Landgericht Kiel Urteil, 08. Juni 2017 - 12 O 221/15

bei uns veröffentlicht am08.06.2017

Tenor

Das Versäumnisurteil vom 22.04.2016 wird aufgehoben.

Der Vollstreckungsbescheid vom 29.08.2014 bleibt insoweit aufrechterhalten, als der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 1.415,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diesen Betrag seit dem 02.07.2016 zu zahlen sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag von 6.236,11 € vom 23.07.2014 bis zum 30.11.2015, auf einen Betrag in Höhe von 3.298,40 € vom 01.12.2015 bis zum 07.04.2016, auf einen Betrag in Höhe von 1.699,28 € vom 08.04.2016 bis zum 01.07.2016 zu zahlen. Im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 4.282,11 € erledigt ist.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 70 % und die Klägerin zu 30 % mit Ausnahme der Kosten der Säumnis im Termin am 22.04.2016, diese sind von der Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung aufgrund eines Schuldanerkenntnisses, hilfsweise aus einem gekündigten Kreditvertrag in Anspruch.

2

Am 07.11.2013 wurde bei der Klägerin das Konto Nr. [anonymisiert] auf den Namen des Beklagten eröffnet. Die Klägerin überwies von diesem am 27.11.2013 einen Betrag in Höhe von 5.000,00 € auf das Konto Nr. [anonymisiert] bei der BB-Bank eG, Bankleitzahl 66090800 zu dem Verwendungszweck Ratenkredit. Kontoinhaber des Kontos bei der BB-Bank eG ist nicht der Beklagte (Anlage B 1, Bl. 121 d. A.). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu der Akte gereichte Vertragsurkunde vom 07.11.2013 Bezug genommen (Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 12.05.2016, Bl. 108 ff. d. A.).

3

Die Klägerin behauptet, Hintergrund dieser Zahlung sei ein Kreditvertrag über 6.707,40 € - bestehend aus der Ursprungsforderung zzgl. Zinsen - mit dem Beklagten gewesen. Dieser sei am 07.11.2013 aufgrund eines Antrags des Beklagten zustande gekommen. Der Beklagte habe diesen am 07.11.2013 mittels eines Postident-Basic-Verfahrens unter Vorlage seines Personalausweises in der Postfiliale in Rendsburg mit ihr abgeschlossen. Dabei habe der Beklagte sowohl den Kreditvertrag, als auch das Postident-Basic-Formular eigenhändig unterschrieben. Darüber hinaus habe er am 07.06.2014 eine schriftliche Anerkenntniserklärung in Höhe von 7.446,78 € eigenhändig unterzeichnet. Sie ist der Ansicht, dass sie die von ihr geltend gemachte Forderung aus der Anerkenntniserklärung vom 07.06.2014 beanspruchen kann, jedenfalls aber der Anspruch aus dem Kreditvertrag folgt.

4

Das Amtsgericht Mayen hat am 28.07.2014, zugestellt am 31.07.2014, gegen den Beklagten einen Mahnbescheid über die Zahlungspflicht über 6.903,17 € zzgl. außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € zum Az. 14-6673049-0-8 erlassen. Mit Vollstreckungsbescheid vom 29.08.2014 zum vorgenannten Aktenzeichen, dem Beklagten am 02.09.2014 zugestellt, hat das Amtsgericht Mayen gegen den Beklagten die Zahlungspflicht von 6.903,17 € zzgl. außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € festgesetzt. Gegen den Vollstreckungsbescheid legte der Beklagte am 12.06.2015 schriftlich Einspruch ein.

5

Die Klägerin hat mit der am 17.07.2015 bei Gericht eingegangenen und am 22.07.2015 zugestellten Klage zunächst beantragt, den Einspruch ohne mündliche Verhandlung durch Urteil als verspätet zu verwerfen.

6

Nachdem der Beklagte in der Folgezeit einen Betrag in Höhe von 2.937,71 €, am 09.12.2015 einen Betrag über 648,28 €, am 12.01.2016 einen Betrag über 389,28 €, am 10.02.2016 einen Betrag über 284,28 € sowie am 09.03.2016 einen Betrag über 277,28 € gezahlt hat, hat die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe von insgesamt  für erledigt erklärt.

7

Aufgrund der Säumnis der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 22.04.2016 ist auf Antrag des Beklagten der Vollstreckungsbescheid vom 29.08.2014 aufgehoben und die Klage durch Versäumnisurteil (Bl. 101 f. d. A.) abgewiesen worden. Zugleich hat das Gericht durch Beschluss vom 22.04.2016 dem Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid vom 29.08.2014 gewährt (Bl. 103 f. d. A.). Gegen das Versäumnisurteil, das der Klägerin am 02.05.2016 zugestellt wurde, hat die Klägerin am 12.05.2017, zugegangen bei Gericht am selben Tag, Einspruch eingelegt.

8

Nachdem der Beklagte am 10.05.2016 einen Betrag über 108,02 € und am 11.05.2016 einen Betrag über 249,28 € gezahlt hat, hat die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe von weiteren 357,30 € für erledigt erklärt. Anschließend hat die Klägerin die Erledigungserklärung und damit auch die Klage in Höhe von 357,30 € zurückgenommen. Sodann hat die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe von nunmehr 284,28 € für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin erklärt den Rechtsstreit in Höhe von insgesamt 4.282,11 € für erledigt und beantragt zuletzt,

10

das Versäumnisurteil aufzuheben und den Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten, soweit der Beklagte verurteilt wird, an sie 2.625,67 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diesen Betrag seit dem 02.07.2016 zu zahlen sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag von 7.446,78 € vom 23.07.2014 bis zum 30.11.2015, auf einen Betrag in Höhe von 4.509,07 € vom 01.12.2015 bis zum 07.04.2016, auf einen Betrag in Höhe von 2.909,95 € vom 08.04.2016 bis zum 01.07.2016 zu zahlen.

11

Der Beklagte widerspricht der Erledigungserklärung und beantragt,

12

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

13

Er behauptet, den Kreditantrag vom 07.11.2013 nicht gestellt zu haben. Alle geleisteten Unterschriften seien durch seine damalige Ehefrau, die Zeugin [anonymisiert], gefälscht und die Verträge ohne sein Wissen unter seinem Namen abgeschlossen worden. Zudem sei er am 07.11.2013 nicht in der Postfiliale in Rendsburg gewesen.

14

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Behauptung, der Beklagte habe die Anerkenntniserklärung unterzeichnet, durch Vernehmung der Zeugin [anonymisiert]; diese hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Aufgrund des Beschlusses vom 01.07.2016 (Bl. 134 f. d. A.) sowie aufgrund des ergänzenden Beschlusses vom 26.07.2016 (Bl. 159 f. d. A.) hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens über die Echtheit der Unterschriften des Beklagten auf der Anerkenntniserklärung, auf dem Kreditvertrag sowie auf dem Postident-Basic-Formular durch die Sachverständige [anonymisiert]. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten vom 19.12.2016 sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 22.04.2016 (Bl. 97 ff. d. A.), vom 01.07.2016 (Bl. 131 ff. d. A.) und vom 05.05.2017 (Bl. 203 ff. d. A.) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage hat überwiegend Aussicht auf Erfolg. Die Einsprüche des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid und der Klägerin gegen das Versäumnisurteil sind zulässig, die zulässige Klage ist in dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I.

16

Da der Beklagte gegen den Vollstreckungsbescheid vom 29.08.2014 Einspruch eingelegt hat, ist der Prozess nach § 342 ZPO in die Lage vor der Säumnis des Beklagten zurückversetzt worden. Der Einspruch ist zulässig, insbesondere ist er aufgrund der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 233 ff. ZPO auch fristgerecht im Sinne der §§ 338 ff. ZPO erfolgt.

II.

17

Aufgrund des Einspruchs der Klägerin gegen das Versäumnisurteil vom 22.04.2016 ist der Prozess nach § 342 ZPO in die Lage vor dessen Säumnis zurückversetzt worden. Der Einspruch ist zulässig. Er ist statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne der §§ 338 ff. ZPO eingelegt worden.

III.

18

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 1.415,00 €. Dieser folgt nicht aus dem Schuldanerkenntnis (hierzu unter 1.), insoweit ist die Klage unbegründet. Sie folgt vielmehr aus dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus dem Kreditvertrag (hierzu unter 2.).

1.

19

Die Klägerin kann die begehrte Zahlung in Höhe von 2.625,67 € nicht aus dem Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 S. 1 BGB vom 07.06.2014 (Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 30.11.2015, Bl. 59 d. A.) verlangen. Eine Einigung kam zwischen den Parteien nicht zustande, da es an einer Willenserklärung des Beklagten fehlt. Denn der Klägerin ist die Beweisführung nicht gelungen, dass der Beklagte das Schuldanerkenntnis unterschrieben hat. Aufgrund der überzeugenden und von der Klägerin nicht angegriffenen Darlegung der Sachverständigen [anonymisiert] steht fest, dass die Unterschrift auf dem Schuldanerkenntnis vom 07.06.2014 nicht von dem Beklagten stammt. Insoweit war auch nicht wieder in die die mündliche Verhandlung einzutreten. Aus dem Schriftsatz vom 30.05.2017 ergeben sich keine neuen Erkenntnisse, die zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen.

2.

20

Der Klägerin steht aber der mit der Klageforderung geltend gemachte Hilfsanspruch aus dem Kreditvertrag auf Zahlung von 1.415,00 € zu. Dieses folgt aus § 488 Abs. 3 BGB.

21

Zwischen den Parteien bestand ein Kreditvertrag im Sinne des §§ 488 Abs. 1 S. 1, 491 Abs. 1 BGB (Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 12.05.2016, Bl. 108 ff. d. A.). Entgegen der Auffassung des Beklagten fehlt es nicht an einer für den Abschluss des Kreditvertrags erforderlichen Willenserklärung. Denn der Beklagte hat ein wirksames Angebot auf den Abschluss eines Kreditvertrages abgegeben, indem er den von einem Dritten unterschriebenen Kreditvertrag durch die Unterschrift unter das Postident-Basic-Formular genehmigt hat (§ 177 Abs. 1 BGB).

a.

22

Zwar ist der Klägerin die Beweisführung nicht gelungen, dass der Beklagte den Kreditvertrag vom 07.11.2013 unterschrieben hat. Gleichwohl hat die Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass der Beklagte das Postident-Basic-Formular eigenhändig unterschrieben hat. Gemäß § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu achten sei. Eine unumstößliche Gewissheit, ob eine Behauptung wahr und erwiesen ist, ist dabei nicht erforderlich. Vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad einer Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet. Entscheidend ist, ob der Richter die an sich möglichen Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann (vgl. BGHZ 53, 245). Dies ist vorliegend der Fall.

23

Die Sachverständige [anonymisiert] stellt in ihrem Gutachten fest, dass die Unterschriften unter dem Kreditvertrag für das Kundenkonto [anonymisiert] mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von dem Beklagten, die Unterschrift auf dem Formblatt Postident-Basic vom 07.11.2013 zur Referenznummer SWK1261583255 wahrscheinlich von dem Beklagten stammt.

24

Das Gericht folgt den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen. Als selbstständige Schriftsachverständige und aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Gesellschaft für forensische Schriftuntersuchung e.V. ist die Sachverständige für die Begutachtung besonders qualifiziert. Das Gutachten ist gedanklich nachvollziehbar und in sich stimmig begründet. Sie hat den Streitstoff vollständig behandelt.

25

Da die Parteien die Darlegungen der Sachverständigen hinsichtlich des Kreditvertrags nicht angegriffen haben, steht fest, dass die Unterschriften auf dem Kreditvertrag vom 07.11.2013 ebenfalls nicht von dem Beklagten stammen. Die Sachverständige stuft dieses mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ein, da gravierende Abweichungen zu den Vergleichsproben aus dem entsprechenden Zeitraum vorhanden seien.

26

Hinsichtlich des Postident-Basic-Formulars führt die Sachverständige aus, dass es sich wahrscheinlich um eine echte Unterschrift des Beklagten handele. Dabei erfolgte hinsichtlich der Wahrscheinlichkeitsgrade keine höhere Einstufung, da die Sachverständige zugunsten des Beklagten berücksichtigt, dass es sich bei dem von ihr zu untersuchenden Postident-Basic-Formular lediglich um eine Fotokopie handelte. Dennoch sieht es das Gericht als erwiesen an, dass die Unterschrift vom Beklagten stammt. Denn die Sachverständige führt aus, dass die Aussage „wahrscheinlich“ näher an „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ liegt, als an einem „non liquet (nicht entscheidbar)“. Denn die Sachverständige legt dar, dass es bei einer – wie hier – vorliegenden Fotokopie jedenfalls eindeutig feststellbar ist, wenn die Unterschrift nicht vom Urheber stammt. Ein solcher Fall liegt bei der streitgegenständlichen Unterschrift auf dem Postident-Basic-Formular gerade nicht vor, es handelt sich nicht um eine Fälschung. Dies zeigt ein Vergleich zu den Unterschriften auf dem Kreditvertrag, als auch auf der Anerkenntniserklärung, bei denen die Sachverständige gravierende Abweichungen zu den Vergleichsproben des Beklagten feststellt. Bei der auf dem Formblatt Postident-Basic geleisteten Unterschrift zeigten sich hingegen nur Übereinstimmungen mit der Originalunterschrift des Beklagten. Dies genügt dem erkennenden Gericht als ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der ausreicht, um Zweifeln Schweigen zu gebieten, ohne sie vollkommen auszuschließen.

b.

27

Nach alledem ist davon auszugehen, dass der Kreditvertrag vom 07.11.2013 nicht vom Beklagten unterschrieben worden ist, sondern von einem Dritten, der – befugt oder unbefugt – den Namen des Beklagten benutzt hat. Hierbei handelt es sich rechtlich um eine Erklärung unter fremdem Namen. Auf eine solche Erklärung unter fremdem Namen finden die Regelungen der §§ 164 ff. BGB, insbesondere §§ 177, 179 BGB, entsprechende Anwendung. Die Wirksamkeit der Erklärung hängt von einer Genehmigung des Vertretenen, hier also des Beklagten, ab.

28

Das OLG Brandenburg führt dazu in seinem Urteil vom 13.07.2011, Az. 4 U 158/10 aus:

29

„Eine Genehmigung des Beklagten ist dadurch erfolgt, dass er sich (…) zur Postfiliale (…) begeben und sich dort unter Unterzeichnung des entsprechenden Formulars im Postident-Basic-Verfahren identifizieren lassen hat. (…) Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Klägerin als Erklärungsempfängerin die Durchführung des Postident-Basic-Verfahrens seitens des Beklagten nur so verstehen konnte, dass er damit gleichzeitig zum Ausdruck brachte, dass er entweder selbst den der Aufforderung durch die Klägerin zur Durchführung des Verfahrens zugrunde liegenden Kreditkartenvertrags gestellt hatte oder sich mit einem von dritter Seite für ihn gestellten Antrag einverstanden erklärte.

30

Aus Sicht der Klägerin ließ sich die Durchführung des Postident-Basic-Verfahrens durch den Beklagten nur damit erklären, dass sie ihm einen Coupon entsprechend der Anlage (…) mit der Aufforderung zur Durchführung des Postident-Basic-Verfahrens zugesandt und der Beklagte diesen am (…) bei der Postfiliale in Rendsburg vorgelegt hatte; denn ohne diesen Coupon, auf dem die Klägerin zum einen sich selbst als Empfängerin und zum anderen die von ihr in Bezug auf den bei ihr eingegangenen Eintrag vergeben Referenznummer angegeben hatte, hätte der Postbedienstete die entsprechende Referenznummer nicht das vom Beklagten am (…) unterzeichnete Formular übernehmen können. Daraus, dass der Beklagte bereit war, der Aufforderung zur Durchführung eines derart aufwendigen Verfahrens Folge zu leisten, konnte die Klägerin aber darüber hinaus nach den für sie erkennbaren Umständen nur den Schluss ziehen, dass den Beklagten auch der Grund dafür – hier ein Antrag auf Abschluss eines Kreditkartenvertrages – bekannt war. Hatte der Beklagte den Antrag aber nicht festgestellt, bedeutete dies aus Sicht der Klägerin, dass der Beklagte die bislang ohne seine Bevollmächtigung von Dritten abgegebene Erklärung genehmigt.“

31

Diese Ausführungen macht sich das erkennende Gericht zu Eigen.

32

Der Annahme einer Genehmigung steht dabei nicht entgegen, dass der Beklagte behauptet, nicht zu wissen, was ein Postident-Basic-Verfahren ist. Das OLG Brandenburg führt dazu in seinem Urteil vom 13.07.2011, Az. 4 U 158/10, aus:

33

„Rechtlich handelt es sich um die Frage der Beachtlichkeit eines fehlenden Erklärungsbewusstseins bei der Abgabe einer konkludenten Willenserklärung. Insofern entspricht es jedoch der heute ganz h. M. in Rechtsprechung und Literatur, dass ein Verhalten, das sich für den Erklärungsempfänger als Ausdruck eines bestimmten Rechtsfolgewillens darstellt, dem Erklärenden auch dann als Willenserklärung zuzurechnen ist, wenn er kein Erklärungsbewusstsein hatte, wenn nur der Handelnde bei anwendungspflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst werden könnte und der Erklärungsempfänger schutzbedürftig ist (vgl. nur: Palandt-Ellenberger, Einf. v. § 116 Rn. 17; BGH Urteil vom 02.11.1989 – IX ZR 197/88 – Rn. 17; BGH Urteil vom 29.11.1994 – XI ZR 175/93 – Rn. 10; BGH Beschluss vom 19.09.2002 – V ZB 37/02 – Rn. 14 und 15).

34

Dass sein in der Durchführung des Postident-Basic-Verfahrens liegendes Verhalten von der Klägerin als Genehmigung eines für ihn bei der Klägerin gestellten Antragsabschluss eines Kreditkartenvertrages verstanden werden könnte, hätte der Beklagte bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen und vermeiden können.

35

Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte den Brief der Klägerin, der den Coupon für das Postident-Basic-Verfahren enthielt, nicht selbst aus dem Briefkasten genommen haben mag; dass er den Coupon in der Postfiliale in (…) vorgelegt haben muss, ergibt sich – wie bereits erläutert - daraus, dass der Postbedienstete die Referenznummer auf dem vom Beklagten unterzeichneten Formular eingetragen hat. (…) Jedenfalls hätte er, bevor er eine Unterschrift leistete, (…) den Postbeamten um genauere Informationen bitten können, wozu seine Unterschrift dienen sollte und ggf. fernmündlich bei der Klägerin, die als Empfängerin des Postidentformulars aus dem zugehörigen Coupon jedenfalls für lesekundige Personen, die der Beklagte vor einer Unterschriftsleistung hätte fragen können, deutlich erkennbar war, nachfragen können, worauf sich die Aufforderung, ihn identifizieren zu lassen, beziehen sollte. (…)

36

Hätte der Beklagte ihm danach mögliche und in seinem eigenen Interesse gebotene Informationen eingeholt, hätte er aber auch erkennen können, dass die Klägerin seine Bereitschaft, sich im Postidentverfahren identifizieren zu lassen, dahin verstehen würde, dass der zuvor bei der Klägerin unter seinem Namen eingegangene Kreditkartenantrag von ihm akzeptiert werde, d.h. entweder von ihm stammte oder von ihm genehmigt werde.

37

Es fehlt auch nicht an der Schutzbedürftigkeit der Klägerin. Es ist insbesondere nicht der geringste Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Klägerin wusste oder auch nur hätte erkennen können, dass der Beklagte nicht wusste, weshalb er das Postidentverfahren durchführen sollte.“

38

Auch diese Ausführungen macht sich das erkennende Gericht zu Eigen. Diese sind auf den hiesigen Rechtsstreit übertragbar. Der Beklagte muss sich durch sein Unterschreiben des Postident-Basic-Formulars am 07.11.2013 in der Postfiliale in Rendsburg den unter seinem Namen abgeschlossenen Kreditvertrag zurechnen lassen. Dass er kein Erklärungsbewusstsein gehabt haben könnte, kann jedenfalls aus den vorgenannten Gründen dahinstehen. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass das Postident-Formular bereits von der Klägerin oder von einem Dritten soweit ausgefüllt war, dass der Beklagte es nur noch unterschreiben musste. Auch insoweit wird auf das Vorstehende verwiesen. Dem steht auch nicht der Vortrag des Beklagten entgegen, er habe bedingt durch eine Gehirnfunktionsstörung eine Lese- und Schreibschwäche. Denn wer eine Urkunde unterschreibt, hat deren Wirkungen gegen sich gelten zu lassen. Das gilt selbst bei Analphabeten (vgl. Palandt/Ellenberger, 76. Auflage, § 119 Rn. 9). So liegt es auch hier.

39

Von den Grundsätzen des Urteils des OLG Brandenburg (a. a. O.) ist auch nicht aus Billigkeitsgründen abzuweichen. Schon der Ablauf eines Postident-Basic-Verfahrens spricht gegen die Anwendung des § 242 BGB. So schreibt Möller in seinem Aufsatz „Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Postident-Verfahren“ in NJW 2005, 1605:

40

„Bei dem Postident-Basic-Verfahren (früher: Postident-3) erfolgt die Identifizierung in den Filialen der Deutschen Post AG. Der Anbieter stellt seinem (zukünftigen) Kunden ein Schriftstück wie zum Beispiel einen Antrag auf Kontoeröffnung sowie ein entsprechendes Postident-Formular zur Verfügung. Dies kann entweder in körperlicher Form - etwa mittels Übergabe oder Versand - oder über das Internet erfolgen. Der Kunde ergänzt und unterzeichnet das ihm überlassene Schriftstück und begibt sich zur Identifizierung in eine Postfiliale. Dort legt er neben dem an den Anbieter adressierten Schriftstück auch das Postident-Formular sowie seinen Personalausweis oder Reisepass vor. Der Mitarbeiter der Post überprüft nunmehr die Identität, nimmt sämtliche Ausweisdaten auf und holt eine Kundenunterschrift ein. Nach erfolgreicher Identifizierung wird das Schriftstück an den Anbieter (zurück-)gesandt.“

41

Aus Sicht eines objektiven und verständigen Dritten stellt sich der Ablauf dergestalt dar, dass der Unterzeichnende bewusst eine Erklärung abgegeben hat. Denn er selbst sucht mit einem an die Bank adressierten Schreiben und dem unter Umständen schon unterschriebenen – und ebenfalls an die Bank adressierten – Postident-Formular die Postfiliale auf, wo er an den Postbediensteten unter Vorlage seiner Ausweisdokumente die vorbenannten Dokumente übergibt. Nach erfolgter Identifizierung unterschreibt er auf Anweisung des Postbediensteten nochmals ein Formular. So liegt der Fall auch hier. Der Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die für einen den Ablauf beobachtenden Dritten ein Indiz wäre, dass der Beklagte ersichtlich keine Erklärung abgeben wollte. Ein solcher Umstand kann auch nicht in der Behauptung gesehen werden, er könne sich nicht erinnern, am 07.11.2013 in der Postfiliale in Rendsburg gewesen zu sein. Denn aus dem vorgenannten Ablauf ergibt sich, dass er sich für die Abgabe eines Postident-Formulars legitimieren muss. Dieses setzt voraus, dass er selbst in der Postfiliale gewesen sein muss. Da das hier streitgegenständliche Postident-Formular von ihm nach der Überzeugung des erkennenden Gerichts unterschrieben wurde, war er also auch am 07.11.2013 in der Postfiliale.

42

In den Billigkeitserwägungen ist darüber hinaus auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte in Kenntnis seiner Unkenntnis handelte. Dem Beklagten ist gerade kein Irrtum im Sinne des § 119 BGB unterlaufen. Denn er hat als Erklärender eine Erklärung in dem Bewusstsein abgegeben, ihren Inhalt nicht zu kennen (vgl. BGH NJW 1951, 705). Etwas anderes kann auch nicht im Rahmen der §§ 164 ff. BGB gelten.

c.

43

Die Klägerin hat das Angebot des Beklagten auch unstreitig angenommen. Der Kredit wurde auf das in dem Kreditvertrag angegebene Konto am 27.11.2013 ausgezahlt.

d.

44

Der Anspruch ist durch die am 16.04.2014 erfolgte klägerseitige Kündigung auch seit dem 01.05.2014 in Höhe von 6.236,11 € fällig (Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 12.05.2016, Bl. 114 d. A.). Der Beklagte zahlte auf diese bislang

45
- in der Zeit bis zum 30.11.2015 einen Betrag über 2.937,11 €,
46
- am 09.12.2015 einen Betrag über 648,28 €,
47
- am 12.01.2016 einen Betrag über 389,28 €,
48
- am 10.02.2016 einen Betrag über 284,28 €,
49
- am 09.03.2016 einen Betrag über 277,28 € sowie
50
- in der Zeit bis zum 01.07.2016 einen Betrag über 284,28 €,
51

insgesamt also 4.821,11 €, mit der Folge, dass der von der Klägerin begehrte Betrag noch in Höhe von 1.415,00 € offen ist.

IV.

52

Die als Feststellungsantrag auszulegende Erledigungserklärung in Höhe von 4.282,11 € ist zulässig und begründet.

53

Die Feststellungsklage ist zulässig. Das Feststellungsinteresse der Klägerin im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO folgt aus der Kostenfrage. In der einseitigen teilweisen Erledigungserklärung ist eine nachträgliche kumulative Klagehäufung im Sinne der §§ 261 Abs. 2, 260 ZPO zu sehen, wobei die darin liegende Klageänderung nach § 263 Alt. 2 ZPO als sachdienlich anzusehen ist.

54

Die Feststellungsklage ist auch begründet. Auf den geänderten Antrag der Klägerin ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen, weil sich die ursprünglich zulässige und begründete Klage durch die Zahlungen des Beklagten in Höhe von 4.821,11 € - und damit sogar um 539,00 € mehr als von der Klägerin beantragt - erledigt hat. Hinsichtlich der ursprünglichen Zulässigkeit und Begründetheit der Klage wird insoweit auf Ziff. III.2. verwiesen.

V.

55

Die Klägerin kann auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € von dem Beklagten verlangen, §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB.

VI.

56

Der Klägerin steht der geltend gemachte Zinsanspruch aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang zu, § 288 Abs. 1 BGB. Im Übrigen ist der Zinsanspruch unbegründet. Grund hierfür ist, dass die Klägerin ihren Zinsanspruch aus der dem Schuldanerkenntnis zugrundliegenden Forderung über 7.446,78 € herleitet. Dieses besteht indes nicht; insoweit wird auf Ziff. III.1. verwiesen. Der Zinsanspruch folgt aber aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB, dessen Schuldverhältnis der Kreditvertrag ist (vgl. Ziff. III.2). Der Beklagte kam am 01.05.2014 in Verzug, da er den im Kündigungsschreiben vom 16.04.2014 fällig gestellten Betrag in Höhe von 6.236,11 € (Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 12.05.2016, Bl. 114 d. A.) nicht bezahlte, 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Dass die Klägerin Zinsen erst ab dem 23.07.2014 beansprucht, steht dem nicht entgegen.

VII.

57

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen hinsichtlich der Kostenentscheidung aus §§ 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 269 Abs. 3, 344 ZPO sowie bezüglich der Vollstreckbarerklärung aus §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1 und 2, 711, 794 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 ZPO. Im Hinblick auf die Säumnis der Klägerin sind die Kosten von der Klägerin aufzubringen, da das Versäumnisurteil vom 22.04.2016 in gesetzlicher Weise ergangen ist (§ 344 ZPO).

58

Unter Zugrundelegung eines fiktiven Streitwerts in Höhe von (7.446,78 € + 6.236,11 € =) 13.682,89 € hat die Klägerin einen Kostenanteil von 30 % zu tragen. Denn hinsichtlich des Kreditvertrages hat die Klägerin eine Kostenquote von 14,37 %, da sie über 896,30 € unterliegt: dies setzt sich zusammen aus dem Differenzbetrag aus der der Klägerin zugesprochenen Zahlung über 1.415 € sowie dem Wert der Kreditforderung in Höhe von 6.236,11 € abzüglich der beklagtenseits geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt nur geltend gemachten 4.282,11 € unter Berücksichtigung der Klagrücknahme über 357,30 €. Hinsichtlich des Anerkenntnisses hat die Klägerin eine Kostenquote von 42,48 %, da sie über 3.164,67 € unterliegt (7.446,78 € abzüglich der beklagtenseits geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt nur geltend gemachten 4.282,11 €).

59

Die übrigen Kosten in Höhe von 70 % sind dem Beklagten aufzuerlegen.


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Landgericht Kiel Urteil, 08. Juni 2017 - 12 O 221/15 zitiert 15 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag


(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit da

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums


(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständ

Zivilprozessordnung - ZPO | § 261 Rechtshängigkeit


(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet. (2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung ge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 177 Vertragsschluss durch Vertreter ohne Vertretungsmacht


(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab. (2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Gene

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 781 Schuldanerkenntnis


Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 179 Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht


(1) Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweig

Zivilprozessordnung - ZPO | § 344 Versäumniskosten


Ist das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen, so sind die durch die Versäumnis veranlassten Kosten, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind, der säumigen Partei auch dann aufzuerlegen, wenn infolg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 342 Wirkung des zulässigen Einspruchs


Ist der Einspruch zulässig, so wird der Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.

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Landgericht Kiel Urteil, 08. Juni 2017 - 12 O 221/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2002 - V ZB 37/02

bei uns veröffentlicht am 19.09.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 37/02 vom 19. September 2002 in der Wohnungseigentumssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja WEG § 23 a) Soweit durch Gemeinschaftsordnung oder Eigentümerbeschluß nichts anderes geregelt ist, kann der

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Ist der Einspruch zulässig, so wird der Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.

Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(1) Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert.

(2) Hat der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt, so ist er nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, welchen der andere Teil dadurch erleidet, dass er auf die Vertretungsmacht vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Teil an der Wirksamkeit des Vertrags hat.

(3) Der Vertreter haftet nicht, wenn der andere Teil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste. Der Vertreter haftet auch dann nicht, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war, es sei denn, dass er mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 37/02
vom
19. September 2002
in der Wohnungseigentumssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Soweit durch Gemeinschaftsordnung oder Eigentümerbeschluß nichts anderes
geregelt ist, kann der Leiter einer Wohnungseigentümerversammlung das tatsächliche
Ergebnis einer Abstimmung grundsätzlich auch dadurch feststellen, daß
er bereits nach der Abstimmung über zwei von drei - auf Zustimmung, Ablehnung
oder Enthaltung gerichteten - Abstimmungsfragen die Zahl der noch nicht abgegebenen
Stimmen als Ergebnis der dritten Abstimmungsfrage wertet (sog. Subtraktionsmethode
).

b) Durch die Subtraktionsmethode kann das tatsächliche Abstimmungsergebnis allerdings
nur dann hinreichend verläßlich ermittelt werden, wenn für den Zeitpunkt
der jeweiligen Abstimmung die Anzahl der anwesenden und vertretenen Wohnungseigentümer
und - bei Abweichung vom Kopfprinzip - auch deren Stimmkraft
feststeht.
BGH, Beschl. v. 19. September 2002 - V ZB 37/02 - BayObLG
LG Bayreuth
AG Bayreuth
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. September 2002 durch
den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird, soweit über sie nicht durch den Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 11. Juli 2002 entschieden ist, zurückgewiesen.
Von Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Antragsteller 4/5 und die Antragsgegner 1/5. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.500

Gründe:

I.


Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer und die Verwalterin einer aus mindestens 180 Einheiten bestehenden Wohnungseigentumsanlage, die von der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 1 vor etwa dreißig Jahren errichtet worden ist. Nach der Teilungserklärung trifft die Eigentümerversammlung Entscheidungen "mit einfacher Mehrheit der vertretenen 1000stel Anteile." Der Miteigentumsanteil der Antragstellerin zu 1 beläuft sich auf 55,71/1000, während auf den Miteigentumsanteil des Antragstellers zu 2, des Geschäftsführers ihrer Komplementärin, 118,01/1000 entfallen.
Aus Anlaß behördlicher Beanstandungen wegen des unzureichenden Brandschutzes fand am 29. März 2001 eine außerordentliche Eigentümerversammlung statt. Bei der Beschlußfassung zu Tagesordnungspunkt 3, die in fünf Unterpunkten verschiedene Anträge zu einzelnen Maßnahmen zum Gegenstand hatte, waren 104 Wohnungseigentümer anwesend, die 559,92/1000 Miteigentumsanteile vertraten. Die Versammlungsleiterin stellte zu vier Unterpunkten jeweils die abgegebenen Nein-Stimmen und die Stimmenthaltungen fest, errechnete dann als Differenz zu den vertretenen Miteigentumsanteilen die Ja-Stimmen und stellte auf dieser Grundlage jeweils die Annahme der Beschlußanträge fest. In einem Fall zählte die Versammlungsleiterin neben den Stimmenthaltungen die abgegebenen Ja-Stimmen aus, errechnete in der geschilderten Weise die Zahl der Nein-Stimmen und gelangte so zur Feststellung der Ablehnung des betreffenden Beschlußantrages zu Tagesordnungspunkt 3 b. Die Antragstellerin zu 1 konnte sich nur an der Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 3 a beteiligen, hinsichtlich der weiteren Beschlußanträge
wurde sie durch die Versammlungsleiterin von der Abstimmung ausgeschlossen.
Das Amtsgericht hat die zu Tagesordnungspunkt 3 gefaßten Beschlüsse antragsgemäß für ungültig erklärt. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht die Entscheidung aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller , der das Bayerische Oberste Landesgericht teilweise stattgegeben und den Beschluß des Amtsgerichts insoweit wiederhergestellt hat, als in ihm der Eigentümerbeschluß zu Tagesordnungspunkt 3 c für ungültig erklärt worden ist. Im übrigen möchte das Bayerische Oberste Landesgericht das Rechtsmittel zurückweisen, sieht sich hieran jedoch durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. April 2000 (NJW-RR 2001, 11) gehindert und hat insoweit die Sache durch Beschluß vom 11. Juli 2002 dem Bundesgerichtshof vorgelegt.

II.


Die Vorlage ist statthaft (§ 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).
Das vorlegende Gericht hält an seiner Ansicht fest, daß der Versammlungsleiter - mangels abweichender Regelung - das Ergebnis der Abstimmung der Wohnungseigentümer auch im Subtraktionsverfahren feststellen dürfe, indem er zunächst nur die Nein-Stimmen und Enthaltungen abfrage und danach den Rest der Stimmen als Ja-Stimmen werte (so bereits BayObLG, WuM 1989,
459, 460 im Anschluß an KG WuM 1984, 101). Entsprechendes gelte nach Abgabe der Ja-Stimmen und Enthaltungen für die Feststellung der Nein-Stimmen. Demgegenüber vertritt das Oberlandesgericht Düsseldorf (NJW-RR 2001, 11, 12) in einer auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung die Auffassung, die Feststellung einer Stimmenmehrheit für die Annahme eines Beschlußantrages setze die exakte Ermittlung der Ja-Stimmen voraus, eine bloße Schlußfolgerung genüge nicht. Da die Divergenz beider Auffassungen die Zulässigkeit der Subtraktionsmethode für die Feststellung des Abstimmungsergebnisses im allgemeinen betrifft, ist die Vorlage in vollem Umfang gerechtfertigt.

III.


Soweit der Senat auf Grund der zulässigen Vorlage als Rechtsbeschwerdegericht über die sofortige weitere Beschwerde zu entscheiden hat, ist das Rechtsmittel zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG, §§ 27, 29 FGG), jedoch nicht begründet. Mängel der noch verfahrensgegenständlichen Eigentümerbeschlüsse hat das Beschwerdegericht zu Recht verneint. Wie von der Versammlungsleiterin festgestellt und verkündet, sind die Eigentümerbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3 a, 3 d und 3 e mit jeweils positivem Beschlußergebnis sowie zu Tagesordnungspunkt 3 b mit negativem Beschlußergebnis zustande gekommen und leiden auch nicht an inhaltlichen Mängeln.
1. Entgegen der Ansicht der Antragsteller wurde das tatsächliche Ergebnis der Abstimmung über die zugrundeliegenden Beschlußanträge von der Versammlungsleiterin fehlerfrei ermittelt. Die Ermittlung der Zahl der zu einem Beschlußantrag von den Wohnungseigentümern abgegebenen Ja- und Nein-
Stimmen sowie der Stimmenthaltungen ist Aufgabe des Leiters der Eigentü- merversammlung; sie ist Grundlage der ihm ebenfalls - nach Prüfung der Gültigkeit der Stimmen - obliegenden Feststellung des Abstimmungsergebnisses, das wiederum nach rechtlicher Beurteilung durch den Versammlungsleiter zur Feststellung und Verkündung des Beschlußergebnisses führt (vgl. Senat, BGHZ 148, 355, 342 f). Fehlt es - wie im vorliegenden Fall - an Regeln zur Ermittlung des tatsächlichen Ergebnisses der Abstimmung, wie sie sich aus der Gemeinschaftsordnung oder einem Eigentümerbeschluß ergeben können (vgl. KG, WuM 1985, 101; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 23 Rdn. 25), so begegnet es keinen grundsätzlichen Bedenken, wenn sich der Versammlungsleiter hierbei der Subtraktionsmethode bedient und bereits nach der Abstimmung über zwei von drei - auf Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung gerichteten - Abstimmungsfragen die Zahl der noch nicht abgegebenen Stimmen als Ergebnis der dritten Abstimmungsfrage wertet. Bei größeren Eigentümerversammlungen , zumal wenn - wie hier - in Abweichung von § 25 Abs. 2 WEG eine Stimmkraft nach der Größe der Miteigentumsanteile vereinbart ist (Wertoder Anteilsstimmrecht), sind mit diesem Verfahren deutliche Erleichterungen bei der Stimmauszählung verbunden (vgl. Röll, Handbuch für Wohnungseigentümer und Verwalter, 7. Aufl., Rdn. 242; für die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft auch Zöllner, ZGR 1974, 1, 5). Allerdings darf nicht verkannt werden, daß dieses Verfahren begleitende organisatorische Maßnahmen verlangt , damit sich das tatsächliche Abstimmungsergebnis hinreichend verläßlich ermitteln läßt.

a) Die Zulässigkeit der Subtraktionsmethode zur Ermittlung des tatsächlichen Abstimmungsergebnisses war für das Wohnungseigentumsrecht nicht nur in der obergerichtlichen Rechtsprechung bis zur Entscheidung des Ober-
landesgerichts Düsseldorf (NJW-RR 2001, 11, 12; anders wohl noch WuM 1993, 305), soweit ersichtlich, außer Streit (vgl. BayObLG, WuM 1989, 459, 460; KG, WuM 1985, 101; OLG Stuttgart, Beschl. v. 15. März 1990, 8 W 567/89 - nicht veröffentlicht), sondern entspricht auch der überwiegenden Auffassung in der Literatur (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 25; Staudinger /Bub, BGB, 12. Aufl., § 24 Rdn. 101; Röll, aaO, Rdn. 242; Bub, PiG 25, 49, 59; Merle, PiG 25, 119, 124 = WE 1987, 138, 139; einschränkend Wangemann /Drasdo, Die Eigentümerversammlung nach WEG, 2. Aufl., Rdn. 530: Rückrechnung nur bei Feststellung auch der nicht abgegebenen Stimmen). Von der Rechtsprechung (vgl. OLG Frankfurt a.M., NZG 1999, 119, 120; LG Dortmund, AG 1968, 390; a.A. KG, RzU KGZ 101, 7 für die Mitgliederversammlung eines wirtschaftlichen Vereins) und der herrschenden Literaturansicht (vgl. Hüffer, AktG, 5. Aufl., § 133 Rdn. 24; KölnerKomm-AktG/Zöllner, § 133 Rdn. 57; ders., ZGR 1974, 1, 5; MünchHdb-AG/Semler, § 39 Rdn. 28; Lamers, DNotZ 1962, 287, 298; von Falkenhausen, BB 1966, 337, 343; einschränkend Großkomm-AktG/Barz, 3. Aufl., § 119 Anm. 41; Eckardt, in Geßler /Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 133 Rdn. 15 ff; Henseler, BB 1962, 1023, 1025: nur nach Hinweis des Versammlungsleiters; ablehnend Brox, DB 1965, 731, 732 f; 1203, 1204) wird das Subtraktionsverfahren zudem für Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften (zur GmbH vgl. Zöllner, in Baumbach /Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 47 Rdn. 12) als zulässige Methode zur Ermittlung des tatsächlichen Abstimmungsergebnisses anerkannt.

b) Bei Prüfung der Zulässigkeit der Subtraktionsmethode ist zu beachten , daß sie nur ein rechnerisches Verfahren zur Erleichterung der Stimmenauszählung bedeutet, das eine bestimmte Auslegung des Verhaltens der Woh-
nungseigentümer voraussetzt, die bei den bis dahin vom Versammlungsleiter gestellten beiden Fragen ihre Stimme noch nicht abgegeben haben.
aa) Das Verhalten dieser Wohnungseigentümer ist einer Auslegung zugänglich. Der Eigentümerbeschluß, der durch die Abstimmung zustande kommt, ist ein mehrseitiges Rechtsgeschäft in der besonderen Form eines Gesamtaktes , durch den mehrere gleichgerichtete Willenserklärungen der Wohnungseigentümer gebündelt werden (vgl. Senat, BGHZ 139, 288, 297 m.w.N.). Die von den Wohnungseigentümern abgegebenen Einzelstimmen sind hiernach empfangsbedürftige Willenserklärungen gegenüber dem Versammlungsleiter. Auf sie finden die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln einschließlich der zur Anfechtbarkeit wegen Willensmängeln (§§ 119 ff BGB) Anwendung (BayObLGZ 1995, 407, 411; 2000, 66, 68 f; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 20; Weitnauer/Lüke, WEG, 8. Aufl., § 23 Rdn. 12; Staudinger/Bub, aaO, § 23 Rdn. 69; vgl. auch BGHZ 14, 264, 267 für das Gesellschaftsrecht). Auch eine Auslegung der Stimmabgabe nach § 133 BGB ist hiernach eröffnet (Staudinger /Bub, aaO, § 23 Rdn. 69).
bb) Der Auslegung steht nicht entgegen, daß die Wohnungseigentümer, die zu der ersten und zu der zweiten Abstimmungsfrage nicht abgestimmt haben , bei dem Subtraktionsverfahren keine Gelegenheit erhalten haben, auf die dritte Frage durch Abgabe ihrer Stimmen im vorgesehenen Modus - etwa durch Handheben - zu antworten. Wie jede andere Willenserklärung muß auch die Stimmabgabe nicht "ausdrücklich" erfolgen (vgl. Brox, DB 1965, 731, 733). Unschädlich ist überdies, daß bei einem Vorgehen nach der Subtraktionsmethode die unterbliebenen Stimmabgaben zu den bisherigen Abstimmungsfragen, also das Schweigen der betreffenden Wohnungseigentümer auszulegen ist. Zwar
ist das bloße Schweigen regelmäßig keine Willenserklärung (vgl. BGHZ 1, 353, 355; 18, 212, 216; BGH, Urt. v. 24. September 1980, VIII ZR 299/79, NJW 1981, 43, 44), so daß auch die unterlassene Teilnahme an der Abstimmung grundsätzlich nicht als Stimmabgabe zu werten ist (vgl. Staudinger/Bub, aaO, § 23 Rdn. 72). Als Willenserklärung ist aber ein Schweigen anzusehen, dem ausnahmsweise ein - durch Auslegung im einzelnen zu bestimmender - Erklärungswert zukommt (vgl. MünchKomm-BGB/Kramer, 4. Aufl., vor § 116 Rdn. 24; MünchKomm-BGB/Mayer-Maly/Busche, aaO, § 133 Rdn. 54; Soergel /Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 133 Rdn. 16; Erman/Palm, BGB, 10. Aufl., § 133 Rdn. 10; auch BGHZ 144, 349, 355). Das ist der Fall, wenn das Schweigen bei verständiger Würdigung aller Umstände nur die Bedeutung einer Willenserklärung haben kann (Soergel/Hefermehl, aaO, vor § 116 Rdn. 34), ihm also - nicht vorschnell zu bejahende - "unmißverständliche Konkludenz" (so MünchKomm-BGB/Kramer, aaO, vor § 116 Rdn. 24) zukommt. Unter diesen Voraussetzungen kann auf eine Willenserklärung mit bestimmtem Inhalt geschlossen werden, wenn der Erklärungsempfänger angesichts der Gesamtumstände nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine gegenteilige Äußerung des Schweigenden erwarten durfte (vgl. Canaris, Festschrift für Wilburg zum 70. Geburtstag, 1975, S. 77, 82; auch BGHZ 61, 282, 285; BGH, Urt. v. 14. Februar 1995, XI ZR 65/94, NJW 1995, 1281; Urt. v. 5. Februar 1997, VIII ZR 41/96, NJW 1997, 1578, 1579; Urt. v. 10. Februar 1999, IV ZR 56/98, NJW-RR 1999, 818, 819; RGRK-BGB/Krüger-Nieland, 12. Aufl., vor § 116 Rdn. 18 m.w.N.).
cc) Von den Wohnungseigentümern, die ihre Stimme mit dem Inhalt der ersten oder zweiten Abstimmungsfrage abgeben wollten, war eine entsprechende Teilnahme an dem Abstimmungsverfahren zu erwarten. Haben die
Wohnungseigentümer, was auch noch durch einen Geschäftsordnungsbeschluß in der betreffenden Eigentümerversammlung geschehen kann (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 25), keine abweichende Regelung getroffen , so hat der Versammlungsleiter (§ 24 Abs. 5 WEG) über die Maßnahmen zu befinden, die erforderlich sind, um den Mehrheitswillen korrekt festzustellen und diesen in Form von Eigentümerbeschlüssen umzusetzen (vgl. Staudinger/Bub, aaO, § 24 WEG Rdn. 101). Der Versammlungsleiter entscheidet danach insbesondere über die Reihenfolge der Fragen, mit der ein Beschlußantrag zur Abstimmung gestellt wird (vgl. BayObLG, WuM 1989, 459, 460; KG, WuM 1985, 101; OLG Düsseldorf, WuM 1993, 305; Bärmann /Pick/Merle, aaO, § 24 Rdn. 99; Staudinger/Bub, aaO, § 24 WEG, Rdn. 101). Soll diese Befugnis zur Leitung des Abstimmungsverfahrens ihr Ziel nicht verfehlen, müssen mit ihr entsprechende Obliegenheiten der Wohnungseigentümer korrespondieren, die ihre Grundlage letztlich in den Treuepflichten aus dem zwischen ihnen bestehenden Gemeinschaftsverhältnis (vgl. dazu BayObLG, WuM 1993, 85, 86) finden. Wird mithin der Wille der einzelnen Wohnungseigentümer über einen entsprechend gefaßten Beschlußantrag in Form der allein denkbaren positiven oder negativen Reaktionen erfragt und zudem die Möglichkeit eröffnet, sich der Teilnahme an der Beschlußfassung durch Stimmenthaltung zu entziehen, so muß von den Wohnungseigentümern erwartet werden, daß sie ihre Stimmen bei den Fragen nach Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung abgeben. Dem Gesamtverhalten eines Wohnungseigentümers , das sich aus seinem Schweigen auf die erste Abstimmungsfrage nach der Ablehnung des Beschlußantrages - oder auch nach der Zustimmung zu diesem - sowie aus seinem Schweigen auf die zweite Abstimmungsfrage nach einer Stimmenthaltung zusammensetzt, ist deshalb Erklärungswert beizulegen. Der Erklärungsinhalt unterliegt keinem Zweifel, weil nur noch die dritte
Abstimmungsfrage offen ist, so daß bei vernünftiger Betrachtung aus Sicht des Versammlungsleiters (als des Erklärungsempfängers) sich das bisherige Schweigen als Stimmabgabe für die Zustimmung zum Beschlußantrag - oder bei gegenteiliger erster Abstimmungsfrage nach dessen Ablehnung - darstellt (so im Ergebnis auch Canaris, aaO, S. 78; MünchKomm-BGB/Kramer, aaO, vor § 116 Rdn. 24; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., vor § 116 Rdn. 7). Damit kann darauf verzichtet werden, die dritte Abstimmungsfrage noch zu stellen.
dd) Ein - hier nicht festgestellter - Hinweis des Versammlungsleiters auf die geschilderte Bedeutung des Schweigens vor Beginn der Abstimmung ist zwar ohne Zweifel insbesondere zur Vermeidung späterer Beschlußanfechtungen ratsam, nicht aber Voraussetzung für das dargestellte Auslegungsergebnis (a.A. Großkomm-AktG/Barz, 3. Aufl., § 119 Anm. 41; Eckardt, in Geßler /Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 133 Rdn. 15 ff; Henseler, BB 1962, 1023, 1025 für das Aktienrecht).
(1) Eine solche Unterrichtung kann - wenn sie nicht ausnahmsweise zur Vereinbarung des Schweigens als Erklärungszeichen führt (vgl. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2. Bd., 3. Aufl., S. 64) - lediglich fehlendem Erklärungsbewußtsein der Wohnungseigentümer entgegenwirken. Abgesehen davon, daß ein solcher Erfolg des Hinweises nicht in jedem Einzelfall sichergestellt werden kann (so Brox, DB 1965, 731, 733 für Zeitung lesende Aktionäre), steht fehlendes Erklärungsbewußtsein der Annahme einer Willenserklärung auch dann nicht entgegen, wenn diese aus einem schlüssigen Verhalten gefolgert wird. Es reicht vielmehr aus, wenn der Erklärende fahrlässig nicht erkannt hat, daß sein Verhalten als Willenserklärung aufgefaßt werden konnte, und wenn der Empfänger es tatsächlich auch so verstanden hat (BGHZ
109, 171, 177; 128, 41, 49; BGH, Urt. v. 29. November 1994, XI ZR 175/93, NJW 1995, 953; auch BGHZ 91, 324, 329 f; insoweit überholt Brox, DB 1965, 731, 733). Diese Grundsätze sind zwar für Willenserklärungen entwickelt worden , die durch (aktives) konkludentes Handeln abgegeben werden. Da aber auch das Schweigen unter besonderen Umständen, wie sie hier gegeben sind, nichts anderes als eine Willenserklärung durch konkludentes Verhalten ist (vgl. Canaris, aaO, S. 77; MünchKomm-BGB/Kramer, aaO, vor § 116 Rdn. 24; Soergel/Hefermehl, aaO, vor § 116 Rdn. 32, § 133 Rdn. 16; Erman/Palm, aaO, § 133 Rdn. 10; wohl auch BGH, Urt. v. 14. Februar 1995, XI ZR 65/94, NJW 1995, 1281; offengelassen von BGH, Urt. v. 6. Mai 1975, VI ZR 120/74, NJW 1975, 1358, 1359; a.A. Palandt/Heinrichs, aaO, vor § 116 Rdn. 8), kann im vorliegenden Fall nichts anderes gelten (vgl. MünchKomm-BGB/Kramer, aaO, § 119 Rdn. 99 f; auch Soergel/Hefermehl, aaO, vor § 116 Rdn. 34; anders aber Flume, aaO, S. 65). Kommt nämlich einem Schweigen in Ausnahmefällen Erklärungswert zu, so handelt es sich lediglich um eine der Möglichkeiten konkludenter Willenserklärungen, ohne qualitativen Unterschied zu den Fällen aktiven schlüssigen Verhaltens (Canaris, aaO, S. 78; MünchKomm-BGB/Kramer, aaO, vor § 116 Rdn. 24). Ob diese Regeln auch für das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das die Rechtsprechung bislang nicht als Willenserklärung versteht (vgl. BGHZ 11, 1, 5), Anwendung finden können, bedarf hier keiner Entscheidung.
(2) Die Voraussetzungen, unter denen fehlendes Erklärungsbewußtsein eine Willenserklärung nicht ausschließt, sind vorliegend erfüllt. Dem Subtraktionsverfahren liegt nämlich eine Situation zugrunde, in der die betroffenen Wohnungseigentümer bei dem Versammlungsleiter zumindest fahrlässig Vertrauen hinsichtlich einer bestimmten Stimmabgabe geschaffen haben. Daß der
Versammlungsleiter das Verhalten der verbleibenden Wohnungseigentümer tatsächlich als Stimmabgabe für die dritte Frage verstanden hat, zeigt sich schon an der von ihm angestellten Rückrechnung auf das entsprechende Abstimmungsergebnis. Ferner kann für jeden Wohnungseigentümer, der nicht für die beiden ersten Abstimmungsfragen votierte, bei der gebotenen Sorgfalt kein Zweifel bestehen, daß sein Verhalten nur als Erklärung im Sinne der dritten Abstimmungsalternative zu verstehen ist, verbleibt ihm doch allein noch diese Möglichkeit der Abstimmung. Er darf insbesondere nicht darauf vertrauen, daß für ihn auch bei der Abstimmungsfrage noch die Gelegenheit bestehen wird, sich einer persönlichen Entscheidung zum Beschlußantrag durch schlichte Passivität zu entziehen. Mit seiner Anwesenheit in der Versammlung während der Abstimmung verfolgt ein Wohnungseigentümer im Zweifel auch die Absicht, sich an der Willensbildung der Eigentümergemeinschaft zu beteiligen. Will er die Versammlung nicht verlassen, gleichwohl aber zu einem Beschlußantrag keine Stimme abgeben, so bleibt ihm - was die Gegenansicht (vgl. OLG Düsseldorf , NJW-RR 1991, 11, 12; auch KG, RzU KGZ 101, 7 f) nicht beachtet - nur die Möglichkeit, die von ihm durch seine Präsenz vermittelte Teilnahmebereitschaft dadurch zu widerlegen, daß er bei der zweiten Abstimmungsfrage nach der Stimmenthaltung votiert (ähnlich KölnerKomm-AktG/Zöllner, § 133 Rdn. 57). In der Stimmenthaltung liegt weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht ein Unterschied zu einem völlig passiven Verhalten während des gesamten Abstimmungsverfahrens (dies lassen Wangemann/Drasdo, aaO, Rdn. 530 außer acht, wenn sie für das Subtraktionsverfahren die Feststellung der "nicht abgegebenen Stimmen" verlangen). Auch wer sich der Stimme enthält , will weder ein zustimmendes noch ein ablehnendes Votum abgeben, weshalb Stimmenthaltungen bei der Bestimmung der Mehrheit im Sinne von § 25 Abs. 1 WEG nicht mitzuzählen sind (Senat, BGHZ 106, 179, 183).

ee) Gegen dieses Ergebnis läßt sich nicht einwenden, dem Wohnungs- eigentümer, der sich lediglich während der gesamten Abstimmung passiv habe verhalten wollen, werde eine von ihm nicht gewollte Stimmabgabe aufgezwungen. Die privatautonome Gestaltung in Selbstbestimmung ist für einen solchen Wohnungseigentümer durch die Möglichkeit einer Anfechtung ausreichend gesichert. Ist er sich nämlich nicht bewußt, daß der Versammlungsleiter seinem Schweigen die Bedeutung einer rechtsgeschäftlichen Erklärung beilegen kann, so berechtigt ihn dieses fehlende Erklärungsbewußtsein in analoger Anwendung des § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB zur Anfechtung (vgl. BGHZ 91, 324, 329 f; Soergel/Hefermehl, aaO, vor § 116 Rdn. 34; MünchKomm-BGB/Kramer, aaO, § 119 Rdn. 100). Einschränkungen der Anfechtbarkeit bei Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben (vgl. BGHZ 11, 1, 5; BGH, Urt. v. 7. Juli 1969, VII ZR 104/67, NJW 1969, 1711; Urt. v. 7. Oktober 1971, VII ZR 177/69, NJW 1972, 45) beruhen auf Besonderheiten dieses Instituts (vgl. MünchKomm-BGB/Kramer, aaO, § 119 Rdn. 100) und sind deshalb hier nicht maßgeblich. Die erfolgreiche Anfechtung der Stimmabgabe wegen eines Willensmangels führt zur Unwirksamkeit der Einzelstimme. Dies kann wiederum, wenn ohne die betroffene Stimme die erforderliche Mehrheit nicht erreicht wird, Grundlage für einen Erfolg der Anfechtung des Eigentümerbeschlusses (§§ 23 Abs. 4, 41 Abs. 1 Nr. 4 WEG) sein (Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 157; Staudinger/Bub, aaO, § 23 Rdn. 276).

c) Damit in einem zweiten Schritt der Subtraktionsmethode das tatsächliche Abstimmungsergebnis durch eine Rechenoperation hinreichend verläßlich ermittelt werden kann, sind allerdings begleitende organisatorische Maßnahmen zur korrekten Feststellung der Anwesenheiten erforderlich.

aa) Die unterlassene Stimmabgabe zu den beiden ersten Abstimmungs- fragen kann nur dann als Votum für die dritte Abstimmungsfrage verstanden werden, wenn der betreffende Wohnungseigentümer zum Zeitpunkt der Abstimmung in der Versammlung zugegen war. Das Schweigen eines Wohnungseigentümers , der nicht anwesend ist, darf der Versammlungsleiter schon deshalb nicht als Stimmabgabe auffassen, weil diese nach § 23 Abs. 1 WEG in der Eigentümerversammlung erfolgen müßte. Durch Subtraktion kann mithin die Zahl der Stimmen für die dritte Abstimmungsfrage nur dann zweifelsfrei aus der Zahl der Stimmen für die beiden ersten Abstimmungsfragen errechnet werden , wenn für den Zeitpunkt der jeweiligen Abstimmung die Anzahl der anwesenden und vertretenen Wohnungseigentümer und - bei Abweichung vom Kopfprinzip - auch deren Stimmkraft feststeht (vgl. OLG Köln, NZM 2002, 458 f; Merle, PiG 25, 119, 124 = WE 1987, 138, 139; Röll, aaO, Rdn. 242; für die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft auch Hüffer, aaO, § 133 Rdn. 24; Großkomm-AktG/Barz, aaO, § 119 Anm. 41; KölnerKomm-AktG/Zöllner, § 133 Rdn. 57; ders., ZGR 1974, 1, 5; Eckardt, in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, aaO, § 133 Rdn. 17; MünchHdb-AG/Semler, § 39 Rdn. 28). Dabei sind insbesondere bei knappen Mehrheitsverhältnissen genaue Feststellungen zu den anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümern erforderlich, etwa durch sorgfältige Kontrolle des Teilnehmerverzeichnisses und dessen ständige Fortschreibung , die den einzelnen Abstimmungen zugeordnet werden kann (vgl. Röll, aaO, Rdn. 242). Sind im Einzelfall die notwendigen organisatorischen Maßnahmen zur exakten Feststellung der Gesamtanzahl der Stimmen nicht sichergestellt, so sollte dies für den Versammlungsleiter, zu dessen Aufgaben die korrekte Feststellung des Mehrheitswillens zählt, Anlaß sein, von der Subtraktionsmethode Abstand zu nehmen. Das gilt um so mehr, als in solchen Si-
tuationen Umstände maßgebende Bedeutung gewinnen können, die bei klaren Mehrheiten wegen ihrer geringen praktischen Bedeutung zu vernachlässigen sind. So kann etwa die "Passivität" eines während der Versammlung eingeschlafenen Wohnungseigentümers mangels eines willensgetragenen Verhaltens nicht als Stimmabgabe gewertet werden, und auch die Gefahr des Übersehens von Stimmverboten (etwa nach § 25 Abs. 5 WEG) ist bei der Subtraktionsmethode größer als bei Abgabe und Auszählung aller Stimmen (vgl. Wangemann /Drasdo, aaO, Rdn. 530). Läßt sich die Zahl der anwesenden Wohnungseigentümer nicht mehr aufklären und verbleiben dadurch Zweifel an den Mehrheitsverhältnissen, so ist im Falle der Beschlußanfechtung davon auszugehen , daß der Versammlungsleiter die Zahl der Ja-Stimmen zu Unrecht festgestellt hat (OLG Köln, NZM 2002, 458 f).
bb) Im vorliegenden Fall ist das Beschwerdegericht zu Recht von einer hinreichend verläßlichen Ermittlung des tatsächlichen Abstimmungsergebnisses nach der Subtraktionsmethode ausgegangen. Die Gesamtanzahl der anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümer und der von ihnen repräsentierten Stimmkraft ist in dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 29. März 2001 vermerkt. Das Protokoll dokumentiert auch Veränderungen in der Anwesenheit und stellt diese durch Zeitangaben und die Abfolge der Darstellung in Bezug zu der Behandlung der Tagesordnungspunkte. Für die Beschlußfassungen zu Tagesordnungspunkt 3 ist eine Gesamtzahl von 104 Wohnungseigentümern mit einer Stimmkraft von zusammen 559,92/1000 Miteigentumsanteilen ausgewiesen. Die Richtigkeit dieser Angaben ziehen auch die Antragsteller nicht in Zweifel. Unter diesen Umständen besteht kein Anlaß zu weiteren Ermittlungen über die Anwesenheit der Wohnungseigentümer (vgl. Senat, BGHZ 146, 241, 249 f).

2. Über die zugrundeliegenden Beschlußanträge konnten die Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 3 WEG mit Stimmenmehrheit befinden. Dies gilt auch für die zu Tagesordnungspunkt 3 d beschlossene Ausführung der durch behördlichen Bescheid geforderten Brandschutzmaßnahmen; denn der ordnungsgemäßen Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG) dienen auch Maßnahmen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen (vgl. BayObLG, ZMR 1980, 381, 382; NJW 1981, 690; NJW-RR 1992, 81, 83; NZM 1998, 817; OLG Hamm, OLGZ 1982, 260, 262; OLG Celle, OLGZ 1986, 397, 400; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 21 Rdn. 130, § 22 Rdn. 18; Weitnauer/Lüke, aaO, § 21 Rdn. 31; ders., PiG 48, 41, 46; Staudinger/Bub, aaO, § 21 Rdn. 176).
Wegen der Maßgeblichkeit der Mehrheit der Stimmen bedarf es keiner Entscheidung über die Frage, ob die Antragstellerin zu 1 von der Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 3 b, 3 d und 3 e zu Recht nach § 25 Abs. 5 WEG ausgeschlossen worden ist. Ein etwaiger Fehler hätte ohne jeden Zweifel an den Mehrheitsverhältnissen nichts ändern und daher auch nicht zur Ungültigerklärung der genannten Beschlüsse führen können (vgl. Bärmann/Pick/ Merle, aaO, § 23 Rdn. 157; Staudinger/Bub, aaO, § 23 Rdn. 276). Der nach der Gemeinschaftsordnung für ihre Stimmkraft maßgebliche Miteigentumsanteil der Antragstellerin zu 1 beläuft sich lediglich auf 55,71/1000. Wird ihre Stimme jeweils bei der Abstimmungsfrage nach Ja oder Nein berücksichtigt, die die geringste Stimmenzahl erhalten hat, so verbleibt es zu Tagesordnungspunkt 3 b bei der Ablehnung (173,72/1000 Ja- zu 379,87/1000 Nein-Stimmen) und bei den Tagesordnungspunkten 3 d und 3 e bei der Annahme der Beschlußanträge
(386,20/1000 Ja- zu 173,72/1000 Nein-Stimmen bzw. 382,31/1000 Ja- zu 177,61/1000 Nein-Stimmen).
3. Die angefochtenen Beschlüsse verletzen schließlich auch nicht die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, sondern entsprechen nach billigem Ermessen dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer (§ 21 Abs. 4 WEG). Entgegen der Ansicht der Antragsteller mußten sich die sachkundig durch einen Bausachverständigen und einen Rechtsanwalt beratenen Wohnungseigentümer nicht zunächst auf eine rechtliche Auseinandersetzung mit mehr als zweifelhaften Erfolgsaussichten einlassen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG und berücksichtigt den Erfolg der Antragsteller durch die Entscheidung des vorlegenden Gerichts über einen Teil der Rechtsbeschwerde. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Ist das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen, so sind die durch die Versäumnis veranlassten Kosten, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind, der säumigen Partei auch dann aufzuerlegen, wenn infolge des Einspruchs eine abändernde Entscheidung erlassen wird.