Landgericht Köln Urteil, 30. Aug. 2016 - 11 S 497/15
Gericht
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 25.11.2015 – Az. 125 C 162/15 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
- Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO –
1
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
2Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
3Die Kläger wehren sich gegen die fehlende Rückerstattung des Ticketpreises in Höhe von je 564 € (Grundpreis), den Kerosinzuschlag, auch YQ-Zuschlag genannt, in Höhe von 320 € pro Person, die Kosten der Sitzplatzreservierung in Höhe von insgesamt 240 € sowie die Kreditkartengebühren von 36 € für die von ihnen gebuchten Flüge von Bremen über Frankfurt nach Orlando am 02.01.2015 und zurück am 02.04.2015.
41.
5Grundsätzlich ist die Vorschrift des § 649 BGB, der das Kündigungsrecht im Werkvertragsrecht regelt, abdingbar (vgl. Palandt, 75. Auflage, § 649 Rn 16, MüKo BGB, 6. Auflage 2012, § 649 Rn 5). Abweichende Vereinbarungen könnten mithin zwischen den Vertragsparteien getroffen werden. Dies ist vorliegend auch geschehen, denn die Parteien haben, in dem sie eine Erstattung des Ticketpreises bei Stornierung ausgeschlossen haben, eine dem Grundgedanken des § 649 BGB abweichende Regelung getroffen.
6Diese von den Klägern gebuchte Tarifoption - Ticket ohne Stornierungsmöglichkeit – unterfällt auch nicht dem AGB-Recht, so dass auch kein Verstoß gegen die §§ 307 ff. BGB gegeben ist. Nach § 305 Abs. 1 S. 3 BGB liegen dann keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. Vorliegend hat der Kunde bei der Buchung eines Fluges die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Tarifoptionen zu wählen, die unterschiedliche Folgen u.a. bei Stornierung und Umbuchung vorsehen und starke Preisunterschiede aufweisen.
7Trotz des Umstandes, dass die verschiedenen Tarifoptionen, zwischen denen der Kunde wählen kann, von der Beklagten vorformulierte Vertragsbedingungen darstellen, können diese nach der BGH-Rechtsprechung ausgehandelt sein, wenn der Verwender sie als eine von mehreren Alternativen anbietet, zwischen denen der Vertragspartner die Wahl hat. Erforderlich hierfür ist, dass die Ergänzungen nicht nur unselbständiger Art bleiben (z.B. Anfügen von Namen und Vertragsobjekt), sondern den Gehalt der Regelung beeinflussen und die Wahlfreiheit nicht durch die Einflussnahme des Verwenders, sei es durch Gestaltung des Formulars oder in andere Weise überlagert wird (BGH, Urteil vom 06.12.2002, Az. V ZR 220/02; BGH, Urteil vom 13.11.1997, Az. X ZR 135/95, juris). Dem steht auch nicht entgegen, dass die verschiedenen Vertragsoptionen mit unterschiedlichen Entgeltabreden verbunden sind, denn die Hauptpreisabreden unterliegen nicht den §§ 307 Abs. 1, 308, 309 BGB. Ein durchschlagender Grund, Vertragsalternativen mit unterschiedlichen Entgeltregelungen der Aushandlungsmöglichkeit zu entziehen und sie unterschiedslos als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu behandeln, besteht nicht (BGH, Urteil vom 13.11.1997, Az. X ZR 135/95, juris; Palandt, 75. Auflage, § 305 Rn 11).
8Vorliegend hat die Beklagte anhand der Anlage B 2 (Bl. 132 ff.) dargelegt, dass dem Kunden bei der Flugbuchung vier verschiedene Tarifoptionen im Bereich Economy zur Verfügung stehen, die u.a. für Umbuchungen, Erstattung, Meilengutschrift und Meilenupgrade verschiedene Leistungen vorsehen. In der Sparte Economy Basic ist erkennbar, dass eine Erstattung des Flugpreises bei Stornierung ausgeschlossen ist. In der Tarifklasse Economy Flex befindet sich bei dem Fenster „Erstattung“ der Buchungsübersicht ein Häkchen, durch welches sichtbar ist, dass eine Erstattung bei Stornierung des Fluges möglich ist. Ferner ist in der Buchungsübersicht erkennbar, dass die verschiedenen Tarifoptionen zu stark variierenden Preisen angeboten werden, im Beispielsfall kostet der Flug im Tarif Basic 444,89 €, während bei Wahl des Tarifs Economy Flex bereits 1.349,89 € aufgewendet werden müssen. Nach Auffassung der Kammer genügt die von der Beklagten angebotene Auswahl zwischen vier Tarifen mit verschiedenen Leistungsmerkmalen, um davon ausgehen zu können, dass der Kunde Einfluss auf die Gestaltung des Vertrages nehmen kann, indem er die Wahl zwischen den verschiedenen Tarifen hat, bei denen sich die Leistungen auch nicht nur auf unselbständige Vertragsbestandteile beziehen, sondern Teile der Hauptpflichten der Vertragspartner definieren. Eine Einflussnahme des Verwenders, also der Beklagten, auf die Wahl des Kunden ist vorliegend aufgrund der Gestaltung der Buchungsformulare nicht zu erkennen. Ferner stehen einem freien Aushandeln des Vertrages auch nicht die verschiedenen Preise der unterschiedlichen Tarife entgegen, denn der Verwender darf für verschiedene Vertragsoptionen auch unterschiedliche Preise verlangen. Insgesamt ist im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH von einem freien Aushandeln des Tarifes mit den unterschiedlichen Leistungsmerkmalen, die sich auf die Möglichkeiten der Umbuchung bzw. der Erstattung bei Stornierung ergeben, auszugehen, so dass die von den Klägern gewählte Tarifart – Ticket ohne Stornierungsmöglichkeit bzw. keine Erstattung bei Stornierung – nicht der AGB-Kontrolle unterfällt.
9Die Kläger können mithin nicht einwenden, die fehlende Erstattung des Ticketpreises bei Stornierung benachteilige sie unangemessen im Sinne der §§ 305 ff. BGB.
102.
11Die Tickets der Kläger haben insgesamt 2.362,72 € gekostet, nach Stornierung derselben hat die Beklagte zweimal 159,36 €, insgesamt also 318,72 € an die Kläger zurück erstattet. Hierbei handelte es sich um Steuern und Gebühren, die sie anhand der Anlage B 1 (Bl. 128) im Einzelnen aufgeschlüsselt hat. Die Höhe dieser Gebühren wird von Klägerseite nicht in Abrede gestellt.
12a) Der Ticketgrundpreis in Höhe von zweimal 564 € ist von der Beklagten nicht zu erstatten. Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob die Beklagte die Plätze in den von den Klägern gebuchten Flügen erneut verkaufen konnte. Denn die Parteien haben jegliche Erstattung des Ticketpreises, ohne dass es darauf ankommt, ob die Beklagte die frei gewordenen Plätze neu belegen kann, ausgeschlossen. Dies ist Grundlage des Vertrages geworden, unabhängig davon, ob die Kläger diese Vereinbarung – im Nachhinein – für unangemessen halten. Einer AGB-Kontrolle unterliegt diese Regelung, wie oben ausgeführt, gerade nicht.
13Für die Kläger war die fehlende Erstattungsfähigkeit auch vor Buchung erkennbar, zum einen bei der Auswahl der Tarifoptionen (Bl. 132), zum anderen u.a. nochmals am Ende des Buchungsvorganges (Bl. 145 f.), bei dem ausdrücklich aufgeführt ist „Die Stornierung des Tickets ist nicht möglich.“
14b) Der Kerosin- oder YQ-Zuschlag ist Teil des Ticketpreises, dieser bildet einen pauschalen Zuschlag für den Kerosinverbrauch bei der Beförderung, ohne Rücksicht darauf, ob der Fluggast tatsächlich befördert wird, wie viele Gepäckstücke mit welchem Gewicht er aufgibt und welches Eigengewicht dieser selbst besitzt. Er ist damit genaugenommen Bestandteil des Ticketpreises, so dass bei Wegfall der Beförderung dieser Bestandteil des Preises von den Fluggesellschaften auch nicht erspart wird. Denn durch die Abwicklung des Fluges entstehen die Kosten in jedem Falle, egal ob der betreffende Passagier den Flug wahrnimmt oder nicht. Bedenken gegen eine Pauschalierung dieses Zuschlags bestehen ebenfalls nicht, führt man sich vor Augen, dass dieser Bestandteil des Ticketpreises ist.
15Bei der Buchung ist für den Kunden – was im vorliegenden Fall auch nicht in Abrede gestellt wird – erkennbar, dass dieser Teil der Zuschläge, anders als andere Steuern und Gebühren, bei Nichtantritt nicht erstattungsfähig ist. In der Anlage B 2 (Bl. 146) ist erkennbar, dass die Beklagte ausdrücklich darauf hinweist, dass der internationale/nationale Zuschlag (YQ-Zuschlag) nicht erstattbar ist. Auch die Höhe dieses Zuschlags lässt sich durch Öffnen eines Fensters erfahren, so dass die Kläger vor Abschluss der Buchung hätten erkennen können, dass im Falle des Nichtantritts der Flüge auch dieser Zuschlag nicht würde erstattet werden.
16c) Auch die Kosten für die Sitzplatzreservierung in Höhe von 240 € sind von der Beklagten nicht zurückzuerstatten. Hierbei handelt es sich um einen besonders buchbaren Service, den der Fluggast bei der Beklagten wählt und entsprechend vergüten muss. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Beklagte genau diese Plätze erneut vergibt und hierfür Gebühren erhält. Der Fluggast erhält besondere Plätze, für die er ein zusätzliches Entgelt zahlen muss, diese Umstände sind aber mit der Zahlung des Ticket-Grundpreises vergleichbar, so dass für eine Erstattung dieser Gebühr nichts anderes gelten kann als für die Erstattung des Ticketpreises, für die die Kläger mit der Beklagten vertraglich eine Erstattung im Falle der Stornierung ausgeschlossen haben.
17d) Gleiches gilt für die Kreditkartengebühr in Höhe von 36 €. Diese Gebühren sind mit der ursprünglichen Buchung und Zahlung der Flüge angefallen und entfallen auch bei einem Nichtantritt derselben nicht.
183.
19Nach allem ist die Berufung insgesamt mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
20Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
21Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO.
22Berufungsstreitwert: 2.044 €.
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(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.
(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
- 1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und - 2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.