verwalter, die Beschlussfassung nicht durch seine Sonderinteressen zu beeinflussen, auch bei der Stimmabgabe als umfassend Bevollmächtigter zum Tragen kommen muss.
11Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
12Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
13Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung noch gebieten die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes.
14Streitwert: 2.858,91 € (entsprechend der nicht angegriffenen Festsetzung durch das Amtsgericht)

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(1) Die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugnis zur Geschäftsführung kann ihm durch einstimmigen Beschluss oder, falls nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen entscheidet, durch Mehrheitsbeschluss der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
(2) Der Gesellschafter kann auch seinerseits die Geschäftsführung kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; die für den Auftrag geltende Vorschrift des § 671 Abs. 2, 3 findet entsprechende Anwendung.
Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass, wenn ein Gesellschafter kündigt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so kann ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach § 723 Abs. 1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand eintritt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht steht den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Ausschließung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter.
(1) Die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugnis zur Geschäftsführung kann ihm durch einstimmigen Beschluss oder, falls nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen entscheidet, durch Mehrheitsbeschluss der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
(2) Der Gesellschafter kann auch seinerseits die Geschäftsführung kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; die für den Auftrag geltende Vorschrift des § 671 Abs. 2, 3 findet entsprechende Anwendung.
Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass, wenn ein Gesellschafter kündigt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so kann ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach § 723 Abs. 1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand eintritt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht steht den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Ausschließung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.