Landgericht Ingolstadt Beschluss, 06. Apr. 2017 - 21 T 1767/16

bei uns veröffentlicht am06.04.2017
vorgehend
Amtsgericht Ingolstadt, 2 IK 450/13, 27.10.2016

Gericht

Landgericht Ingolstadt

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Treuhänders vom 10.11.2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 27.10.2016, Az. 2 IK 450/13 wird

zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 411,96 € festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Im Verbraucherinsolvenzverfahren für Frau ... mit dem Az. 2 IK 450/13 war Herr Rechtsanwalt ... durch Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 21.10.2013 zum Treuhänder bestimmt worden.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 11.10.2016 wurde der Schuldnerin vorzeitig Restschuldbefreiung erteilt.

Durch Beschluss vom 27.10.2016 hat das Amtsgericht Ingolstadt die Vergütung des Rechtsanwalts ... als Treuhänder auf 1.512,19 € (inklusive MwSt.) festgesetzt. Der weitergehende Antrag des Treuhänders, nämlich die Vergütung auf insgesamt 1.805,15 € festzusetzen, wurde zurückgewiesen.

Der Beschluss wurde zur Zustellung an den Treuhänder am 28.10.2016 zur Post gegeben. Mit Schriftsatz vom 10.11.2016, am gleichen Tage per Telefax beim Amtsgericht Ingolstadt eingegangen legte der Treuhänder Beschwerde gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Gerichts vom 27.10.2016 ein.

Durch weiteren Beschluss vom 15.11.2016 hat das Amtsgericht Ingolstadt der sofortigen Beschwerde des Treuhänders nicht abgeholfen. Die Sache wurde dem Landgericht Ingolstadt zur Beschwerdeentscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist vorliegend der statthafte Rechtsbehelf, sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht eingelegt.

Die sofortige Beschwerde erweist sich in der Sache allerdings als nicht begründet und war demgemäß zurückzuweisen.

Im Kern geht es darum, welcher Bemessungsbetrag als Grundlage für die Festsetzung der Treuhändervergütung nach § 14 Abs. 1 InsVV heranzuziehen ist.

Nach § 14 Abs. 1 InsVV wird die Vergütung des Treuhänders nach § 293 InsO nach der Summe der Beträge berechnet, die aufgrund der Abtretung des Schuldners (§ 287 Abs. 2 InsO) oder auf andere Weise zur Befriedigung der Gläubiger des Schuldners beim Treuhänder eingehen. In seinem Beschluss vom 27.10.2016 geht das Insolvenzgericht Ingolstadt davon aus, dass ein Betrag in Höhe von 25.691,65 € als Berechnungsgrundlage anzusetzen ist. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 24.765,55 €, welche vom Treuhänder an die Gläubiger ausgeschüttet wurden, zuzüglich der Gerichtskosten. Im Ergebnis ist das Amtsgericht Ingolstadt der Meinung, zugeflossene Beträge seien bei der Bemessung der Treuhändervergütung nur insoweit zu berücksichtigen, als sie letztlich auch der Befriedigung der Gläubiger dienten. Überschießende Beträge seien nicht zu berücksichtigen.

Demgegenüber meint der Beschwerdeführer, als Bemessungsgrundlage müsste ein Betrag von 37.231,00 € in Ansatz gebracht werden. Vorliegend hat nämlich die Schuldnerin einen hälftigen Anteil aus einer Erbschaft, nämlich insgesamt 37.231,00 € an den Treuhänder bezahlt. Dies führte letztlich dazu, dass sämtliche Gläubiger vollumfänglich befriedigt und der Schuldnerin vorzeitig Restschuldbefreiung erteilt werden konnte.

Wegen der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des Beschlusses des Amtsgerichts Ingolstadt vom 27.10.2016 sowie auf die ausführliche Darstellung in der Beschwerdebegründung vom 10.11.2016 verwiesen.

Das Beschwerdegericht schließt sich nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage der Meinung des Amtsgerichts Ingolstadt an. Dies aus folgenden Erwägungen:

1. Nach Meinung der Kammer spricht bereits der Wortlaut des § 14 Abs. 1 InsVV klar für die vom Amtsgericht vertretene Meinung. Der Zusatz im Verordnungstext „... zur Befriedigung der Gläubiger des Schuldners ...“ spricht eindeutig dafür, dass eingehende Beträge nur insoweit Berücksichtigung bei der Bemessung der Betreuervergütung finden können, soweit sie tatsächlich zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich waren. Der entsprechende Zusatz im Verordnungstext wäre ansonsten völlig überflüssig.

2. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Entscheidung des Landgerichts Hannover vom 15.03.2011, Az. 6 T 20/11 überzeugt weder im Ergebnis noch in der Begründung. Eine eigentliche Begründung enthält die Entscheidung des Landgerichts Hannover nämlich nicht. Insbesondere setzt sich die Entscheidung schon gar nicht mit dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 InsVV auseinander.

3. Für die vorliegend zu treffende Entscheidung kann dahinstehen, ob grundsätzlich sonstige Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 InsO bei der Berechnung einbezogen werden müssten. Derartige Masseverbindlichkeiten gab es nämlich im vorliegenden Verfahren nicht.

4. In die Berechnungsgrundlage ist jedenfalls aber nicht die Vergütung des Treuhänders einzurechnen, mit der Folge, dass dieser Betrag zu den Gläubigerforderungen und den Gerichtskosten hinzuzurechnen wäre. Insoweit hat der Beschwerdeführer bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass in diesem Fall sich die Vergütung nach einer Bemessungsgrundlage richten müsste, diese aber wiederum von der Höhe der zu zahlenden Vergütung abhängig wäre, was letztlich eine Art Zirkelschluss ergeben würde. Derartiges war zum einen vom Verordnungsgeber sicher nicht gewollt.

Andererseits hat jedoch auch der Bundesgerichtshof bereits im Beschluss vom 20.11.2014 (IX ZB 16/14) entschieden, dass zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gerade nicht die Vergütung des Treuhänders nach § 293 InsO zählt, weil sie erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens entsteht. Demgemäß ist die Vergütung für den Treuhänder auch nicht in § 54 InsO aufgeführt.

5. Auch der Hinweis auf § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 12.08.2016 wiederholt auch insoweit letztlich nur den Gesetzeswortlaut. Die entsprechende Vorschrift wurde aber sicherlich nicht im Hinblick auf die Vergütung des Treuhänders erlassen. Die Vorschrift zielt doch ganz offensichtlich darauf ab, dass geregelt wird, welchen Teil einer Erbschaft der Schuldner für sich behalten darf und welchen er (letztlich zur Erlangung der Restschuldbefreiung) (jedenfalls zunächst) an den Treuhänder abzuführen hat.

6. An einem überspitzten Beispiel zeigt sich eindrucksvoll und abschließend, dass die Rechtsmeinung des Beschwerdeführers nicht richtig sein kann: Nähme man an, ein Schuldner würde durch einen glücklichen Zufall in den Genuss einer Erbschaft im Bereich von beispielsweise 40 Millionen € gelangen, bei einem vergleichbaren Schuldenstand des Schuldners wie vorliegend. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum hieraus dann eine Vergütung für den Treuhänder in Höhe von etwas mehr als 200.000,00 € resultieren sollte, nachdem der Schuldner ja, ohne Rücksicht auf den Schuldenstand, die Hälfte der Erbschaft zunächst an den Treuhänder zahlen müsste. Auch bei einem solch extremen Beispiel müsste die Berechnung der Treuhändervergütung zu einem gerechten Ergebnis führen, was aber erkennbar dann nicht der Fall wäre. Dies zeigt, dass der Wortlaut des § 14 Abs. 1 InsVV tatsächlich ernst zu nehmen ist und die Treuhändervergütung nicht abstrakt von der Summe gesehen werden darf, die letztlich zur Befriedigung der Gläubiger herangezogen werden kann und dieser diente.

Insgesamt ergibt sich, dass die Entscheidung des Amtsgerichts Ingolstadt der Sach- und Rechtslage entspricht und nicht zu beanstanden ist.

III.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 4 InsO i.V.m. § 97 ZPO.

IV.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 411,96 € festgesetzt. Dies entspricht der Differenz zwischen der vom Beschwerdeführer begehrten Vergütung und der Vergütung, wie sie das Amtsgericht im angefochtenen Beschluss festgesetzt hat.

V.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 ZPO).

Es handelt sich vorliegend offensichtlich um einen sehr seltenen Ausnahmefall. Mit Ausnahme der bereits zitierten Entscheidung des Landgerichts Hannover konnte keine vergleichbare Rechtsprechung gefunden werden. Die zu entscheidende Rechtsfrage hat die in der Praxis also kaum Relevanz.

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(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß §

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(1) Der Treuhänder hat Anspruch auf Vergütung für seine Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. Dabei ist dem Zeitaufwand des Treuhänders und dem Umfang seiner Tätigkeit Rechnung zu tragen. (2) § 63 Abs. 2 sowie die §§ 64 und 65 gelte

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(1) Die Vergütung des Treuhänders nach § 293 der Insolvenzordnung wird nach der Summe der Beträge berechnet, die auf Grund der Abtretungserklärung des Schuldners (§ 287 Abs. 2 der Insolvenzordnung) oder auf andere Weise zur Befriedigung der Gläubiger

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2014 - IX ZB 16/14

bei uns veröffentlicht am 20.11.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB16/14 vom 20. November 2014 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 292 Abs. 1 Satz 2, § 189 Abs. 2, § 191 Abs. 1 Satz 2, § 198 analog Der Insolvenzverwalter hat ei

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(1) Die Vergütung des Treuhänders nach § 293 der Insolvenzordnung wird nach der Summe der Beträge berechnet, die auf Grund der Abtretungserklärung des Schuldners (§ 287 Abs. 2 der Insolvenzordnung) oder auf andere Weise zur Befriedigung der Gläubiger des Schuldners beim Treuhänder eingehen.

(2) Der Treuhänder erhält

1.
von den ersten 35 000 Euro 5 vom Hundert,
2.
von dem Mehrbetrag bis 70 000 Euro 3 vom Hundert und
3.
von dem darüber hinausgehenden Betrag 1 vom Hundert.

(3) Die Vergütung beträgt mindestens 140 Euro für jedes Jahr der Tätigkeit des Treuhänders. Hat er die durch Abtretung eingehenden Beträge an mehr als 5 Gläubiger verteilt, so erhöht sich diese Vergütung je 5 Gläubiger um 70 Euro.

(1) Der Treuhänder hat Anspruch auf Vergütung für seine Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. Dabei ist dem Zeitaufwand des Treuhänders und dem Umfang seiner Tätigkeit Rechnung zu tragen.

(2) § 63 Abs. 2 sowie die §§ 64 und 65 gelten entsprechend.

(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 zu stellen. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Fall des § 287a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder 2 vorliegt. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung nach Satz 3 hat der Schuldner zu versichern.

(2) Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende Abtretungserklärung beizufügen.

(3) Vereinbarungen des Schuldners sind insoweit unwirksam, als sie die Abtretungserklärung nach Absatz 2 vereiteln oder beeinträchtigen würden.

(4) Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, sind bis zum Schlusstermin zu dem Antrag des Schuldners zu hören.

(1) Die Vergütung des Treuhänders nach § 293 der Insolvenzordnung wird nach der Summe der Beträge berechnet, die auf Grund der Abtretungserklärung des Schuldners (§ 287 Abs. 2 der Insolvenzordnung) oder auf andere Weise zur Befriedigung der Gläubiger des Schuldners beim Treuhänder eingehen.

(2) Der Treuhänder erhält

1.
von den ersten 35 000 Euro 5 vom Hundert,
2.
von dem Mehrbetrag bis 70 000 Euro 3 vom Hundert und
3.
von dem darüber hinausgehenden Betrag 1 vom Hundert.

(3) Die Vergütung beträgt mindestens 140 Euro für jedes Jahr der Tätigkeit des Treuhänders. Hat er die durch Abtretung eingehenden Beträge an mehr als 5 Gläubiger verteilt, so erhöht sich diese Vergütung je 5 Gläubiger um 70 Euro.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB16/14
vom
20. November 2014
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Insolvenzverwalter hat eine Rückstellung für nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens
in der Wohlverhaltensperiode entstehende Verfahrenskosten zu bilden, wenn
nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners die in diesem
Verfahrensabschnitt voraussichtlich entstehenden Verfahrenskosten durch die in
diesem Verfahrensabschnitt mutmaßlich zu erwartenden Einkünfte nicht gedeckt
sind.
BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - IX ZB 16/14 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape
und die Richterin Möhring
am 20. November 2014

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der weiteren Beteiligten zu 1 werden der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 25. Februar 2014 aufgehoben und die Beschlüsse des Amtsgerichts Duisburg vom 27. März 2013 und 15. November 2013 abgeändert. Der Antrag des Schuldners auf Stundung der in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten wird abgelehnt.
Die Kosten der Rechtsmittel hat der Schuldner zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf 238 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Über das Vermögen des Schuldners wurde am 21. Oktober 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Januar 2013 stimmte das Insolvenzgericht bei angemeldeten Forderungen von über 400.000 € und einer Masse von fast 21.000 € der Schlussverteilung zu. Nach Durchführung des Schlusstermins kündigte das Insolvenzgericht dem Schuldner im März 2013 die Restschuldbefreiung an. Gleichzeitig hat es dem Schuldner die in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten gestundet. Die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht gegen den Stundungsbeschluss hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Landeskasse, mit der diese die Aufhebung der Verfahrenskostenstundung erreichen möchte.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, §§ 6, 4d Abs. 2 InsO statthaft, weil sie vom Landgericht zugelassen worden ist (§ 574 Abs. 3 ZPO). Sie ist auch im Übrigen (§ 575 Abs. 1 bis 3 ZPO) zulässig. In der Sache hat sie Erfolg.
3
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Stundung der in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten lägen nach § 4a Abs. 1 Satz 1 InsO vor. Das Einkommen des Schuldners übersteige den pfändungsfreien Betrag nicht. Auf die vom Insolvenzverwalter auf Bitten des Insolvenzgerichts vorsorglich gebildete Rückstellung aus der Masse könne zum Bestreiten der in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten nicht zurückgegriffen werden, weil diese nicht habe gebildet werden dürfen.
4
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
a) Die Frage, ob der Insolvenzverwalter aus der Masse eine Rückstellung für die in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten bilden muss und wegen einer solchen Rückstellung die Stundung der in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2003 - IX ZB 459/02, NJW 2003, 3780, 3781) ausscheidet, ist streitig. Einerseits wird vertreten, der Insolvenzverwalter habe, wenn bei Beendigung des Insolvenzverfahrens ungewiss sei, ob die laufenden Einkünfte des Schuldners während der Wohlverhaltensperiode ausreichten, um die in diesem Verfahrensabschnitt anfallenden Verfahrenskosten zu decken, bei der Schlussverteilung aus der Insolvenzmasse, soweit möglich, eine Rückstellung für diese Kosten zu bilden. In diesem Fall sei die Stundung der Verfahrenskosten ausgeschlossen (AG Duisburg, NZI 2003, 508; LG Duisburg, Beschluss vom 23. Dezember 2004 - 7 T 282/04, nv; LG Essen, Beschluss vom 19. Juli 2005 - 16a T 40/05, nv). Andererseits wird vertreten, die Bildung einer solchen Rückstellung im Hinblick auf in der Wohlverhaltensperiode anfallende Verfahrenskosten sei ausgeschlossen; deswegen könne für diese nicht auf die Masse zurückgegriffen werden, sondern dem Schuldner seien die in diesem Abschnitt anfallenden Verfahrenskosten zu stunden, wenn die Voraussetzungen des § 4a InsO im Übrigen vorlägen (LG Kleve, ZInsO 2006, 1002; Jaeger/MellerHannich , InsO, § 196 Rn. 17; HK-InsO/Waltenberger, 7. Aufl., § 292 aF Rn. 6; Braun/Pehl, InsO, 6. Aufl., § 196 Rn. 29).
6
b) Die zuerst genannte Ansicht trifft zu. Der Antrag des Schuldners, ihm die in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten nach § 4a Abs. 1 Satz 1 InsO zu stunden, ist abzulehnen. Zwar steht zu erwarten, dass die aufgrund der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO in der Wohlverhaltensperiode zu erwartenden Einkünfte nicht ausreichen werden, um die in diesem Verfahrensabschnitt entstehenden Kosten zu decken, weil der Schuld- ner voraussichtlich nur ein monatliches Einkommen unter dem Pfändungsfreibetrag beziehen wird. Doch reicht das Vermögen des Schuldners nach § 4a Abs. 1 Satz 1 InsO dennoch aus, die gesamten Verfahrenskosten zu decken.
7
Die vereinnahmte Masse genügt, um die Kosten des Eröffnungsverfahrens und des eröffneten Verfahrens und die Masseverbindlichkeiten zu begleichen. Darüber hinaus hat der Insolvenzverwalter auf Bitten des Insolvenzgerichts eine Rückstellung in Höhe der nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens in der Wohlverhaltensperiode zu erwartenden Verfahrenskosten (238 €) gebildet und angekündigt, diesen Betrag bei der Schlussverteilung zurückzubehalten. Deswegen ist auch die Berichtigung dieser erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens entstehenden Verfahrenskosten, nämlich die Vergütung des Treuhänders nach § 293 InsO in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 InsVV, aus dem Vermögen des Schuldners gesichert. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann zur Deckung der erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens in der Wohlverhaltensperiode entstehenden Verfahrenskosten auf die vereinnahmte und auch nach Befriedigung der Massegläubiger gemäß §§ 53 InsO ff ausreichende Masse zurückgegriffen werden.
8
aa) Der Wortlaut der Insolvenzordnung sieht allerdings keine Rückstellung aus der Masse für nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens in der Wohlverhaltensperiode entstehende Verfahrenskosten vor.
9
(1) Nach § 53 InsO sind aus der Insolvenzmasse die Kosten des Insolvenzverfahrens vorweg zu berichtigen. Zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gehören nach § 54 InsO die Gerichtskosten des Insolvenzverfahrens und die Vergütung und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses. Dazu gehören auch die Kosten des nach § 313 InsO aF im vereinfachten Verfahren bestellten Treuhänders (HK-InsO/Lohmann, 7. Aufl., § 54 Rn. 12), nicht jedoch die in der Treuhandperiode nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens anfallende Vergütung des Treuhänders nach § 293 InsO, weil sie erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens entsteht (HK-InsO/Lohmann, aaO; MünchKommInsO /Hefermehl, 3. Aufl., § 54 Rn. 48a).
10
Die in diesem Verfahrensabschnitt anfallenden Kosten sollen nach § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO vielmehr aus den Einnahmen aufgrund der Abtretung der Dienstbezüge und aus sonstigen Leistungen des Schuldners (vgl. § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO) oder Dritter beglichen werden. Ausschüttungen an die Gläubiger in diesem Verfahrensabschnitt erfolgen in den Verfahren, in denen dem Schuldner die Verfahrenskosten nach §§ 4a ff InsO gestundet worden sind, erst dann, wenn die gesamten gestundeten Verfahrenskosten (abzüglich der Kosten für die Beiordnung eines Rechtsanwalts) berichtigt sind, also neben der in diesem Verfahrensabschnitt anfallenden Verfahrenskosten auch die, die im Insolvenzverfahren nicht aus der Masse zurückgeführt werden konnten (BGH, Beschluss vom 17. März 2005 - IX ZB 214/04, NZI 2005, 399, 401; vom 19. November 2009 - IX ZB 261/08, NZI 2010, 188 Rn. 22). Darüber hinaus hat der Treuhänder auch die sonstigen noch offenen Masseverbindlichkeiten zu befriedigen, bevor er Ausschüttungen an die Insolvenzgläubiger vornimmt (BGH, Beschluss vom 17. März 2005, aaO).
11
(2) Das Insolvenzverfahren ist auf eine schnelle Bereinigung der Vermögenslage des Schuldners und eine möglichst zeitnahe Beteiligung der Insolvenzgläubiger an den erzielten Verwertungserlösen ausgerichtet (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1959 - VII ZR 210/58, BGHZ 31, 337, 341; Nerlich/ Römermann/Westphal, InsO, 2013, § 196 Rn. 2). Der Insolvenzverwalter muss daher in der Schlussverteilung die gesamte verwertete Masse nach Abzug der Masseverbindlichkeiten (§§ 53 InsO ff) an die Insolvenzgläubiger ausschütten, sobald feststeht, dass die Masseverwertung abgeschlossen ist (§ 196 Abs. 1 InsO; Jaeger/Meller-Hannich, aaO § 196 Rn. 1, 14).
12
Bei bestrittenen, noch nicht festgestellten Forderungen ist unter den Voraussetzungen des § 189 Abs. 1 und 2 InsO der auf diese Forderungen entfallende Teil bei der Schlussverteilung zurückzubehalten. Ebenso wird nach § 191 Abs. 1 Satz 2 InsO der auf eine aufschiebend bedingte Forderung entfallende Anteil zurückbehalten. Nach § 198 InsO werden diese Beträge, die bei der Schlussverteilung zurückbehalten werden, bei einer geeigneten Stelle, etwa auch auf einem Sonderanderkonto des Insolvenzverwalters (HK-InsO/Depré, aaO § 198 Rn. 1), hinterlegt. Werden hinterlegte Beträge nach der Schlussverteilung frei, weil im Falle von § 191 InsO die Bedingung ausfällt oder im Falle von § 189 InsO der Gläubiger den Prozess verliert, kommt es nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 InsO zur Nachtragsverteilung für diese Beträge (Jaeger/MellerHannich , aaO § 198 Rn. 12). Weitere Gründe, die eine Zurückhaltung von Masseerlös in der Schlussverteilung rechtfertigen, benennt die Insolvenzordnung nicht.
13
(3) Nach § 200 Abs. 1 InsO beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens, sobald die Schlussverteilung vollzogen ist. Die Aufhebung darf daher erst nach dem Vollzug der Schlussverteilung stattfinden, mithin erst, wenn der Insolvenzverwalter die gesamte Masse entweder an die Insolvenzgläubiger (§§ 187 ff InsO) oder den Schuldner (§ 199 InsO) verteilt oder Massebestandteile nach § 198 InsO hinterlegt hat. Das Insolvenzgericht hat den Vollzug der Schlussverteilung noch zu überwachen. Die Schlussvertei- lungsmasse unterliegt bis zur Verfahrensbeendigung dem Insolvenzbeschlag (Jaeger/Meller-Hannich, aaO § 200 Rn. 2, 4).
14
Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erlangt der Schuldner sowohl die Verfügungs- als auch die Verwaltungsbefugnis über sein Vermögen zurück, die infolge der Eröffnung nach § 80 InsO auf den Insolvenzverwalter übergegangen waren. Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Insolvenzverwalter auf den Schuldner bedeutet in tatsächlicher Hinsicht auch eine Rückgabe der Masse; der Verwalter hat also dafür Sorge zu tragen, dass dem Insolvenzschuldner die Verfügungsgewalt über sein Vermögen - soweit nicht verwertbar - auch tatsächlich zurückgegeben wird (Jaeger/MellerHannich , aaO § 200 Rn. 13, 15). Der Schuldner erlangt die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis jedoch nicht für Gegenstände zurück, die einer Nachtragsverteilung vorbehalten sind, weil insoweit der Insolvenzbeschlag fortbesteht und der Verwalter verwaltungs- und verfügungsbefugt bleibt (Jaeger /Meller-Hannich, aaO § 200 Rn. 16). Entsprechendes gilt für die nach § 198 InsO hinterlegten Geldbeträge; diese gehören nach wie vor zur Insolvenzmasse und stehen gegebenenfalls für eine Nachtragsverteilung zur Verfügung (HKInsO /Depré, aaO § 198 Rn. 1). Danach ist in der Insolvenzordnung zwar geregelt , dass durch die Einkünfte in der Wohlverhaltensperiode neben den in diesem Verfahrensabschnitt anfallenden Verfahrenskosten die Massekosten nach § 54 InsO und die Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO zu begleichen sind, nicht jedoch der umgekehrte Fall, in dem Masse zur Begleichung der erst in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten vorhanden ist.
15
bb) Doch ergibt sich das Recht, aber auch die Pflicht des Insolvenzverwalters , nach Möglichkeit eine Rückstellung für die in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten aus der um die Massekosten nach § 54 InsO und die Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO bereinigte Masse zu bilden, aus einer Analogie zu § 292 Abs. 1 Satz 2, §§ 189, 191, 198 InsO, wenn vorauszusehen ist, dass der Schuldner aus seinen in der Wohlverhaltensperiode erwirtschafteten Einkünften die Verfahrenskosten nicht wird aufbringen können.
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(1) Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen (BGH, Urteil vom 13. November 2001, BGHZ 149, 165, 174; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZB 219/08, WM 2009, 1896 Rn. 14; Urteil vom 11. März 2010 - IX ZR 34/09, NZI 2010, 399 Rn. 10; Beschluss vom 18. September 2014 - IX ZB 68/13 WM 2014, 2094 Rn. 14). Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 22/05, BGHZ 167, 178 Rn. 18).
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Eine solche planwidrige Gesetzeslücke ist gegeben. Der Gesetzgeber wollte bei Regelung der Verfahrenskostenstundung sicherstellen, dass aus der Masse und den nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens infolge der Abtretungserklärung erfolgten Einkünften des Schuldners vorrangig die gesamten Verfahrenskosten beglichen werden sollten. In der Gesetzesbegründung ist dazu ausgeführt, nach der Konzeption der in §§ 4a ff InsO neu entwickelten Stundungslösung solle ein Einsatz öffentlicher Mittel nur erfolgen, wenn der Schuldner auch unter Heranziehung des während des Verfahrens erlangten Neuerwerbs (während der gesamten Entschuldungsphase) nicht in der Lage sei, die Verfahrenskosten abzudecken (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom 28. März 2001, BTDrucks. 14/5680 S. 28 zu Nummer 16; Pick, Plenarprotokoll 14/164 des Deutschen Bundestages, 164. Sitzung vom 5. April 2001, Seite 16094 D).
18
Gesehen wurde allerdings nur der Fall, dass die Masse nicht ausreicht, um die Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 54 InsO zu begleichen (Hartenbach , Plenarprotokoll 14/179 des Deutschen Bundestages, 179. Sitzung vom 28. Juni 2001, Seite 17685): Mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung werde das Insolvenzverfahren aufgehoben, so dass der Vorrang der Massegläubiger nach § 53 InsO nicht mehr gelte. Da das Restschuldbefreiungsverfahren eng mit dem Insolvenzverfahren verknüpft sei und von insolvenzrechtlichen Grundsätzen geprägt werde, sei es gerechtfertigt, das Vorwegbefriedigungsrecht der Massegläubiger aus § 53 InsO hinsichtlich der gestundeten Verfahrenskosten auch bei Verteilungen durch den Treuhänder in der Wohlverhaltensperiode anzuwenden (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom 28. März 2001, BTDrucks. 14/5680 aaO). Nicht erkannt und deswegen auch nicht geregelt hat der Gesetzgeber den umgekehrten Fall, dass aus der Masse die erst später anfallenden Verfahrenskosten beglichen werden können.
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(2) Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2007 - V ZB 102/06, NJW 2007, 3124 Rn. 11 mwN; vom 18. September 2014 - IX ZB 68/13, WM 2014, 2094 Rn. 14). Der zu beurteilende Sachverhalt - das Zurückbehalten der erst in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten bei der Schlussverteilung der Masse - ist in rechtlicher Hinsicht mit den in § 292 Abs. 1 Satz 2, § 189 Abs. 2, § 191 Abs. 1 Satz 2 InsO genannten Fällen geregelten Sachverhalten vergleichbar.
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Die gesamte Insolvenzordnung ist von dem Grundsatz durchzogen, dass die Berichtigung der Kosten des Insolvenzverfahrens einschließlich der in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten absoluten Vorrang hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 22/05, NJW 2006, 2997 Rn. 22; Beschluss vom 19. November 2009 - IX ZB 261/08, NZI 2010, 188 Rn. 18). So sind nach § 209 Abs. 1 InsO bei einer angezeigten Masseunzulänglichkeit zuvörderst die Kosten des Insolvenzverfahrens zu begleichen; dies gilt auch für Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO (BGH, Urteil vom 13. April 2006, aaO Rn. 13) und für Neumassegläubiger, wenn diese aus der freien Masse nicht befriedigt werden können, ohne dass daneben die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt sind (BGH, aaO Rn. 22, 24). Der Insolvenzverwalter hat bei eingetretener oder voraussichtlicher Masseunzulänglichkeit die Tilgungsreihenfolge des § 209 Abs. 1 InsO unabhängig davon einzuhalten, wann er die bestehende Masseunzulänglichkeit dem Insolvenzgericht mitteilt (BGH, Beschluss vom 19. November 2009, aaO Rn. 14). § 63 Abs. 2 InsO gewährt dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder einen Anspruch gegen die Staatskasse nur, wenn die Kosten des Verfahrens(-abschnitts) nach § 4a InsO gestundet wurden und die Insolvenzmasse für die Vergütung des Insolvenzverwalters nicht ausreicht. Nach § 293 Abs. 2 InsO gilt dies für den Treuhänder entsprechend. Selbst in der Wohlverhaltensperiode sind die gestundeten Verfahrenskosten aus allen Verfahrensabschnitten vorrangig zu befriedigen. Damit liegt der Regelung der Kostenstundung das gesetzgeberische Konzept zugrunde, dass ein Einsatz öffentlicher Mittel nur erfolgen soll, wenn der Schuldner unter Heranziehung des während des Verfahrens erlangten Neuerwerbs nicht in der Lage ist, die Verfahrenskosten abzudecken (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2009, aaO Rn. 22 f).
21
Diesen Grundsätzen würde es zuwiderlaufen, in der Schlussverteilung vereinnahmte Insolvenzmasse auch insoweit an die Gläubiger auszuschütten, als sie nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldner voraussichtlich benötigt wird, um die in der Wohlverhaltensperiode entstehenden Verfahrenskosten zu begleichen. Der Gesetzgeber hätte unter Zugrundelegung der zu § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO erfolgten Interessenabwägung für die Schlussverteilung eine entsprechende Regelung getroffen, durch die sichergestellt worden wäre, dass die erst in der Wohlverhaltensperiode entstehenden Verfahrenskosten durch vorhandene Insolvenzmasse beglichen werden, wenn die in diesem Verfahrensabschnitt erwirtschafteten Einkünfte des Schuldners die Verfahrenskosten nicht decken. Dazu hätte er entsprechend § 189 Abs. 2, § 191 Abs. 1 Satz 2, § 198 InsO angeordnet, dass für diese künftig entstehenden Verfahrenskosten im Rahmen der Schlussverteilung eine Rückstellung zu bilden ist und die Beträge zu hinterlegen sind, sofern die Gefahr besteht, dass der Schuldner die künftig entstehenden Verfahrenskosten nicht wird begleichen können.

III.


22
Da die Voraussetzungen einer Stundung der Verfahrenskosten nach § 4a InsO danach nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht vor- liegen, hat der Senat in der Sache selbst entschieden (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO).
Kayser Vill Lohmann
Pape Möhring

Vorinstanzen:
AG Duisburg, Entscheidung vom 27.03.2013 - 62 IN 183/08 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 25.02.2014 - 7 T 191/13 -

(1) Der Treuhänder hat Anspruch auf Vergütung für seine Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. Dabei ist dem Zeitaufwand des Treuhänders und dem Umfang seiner Tätigkeit Rechnung zu tragen.

(2) § 63 Abs. 2 sowie die §§ 64 und 65 gelten entsprechend.

Kosten des Insolvenzverfahrens sind:

1.
die Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren;
2.
die Vergütungen und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses.

Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist

1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen;
2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen;
3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen;
4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen;
5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.

(1) Die Vergütung des Treuhänders nach § 293 der Insolvenzordnung wird nach der Summe der Beträge berechnet, die auf Grund der Abtretungserklärung des Schuldners (§ 287 Abs. 2 der Insolvenzordnung) oder auf andere Weise zur Befriedigung der Gläubiger des Schuldners beim Treuhänder eingehen.

(2) Der Treuhänder erhält

1.
von den ersten 35 000 Euro 5 vom Hundert,
2.
von dem Mehrbetrag bis 70 000 Euro 3 vom Hundert und
3.
von dem darüber hinausgehenden Betrag 1 vom Hundert.

(3) Die Vergütung beträgt mindestens 140 Euro für jedes Jahr der Tätigkeit des Treuhänders. Hat er die durch Abtretung eingehenden Beträge an mehr als 5 Gläubiger verteilt, so erhöht sich diese Vergütung je 5 Gläubiger um 70 Euro.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.