Landgericht Kleve Urteil, 29. Juli 2015 - 1 O 22/15


Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten abzuwenden durch Erbringen einer Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist Eigentümer des Pkw Audi A 4 mit dem amtlichen Kennzeichen WES – xx xxx, mit dem er am 04.10.2014 gegen 3:15 Uhr die B 510 von Kamp-Lintfort kommend in Richtung Rheinberg befuhr. Ihm kam mit hoher Geschwindigkeit ein Einsatzfahrzeug der örtlichen Polizei entgegen, das auf die Fahrbahn aufgebrachten Rollsplitt aufschleuderte, der das Fahrzeug des Klägers beschädigte.
3In einem Telefonat teilte der Beklagte dem Kläger mit, der Schaden werde ordnungsgemäß reguliert werden und bestätigte seine Haftung dem Grunde nach mit Schreiben vom 21.10.2014 schriftlich.Der Kläger beauftragte den Sachverständigen xxxx mit der Gutachtenerstellung.Mit Schreiben vom 06.11.2014 bezifferte der von dem Kläger beauftragte Prozessbevollmächtigte des Klägers gegenüber dem Polizeipräsidium Duisburg den Schaden des Klägers und forderte zur Zahlung bis zum 20.11.2014 auf. Der Schaden des Klägers wurde daraufhin bis auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten beglichen.
4Der Kläger trägt vor, es handele sich bei den Rechtsanwaltskosten (1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 4.420,27 €) von 492,54 € um einen adäquat kausalen Schaden gem. § 249 BGB aus dem Unfallgeschehen, so dass diese Kosten von dem Beklagten zu erstatten seien. Es handele sich vorliegend auch nicht um einen rechtlich einfach gelagerten Verkehrsunfall, denn einen solchen gebe es für einen Rechtsunkundigen überhaupt nicht.
5Der Kläger beantragt,
6den Beklagten zu verurteilen, an ihn 492,54 € nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 21.11.2014 zu bezahlen.
7Der Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Er trägt vor, die Beauftragung eines Rechtsanwaltes sei vorliegend nicht erforderlich und zweckmäßig gewesen, da der Beklagte – unstreitig – weder den Unfallhergang noch die Haftung des Beklagten für die entstandenen Schäden je bestritten hat.
10Auch handele es sich bei dem anwaltlichen Schreiben vom 06.11.2014 um ein Schreiben einfacher Art, so dass allenfalls eine 0,3 Geschäftsgebühr nach Nr.2301 RVG anfallen könne.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
12Entscheidungsgründe
13Die zulässige Klage ist unbegründet.
14Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der ihm bei der Regulierung des Schadens aus dem Geschehen vom 04.10.2014 entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 € aus §§ 249, 839 BGB, Art.34 GG.
15Der einem Geschädigten zustehende Schadenersatzanspruch umfasst die Erstattung von Rechtsanwaltskosten nur dann, wenn „die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war“ (BGH, Urt. vom 08.05.2012, VI ZR 196/11, Rn 8 m.w.N.).
16Eine solche Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts lässt sich hier nicht feststellen.
17Das Unfallgeschehen selbst, bei dem der Pkw des Klägers beschädigt wurde, ist ganz einfach gelagert. Einen Streit um dieses Unfallgeschehen und die vollständige Haftung des Beklagten für den daraus entstandenen Schaden hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Vielmehr hat die Beklagte bereits etwa 2 Wochen nach dem Geschehen sowohl mündlich in einem Telefonat wie auch schriftlich (Schreiben vom 21.10.2011) ihre Haftung für den entstandenen Schaden anerkannt.Soweit dieses Schreiben den Satz enthält„Hier weise ich vorsorglich darauf hin, dass das Gutachten aus Kostenminderungsgründen durch eine freie Werkstatt erfolgen sollte.“könnte sich zwar möglicherweise daraus eine Berechtigung zur Einholung anwaltlichen Beistandes ergeben. Dies kann jedoch letztlich dahinstehen, da vorliegend jedenfalls aus diesem Satz keine Meinungsverschiedenheit zwischen den Parteien entstanden ist. Der Kläger hat vielmehr im Nachfolgenden ein Gutachten eingeholt, hinsichtlich dessen nicht vorgetragen ist, dass er Zweifel wegen der Person des Gutachters mit seinem anwaltlichen Berater klären wollte. Die Beklagte hat die Kosten dieses Gutachtens wie auch die sich dann wohl aus dem Gutachten ergebenden weiteren Schadenspositionen in vollem Umfang und ohne weitere Nachfragen erstattet.Auch das Schreiben des Klägervertreters vom 06.11.2014 verhält sich in keiner Weise zu eventuell streitigen Positionen und nimmt insbesondere nicht zu dem Hinweis des Beklagten im Schreiben vom 21.10.2014 auf die bestehende Schadensminderungspflicht und die daraus empfohlene Beauftragung einer freien Werkstatt Bezug. Vielmehr wird in dem Schreiben des Klägervertreters vom 06.11.2014 lediglich kurz der Unfallhergang geschildert und sodann unter Bezugnahme auf das bereits vorliegende Anerkenntnisschreiben des Beklagten vom 21.10.2014 der zu erstattende Schaden beziffert.
18Dass für die schlichte Zusammenstellung der angefallenen Schadenspositionen, die sich regelmäßig bereits aus einem solchen Gutachten unschwer entnehmen lassen, die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich und zweckmäßig war, lässt sich nicht feststellen.
19Es gab zum Zeitpunkt der Einschaltung eines Rechtsanwaltes durch den Kläger keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklage der ihm obliegenden Schadensersatzverpflichtung nicht in vollem Umfang nachkommen werde.
20Die theoretischen Ausführungen des Klägers dazu, wie schwierig sich die Abwicklung von Schadensersatzansprüchen nach Verkehrsunfällen gestalten können und wie wenig es in solchen Fällen vertretbar ist, rechtsunkundige Geschädigte auf sich allein gestellt mit einer solchen Abwicklung zu befassen, treffen als solche zwar zu, jedoch stellte sich die vorliegende Sachlage bereits zum Zeitpunkt der ersten Befassung des von dem Kläger beauftragten Rechtsanwaltes mit der Angelegenheit deutlich anders dar.
21So fehlt es auch an jedem nachvollziehbaten Vortrag dazu, was den Kläger bewogen hat, trotz der mündlich und schriftlich abgegebenen Anerkenntniserklärung des Beklagten noch einen Rechtsanwalt letztlich mit der Auflistung der Schadenspositionen zu beauftragen.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
23Die Berufung wird zugelassen (§ 511 Abs. 4 ZPO), da die Frage der Erstattung von Rechtsanwaltskosten in einfach gelagerten Schadenssachverhalten von allgemeiner Bedeutung ist.
24Unterschrift

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(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.