Landgericht Kiel Urteil, 25. Aug. 2016 - 12 O 360/15

ECLI:ECLI:DE:LGKIEL:2016:0825.12O360.15.0A
bei uns veröffentlicht am25.08.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückzahlung einer geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung. Der Kläger und eine Frau ..., seine spätere Ehefrau, schlossen am 21.12.2005 mit der Beklagten zwei Verbraucherdarlehensverträge zu den Vertragsnummern … und … über eine Gesamtdarlehenssumme von 128.000,00 € zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie. Wegen der Einzelheiten der Verträge wird auf die Anlage K 1 (Bl. 10 ff d. A.) Bezug genommen. Im Mai 2012 wurden die Darlehen nach Kündigung seitens des Klägers vorzeitig vollständig zurückgezahlt. Es wurde für beide Darlehen eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 15.486,22 €, der Klagforderung, geleistet. Zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau, ... , einerseits und der Beklagten andererseits wurde dazu die Vereinbarung über die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vom 08.05.2012 getroffen. Wegen des Inhalts der Vereinbarung wird auf die Anlage K 1 a (Bl. 16 d. A.) Bezug genommen. Die Darlehensverträge wurden einvernehmlich aufgehoben.

2

Im Zusammenhang mit dem Abschluss der Darlehensverträge ist dem Kläger und seiner späteren Ehefrau eine Widerrufsbelehrung ausgehändigt und von beiden unterzeichnet worden. Wegen des Inhalts der Widerrufsbelehrung wird auf die Anlage K 2 (Bl. 18 d. A) Bezug genommen.

3

Mit Schreiben vom 07.04.2015 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf seiner Vertragserklärung. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf die Anlage K 3 (Bl. 20 d. A.) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 04.05.2015 setzte der Kläger der Beklagten eine Nachfrist.

4

Der Kläger hält die Widerrufsbelehrung für fehlerhaft. Er ist deshalb der Ansicht, dass er durch das vorgenannte Schreiben den Widerruf noch wirksam erklären konnte. Wegen der ausführlichen Begründung des Klägers zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung wird auf die Seiten 4 bis 8 der Klagschrift (Bl. 4 bis 8 d. A.) sowie auf die ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz des Klägers vom 16.03.2016 (Bl. 56 a bis 71 d. A.) Bezug genommen.

5

Der Kläger beantragt,

6

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.486,22 € zu zahlen und ihn von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.416,10 € freizustellen.

7

Die Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Sie hält die Widerrufsbelehrung für korrekt und steht auf dem Standpunkt, dass ein Widerruf eines zuvor längst einvernehmlich aufgehobenen Vertrages treuwidrig sei. Ferner ist sie der Auffassung, dass der Widerruf schon deshalb nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erklärt worden sei, weil er unstreitig vom Kläger allein erklärt worden sei. Dies sei unwirksam, weil die Darlehen dem Kläger und seiner späteren Ehefrau gewährt worden seien und ein Widerruf nur durch den Kläger und seine Ehefrau gemeinsam wirksam hätte erklärt werden können. Zur Begründung dieser Auffassung wird auf die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 16.08.2016 (Bl. 145 bis 147 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

10

Die Klage ist unbegründet.

11

Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen ist. Ferner kann dahinstehen, ob das Vorgehen des Klägers treuwidrig ist.

12

Jedenfalls ist der vom Kläger allein erklärte Widerruf unwirksam. Die Darlehen sind unstreitig dem Kläger und seiner späteren Ehefrau gewährt worden. Beide haben die Darlehen und die Widerrufsbelehrung unterzeichnet. Ist ein Darlehen mehreren Darlehensnehmern gewährt worden, ist ein Widerruf auch nur durch diese gemeinsam wirksam (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.12.2015, Az. 17 U 145/14). Ein Widerruf kann auch in wirksamer Form nach dem 21.06.2016 in Folge des Gesetztes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11.03.2016 nicht mehr wirksam erklärt werden.

13

Bei der Widerrufserklärung handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, das bei mehreren Vertragsparteien auf einer Seite nur von diesen gemeinschaftlich ausgeübt werden kann (vgl. OLG Karlsruhe a. a. O.). Dieser Grundsatz ist dem deutschen Vertragsrecht immanent. Er gilt nicht nur im Falle einer Kündigung (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.2013, Az. XII ZR 34/12), sondern auch bei der Minderung gemäß §§ 441 Abs. 2, 638 Abs. 2 BGB und beim Wiederkaufs- und Vorkaufsrecht (§§ 461 S. 1, 472 S. 1 BGB; BGH, Urteil vom 13.03.2009, Az. V ZR 157/08).

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 461 Mehrere Wiederkaufsberechtigte


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Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2009 - V ZR 157/08

bei uns veröffentlicht am 13.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 157/08 Verkündet am: 13. März 2009 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja SchuldRAnpG §

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 15. Dez. 2015 - 17 U 145/14

bei uns veröffentlicht am 15.12.2015

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 12.08.2014 - 1 O 250/13 - wird, soweit sie sich gegen die Abweisung des Hauptantrags zu 1) richtet, als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen. 2.
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 23. Feb. 2017 - 5 U 171/16

bei uns veröffentlicht am 23.02.2017

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das am 25. August 2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs. Das Urteil ist vorl

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Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 12.08.2014 - 1 O 250/13 - wird, soweit sie sich gegen die Abweisung des Hauptantrags zu 1) richtet, als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Der Streitwert für die erste und zweite Instanz wird einheitlich auf bis 13.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten darüber, ob der beklagten Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung zusteht und ob die Klägerin Darlehensverträge, die sie zusammen mit ihrem mittlerweile geschiedenen Ehemann in den Jahren 2004 bis 2007 mit der Beklagten abgeschlossen hat, wirksam widerrufen hat.
Die Klägerin schloss gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann zu den nachfolgenden Zeitpunkten insgesamt sechs Darlehensverträge bei der Beklagten zur Finanzierung des Kaufs und der Modernisierung einer Immobilie ab:
Abschlussdatum   
 Valuta
   Belehrung
Oktober 2004
40.000 EUR
Anlage K3
Oktober 2004
30.000 EUR
Anlage K3
Oktober 2004
25.000 EUR
Anlage K3
Januar 2005
20.000 EUR
Anlage K3
September 2006
25.000 EUR
Anlage K5
Juli 2007
5.000 EUR
Anlage K5
Der Klägerin und ihrem Ehemann wurde dabei jeweils eine Widerrufsbelehrung ausgehändigt, die bei den ersten vier Verträgen dem Stand Oktober 2002 (Anlage K3, AS I 27) und bei den weiteren Verträgen dem Stand August 2005 (Anlage K5, AS I 97) entsprach. Vor der Veräußerung der mit den Darlehen finanzierten Immobilien im April 2013 belief sich die offene Darlehensvaluta auf ca. 134.000 EUR.
Mit Anwaltsschreiben vom 01.10.2013 erklärte die Klägerin den Widerruf sämtlicher sechs Darlehensverträge. Die Klägerin machte dabei geltend, die Beklagte habe sie nicht korrekt über ihr Widerrufsrecht belehrt, da die ihr ausgehändigte Widerrufsbelehrung sowohl hinsichtlich ihrer äußeren Gestaltung als auch inhaltlich von der Musterwiderrufsbelehrung gemäß § 14 BGB-InfoV a.F. abweiche. Die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist sei zudem fehlerhaft. Im Schriftsatz vom 17.02.2014 (AS I 93) erklärte der nunmehr in neuer Kanzlei tätige Prozessbevollmächtigte der Klägerin darüber hinaus im Namen des geschiedenen Ehemannes der Klägerin den Widerruf unter Verweis auf eine Untervollmacht für die K. Rechtsanwälte und unter Vorlage einer von M. H. am 25.10.2013 der K. Rechtsanwälte erteilten Vollmacht in Sachen H./S. T.. Mit Schreiben vom 26.02.2014 (Anlagen B1 und B2, AS I 109, 111) hat die Beklagte den Widerruf wegen fehlender Beifügung von Originalvollmachten zurück- und darauf hingewiesen, dass - unstreitig - keine Untervollmacht vorgelegen habe. Der geschiedene Ehemann der Klägerin widerrief zudem mit Schreiben vom 04.03.2014 (Anlage B3, AS I 113) die Vollmacht vom 25.10.2013, verbat sich deren Weiterverwendung ausdrücklich und teilte mit, er werde auch für die Kanzlei C. keine neue Vollmacht unterzeichnen.
In der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2014 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine Prozessvollmacht vom 24.04.2014 in der Sache M. H./S. T. vor, die vom geschiedenen Ehemann der Klägerin unterschrieben war (AS I 123). Hierauf gestützt erklärte er wiederum den Widerruf der streitgegenständlichen Darlehensverträge namens des M. H. Die Ausstellung der Prozessvollmacht vom 24.04.40214 erfolgte unstreitig aufgrund folgenden Sachverhalts: Die Klägerin hat am 24.04.2014 die Unterzeichnung der Prozessvollmacht von ihrem geschiedenen Ehemann mit der Drohung verlangt, dass sie ihm sonst Schwierigkeiten im Umgang mit dem ehegemeinschaftlichen Kind machen und sie ihn außerdem mit einem Prozessverfahren wegen der Darlehen überziehen werde. Allein dann, wenn er die Prozessvollmacht unterzeichne, würde sie davon Abstand nehmen, ihm Schwierigkeiten bei der Ausübung des Umgangsrechts zu machen und vom Klageverfahren Abstand nehmen. Mit Schreiben vom 03.05.2014 (AS I 125) widerrief M. H. gegenüber den Klägervertretern auch die am 24.04.2014 unterzeichnete Prozessvollmacht.
Die Klägerin hat vorgetragen,
aufgrund der fehlerhaften bzw. unvollständigen Widerrufsbelehrung sei das Widerrufsrecht nicht erloschen und die Darlehensverträge seien wirksam widerrufen worden. Jeder Verbraucher könne seine eigene, auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung gesondert widerrufen. Zur Wirksamkeit des Widerrufs sei eine entsprechende Erklärung des weiteren Darlehensnehmers nicht erforderlich. Da zu befürchten sei, dass die Beklagte nach Ausübung des Widerrufsrechts eine Vorfälligkeitsentschädigung verlange, bestehe Anspruch auf Feststellung, dass eine solche nicht geschuldet sei. Jedenfalls bestehe Feststellungsinteresse dahingehend, dass die Darlehensverträge wirksam widerrufen worden seien.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten und hat ausgeführt, die Widerrufsbelehrungen hätten den seinerzeitigen rechtlichen Anforderungen entsprochen, insbesondere sei eine Abweichung gegenüber den Musterwiderrufsbelehrungen weder von der äußeren noch von der inneren Gestaltung vorgenommen worden. Auch die Belehrung bezüglich des Fristbeginns sei hinreichend gewesen, jedenfalls sei ein Widerrufsrecht mittlerweile verwirkt. Schließlich könne ein wirksamer Widerruf nur angenommen werden, wenn beide Darlehensnehmer den Widerruf erklären. Die namens des M. H. vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin abgegebenen Widerrufserklärungen entfalteten mangels wirksamer Bevollmächtigung keine Rechtswirkung.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen, der erstinstanzlichen Anträge und näheren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
10 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Antrags auf Feststellung, dass die Klägerin keine Vorfälligkeitsentschädigung schulde, sei sie bereits unzulässig, da die Beklagte eine solche nie gefordert, sondern sie lediglich im Rahmen der Verhandlungen ausgerechnet habe. Der zulässige Hilfsantrag sei unbegründet, da die Darlehensverträge nicht wirksam widerrufen worden seien. Zwar seien die verwendeten Belehrungen fehlerhaft, sodass das Widerrufsrecht nicht verfristet und im Übrigen auch nicht verwirkt sei, allerdings fehle es an einem Widerruf durch beide Darlehensnehmer. Ein solcher sei wegen des in § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF enthaltenen Verweises - trotz der lediglich auf die Rechtsfolgen abstellenden amtlichen Überschrift - auf § 351 BGB aF wie bei allen anderen Gestaltungsrechten nötig, da das Widerrufsrecht nur einheitlich ausgeübt werden könne. Im Streitfall liege indes nur eine wirksame Erklärung der Klägerin, nicht aber eine solche des geschiedenen Ehemannes vor. Die Erklärung aus dem Schriftsatz vom 17.02.2014 sei unwirksam, da keine Untervollmacht bestanden und die Beklagte dies umgehend moniert habe. Die Prozessvollmacht vom 25.02.2014 umfasse den Widerruf nicht, da kein Prozess zwischen dem geschiedenen Ehemann der Klägerin und der Beklagten geführt werde. Zudem sei sie als durch Drohung abgenötigte Erklärung sittenwidrig, jedenfalls aber anfechtbar und auch wirksam angefochten.
11 
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
12 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Der Widerruf sei nicht deshalb unwirksam, weil nur die Klägerin einen solchen erklärt habe. § 357 BGB aF enthalte lediglich eine Rechtsfolgenverweisung, sodass § 351 BGB aF nicht gelte. Auch aus §§ 355 Abs. 1, 495 BGB aF und der dortigen Verwendung des Singulars werde deutlich, dass jeder Verbraucher gesondert widerrufen könne. Die gegenteilige Auffassung sei mit dem vom Gesetzgeber bezweckten Verbraucherschutz nicht zu vereinbaren. Zudem habe auch der geschiedene Ehemann der Klägerin wirksam widerrufen, da die vorgelegte Prozessvollmacht vom 24.04.2014 bei richtiger Auslegung auch zum Widerruf ermächtige und nicht unwirksam sei.
13 
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Es bestehe schon kein Rechtsschutzbedürfnis für den Hilfsantrag, da der Klägerin eine Leistungsklage möglich sei.
14 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
15 
Die Berufung hat - soweit sie zulässig ist (1.) - in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht insoweit weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Das Landgericht hat die im Übrigen zulässige (2.) Klage zu Recht abgewiesen. Zwar stand der Klägerin ein Widerrufsrecht zu, weil die verwendeten Belehrungen nicht ordnungsgemäß waren (3.). Allerdings konnte das Widerrufsrecht nur gemeinsam mit ihrem geschiedenen Ehemann ausgeübt werden (4.); die durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin für deren ehemaligen Ehemann abgegebenen Erklärungen waren jedoch unwirksam (5.).
16 
1. Hinsichtlich des als unzulässig abgewiesenen Hauptantrags zu 1) auf Feststellung, dass der Beklagten keine Vorfälligkeitsentschädigung zusteht, ist die Berufung mangels ordnungsgemäßen Berufungsangriffs bereits unzulässig.
17 
a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben; nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muss sie konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 11.03.2014 - VI ZB 22/13, VersR 2014, 895 Rn. 8 f.; vom 27.01.2015 - VI ZB 40/14, juris Rn. 7; vom 10.02.2015 - VI ZB 26/14, juris sowie BGH, Beschlüsse vom 13.09.2012 - III ZB 24/12, NJW 2012, 3581 Rn. 8 f.; vom 23.10.2012 - XI ZB 25/11, NJW 2013, 174 Rn. 10 und vom 22.05.2014 - IX ZB 46/12, juris Rn. 7, jeweils m.w.N.).
18 
b) Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung der Klägerin bezogen auf den weiter verfolgten Hauptantrag zu 1) nicht gerecht. Es finden sich keinerlei Ausführungen dazu, warum das Urteil des Landgerichts, das die Klage insoweit bereits wegen Fehlens eines Feststellungsinteresses nach § 256 Abs. 1 ZPO als unzulässig angesehen hat, weil sich die Beklagte eines Anspruchs auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nie berühmt habe, falsch sein soll.
19 
2. Entgegen der Ansicht der Berufungsantwort war die Klage im Übrigen, d.h. soweit mit ihr die Feststellung begehrt wurde, dass die Darlehensverträge wirksam widerrufen wurden, zulässig.
20 
Zwar fehlt es im allgemeinen an dem erforderlichen Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO, soweit eine Leistungsklage möglich ist. Der Vorrang der Leistungsklage gilt aber nicht ausnahmslos. Wenn eine Feststellungsklage zur endgültigen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt, etwa weil von der Bereitschaft des Beklagten zur Leistung schon auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin auszugehen ist, bestehen gegen die Zulässigkeit keine Bedenken. So liegt der Fall hier. Es besteht hinreichende Gewähr, dass die beklagte Bank, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegt, auch aufgrund eines rechtskräftigen Feststellungsurteils einen nach Verrechnung der gegenseitigen Forderungen etwaig noch bestehenden Anspruch der Klägerin erfüllen würde (vgl. dazu BGH, Urteil vom 30.05.1995 - XI ZR 78/94, NJW 1995, 2219).
21 
3. Der Klägerin stand - wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend annimmt - hinsichtlich aller sechs Finanzierungsverträge ein Widerrufsrecht nach den §§ 491 Abs. 1, 495 Abs. 1, 355 BGB in der bis zum 07.12.2004 (bezüglich des Vertrages aus dem Oktober 2004) bzw. 10.06.2010 geltenden Fassung (bezüglich der übrigen Verträge; im Folgenden: aF) zu. Mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung hatte der Lauf der Widerrufsfrist nicht begonnen (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF i.V. mit Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Davon geht im Übrigen auch die Berufungsantwort aus.
22 
a) Die Belehrungen über das Widerrufsrecht für die Finanzierungsvertragserklärungen der Klägerin waren unzutreffend. Denn sie ließen die Klägerin bei der Beurteilung, ab wann die Widerrufsfrist läuft, im Unklaren und konnten sie deshalb von der Ausübung des Widerrufs abhalten. Folge ist, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt wurde (§ 355 Abs. 3 Satz 3 BGB aF) und die Klägerin den Widerruf grundsätzlich auch noch im Jahr 2014 wirksam erklären konnte.
23 
Nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF beginnt die Widerrufsfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss die Widerrufsbelehrung umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren.
24 
aa) Die von der Beklagten bei der Widerrufsbelehrung jeweils verwendete Formulierung, die Frist „beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, genügt, wie mehrere Senate des Bundesgerichtshofs bereits wiederholt entschieden haben, nicht diesen Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF. Die Formulierung informiert den Verbraucher nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB aF maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist und die zeitlichen Grenzen des Widerrufsrechts, weil sie nicht umfassend und zudem irreführend ist. Die Verwendung des Wortes „frühestens“ ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist „jetzt oder später“ beginnen, der Beginn des Fristlaufs also noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird damit darüber im Unklaren gelassen, um welche etwaigen Umstände es sich dabei handelt (BGH, Urteil vom 09.12.2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 13, 15; Urteil vom 29.04.2010 - I ZR 66/08, WM 2010, 2126 Rn. 21; Urteil vom 01.12.2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 12; Urteil vom 02.02.2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 14; Urteil vom 28.06.2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 34; Urteil vom 01.03.2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 15; Urteil vom 17.01.2013 - III ZR 145/12, NJW-RR 2013, 885 Rn. 10). Ohne klarstellenden Zusatz über den konkreten Beginn der Widerrufsfrist liegt ein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot vor (vgl. BGH, Urteil vom 02.02.2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 15).
25 
bb) Die Belehrungen sind auch deshalb unwirksam, weil die Finanzierungsverträge schriftlich abzuschließen waren (§ 492 BGB). Ist aber der Vertrag schriftlich abzuschließen, so beginnt gemäß § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werden. Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrags also eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung erfordert, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist (BGHZ 180, 123 = WM 2009, 932 Rn. 15). Daran fehlt es im Streitfall ebenfalls.
26 
b) Die Beklagte kann nicht mit Erfolg den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes mit Blick auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV (mit dem Muster der Anlage 2 in der bis zum 07.12.2004 [für die Verträge aus dem Oktober 2004] bzw. bis 31.03.2008 [für die übrigen Verträge] geltenden Fassung) für sich in Anspruch nehmen. Der Bundesgerichtshof hat zwar mit Entscheidung vom 15.08.2012 (WM 2012, 1886 Rn. 14) klargestellt, dass sich der Verwender der Musterbelehrung auf die Schutzvorschrift des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen kann. Das gilt jedoch nur im Falle vollständiger Identität der erfolgten Belehrung mit der vorgenannten Musterbelehrung, sowohl inhaltlich als auch der äußeren Gestaltung nach (BGH, WM 2012, 1668 Rn. 14 ff.; WM 2011, 1799 Rn. 36, 37 m.w.N.; Beschluss vom 10.02.2015 - II ZR 163/14, juris Rn. 8 m.w.N.).
27 
An einer solchen Identität fehlt es hier. Die Beklagte hat für die Widerrufsbelehrungen bezüglich der Darlehensvertragserklärung des Kreditkunden kein Formular verwendet, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht, also vollständig, entspricht.
28 
aa) In der Widerrufsbelehrung zum Finanzierungsvertrag aus dem Januar 2005 (Anlage K3) fehlt unter „Widerrufsfolgen“ der - seit 08.12.2004 - in der Erläuterung Nr. 6 der Musterbelehrung für Finanzdienstleistungen, wie der hier vorliegenden Finanzierungsvereinbarung, vorgesehene Satz: „Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen“.
29 
bb) In den Widerrufsbelehrungen zu den übrigen Finanzierungsverträgen (Anlage K3 für Oktober 2004 und Anlage K5 für September 2006 und Juli 2007) wurde bei der Belehrung unter „Finanzierte Geschäfte“ der in der Erläuterung Nr. 9 der Musterbelehrung für den Darlehensvertrag enthaltene Satz 2 nicht wie erforderlich bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts durch den folgenden Satz
30 
"Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt."
31 
ersetzt, sondern die beiden Varianten wurden - sprachlich abgewandelt - kombiniert. Ohne Belang ist dabei, ob es sich bei den von der Klägerin aufgenommenen Darlehen tatsächlich um verbundene Geschäfte handelt, bei deren Nichtvorliegen der Gestaltungshinweis Nr. 8 [für die Fassung bis 07.12.2004] bzw. Nr. 9 [für die Fassung bis 31.03.2008] der Musterbelehrung in ihrer hier maßgeblichen Fassung dem Unternehmer anheim gibt, die Hinweise für finanzierte Geschäfte wegzulassen (BGH, Urteil vom 28.06.2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 39).
32 
cc) Damit fehlt es an der vollständigen inhaltlichen und äußeren Übereinstimmung, an die die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV anknüpft. Entscheidend für die Frage, ob die Belehrung der Musterbelehrung in jeder Hinsicht entspricht, ist allein, ob der Unternehmer den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Überarbeitung unterzogen hat. Greift der Unternehmer in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst ein, kann er sich auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das gilt, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat (BGH, NZG 2012, 427 Rn. 17; ebenso WM 2011, 1799, Rn. 37 ff., 39), unabhängig von dem konkreten Umfang der durch den Unternehmer vorgenommenen Änderungen, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige Grenze ziehen lässt, bis zu der die Schutzwirkung noch gelten kann und bei deren Überschreitung sie entfallen soll.
33 
4. Entgegen der Ansicht der Berufung konnte der damit grundsätzlich weiterhin mögliche Widerruf der auf den Abschluss der einzelnen Darlehensverträge gerichteten Erklärungen jeweils nur - ggf. zeitlich gestaffelt - gemeinsam mit dem ehemaligen Ehemann der Klägerin erklärt werden, da beide - Klägerin und Ehemann - Vertragspartner der einzelnen Verträge geworden sind. Der nur von der Klägerin erklärte Widerruf führt damit nicht zur Rückabwicklung der Verträge, sondern war vielmehr seinerseits gem. § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der Fassung vom 27.07.2011 (aF) i.V.m. § 351 BGB unwirksam.
34 
a) Soweit sich die Berufung für ihre gegenteilige Rechtsansicht auf den in den §§ 355 Abs. 1, 495 BGB aF verwendeten Singular beruft, sagt diese der sprachlichen Vereinfachung geschuldete und im BGB durchgängig anzutreffende Art der Formulierung nichts über die Frage aus, wie mit Gestaltungsrechten bei einer Mehrheit von Vertragspartner zu verfahren ist. Andernfalls verstieße die in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung für die Kündigung vertretene Auffassung, dass bei einer Mehrheit von Mietern ein Mietvertrag grundsätzlich nur einheitlich von allen oder gegenüber allen Mietern gekündigt werden kann (BGH, Urteil vom 13.03.2013 - XII ZR 34/12, BGHZ 196, 318 Rn. 12) gegen den Wortlaut des § 543 Abs. 1 BGB, der von „dem Kündigenden“ spricht.
35 
b) Auch aus der amtlichen Überschrift des § 357 BGB aF, die lediglich von „Rechtsfolgen des Widerrufs“ spricht, kann nicht gefolgert werden, dass § 351 BGB, der lediglich die Unteilbarkeit des Rücktrittsrechts und damit eine Voraussetzung für dessen wirksame Ausübung regelt, damit nicht in Bezug genommen ist (so aber abstellend auf den Charakter einer reinen Rechtsfolgenverweisung OLG Stuttgart, Urteil vom 20.05.2014 - 6 U 182/13, n.v. Anlage K1, S. 10; MünchKommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 355 Rn. 29 und § 357 Rn. 11; ders., BB 2005, 344, 346; Soergel/Pfeiffer, BGB, 13. Aufl., § 357 Rn. 7; Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 491 Rn. 20; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 6. Aufl., § 491 Rn. 53c und 8. Aufl., § 491 BGB Rn. 28; wohl auch BeckOK/Möller, BGB, Stand 01.05.2015, § 491 Rn. 25; BeckOK/H. Schmidt, BGB, Stand 01.05.2015, § 351 Rn. 1; MünchKommBGB/Schürnbrand, 7. Aufl., § 491 Rn. 14; Erman/Röthel, BGB, 14. Aufl., § 351 Rn. 5; Erman/Saenger, BGB, 14. Aufl., § 491 Rn. 19; Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026).
36 
Denn die insoweit sprachlich missglückte Überschrift kann den viel weiteren Gesetzeswortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF - der nach Art. 229 §§ 22 Abs. 2, 32 Abs. 1 EGBGB hier weiterhin gilt und nach dem „auf das Widerrufs- und das Rückgaberecht […], soweit nicht ein anderes bestimmt ist, die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechende Anwendung“ finden - nicht einschränken (so auch Staudinger/Kaiser, BGB, 2012, § 351 Rn. 3 und § 355 Rn. 42 f.; jurisPK-BGB/Wildemann, 6. Aufl., § 357 Rn. 8; Schirmbacher, BB 2009, 1088, 1089; Bülow, WM 2000, 2361, 2364; im Ergebnis ebenfalls Medicus/Stürner in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 8. Aufl., § 357 Rn. 1 und jurisPK-BGB/Schwintowski, 6. Aufl., § 495 Rn. 24). Wollte man das anders sehen, müsste man konsequenterweise auch bei § 312 BGB in der Fassung vom 29.07.2009 (aF), der noch mit „Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften“ überschrieben war, entgegen dem Wortlaut des Absatz 1 Satz 2 davon ausgehen, dass kein Rückgaberecht eingeräumt werden kann (vgl. Staudinger/Kaiser, a.a.O., Rn. 43). Dies wird soweit ersichtlich von niemanden vertreten.
37 
c) Dieses Ergebnis korrespondiert nicht nur mit dem Umstand, dass mehrere Darlehensnehmer dem Unternehmer im Falle der Rückabwicklung des Vertrages auch als Gesamtschuldner haften (§§ 421, 427 BGB), sondern fügt sich außerdem nahtlos in das System der Handhabung anderer Gestaltungsrechte ein: Denn nicht nur im Fall der Kündigung (dazu oben a)), sondern auch bei der Minderung (§§ 441 Abs. 2, 638 Abs. 2 BGB) und beim Wiederkaufs- (§ 461 Satz 1 BGB) und Vorkaufsrecht (§ 472 Satz 1 BGB; dazu BGH, Urteil vom 13.03.2009 - V ZR 157/08, NJW-RR 2009, 1172 Rn. 21 ff.) kann deren Ausübung bei mehreren Vertragspartnern auf einer Seite nur gemeinschaftlich erfolgen. Gleiches gilt hinsichtlich der Aufforderung zur Erklärung über die Genehmigung nach § 177 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 02.04.2004 - V ZR 107/03, WM 2005, 141 Rn. 19).
38 
Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf eine Entscheidung des Reichsgerichts (RGZ 65, 399, 405) zur Anfechtung abgestellt hat, in der es heißt, es gebe keinen allgemeinen Grundsatz, dass Rechte nur von allen und gegen alle ausgeübt werden dürften, folgt daraus nichts Gegenteiliges. Denn auch dort wird auf die obigen Sondervorschriften und insbesondere auf die Unteilbarkeit des Rücktrittsrechts (§ 356 BGB aF) hingewiesen, auf die § 357 BGB aF - anders als das Anfechtungsrecht - ausdrücklich Bezug nimmt.
39 
d) Für die Inbezugnahme des § 351 BGB sprechen im Übrigen auch die Gesetzgebungsgeschichte und der aus den Materialien erkennbare Wille des Gesetzgebers. Während unter Geltung des alten § 7 VerbrKrG allgemein anerkannt war, dass jeder widerrufsberechtigte Verbraucher den Vertrag eigenständig widerrufen konnte und die Wirkung auf die anderen Verbraucher analog § 139 BGB bestimmt wurde (vgl. die Nachweise hierfür bei Staudinger/Kaiser, BGB, 2012, § 355 Rn. 42), änderte sich diese Sichtweise mit der am 30.06.2000 durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro eingefügten Vorschrift des § 361a BGB. Dieser beinhaltet in Absatz 2 Satz 1 folgenden Passus:
40 
„Auf das Widerrufsrecht finden die Vorschriften dieses Titels, soweit nichts anderes bestimmt ist, entsprechende Anwendung.“,
41 
woraus allgemein gefolgert wurde, dass damit nunmehr auf sämtliche Vorschriften des Rücktrittsrechts und daher auch auf § 356 BGB aF (entspricht dem heutigen § 351 BGB) verwiesen wurde (so ausdrücklich MünchKommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 357 Rn. 11; Staudinger/Kaiser, BGB, 2001, § 361a Rn. 26 m.w.N.). Und zwar obwohl in den Gesetzesmaterialien ausgeführt wird, dass „Absatz 2 […] die Rechtsfolgen des Widerrufs regelt“ (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Ds. 14/2658 S. 47).
42 
Daran sollte sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers durch die im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung erfolgte Einführung des § 357 Abs. 1 BGB aber nichts ändern (vgl. Gesetzentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Ds. 14/6040 S. 17 f., 199: „Absatz 1 [des § 357 BGB] entspricht dem bisherigen § 361a Abs. 2 Satz 1“).
43 
Erst durch die zum 13.06.2014 durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.09.2013 (BGBl. I S. 3642) erfolgte Umstrukturierung der §§ 355 ff. BGB, v.a. durch die Streichung der Verweisung auf die Vorschriften des Rücktrittsrechts und die Verankerung eines eigenen Untertitels, der sich mit den grundlegenden und im Grundsatz abschließenden (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., Vorbem. § 355 Rn. 4) Bestimmungen zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen befasst, dürfte nunmehr die Anwendung des § 351 BGB ausgeschlossen sein (vgl. jurisPK-BGB/Hönninger, 7. Aufl., § 355 Rn. 25 und BT-Ds. 17/12637, S. 33: „Der Titel enthält die grundsätzlich abschließenden Regelungen zur Rückabwicklung des widerrufenen Vertrags; eine Bezugnahme auf die Rücktrittsregelungen entfällt.“).
44 
e) Vor diesem Hintergrund ist auch der Verweis der Berufung auf das zur alten Rechtslage ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.06.1996 (VIII ZR 151/95, BGHZ 133, 71) nicht erfolgversprechend. Denn in dieser Entscheidung, die sich freilich mit der hier vorliegenden Problematik mit keinem Wort befasst, ging es um die Frage, ob das Verbraucherkreditgesetz auf einen Schuldbeitritt zu einem Kreditvertrag entsprechend anwendbar ist und daher auch dem Beitretenden ein Widerrufsrecht zusteht. Dass er dieses in der Entscheidung vom Bundesgerichtshof bejahte Recht isoliert ausüben durfte, darüber war man sich (anders als bei § 357 BGB aF) unter Geltung des § 7 VerbrKrG - wie oben unter d) ausgeführt - noch einig.
45 
5. Verlangt man demgemäß Widerrufserklärungen beider Darlehensnehmer, so ist dem Landgericht darin zuzustimmen, dass eine wirksame Erklärung des geschiedenen Ehemannes der Klägerin nicht vorliegt.
46 
a) Dagegen, dass der mit Schriftsatz vom 17.02.2014 unter Vorlage einer der K. Rechtsanwälte am 25.10.2013 erteilten Vollmacht für den früheren Ehemann der Klägerin erklärte Widerruf infolge unverzüglicher Zurückweisung durch die Beklagte nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam war, wendet sich die Berufung zu Recht nicht mehr.
47 
b) Nicht zu beanstanden ist ferner die Auffassung des Landgerichts, auch der in der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2014 unter Vorlage einer neuen (Prozess)vollmacht vom 24.04.2014 namens des ehemaligen Ehemanns der Klägerin erklärte Widerruf sei unwirksam.
48 
aa) Die materiell-rechtliche Erklärung des Widerrufs eines Darlehensvertrages war von der erteilten Vollmacht schon nicht erfasst.
49 
(1) Aus dem vom Gesetz festgelegten Umfang der Prozessvollmacht (§ 81 ZPO) folgt eine Vertretungsmacht nicht. Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen Prozesshandlungen im Verhältnis zu Gericht und Gegner, die diesen konkreten zwischen den in der Prozessvollmacht bezeichneten Gegnern schwebenden Rechtsstreit betreffen. Über den in § 81 ZPO festgelegten Inhalt hinaus hat der Prozessbevollmächtigte zwar auch die Befugnis, materiell-rechtliche Erklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen, deren Umfang sich nach den Besonderheiten des Einzelfalles und dem inneren Zusammenhang der abgegebenen Erklärung mit dem Gegenstand des Rechtsstreits bestimmt. Der Anwalt des Klägers darf und muss insbesondere alle außerprozessualen Handlungen vornehmen, die notwendig sind, um den Prozess siegreich zu beenden. Die Vollmacht reicht danach aber nur so weit, wie sich der Rechtsanwalt bei vernünftiger, wirtschaftlicher Betrachtungsweise nach dem vorprozessualen Streitstoff angesichts des Zwecks, der mit seiner Beauftragung verfolgt wird, zu einer Rechtshandlung im Interesse seines Auftrag- und Vollmachtgebers als ermächtigt ansehen darf (BGH, Urteil vom 18.12.2002 - VIII ZR 72/02, NJW 2003, 963 Rn. 14 m.w.N.).
50 
(2) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe durfte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gerade nicht als vom früheren Ehemann der Klägerin zum Ausspruch des Widerrufs seiner auf den Abschluss der sechs streitgegenständlichen Darlehensverträge gerichteten Erklärungen ermächtigt ansehen. Schon der Wortlaut der Prozessvollmacht geht nicht so weit. Denn er bezieht sich nur auf Prozesshandlungen, die einen - nicht existenten - Rechtsstreit zwischen dem ehemaligen Ehemann der Klägerin und der Beklagten betreffen. Nimmt man hinzu, dass dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch das Schreiben der geschiedenen Ehemannes der Klägerin vom 04.03.2014 bekannt war, dass nicht nur die alte - viel weiter gehende (vgl. Nr. 4) - Vollmacht vom 25.10.2013 widerrufen, sondern auch die Erteilung einer neuen abgelehnt wurde, erhellt, dass ein Widerruf der Darlehensvertragserklärungen (für den Bevollmächtigten ersichtlich) nicht im Interesse des Vollmachtgebers war.
51 
bb) Darüber hinaus ist die Vollmachtserteilung auch wirksam angefochten worden, sodass sie nach § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend entfiel. Der „Widerruf“ in dem an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichteten Schreiben des ehemaligen Ehemannes der Klägerin vom 03.05.2014 ist als - fristgerechte (§ 124 Abs. 1 BGB) - Anfechtungserklärung auszulegen. Da unstreitig ist, dass die Vollmacht nur unter Drohung seitens der Klägerin mit einem empfindlichen Übel, nämlich dem ungerechtfertigten Inaussichtstellen von Schwierigkeiten bei der Regelung des Umgangsrechts mit dem gemeinsamen Kind, zustande gekommen ist und § 123 Abs. 2 BGB für die Drohung nicht gilt, lag auch ein Anfechtungsgrund vor.
52 
6. Mangels Hauptforderung stehen der Klägerin auch die für deren Geltendmachung angefallenen Rechtsanwaltskosten nicht zu.
III.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
54 
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage, ob der Widerruf eines Darlehensvertrages bei mehreren Darlehensnehmern gemäß § 357 Abs. 1 BGB aF i.V.m. § 351 BGB von allen erklärt werden muss, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Zwar bezieht sich diese Zulassungsvoraussetzung grundsätzlich nur auf geltendes Recht. Eine Frage zu auslaufendem, nur noch auf Altfälle anwendbarem Recht kann eine Zulassung der Revision aber dann rechtfertigen, wenn entweder noch eine Vielzahl von Verfahren nach altem Recht zu entscheiden ist oder wenn die Auslegung des alten Rechts Bedeutung für das aktuelle Recht hat (BGH, Beschluss vom 15.09.2014 - II ZR 442/13, juris Rn. 3 m.w.N.; vgl. auch Beschluss vom 05.12.2002 - XI ZB 15/02, juris Rn. 5). Ersteres ist hier der Fall. Darüber hinaus weicht der Senat von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20.05.2014 (6 U 182/13) ab.
55 
Gemäß § 63 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG war der Streitwert festzusetzen. Dieser entspricht dem Wert des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin, das diese in der mündlichen Verhandlung mit 12.170,67 EUR (= Vermeidung der von der Beklagten ausgerechneten Vorfälligkeitsentschädigung) angegeben hat (vgl. dazu ausführlich Senat, WM 2015, 2088).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 34/12 Verkündet am:
13. März 2013
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Wird bei einem gewerblichen Mietverhältnis über das Vermögen eines Mieters das
Insolvenzverfahren eröffnet, beendet die Kündigung des Insolvenzverwalters den
Mietvertrag auch mit Wirkung für die Mitmieter.
BGH, Urteil vom 13. März 2013 - XII ZR 34/12 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 29. März 2012 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers des Beklagten zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt nach der Beendigung eines gewerblichen Mietverhältnisses vom Beklagten die Zahlung rückständiger Miete, Nutzungsentschädigung oder Schadensersatz.
2
Der Kläger schloss mit Wirkung zum 1. Januar 2000 mit Dr. R. (nachfolgend : Insolvenzschuldner) einen Mietvertrag über gewerblich genutzte Räume, in den der Beklagte mit Wirkung zum 1. Juli 2002 als weiterer Mieter eintrat. Nachdem im Februar 2009 über das Vermögen des Insolvenzschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, kündigte der zum Insolvenzverwalter bestellte Streithelfer mit Schreiben vom 28. April 2009 das Mietverhältnis unter Berufung auf § 109 InsOzum 31. Juli 2009. Mit Schreiben vom 14. September 2009 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er von seinem Vermieterpfandrecht Gebrauch mache. Am 30. Oktober 2009 verschaffte sich der Kläger Zutritt zu den Räumlichkeiten und verwertete die in den Räumlichkeiten vorgefundenen Gegenstände.
3
Mit der Klage verlangt der Kläger die rückständige Miete für September 2009. Hilfsweise begehrt er Nutzungsersatz bzw. Schadensersatz in Höhe der entgangenen Miete.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist unbegründet.

I.

6
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in NZM 2012, 684 f. veröffentlicht ist, hat einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Miete für September 2009 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die vom Streithelfer als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Mitmieters des Beklagten zum 31. Juli 2009 ausgesprochene Kündigung habe das Mietverhältnis auch für den Beklagten beendet. Nach den Grundsätzen der obergerichtlichen Rechtsprechung beende die auf einem insolvenzrechtlichen Sonderkündigungsrecht des Verwalters beruhende Kündigung das Mietverhältnis insgesamt mit Wirkung für und gegen sämtliche Beteiligte. Es bestehe kein Anlass, von der zu § 19 KO ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen. Zwar sei nicht zu verkennen, dass das Sonderkündigungsrecht aus § 109 Abs. 1 InsO dem Schutz der Masse diene. Dies zwinge aber nicht zu einer Betrachtungsweise, die allein diesen Schutzzweck im Blick habe. Ebenso wie unter der Geltung der Vorgängervorschrift des § 19 KO sei nämlich zu beachten , dass besondere Bedeutung der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses zukomme, und dass die vertraglich geschuldete Gebrauchsüberlassung der Mietsache unteilbar sei. Ebenso wie nach dem Beitritt des Beklagten zum Mietvertrag dem Insolvenzschuldner und dem Beklagten der Gebrauch der Mietfläche zur Berufsausübung nur einheitlich habe gewährt werden können, habe das Mietverhältnis nur einheitlich beendet werden können. Eine Teilkündigung sei unzulässig gewesen.
8
Mit zutreffender Begründung habe das Landgericht auch einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung verneint. Dies gelte insbesondere für den vom Landgericht verneinten Rücknahmewillen des Klägers im Verhältnis zum Beklagten.
9
Gleiches gelte für einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten in entsprechender Höhe. Der Kläger könne sich im Verhältnis zum Beklagten nicht darauf berufen, dieser habe ihm die Mietsache vorenthalten, wenn er dem Beklagten gegenüber selbst durchgehend zu verstehen gegeben habe, er halte ihn weiterhin aus dem Mietvertrag für verpflichtet.

II.

10
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Dem Kläger steht gegen den Beklagten weder ein Anspruch aus § 535 Abs. 2 BGB auf Zahlung der Miete für den Monat September 2009 zu, noch kann er den geltend gemachten Betrag im Wege des Nutzungs- oder Schadensersatzes verlangen.
11
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers aus § 535 Abs. 2 BGB auf Zahlung der Miete für den Monat September 2009 verneint. Das Mietverhältnis ist durch die vom Streithelfer als Insolvenzverwalter erklärte Kündigung auch mit Wirkung für den Beklagten zum 31. Juli 2009 beendet worden.
12
a) Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO kann der Insolvenzverwalter ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer ein Mietverhältnis über Räume, das der Schuldner als Mieter eingegangen ist, unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Dies gilt auch dann, wenn der Insolvenzschuldner nicht alleiniger Mieter der Räume war. Zwar kann bei einer Mehrheit von Mietern ein Mietvertrag grundsätzlich nur einheitlich von allen oder gegenüber allen Mietern gekündigt werden (vgl. BGHZ 26, 102 = NJW 1958, 421; BGHZ 144, 370 = NJW 2000, 3133, 3135 für einen Leasingvertrag). § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO räumt dem Insolvenzverwalter jedoch ein Sonderkündigungsrecht ein, um die Masse vor einem weiteren Anwachsen von Verbindlichkeiten aufgrund eines laufenden Mietvertrags zu schützen, wenn eine wirtschaftlich angemessene Nutzung des Mietobjekts nicht mehr möglich ist (Uhlenbruck/Wegener InsO 13. Aufl. § 109 Rn. 1). Dieser Zweck der Vorschrift gebietet es, dass der Insolvenzverwalter auch einen Mietvertrag, der von einer Mietermehrheit abgeschlossen worden ist, ohne Mitwirkung der übrigen Mieter kündigen kann (vgl.
OLG Celle NJW 1974, 2012; MünchKommInsO/Eckert 2. Aufl. § 109 Rn. 36; Uhlenbruck/Wegener InsO 13. Aufl. § 109 Rn. 3).
13
b) Umstritten ist allerdings, ob durch die Kündigung nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO nur der Insolvenzschuldner aus dem Mietvertrag ausscheidet oder das Mietverhältnis insgesamt, also auch mit Wirkung für die übrigen Mitmieter endet.
14
Von Teilen der Literatur wird die Auffassung vertreten, mit der Kündigung durch den Insolvenzverwalter scheide nur der insolvent gewordene Mieter aus dem Mietverhältnis aus. Hinsichtlich der weiteren Mieter bleibe der Mietvertrag von der Kündigung unberührt. Zur Begründung wird vor allem auf den Zweck der Vorschrift verwiesen, die Masse vor weiteren Verbindlichkeiten zu schützen. Dieser Zweck sei ausreichend gewahrt, wenn nur der Insolvenzschuldner aus dem Mietvertrag ausscheide. Außerdem müsse bei der Auslegung des § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO berücksichtigt werden, dass der Vermieter und die weiteren Mitmieter in der Regel ein Interesse am Fortbestand des Mietvertrages hätten (MünchKommInsO/Eckert 2. Aufl. § 109 Rn. 37 f.; Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. Rn. 1589).
15
Nach anderer Auffassung soll der Kündigung nur dann eine Gesamtwirkung zukommen, wenn das Nutzungsrecht der Mitmieter von dem des Insolvenzschuldners abhänge oder die Mitmieter dem Mietvertrag nur aus Gründen der Mithaftung beigetreten seien und sie deshalb kein eigenes Interesse an der Gebrauchsüberlassung hätten. Sollten die Mitmieter hingegen durch den Mietvertrag ein eigenständiges Nutzungsrecht erhalten, bewirke die Kündigung nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO nur das Ausscheiden desInsolvenzschuldners und der Mietvertrag bliebe im Übrigen aufrechterhalten (OLG Köln ZIP 1995, 46; KPB/Tintelnot InsO [Stand: November 2012] § 109 Rn. 46; Andres in Andres/Leithaus InsO 2. Aufl. § 109 Rn. 6; Hörndler in Lindner-Figura/Oprée/ Stellmann Geschäftsraummiete 3. Aufl. Kap. 20 Rn. 72 f.; vgl. dazu auch Steinicke ZMR 2001, 160 ff.).
16
Die überwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur vertritt demgegenüber mit dem Berufungsgericht die Auffassung, dass die Kündigung durch den Insolvenzverwalter stets das gesamte Mietverhältnis beende. Dies folge aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses sowie der Unteilbarkeit der Verpflichtung des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung (OLG Celle NJW 1974, 2012; OLG Düsseldorf ZMR 1987, 423, 424; RGZ 141, 391, 392 f. zu § 19 KO; Uhlenbruck/Wegener InsO 13. Aufl. § 109 Rn. 3; MünchKommBGB/Bydlinski 6. Aufl. § 425 Rn. 7; FK-InsO/Wegener 6. Aufl. § 109 Rn. 17; Braun/Kroth InsO 5. Aufl. § 109 Rn. 24; HambKomm/Ahrendt 3. Aufl. § 109 InsO Rn. 19; Nerlich/Römermann/Balthasar InsO [Stand: August 2012] § 109 Rn. 10; Blank in Schmidt-Futterer Mietrecht 10. Aufl. § 542 Rn. 140; Rolfs in Emmerich/Sonnenschein Miete 10. Aufl. § 542 Rn. 56; Belz in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. VIII B Rn. 218).
17
c) Der letztgenannten Ansicht ist zuzustimmen.
18
aa) § 109 Abs. 1 InsO gewährt dem Insolvenzverwalter ein Sonderkündigungsrecht , um Mietverhältnisse, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst mit Wirkung für die Masse fortbestehen (§ 108 Abs. 1 InsO), aber wirtschaftlich für die Masse nicht mehr sinnvoll genutzt werden können, unabhängig von einer vereinbarten Vertragsdauer oder den Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung beenden zu können. Dabei ist die Vorschrift auf die Kündigung eines Mietvertrages ausgerichtet, der vom Insolvenzschuldner allein abgeschlossen worden ist (Uhlenbruck/Wegener InsO 13. Aufl. § 109 Rn. 3). Zu der Frage, ob durch die Kündigung bei einem Mietvertrag, an dem eine Mehrheit von Mietern beteiligt ist, das Mietverhältnis insgesamt beendet wird, verhält sich die Vorschrift deshalb nicht. Die Wirkung der Kündigung nach § 109 Abs. 1 InsO bei Mietverträgen, die auf Mieterseite von weiteren Personen neben dem Insolvenzschuldner abgeschlossen worden sind, bestimmt sich daher nach allgemeinen mietrechtlichen Grundsätzen. Danach kann ein Mietverhältnis, wenn auf Mieterseite mehrere Personen beteiligt sind, grundsätzlich nur mit Wirkung für sämtliche Mieter gekündigt werden (vgl. BGHZ 26, 102 = NJW 1958, 421; BGHZ 144, 370 = NJW 2000, 3133, 3135 für einen Leasingvertrag; RGZ 90, 328, 330). Auch bei Beteiligung von mehreren Mietern entsteht durch den Abschluss des Mietvertrages nur ein einheitliches Rechtsverhältnis zum Vermieter, bei dem alle Mitmieter gemeinschaftlich die Mieterseite des bestehenden Mietverhältnisses bilden (BGHZ 136, 314 = NZM 1998, 22, 24). Der Vermieter kann seine Verpflichtung zur Gebrauchsüberlassung gemäß § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB nur einheitlich gegenüber sämtlichen Mietern erfüllen. DerMietgebrauch stellt eine im Rechtssinne unteilbare Leistung dar (MünchKommInsO/Eckert 2. Aufl. § 109 Rn. 36) und kann daher durch eine Kündigung nur einheitlich gegenüber sämtlichen Mietern beendet werden (vgl. BGHZ 26, 102 = NJW 1958, 421). Eine Kündigung mit Wirkung nur für einen der Mieter würde das Mietverhältnis grundlegend zu Lasten des oder der anderen Vertragsparteien umgestalten (vgl. BGHZ 96, 302 = NJW 1986, 918 für die Anfechtung und BGH Urteil vom 9. Juli 2002 - XI ZR 323/01 - NJW 2002, 2866, 2867 für einen Darlehensvertrag ) und wäre als eine Teilkündigung grundsätzlich unzulässig (Blank in Schmidt-Futterer Mietrecht 10. Aufl. § 542 BGB Rn. 87). Die Kündigung eines Mietvertrages kann daher nur einheitlich für alle oder gegenüber allen Mietern ausgeübt werden (BGH Urteil vom 28. April 2010 - VIII ZR 263/09 - NZM 2010, 577 Rn. 7; RGZ 141, 391, 392 f.).
19
bb) Entgegen der Auffassung der Revision gebietet der Schutzzweck des § 109 Abs. 1 InsO keine Ausnahme von der Gesamtwirkung der Kündigung. Es ist zwar zutreffend, dass dem Zweck der Vorschrift, die Masse vor einem Anwachsen der Verbindlichkeiten aus dem Fortbestand eines Mietvertrages zu schützen, Genüge getan wäre, wenn nur der Insolvenzschuldner aus dem Mietvertrag ausscheiden würde. Dieser Gesichtspunkt zwingt aber nicht dazu, die Wirkung der vom Insolvenzverwalter erklärten Kündigung auf den Insolvenzschuldner zu beschränken und den allgemeinen Grundsatz, dass die Kündigung eines Mietvertrages nur einheitlich für alle oder gegenüber allen Mietern ausgeübt werden kann, insoweit aufzugeben. Zwar wird dieser Grundsatz durch § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO bereits dadurch durchbrochen, dass der Insolvenzverwalter das Sonderkündigungsrecht ohne Mitwirkung der anderen Mitmieter ausüben kann (so zutreffend MünchKommInsO/Eckert 2. Aufl. § 109 Rn. 39). Diese Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, dass ein Mietverhältnis nur einheitlich von allen Mietern gekündigt werden kann, ist aber durch den besonderen Schutzzweck des § 109 Abs. 1 InsO gerechtfertigt (Uhlenbruck/Wegener InsO 13. Aufl. § 109 Rn. 3). Die Möglichkeit des Insolvenzverwalters, das Mietverhältnis allein kündigen zu können, ändert jedoch nichts daran, dass die Kündigung wegen der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses Gesamtwirkung hat (Uhlenbruck/Wegener InsO 13. Aufl. § 109 Rn. 3). Eine Beschränkung der Kündigungswirkung nur auf den Insolvenzschuldner lässt sich aus dem Gesetzeszweck nicht herleiten (so schon RGZ 141, 391, 392 f. zu § 19 KO).
20
cc) Soweit die Revision meint, die Annahme einer Gesamtwirkung der Kündigung berücksichtige nicht angemessen die Interessen des Vermieters und der weiteren Mitmieter an einer Fortsetzung des Mietverhältnisses, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar sind Fälle denkbar, in denen der Vermieter und die anderen Mieter das Mietverhältnis auch ohne den insolvent gewordenen Mieter fortsetzen möchten. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Sind die anderen Mie- ter wirtschaftlich nicht mehr in der Lage, die Mietzahlungen allein aufzubringen, oder hat der Vermieter den Mietvertrag ursprünglich gerade im Hinblick auf die erwartete wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des jetzt insolvent gewordenen Mieters abgeschlossen, kann auch ein Interesse der übrigen Vertragsparteien bestehen , dass das Mietverhältnis durch die Kündigung des Insolvenzverwalters insgesamt beendet wird (vgl. MünchKommBGB/Bydlinski 6. Aufl. § 425 Rn. 4 mwN). Sofern der Vermieter und die anderen Mieter das Mietverhältnis ohne den insolventen Schuldner fortsetzen wollen, bleibt es ihnen unbenommen, einen neuen Mietvertrag abzuschließen (so schon RGZ 141, 391, 392 zu § 19 KO). Zudem können sich die Mietvertragsparteien vor den Folgen einer Kündigung nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO durch eine entsprechende mietvertragliche Regelung schützen, nach der der Mietvertrag im Falle einer Kündigung nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO mit den weiteren Mietern fortgesetzt werden soll (vgl. hierzu OLG Celle NJW 1974, 2012; RGZ 141, 391, 392; FK-InsO/Wegener 6. Aufl. § 109 Rn. 17).
21
dd) Die Wirkung der Kündigung nach § 109 Abs. 1 InsO kann auch nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Mitmieter ein eigenes Nutzungsinteresse an der Mietsache haben oder ob der Abschluss des Mietvertrages nur auf Gründen der Mithaftung beruht. Mit der Rechtsnatur der Kündigung als Gestaltungsrecht ist dieses Verständnis von der Wirkung einer auf § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO gestützten Kündigung nicht vereinbar. Aus Gründen der Rechtssicherheit muss eine Kündigungserklärung eindeutig sein. Sie muss zweifelsfrei erkennen lassen, dass der Mietvertrag beendet werden soll und gegen wen sich die Kündigung richtet (Blank in Schmidt-Futterer Mietrecht 10. Aufl. § 542 BGB Rn. 13 f.). Hinge die Wirkung der Kündigung nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO davon ab, ob die weiteren Mieter den Mietvertrag nur aus Haftungsgründen abgeschlossen haben oder ein eigenes Nutzungsinteresse an dem Mietobjekt verfolgen , wäre die erforderliche Rechtssicherheit nicht mehr gewährleistet. Der Umfang der Kündigungswirkung würde sich erst bestimmen lassen, wenn der Grund für die Beteiligung der weiteren Mieter an dem Mietverhältnis geklärt ist. Zu welchem Zweck die weiteren Mieter den Mietvertrag abgeschlossen haben, ergibt sich jedoch nur aus dem Innenverhältnis der Mieter, das dem Vermieter oft nicht bekannt ist.
22
ee) Schließlich spricht auch § 425 Abs. 1 und 2 BGB nicht gegen eine Gesamtwirkung der vom Insolvenzverwalter erklärten Kündigung. Danach wirkt die von einem oder gegenüber einem Gesamtschuldner erklärte Kündigung nur gegen diesen, nicht auch gegen die weiteren Gesamtschuldner. § 425 Abs. 2 BGB erfasst jedoch nur die Fälligkeitskündigung, etwa von Darlehensverträgen (vgl. MünchKommBGB/Bydlinski 6. Aufl. § 425 Rn. 4 mwN). Ob und in welchem Umfang eine Beendigungskündigung von Dauerschuldverhältnissen Wirksamkeit entfaltet, die nur von einem Gesamtschuldner erklärt wurde, regelt die Vorschrift nicht (vgl. BGH Urteil vom 9. Juli 2002 - XI ZR 323/01 - NJW 2002, 2866, 2867). Hinzu kommt, dass mehrere Mieter nicht nur als Gesamtschuldner angesehen werden können. Dies trifft zwar hinsichtlich der mietvertraglichen Pflichten zu (Palandt/Weidenkaff BGB 72. Aufl. § 535 Rn. 7). In Bezug auf die unteilbare Hauptleistungspflicht des Vermieters, den Mietern den Gebrauch der Mietsache zu überlassen, sind mehrere Mieter hingegen Gesamtgläubiger gemäß § 432 Abs. 1 BGB (vgl. MünchKommBGB/Häublein 6. Aufl. § 535 Rn. 48 mwN).
23
2. Der Kläger hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Nutzungsersatz gemäß § 546 a BGB in Höhe der Miete für den Monat September 2009. Das Berufungsgericht hat diesen Anspruch mit der Begründung verneint, dass der Kläger in diesem Zeitraum keinen Rücknahmewillen gehabt habe, weil er gegenüber dem Beklagten auf die Fortsetzung des Mietverhältnisses bestanden habe. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats. Die nicht erfolg- te Rückgabe der Mietsache führt nämlich nicht ohne weiteres zu einem Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546 a BGB. Denn das Gesetz gewährt Nutzungsentschädigung nur, wenn der Mieter dem Vermieter die Mietsache vorenthält. Vorenthaltung bedeutet Zurückbehaltung gegen den Willen des Vermieters. Sie liegt nicht vor, wenn der Vermieter der Auffassung des Mieters, der Mietvertrag sei beendet, widerspricht, indem er zu erkennen gibt, dass nach seiner Ansicht nicht wirksam gekündigt worden ist. Solange er den Mietvertrag nicht als beendet ansieht, will er keine Räumung verlangen (Senatsurteil vom 2. November 2005 - XII ZR 233/03 - NJW 2006, 140, 141 f.). Auch die Revision erhebt hiergegen keine Einwände.
24
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht schließlich auch einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 280 Abs. 1 und 2, §§ 286, 546 a Abs. 2 BGB abgelehnt. Voraussetzung für diesen Anspruch wäre, dass der Beklagte seine Verpflichtung zur Rückgabe der Mietsache schuldhaft nicht erfüllt hat. Nach § 276 BGB haftet der Mieter für fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten. Fahrlässig handelt der Mieter, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Das ist der Fall, wenn der Mieter nach einem objektivierten Maßstab des jeweiligen Verkehrskreises die Vorenthaltung erkennen und vermeiden konnte (Streyl in Schmidt-Futterer Mietrecht 10. Aufl. § 546 a BGB Rn. 92).
25
Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen, die von der Revision nicht angegriffen werden, ist diese Voraussetzung nicht erfüllt. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger im September 2009 vom Beklagten noch die Zahlung der Miete verlangte und in mehreren Schreiben zum Ausdruck brachte, dass er trotz der Kündigung durch den Insolvenzverwalter das Mietverhältnis mit dem Beklagten für fortbestehend ansah. Deshalb bestand für den Beklagten in dem fraglichen Zeitraum keine Veranlassung, auf eine Räumung des Mietobjekts hinzuwirken. Hinzu kommt, dass der Kläger einen ihm entstandenen Schaden nicht schlüssig dargelegt hat. Dazu wäre erforderlich gewesen, dass er die Räume im September 2009 anderweitig hätte vermieten können und ihm die Miete für diesen Zeitraum deshalb nicht zugeflossen ist, weil der Beklagte seiner Räumungsverpflichtung nicht nachgekommen ist. An diesem Vortrag fehlt es hier (vgl. BGH Beschluss vom 13. Juli 2010 - VIII ZR 326/09 - NZM 2010, 815 Rn. 3).
Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.03.2011 - 333 O 166/10 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 29.03.2012 - 8 U 78/11 -

(1) Statt zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.

(2) Sind auf der Seite des Käufers oder auf der Seite des Verkäufers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden.

(3) Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.

(4) Hat der Käufer mehr als den geminderten Kaufpreis gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Verkäufer zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.

Steht das Wiederkaufsrecht mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten erloschen oder übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt, das Wiederkaufsrecht im Ganzen auszuüben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 157/08
Verkündet am:
13. März 2009
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Ausübung des Vorkaufsrechts des Nutzers nach § 57 SchuldRAnpG lässt die
Ansprüche des Erstkäufers aus seinem Kaufvertrag grundsätzlich unberührt. Wird
der Erstkäufer in dem Kaufvertrag auf das Bestehen des Vorkaufsrechts des Nutzers
hingewiesen, ist das in der Regel dahin zu verstehen, dass die Ansprüche
des Erstkäufers unter der auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) der Ausübung
des Vorkaufsrechts stehen sollen.

b) Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch einen von mehreren gemeinschaftlich
vorkaufsberechtigten Nutzern für sich allein ist unwirksam. Sie steht einer Nichtausübung
des Vorkaufsrechts durch ihn gleich und führt gemäß § 472 Satz 2 BGB
zu einem Anwachsen seiner Berechtigung auf die verbliebenen, zum Vorkauf be-
rechtigten Nutzer (Fortführung von Senat, Urt. v. 14. März 1962, V ZR 2/62, WM
1962, 722 und BGHZ 136, 327, 330).

c) Bestehen Nutzungsbefugnisse nur jeweils an Teilflächen eines Grundstücks (§ 57
Abs. 6 Satz 1 SchuldRAnpG), kann das Vorkaufsrecht ausgeübt werden, wenn die
Summe der überlassenen Flächen, an denen Nutzer bei Ausübung des Vorkaufsrechts
auf Grund vor dem 3. Oktober 1990 abgeschlossener Verträge berechtigt
sind, die halbe Grundstücksgröße übersteigt. Nicht erforderlich ist es, dass die
vertraglichen Befugnisse derjenigen, die das Vorkaufsrecht durch Erklärung ausüben
, sich auf eine solche Fläche erstreckt.
BGH, Urteil vom 13. März 2009 - V ZR 157/08 - OLG Brandenburg
LG Neuruppin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. Juli 2008 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in W. (Brandenburg). Die beklagte Stadt ist Eigentümerin des angrenzenden Grundstücks mit einer Größe von 543 m2, das mit insgesamt elf Garagen bebaut ist. Dieses Grundstück wurde bis zum 2. Oktober 1990 von dem V. Gebäudewirtschaft bewirtschaftet, der zwischen 1982 bis 1986 Nutzungsverträge über Teilflächen zur Errichtung von Garagen abschloss.
2
Acht der insgesamt elf Garagen mit einer Grundfläche von 200 m2 werden noch auf Grund solcher Verträge von Dritten genutzt. Eine Doppelgarage mit einer Grundfläche von 55 m2 nutzt der Kläger zu 1 auf Grund eines 1989 mit dem V. Gebäudewirtschaft abgeschlossenen Mietvertrags. Eine der Garagen vermietete die Beklagte im Jahre 2003 neu. Die Kläger nutzen eine weitere Teilfläche von 20 m2 auf Grund eines im Jahre 2000 mit der Beklagten geschlossenen Vertrags. Die Restfläche des Grundstücks von 248 m2 besteht aus gemeinsam genutzten Zufahrts- und Wendeflächen.
3
Mit notariellem Vertrag vom 5. Dezember 2005 verkaufte die Beklagte das Garagengrundstück an die Kläger zu einem Preis von 8.145 €. Der Kaufvertrag enthält den Hinweis auf das Vorkaufsrecht der Garagennutzer nach § 57 SchuldRAnpG.
4
Nach Genehmigung des Kaufvertrages nach der Grundstücksverkehrsordnung erklärten acht Garagennutzer in einem von ihnen allen unterzeichneten Schreiben an die Beklagte, dass die Garagengemeinschaft - wie bereits im Januar 2006 mitgeteilt - das Vorkaufsrecht ausübe. Die Kläger erklärten demgegenüber , dass sie das Vorkaufsrecht nur für sich persönlich und ausdrücklich nicht im Zusammenhang mit einer neu gegründeten Garagen GbR ausübten.
5
Mit notariellem Vertrag vom 5. Oktober 2006 ließ die Beklagte das Garagengrundstück an sieben Nutzer und den Kläger zu 1 auf und bewilligte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung.
6
Die Kläger sind der Ansicht, dass das gesetzliche Vorkaufsrecht von den Berechtigten nicht wirksam ausgeübt worden sei. Sie verlangen von der Beklagten die Erklärung der Auflassung und die Bewilligung der Umschreibung des Eigentums. Ihre Klage ist in beiden Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Das Berufungsgericht meint, auf Grund wirksamer Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts nach § 57 SchuldRAnpG durch die anderen Nutzer stünden den Klägern keine Ansprüche aus dem Grundstückkaufvertrag mit der Beklagten mehr zu
8
Die anderen acht Nutzer seien nach § 57 Abs. 1 SchuldRAnpG vorkaufsberechtigt gewesen. Für einen Ausschluss des Vorkaufsrechts nach § 57 Abs. 2 Nr. 1 SchuldRAnpG wegen vertragswidriger Nutzung hätten die Kläger nicht hinreichend vorgetragen, weil sie bei vier Garagen nur deren Überlassung durch die Nutzer an Dritte, aber nicht auch dargelegt hätten, dass die Beklagte das den betroffenen Nutzern nicht gestattet habe.
9
Die Voraussetzungen des Vorkaufsrechts lägen auch im Übrigen vor. Das Grundstück sei mit dem notariellen Vertrag vom 5. Dezember 2005 erstmalig an Dritte im Sinne des § 57 Abs. 1 SchuldRAnpG verkauft worden. Die anderen Nutzer hätten das Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt.
10
Nach § 57 Abs. 6 Sätze 2 und 3 SchuldRAnpG i.V.m. § 472 Satz 1 BGB stehe zwar das Vorkaufsrecht den Nutzern gemeinschaftlich zu und könne daher von ihnen auch nur gemeinsam und im Ganzen ausgeübt werden. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Ausübung durch den Kläger zu 1 nur für sich persönlich unwirksam gewesen sei. Übe jedoch einer der Berechtigten sein Vorkaufsrecht nicht aus, so gehe dessen Recht gemäß § 472 Satz 2 BGB auf die verbleibenden Vorkaufsberechtigten über. Eine unwirksame Ausübung des Vorkaufsrechts durch einen von mehreren Vorkaufsberechtigten stehe der Nicht- ausübung gleich. Die anderen Nutzer hätten daher das Vorkaufsrecht ohne Mitwirkung des Klägers zu 1 wirksam erklärt.
11
Schließlich sei auch dem Erfordernis in § 57 Abs. 6 Satz 1 SchuldRAnpG genügt, dass die Nutzungsbefugnis des vorkaufsberechtigten Nutzers die Hälfte der Fläche des verkauften Grundstücks übersteigen müsse. Das sei hier der Fall, weil der vertraglich genutzte Flächenanteil nicht nur die Garagenstellflächen , sondern auch die gemeinsam genutzten Abstands-, Zufahrts- und Wendeflächen umfasse. Deren Fläche sei den vorkaufsberechtigten Nutzern anteilig zuzurechnen, woraus sich hier ein Nutzungsanteil der vorkaufsberechtigten Nutzer von 67,8 vom Hundert der Grundstücksgesamtfläche errechne.

II.

12
Das hält den Angriffen der Revision stand.
13
1. Die Kläger können von der Beklagten nicht mehr die Übereignung des Garagengrundstücks aus dem Kaufvertrag (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB) verlangen , nachdem die anderen Garagennutzer ihr Vorkaufsrecht nach § 57 SchuldRAnpG wirksam ausgeübt haben.
14
a) Rechtsfehlerhaft ist allerdings die auf § 464 Abs. 2 BGB gestützte Begründung des Berufungsgerichts, dass den Klägern schon wegen des Zustandekommens des Vertrages mit dem Vorkaufsberechtigten keine Ansprüche mehr aus dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag zustünden. Die Ausübung eines Vorkaufsrechts berührt die Ansprüche des Erstkäufers aus seinem Kaufvertrag grundsätzlich nicht (RGZ 121, 137, 138; Senat, Urt. v. 3. Dezember 1999, V ZR 329/98, NJW 2000, 1033).
15
Das gilt auch für das Vorkaufsrecht des Nutzers nach § 57 SchuldRAnpG. Auch das Schrifttum zum Schuldrechtsanpassungsgesetz geht - soweit es sich mit dieser Frage befasst - davon aus (Meyding in Kiethe, SchuldRAnpG, § 57 Rdn. 55; RVI/Zimmermann, SchuldRAnpG, § 57 Rdn. 13). Zwar kann es bei den gesetzlichen Vorkaufsrechten so sein, dass bereits deren Ausübung das Erlöschen des Erfüllungsanspruchs des Erstkäufers zur Folge hat. Eine solche Rechtsfolge tritt zum Beispiel bei den Vorkaufsrechten der Kommunen nach §§ 24, 25 BauGB oder der Siedlungsunternehmen nach § 4 RSG (Mayer, NJW 1984, 100, 102; Erman/Grunewald, BGB, 12. Auflage, § 464 Rdn.11; Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 505 Rdn. 27) ein. Bei dem Vorkaufsrecht nach § 57 SchuldRAnpG sind die Rechtsfolgen jedoch keine anderen als bei einem rechtsgeschäftlich vereinbarten Vorkaufsrecht nach §§ 463 ff. BGB, weil dieses Vorkaufsrecht nicht öffentlichen, sondern ausschließlich den privaten Erwerbsinteressen vertraglich berechtigter Nutzer dient (BT-Drucks. 12/8035, S. 3; Winterstein in Thiele, Schuldrechtsänderungsgesetz, § 57 SchuldRAnpG Rdn. 7).
16
b) Richtig ist allerdings, dass die Kläger bei wirksamer Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts der Nutzer wegen Eintritts einer auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) im Kaufvertrag nicht mehr dessen Erfüllung verlangen können.
17
Eine solche Bedingung ist im Kaufvertrag zwar nicht ausdrücklich vereinbart worden; sie ergibt sich jedoch aus der gebotenen, von dem Berufungsgericht unterlassenen Auslegung des Hinweises auf das gesetzliche Vorkaufsrecht. Ist dem Käufer das Bestehen eines Vorkaufsrechts bekannt, ist im Zweifel anzunehmen, dass der Kaufvertrag nach dem Willen der Parteien unter der auflösenden Bedingung der Ausübung des Vorkaufsrechts stehen soll (vgl. RG JW 1922, 576; OLG Nürnberg MDR 1984, 755; BayObLGZ 1997, 223, 227).
Das muss erst recht gelten, wenn - wie hier - ausdrücklich Abreden zur Sicherung des Vorkaufsrechts getroffen werden und der Notar von den Parteien angewiesen wird, den Vertrag nur bei Nichtausübung des Vorkaufsrechts zu vollziehen.
18
2. Die auflösende Bedingung ist eingetreten. Die anderen Nutzer haben das Vorkaufsrecht nach § 57 SchuldRAnpG wirksam ausgeübt.
19
a) Die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 57 Abs. 1 und Abs. 6 SchuldRAnpG hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Angriffe der Revision sind insoweit unbegründet.
20
aa) Der Verkauf der Beklagten an die Kläger war das erste Verkaufsgeschäft , für welches das Vorkaufsrecht nach § 57 Abs. 1 SchuldRAnpG besteht (vgl. Meyding in Kiethe, SchuldRAnpG, § 57 Rdn. 17).
21
bb) Mehreren Nutzern steht das Vorkaufsrecht nach § 57 Abs. 6 Satz 2 SchuldRAnpG nur gemeinschaftlich zu; die Ausübung des gemeinschaftlichen Vorkaufsrechts bestimmt sich auf Grund der Verweisung in § 57 Abs. 2 Satz 3 SchuldRAnpG nach § 472 BGB. Das Berufungsgericht hat die Wirksamkeit einer gemeinschaftlichen Ausübung des Vorkaufsrechts durch die übrigen Garagennutzer rechtsfehlerfrei bejaht. Diese konnten das Vorkaufsrecht im Ganzen ausüben, nachdem die Kläger das Vorkaufsrecht nur für sich allein und damit nicht wirksam ausgeübt hatten.
22
(1) Der in § 472 Satz 1 BGB bestimmte Grundsatz der gemeinsamen Ausübung des Vorkaufsrechts wird durch § 472 Satz 2 BGB eingeschränkt. Übt einer der Berechtigten das Recht nicht aus oder ist sein Recht erloschen, berührt das weder die Berechtigung der Verbliebenen noch hindert es diese, ihr Vorkaufsrecht auszuüben (Senat, BGHZ 136, 327, 330). Der Nichtausübung des Vorkaufsrechts durch einen der Berechtigten steht die unwirksame Ausübung gleich (vgl. Senat, Urt. v. 14. März 1962, V ZR 2/62, WM 1962, 722, 723). Die von den Klägern nur für sich in Anspruch genommene Ausübung widersprach der besonderen gesamthandsartigen Berechtigung der Beteiligten an dem Vorkaufsrecht (Senat, BGHZ 136, 327, 329 f.) und war daher unwirksam (Erman/Grunewald, BGB, 12. Auflage, § 473 Rdn 3; MünchKomm-BGB/H.-P. Westermann, 5. Aufl., § 472 Rdn. 1; Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 513 Rdn. 4).
23
Die unwirksame Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Kläger führte jedoch nicht zum Untergang des gemeinschaftlichen Vorkaufsrechts, sondern nach § 472 Satz 2 BGB zum Anwachsen der Berechtigung des Klägers zu 1 auf die verbliebenen Vorkaufsberechtigten (vgl. PWW/D. Schmidt, BGB, 3. Aufl., § 472 Rdn. 2; Soergel/Huber, aaO Rdn. 3). Diese Bestimmung beruht auf der Entscheidung des Gesetzgebers, dass die übrigen Vorkaufsberechtigten in der Ausübung ihres Vorkaufsrechts nicht durch einen Mitberechtigten beschränkt sein sollten, der sein Recht nicht ausüben kann oder will (Prot. II S. 1822 = Mugdan, Materialien zum BGB, Bd. 2, S. 800 f.).
24
(2) Soweit die Revision demgegenüber meint, dass ein Vorkaufsrecht nach der Ausübung durch einen Berechtigten für sich allein auch von den anderen Vorkaufsberechtigten nicht ausgeübt werden könne, ist das weder mit dem Wortlaut des § 472 Satz 2 BGB noch mit dem sich aus den Gesetzesmaterialien ergebenden Normzweck vereinbar. Anderes folgt auch nicht aus den von ihr zitierten Entscheidungen des Reichsgerichts (RGZ 158, 57, 63) und des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 28. Oktober 1981, IVa ZR 163/80, NJW 1982, 330), welche die Ausübung des Vorkaufsrechts der Miterben nach § 2034 Abs. 1 BGB beim Verkauf des Anteils eines Miterben an einen Dritten betreffen. Bei der Erbengemeinschaft besteht nach § 2040 Abs. 1 BGB von vornherein eine gemeinschaftliche Verfügungsbefugnis über die zum Nachlass gehörenden Gegenstände (RGZ 158, 57, 64), aus der sich die Notwendigkeit einer Einigung auch über die Ausübung eines Vorkaufsrechts ergibt (BGH, Urt. v. 28. Oktober 1981, IVa ZR 163/80, aaO). Die für die Erbengemeinschaft geltenden Grundprinzipien werden durch § 472 Satz 2 BGB nicht so weit verdrängt, dass die übrigen Miterben ein Vorkaufsrecht auch gegen den erklärten Willen eines der Miterben ausüben könnten (RGZ 158, 57, 63).
25
Eine der Erbengemeinschaft entsprechende gesamthänderische Bindung der Nutzer bestand hier nicht. Die im Schuldrechtsanpassungsgesetz begründeten Ansprüche standen den jeweiligen Nutzern nach § 4 Abs. 1 SchuldRAnpG auf Grund der von dem VEB Gebäudewirtschaft mit ihnen abgeschlossenen Verträge zur Errichtung von Garagen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SchuldRAnpG) zu; sie waren nicht für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstanden, was nach § 4 Abs. 2 SchuldRAnpG den Abschluss eines Nutzungsvertrages mit einer Personengemeinschaft nach §§ 266 bis 273 ZGBDDR vorausgesetzt hätte. Die Zusammenfassung der sich aus voneinander unabhängigen Verträgen ergebenden Berechtigungen der Nutzer zu einem nur gemeinschaftlich auszuübenden Vorkaufsrecht in § 57 Abs. 6 Satz 2 SchuldRAnpG beruht allein auf dem § 472 Satz 1 BGB zugrunde liegenden Gedanken. Die Unteilbarkeit des Vorkaufsrechts soll ausschließen, dass durch die Ausübung selbständiger Vorkaufsrechte durch nur einige der vorkaufsberechtigten Nutzer eine Rechtsgemeinschaft an dem Grundstück aus diesen und entweder dem Verpflichteten oder dem Erstkäufer entsteht, was in der Regel deren Interessen zuwiderliefe (vgl. dazu: Bamberger/Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 472, Rdn 1; MünchKomm-BGB/H.-P. Westermann, aaO, § 472 Rdn. 1). Für Vorkaufsrechte, die allein aus diesem Grund gemeinschaftlich auszuüben sind, ist die Regelung in § 472 Satz 1 BGB uneingeschränkt anzuwenden. Das entspricht auch dem Normzweck, da mit der Verweisung in § 57 Abs. 6 Satz 3 SchuldRAnpG erreicht werden sollte, dass die übrigen Nutzer ihr gesetzliches Vorkaufsrecht auch dann ausüben können, wenn einer der Berechtigten dies nicht kann oder will (vgl. Rövekamp. Schuldrechtsanpassung, 2. Aufl, Rdn. 807).
26
(3) Die Frage, ob ein Mitberechtigter durch seinen Widerspruch gegenüber dem Eigentümer die Ausübung des Vorkaufsrechts auch für alle anderen ausschließen kann (so MünchKomm-BGB/H.-P. Westermann, aaO Rdn 3), bedarf hier keiner Entscheidung, weil die Kläger der gemeinschaftlichen Ausübung des Vorkaufsrechts durch die übrigen Garagennutzer gegenüber der Beklagten nicht ausdrücklich widersprochen, sondern nur die nicht wirksame Ausübung des Vorkaufsrechts für sich allein erklärt haben.
27
cc) Das gesetzliche Vorkaufsrecht kann nach § 57 Abs. 6 Satz 1 SchuldRAnpG nur ausgeübt werden, wenn die einem oder mehreren Nutzern überlassene Teilfläche eines Grundstücks die halbe Grundstücksgröße übersteigt (sog. Überwiegensprinzip).
28
(1) Die Vorschrift berücksichtigt das Interesse des Eigentümers, der nicht dem gesetzlichen Vorkaufrecht ausgesetzt sein soll, wenn die Nutzungsbefugnis aus den vor dem 3. Oktober 1990 geschlossenen Verträgen sich auf weniger als die halbe Grundstücksgröße erstreckt. Nutzer im Sinne der Bestimmung sind danach nur diejenigen, die im Zeitpunkt der Vorkaufsrechtsausübung auf Grund solcher Verträge (§§ 1, 3 SchuldRAnpG) noch zum Besitz berechtigt sind. Die zu berücksichtigende Teilfläche bestimmt sich nach dem Umfang der vertraglich gestatteten Nutzung (vgl. Kinne, ZOV 1994, 449, 451; Rövekamp, Schuldrechtsanpassung, 2. Aufl., Rdn. 805).
29
Dabei sind die an verschiedene Nutzer überlassenen Teilflächen zusammenzurechnen. Der von der Revision vertretene Umkehrschluss zu § 20 Abs. 3 Satz 3 VermG, der für das im Vermögensgesetz bestimmte Vorkaufsrecht eine solche Addition ausdrücklich anordnet, hat weder den Gesetzeswortlaut noch die Materialien zu § 57 SchuldRAnpG noch den Zweck der Norm für sich. Die von mehreren Nutzern genutzten Flächen stellen eine Teilfläche des Grundstücks dar. Das Vorkaufsrecht in § 57 SchuldRAnpG ist im Gesetzgebungsverfahren in Anlehnung an das Vorkaufsrecht in § 20 VermG ausgestaltet und nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 SchuldRAnpG nur für die Fälle ausgeschlossen worden, in denen der oder die Nutzer schon nach § 20 VermG zum Vorkauf berechtigt sind (BT-Drucks. 12/7135, S. 30). Die Ansicht der Revision führte schließlich zu einer Aushöhlung des Vorkaufsrechts, da die vertragliche Befugnis des einzelnen Nutzers einer Teilfläche (Gartenparzelle, Garage) in der Regel die halbe Grundstücksgröße nicht übersteigt, so dass die Norm weitgehend leer liefe. Auch das Schrifttum geht davon aus, dass der in § 20 Abs. 3 Satz 3 VermG bestimmte Grundsatz auf die in § 57 Abs. 6 Satz 1 SchuldRAnpG bezeichneten Nutzungsbefugnisse entsprechend anzuwenden ist (vgl. Kinne, ZOV 1994, 449, 451; Meyding in Kiethe, SchuldRAnpG, § 57 Rdn. 41).
30
(2) Diese Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist erfüllt. Die Nutzungsbefugnisse aus den vor dem 3. Oktober 1990 abgeschlossenen Verträgen machen mehr als 50 vom Hundert der Gesamtfläche des Grundstücks von 543 m2 aus.
31
Von den individuell genutzten Flächen von 295 m2 werden unter Zurechnung der vom Kläger genutzten Doppelgarage 255 m2 (= 86,4 %) auf Grund solcher Verträge genutzt.
32
Dies gilt auch für die gemeinschaftlich genutzten Flächen. Das Berufungsgericht hat für die Feststellung, ob der Anteil der überlassenen Fläche die halbe Grundstücksgröße übersteigt, die gemeinschaftlich genutzten Flächen (Zufahrten, Wendeflächen usw.) von insgesamt 248 m2 anteilig den Flächen zugeordnet, die den Nutzern nach den Verträgen zum individuellen Gebrauch zugewiesen worden sind. Das ist rechtsfehlerfrei. Gemeinschaftlich genutzte Flächen bei der Anwendung des § 57 Abs. 6 Satz 1 SchuldRAnpG gar nicht zu berücksichtigen, höhlte das gesetzliche Vorkaufsrecht aus, weil es dann nicht mehr ausgeübt werden könnte, obwohl die große Mehrheit der Nutzer noch auf Grund alter Verträge zur Nutzung der auf dem Grundstück stehenden Bauwerke (Garagen) befugt ist. Diese Flächen zu 100 % den alten vertraglichen Nutzungsrechten zuzurechnen, widerspräche ebenfalls dem Normzweck, nach dem das Vorkaufsrecht nur dann soll ausgeübt werden können, wenn der Anteil der aus alten Verträgen begründeten Nutzungsbefugnisse überwiegt.
33
b) Die Geltendmachung des Vorkaufsrechts ist auch nicht nach § 57 Abs. 2 Nr. 1 SchuldRAnpG ausgeschlossen. Die von der Revision erhobene Rüge, dass bei vier Garagennutzern von einer ungenehmigten Gebrauchsüberlassung an Dritte ausgegangen werden müsse, ist nicht entscheidungserheblich.
34
Selbst wenn bei vier Nutzern das Vorkaufsrecht deshalb nicht bestünde, verringerte sich die Teilfläche, die von zum Vorkauf berechtigten Nutzern (zu denen auch der Kläger zu 1 gehört) individuell genutzt wird, nur um 100 m2 auf 155 m2, was jedoch immer noch 52,5 % der individuell genutzten Teilflächen mit einer Größe von insgesamt 295 m2 wären. Da die Nutzungsbefugnisse an den gemeinschaftlich genutzten Flächen (wie bereits ausgeführt) im selben Verhältnis anteilig den vertraglichen Nutzungsbefugnissen zuzurechnen sind, überstiege die vorkaufsberechtigten Nutzern überlassene Fläche auch dann noch die halbe Grundstücksgröße.

III.

35
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Krüger Klein Stresemann
Roth Czub
Vorinstanzen:
LG Neuruppin, Entscheidung vom 24.07.2007 - 3 O 166/07 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 03.07.2008 - 5 U 125/07 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.