Landgericht Kleve Beschluss, 02. Sept. 2014 - 4 T 528/14

ECLI:ECLI:DE:LGKLE:2014:0902.4T528.14.00
bei uns veröffentlicht am02.09.2014

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Moers vom 14.08.2014 wird teilweise abgeändert.

Der Betroffenen wird Rechtsanwalt T beigeordnet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 76 Voraussetzungen


(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. (2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskosten

Strafgesetzbuch - StGB | § 11 Personen- und Sachbegriffe


(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist 1. Angehöriger: wer zu den folgenden Personen gehört: a) Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 276 Verfahrenspfleger


(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn1.von der persönlichen Anhörung des Betr

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 78 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben, wird dem Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten au

Rechtspflegergesetz - RPflG 1969 | § 15 Betreuungssachen und betreuungsgerichtliche Zuweisungssachen


(1) Von den Angelegenheiten, die dem Betreuungsgericht übertragen sind, bleiben dem Richter vorbehalten:1.Verrichtungen aufgrund der §§ 1814 bis 1816, 1817 Absatz 1 bis 4, der §§ 1818, 1819, 1820 Absatz 3 bis 5 und des § 1868 Absatz 1 bis 4 und 7 des

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2013 - V ZB 121/12

bei uns veröffentlicht am 12.09.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 121/12 vom 12. September 2013 in der Zurückschiebungshaftsache Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. September 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub, die Richterinnen

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juni 2010 - XII ZB 232/09

bei uns veröffentlicht am 23.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 232/09 vom 23. Juni 2010 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja FamFG § 78 Abs. 2 a) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, ist dem Beteiligten im Rahmen der bewi
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landgericht Kleve Beschluss, 02. Sept. 2014 - 4 T 528/14.

Landgericht München I Beschluss, 19. Sept. 2016 - 13 T 15081/16

bei uns veröffentlicht am 19.09.2016

Tenor Der Beschluss des Amtsgerichts München vom 22.07.2016 wird abgeändert: Der Betroffenen wird Rechtsanwalt Wolfgang N. beigeordnet. Gründe Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründ

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(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben, wird dem Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn hierdurch besondere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Verfahrensbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet der Beteiligte keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihm auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 232/09
vom
23. Juni 2010
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
a) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, ist dem
Beteiligten im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt
beizuordnen, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach- und
Rechtslage erforderlich ist. Entscheidend ist dabei, ob ein bemittelter
Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen
Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte.
b) Die gebotene einzelfallbezogene Prüfung lässt eine Herausbildung von Regeln
, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder
grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, regelmäßig nicht zu. Ein
Regel-Ausnahme-Verhältnis ist nach der gebotenen individuellen Bemessung
deswegen nicht mit dem Gesetz vereinbar.
c) Das Verfahren kann sich für einen Beteiligten auch allein wegen einer
schwierigen Sachlage oder allein wegen einer schwierigen Rechtslage so
kompliziert darstellen, dass auch ein bemittelter Beteiligter einen Rechtsanwalt
hinzuziehen würde. Jeder der genannten Umstände kann also die Beiordnung
eines Rechtsanwalts erforderlich machen.
d) Die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilt sich auch
nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten.
e) Auch wenn der Grundsatz der Waffengleichheit kein allein entscheidender
Gesichtspunkt für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe
mehr ist, kann der Umstand der anwaltlichen Vertretung
anderer Beteiligter ein Kriterium für die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines
Rechtsanwalts wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage sein.
BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - XII ZB 232/09 - OLG Düsseldorf
AGOberhausen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Juni 2010 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dose, Dr. Klinkhammer und Dr. Günter

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Dezember 2009 aufgehoben. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Oberhausen vom 5. November 2009 abgeändert. Dem Antragsteller wird im Rahmen der für das erstinstanzliche Verfahren bewilligten Verfahrenskostenhilfe Rechtsanwalt G. M. in O. beigeordnet. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Streitwert: 3.000 €

Gründe:

I.

1
Der Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Vater) und die Beteiligte zu 2 (im Folgenden : Mutter) sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um das Umgangsrecht des Vaters mit ihren im Februar 1999 und Mai 2000 geborenen Kindern.
2
In einem gerichtlichen Vergleich vom 17. April 2009 hatten die Eltern ein Umgangsrecht des Vaters mit den beiden Kindern im zweiwöchigen Turnus - jeweils von freitags 16 Uhr bis sonntags 16 Uhr - vereinbart. Die Besuchszeiten konnten tagsüber auch in Anwesenheit der Lebensgefährtin des Vaters verbracht werden, während die Übernachtungen ohne die Lebensgefährtin in der Wohnung des Vaters stattfinden sollten. Nach Abschluss des Vergleichs zog der Vater mit seiner Lebensgefährtin zusammen. Er begehrt nunmehr Abänderung des Vergleichs und ein Umgangsrecht, das sich vierzehntägig auf jeweils samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr erstreckt.
3
Das Amtsgericht hat dem Vater ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt, den Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts aber abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Vaters gegen die Abweisung seines Antrags auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Vaters.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft, weil das Beschwerdegericht sie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Daran ist der Senat gemäß § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG gebunden. Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig und begründet.
5
1. In Familiensachen, die weder Ehesachen noch Familienstreitsachen sind (vgl. §§ 112 f. FamFG), ergibt sich ein Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe aus den §§ 76 ff. FamFG. § 76 Abs. 1 FamFG ordnet die entsprechende Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe an, soweit in den nachfolgenden Vorschriften nichts Abweichendes bestimmt ist.
6
a) Die Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen einer bewilligten Verfahrenskostenhilfe sind in § 78 FamFG gesondert geregelt. Die Vorschrift unterscheidet ausdrücklich zwischen Verfahren mit Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 FamFG) und Verfahren, in denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist (§ 78 Abs. 2 FamFG). Nur wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben ist, wird dem Beteiligten nach § 78 Abs. 1 FamFG stets ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet. Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt hingegen nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl nach § 78 Abs. 2 FamFG nur beigeordnet, "wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint". Für die regelmäßig nicht streng kontradiktorisch geprägten Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat die Vorschrift die Regelung in § 121 Abs. 2 2. Alt. ZPO, wonach in Zivilsachen die Beiordnung eines Anwalts geboten ist, wenn auch ein anderer Beteiligter anwaltlich vertreten ist, ausdrücklich nicht übernommen (BT-Drucks. 16/6308 S. 214).
7
b) Nach § 114 Abs. 1 FamFG müssen sich die Ehegatten in Ehe- und Folgesachen sowie die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. In den übrigen Familiensachen ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht nicht zwingend vorgeschrieben. Auch in Kindschaftssachen, zu denen nach § 151 Nr. 2 FamFG Verfahren über das Umgangsrecht zählen, richtet sich die Beiordnung eines Rechtsanwalts also nach § 78 Abs. 2 FamFG.
8
2. Unter welchen Voraussetzungen nach § 78 Abs. 2 FamFG wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
9
a) Teilweise wird unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung ein sehr enger Maßstab für die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 78 Abs. 2 FamFG vertreten. Die Beiordnung richte sich nach der Schwierigkeit der Sachund Rechtslage, sei also allein nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Auch die Schwere des Eingriffs in die Rechte eines Beteiligten erfülle die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen einer bewilligten Verfahrenskostenhilfe regelmäßig nicht. Unzureichende persönliche Fähigkeiten des Antragstellers könnten eine Beiordnung nicht begründen. Ob der Antragsteller in rechtlichen Angelegenheiten unbewandert sei, sei angesichts der bestehenden Amtsermittlungspflicht ohne Belang (KG Berlin - 19 WF 136/09 - veröffentlicht bei juris; Götsche FamRZ 2009, 383, 386 f.; Prütting/ Helms/Stößer FamFG § 78 Rdn. 3 f.; Horndasch/Viefhues/Götsche FamFG § 78 Rdn. 26 ff., 33; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 30. Aufl. § 78 FamFG Rdn. 3).
10
b) Eine andere Auffassung knüpft an die Rechtsprechung des Senats zur Prozesskostenhilfe in früheren Kindschaftssachen (jetzt Abstammungssachen) an (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. September 2007 - XII ZB 27/07 - FamRZ 2007, 1968 Tz. 7 ff. und vom 2. Juni 2010 - XII ZB 60/09 - zur Veröffentlichung bestimmt; OLG Frankfurt NJW 2007, 230 f.). Wegen der besonderen Bedeutung sei auch in Kindschaftssachen nach neuem Recht grundsätzlich die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich (OLG Schleswig FamRZ 2010, 826, 827; Bork/Jacoby/Schwab/Müther FamFG § 78 Rdn. 4).
11
c) Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur beurteilt die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage im Sinne von § 78 Abs. 2 FamFG nicht allein nach objektiven Kriterien, sondern berücksichtigt daneben auch subjektive Umstände. Zu berücksichtigen sei auch die Fähigkeit der Beteiligten , sich mündlich oder schriftlich auszudrücken. Nur dies genüge dem aus dem Sozialstaats- und Rechtsstaatsprinzip folgenden Gebot der Gleichstellung von Bemittelten und Unbemittelten zur Verwirklichung eines effektiven Rechtsschutzes. Unter Berücksichtigung des Einzelfalles sei deswegen auch auf der Grundlage der gesetzlichen Neuregelung durch das FamFG von Bedeutung, in wieweit ein Beteiligter subjektiv in der Lage sei, seine Rechte und Interessen im Verfahren durchzusetzen, insbesondere, ob er in der Lage sei, sich mündlich und schriftlich auszudrücken (OLG Bremen - 4 WF 47/10 - veröffentlicht bei juris ; OLG Hamburg - 10 WF 91/09 - veröffentlicht bei juris; OLG Hamburg - 12 WF 254/09 - veröffentlicht bei juris; OLG Zweibrücken NJW 2010, 1212, 1213; OLG Celle FamRZ 2010, 582; OLG Zweibrücken FamRZ 2010, 579, 580; Bahrenfuss/Wittenstein FamFG § 78 Rdn. 5 f.; Keidel/Zimmermann FamFG § 78 Rdn. 4; FamVerf/Gutjahr 2. Aufl. § 2 Rdn. 72 ff.; Musielak/Borth FamFG § 78 Rdn. 4).
12
3. Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.
13
a) Der Wortlaut des § 78 Abs. 2 FamFG spricht allerdings dafür, die Erforderlichkeit der Anwaltsbeiordnung nach objektiven Kriterien zu bemessen. Darauf stellt ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung ab (BT-Drucks. 16/6308 S. 213 f.).
14
aa) Bei der gebotenen objektiven Bemessung der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage ist nach § 78 Abs. 2 FamFG nicht nur auf die Ermittlung der tatsächlichen Umstände, sondern auch auf die rechtliche Einordnung abzu- stellen. Freilich kann sich das Verfahren für einen Beteiligten allein wegen einer schwierigen Sachlage oder allein wegen einer schwierigen Rechtslage so kompliziert darstellen, dass auch ein bemittelter Beteiligter einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde. Anderes lässt sich auch der Gesetzesbegründung nicht entnehmen (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 213 f.). Jeder der genannten Umstände, die Schwierigkeit der Sachlage oder die Schwierigkeit der Rechtslage, kann also für sich allein die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe erforderlich machen (OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 580, 581; Schürmann FamRB 2009, 58, 60; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 30. Aufl. § 78 FamFG Rdn. 3).
15
bb) Den Grundsatz der "Waffengleichheit" hat der Gesetzgeber allerdings bewusst nicht aus § 121 Abs. 2 2. Alt. ZPO in die gesetzliche Neuregelung des § 78 Abs. 2 FamFG übernommen, weil die §§ 76 ff. FamFG nicht für streitige Ehesachen und Familienstreitsachen gelten (BT-Drucks. 16/6308 S. 214; OLG Celle NdsRpfl 2010, 171; FamVerf/Gutjahr 2. Aufl. § 2 Rdn. 73; Bahrenfuss/Wittenstein FamFG § 78 Rdn. 7; Horndasch/Viefhues/Götsche § 78 Rdn. 31 f.). In den verbleibenden Familiensachen sei das Gericht aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 26 FamFG ohnehin zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung verpflichtet. Dies gelte auch in Fällen, in denen die Beteiligten entgegen gesetzte Ziele verfolgen, wie etwa in Umgangsverfahren (BT-Drucks. 16/6308 S. 214). Nach diesem Willen des Gesetzgebers kann im familiengerichtlichen Amtsermittlungsverfahren nicht - wie im Zivilprozess - stets vom Grundsatz notwendiger Waffengleichheit ausgegangen werden. Auch wenn andere Beteiligte anwaltlich vertreten sind, führt dies nicht notwendig zur Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe.
16
Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass ein pauschaliertes Abstellen auf den Amtsermittlungsgrundsatz gegen das Prinzip der Rechtsschutzgleichheit verstößt (BVerfG NZS 2002, 420; NJW-RR 2007, 1713, 1714 und Beschluss vom 6. Mai 2009 - 1 BvR 439/08 - veröffentlicht bei juris Tz. 20). Auch die Rolle eines Beteiligten im familiengerichtlichen Amtsverfahren kann nicht darauf reduziert werden, einerseits Sachanträge zu stellen, um im Folgenden mangels eigener Fähigkeiten zur Verfahrensgestaltung Objekt des Verfahrens zu sein. Als Verfahrenssubjekt mit persönlichen Rechten und Pflichten werden die beteiligten Eltern weder durch den Amtsermittlungsgrundsatz ihrer Mitwirkungs- und Verfahrensförderungsmöglichkeit enthoben, noch durch einen Verfahrensbeistand der betroffenen Kinder ausreichend vertreten. Denn die Eltern verfolgen mit ihren Anträgen auch eigene Rechte von Verfassungsrang (vgl. auch OLG Zweibrücken NJW 2010, 1212, 1213).
17
Selbst wenn der Grundsatz der Waffengleichheit nach dem Willen des Gesetzgebers kein allein entscheidender Gesichtspunkt für die Beiordnung eines Rechtsanwalts sein soll, kann der Umstand der anwaltlichen Vertretung anderer Beteiligter gleichwohl ein Kriterium für die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage sein (OLG Bremen - 4 WF 47/10 - veröffentlicht bei juris; OLG Celle MDR 2010, 392; Keidel/Zimmermann FamFG 16. Aufl. § 78 Rdn. 17).
18
cc) Die Erforderlichkeit der anwaltlichen Vertretung beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die gebotene einzelfallbezogene Prüfung lässt eine Herausbildung von Regeln, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, nur in engen Grenzen zu.
19
Zwar hat der Senat zum früheren Recht entschieden, dass im Vaterschaftsfeststellungsverfahren jedenfalls dann, wenn die Parteien entgegengesetzte Ziele verfolgen, bereits die existenzielle Bedeutung der Sache die Beiordnung eines Rechtsanwalts nahelegen kann (Senatsbeschlüsse vom 11. September 2007 - XII ZB 27/07 - FamRZ 2007, 1968 und vom 2. Juni 2010 - XII ZB 60/09 - zur Veröffentlichung bestimmt). Diese Rechtsprechung kann - entgegen der abweichenden Auffassung - auf das neue Verfahrensrecht nach dem FamFG allerdings nicht in gleicher Weise übertragen werden. Denn die Schwere des Eingriffs in die Rechte eines Beteiligten soll nach der Gesetzesbegründung die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe nicht mehr erfüllen (BT-Drucks. 16/6308 S. 2214). Ob ein vom allgemeinen Zivilprozess und auch vom Familienverfahren stark abweichendes Verfahren eine besonders schwierige Rechtslage begründen kann (vgl. zu § 121 Abs. 2 ZPO Senatsbeschlüsse vom 11. September 2007 - XII ZB 27/07 - FamRZ 2007, 1968 und vom 2. Juni 2010 - XII ZB 60/09 - zur Veröffentlichung bestimmt), kann hier dahinstehen.
20
Denn mit den für und gegen alle wirkenden Statussachen sind die Kindschaftssachen und insbesondere die Umgangsrechtsverfahren nicht vergleichbar. Zwar werden auch bei Umgangsrechtsstreitigkeiten Grundrechtspositionen der Eltern und des Kindes berührt, und der Umgangsberechtigung kann im Einzelfall existenzielle Bedeutung für einen der Beteiligten zukommen. Die Schwere des Eingriffs soll nach der gesetzlichen Neuregelung allerdings kein Kriterium für eine Anwaltsbeiordnung bilden. Sie rechtfertigt auch nicht den Schluss, dass sich ein bemittelter Rechtssuchender bei Umgangsstreitigkeiten vernünftigerweise stets oder doch nahezu ausnahmslos anwaltlichen Beistands versichert hätte. Daraus lässt sich weder generell noch als Regel herleiten, dass Umgangsstreitigkeiten besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art mit sich bringen und deshalb ausnahmslos oder doch im Regelfall die Beiord- nung eines Rechtsanwalts erfordern. Ein Regel-Ausnahme-Verhältnis ist nach der gebotenen individuellen Bemessung deswegen nicht mit dem Gesetz vereinbar (Senatsbeschluss vom 18. Februar 2009 - XII ZB 137/08 - FamRZ 2009, 857 Tz. 10; OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 580, 581).
21
b) Neben den objektiven Umständen sind bei der Bemessung der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage i.S. von § 78 Abs. 2 FamFG aber auch subjektive Umstände des betreffenden Beteiligten zu berücksichtigen. Zwar nennt die Gesetzesbegründung solche subjektiven Kriterien für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Anwaltsbeiordnung nicht ausdrücklich; sie schließt diese aber auch nicht aus (BT-Drucks. 16/6308 S. 213 f.).
22
aa) Die Vorschrift des § 121 Abs. 2 ZPO, die in den bis August 2009 eingeleiteten Verfahren (vgl. insoweit Art. 111 FGG-RG) auch Rechtsgrundlage für die Anwaltsbeiordnung in Familiensachen ist, sieht in Verfahren ohne Anwaltszwang eine Beiordnung vor, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Die danach notwendige Einzelfallprüfung setzt nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine konkrete, an den objektiven wie subjektiven Gegebenheiten des konkreten Falles orientierte Notwendigkeitsprüfung voraus (Senatsbeschluss vom 18. Februar 2009 - XII ZB 137/08 - FamRZ 2009, 857 Tz. 11). Maßgebend sind daher neben Umfang und Schwierigkeit der Rechtssache auch die Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (Senatsbeschluss vom 18. Februar 2009 - XII ZB 137/08 - FamRZ 2009, 857 Tz. 9).
23
Diese Rechtsprechung des Senats beruht auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach für die Anwaltsbeiordnung im Rahmen einer bewilligten Verfahrenskostenhilfe entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten ver- nünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Dem aus dem Sozialstaats- und Rechtsstaatsprinzip folgenden Gebot der weitestgehenden Gleichstellung von Bemittelten und Unbemittelten trägt die Entscheidung über die Beiordnung eines Rechtsanwalts deswegen nur dann Rechnung, wenn sie auch die subjektiven Umstände des konkreten Einzelfalles einbezieht. Für die Entscheidung ist somit regelmäßig neben dem Umfang und der Schwierigkeit der konkreten Sache auch die Fähigkeit des Beteiligten maßgeblich, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (BVerfG NJW-RR 2007, 1713, 1714; vgl. auch BVerfGE 63, 380, 394).
24
bb) Im Hinblick auf diese eindeutige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit der ausdrücklichen Bezeichnung objektiver Kriterien für die Anwaltsbeiordnung (BT-Drucks. 16/6308 S. 214) die von Verfassungs wegen für eine solche Entscheidung auch vorgegebenen subjektiven Kriterien ausschließen wollte. Die Vorschrift lässt deswegen eine verfassungskonforme Auslegung in dem Sinne zu (vgl. insoweit Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - XII ZR 161/08 - FamRZ 2009, 2744 Tz. 28 ff.), dass auch die persönlichen Fähigkeiten des Beteiligten zu berücksichtigen sind (vgl. auch OLG Rostock - 10 WF 248/09 - veröffentlicht bei juris).
25
Ob die Beiordnung im Sinne von § 78 Abs. 2 FamFG erforderlich erscheint , hängt also davon ab, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (BVerfG NJW 1997, 2103, 2104; NJW-RR 2007, 1713, 1714 und Beschluss vom 6. Mai 2009 - 1 BvR 439/08 - veröffentlicht bei juris Tz. 17). Auch ein bemittelter Verfahrensbeteiligter beurteilt die Notwendigkeit zur Beauftragung eines Rechtsanwalts unter Berücksichtigung seiner eigenen subjektiven Fähigkeiten. Die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rah- men der bewilligten Verfahrenskostenhilfe beurteilt sich also auch nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten (OLG Bremen - 4 WF 47/10 - veröffentlicht bei juris; OLG Hamburg - 10 WF 91/09 - veröffentlicht bei juris; OLG Hamburg - 12 WF 254/09 - veröffentlicht bei juris; OLG Zweibrücken NJW 2010, 1212, 1213; Bahrenfuss/Wittenstein FamFG § 78 Rdn. 5; Keidel/Zimmermann FamFG 16. Aufl. § 78 Rdn. 4; FamVerf/Gutjahr 2. Aufl. § 2 Rdn. 75).
26
3. Auf dieser gesetzlichen Grundlage haben die Instanzgerichte die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der dem Antragsteller bewilligten Verfahrenskostenhilfe zu Unrecht abgelehnt.
27
a) § 78 Abs. 2 FamFG verlangt, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Einzelfall erforderlich ist. Dies setzt eine konkrete, an den objektiven wie subjektiven Gegebenheiten des konkreten Falles orientierte Notwendigkeitsprüfung voraus. Diese dem Tatrichter vorbehaltene Prüfung wird nicht dadurch entbehrlich oder erleichtert, dass für die Erforderlichkeit der Beiordnung pauschal auf den einfachen, mittleren oder hohen Schwierigkeitsgrad einer Verfahrensart abgestellt wird. Auch lässt das Erforderlichkeitskriterium für RegelAusnahme -Sätze bei Kindschaftssachen schon im Hinblick auf die Vielfalt der Lebenssachverhalte keinen Raum.
28
b) Entgegen der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts ist die Sachund Rechtslage hier bereits aus objektiver Sicht nicht einfach gelagert.
29
Zwar hatte der Vater sogar eine Reduzierung des in dem gerichtlichen Vergleich eingeräumten Umgangsrechts beantragt. Allerdings hatte die Mutter das Umgangsrecht unter Hinweis auf ein belastetes Verhältnis der Kinder zur Lebensgefährtin des Vaters völlig abgelehnt. Auch die beantragte Reduzierung des Umgangsrechts, gegenüber der nach Auffassung des Oberlandesgerichts von vornherein geringerer Widerstand zu erwarten sei, hatte die Mutter unter Hinweis auf eine ablehnende Haltung der Kinder abgelehnt, zumal ein kurzes Umgangsrecht "nichts bringe". Ob die Ablehnung des Umgangs mit der Lebensgefährtin des Vaters auf dem Willen der Kinder beruht oder von der Mutter beeinflusst ist, haben die Instanzgerichte nicht ausreichend geklärt. Schließlich hatte die Mutter ein gemeinsames Gespräch im Jugendamt an den Nachweis des Umzugs des Vaters geknüpft und somit eine einvernehmliche Lösung verhindert. Selbst die Eignung der Wohnräume des Vaters zur Ausübung des Umgangsrechts mit Übernachtung hatte die anwaltlich vertretene Mutter in Frage gestellt.
30
Zwar hat die Mutter im Beschwerdeverfahren auf eine jetzt bestehende Bereitschaft der Kinder zu Umgangskontakten mit Übernachtungen beim Vater hingewiesen. Sie hat aber auch auf fortdauernde Auseinandersetzungen der Eltern hingewiesen, die eine einvernehmliche Regelung erschweren. Ob dies allein eine Anwaltsbeiordnung erfordert, kann hier allerdings dahinstehen.
31
c) Entscheidend für die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe sind hier die subjektiven Umstände beim Vater.
32
Der Vater hatte bereits zu Beginn des Verfahrens und auch gegenüber dem Jugendamt auf eine bestehende "Stoffwechselerkrankung im Gehirn" hingewiesen , die der Mutter bekannt sei. Weil der Gesundheitszustand des Vaters als subjektiver Umstand für die Entscheidung über die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht unerheblich ist, hätten das Amtsgericht und das Oberlandesgericht auf die ausdrücklichen Bitten des Vaters rechtliche Hinweise erteilen müssen. Denn der Vater hatte angeboten, auf einen Hinweis des Gerichts weitere Beweise - beispielsweise Atteste - vorzulegen. Dieser Hinweispflicht aus § 28 FamFG sind die Instanzgerichte nicht in der gebotenen Weise nachgekommen. Die Rechtsbeschwerde rügt deswegen zu Recht, dass der Vater die erst im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung zur näheren Konkretisierung seiner Erkrankung schon in erster Instanz vorgelegt hätte und der Inhalt deswegen auch jetzt noch berücksichtigt werden muss. Nach dem Inhalt der ärztlichen Bescheinigung leidet der Vater an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis.
33
Im Hinblick auf diese schwere Erkrankung des Vaters und das persönlich stark belastete Verhältnis der Eltern, das zu einer Ablehnung des Umgangsrechts durch die Mutter geführt hatte, hätte das Amtsgericht dem Vater im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe auch einen Rechtsanwalt beiordnen müssen. Weil insoweit nicht mehr mit weiteren Feststellungen zur Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts zu rechnen ist, kann der Senat die Entscheidung nachholen und dem Vater für die erste Instanz seinen Verfahrensbevollmächtigten beiordnen. Hahne Dose Weber-Monecke Klinkhammer Günter
Vorinstanzen:
AG Oberhausen, Entscheidung vom 05.11.2009 - 55 F 1272/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.12.2009 - II-8 WF 211/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 121/12
vom
12. September 2013
in der Zurückschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. September 2013 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub, die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 19. Juni 2012 und der weitere Vollzug der Haft in dem Zeitraum vom 19. Juni bis zum 27. Juni 2012 ihn in seinen Rechten verletzt haben.
Die Kostenentscheidung im Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 19. Juni 2012 wird aufgehoben. Der Betroffene trägt 2/3 der in den Rechtsmittelinstanzen entstandenen Gerichtskosten. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in den Rechtsmittelverfahren notwendigen Auslagen des Betroffenen werden zu 1/3 der Bundesrepublik Deutschland auferlegt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Betroffene, ein afghanischer Staatsangehöriger, wurde am 2. Juni 2012 von Beamten der beteiligten Behörde festgenommen, da er zwar einen gültigen afghanischen Reisepass, jedoch keinen Aufenthaltstitel für die Bundesrepublik Deutschland bei sich führte. Eine EURODAC-Anfrage ergab, dass der Betroffene in den Niederlanden Asyl beantragt hatte, sein Antrag jedoch am 19. Februar 2012 abgelehnt worden war. Die beteiligte Behörde erließ gegen den Betroffenen eine Zurückschiebungsverfügung.
2
Auf den Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 3. Juni 2012 die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung des Betroffenen angeordnet. Der Betroffene hat durch einen Rechtsanwalt Beschwerde gegen die Haftanordnung eingelegt und beantragt, ihm Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts zu bewilligen. Das Landgericht hat dem Betroffenen Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz bewilligt, den Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch abgelehnt. Nach Anhörung des Betroffenen ohne Beisein eines Rechtsanwalts hat das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 19. Juni 2012 die Beschwerde zurückgewiesen. Der Betroffene , der am 27. Juni 2012 in die Niederlande zurückgeschoben worden ist, beantragt mit der Rechtsbeschwerde festzustellen, dass er durch die Haftanordnung des Amtsgerichts und die Entscheidung des Beschwerdegerichts in seinen Rechten verletzt worden ist.

II.

3
Das Beschwerdegericht prüft die förmlichen Voraussetzungen des Haftantrags nach § 417 Abs. 2 FamFG, bejaht diese und stellt weiter fest, dass das für die Abschiebung erforderliche Einvernehmen der Staatsanwaltschaft im Zeitpunkt der Haftanordnung vorgelegen habe. Es meint, die Haftanordnung sei auch materiell rechtmäßig, weil der Betroffene unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist und nach dessen Anhörung davon auszugehen sei, dass dieser - entgegen seinen Angaben - nicht freiwillig in die Niederlande zurückkehren, sondern in der Bundesrepublik untertauchen werde.

III.

4
Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG nach Erledigung der Hauptsache durch die Zurückschiebung des Betroffenen mit dem Feststellungsantrag nach § 62 FamFG statthafte (Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150, 151 Rn. 9 f.) und auch im Übrigen zulässige (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde ist in der Sache teilweise begründet.
5
1. Der Feststellungsantrag bleibt ohne Erfolg, soweit er sich gegen die Haftanordnung des Amtsgerichts wendet. Diese ist rechtmäßig ergangen und hat den Betroffenen nicht in seinen Rechten verletzt. Von einer Begründung wird insoweit nach § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
6
2. Erfolg hat der Feststellungsantrag jedoch in Bezug auf die Entscheidung des Beschwerdegerichts.
7
a) Das Beschwerdegericht hat den Betroffenen zwar nach § 68 Abs. 3 Satz 1, § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG persönlich angehört, ihm aber die effektive Verwirklichung seiner Rechte in dem Verfahren dadurch vorenthalten, dass es ihm einen Rechtsanwalt nicht beigeordnet hat und der Betroffene deshalb bei seiner Anhörung nicht anwaltlich vertreten war. Der Senat hat - allerdings erst nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses - entschieden, dass einem unbemittelten Betroffenen, dem nach § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen ist, in der Regel auch ein Rechtsanwalt nach § 78 Abs. 2 FamFG beizuordnen ist (Senat, Beschluss vom 28. Februar 2013 - V ZB 138/12, FGPrax 2013, 132, 133 Rn. 14 f).
8
aa) Nach § 78 Abs. 2 FamFG ist ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Dabei kommt es nicht nur auf die objektiven Umstände, sondern auch auf die subjektiven Fähigkeiten des Betroffenen an (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - XII ZB 232/09, BGHZ 186, 70, 78, Rn. 21). Dem unbemittelten Betroffenen ist dann ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn ein bemittelter Betroffener in seiner Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (Senat, Beschluss vom 28. Februar 2013 - V ZB 138/12, aaO, mwN). Die Auslegung der Vorschrift in § 78 Abs. 2 FamFG hat sich daran zu orientieren, dass die Rechtsschutzgarantie in Art. 19 Abs. 4 GG unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) und des Sozialstaatsprinzips verlangt , dass die Situation von Bemittelten und von Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend angeglichen werden muss (BVerfG, NJW 1997, 2103, 2104; NJW-RR 2007, 1713, 1714).
9
bb) Gemessen daran hätte das Beschwerdegericht dem Betroffenen einen Rechtsanwalt zu seiner Vertretung im Beschwerdeverfahren beiordnen müssen. Das gilt auch bei einem einfachen Ausgangssachverhalt, wenn der Betroffene - wie hier - Verfahrensfehler und einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend machen will. Dazu ist er nur mit Unterstützung eines Rechtsanwalts in der Lage, den auch eine bemittelte Partei mit ihrer Ver- tretung beauftragt hätte (Senat, Beschluss vom 28. Februar 2013 - V ZB 138/12, aaO Rn. 15).
10
Verfehlt sind dagegen die auf die Vorschrift über die Bestellung eines Verfahrenspflegers (§ 419 Abs. 1 FamFG) gestützten Erwägungen des Beschwerdegerichts im Beschluss über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, mit denen es die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt hat. Die Vorschrift regelt einen anderen Gegenstand. In § 419 FamFG ist bestimmt, dass das Gericht dem Betroffenen (unabhängig von seiner finanziellen Lage) einen Verfahrenspfleger beiordnen muss, wenn das zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers ist vor diesem Hintergrund insbesondere dann notwendig, wenn der Betroffene sich in einem seine freie Willensbildung ausschließenden Zustand oder einer vergleichbaren hilflosen Lage befindet (vgl. BT-Drucks. 16/6308, S. 292). Dafür ist hier indessen weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.
11
b) Ist die Beschwerde eines mittellosen Ausländers gegen eine Haftanordnung ohne die gebotene Beiordnung eines Rechtsanwalts zurückgewiesen worden, stellt sich der weitere Vollzug der Abschiebungshaft als eine Verletzung des Freiheitgrundrechts dar (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Februar 2013 - V ZB 138/12, FGPrax 1013, 132, 133 Rn. 12 ff.). Für die im Rechtsbeschwerdeverfahren zu treffende Feststellung analog § 62 FamFG ist es unerheblich, ob die Beschwerde nach Beiordnung eines Rechtsanwalts auf der Grundlage des Vorbringens des Betroffenen im Beschwerdeverfahren zurückzuweisen gewesen wäre. Die unter Verletzung des Anspruchs des nicht bemittelten Betroffenen auf Rechtsschutzgleichheit durch Beiordnung eines Rechtsanwalts (vgl. BVerfG, NJW-RR 2007, 1713, 1714) durchgeführte Anhörung im Beschwerdeverfahren drückt der Fortsetzung der Haft den Makel der Grundrechtsverletzung auf, weil nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG in die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit der Person nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin beschriebenen Formen beschränkt werden darf (BVerfGE 10, 302, 303; 58, 208, 220; NVwZ 2011, 1254, 1255 - std. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts).

IV.

12
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 Satz 1, § 83 Abs. 2, § 84, § 430 FamFG, § 128c Abs. 3 Satz 2 KostO. Dem Betroffenen werden danach die in den Rechtsmittelverfahren entstandenen Gerichtskosten insoweit anteilig auferlegt, wie sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist. Über die weiteren Gerichtskosten bedarf es auf Grund des Umstands keiner Entscheidung, dass von der beteiligten Behörde Gebühren nicht erhoben werden (§ 128c Abs. 3 Satz 2 KostO). Unter Berücksichtigung der Regelung in Art. 5 EMRK entspricht es zudem billigem Ermessen, die Bundesrepublik Deutschland, der die beteiligte Behörde angehört, zur Erstattung eines Teils der notwendigen Auslagen des Betroffenen zu verpflichten. Die Quote entspricht dem Verhältnis des gesamten Haftzeitraums zu dem Zeitraum, für den die Rechtsbeschwerde Erfolg hat. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 128c Abs. 2, § 30 Abs. 2 KostO.
Stresemann Czub Brückner Weinland Kazele

Vorinstanzen:
AG Flensburg, Entscheidung vom 03.06.2012 - 500 XIV 830 B -
LG Flensburg, Entscheidung vom 19.06.2012 - 5 T 150/12 -

(1) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben, wird dem Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn hierdurch besondere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Verfahrensbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet der Beteiligte keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihm auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 232/09
vom
23. Juni 2010
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
a) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, ist dem
Beteiligten im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt
beizuordnen, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach- und
Rechtslage erforderlich ist. Entscheidend ist dabei, ob ein bemittelter
Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen
Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte.
b) Die gebotene einzelfallbezogene Prüfung lässt eine Herausbildung von Regeln
, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder
grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, regelmäßig nicht zu. Ein
Regel-Ausnahme-Verhältnis ist nach der gebotenen individuellen Bemessung
deswegen nicht mit dem Gesetz vereinbar.
c) Das Verfahren kann sich für einen Beteiligten auch allein wegen einer
schwierigen Sachlage oder allein wegen einer schwierigen Rechtslage so
kompliziert darstellen, dass auch ein bemittelter Beteiligter einen Rechtsanwalt
hinzuziehen würde. Jeder der genannten Umstände kann also die Beiordnung
eines Rechtsanwalts erforderlich machen.
d) Die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilt sich auch
nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten.
e) Auch wenn der Grundsatz der Waffengleichheit kein allein entscheidender
Gesichtspunkt für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe
mehr ist, kann der Umstand der anwaltlichen Vertretung
anderer Beteiligter ein Kriterium für die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines
Rechtsanwalts wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage sein.
BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - XII ZB 232/09 - OLG Düsseldorf
AGOberhausen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Juni 2010 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dose, Dr. Klinkhammer und Dr. Günter

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Dezember 2009 aufgehoben. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Oberhausen vom 5. November 2009 abgeändert. Dem Antragsteller wird im Rahmen der für das erstinstanzliche Verfahren bewilligten Verfahrenskostenhilfe Rechtsanwalt G. M. in O. beigeordnet. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Streitwert: 3.000 €

Gründe:

I.

1
Der Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Vater) und die Beteiligte zu 2 (im Folgenden : Mutter) sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um das Umgangsrecht des Vaters mit ihren im Februar 1999 und Mai 2000 geborenen Kindern.
2
In einem gerichtlichen Vergleich vom 17. April 2009 hatten die Eltern ein Umgangsrecht des Vaters mit den beiden Kindern im zweiwöchigen Turnus - jeweils von freitags 16 Uhr bis sonntags 16 Uhr - vereinbart. Die Besuchszeiten konnten tagsüber auch in Anwesenheit der Lebensgefährtin des Vaters verbracht werden, während die Übernachtungen ohne die Lebensgefährtin in der Wohnung des Vaters stattfinden sollten. Nach Abschluss des Vergleichs zog der Vater mit seiner Lebensgefährtin zusammen. Er begehrt nunmehr Abänderung des Vergleichs und ein Umgangsrecht, das sich vierzehntägig auf jeweils samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr erstreckt.
3
Das Amtsgericht hat dem Vater ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt, den Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts aber abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Vaters gegen die Abweisung seines Antrags auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Vaters.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft, weil das Beschwerdegericht sie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Daran ist der Senat gemäß § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG gebunden. Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig und begründet.
5
1. In Familiensachen, die weder Ehesachen noch Familienstreitsachen sind (vgl. §§ 112 f. FamFG), ergibt sich ein Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe aus den §§ 76 ff. FamFG. § 76 Abs. 1 FamFG ordnet die entsprechende Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe an, soweit in den nachfolgenden Vorschriften nichts Abweichendes bestimmt ist.
6
a) Die Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen einer bewilligten Verfahrenskostenhilfe sind in § 78 FamFG gesondert geregelt. Die Vorschrift unterscheidet ausdrücklich zwischen Verfahren mit Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 FamFG) und Verfahren, in denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist (§ 78 Abs. 2 FamFG). Nur wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben ist, wird dem Beteiligten nach § 78 Abs. 1 FamFG stets ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet. Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt hingegen nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl nach § 78 Abs. 2 FamFG nur beigeordnet, "wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint". Für die regelmäßig nicht streng kontradiktorisch geprägten Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat die Vorschrift die Regelung in § 121 Abs. 2 2. Alt. ZPO, wonach in Zivilsachen die Beiordnung eines Anwalts geboten ist, wenn auch ein anderer Beteiligter anwaltlich vertreten ist, ausdrücklich nicht übernommen (BT-Drucks. 16/6308 S. 214).
7
b) Nach § 114 Abs. 1 FamFG müssen sich die Ehegatten in Ehe- und Folgesachen sowie die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. In den übrigen Familiensachen ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht nicht zwingend vorgeschrieben. Auch in Kindschaftssachen, zu denen nach § 151 Nr. 2 FamFG Verfahren über das Umgangsrecht zählen, richtet sich die Beiordnung eines Rechtsanwalts also nach § 78 Abs. 2 FamFG.
8
2. Unter welchen Voraussetzungen nach § 78 Abs. 2 FamFG wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
9
a) Teilweise wird unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung ein sehr enger Maßstab für die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 78 Abs. 2 FamFG vertreten. Die Beiordnung richte sich nach der Schwierigkeit der Sachund Rechtslage, sei also allein nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Auch die Schwere des Eingriffs in die Rechte eines Beteiligten erfülle die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen einer bewilligten Verfahrenskostenhilfe regelmäßig nicht. Unzureichende persönliche Fähigkeiten des Antragstellers könnten eine Beiordnung nicht begründen. Ob der Antragsteller in rechtlichen Angelegenheiten unbewandert sei, sei angesichts der bestehenden Amtsermittlungspflicht ohne Belang (KG Berlin - 19 WF 136/09 - veröffentlicht bei juris; Götsche FamRZ 2009, 383, 386 f.; Prütting/ Helms/Stößer FamFG § 78 Rdn. 3 f.; Horndasch/Viefhues/Götsche FamFG § 78 Rdn. 26 ff., 33; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 30. Aufl. § 78 FamFG Rdn. 3).
10
b) Eine andere Auffassung knüpft an die Rechtsprechung des Senats zur Prozesskostenhilfe in früheren Kindschaftssachen (jetzt Abstammungssachen) an (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. September 2007 - XII ZB 27/07 - FamRZ 2007, 1968 Tz. 7 ff. und vom 2. Juni 2010 - XII ZB 60/09 - zur Veröffentlichung bestimmt; OLG Frankfurt NJW 2007, 230 f.). Wegen der besonderen Bedeutung sei auch in Kindschaftssachen nach neuem Recht grundsätzlich die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich (OLG Schleswig FamRZ 2010, 826, 827; Bork/Jacoby/Schwab/Müther FamFG § 78 Rdn. 4).
11
c) Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur beurteilt die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage im Sinne von § 78 Abs. 2 FamFG nicht allein nach objektiven Kriterien, sondern berücksichtigt daneben auch subjektive Umstände. Zu berücksichtigen sei auch die Fähigkeit der Beteiligten , sich mündlich oder schriftlich auszudrücken. Nur dies genüge dem aus dem Sozialstaats- und Rechtsstaatsprinzip folgenden Gebot der Gleichstellung von Bemittelten und Unbemittelten zur Verwirklichung eines effektiven Rechtsschutzes. Unter Berücksichtigung des Einzelfalles sei deswegen auch auf der Grundlage der gesetzlichen Neuregelung durch das FamFG von Bedeutung, in wieweit ein Beteiligter subjektiv in der Lage sei, seine Rechte und Interessen im Verfahren durchzusetzen, insbesondere, ob er in der Lage sei, sich mündlich und schriftlich auszudrücken (OLG Bremen - 4 WF 47/10 - veröffentlicht bei juris ; OLG Hamburg - 10 WF 91/09 - veröffentlicht bei juris; OLG Hamburg - 12 WF 254/09 - veröffentlicht bei juris; OLG Zweibrücken NJW 2010, 1212, 1213; OLG Celle FamRZ 2010, 582; OLG Zweibrücken FamRZ 2010, 579, 580; Bahrenfuss/Wittenstein FamFG § 78 Rdn. 5 f.; Keidel/Zimmermann FamFG § 78 Rdn. 4; FamVerf/Gutjahr 2. Aufl. § 2 Rdn. 72 ff.; Musielak/Borth FamFG § 78 Rdn. 4).
12
3. Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.
13
a) Der Wortlaut des § 78 Abs. 2 FamFG spricht allerdings dafür, die Erforderlichkeit der Anwaltsbeiordnung nach objektiven Kriterien zu bemessen. Darauf stellt ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung ab (BT-Drucks. 16/6308 S. 213 f.).
14
aa) Bei der gebotenen objektiven Bemessung der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage ist nach § 78 Abs. 2 FamFG nicht nur auf die Ermittlung der tatsächlichen Umstände, sondern auch auf die rechtliche Einordnung abzu- stellen. Freilich kann sich das Verfahren für einen Beteiligten allein wegen einer schwierigen Sachlage oder allein wegen einer schwierigen Rechtslage so kompliziert darstellen, dass auch ein bemittelter Beteiligter einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde. Anderes lässt sich auch der Gesetzesbegründung nicht entnehmen (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 213 f.). Jeder der genannten Umstände, die Schwierigkeit der Sachlage oder die Schwierigkeit der Rechtslage, kann also für sich allein die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe erforderlich machen (OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 580, 581; Schürmann FamRB 2009, 58, 60; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 30. Aufl. § 78 FamFG Rdn. 3).
15
bb) Den Grundsatz der "Waffengleichheit" hat der Gesetzgeber allerdings bewusst nicht aus § 121 Abs. 2 2. Alt. ZPO in die gesetzliche Neuregelung des § 78 Abs. 2 FamFG übernommen, weil die §§ 76 ff. FamFG nicht für streitige Ehesachen und Familienstreitsachen gelten (BT-Drucks. 16/6308 S. 214; OLG Celle NdsRpfl 2010, 171; FamVerf/Gutjahr 2. Aufl. § 2 Rdn. 73; Bahrenfuss/Wittenstein FamFG § 78 Rdn. 7; Horndasch/Viefhues/Götsche § 78 Rdn. 31 f.). In den verbleibenden Familiensachen sei das Gericht aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 26 FamFG ohnehin zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung verpflichtet. Dies gelte auch in Fällen, in denen die Beteiligten entgegen gesetzte Ziele verfolgen, wie etwa in Umgangsverfahren (BT-Drucks. 16/6308 S. 214). Nach diesem Willen des Gesetzgebers kann im familiengerichtlichen Amtsermittlungsverfahren nicht - wie im Zivilprozess - stets vom Grundsatz notwendiger Waffengleichheit ausgegangen werden. Auch wenn andere Beteiligte anwaltlich vertreten sind, führt dies nicht notwendig zur Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe.
16
Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass ein pauschaliertes Abstellen auf den Amtsermittlungsgrundsatz gegen das Prinzip der Rechtsschutzgleichheit verstößt (BVerfG NZS 2002, 420; NJW-RR 2007, 1713, 1714 und Beschluss vom 6. Mai 2009 - 1 BvR 439/08 - veröffentlicht bei juris Tz. 20). Auch die Rolle eines Beteiligten im familiengerichtlichen Amtsverfahren kann nicht darauf reduziert werden, einerseits Sachanträge zu stellen, um im Folgenden mangels eigener Fähigkeiten zur Verfahrensgestaltung Objekt des Verfahrens zu sein. Als Verfahrenssubjekt mit persönlichen Rechten und Pflichten werden die beteiligten Eltern weder durch den Amtsermittlungsgrundsatz ihrer Mitwirkungs- und Verfahrensförderungsmöglichkeit enthoben, noch durch einen Verfahrensbeistand der betroffenen Kinder ausreichend vertreten. Denn die Eltern verfolgen mit ihren Anträgen auch eigene Rechte von Verfassungsrang (vgl. auch OLG Zweibrücken NJW 2010, 1212, 1213).
17
Selbst wenn der Grundsatz der Waffengleichheit nach dem Willen des Gesetzgebers kein allein entscheidender Gesichtspunkt für die Beiordnung eines Rechtsanwalts sein soll, kann der Umstand der anwaltlichen Vertretung anderer Beteiligter gleichwohl ein Kriterium für die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage sein (OLG Bremen - 4 WF 47/10 - veröffentlicht bei juris; OLG Celle MDR 2010, 392; Keidel/Zimmermann FamFG 16. Aufl. § 78 Rdn. 17).
18
cc) Die Erforderlichkeit der anwaltlichen Vertretung beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die gebotene einzelfallbezogene Prüfung lässt eine Herausbildung von Regeln, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, nur in engen Grenzen zu.
19
Zwar hat der Senat zum früheren Recht entschieden, dass im Vaterschaftsfeststellungsverfahren jedenfalls dann, wenn die Parteien entgegengesetzte Ziele verfolgen, bereits die existenzielle Bedeutung der Sache die Beiordnung eines Rechtsanwalts nahelegen kann (Senatsbeschlüsse vom 11. September 2007 - XII ZB 27/07 - FamRZ 2007, 1968 und vom 2. Juni 2010 - XII ZB 60/09 - zur Veröffentlichung bestimmt). Diese Rechtsprechung kann - entgegen der abweichenden Auffassung - auf das neue Verfahrensrecht nach dem FamFG allerdings nicht in gleicher Weise übertragen werden. Denn die Schwere des Eingriffs in die Rechte eines Beteiligten soll nach der Gesetzesbegründung die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe nicht mehr erfüllen (BT-Drucks. 16/6308 S. 2214). Ob ein vom allgemeinen Zivilprozess und auch vom Familienverfahren stark abweichendes Verfahren eine besonders schwierige Rechtslage begründen kann (vgl. zu § 121 Abs. 2 ZPO Senatsbeschlüsse vom 11. September 2007 - XII ZB 27/07 - FamRZ 2007, 1968 und vom 2. Juni 2010 - XII ZB 60/09 - zur Veröffentlichung bestimmt), kann hier dahinstehen.
20
Denn mit den für und gegen alle wirkenden Statussachen sind die Kindschaftssachen und insbesondere die Umgangsrechtsverfahren nicht vergleichbar. Zwar werden auch bei Umgangsrechtsstreitigkeiten Grundrechtspositionen der Eltern und des Kindes berührt, und der Umgangsberechtigung kann im Einzelfall existenzielle Bedeutung für einen der Beteiligten zukommen. Die Schwere des Eingriffs soll nach der gesetzlichen Neuregelung allerdings kein Kriterium für eine Anwaltsbeiordnung bilden. Sie rechtfertigt auch nicht den Schluss, dass sich ein bemittelter Rechtssuchender bei Umgangsstreitigkeiten vernünftigerweise stets oder doch nahezu ausnahmslos anwaltlichen Beistands versichert hätte. Daraus lässt sich weder generell noch als Regel herleiten, dass Umgangsstreitigkeiten besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art mit sich bringen und deshalb ausnahmslos oder doch im Regelfall die Beiord- nung eines Rechtsanwalts erfordern. Ein Regel-Ausnahme-Verhältnis ist nach der gebotenen individuellen Bemessung deswegen nicht mit dem Gesetz vereinbar (Senatsbeschluss vom 18. Februar 2009 - XII ZB 137/08 - FamRZ 2009, 857 Tz. 10; OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 580, 581).
21
b) Neben den objektiven Umständen sind bei der Bemessung der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage i.S. von § 78 Abs. 2 FamFG aber auch subjektive Umstände des betreffenden Beteiligten zu berücksichtigen. Zwar nennt die Gesetzesbegründung solche subjektiven Kriterien für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Anwaltsbeiordnung nicht ausdrücklich; sie schließt diese aber auch nicht aus (BT-Drucks. 16/6308 S. 213 f.).
22
aa) Die Vorschrift des § 121 Abs. 2 ZPO, die in den bis August 2009 eingeleiteten Verfahren (vgl. insoweit Art. 111 FGG-RG) auch Rechtsgrundlage für die Anwaltsbeiordnung in Familiensachen ist, sieht in Verfahren ohne Anwaltszwang eine Beiordnung vor, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Die danach notwendige Einzelfallprüfung setzt nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine konkrete, an den objektiven wie subjektiven Gegebenheiten des konkreten Falles orientierte Notwendigkeitsprüfung voraus (Senatsbeschluss vom 18. Februar 2009 - XII ZB 137/08 - FamRZ 2009, 857 Tz. 11). Maßgebend sind daher neben Umfang und Schwierigkeit der Rechtssache auch die Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (Senatsbeschluss vom 18. Februar 2009 - XII ZB 137/08 - FamRZ 2009, 857 Tz. 9).
23
Diese Rechtsprechung des Senats beruht auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach für die Anwaltsbeiordnung im Rahmen einer bewilligten Verfahrenskostenhilfe entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten ver- nünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Dem aus dem Sozialstaats- und Rechtsstaatsprinzip folgenden Gebot der weitestgehenden Gleichstellung von Bemittelten und Unbemittelten trägt die Entscheidung über die Beiordnung eines Rechtsanwalts deswegen nur dann Rechnung, wenn sie auch die subjektiven Umstände des konkreten Einzelfalles einbezieht. Für die Entscheidung ist somit regelmäßig neben dem Umfang und der Schwierigkeit der konkreten Sache auch die Fähigkeit des Beteiligten maßgeblich, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (BVerfG NJW-RR 2007, 1713, 1714; vgl. auch BVerfGE 63, 380, 394).
24
bb) Im Hinblick auf diese eindeutige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit der ausdrücklichen Bezeichnung objektiver Kriterien für die Anwaltsbeiordnung (BT-Drucks. 16/6308 S. 214) die von Verfassungs wegen für eine solche Entscheidung auch vorgegebenen subjektiven Kriterien ausschließen wollte. Die Vorschrift lässt deswegen eine verfassungskonforme Auslegung in dem Sinne zu (vgl. insoweit Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - XII ZR 161/08 - FamRZ 2009, 2744 Tz. 28 ff.), dass auch die persönlichen Fähigkeiten des Beteiligten zu berücksichtigen sind (vgl. auch OLG Rostock - 10 WF 248/09 - veröffentlicht bei juris).
25
Ob die Beiordnung im Sinne von § 78 Abs. 2 FamFG erforderlich erscheint , hängt also davon ab, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (BVerfG NJW 1997, 2103, 2104; NJW-RR 2007, 1713, 1714 und Beschluss vom 6. Mai 2009 - 1 BvR 439/08 - veröffentlicht bei juris Tz. 17). Auch ein bemittelter Verfahrensbeteiligter beurteilt die Notwendigkeit zur Beauftragung eines Rechtsanwalts unter Berücksichtigung seiner eigenen subjektiven Fähigkeiten. Die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rah- men der bewilligten Verfahrenskostenhilfe beurteilt sich also auch nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten (OLG Bremen - 4 WF 47/10 - veröffentlicht bei juris; OLG Hamburg - 10 WF 91/09 - veröffentlicht bei juris; OLG Hamburg - 12 WF 254/09 - veröffentlicht bei juris; OLG Zweibrücken NJW 2010, 1212, 1213; Bahrenfuss/Wittenstein FamFG § 78 Rdn. 5; Keidel/Zimmermann FamFG 16. Aufl. § 78 Rdn. 4; FamVerf/Gutjahr 2. Aufl. § 2 Rdn. 75).
26
3. Auf dieser gesetzlichen Grundlage haben die Instanzgerichte die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der dem Antragsteller bewilligten Verfahrenskostenhilfe zu Unrecht abgelehnt.
27
a) § 78 Abs. 2 FamFG verlangt, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Einzelfall erforderlich ist. Dies setzt eine konkrete, an den objektiven wie subjektiven Gegebenheiten des konkreten Falles orientierte Notwendigkeitsprüfung voraus. Diese dem Tatrichter vorbehaltene Prüfung wird nicht dadurch entbehrlich oder erleichtert, dass für die Erforderlichkeit der Beiordnung pauschal auf den einfachen, mittleren oder hohen Schwierigkeitsgrad einer Verfahrensart abgestellt wird. Auch lässt das Erforderlichkeitskriterium für RegelAusnahme -Sätze bei Kindschaftssachen schon im Hinblick auf die Vielfalt der Lebenssachverhalte keinen Raum.
28
b) Entgegen der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts ist die Sachund Rechtslage hier bereits aus objektiver Sicht nicht einfach gelagert.
29
Zwar hatte der Vater sogar eine Reduzierung des in dem gerichtlichen Vergleich eingeräumten Umgangsrechts beantragt. Allerdings hatte die Mutter das Umgangsrecht unter Hinweis auf ein belastetes Verhältnis der Kinder zur Lebensgefährtin des Vaters völlig abgelehnt. Auch die beantragte Reduzierung des Umgangsrechts, gegenüber der nach Auffassung des Oberlandesgerichts von vornherein geringerer Widerstand zu erwarten sei, hatte die Mutter unter Hinweis auf eine ablehnende Haltung der Kinder abgelehnt, zumal ein kurzes Umgangsrecht "nichts bringe". Ob die Ablehnung des Umgangs mit der Lebensgefährtin des Vaters auf dem Willen der Kinder beruht oder von der Mutter beeinflusst ist, haben die Instanzgerichte nicht ausreichend geklärt. Schließlich hatte die Mutter ein gemeinsames Gespräch im Jugendamt an den Nachweis des Umzugs des Vaters geknüpft und somit eine einvernehmliche Lösung verhindert. Selbst die Eignung der Wohnräume des Vaters zur Ausübung des Umgangsrechts mit Übernachtung hatte die anwaltlich vertretene Mutter in Frage gestellt.
30
Zwar hat die Mutter im Beschwerdeverfahren auf eine jetzt bestehende Bereitschaft der Kinder zu Umgangskontakten mit Übernachtungen beim Vater hingewiesen. Sie hat aber auch auf fortdauernde Auseinandersetzungen der Eltern hingewiesen, die eine einvernehmliche Regelung erschweren. Ob dies allein eine Anwaltsbeiordnung erfordert, kann hier allerdings dahinstehen.
31
c) Entscheidend für die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe sind hier die subjektiven Umstände beim Vater.
32
Der Vater hatte bereits zu Beginn des Verfahrens und auch gegenüber dem Jugendamt auf eine bestehende "Stoffwechselerkrankung im Gehirn" hingewiesen , die der Mutter bekannt sei. Weil der Gesundheitszustand des Vaters als subjektiver Umstand für die Entscheidung über die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht unerheblich ist, hätten das Amtsgericht und das Oberlandesgericht auf die ausdrücklichen Bitten des Vaters rechtliche Hinweise erteilen müssen. Denn der Vater hatte angeboten, auf einen Hinweis des Gerichts weitere Beweise - beispielsweise Atteste - vorzulegen. Dieser Hinweispflicht aus § 28 FamFG sind die Instanzgerichte nicht in der gebotenen Weise nachgekommen. Die Rechtsbeschwerde rügt deswegen zu Recht, dass der Vater die erst im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung zur näheren Konkretisierung seiner Erkrankung schon in erster Instanz vorgelegt hätte und der Inhalt deswegen auch jetzt noch berücksichtigt werden muss. Nach dem Inhalt der ärztlichen Bescheinigung leidet der Vater an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis.
33
Im Hinblick auf diese schwere Erkrankung des Vaters und das persönlich stark belastete Verhältnis der Eltern, das zu einer Ablehnung des Umgangsrechts durch die Mutter geführt hatte, hätte das Amtsgericht dem Vater im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe auch einen Rechtsanwalt beiordnen müssen. Weil insoweit nicht mehr mit weiteren Feststellungen zur Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts zu rechnen ist, kann der Senat die Entscheidung nachholen und dem Vater für die erste Instanz seinen Verfahrensbevollmächtigten beiordnen. Hahne Dose Weber-Monecke Klinkhammer Günter
Vorinstanzen:
AG Oberhausen, Entscheidung vom 05.11.2009 - 55 F 1272/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.12.2009 - II-8 WF 211/09 -

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
von der persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 278 Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 abgesehen werden soll oder
2.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegen den erklärten Willen des Betroffenen erfolgen soll.

(2) Von der Bestellung kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. Die Nichtbestellung ist zu begründen.

(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.

(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.

(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

(1) Von den Angelegenheiten, die dem Betreuungsgericht übertragen sind, bleiben dem Richter vorbehalten:

1.
Verrichtungen aufgrund der §§ 1814 bis 1816, 1817 Absatz 1 bis 4, der §§ 1818, 1819, 1820 Absatz 3 bis 5 und des § 1868 Absatz 1 bis 4 und 7 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie die anschließende Bestellung eines neuen Betreuers;
2.
die Bestellung eines neuen Betreuers im Fall des Todes des Betreuers nach § 1869 des Bürgerlichen Gesetzbuchs;
3.
Verrichtungen auf Grund des § 1871 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, des § 291 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit;
4.
Verrichtungen auf Grund der §§ 1825, 1829 und 1830 des Bürgerlichen Gesetzbuchs;
5.
(weggefallen)
6.
die Anordnung einer Betreuung oder Pflegschaft auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften;
7.
die Entscheidung nach § 1834 des Bürgerlichen Gesetzbuchs;
8.
die Genehmigung nach § 6 des Gesetzes über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden;
9.
die Genehmigung nach § 3 Absatz 1 Satz 2 sowie nach § 6 Absatz 2 Satz 1, § 7 Absatz 3 Satz 2 und § 9 Absatz 3 Satz 1, jeweils in Verbindung mit § 3 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen;
10.
die Genehmigung für den Antrag auf Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder auf Aufhebung der Lebenspartnerschaft durch den gesetzlichen Vertreter eines geschäftsunfähigen Ehegatten oder Lebenspartners nach § 125 Absatz 2 Satz 2, § 270 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(2) Die Maßnahmen und Anordnungen nach den §§ 6 bis 12 des Erwachsenenschutzübereinkommens-Ausführungsgesetzes vom 17. März 2007 (BGBl. I S. 314) bleiben dem Richter vorbehalten.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
Angehöriger:wer zu den folgenden Personen gehört:
a)
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist,
b)
Pflegeeltern und Pflegekinder;
2.
Amtsträger:wer nach deutschem Recht
a)
Beamter oder Richter ist,
b)
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder
c)
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;
2a.
Europäischer Amtsträger:wer
a)
Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist,
b)
Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder
c)
mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist;
3.
Richter:wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist;
4.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter:wer, ohne Amtsträger zu sein,
a)
bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder
b)
bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen,
beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist;
5.
rechtswidrige Tat:nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht;
6.
Unternehmen einer Tat:deren Versuch und deren Vollendung;
7.
Behörde:auch ein Gericht;
8.
Maßnahme:jede Maßregel der Besserung und Sicherung, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung;
9.
Entgelt:jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung.

(2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt.

(3) Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.