Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von 16.000 €.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der jeweils zu vollstreckenden Forderung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz aus Prospekthaftung.

2

Die Beklagte zu 1) ist Treuhänderin und Gründungskommanditistin der Firmen S. R.-F. H. GmbH &Co. KG und F. R.-F. H. GmbH &Co. KG. Die Beklagten zu 3) und 4) sind Gründungsgesellschafterinnen der genannten Firmen. Die Beklagte zu 2) ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Fa. F. R.-F. H. GmbH &Co. KG.

3

Nachdem die Klägerin bereits Anteile des „4. H. F.“ erworben hatte, unterzeichnete sie am 26.5.2003 eine Erklärung, wonach sie anbot, sich über die Beklagte zu 1) als Treuhänderin mit einer Kommanditeinlage in Höhe von € 10.000,00 an der Fa. S. R.-F. H. GmbH &Co. KG (im Folgenden: Fa. S. H. F.) zu beteiligen (Anl. K 1). Das Agio betrug 5% der Anlagesumme (Anl. K 1). Am 3.6.2003 wurde der Antrag der Klägerin angenommen und die Klägerin zahlte die Beteiligungssumme nebst Agio.

4

Am 14.5.2004 unterzeichnete die Klägerin eine Beitrittserklärung zur Fa. F. R.-F. H. GmbH &Co. KG (im Folgendem: FaF. H. F.) über die Beklagte zu 1) als Treuhänderin mit einer Kommanditeinlage in Höhe von € 10.000,00 (Anl. K 2). Das Agio betrug 5% der Anlagesumme (Anl. K 2). Der Antrag wurde am 26.5.2004 angenommen und die Klägerin leistete die Beteiligungssumme nebst Agio.

5

Mit Schreiben vom 7.12.2011 fasste die H. S... Kasse die mit dem Bevollmächtigten der Klägerin geführten Gespräche zusammen (Anl. K 13). Sie hielt fest, dass die Klägerin sich entschieden habe, in den streitgegenständlichen Beteiligungen investiert zu bleiben. Bezüglich der streitgegenständlichen Beteiligungen bestätigte die H. S... Kasse, dass sie bereit sei, für diese jeweils € 2.500,00 im Wege außerordentlicher Kulanz zu zahlen. Sie schrieb weiter:

6

„Im Gegenzug zu der oben genannten Kulanzzahlung an ihre Mandantin durch die H. S... Kasse verzichtet diese mit diesem Vergleichsvertrag auf etwaige Schadensersatzansprüche und verwandte Rechte, die ihr im Zusammenhang mit folgenden Kapitalanlagen zustehen könnten:

7

- ….
- ….
- F. R.-F. H. GmbH &Co. KG
- S. R.-F. H. GmbH &Co. KG.“

8

Ihre Mandantin verzichtet im Zusammenhang mit den oben genannten Kapitalanlagen gegenüber der H. S... Kasse auf sämtliche etwaigen gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche, Einwendungen und Einreden, die mit der genannten Geschäftsbeziehung im Zusammenhang stehen, gleich aus welchem Rechtsgrund und gleich, ob diese ihr originär oder aus abgeleitetem Recht zustehen und ob diese bereits rechtshängig sind oder nicht, z.B. etwaige Ansprüche aus

9

- fehlerhafte Anlageberatung
- fehlerhafte Anlagevermittlung.“

10

Die Klägerin bestätigte gegenüber der H. S... Kasse ihr Einverständnis mit der in dem Schreiben dargestellten Regelung. Die H. S... Kasse zahlte daraufhin den Vergleichsbetrag in Höhe von insgesamt € 5.000,00 für die streitgegenständlichen Beteiligungen an die Klägerin.

11

Am 24.5.2013 stellte die Klägerin einen Antrag auf Durchführung des Güteverfahrens bezüglich des S. H. F. (Anl. K 8), welches am 22.7.2013 für beendet erklärt wurde. Die Klage wurde den Beklagten am 31.1.2014 zugestellt.

12

Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.

13

Die Klägerin trägt vor:

14

Es würden Prospektfehler vorliegen (Anl. K 3, K 4). Die Prospektangaben zur fehlenden Verkaufbarkeit der Anlagen seien unzureichend. Es werde zugesichert, dass wenn die Mieteinnahmen um 50,27 % (F. H., Anl. 3,Seite 13 des Prospektes) bzw. 56% (S. H. F., Anl. K 4, Seite 7 des Prospektes) zurückgehen würden, lediglich keine Ausschüttungen mehr erfolgen würden. Dies sei unzutreffend. Des Weiteren würden die in diesem Fall entstehenden Sondertilgungsverpflichtungen aufgrund der „Loan-To-Value-Klausel“ nicht berücksichtigt (K 3, Seite 13; K 4, Seite 24). Es würde unzureichend zu der Möglichkeit des Wiederauflebens der persönlichen Haftung aufgeklärt. Des Weiteren sei sie fehlerhaft beraten worden. Vor Zeichnung der streitgegenständliche Fonds habe sie bereits Vorgängerfonds gezeichnet, die gut gelaufen und mit Ertrag an sie zurückgezahlt worden seien. Die Risiken für diese und die streitgegenständlichen Fonds seien ihr von der H. S... Kasse nicht erläutert worden. Der Mitarbeiter B. der H. S... Kasse habe sie nicht auf die beschränkte Verkehrsfähigkeit, die erstmalige Kündigungsmöglichkeit zum 31.12.2013, die Gefahr, erhaltene Ausschüttungen zurückzahlen zu müssen (§ 172 Abs. 4 HGB), das Totalverlustrisiko, den Verstoß gegen die 125% Klausel und den Verstoß gegen die 62% Klausel des Darlehensverlaufes hingewiesen. Ihr sei die Anlage als sichere Kapitalanlage mit sicherer Rendite unter Bezugnahme auf die zuvor gezeichneten Anlagen dargestellt worden. Die Beratung sei von dem Mitarbeiter B. der H. S... Kasse jeweils auf der Grundlage des Prospektes erfolgt, den sie nicht erhalten habe. Die fehlerhafte Beratung sei den Beklagten gemäß § 278 BGB zuzurechnen. Die Beklagten und die H. S... Kasse hätten eine Vertriebsvereinbarung getroffen. Ihr seien lediglich die Fondimmobilien aus dem Prospekt gezeigt und erläutert worden. Durch den Vergleich mit der H. S... Kasse hätten Ansprüche wegen fehlerhafter Beratung abgegolten werden sollen. An einen möglichen Rückgriff gegenüber der H. S... Kasse wegen nicht anlagegerechter Beratung habe man zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses nicht gedacht.

15

Ihr Anspruch berechne sich wie folgt:

16

Fa. S. H. F.

        

Eigenkapital

 10.500,00

Zinsen26.5.2003-30.4.2012

 1.875,42

abzüglich Ausschüttungen

 3.164,15

abzüglich Vergleichszahlung HASPA

__ 2.500,00

        

 6.711,27

Fa. F. H. F.

        

Eigenkapital

 10.500,00

Zinsen 1.6.2004-15.10.2013

 1.968,48

abzüglich Ausschüttungen

 3.465,69

abzüglich Vergleichszahlung HASPA

__ 2.500,00

        

 6.502,79

17

Die Klägerin beantragt,

18

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 6.502,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2013 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung lautend auf sie, Nennwert von 10.000,00 € an dem geschlossenen Immobilienfonds F. S. R.-F. H. GmbH & Co. KG,

19

2. festzustellen, dass sich die Beklagten hinsichtlich der Übertragung der Rechte an der unter 1. genannten Beteiligung im Annahmeverzug befinden,

20

3. es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, die Klägerin von sämtlichen möglichen Rückforderungen, die aus der unter Ziff. 1 genannten Anlage resultieren werden, respektive der Rückforderung bereits erhaltender Ausschüttungen, freizuhalten haben,

21

4. die Beklagte zu 1. 3. und 4. gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie weitere € 6.711,27 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.6.2013 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung lautend auf sie, Nennwert von 10.000,00 € an dem geschlossenen Immobilienfonds S. S. R.-F. H. GmbH & Co. KG,

22

5. festzustellen, dass sich die Beklagten hinsichtlich der Übertragung der Rechte an der unter 4. genannten Beteiligung im Annahmeverzug befinden,

23

6. es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, die Klägerin von sämtlichen möglichen Rückforderungen, die aus der unter Ziff. 4 genannten Anlage resultieren werden, respektive der Rückforderung bereits erhaltender Ausschüttungen freizuhalten haben,

24

7. die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 825,27 € zu verurteilen,

25

8. die Beklagten zu 1., 3. und 4. als Gesamtschuldner zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 825,27 € zu verurteilen.

26

Die Beklagten beantragen,

27

die Klage abzuweisen.

28

Die Beklagten tragen vor:

29

Eine Prospekthaftung im weiteren Sinne würde bereits daran scheitern, da zwischen der Klägerin und ihnen kein vorvertraglichen Vertrauensverhältnis bestanden habe, in welchem sie Aufklärungspflichten verletzt haben könnte. Sie seien nämlich an der Anbahnung des Erwerbes der Beteiligung oder den Vertragsverhandlungen nicht beteiligt gewesen. Des Weiteren habe die Klägerin ausweislich des Vergleiches mit der H. S... Kasse auf sämtliche Ansprüche verzichtet.

30

Hinsichtlich der vielfältigen weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

31

Die Klage ist unbegründet.

I.

32

Ansprüche aus der sogenannten Prospekthaftung im engeren Sinne, die an typisiertes Vertrauen für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospektes anknüpft, sind im Hinblick auf die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung, verjährt. Solche Ansprüche verjähren nämlich spätestens drei Jahre nach dem Abschluss des Gesellschafts- oder Beitrittsvertrages (BGH, Urteil vom 7.12.2009, Az. II ZR 15/08, Rdn. 26 m.w.N., zitiert nach juris). Diese Frist ist im Hinblick auf die Beteiligungen der Klägerin aus dem Jahr 2003 und 2004 längst abgelaufen gewesen, als die Klägerin im Jahr 2013 die Durchführung eines Güteverfahrens bezüglich des S. H. F. beantragte bzw. Ende Dezember 2013 die Klage bezüglich der hier fraglichen Beteiligungen einreichte.

II.

33

Ein Schadensersatzanspruch und/oder Abfindungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagten besteht auch nicht gemäß §§ 311 Abs. 2 Ziffer 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 278 BGB aus Prospekthaftung im weiteren Sinne bezüglich ihrer Beteiligungen.

34

Nach den von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätzen hat der Prospekt den Anleger über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGH, Urteil vom 06.02.2006, Az. II ZR 329/04, Rdn. 7, zitiert nach juris). Die Formulierungen in dem Prospekt müssen hinreichend eindeutig sein. Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist nicht isoliert auf eine bestimmte Formulierung, sondern auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger vermittelt (BGH, Urteil vom 31. Mai 2010, Az. II ZR 30/09, Rdn. 11, zitiert nach juris; Urteil vom 28. Februar 2008, Az. III ZR 149/07, Rdn. 8, zitiert nach juris; Urteil vom 12. Juli 1982, II ZR 175/81, Rdn. 9, zitiert nach juris). Dabei darf der Prospektersteller eine sorgfältige und eingehende Lektüre durch den Beitrittsinteressenten erwarten (BGH, Urteil vom 5. März 2013, Az. II ZR 252/11, Rdn. 14, zitiert nach juris; Urteil vom 23. Oktober 2012, II ZR 294/11, Rdn. 12, zitiert nach juris; Urteil vom 14. Juni 2007, Az. III ZR 300/05, Rdn. 8, zitiert nach juris; Urteil vom 31. März 1992, Az. XI ZR 70/91, Rdn. 26, zitiert nach juris). Diesen Anforderungen werden die hier fraglichen Prospekte bezüglich der von der Klägerin beanstandeten Passagen gerecht.

35

1. Verkäuflichkeit der Fondsanteile

36

Auf Seite 46 des Prospektes der Fa. S. H. F. (Anl. K 4) und auf Seite 72 der Fa. F. H. F. wird deutlich darauf hingewiesen, dass die Fondsanteile kaum verkäuflich sind. Dort heißt es nämlich unter den Risikohinweisen auf Seite 43 ff (46) bzw. 69 ff (72) unter der Überschrift „Verkäuflichkeit der Fondsanteile“:

37

„Es gibt praktisch keinen Markt für Anteile an geschlossenen Immobilienfonds. Auch eine Rückgabe der Anteile an die Gesellschaft selbst ist ausgeschlossen. Zudem erfordert jeder Gesellschafterwechsel die schriftliche Zustimmung aller Gesellschafter zum Jahresende im Wege der Sonderrechtsnachfolge.“

38

S. H. F.
„Anleger sollten sich grundsätzlich bewusst machen, dass es sich bei der S. S. R.-F. H. GmbH & Co. KG um eine langfristige Beteiligung handelt, deren genaue Laufzeit heute noch nicht feststeht.“

39

F. H. F.
„Anlegern sollte daher bewusst sein, dass es sich bei der F. S. R.-F. H. GmbH & Co. KG um eine langfristige Beteiligung handelt, deren genaue Laufzeit heute noch nicht feststeht.“

40

Des Weiteren ergibt sich auch aus § 16 Abs. 1 des Kommanditgesellschaftsvertrages (Anl. K 4, Seite 55; Anl. K 3, Seite 79), dass eine Übertragung von Kommanditanteilen, mit Ausnahme von Erbfällen nur mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich ist und dieses auch dann gilt, wenn eine Übertragung von der Treuhänderin auf den Treugeber beabsichtigt ist. Darüber hinaus wird in dem Kommanditgesellschaftsvertrag ausdrücklich geregelt, dass die Einholung der Zustimmung der Gesellschafter davon abhängig ist, dass der verkaufswillige Gesellschafter der Treuhänderin und der persönlich haftenden Gesellschafterin den Käufer und die Höhe des vereinbarten Verkaufspreises nennt. Für den interessierten und verständigen Leser des Prospektes kann danach kein Zweifel daran bestehen, dass ein Verkauf der Anteile im Hinblick auf die erforderliche Zustimmung aller Gesellschafter, die erst zum Jahresende erfolgt und den weiteren Anforderungen, wie im Prospekt ausgeführt, fast ausgeschlossen ist. Ebenso ergibt sich aus dem Treuhandvertrag die eingeschränkte Verkäuflichkeit (Anl. K 4, Seite 61, Anl. K 3, Seite 86 ). Unter Bezugnahme auf § 16 des Gesellschaftsvertrages wird in diesem geregelt, dass nur mit Zustimmung aller anderen Treugeber sowie aller Gesellschafter der Kommanditgesellschaft und mit Einwilligung der Treuhänderin eine Beteiligung im Wege der Sonderrechtsnachfolge übertragen werden kann.

41

Die fast ausgeschlossene Verkäuflichkeit der Beteiligung wird auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht durch die weiteren Erläuterungen relativiert. Die Klägerin verkennt, dass die Ausführungen auf Seite 9, des Prospektes des F. H. F. (Anl. K 3):

42

„Die steuerlichen Rahmenbedingungen________________________________________________

43

Einkommenssteuer ...

        
        

- „Veräußerung von Anteilen an der Beteiligung sowohl in den Niederlanden als
auch in Deutschland (bis auf den Progressionsvorbehalt) einkommenssteuerfrei.“

        

- Veräußerungsgewinne bei Liquidation der Gesellschaft unterliegen in
Deutschland mit einem Fünftel dem Progressionsvorbehalt“

44

sich allein auf die steuerlichen Folgen beziehen. Dies ergibt sich aus Gliederung und den nicht zu übersehenden Überschriften, die sich allein auf die steuerlichen Folgen im Fall einer Veräußerung und nicht auf die anderweitig im Kapitel „Risikohinweise“ zutreffend dargestellte „praktisch“ nicht bestehende Verkäuflichkeit der Fondsanteile beziehen (Anl. K 4, Seite 46 u. Anl. K 3, Seite 72).

45

1.2. Sinken der Mieterlöse auf 56% bzw. 50,27% (Anl. K 4, S. 7, 45, Anl. K 3, S. 13, 71)

46

Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt die Aussage auf Seite 9 bzw. Seite 13 des jeweiligen Prospektes, die sich auf das mögliche Risiko der „Insolvenz der Fondsgesellschaft“ (S. H. F.) bzw. „Insolvenz der Fondsgesellschaft, Totalverlust der Einlage oder Verlust von Teilen des Eigenkapitals“( F. H. F.) unter Überschrift „Risikoprofil“, „Informationen zur Risikoeinschätzung und Sicherungsmaßnahmen“ befindet, keinen Prospektfehler dar. Die Erläuterung in dem genannten Zusammenhang,

47

S. H. F. (Seite 7)
„Selbst wenn durchschnittlich nur rund 56% der anfänglichen Mieterlöse erzielt würden, könnten sämtliche fixen Kosten, Gebühren, Rücklagen und die gesamte Zins- und Tilgungsleistung erbracht werden.“

48

F. H. F. (Seite 13)
„Selbst wenn durchschnittlich nur rund 50,27% der anfänglichen Mieterlöse erzielt würden, könnten sämtliche fixen Kosten, Gebühren, Rücklagen und die gesamte Zins- und Tilgungsleistung erbracht werden. Eine Ausschüttung wäre dann nicht mehr möglich.“

49

sollen ersichtlich lediglich dazu dienen, dem Anleger eine bessere Einschätzung des Risikos der Insolvenz der Fondsgesellschaft zu ermöglichen und zwar an Hand der Gegenüberstellung der anfänglichen Einnahmen und Kosten. Durch die Wortwahl „durchschnittlich“ und „anfänglichen Mieterlöse“ wird deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich die Aussage nicht durchgängig auf die für die folgenden Jahre prognostizierten Mietererlöse und Kosten bezieht, die im Kapitel „Investition und Finanzen“ im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung und nicht im Zusammenhang mit der Insolvenz der Fondsgesellschaft genannt werden. Auf die Möglichkeit, dass sich das Verhältnis der anfänglichen Mieterlöse auf Grund bereits bestehender Mietverträge und den bekannten Kosten sich abweichend von der aufgestellten Wirtschaftlichkeitsberechnung entwickeln kann, wird ausführlich in den Erläuterungen zur Wirtschaftlichkeitsberechnung hingewiesen (Anl. K 4, Seite 26, Anl. K 3, Seite 50). Dort heißt es nämlich unter Bezugnahme auf die Wirtschaftlichkeitsberechnung bis zum Ende des Jahres 2013 bezüglich des S. H. F. bzw. 2014 des F. H. F. u.a.:

50

„Die Wirtschaftlichkeitsberechnung zeigt einen möglichen Liquiditätsverlauf bis zum Ende des Jahres … . Die in der Wirtschaftlichkeitsberechnung zu Grunde gelegten Einnahmen und Ausgaben basieren auf den vertraglich vereinbarten Mieteinnahmen, vertraglich vereinbarten Gebühren und Leistungen sowie kalkulatorisch angesetzten Positionen. Sowohl hinsichtlich der prospektierten Einnahmen als auch hinsichtlich der Ausgaben können Abweichungen von den aufgeführten Beträgen entstehen.“

51

Die von der Klägerin vorgenommene Vermischung von Berechnungen zur Darstellung des Insolvenzrisikos auf Grund der durchschnittlichen anfänglichen Einnahmen und Kosten mit auf 56% bzw. 50,27% reduzierten Mieterlösen im Rumpf- und den folgenden Jahren entspricht nicht den Prospektangaben.

52

Ohne Erfolg beanstandet die Klägerin, dass nicht auf die Folgen für den Darlehensvertrag hingewiesen wird, wenn die im Prospekt genannten und prognostizierten Mieterlöse auf 56% bzw. 50,27% sinken würden. Einer ausdrücklichen Aufklärung über das Recht der finanzierenden Bank bei einem Wertverlust der Immobilie etwa im Zusammenhang mit einem länger andauernden Sinken der Mieterlöse auf 56% bzw. 50,27% eine Nachbesicherung zu verlangen oder ggf. auch den Darlehensvertrag gemäß Punkt 7.2 E) des Darlehensvertrages zu kündigen, bedurfte es nämlich im Zusammenhang mit der Darstellung des Insolvenzrisikos durch Gegenüberstellung der durchschnittlichen anfänglichen Mieterlöse und der Kosten nicht. Es ist allgemein bekannt, dass ein Darlehnsgeber einen Darlehensvertrag kündigen kann, wenn in den Vermögensverhältnisse eines Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit der gestellten Sicherheiten eine wesentliche Veränderung eintritt. Auf § 490 BGB wird verwiesen.

53

1.3. Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung

54

Die Rüge, der Prospekt kläre nicht hinreichend über die Möglichkeit des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach den §§ 171, 172 Abs. 4 HGB auf, greift nicht durch. Soweit es im Rahmen der Darstellung der Risiken auf Seite 7 des Prospektes des S. H. F. heißt,

55

„grundsätzlich keine Nachschusspflicht; Zahlungsverpflichtung beschränkt sich auf die Höhe der Zeichnungssumme zuzüglich Agio (siehe auch Seite 45 f.)“

56

bzw. auf Seite 8 des Prospektes des F. H. F.

57

„keine Haftung über den Beteiligungsbetrag hinaus, grundsätzlich keine Nachschusspflicht oder Haftung“

58

ist diese Aussage zutreffend und wird ergänzt durch die Ausführungen auf Seite 45 f des Prospektes des S. H. F. bzw. Seite 71 des Prospektes des F. H. F.. Dort wird nämlich erklärt, dass nach §§ 169 ff HGB bei Entnahmen Einlagen gegenüber den Gläubigern als nicht geleistet angesehen werden, sofern das Kapitalkonto nach vorhergegangenen Verlusten den Stand der Einlage nicht wieder erreicht. Es wird dann weitere erläutert, dass dieses „theoretisch“ bedeuten kann, dass die auf das gezeichnete Kapital beschränkte Kommanditistenhaftung wieder aufleben kann, wenn Ausschüttungen erfolgen, die das Kapitalkonto negativ werden lassen. Einem verständigen Leser des Prospektes konnte danach das Risiko bei entsprechenden Ausschüttungen bis zu deren Höhe möglicherweise in Anspruch genommen zu werden, nicht entgehen. Gleiches gilt für die entsprechen Aussage auf Seite 41 Prospektes des 46. Hollands Fonds.

59

2. Die Klägerin kann die Beklagten auch nicht mit Erfolg als Gesamtschuldner mit der H. S... Kasse in Anspruch nehmen mit der Begründung, der Mitarbeiter B. der H. S... Kasse habe ihr kein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt und sie nicht über alle Umstände, die für eine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung waren oder hätten sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufklärt (vgl. BGH, Urteil vom 14.5.2012, Az. II ZR 69/12, Rdn. 10 m.w.N., zitiert nach juris). Die vergleichsweise Regelung der Klägerin mit der H. S... Kasse vom 7.11.2012 entfaltet nämlich Gesamtwirkung, soweit mögliche Ansprüche der Klägerin allein auf einer unvollständigen und/oder fehlerhaften Anlageberatung und Anlagevermittlung des Mitarbeiters der H. S... Kasse beruhen.

60

Ein Wille der Vergleichsparteien, das zwischen ihnen bestehende Schuldverhältnis insgesamt aufzuheben, kann sich im Einzelfall daraus ergeben, dass der Erlass gerade mit dem Gesamtschuldner vereinbart wird, der im Innenverhältnis unter den Gesamtschuldnern die Verbindlichkeit allein tragen müsste (BGH, Urteil vom 21.3.2000, Az. IX ZR 39/99, Rdn. 23 f, zitiert nach juris; OLG Köln, Urteil vom 18.5.1992; Az. 19 W 15/92, Rdn. 7, zitiert nach juris; Wacke, AcP 170, 42 ff, 70). Eine auf das schuldhafte Verhalten des Gesamtschuldners beschränkte Gesamtwirkung ist anzunehmen, wenn dem fraglichen Gesamtschuldner seine Verbindlichkeit erlassen wird und er zugleich von seiner im Innenverhältnis aus § 426 Abs. 1 BGB bestehenden Haftung gegenüber den anderen Gesamtschuldnern (hier den Beklagten) befreit werden soll (BGH, Urteil vom 9.3.1972, Az. VII ZR 178/70, Rdn. 13, zitiert nach juris OLG Köln, Urteil vom 17.12.1993, Az. 19 U 135/93). Da die Ausgleichspflicht der Gesamtschuldner bereits bei Begründung des Gesamtschuldverhältnisses und nicht erst mit der Leistung eines Gesamtschuldners an den Gläubiger entsteht (BGH, Urteil vom 21.3.2000, Az. IX ZR 39/99, Rdn. 24 m.w.N., zitiert nach juris), ist dies nur in der Weise möglich, dass der Anspruch des Gläubigers gegen die am Vergleich nicht beteiligten Gesamtschuldner im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter in dem Umfang aufgehoben wird, in welchem der durch den Erlass begünstigte Gesamtschuldner, wäre er vom Gläubiger voll in Anspruch genommen worden, Ausgleich von dem anderen Gesamtschuldner verlangen könnte (BGH, Urteil vom 21.3.2000, Az. IX ZR 39/99, Rdn. 23 f, zitiert nach juris BGH, Urteil vom 9.3.1972, Az. VII ZR 178/70, zitiert nach juris). Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Klägerin hat auf etwaige Schadenersatzansprüche und verwandte Rechte im Zusammenhang mit den hier fraglichen Beteiligungen gegenüber der H. S... Kasse verzichtet, soweit diese Schadensersatzansprüche allein auf einer der H. S... Kasse zurechenbaren fehlerhaften Anlageberatung und/oder fehlerhaften Anlagevermittlung beruhen sollten. Nach Sinn und Zweck der Vereinbarung (§§ 133, 157 BGB) sollten etwaige Schadensersatzansprüche aus fehlerhaften Anlageberatung und Anlagevermittlung, für welche die H. S... Kasse allein als Gesamtschuldnerin verantwortlich gemacht werden könnte, abschließend geregelt werden. Dementsprechend wurde der Haftungsverzicht der Klägerin auch nicht auf die H. S... Kasse begrenzt, wenn es in der vertraglichen Vereinbarung zunächst heißt, die Klägerin verzichtet auf etwaige Schadensersatzansprüche und verwandte Rechte im Zusammenhang mit den fraglichen Beteiligungen. Wenn es sodann weiter heißt, dass sich der Verzicht auf eine fehlerhafte Anlageberatung und fehlerhafte Anlagevermittlung bezieht, wird lediglich konkretisiert, dass durch die vergleichsweise Regelung die Klägerin nicht auf Schadensersatzansprüche verzichtet wollte und sollte, für welche die H. S... Kasse nicht verantwortlich ist.

61

Soweit die Klägerin vorträgt, durch die vergleichsweise Regelung hätten Schadensersatzansprüche wegen fehlerhaften Beratung abgegolten werden sollen, steht dieser Vortrag im Einklang mit der obigen Auslegung. Dass hierdurch nicht auch ein möglicher Rückgriff der Gesamtschuldner wegen einer von der H. S... Kasse zu verantwortenden nicht anlagegerechter Beratung ausgeschlossen werden sollte, ist mit dem Wortlaut der vergleichsweisen Regelung nicht vereinbar. Die Schadensersatzansprüche der Klägerin auf Grund eines fehlerhaften Verhaltens der H. S... Kasse sollte abschließend geregelt werden. Es sollte nicht möglich sein, dass die H. S... Kasse über Umwege etwa wegen eines ihr allein zurechenbares Fehlverhalten im Wege des Gesamtschuldnerausgleich (§ 426 BGB) noch für einen Schaden der Klägerin aufkommen sollte.

III.

62

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11, 710 ZPO.

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil II ZR 294/11 Verkündet am: 23. Oktober 2012 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 311 Abs.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Feb. 2008 - III ZR 149/07

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 149/07 Verkündet am: 28. Februar 2008 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche V

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2007 - III ZR 300/05

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Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2009 - II ZR 15/08

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Bundesgerichtshof Urteil, 05. März 2013 - II ZR 252/11

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 252/11 Verkündet am: 5. März 2013 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 21. März 2000 - IX ZR 39/99

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2012 - II ZR 69/12

bei uns veröffentlicht am 14.05.2012

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Referenzen

(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.

(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.

(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.

(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.

(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.

(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 15/08 Verkündet am:
7. Dezember 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Kommanditgesellschaft, die die eingeworbenen Mittel ihrer Treugeberkommanditisten
im eigenen Namen und auf eigene Rechnung in Finanzinstrumenten
anlegt, betreibt weder ein nach § 32 KWG erlaubnispflichtiges Finanzkommmissionsgeschäft
noch ein Investmentgeschäft (Anschluss an BVerwGE 130, 262;
BVerwG ZIP 2009, 1899).

b) Wenn die Gesellschaft die Anlagegelder in erster Linie für den Aufbau eines dritten
Unternehmens verwendet, müssen im Emissionsprospekt das Geschäftsmodell
dieses Unternehmens, seine Chancen und Risiken zutreffend dargestellt
werden.

c) Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn wegen fehlerhafter Angaben in
Prospekten, die seit dem Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes
am 1. Juli 2002 veröffentlicht wurden, verjähren in einem Jahr seit dem Zeitpunkt
, in dem der Gesellschafter von dem Prospektfehler Kenntnis erlangt, spätestens
drei Jahre nach dem Abschluss des Gesellschafts- oder Beitrittsvertrages.
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Caliebe, Dr. Drescher, Dr. Löffler und Bender

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 17. Dezember 2007 unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den Beklagten zu 2 in vollem Umfang abgewiesen ist. Auf die Berufung des Beklagten zu 2 wird das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 1. November 2006 unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und neu gefasst: 1. Der Beklagte zu 2 wird verurteilt, an den Kläger 2.470,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.362,50 € seit dem 8. September 2006 zu zahlen und den Kläger von Einlageverpflichtungen in Höhe von weiteren 8.242,50 €, zu zahlen ab dem 1. Juli 2005 in monatlichen Raten zu jeweils 26,25 € jeweils zum 1. eines Monats bis einschließlich 1. August 2031 auf das Konto der G. GmbH Nr. bei der C. bank M. , BLZ , freizustellen , Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der M. AG & Co. KG (Treuhandregisternummer

).


2. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte zu 2 mit der Annahme der Abtretung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der M. AG & Co. KG (Treuhandregisternummer ) in Verzug befindet. 3. Im Übrigen wird die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. II. Von den Gerichtskosten aller drei Instanzen tragen der Kläger 39 %, der Beklagte zu 1 2,7 % und der Beklagte zu 2 58,3 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Beklagte zu 1 3,7 %, der Beklagte zu 2 43,8 %; im Übrigen trägt sie der Kläger selbst. Der Beklagte zu 2 trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger und der Beklagte zu 2 streiten - nach Erledigung der Klage gegen den Beklagten zu 1 durch Vergleich - noch über die Haftung des Beklagten zu 2 wegen der Beteiligung des Klägers an der M. AG & Co. KG (im Folgenden: M.).
2
Die M. wurde von der DP. AG (im Folgenden: DP.) als Komplementärin und der G. GmbH (im Folgenden: G. ) als Kommanditistin gegründet.
Die G. sollte die Kommanditbeteiligung treuhänderisch für durch die DV. AG (im Folgenden: DV.) zu werbende Anleger halten. DV. und DP. waren hundertprozentige Töchter der D. AG (im Folgenden: D. AG). An der D. AG waren die D. GmbH (im Folgenden: D. GmbH) und die T. GmbH (im Folgenden : T. GmbH) hälftig beteiligt. Der Beklagte zu 2 hielt die Hälfte der Geschäftsanteile der D. GmbH, er war zusammen mit dem weiteren Vorstandsmitglied B. Vorstand der D. AG und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der DP. neben dem weiteren Aufsichtsratsmitglied B. Der Beklagte zu 1 war im Jahr 2004 alleiniger Vorstand der DP.
3
Die Anlegergelder sollten nach dem vom Beklagten zu 1 für die DP. unterzeichneten Emissionsprospekt auf vier Investitionsbereiche (Portfolios) verteilt werden, in Höhe von 12,6 % auf in- und ausländische Immobilienaktien, aktiengebundene Wertpapiere, Immobilienfonds und ausländische Immobilienaktienfonds ("Immobilienportfolio"), in Höhe von 25,1 % auf die Investition in Hedge-Fonds ("Alternative Investments Portfolio"), in Höhe von 46,1 % auf inund ausländische Aktien, Aktienfonds und gemischte Fonds ("Wertpapier Portfolio" ) und in Höhe von 16,2 % auf Private Equity Beteiligungen, Private Equity Fonds und Mezzanine-Finanzierungen ("Private Equity Portfolio"). "Schwerpunktmäßig" sollte in den Jahren 2004 und 2005 in eine Kommanditbeteiligung an der I. GmbH & Co. KG (künftig: I. ) investiert werden. Der Prospekt enthielt folgenden Hinweis: "Die I. plant, eine neue Vertriebsorganisation aufzubauen , die den Anforderungen der Versicherungsvermittlerrichtlinie 2002/92/EU vom 9. Dezember 2002 entspricht. In 2004 wird das Unternehmen schwerpunktmäßig diesen Vertriebsaufbau durchführen, d.h. eine geplante Anzahl von rd. 2.500 Vertriebsmitarbeitern verpflichten und Schulungen sowie Werbemaßnahmen durchführen. Die Vertriebsmitarbeiter (freie Maklervertreter gemäß §§ 84 ff. HGB) sollen in den von der I. vermittelten Produktionsbereichen exklusiv für die I. tätig werden ... . […] Die I. schließt mit verschiedenen, jeweils spezialisierten Dienstleistern in 2004 Verträge zur Sicherstellung des erfolgreichen Aufbaus ihrer Vertriebs- und Marketingtätigkeit sowie zur nachhaltigen Etablierung ihres Unternehmens ab. Insoweit ist ein Rekrutierungs- und Schulungsvertrag für die Anwerbung von exklusiv für die I. tätigen Vertriebsmitarbeiter und deren fachlicher Schulung zur Erfüllung der Voraussetzungen der Versicherungsvermittlerrichtlinie abgeschlossen. Zum Leistungsinhalt dieses Vertrages zählt auch die Beratung bei der Entwicklung einer nachhaltig erfolgreichen Vertriebsstrategie einschließlich eines hochwirksamen Vertriebssteuerungs- und Koordinationssystems und dessen Implementierung. Grundlage für die Vergütung der Leistungen nach diesem Vertrag ist die Zuführung, Schulung und Integration von 2.500 exklusiven Vertriebsmitarbeitern. […]".
4
Tatsächlich sollten die Vertriebsmitarbeiter - jedenfalls zunächst - nicht ausschließlich für die I. tätig sein.
5
Der Kläger, dem zuvor ein Exemplar des Prospekts übergeben worden war, unterbreitete der G. am 23. August 2004 ein Angebot auf Abschluss eines Treuhandvertrages mit einer Einlage in Höhe von 10.100,00 €. Die M. , vertreten durch den Beklagten zu 1, bescheinigte die Annahme dieses Angebots am 2. September 2004. Der Kläger leistete auf seine Einlageverpflichtung eine Einmalzahlung in Höhe von 2.100,00 € und zahlte von September 2004 bis Juni 2005 an die G. zehn Monatsraten zu 26,25 €. Entsprechende monatliche Zahlungen schuldet er noch bis August 2031.
6
Mit Bescheid vom 15. Juni 2005 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) der M. die weitere Geschäftstätigkeit mit der Begründung, sie betreibe ohne die erforderliche Erlaubnis Finanzkommissionsgeschäfte. Den Antrag der M. , die aufschiebende Wirkung ihres gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruchs anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 25. Juli 2005 mit der Begründung ab, die M. betreibe ohne die erforderliche Erlaubnis gewerbsmäßig Bankgeschäfte in Form des Investmentgeschäfts. Der Beklagte zu 2 reagierte am 9. Dezember 2005 als Vorstand der D. AG mit einem Schreiben an Vertriebsmitarbeiter, in dem er unter anderem ausführte: "Wir haben keine erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte betrieben, und deshalb gab es auch keinen Anlass für das Verfahren der BaFin gegen die M. , und schon gar nicht gibt es einen Grund für die Insolvenz des Fonds und Haftungsklagen gegen uns als Initiatoren oder Sie als Vermittler".
7
Am 3. März 2006 setzte die BaFin die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung aus, nachdem der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit in anderer Sache ergangenem Beschluss vom 14. Februar 2006 die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen Verwaltungsakt der BaFin wiederhergestellt hatte.
8
Über das Vermögen der M. wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
9
Der Kläger hat von beiden Beklagten Rückzahlung der geleisteten Beiträge , Freistellung von den weiteren Verbindlichkeiten und Ersatz entgangener Anlagezinsen verlangt. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben , das Berufungsgericht auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers. Vor dem Senat hat er in einem Vergleich mit dem Beklagten zu 1 zur Erledigung aller wechselseitigen Ansprüche u.a. vereinbart, dass dieser an den Kläger 700,00 € zahlt und von den außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen einschließlich des Vergleichs der Kläger 93,5 % und der Beklagte zu 1 6,5 % trägt. Entsprechend dem im Vergleich zum Ausdruck kommenden Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen soll in der Schlussentscheidung über die Kosten entschieden werden, die im Vergleich wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung nicht geregelt werden konnten. Gegen den Beklagten zu 2 verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

10
Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Verurteilung des Beklagten zu 2 im Sinne der Anträge des Klägers mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderungen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
11
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Eine deliktische Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG wegen des nicht erlaubten Betriebs eines erlaubnispflichtigen Bankgeschäfts komme nicht in Betracht, da die M. ein solches Bankgeschäft nicht betrieben habe. Jedenfalls fehle ein Verschulden. Der Kläger habe keine Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne bzw. gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und 3 BGB, da der Prospekt keinen Prospektmangel enthalten habe. Bis zum Beitritt des Klägers hätten keine Anhaltspunkte für ein Einschreiten der BaFin bestanden. Die Verhältnisse der I. seien im Prospekt vom 17. März 2004 ausreichend dargestellt worden. Dies gelte auch für die Angaben über die Vertriebsmitarbeiter , die für die Anlageentscheidung des Klägers jedenfalls nicht ursächlich geworden seien. Ob der Beklagte zu 2 überhaupt Prospektverantwortlicher sei, könne dahinstehen.
12
II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
13
1. Noch zutreffend verneinte das Berufungsgericht allerdings Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG wegen unerlaubten Betreibens eines Bankgeschäfts. Zwar ist § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers (Senat, BGHZ 125, 366, 379; BGHZ 166, 29 Tz. 17; BGH, Urt. v. 11. Juli 2006 - VI ZR 340/04, ZIP 2006, 1764 Tz. 12 f.; v. 11. Juli 2006 - VI ZR 339/04, ZIP 2006, 1761 Tz. 13 f.; v. 21. April 2005 - III ZR 238/03, ZIP 2005, 1223, 1224). Die M. betrieb indessen kein nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG erlaubnispflichtiges Bankgeschäft.
14
a) Die M. besorgte kein Finanzkommissionsgeschäft. Finanzkommissionsgeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG ist der Handel mit Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung, bei dem die typischen Merkmale eines Kommissionsgeschäfts nach §§ 383 ff. HGB gewahrt sind, ohne dass alle diese Merkmale vorliegen müssen (BVerwGE 130, 262 Tz. 23 ff., 36 ff.; BVerwG, ZIP 2009, 1899 Tz. 28 ff.). Dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf fremde Rechnung gehandelt wird, genügt nicht (BVerwGE 130, 262 Tz. 43 ff.; BVerwG, ZIP 2009, 1899 Tz. 28). § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG bietet keinen allgemeinen Auffangtatbestand für Anlagemodelle, bei denen im Drittinteresse mit Finanzinstrumenten gehandelt wird, und erfasst die Vermögensverwaltung durch die Anlage von Investorengeldern in Finanzinstrumenten nicht (BVerwGE 130, 262 Tz. 47). Das wird durch § 1 Abs. 1 a Satz 2 Nr. 11 KWG i.d.F. von Artikel 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Fortentwicklung des Pfandbriefrechts vom 20. März 2009 (BGBl. I S. 607) bestätigt, der einen besonderen erlaubnispflichtigen Tatbestand der Anlageverwaltung schafft (BVerwG, ZIP 2009, 1899 Tz. 28). Zwischen einem Finanzkommissionsgeschäft und einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft ist auch zu unterscheiden, wenn die Beteiligung - wie bei der M. - über einen Treuhandvertrag vermittelt ist, weil sich insoweit der Charakter der Tätigkeit durch die Einschaltung eines Treu- händers nicht ändert. Eine weite Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG war zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers auch nicht aufgrund der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen (ABl. L 141 vom 11. Juni 1993, S. 27) geboten (vgl. BVerwGE 130, 262 Tz. 49).
15
Die M. betrieb keine Kommissionsgeschäfte entsprechend §§ 383 ff. HGB. Zwar zielte ihr Geschäftsbetrieb auf den Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Wertpapieren und Fondsanteilen und damit auf die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG. Sie erwarb und veräußerte Finanzinstrumente aber für eigene Rechnung. Weder die Anleger noch die Treuhänderin erhielten das Eigentum an den angeschafften Finanzinstrumenten übertragen. Die Anleger partizipierten nur aufgrund eines schuldrechtlichen Anspruchs wertmäßig an der Entwicklung der Geschäftstätigkeit der M. Auch die weiteren typischen Merkmale eines Kommissionsgeschäfts nach § 383 HGB - Weisungsunterworfenheit des Kommissionärs , Benachrichtigungspflicht, Rechenschaftspflicht, Herausgabepflicht - lagen nicht vor.
16
b) Die Geschäftstätigkeit der M. war auch nicht als Investmentgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG in der Fassung des Investmentmodernisierungsgesetzes vom 15. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2676) erlaubnispflichtig. Der Begriff des Investmentgeschäfts entsprach dem des § 7 Abs. 2 InvG. § 7 Abs. 2 InvG umschrieb Investmentgeschäfte als Geschäfte von Kapitalanlagegesellschaften. Das waren nach § 6 Abs. 1 Satz 2 InvG Gesellschaften in der Rechtsform der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Entsprechend bezog sich auch § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG - dem Willen des historischen Gesetzgebers entsprechend (BT-Drucks. 15/1553, S. 74) - nur auf Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (vgl.
BVerwGE 130, 262 Tz. 57), nicht aber auf Personenhandelsgesellschaften wie die M. .
17
2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts haftet der Beklagte zu 2 aber aus Prospekthaftung im engeren Sinne, da der für die M. erstellte Emissionsprospekt vom 17. März 2004 unrichtig war und er prospektverantwortlich ist.
18
a) Der Prospekt vom 17. März 2004 war unrichtig. Ein Emissionsprospekt hat dem Anleger ein zutreffendes Bild von der angebotenen Kapitalbeteiligung zu vermitteln. Dazu gehört, dass sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, zutreffend, verständlich und vollständig dargestellt werden (Senat, BGHZ 123, 106, 109 f.; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 7; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106). Zu den für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umständen gehört , sofern die Anlagegesellschaft - wie hier in den ersten Jahren - im Wesentlichen in eine Beteiligung an einem dritten Unternehmen investiert, die Darstellung des Geschäftsmodells dieses Unternehmens sowie der damit verbundenen Chancen und Risiken.
19
Der Prospekt vom 17. März 2004 stellte das Geschäftsmodell der I. , in die die M. in den ersten Jahren im Wesentlichen investierte, nicht richtig dar. Der Emissionsprospekt sah den Aufbau eines Vertriebs durch Exklusivvertreter vor, während tatsächlich mit den Anlagegeldern Mehrfachagenten geworben und geschult werden sollten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich daraus, dass die Vertriebsmitarbeiter in den von der I. vermittelten Produktionsbereichen exklusiv für die I. tätig werden "sollen", nicht entnehmen, dass ihre ausschließliche Tätigkeit für die I.
erst als am Ende des Vertriebsaufbaus erreichbares Ziel vorgesehen war. Auch wenn - wie das Berufungsgericht meint - ein Vertriebsnetz mit Exklusivvertretern im Regelfall nur über ein Vertriebsnetz von Mehrfachvertretern entwickelt werden könnte, rechtfertigt dies die Fehlinformation nicht, sondern war selbst mitteilungspflichtig. Für die Bewertung der mit dem Geschäftsmodell der I. verbundenen Chancen und Risiken, insbesondere den Ertrag der eingesetzten Mittel, ist es von Bedeutung, ob es als so zugkräftig einzuschätzen ist, dass die mit den eingeworbenen Anlegergeldern geschulten Mitarbeiter ausschließlich Produkte der I. vertreiben können, oder ob sie daneben auch andere Vermögensanlagen vermitteln, so dass die von den Anlegern aufgebrachten Mittel für die Schulung ihren Zweck möglicherweise verfehlen und der zu erwartende Ertrag für die I. entfällt oder jedenfalls geringer ausfällt.
20
b) Der Beklagte zu 2 haftet - was das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus folgerichtig offen gelassen hat - als Prospektverantwortlicher.
21
Neben den Initiatoren, Gründern und Gestaltern der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen (Senat, BGHZ 177, 25 Tz. 12; 123, 106, 109 f.; 83, 222, 223 f.; 79, 337, 340 ff.; 72, 382, 387; 71, 284, 287 ff.; BGHZ 115, 213, 217 f.), haften auch die Personen, die hinter der Gesellschaft stehen, auf ihr Geschäftsgebaren oder die Gestaltung des konkreten Modells besonderen Einfluss ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen (Senat, BGHZ 79, 337, 340 / 348; BGHZ 158, 110, 115; 115, 213, 217 f.; BGH, Urt. v. 14. Juni 2007 - III ZR 185/05, NJW-RR 2007, 1479 Tz. 11; v. 27. Januar 2004 - XI ZR 37/03, ZIP 2004, 606, 609; v. 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93, WM 1995, 344, 345). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Hintermänner nach außen in Erscheinung getreten sind (Senat, BGHZ 79, 337, 340; 72, 382, 387; BGH, Urt. v. 14. Juni 2007 aaO). Der Beklagte zu 2 war ein solcher Hintermann. Er stand hinter der M. und hatte auf ihr Geschäftsgebaren besonde- ren Einfluss. Er hatte bereits aufgrund seiner Beteiligung an den hinter der M. stehenden Gesellschaften eine so einflussreiche Stellung, dass gegen seinen Willen keine Entscheidungen getroffen werden konnten. Er war mit 50 % an der D. GmbH beteiligt, die ihrerseits mit 50 % an der D. AG beteiligt war, der Alleingesellschafterin der DP., der einzigen Komplementärin der Anlagegesellschaft. Der Senat hat aufgrund der im Berufungsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts von einer Beteiligung des Beklagten zu 2 an der D. GmbH in Höhe von 50 % auszugehen. Entgegen der Revisionserwiderung werden diese Feststellungen angesichts dessen durch die nicht näher begründete Angabe in dem zudem erst nachträglich vorgelegten Rechtsgutachten von Prof. Dr. A. , der Beklagte zu 2 sei nur mit 25 % an der D. GmbH beteiligt, nicht in Frage gestellt. Über die schon durch seine Beteiligung vermittelte starke Stellung hinaus sicherte dem Beklagten zu 2 besonderen Einfluss, dass er in den hinter der Anlagegesellschaft stehenden Gesellschaften Organ war und so die Geschicke der Anlagegesellschaft mittelbar lenken konnte. Er war Vorstand der D. AG, der einzigen Gesellschafterin der DP., und - zusammen mit seinem Mitgesellschafter in der D. GmbH - Aufsichtsrat der DP., der Komplementärin der M. Als Vorstand der D. AG kontrollierte der Beklagte zu 2 zugleich den Vertrieb über deren hundertprozentige Tochter, die DV. Da es für die Prospektverantwortlichkeit genügt, zu den Hintermännern zu gehören, entfällt die Verantwortlichkeit des Beklagten zu 2 nicht, wenn es neben ihm weitere "Hintermänner" gab und er nicht als einziger hinter der Anlagegesellschaft stand. Dass der Beklagte zu 2 sich selbst in einer einflussreichen Stellung sah, zeigt sein Schreiben vom 9. Dezember 2005 an die Vertriebsmitarbeiter, in dem er sich ausdrücklich als zu den Initiatoren zählend bezeichnete.
22
c) Die unzureichende Information des Klägers über die Vertriebsstruktur der I. war für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlich.
23
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (Senat, BGHZ 177, 25 Tz. 19; 79, 337, 346; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 16; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106; v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651, 1653). Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Davon ist grundsätzlich dann auszugehen , wenn der Prospekt bei dem konkreten Vertragsschluss keine Verwendung gefunden hat (Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 aaO Tz. 16). Wird der Prospekt - wie hier - im Zuge der Zeichnung der Beteiligung übergeben, wird er verwendet , ohne dass es darauf ankommt, in welchem Umfang der Anleger ihn tatsächlich selbst gelesen hat.
24
bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist die weitere Vermutung , dass der Kläger sich - über den unrichtig dargestellten Umstand zutreffend aufgeklärt - gegen die Anlage entschieden hätte, nicht widerlegt. Diese Vermutung sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht (Senat, BGHZ 123, 106, 112 ff.), und gilt grundsätzlich bei allen Kapitalanlagen (Sen.Urt. v. 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Tz. 6; BGH, Urt. v. 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, ZIP 2009, 1264 Tz. 22 zur Anlageberatung). Um sie zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige jedenfalls darlegen, dass der einzelne Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Die Spekulation des Berufungsgerichts, ein investitionswilliger Anleger hätte seine Anlageentscheidung nicht von einer Aufklärung über den Vertriebsaufbau abhängig gemacht, weil ein Aufbau mit Einfachagenten wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen sei, genügt dazu nicht, weil sie nicht auf das Verhalten des Klägers abstellt, sondern die tatsächliche Vermutung in Frage stellt.
25
III. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Weitere Feststellungen sind nicht zu treffen und nicht zu erwarten. Der Kläger hat - bis auf einen Teil der Nebenforderungen - einen Anspruch gegen den Beklagten zu 2 auf Ersatz des geltend gemachten Schadens in dem von ihm mit der Revision weiter verfolgten Umfang.
26
1. Der Anspruch gegen den Beklagten zu 2 ist nicht verjährt. Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn wegen fehlerhafter Angaben in Prospekten , die seit dem Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010) am 1. Juli 2002 veröffentlicht wurden, verjähren in entsprechender Anwendung von § 46 BörsG in einem Jahr seit dem Zeitpunkt , in dem der Gesellschafter von dem Prospektfehler Kenntnis erlangt, spätestens drei Jahre nach dem Abschluss des Gesellschafts- oder Beitrittsvertrages (OLG München, Urt. v. 23. Mai 2007 - 20 U 5471/06, juris, Tz. 20; Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 3. Aufl. § 6 Rdn. 211; Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze 2. Aufl. § 46 BörsG Rdn. 9; Keunecke, Prospekte im Kapitalmarkt 2. Aufl. Rdn. 811 a.E.; offen Groß, Kapitalmarktrecht 4. Aufl. § 47 BörsG Rdn. 8; a.A. Röhricht/Graf v. Westphalen/v. Gerkan/Haas, HGB 3. Aufl. § 161 Rdn. 169). Die kurze kenntnisabhängige Verjährungsfrist für die Prospekthaftung im engeren Sinn hat der Senat in analoger Anwendung der in den gesetzlich geregelten Fällen der Prospekthaftung bestimmten Verjährungsfrist - u.a. § 47 BörsG a.F. - entnommen (vgl. Senat, BGHZ 177, 25 Tz. 23; 123, 106, 117 f.; 83, 222, 224 ff.; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 aaO Tz. 29; v. 7. Juli 2003 - II ZR 18/01, ZIP 2003, 1536, 1537; v. 18. Dezember 2000 - II ZR 84/99, ZIP 2001, 369). Die Gesichtspunkte, die den Gesetzgeber des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist veranlassten (BT-Drucks. 14/8017, S. 81), treffen auch auf die Prospekthaftung im engeren Sinne zu (Assmann/Schütze aaO). Der Gesetzgeber hielt angesichts der Komplexität zahlreicher Sachverhalte eine Frist von sechs Monaten nicht für ausreichend, um die zur Vorbereitung eines Haftungsanspruchs erforderlichen Recherchen durchzuführen.
27
Der Kläger wahrte mit der am 7. September 2006 auf den Beklagten zu 2 erweiterten Klage die Dreijahresfrist. Er beteiligte sich an der M. im August/ September 2004. Dass der Kläger früher als ein Jahr vor der Klageerweiterung auf den Beklagten zu 2 vom Prospektfehler Kenntnis erlangt hat, hat der Beklagte zu 2 nicht vorgetragen. Im Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 1 rügte der Kläger die fehlerhafte Darstellung des Vertriebssystems der I. erstmals im März 2006, so dass sich aus seinem Prozessvortrag nicht zugunsten des Beklagten zu 2 entnehmen lässt, dass er den Prospektmangel bereits in verjährter Zeit kannte.
28
2. Der Kläger kann vom Beklagten zu 2 als Schaden 2.470,90 € sowie Freistellung von seinen Einlageverpflichtungen Zug um Zug gegen Abtretung seiner Rechte aus dem Treuhandvertrag verlangen.
29
a) Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Anleger gegen den schuldhaft handelnden Prospektverantwortlichen einen Anspruch auf Erstattung der für den Erwerb gemachten Aufwendungen - hier 2.362,50 € - gegen Rückgabe der Anlage (Senat, BGHZ 123, 106, 110). Besteht die Anlage - wie im Falle des Klägers - in seiner Vertragsposition als Treugeber, genügt es, wenn er als Zug um Zug zu gewährende Leistung die Abtretung sämtlicher Rechte aus dem Treuhandvertrag anbietet. Dies hat der Kläger getan. Der Kläger hat weiter Anspruch auf Ersatz der entgangenen Anlagezinsen in Höhe von 108,40 €. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB kann der Kläger auch Freistellung von der gegenüber der G. eingegangenen Verpflichtung verlangen.
30
Der Anspruch auf Ersatz der Verzugszinsen für die Hauptforderung beruht auf § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1, § 291 BGB. Eine Verzinsung der entgangenen Anlagezinsen (108,40 €) in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes kann der Kläger dagegen nicht beanspruchen. Wegen des Zinseszinsverbotes in § 289 Satz 1 BGB muss der Gläubiger die Höhe des nach § 289 Satz 2 BGB geltend gemachten Verzögerungsschadens auch dann konkret darlegen und gegebenenfalls beweisen, wenn er einen Schaden nur in Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen geltend macht (BGH, Urt. v. 9. Februar 1993 - XI ZR 88/92, ZIP 1993, 421, 423). Der Kläger hat sich nur auf den gesetzlichen Verzugszinssatz (§ 288 Abs. 1 BGB) berufen.
31
b) Im Zusammenhang mit der Anlage erlangte Steuervorteile muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen. Im Wege des Vorteilsausgleichs sind die aufgrund der Anlage erzielten dauerhaften Steuervorteile anzurechnen, sofern nicht die Ersatzleistung oder eine Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung vorgesehene Übertragung der Beteiligung ihrerseits etwa als Betriebseinnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG besteuert wird (Senat, BGHZ 159, 280, 294; BGHZ 74, 103, 114 ff.; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 27; v. 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 257; v. 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, DStR 2002, 778, 779; BGH, Urt. v. 6. März 2008 - III ZR 298/05, ZIP 2008, 838 Tz. 28; v. 17. November 2005 - III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 Tz. 8). Trotz Versteuerung der Ersatzleistung sind die erzielten Steuervorteile anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat (Sen.Urt. v. 9. Oktober 1989 - II ZR 257/88, WM 1990, 145, 148; BGH, Urt. v. 17. November 2005 aaO; v. 6. März 2008 aaO). Der Kläger hat eine Schadensersatzleistung als Betriebseinnahme zu versteuern. Für besondere Steuervorteile gibt es keine Anhaltspunkte.
Goette Caliebe Drescher Löffler Bender
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 01.11.2006 - 18 O 559/05 -
KG, Entscheidung vom 17.12.2007 - 26 U 264/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 329/04 Verkündet am:
6. Februar 2006
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 276 Fa, 249 Fb in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung

a) Ein rechtlich relevanter Prospektmangel liegt vor, wenn "weiche" Kosten bei
einem Anlagemodell in nicht unerheblicher Höhe anfallen und ein Anleger
dem Prospekt nicht ohne weiteres entnehmen kann, in welchem Umfang die
von ihm eingezahlten Einlagemittel nicht in das Anlageobjekt fließen, sondern
für Aufwendungen außerhalb der Anschaffungs- und Herstellungskosten
verwendet werden.

b) Wenn der Anlageinteressent in dem Prospekt nicht darauf hingewiesen wird,
dass für geplante Stellplätze noch ein dem Gesellschaftsgrundstück benachbartes
Flurstück erworben werden muss, handelt es sich ebenfalls um einen
Prospektmangel; das gilt auch, wenn feststeht, dass die Gesellschaft durch
den Kauf des Flurstücks nicht mit zusätzlichen Kosten belastet wird.

c) Für die Frage, ob der Anleger sich auf seinen Schadensersatzanspruch aus
Prospekthaftung steuerliche Vorteile anrechnen lassen muss, kommt es auf
die Prüfung im Einzelfall nach dem konkreten Parteivorbringen an, wie sich
die Vermögenslage des Geschädigten bei Abstandnahme von der Beteiligung
entwickelt hätte. Allein die generelle Annahme, im Regelfall hätte der
Geschädigte eine andere steuerbegünstigte Anlage getätigt, kann die Nichtanrechnung
der Vorteile nicht rechtfertigen (Anschluss an BGH, Urt. v.
17. November 2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174).
BGH, Versäumnisurteil vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - Kammergericht
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 6. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Münke, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 10. Mai 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, ein Fliesenlegermeister, beteiligte sich im Sommer 1999 an dem vom Beklagten initiierten Immobilienfonds "D. KG K. GmbH & Co.". Das Projekt scheiterte, weil sich nicht genügend Anleger fanden. Nachdem der Kläger hiervon durch Schreiben vom 4. August 1999 erfahren hatte, zeichnete er am 8. August 1999 Kommanditanteile in Höhe von 250.000,00 DM und 200.000,00 DM an der "R. Straße 20 KG K. GmbH & Co.", einem ebenfalls von dem Beklagten initiierten Immobilienfonds. Der Beklagte ist geschäftsführender Kommanditist und Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin, der K. Geschäftsführungs-GmbH. Gesellschaftszweck ist die - inzwischen erfolgte - Errichtung eines aus Gewerbeflächen, einer Wohnung sowie 55 PkwStellplätzen bestehenden "Shopping-Eck" auf dem gesellschaftseigenen Grundstück R. Straße 20 und die anschließende Bewirtschaftung des Objekts.
2
Der Kläger ist der Auffassung, der von der Fondsgesellschaft herausgegebene Prospekt sei insbesondere hinsichtlich der Angaben über die sogenannten weichen Kosten und die Errichtung der Stellplätze fehlerhaft und irreführend , weshalb er von dem Beklagten Schadensersatz verlangen könne. Mit der Klage nimmt er den Beklagten auf Zahlung von 227.780,53 € Zug um Zug gegen Abtretung der von ihm gehaltenen Kommanditanteile in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage in Höhe von 210.556,38 € nebst Zinsen stattgegeben. Auf den in zweiter Instanz zusätzlich erhobenen Antrag des Klägers hat es festgestellt, dass der Beklagte sich mit der Annahme der Kommanditanteile in Verzug befinde. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision will der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:


3
Da der Kläger im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die Revision des Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Die Entscheidung beruht inhaltlich jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).
4
Die Revision ist nicht begründet.
5
I. Das Berufungsgericht meint, der Beklagte schulde als Initiator und Gründer des Fonds dem Kläger nach den Grundsätzen der Prospekthaftung Schadensersatz. Der Prospekt sei inhaltlich unvollständig und unklar. Er lasse nicht eindeutig erkennen, welche Aufwendungen dem Anlageobjekt unmittelbar zufließen sollten und wie hoch die "weichen" Kosten sind, die für Dritte bestimmt , aber kein Teil der eigentlichen Investition sind. Der Prospekt kläre den Anlageinteressenten zudem in Bezug auf die Stellplätze nicht hinreichend auf. Er mache nicht deutlich, dass die Realisierung des Gesamtprojekts den Erwerb weiterer Grundflächen erfordert habe und die von der Fondsgesellschaft bereits erworbene Fläche nicht identisch mit dem Projektgrundstück sei. Bei einer Gesamtwürdigung sei davon auszugehen, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Information sich an der Gesellschaft nicht beteiligt hätte, so dass der Beklagte ihm die geleistete Einlage nebst Agio (472.500,00 DM) zurückzuzahlen habe. Im Wege des Vorteilsausgleichs müsse der Kläger sich die erhaltenen Ausschüttungen (54.000,00 DM) und die Vorabverzinsung (6.687,51 DM) anrechnen lassen. Erlangte Steuervorteile dagegen brauche er sich nicht anrechnen zu lassen, weil der mit dem Rückerhalt des Anlagebetrages verbundene Werbungskostenrückfluss von ihm nachversteuert werden müsse.
6
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
7
1. Zutreffend hält das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer Prospekthaftung für gegeben. Danach hat ein Prospekt den Beteiligungsinteressenten ein zutreffendes Bild von dem Anlageobjekt zu vermitteln. Dazu gehört, dass sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, richtig und vollständig dargestellt werden. Entspricht der Prospekt diesen Anforderungen nicht, so hat der auf seiner Grundlage geworbene Anleger, wenn er bei richtiger und vollständiger Information von einer Beteiligung Abstand genommen hätte, gegen die schuldhaft handelnden Prospektverantwortlichen Anspruch auf Rückzahlung seiner Aufwendungen für den Erwerb Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligung (st.Rspr., vgl. Senat, BGHZ 71, 284, 286 ff.; 79, 337, 340 ff.; 123, 106, 109 f.; Urt. v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 929 f.).
8
a) Mit Recht ist das Berufungsgericht der Ansicht, dass der Prospekt den Anleger in zweifacher Hinsicht unzureichend informiert.
9
aa) Wie das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung rechtsfehlerfrei festgestellt hat, kann der Anleger dem Prospekt den für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstand, in welchem Umfang seine Beteiligung nicht in das Anlageobjekt fließt, sondern für Aufwendungen außerhalb der Anschaffungs - und Herstellungskosten verwendet wird, nicht ohne weiteres entnehmen. Unter der Überschrift Investitions- und Finanzierungsplan wird der Anteil der Werbungskosten am Gesamtaufwand im Prospekt mit 17,91 % angegeben. Tatsächlich macht er 25,3 % aus. Das ergibt sich jedoch nicht unmittelbar aus den Erläuterungen zu dem Investitions- und Finanzierungsplan, sondern erfordert zunächst den Abgleich verschiedener Prospektangaben über die Anschaffungs - und Herstellungskosten und anschließend eine Reihe von Rechengängen. Das ist mit den Anforderungen an einen wahrheitsgemäßen, vollständigen und verständlichen Prospekt nicht zu vereinbaren.
10
bb) Ein weiterer Prospektfehler liegt in dem fehlenden Hinweis darauf, dass es für die geplanten Stellplätze noch des Erwerbs eines dem Fondsgrundstück benachbarten Flurstücks bedurfte. Selbst wenn feststand, dass dieser Erwerb die Fondsgesellschaft im Ergebnis nicht mit zusätzlichen Kosten belasten würde, war der Hinweis mit Rücksicht auf die notwendige wahrheitsgemäße und vollständige Information des Anlegers nicht entbehrlich. Denn der Erwerb einer weiteren Fläche erforderte auf jeden Fall Verhandlungen, so dass deshalb zeitliche Verzögerungen bei der Fertigstellung des Anlageobjekts nicht auszuschließen waren.
11
b) Ebenfalls zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Prospektfehler ursächlich für die Anlageentscheidung des Klägers waren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGHZ 79, 337, 346; 84, 141, 148; Urt. v. 29. Mai 2000 - II ZR 280/98, ZIP 2000, 1296, 1298). Diese Vermutung kann zwar widerlegt werden, jedoch reicht hierfür entgegen der Ansicht der Revision nicht aus, dass es dem Kläger nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten auf die Erzielung der kurzfristig nutzbaren Steuervorteile in der Investitionsphase "- auch - maßgeblich" ankam. Danach beruhte der Beteiligungsentschluss des Klägers nämlich nicht allein auf steuerlichen Überlegungen.
12
c) Der Beklagte als Initiator und Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft , Geschäftsführer der Komplementärin der KG und geschäftsführender Kommanditist ist Prospektverantwortlicher im Sinne der Senatsrechtsprechung (BGHZ 71, 284, 286 ff.; 79, 337, 340).
13
d) Den Beklagten trifft ein Verschulden.
14
Nach der Senatsrechtsprechung ist im Falle eines Prospektmangels von einem Verschulden der Prospektverantwortlichen auszugehen. Umstände, die ein Verschulden hier ausschließen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
15
2. Mit Recht geht das Berufungsgericht danach davon aus, dass der Kläger Zug um Zug gegen Abtretung seiner Beteiligung von dem Beklagten Rückzahlung des aufgewendeten Anlagebetrages nebst Agio verlangen kann. Soweit die Revision dies unter Hinweis darauf in Frage stellt, dass Ausschüttungen nach dem Prospekt nicht garantiert seien, verkennt sie, dass der schuldhaf- te Verstoß gegen die Pflicht des Prospektverantwortlichen zur wahrheitsgemäßen vollständigen und richtigen Aufklärung des Anlageinteressenten als solche die Prospekthaftung auslöst, weil die unbeeinflusste Willensbildung des Anlegers Schutz genießen muss; deswegen kommt es nicht darauf an, ob die die Ausschüttungen betreffenden Prospektangaben eingehalten worden sind oder nicht.
16
3. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des dem Kläger zustehenden Schadensersatzanspruchs erweisen sich zwar nicht in allen Teilen der Begründung, aber doch im Ergebnis als zutreffend.
17
a) Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, sind im Rahmen der Schadensberechnung vorteilhafte Umstände, die mit dem schädigenden Ereignis in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, zu berücksichtigen, soweit ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet noch den Schädiger unbillig entlastet (Sen.Urt. v. 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, WM 2002, 813 m.w.Nachw.). Zu solchen auf den Schadensersatzanspruch eines Geschädigten anzurechnenden Vorteilen gehören grundsätzlich auch Steuern, die der Geschädigte infolge der Schädigung erspart hat (BGHZ 53, 132, 134; 74, 103, 114), wobei im Gegenzug mögliche steuerliche Nachteile, insbesondere eine Besteuerung der Schadensersatzleistung , zu berücksichtigen sind.
18
b) Danach hat das Berufungsgericht mit Recht die an den Kläger geflossenen Ausschüttungen des Fonds (54.000,00 DM) ebenso wie die Vorabverzinsung (6.687,51 DM) bei der Berechnung des ihm zustehenden Ersatzanspruchs berücksichtigt.
19
c) Nicht frei von Rechtsfehlern ist jedoch seine Auffassung, der Kläger müsse sich im Zusammenhang mit der Beteiligung erlangte Steuervorteile nicht anrechnen lassen, weil er den mit der Aufgabe seiner Gesellschafterstellung verbundenen Werbungskostenrückfluss nachzuversteuern habe. Anders als in dem vom Berufungsgericht herangezogenen Vergleichsfall (BGH, Urt. v. 25. Februar 1988 - VII ZR 152/87, NJW-RR 1988, 788, 789) geht es hier nicht darum, dass der Kläger Aufwendungen als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht hätte und diese Aufwendungen durch nachträgliche Ersatzleistung weggefallen wären mit der Folge, dass wirtschaftlich gesehen ein - zu versteuernder - Werbungskostenrückfluss vorläge. Die Beträge, die der Kläger für den Erwerb der Beteiligungen aufgewendet hat, sind steuerlich Anschaffungskosten, nicht abzugsfähige Werbungskosten (BFHE 147, 176 = BStBl. II 1986, 747; Blümich/Thürmer, EStG § 9 Rdn. 135 ff.; Claßen in Lademann, EStG § 9 Rdn. 9; Schmidt/Drenseck, EStG 24. Aufl. § 9 Rdn. 24; Wüllenkemper, Rückfluss von Aufwendungen im Einkommensteuerrecht, S. 17 f.). Zurückgeflossene Anschaffungskosten können daher nicht als "negative Werbungskosten" der Einkommensteuer unterworfen sein (BFHE 198, 425 = BStBl. II 2002, 796).
20
d) Eine Anrechnung der Steuervorteile scheidet hier jedoch aus einem anderen Grund aus. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes , der der Senat folgt, gibt es zwar keinen Erfahrungssatz, dass der Geschädigte seine Geldmittel in einer anderen steuerbegünstigten Form angelegt hätte (Urt. v. 17. November 2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174). Vielmehr kommt es auf die Prüfung im Einzelfall nach dem konkreten Parteivorbringen an, wie sich die Vermögenslage des Geschädigten bei Abstandnahme von der Vermögensanlage entwickelt hätte.
21
Hier ist nach dem unstreitigen Sachverhalt anzunehmen, dass sich der Kläger an einem anderen steuerbegünstigten Projekt beteiligt hätte, wenn er ordnungsgemäß von dem Beklagten unterrichtet worden wäre. Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts hatte sich der Kläger zunächst an dem ebenfalls von dem Beklagten initiierten Immobilienfonds "D. KG K. GmbH & Co." beteiligt. Als er mit Schreiben vom 4. August 1999 erfahren hatte, dass dieser Fonds mangels ausreichender Interessenten nicht geschlossen werden konnte, trat er unmittelbar anschließend, nämlich am 8. August 1999 der "R. Straße 20 KG" bei. Dieses Verhalten zwingt zu dem Schluss, dass der Kläger in Kenntnis der Prospektfehler eine andere Beteiligung gezeichnet hätte, die ihm dieselben Steuervorteile verschafft hätte.
Goette Kurzwelly Münke
Caliebe Reichart Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 27.03.2003 - 14 O 570/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 10.05.2004 - 26 U 112/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 149/07
Verkündet am:
28. Februar 2008
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter
Dr. Wurm, Dörr, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. März 2007 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin zeichnete am 6. Dezember 2000 - unter Einschaltung der D. GmbH als Treuhänderin - eine Kommanditeinlage über 180.000 DM zuzüglich 5 v.H. Agio an dem Filmfonds V. Dritte KG, die sie durch Aufnahme von zwei Darlehen finanzierte. Die Fondsgesellschaft geriet im Jahr 2002 im Zusammenhang mit der Insolvenz der Produktionsdienstleisterin in eine wirtschaftliche Schieflage. Es stellte sich her- aus, dass an die Produktionsdienstleisterin überwiesene Gelder nicht zurückzuerlangen waren und Erlösausfallversicherungen für aufgenommene Produktionen nicht abgeschlossen waren.
2
Wegen behaupteter Mängel des Prospekts begehrt die Klägerin Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung Rückzahlung des eingezahlten Betrags von noch 93.873,19 € nebst Zinsen, wobei sie im Hinblick auf eine Ausschüttung von 2.760,98 € nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht die Hauptsache insoweit für erledigt erklärt hat. Die Klägerin hält die Beklagte zu 1 - Tochtergesellschaft einer international tätigen Großbank - als (Mit-)Initiatorin und Hintermann für prospektverantwortlich. Diese war von der Fondsgesellschaft mit der Beratung bei der Auswahl und Heranziehung potentieller Vertragspartner und der Optimierung des gesamten Vertragswerks sowie der gesamten Koordination des Eigenkapitalvertriebs und von der Herausgeberin des Prospekts mit der Erstellung eines Prospektentwurfs beauftragt worden und nahm als Einzahlungstreuhänderin für die Fondsgesellschaft die Gelder der Anleger entgegen. Die Beklagte zu 2, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft , hat die Klägerin wegen behaupteter Fehler bei der ihr von der Beklagten zu 1 aufgetragenen Prüfung des Prospekts in Anspruch genommen.
3
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Senat nur in Bezug auf die Beklagte zu 1 zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag gegen diese weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es die gegen die Beklagte zu 1 (im Folgenden: Beklagte) gerichtete Klage betrifft.

I.


5
Berufungsgericht Das geht davon aus, dass die Beklagte sich einer Prospektverantwortlichkeit nicht entziehen könne. Denn sie, die bereits durch ihre Firmierung ihre Verflechtung mit einer international tätigen Großbank unterstreiche , sei nicht nur als Berater bei der Auswahl und Heranziehung potentieller Vertragspartner in das Geschäft des Filmfonds involviert, sondern bereits im Vorfeld mit der "Optimierung des gesamten Vertragswerks" betraut gewesen. Des Weiteren habe die "gesamte Koordination des Eigenkapitalvertriebs" in ihren Händen gelegen und sie habe in ihrer Funktion als Einzahlungstreuhänder , der Einzug und Transfer der Investorengelder an die Produktionsgesellschaft sowie die Vertriebspartner überwacht habe, das Vertrauen der Anleger in Anspruch genommen. Dass der im Emissionsprospekt herausgestellte Einfluss auf die Durchführung des Projekts tatsächlich bestanden habe, habe die Beklagte nicht in Abrede gestellt und werde im Übrigen durch die Vertriebsvereinbarungen mit der B. Bank und der C. Bank sowie durch den Vertrag über die Eigenkapitalvermittlung vom 22. Mai 2000 belegt.
6
Das Berufungsgericht verneint gleichwohl Schadensersatzansprüche der Klägerin, weil der Prospekt nicht unrichtig oder unvollständig sei. Aus dem Prospekt werde hinreichend deutlich, dass Erlösausfallversicherungen erst für einzelne, konkrete Filmprojekte abzuschließen seien und dass sie nur ein - wenngleich gewichtiges - Element eines Absicherungskonzepts seien, das von der Geschäftsführung der Fondsgesellschaft erst noch umzusetzen gewesen sei. Hiervon ausgehend treffe auch die auf S. 38 des Prospekts dargestellte "Restrisiko-Betrachtung" zu, da sie unter der Voraussetzung stehe, dass das Absicherungskonzept von der Geschäftsführung umgesetzt werde. Das Gesamtrisiko der Beteiligung werde nicht unzulässig verharmlost. In den "Leitgedanken" zu Beginn des Prospekts werde darauf hingewiesen, dass die Investoren zwar "hohe Renditen erzielen können, allerdings auch in vollem Umfang unternehmerische Risiken tragen". Bei der Vorstellung des Projekts im Überblick werde davor gewarnt, dass im Extremfall das eingesetzte Kapital vollständig verloren gehen könne. Dass der Abschluss von Erlösausfallversicherungen im Zeitpunkt der Prospektherausgabe aus konzeptbezogenen Gründen mit Schwierigkeiten behaftet gewesen sei, sei nicht mit der erforderlichen Konkretisierung vorgetragen worden. Schließlich lasse der Prospekt keine Zweifel daran , dass die Mittelverwendungskontrolle erst nachträglich durch einen Wirtschaftsprüfer stattfinden solle. Dass es sich dabei um ein von vornherein ungeeignetes Absicherungskonzept handele, auf das die Beklagte im Rahmen des Fondskonzeptions- und Prospekterstellungsvertrages nicht hätte hinwirken dürfen , sei zu verneinen.

II.


7
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Prospekt nicht zu beanstanden sei. Auch die Prospektverantwortlichkeit der Beklagten bedarf einer näheren Überprüfung.

8
1. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGHZ 79, 337, 344; 116, 7, 12; 123, 106, 109 f; BGH, Urteile vom 29. Mai 2000 - II ZR 280/98 - NJW 2000, 3346; vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 7). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände , die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können (vgl. BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89 - NJW 1992, 228, 230 ). Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81 - NJW 1982, 2823, 2824). Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen allerdings eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - NJW-RR 1992, 879, 881). Hiervon geht auch das Berufungsgericht zutreffend aus.
9
2. a) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts jedoch in einem maßgebenden Punkt nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Bei seiner Sicht berücksichtigt es nämlich nicht hinreichend den in den Leitgedanken vorbereiteten und durch die als "worst-case-Szenario" bezeichnete "Restrisiko-Betrachtung" vermittelten Gesamteindruck, dass der Anleger mit seiner Beteiligung ein nur begrenztes Risiko eingehe. Dies hat der Senat - nach Erlass der angefochtenen Entschei- dung - in seinen Urteilen vom 14. Juni 2007, die eine Beteiligung an derselben Fondsgesellschaft betrafen, entschieden (III ZR 300/05 - NJW-RR 2007, 1329, 1331 Rn. 13 f; III ZR 125/06 - WM 2007, 1503, 1504 f Rn. 14 f) und hieran - nach erneuter Überprüfung - in seinem Urteil vom 22. November 2007 (III ZR 210/06) festgehalten. Auf die genannten Urteile nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
10
b) Darüber hinaus hat die Klägerin unter Bezugnahme auf eine Beweisaufnahme in einem Verfahren von Anlegern gegen die hiesige Beklagte vor dem Landgericht F. behauptet, schon bei dem Schwesterfonds , der V. KG, sei im Jahr 1999 mit Produktionen begonnen worden, ehe Einzelpolicen einer Erlösausfallversicherung vorgelegen hätten; ein Abschluss von Einzelversicherungen sei daran gescheitert, dass seitens des Versicherers Bedingungen nachgeschoben worden seien. Die Beklagte habe von der Tatsache, dass mit den Produktionen bereits vor Abschluss einer Erlösausfallversicherung begonnen worden sei, Kenntnis gehabt. Sollte dieser Vortrag, für den die Klägerin Beweis angetreten hat, richtig sein, läge ein weiterer Prospektmangel vor, weil dieser Umstand das gesamte der vorgesehenen Tätigkeit der Fondsgesellschaft zugrunde liegende Konzept verändert hätte und im Prospekt klar und eindeutig hätte dargestellt werden müssen. Insoweit legt das Berufungsgericht seiner Entscheidung im Ausgangspunkt selbst zutreffend zugrunde, dass über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können (vgl. BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89 - NJW 1992, 228, 230 ), aufzuklären ist. Unter diesen Umständen hätte es den angebotenen Beweis erheben müssen; es durfte sich insoweit nicht auf die Würdigung ihm vorgelegter Niederschriften über die Vernehmung der angebotenen Zeugen im Parallelverfahren beschrän- ken. Es hat seine Beurteilung auch unzulässig verengt, indem es den betreffenden Vortrag der Klägerin ausschließlich einem Durchführungsrisiko zuordnet, für das die Prospektverantwortlichen nicht einzustehen hätten. Ergibt sich nämlich für die Prospektverantwortlichen, dass eine vorgesehene Sicherungsmaßnahme nicht zu verwirklichen ist, und steht - wie von der Klägerin behauptet und durch ein Schreiben des anwaltlichen Vertreters der späteren Komplementärin der Fondsgesellschaft vom 21. März 2003 belegt - im Raum, dass die Fondsgesellschaft nicht einmal durch einen Rahmenvertrag oder eine ähnliche vertragliche Bindung mit einem Versicherer verbunden ist und der Versicherer die bisherige Praxis nicht fortsetzen möchte, müssen sich die Prospektverantwortlichen Gewissheit darüber verschaffen, dass das vorgesehene Sicherheitskonzept tragfähig ist.
11
3. Eine Verantwortlichkeit der Beklagten für Prospektmängel hat das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
12
a) Nach Ziffer 3.4.1 und 3.5 des Prospekts (S. 18, 21) ist die Beklagte nicht dessen Herausgeber. Vielmehr ist die V. M. GmbH von der Fondsgesellschaft mit am 9./10. Oktober 2000 unterzeichneten Vertrag mit der Konzeption eines Investoren-Modells zur Einwerbung des erforderlichen Eigenkapitals und mit der Konzeption, textlichen Redaktion, graphischen Gestaltung und Herstellung eines Beteiligungsprospekts beauftragt worden. Sie durfte zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflicht Dritte einschalten. Dies und die hierfür vereinbarte Vergütung von 0,7 v.H. des Kommanditkapitals (Investitionsvolumens ) sind im Prospekt unter dem Stichwort Projektaufbereitung (Ziffer 3.4.1) ausgewiesen. Darüber hinaus wird die V. M. GmbH unter Ziffer 3.5 (Partner im Überblick) als für die Prospektherausgabe verantwortlich bezeichnet. Sie ist daher - neben der ursprünglichen Komplementärin der Fondsgesellschaft, der V. F. GmbH, die in dem angeführten Vertrag als "Initiator" genannt wird - für den Inhalt des Prospekts verantwortlich.
13
b) Im Ausgangspunkt zutreffend zieht das Berufungsgericht aber eine Verantwortlichkeit der Beklagten aufgrund des Umstands in Betracht, dass sie nach dem Prospekt mit einer Vielzahl von Aufgaben betraut war und dass ihr tatsächlicher Einfluss auf die Durchführung des Projekts durch verschiedene vertragliche Abreden belegt wird. Eine Prospektverantwortlichkeit ergibt sich hieraus jedoch nur dann, wenn die Beklagte als "Hintermann" bzw. als (zumindest ) Mitinitiatorin anzusehen wäre (s. hierzu bereits Senatsurteile vom 14 Juni 2007 - III ZR 125/06 - WM 2007, 1503, 1505 f Rn. 17-22; III ZR 185/05 - NJW-RR 2007, 1479 f Rn. 9-13). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften neben den Gründern, Initiatoren und Gestaltern der Gesellschaft - soweit sie das Management bilden oder beherrschen - als so genannte Hintermänner ebenso alle Personen, die hinter der Gesellschaft stehen und auf ihr Geschäftsgebaren oder die Gestaltung des konkreten Modells besonderen Einfluss ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen (vgl. BGHZ 79, 337, 340; 115, 213, 217 f; Senatsurteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93 - NJW 1995, 1025; BGH, Urteil vom 27. Januar 2004 - XI ZR 37/03 - NJW 2004, 1376, 1379; Senatsurteil BGHZ 158, 110, 115). Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie in dieser Einflussnahme nach außen in Erscheinung getreten sind oder nicht (vgl. BGHZ 72, 382, 387; 79, 337, 340). Anknüpfungspunkt für die Haftung ist, da vertragliche oder persönliche vorvertragliche Beziehungen zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Anleger und diesem Personenkreis nicht zustande kommen, dessen Einfluss auf die Gesellschaft bei der Initiierung des in Frage stehenden Projekts (vgl. BGHZ 115, 213, 227; Senatsurteil vom 1. Dezember 1994 aaO). Als in diesem Sinn Verantwortliche kommen in erster Linie Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter in Betracht, weil diese die Geschicke der Initiatorengesellschaft bestimmen (vgl. BGHZ 111, 314, 318 f). In der Rechtsprechung sind auch schon mit ähnlichem Einfluss versehene Personen , etwa ein Generalbevollmächtigter (vgl. BGHZ 79, 337, 343) und der Leiter einer für die Baubetreuung zuständigen "Planungsgemeinschaft" (vgl. BGHZ 76, 231, 233 f), der Prospekthaftung unterworfen worden. Die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung der wahrgenommenen Funktion ist nicht ausschlaggebend , sondern der "Leitungsgruppe" (vgl. BGHZ 79, 337, 341) können alle Personen zugerechnet werden, denen ähnliche Schlüsselfunktionen zukommen. Das im jeweiligen Fall festzustellen, ist eine im Wesentlichen tatrichterliche Aufgabe.
14
c) Ausgehend hiervon ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts , dass die Beklagte im Zusammenhang mit der Auflegung dieses Filmfonds wesentliche Aufgaben wahrzunehmen hatte. Nach Ziffer 3.4.3 (S. 18 des Prospekts) war sie von der Fondsgesellschaft mit der Beratung bei der Auswahl und Heranziehung potentieller Vertragspartner sowie der Optimierung des gesamten Vertragswerks beauftragt worden, wofür ihr im Vertrag vom 19./22. Mai 2000 eine Vergütung von 1,8 v.H. des Kommanditkapitals versprochen war. Darüber hinaus war sie - ebenfalls durch am 19./22. Mai 2000 geschlossenen Vertrag - mit der Vermittlung des Eigenkapitals betraut, wofür sie eine Provision von 9,8 v.H. der Kommanditeinlage und das Agio von 5 v.H. erhielt, wie sich aus einem nachträglichen Ergänzungsblatt vom 14. Juli 2000 zum Prospekt ergibt. Mit der V. M. GmbH schloss sie einen undatierten Vertrag, nach welchem sie gegen eine Vergütung von 0,35 v.H des eingeworbenen Kommanditkapitals einen Prospektentwurf zur Einwerbung von Eigenkapital erstellen sollte. Sie erteilte auch der Beklagten zu 2 den von dieser mit Schreiben vom 2. Juni 2000 bestätigten Auftrag, den von ihr erarbeiteten Prospekt zu prüfen, obwohl der zwischen der Fondsgesellschaft und der V.
M. GmbH geschlossene Vertrag vorsah, dass die Fondsgesellschaft eine entsprechende Prospektprüfung in Auftrag geben sollte. Gegenüber Vertriebspartnern wie der C. Bank und der B. Bank übernahm die Beklagte neben der Fondsgesellschaft die Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihr zur Verfügung gestellten Unterlagen, Daten und Fakten, insbesondere für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Fondsprospekts, und verpflichtete sich zu deren Freistellung von Haftungsansprüchen für den Fall der Unrichtigkeit, Unvollständigkeit oder irreführender Wirkungen des Prospekts. Gegenüber den Anlegern trat sie als Einzahlungstreuhänderin in Erscheinung , die für die Abbuchung der geschuldeten Kommanditeinlagen Sorge trug.
15
d) Wenn auch jedes einzelne der genannten Elemente für sich gesehen nicht ausreicht, um den für die Verantwortlichkeit des Hintermanns erforderlichen bestimmenden Einfluss auf die Initiierung des Projekts zu belegen - der Bundesgerichtshof hat die bloße Mitwirkung an der Herausgabe des Prospekts (vgl. BGHZ 79, 337, 348 f) oder an dessen Gestaltung (Urteil vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 372/03 - NJW-RR 2006, 610 f Rn. 14) für ebenso wenig ausreichend erachtet wie die nur in Teilbereichen ausgeübte Einflussnahme (Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - NJW-RR 1992, 879, 883 f) -, liegt hier doch eine Verbindung mehrerer wesentlicher Tätigkeiten vor, die zunächst einmal auf eine erhebliche Einwirkung in tatsächlicher Hinsicht hinweisen. Es treten - wie die Klägerin geltend gemacht hat - Umstände hinzu, die indiziell dafür sprechen, dass die Beklagte in Bezug auf die Erstellung des Prospekts nicht darauf beschränkt war, Vorarbeiten für die V. M. GmbH zu leisten. Hierzu fällt insbesondere auf, dass der Vertrag zwischen der Fondsgesellschaft und der V. M. GmbH erst am 9./10. Oktober 2000 und damit zu einem Zeitpunkt unterzeichnet worden ist, als der Prospekt längst erstellt und durch die Beklagte zu 2 überprüft war. Auf den Umstand, dass die Beklagte zu 2 den Prüfauftrag durch die Beklagte erhielt und nicht - wie im Vertrag vom 9./10. Oktober 2000 vorgesehen - durch die Fondsgesellschaft, ist bereits hingewiesen worden. Gegen eine normale geschäftsmäßige Behandlung spricht auch der undatierte Vertrag zwischen der V. M. GmbH und der Beklagten über die Erstellung eines Prospektentwurfs, der nur eine Seite umfasst und neben der Vergütungsregelung (0,35 v.H. des Kommanditkapitals) den geschuldeten Leistungsinhalt nur in der Art eines Schlagworts enthält.
16
e) Auch wenn aufgrund der genannten Umstände und Indizien die Annahme einer Prospektverantwortlichkeit der Beklagten nahe liegen mag, kann der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht beigetreten werden, dass allein aus der Schilderung der Einbindung der Beklagten in das Projekt ein Vertrauen der Anleger dahin begründet werde, sie stehe für die Richtigkeit aller oder auch nur bestimmter Prospektaussagen ein. Dass die Beklagte insoweit im Prospekt mit eigenen Erklärungen hervorgetreten wäre, ist nicht erkennbar. Aus dem Prospekt ergibt sich zwar, dass die Beklagte mit der "Optimierung des gesamten Vertragswerks" betraut war. Was das im Einzelnen zu bedeuten hat, ist aber nicht näher dargestellt; vor allem wird aus dem Prospekt nicht deutlich, dass die Beklagte mit der textlichen Redaktion, graphischen Gestaltung und Herstellung des Beteiligungsprospekts beauftragt war, so dass nicht zu erkennen ist, in welcher typisierten Weise ein Anleger darauf hätte vertrauen können, dass die Beklagte für den Prospektinhalt einstehen wollte. Die Wiedergabe der Leistungsverträge und der Partner im Prospekt (S. 18-21) dient vor allem der Unterrichtung der Anleger, um gegebenenfalls Verflechtungen erkennen und die Aufmerksamkeit hierauf richten zu können. Natürlich wird auch eine (verkaufsfördernde ) Wirkung dadurch erzielt werden können, dass der Anleger über die Mitwirkung eines als seriös angesehenen Unternehmens bei der Vor- bereitung eines geschäftlichen Vorhabens informiert wird. Daraus folgt jedoch nicht, dass dieses Unternehmen eine besondere Verantwortung für die von ihm bearbeiteten Bereiche übernimmt. Der Umstand, dass die Konzeption von Beteiligungsangeboten zum Gegenstand des Unternehmens der Beklagten gehört, bedeutet auch für sich gesehen kein Maß allgemein anerkannter beruflicher Sachkunde, um hieraus eine Garantenstellung zu entwickeln, wie sie etwa für Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Gutachter und Sachverständige für ihren jeweiligen beruflichen Bereich anerkannt ist. Fehlen daher - wie hier - eigene Erklärungen der Beklagten, kommt ihre Prospektverantwortlichkeit nur in Betracht, wenn sie in eigener Verantwortlichkeit wichtige Schlüsselfunktionen bei der Gestaltung des konkreten Projekts wahrgenommen hat. Dies kann tatrichterlich nicht festgestellt werden, ohne dass die Beweisantritte der Parteien zur Gestaltung des Prospekts und zur Aufgabenverteilung zwischen der Prospektherausgeberin und der Beklagten berücksichtigt werden. Darüber hinaus hat die Klägerin für eine Prospektverantwortlichkeit der Beklagten weiter angeführt und unter Beweis gestellt, die V. M. GmbH sei eigens zu dem Zweck aus einem GmbH-Mantel entwickelt worden, um anstelle der Beklagten für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich zu zeichnen. Hierüber muss im gegebenen Fall ebenfalls Beweis erhoben werden.

III.


17
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
18
Soweit es um die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede geht, weist der Senat auf Folgendes hin:
19
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verjähren Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn bei einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung in analoger Anwendung der in den gesetzlich geregelten Fällen der Prospekthaftung bestimmten kurzen Verjährung (§ 20 Abs. 5 KAGG, § 12 Abs. 5 AuslInvestmG, jeweils in der bis zum 30. Juni 2002 geltenden Fassung) in - seinerzeit - sechs Monaten ab Kenntnis des Prospektmangels, spätestens jedoch in drei Jahren nach dem Beitritt (vgl. BGHZ 83, 222, 224; BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - X ZR 283/02 - NJW 2004, 3420, 3421; Senatsbeschluss vom 31. Oktober 2007 - III ZR 258/05 - Rn. 7; Senatsurteil vom 22. November 2007 - III ZR 210/06 - Rn. 13). Insoweit wird das Berufungsgericht den Vortrag der Parteien darauf zu überprüfen haben, wann die Klägerin von dem hier festgestellten Prospektmangel, nämlich der unklaren Aussage über das Ausmaß der mit der Beteiligung einzugehenden Risiken, Kenntnis erlangt hat.
20
Sollte sich im weiteren Verfahren ergeben, dass die Beklagte nicht als prospektverantwortlich anzusehen ist oder dass Prospekthaftungsansprüche verjährt sind, müsste über den oben zu II 2 b wiedergegebenen Sachvortrag Beweis erhoben werden. Denn bei der behaupteten Kenntnis der Beklagten kommt - unabhängig vom Grad ihrer Einflussnahme auf die Gestaltung des Prospekts und anders als das Berufungsgericht meint - ihre deliktsrechtliche Verantwortlichkeit nach §§ 31, 826, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB in Betracht (vgl. hierzu bereits Senatsurteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06 - WM 2007, 1503, 1506 Rn. 23). Für die Frage, ob ein denk barer deliktischer Anspruch verjährt ist, müsste das Berufungsgericht einen selbständig zu beurteilenden Verjährungsbeginn in Betracht ziehen.
Schlick Wurm Dörr
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 29.11.2005 - 28 O 6761/05 -
OLG München, Entscheidung vom 15.03.2007 - 6 U 3262/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 252/11 Verkündet am:
5. März 2013
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist (hier: Reihenfolge
der Haftung des Gesellschaftsgrundstücks und der quotal haftenden Gesellschafter
eines Immobilienfonds), ist nicht isoliert auf eine bestimmte Formulierung, sondern
auf das Gesamtbild des Prospekts abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung
der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre
vermittelt.
BGH, Urteil vom 5. März 2013 - II ZR 252/11 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und den
Richter Dr. Strohn, die Richterin Dr. Reichart sowie die Richter Born und
Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Kammergerichts vom 1. November 2011 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 28 des Landgerichts Berlin vom 3. März 2011 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger beteiligte sich im Dezember 1993 auf der Grundlage eines Prospekts mit insgesamt 105.000 DM (53.685,65 €) an dem B. Invest-Fonds Nr. 7, einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (künftig: GbR).
2
Auf Seite 34 des Prospekts heißt es unter der Überschrift „Die rechtli- chen Grundlagen der Investition“: Die Haftung der Gesellschafter Die Gesellschafter haften gegenüber Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner. Mit ihrem sonstigen Vermögen haften sie nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft. Diese Haftungsbeschränkung hat die Geschäftsführung/der Geschäftsbesorger der Gesellschaft durch Aufnahme entsprechender Vereinbarungen in die Verträge mit Dritten sicherzustellen. Soweit Gläubiger durch Grundpfandrechte gesichert sind, haftet zunächst das Grundstück - wie auch für öffentliche Lasten - insgesamt. Darüber hinaus haften die Gesellschafter nur quotal entsprechend ihrer Beteiligung.
3
Die GbR nahm zur Objektfinanzierung Kredite auf, die durch Grundschulden besichert wurden. In den Darlehensverträgen mit den finanzierenden Banken wurde die persönliche Haftung der Gesellschafter in einer ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen entsprechenden Höhe vereinbart. Wegen Liquiditätsschwierigkeiten beschlossen die Gesellschafter im Jahr 2009, die Fondsimmobilie zu verkaufen und die Gesellschaft zu liquidieren. Der aus dem Verkauf erzielte Kaufpreis wurde zur teilweisen Tilgung der Darlehensverbindlichkeiten verwendet. Der Kläger zahlte den nach der vorläufigen Berechnung auf ihn entfallenden Verlustanteil von 67.757,42 € und 2010 weitere 15.096,45 €.
4
Der Kläger nimmt den Beklagten als Gründungsgesellschafter nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne auf Schadensersatz in Anspruch mit der Behauptung, der Prospekt sei fehlerhaft, weil er die Haftung der Anleger gegenüber den Gläubigern unzutreffend darstelle. Anders als in den Darlehensverträgen vereinbart, werde in dem Prospekt der Eindruck er- weckt, dass das Fondsgrundstück für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft vorrangig hafte und die Gesellschafter persönlich erst nach seiner Verwertung in Anspruch genommen werden könnten. Zudem werde der Anleger nicht darüber aufgeklärt, dass sich die quotale Haftung für die Darlehensverbindlichkeiten auf einen festen Teilbetrag belaufe, der sich durch Zahlungen der Gesellschaft nicht verringere.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung (67.690,66 € nebst Zinsen zuzüglich 1.761,08 € vorgerichtliche Anwaltskosten) verurteilt und die Verpflichtung des Beklagten festgestellt, den Kläger von jeglichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der GbR freizustellen, jeweils Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus seiner Beteiligung. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision des Beklagten hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils (§ 563 Abs. 3 ZPO).
7
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
8
Ob der Prospekt unrichtig sei, weil der Anleger nicht darüber aufgeklärt werde, dass er in Höhe eines festen Teilbetrags der ursprünglichen Darlehensvaluta unabhängig davon hafte, in welcher Höhe die Gesellschaft zum Zeitpunkt seiner Inanspruchnahme die Darlehensverbindlichkeiten schon getilgt habe, könne dahinstehen, weil dieser Fehler für den Beitritt des Klägers nicht kausal gewesen sei. Der Prospekt sei jedenfalls fehlerhaft, weil er zur Haftungsreihenfolge zumindest missverständliche Angaben mache. Bei dem Anleger werde die unzutreffende Erwartung geweckt, dass das Risiko einer persönlichen Inanspruchnahme für Verbindlichkeiten der Gesellschaft erst dann drohe, wenn die Gesellschaft in Liquidation gerate und das Grundstück verwertet werde. Da die unrichtigen Angaben zur Haftungsreihenfolge für die Anlageentscheidung kausal gewesen seien, sei der Kläger so zu stellen, als wäre er der GbR nicht beigetreten.
9
II. Diese Ausführungen halten revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
10
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft einen Prospektfehler angenommen.
11
Wie der Senat für die - gleichlautende - Formulierung in den Prospekten anderer Immobilienfonds (BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09, BGHZ 188, 233 Rn. 43 ff.; Beschluss vom 10. Juli 2012 - II ZR 246/10, juris Rn. 3, 5; Beschluss vom 21. August 2012 - II ZR 99/11, juris Rn. 3, 5) und - nach Erlass des angefochtenen Urteils - auch für den hier betroffenen Fonds (Beschluss vom 13. November 2012 - II ZR 23/12, juris) ausgesprochen hat, kann dem verwendeten Prospekt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entnommen werden, dass die Gesellschafter mit ihrem persönlichen Vermögen erst nach der Verwertung des Fondsgrundstücks haften. Die vom Kläger beanstandete Formulierung ruft unter Berücksichtigung des sprachlichen Zusammenhangs, der Systematik der Prospektdarstellung und des vom Prospekt vermittelten Gesamtbildes (BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 924) bei einem Anlageinteressenten nicht die - unzutreffende - Vorstellung hervor, dass er von den durch ein Grundpfandrecht gesicherten Banken erst nach Verwertung des Gesellschaftsgrundstücks aus seiner persönlichen Haftung in Anspruch genommen werden kann (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2012 - II ZR 246/10, juris Rn. 5; Beschluss vom 21. August 2012 - II ZR 99/11, juris Rn. 5; Beschluss vom 13. November 2012 - II ZR 23/12, juris). Der Senat kann die Auslegung uneingeschränkt selbst vornehmen, weil der Emissionsprospekt über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet wurde und daher ein Bedürfnis nach einer einheitlichen Auslegung besteht (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2012 - II ZR 294/11, ZIP 2013, 315 Rn. 11 mwN).
12
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts legt der Begriff „zu- nächst“ schon für sich betrachtet nicht ohne weiteres nahe, dass die Bank zu- erst das Fondsgrundstück verwerten muss und die Gesellschafter persönlich erst nach dessen Verwertung in der Liquidation der Gesellschaft in Anspruch nehmen kann. Dem Wort „zunächst“ kommt nicht nur die Bedeutung „zeitlich vorrangig“ zu, sondern es kann auch im Sinne einer abstrakten Reihenfolge bzw. einer Aufzählung zu verstehen sein. So verhält es sich hier. Wie die Revision mit Recht geltend macht, spricht der Umstand, dass auf die Verwendung des Begriffs „zunächst“ mit „darüber hinaus“ fortgefahren wird und keine zeitliche oder eine bestimmte Reihenfolge beschreibende Anknüpfung wie „erst dann“ oder „danach“ folgt, gegendas Verständnis der Formulierung im Sinne einer vorrangigen Verwertung des Fondsgrundstücks.
13
2. Jedenfalls scheidet die Annahme eines Prospektfehlers unter Berücksichtigung des sprachlichen Zusammenhangs, der Systematik der Prospektdarstellung und des vom Prospekt vermittelten Gesamtbildes aus.
14
a) Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist nicht isoliert auf eine bestimmte Formulierung, sondern auf das Gesamtbild ab- zustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre (BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, ZIP 1992, 912, 915; Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 300/05, WM 2007, 1507 Rn. 8; Urteil vom 23. Oktober 2012 - II ZR 294/11, ZIP 2013, 315 Rn. 12) vermittelt (BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 11; Urteil vom 28. Februar 2008 - III ZR 149/07, VuR 2008, 178 Rn. 8; Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 924). Gemessen daran kann dem Prospekt nicht entnommen werden, dass die Gesellschafter erst nach der Verwertung des Fondsgrundstücks haften.
15
b) Gegen die Annahme, den Sätzen 4 und 5 sei eine Haftungsreihenfolge zu entnehmen, spricht schon der Umstand, dass in den ersten beiden Sät- zen des mit „Die Haftung der Gesellschafter“ überschriebenen Abschnitts eben- so wie in den Sätzen 4 und 5 die Haftung mit dem Gesellschaftsvermögen der Haftung mit dem persönlichen Vermögen der Gesellschafter gegenübergestellt wird. Nimmt man nicht nur die vom Berufungsgericht zumindest für missverständlich erachteten Sätze 4 und 5, sondern den gesamten ersten Absatz die- ses Abschnitts in den Blick, steht dem Verständnis des Wortes „zunächst“ als zeitlich vorrangig ferner entgegen, dass Satz 3 die Geschäftsführung/den Geschäftsbesorger lediglich verpflichtet, die in Satz 2 beschriebene, nur quotale Haftung der Gesellschafter mit ihrem persönlichen Vermögen durch Aufnahme entsprechender Vereinbarungen in Verträge mit Dritten sicherzustellen. Wären die Sätze 4 und 5 - wie das Berufungsgericht meint - dahingehend zu verstehen , dass die Gesellschafter mit ihrem persönlichen Vermögen für grundpfandrechtlich gesicherte Forderungen erst nachrangig nach Verwertung des - das wesentliche Vermögen der Gesellschaft darstellenden - Gesellschaftsgrundstücks hafteten, wäre zu erwarten gewesen, dass die Geschäftsführung/der Geschäftsbesorger verpflichtet würden, auch diese Haftungsbeschränkung in Verträgen mit Dritten, insbesondere in den Kreditverträgen mit den finanzierenden Banken, umzusetzen. Dies ist jedoch nicht der Fall.
16
c) Hinzu kommt, dass der Prospekt mehrfach unmissverständlich auf die anteilige, in der Höhe unbeschränkte persönliche Haftung der Gesellschafter hinweist. Von einer Verpflichtung der Gläubiger zur vorrangigen Verwertung des Gesellschaftsvermögens oder einer lediglich nachrangigen Haftung der Gesellschafter mit ihrem persönlichen Vermögen ist an keiner Stelle des Prospekts die Rede. So wird auf Seite 34 am Ende des Abschnitts „Die Haftung der Gesellschafter“ in unmittelbarer räumlicher Nähe zum ersten Absatz des Ab- schnitts ausgeführt, dass die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts „regelmäßig für die Gesellschaftsschulden anteilig in der Höhe unbeschränkt haften“ und „der Gläubiger stets auf das Gesellschaftsvermögenzugreifen kann“. In Übereinstimmung hierzu heißt es in § 8 Nr. 1 und 2 des dem Prospekt als Anlage I beigefügten Gesellschaftsvertrags, dass die Gesellschafter den Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner und mit ihrem sonstigen Vermögen nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft, in der Höhe jedoch unbe- grenzt haften. Auf Seite 44 des Prospekts wird in dem Kapitel „Chancen und Risiken“ lediglich das Recht der Darlehensgeberhervorgehoben, die Immobilie zu verwerten, „sofern die Bedienung der Fremdmittel durch die Grundstücksge- sellschaft nicht möglich ist und auch entsprechende Nachschüsse trotz Ver- pflichtung im Gesellschaftsvertrag nicht durchsetzbar sind“, und erläutert, dass „dieses Risiko auch jene Gesellschafter tragen, die ihre anteiligen Verpflichtungen voll erfüllen“. Von einer Verpflichtung der Banken, das Grundstück vorran- gig zu verwerten, und zu dem damit verbundenen Risiko findet sich in diesem Zusammenhang nichts.
17
d) Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts konnte ein Anleger bei sorgfältiger Lektüre des Prospekts nicht davon ausgehen, eine persönliche Inanspruchnahme für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft sei erst im Falle des Scheiterns der Gesellschaft und deren Liquidation zu befürchten. Einem Anlageinteressenten wurde sowohl durch die im Prospekt auf Seite 34 unter der Überschrift „Gesellschaftskapital, Nachschussverpflichtung“ beschriebene Ver- pflichtung zur Zahlung von Nachschüssen bei Überschreiten der dem Investitionsplan zugrunde gelegten Gesamtkosten als auch durch die in § 8 Nr. 4 des prospektierten Gesellschaftsvertrags geregelte Verpflichtung, Unterdeckungen sowohl aus der Finanzierung des Bauvorhabens als auch aus dessen Bewirtschaftung anteilig zu tragen und auf Anforderung der Geschäftsführung Nachschüsse zu leisten, ungeachtet der Frage der Wirksamkeit dieser Regelung vor Augen geführt, dass eine persönliche Inanspruchnahme für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch vor deren Liquidation in Betracht kam. Dass diese Bestimmungen lediglich Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber den Gläubigern festlegen, ändert daran nichts.
18
3. Ohne Erfolg beruft sich die Revisionserwiderung für ihre Auffassung, die Prospektdarstellung sei unrichtig, darauf, der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs habe diese Sichtweise in seinem Urteil vom 29. September 2009 (XI ZR 179/07, WM 2009, 2210 Rn. 20) für eine gleichlautende Formulierung gebilligt. Der XI. Zivilsenat hat in dem von der Revisionserwiderung angezogenen Urteil nicht selbst geprüft, ob ein Prospektfehler vorliegt. Er hat dieser Entscheidung , die die Klagen von Anlegern gegen eine finanzierende Bank (dortige Beklagte zu 1) betraf, der von den Klägern zur Last gelegt worden war, an der Täuschung der Anleger über die Verwertungsreihenfolge mitgewirkt zu haben, ausdrücklich die Feststellungen des Berufungsgerichts im rechtskräftigen Schlussurteil gegen den dortigen Beklagten zu 2 zugrunde gelegt, dieser habe als Gründungsgesellschafter die Anleger über die Verwertungsreihenfolge getäuscht.
19
III. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
20
1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob der Prospekt auch deshalb fehlerhaft ist, weil er die Anleger nicht darüber aufkläre, dass sie nicht in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der zum Zeitpunkt ihrer Inanspruchnahme noch bestehenden Verbindlichkeiten, sondern in Höhe eines festen Teilbetrags unabhängig davon haften, in welcher Höhe die Gesellschaft die Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Bank zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme aus der persönlichen Haftung getilgt hat.
21
Auch dieser Prospektfehler liegt nicht vor. Wie der Senat für die gleichlautende Formulierung in Prospekten anderer Fonds bereits entschieden hat, konnten die Anleger der Aussage, dass sie mit ihrem persönlichen Vermögen nur quotal haften, nicht entnehmen, dass Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen und die aus seiner Verwertung erzielten Erlöse ihren Haftungsanteil gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft verringern würden (BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 203/08, juris Rn. 14; Beschluss vom 30. März 2009 - II ZR 67/08, juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09, BGHZ 188, 233 Rn. 43, 45; BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 57). Anders als die Revisionserwiderung meint, führt ein solches Verständnis des Begriffs der quotalen Haftung nicht dazu, dass Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen ohne jeden Einfluss auf den Umfang der Haftung des einzelnen Gesellschafters sind. Sie kommen dem einzelnen Gesellschafter in jedem Fall zugute. Im Außenverhältnis verringert sich die persönliche Haftung des einzelnen Gesellschafters, wenn die noch offene Darlehens- schuld unter seinen persönlichen Haftungsbetrag absinkt, was - außer durch Zahlungen anderer Gesellschafter - vor allem durch Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen und dessen Verwertung bewirkt werden kann. Im Innenverhältnis stehen dem Gesellschafter, der aufgrund seiner Außenhaftung an einen Gesellschaftsgläubiger mehr gezahlt hat als seiner Quote an den - unter Berücksichtigung der Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen und der hieraus erzielten Erlöse - noch bestehenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft entspricht, analog § 110 HGB gegen die Gesellschaft und - sofern diese nicht leistungsfähig ist - gegen seine Mitgesellschafter Ausgleichsansprüche zu, soweit diese von einer Inanspruchnahme in Höhe der im Innenverhältnis auf sie entfallenden Haftungsquote befreit wurden (BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 243/09, ZIP 2011, 914 Rn. 40). Nach Auflösung der Gesellschaft findet der Ausgleich unter den Gesellschaftern im Rahmen der Abwicklung des Gesellschaftsvermögens gemäß § 730 ff. BGB statt (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 34).
22
2. Der Prospekt ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht deshalb fehlerhaft, weil er den Anlageinteressenten nicht darüber aufklärt, dass er möglicherweise im Außenverhältnis einen höheren Betrag schuldet als im Innenverhältnis auf ihn entfällt und er insoweit das Risiko der Zahlungsunfähigkeit seiner Mitgesellschafter trägt. Die Sichtweise der Revisionserwiderung lässt unberücksichtigt, dass nach § 9 Nr. 3 des prospektierten Gesellschaftsvertrags (S. 51 des Prospekts) und der beigefügten Mustervollmacht (S. 65) der Anleger die Geschäftsführer bevollmächtigen sollte, ihn entsprechend seiner Quote persönlich zur Zahlung des Darlehensbetrages gegenüber dem Darlehensgeber zu verpflichten und in dieser Höhe der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes privates Vermögen zu unterwerfen. Angesichts dessen musste der Anleger damit rechnen, im Außenverhältnis in Höhe des auf seine Quote entfallenden Betrages zu haften und das Risiko der Zahlungsunfähigkeit seiner Mit- gesellschafter zu tragen, soweit ihm Ausgleichsansprüche gegen diese zustehen.
Bergmann Strohn Reichart
Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 03.03.2011 - 28 O 69/10 -
KG, Entscheidung vom 01.11.2011 - 27 U 63/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 294/11
Verkündet am:
23. Oktober 2012
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Emissionsprospekt ist auch dann fehlerhaft, wenn der Umfang der Pflichten eines
Mietgaranten nicht so eindeutig festgelegt ist, dass darüber kein Streit entstehen
kann, und die Anleger auf das Risiko einer für den Fonds ungünstigen Auslegung
nicht hingewiesen werden.
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2012 - II ZR 294/11 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den
Richter Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie den Richter
Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 14. Februar 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisions- und des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Ehemann der Klägerin beteiligte sich im Jahr 1995 über eine Treuhandkommanditistin mit 200.000 DM zuzüglich 10.000 DM Agio an der B.

LBB Fonds Fünf (im Folgenden: Fonds). Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes gegen die Beklagte als Gründungskommanditistin Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren und weiteren Sinne geltend. Die Beklagte begehrt im Wege der Hilfswiderklage die Feststellung, dass sich die Klägerin alle Ausschüttungen und Steuervorteile im Zusammenhang mit der Anlage anrechnen lassen muss.
2
Das Landgericht hat der Klage überwiegend und der Widerklage in vollem Umfang stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
4
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
5
Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinne seien verjährt. Aber auch aus Prospekthaftungsansprüchen im weiteren Sinne sei die Klage unbegründet.
6
Ob die Übertragung der Gesellschafterstellung vom Ehemann der Klägerin (im Folgenden einheitlich: Klägerin) auf die Klägerin etwaige Schadensersatzansprüche umfasse, könne offen bleiben. Denn jedenfalls sei der Prospekt überwiegend nicht fehlerhaft, und soweit er Fehler aufweise, seien diese entweder nicht ursächlich für den Beitritt der Klägerin oder die Beklagte treffe kein Verschulden. Über die Frage, ob unter die Mietgarantie auch die leerstandsbedingten Nebenkosten fielen, sei in dem Prospekt nicht unzutreffend informiert worden. Jedenfalls treffe die Beklagte kein Verschulden. Die Mietgarantin habe insoweit zunächst Zahlungen geleistet und sich erst nach Jahren auf den Standpunkt gestellt, die Mietgarantie erfasse die Nebenkosten nicht.
7
II. Diese Ausführungen halten revisionsgerichtlicher Kontrolle nicht in allen Punkten stand.
8
Der Prospekt ist hinsichtlich der Angaben zum Umfang der Mietgarantie fehlerhaft, und die Beklagte trifft insoweit auch ein Verschulden.
9
1. Die Prospektangaben zu dem Mietgarantievertrag sind unzureichend, weil sie auf eine falsche Risikoverteilung hinsichtlich der leerstandsbedingten Nebenkosten schließen lassen, soweit die Mietflächen nicht unter den Generalmietvertrag fallen.
10
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088; Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 18; Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030 Rn. 9; Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 13 ff.). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 12; Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1853; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088). Beruht der wirtschaftliche Anlageerfolg eines geschlossenen Immobilienfonds allein auf der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Vermietung oder Verpachtung von Anlageobjekten, so ist in dem Anlageprospekt deutlich auf mögliche, der Erreichbarkeit dieser Einnahmen entgegenstehende Umstände und die sich hieraus für den Anleger ergebenden Risiken hinzuweisen (BGH, Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106).
11
b) Diesen Anforderungen wird der verwendete Prospekt nicht gerecht. Der Senat kann die Auslegung uneingeschränkt selbst vornehmen, weil der Emissionsprospekt über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet wurde und daher ein Bedürfnis nach einer einheitlichen Auslegung besteht (BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, ZIP 2007, 871 Rn. 6; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 46; Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 14).
12
Der Prospekt klärt den Anleger auch unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, ZIP 1992, 912, 915; Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 300/05, WM 2007, 1507 Rn. 8) nicht zutreffend über die Risikoverteilung hinsichtlich der leerstandsbedingten Nebenkosten auf, soweit Mietflächen nicht unter den Generalmietvertrag fallen. Wie der Senat bereits entschieden hat, erweckt der Prospekt den Eindruck, dass leerstandsbedingte Nebenkosten bei den der Mietgarantie unterfallenden Flächen nicht dem Fonds zur Last fallen, sondern wie bei den dem Generalmietvertrag unterfallenden Flächen von dem Mieter bzw. Garanten zu tragen sind (BGH, Urteile vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 15 ff. und II ZR 118/10, juris Rn. 14 ff.; s. auch Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 30/10, juris Rn. 14 zu LBB-Fonds 6; Be- schluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 33 ff. zu LBBFonds 13). Die Begriffe Generalmietvertrag und Mietgarantie werden in dem Prospekt unterschiedslos nebeneinander verwendet. Dies musste bei dem Anleger den Eindruck hervorrufen, die durch die Verträge gewährleistete Mietsicherheit sei bei beiden Vertragsarten deckungsgleich.
13
Ob das tatsächlich der Fall ist oder ob sich die Mietgarantin zu Recht unter Bezug auf das von ihr eingeholte Rechtsgutachten vom 1. Juni 2004 auf den Standpunkt stellt, die Nebenkosten nicht zu schulden, muss hier nicht entschieden werden. Denn der Prospekt war in jedem Fall unrichtig, weil die Übernahme der umlagefähigen Nebenkosten durch die Mietgarantin in dem Vertragswerk jedenfalls nur unzureichend umgesetzt war. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich die Mietgarantin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts später auf den Standpunkt stellen konnte, im Rahmen der Mietgarantie nicht zum Ausgleich leerstandsbedingter Nebenkosten verpflichtet zu sein, ohne dass diese durch ein Rechtsgutachten untermauerte Auffassung der Mietgarantin auch unter Berücksichtigung des bis dahin gegenteiligen gemeinsamen Verständnisses als offensichtlich haltlos zurückgewiesen werden konnte. Regelte der Mietgarantievertrag die Übernahme der leerstandsbedingten Nebenkosten aber jedenfalls insoweit nicht hinreichend deutlich, so liegt eine die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1 Satz 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB begründende Pflichtverletzung schon darin, dass die Beklagte weder für eine deutlichere Fassung des Mietgarantievertrags Sorge getragen hat, die derartige, nicht ohne weiteres ausräumbare Zweifel an der Verpflichtung der Mietgarantin zur Zahlung auch der Nebenkosten verhindert hätte, noch die Anlageinteressenten auf die Gefahr einer gegenteiligen Auslegung des Vertrages durch die Mietgarantin hingewiesen hat (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 765; Urteil vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Rn. 9).
14
2. Dieser Prospektfehler ist erheblich. Es ist ein die Werthaltigkeit der Anlage entscheidend beeinflussender Faktor, dass der Fonds bei den Wohnungen , die unter den Mietgarantievertrag fallen, mit den leerstandsbedingten Nebenkosten belastet werden kann, weil ein Anspruch aus dem Mietgarantievertrag gegen die Mietgarantin nicht gegeben ist oder jedenfalls die ernstliche Gefahr besteht, dass ein solcher Anspruch aufgrund einer nicht hinreichend deutlichen Fassung des Vertrags wegen erheblicher rechtlicher Zweifel tatsächlich nicht durchgesetzt werden kann. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung musste die Klägerin dafür nicht darlegen, wie hoch das wirtschaftliche Risiko der leerstandsbedingten Nebenkosten im Einzelnen zu bemessen ist. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Mietnebenkosten regelmäßig einen nicht unerheblichen Teil der Miete ausmachen (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 30/10, juris Rn. 15; Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 35). Das gilt auch für Leerstände. Dabei muss auch im Hinblick auf das von der Revisionserwiderung angeführte Investitionsvolumen von über 1 Mrd. DM für den Gesamtfonds nicht für jede einzelne Fondsimmobilie festgestellt werden, ob sie unter den Generalmietvertrag oder unter die Mietgarantie fällt, da unstreitig beide Verträge angewandt wurden (vgl. BGH, Urteil v. 23. April 2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 17).
15
3. Damit kommt es auf die Frage, ob der Prospekt noch weitere Unrichtigkeiten aufweist, nicht an.
16
4. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht festgestellt, ob dieser Prospektfehler für den Beitritt des Ehemanns der Klägerin ursächlich geworden ist. Das wird es in der neu eröffneten mündlichen Verhandlung nachzuholen haben.
17
5. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Beklagte jedenfalls kein Verschulden an dem Prospektfehler treffe.
18
Bei der Haftung aus § 280 Abs. 1 Satz 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB wird das Verschulden des pflichtwidrig handelnden Schuldners gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Es ist also Sache der Beklagten, Umstände darzulegen, aus denen sich ergibt, dass sie den Prospektfehler und damit die Falschberatung der Klägerin ausnahmsweise nicht verschuldet hat.
19
Dafür genügt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, dass sich die Beklagte auf die anfängliche Zahlung der Nebenkosten durch die Mietgarantin beruft. Denn der Beklagten wird gerade zur Last gelegt, dass sie weder für eine deutlichere, abweichende Auslegungen - auch erst später - nicht zulassende Formulierung des Mietgarantievertrages gesorgt noch die Anleger auf das bestehende Risiko einer abweichenden Auslegung hingewiesen hat.
20
Danach wäre die Beklagte nur dann entschuldigt, wenn sie mit einer Auslegung des Vertrages, wie sie jetzt von der Mietgarantin vertreten wird, nicht hätte rechnen können. Dazu hat das Berufungsgericht keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Der bloße Hinweis auf die - möglicherweise rechtsirrtümliche - Praxis der Vorjahre genügt insoweit nicht. Eine solche Annahme liegt auch nicht nahe. Zwar mag sich die Beklagte insoweit in einem Rechtsirrtum befunden haben. Ein Rechtsirrtum wirkt aber nur dann entschuldigend, wenn er seinerseits nicht verschuldet ist. Daran stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen (BGH, Urteil vom 11. Januar 1984 - VIII ZR 255/82, BGHZ 89, 296, 303; Urteil vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, ZIP 1994, 1350; Urteil vom 20. September 2011 - II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097 Rn. 16). Es ist nicht ersichtlich , dass diese hier erfüllt wären.
21
III. Damit ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
22
Für das weitere Verfahren verweist der Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 29 ff..
Bergmann Strohn Caliebe Reichart Sunder
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 29.09.2009 - 38 O 490/08 -
KG, Entscheidung vom 14.02.2011 - 26 U 210/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 300/05 Verkündet am:
14. Juni 2007
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Haftung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für einen fehlerhaften
Prospektprüfungsbericht, wenn der Prospekt die Prüfung ankündigt und mitteilt
, dass der Vertrieb den Bericht ernsthaften Interessenten auf Anforderung
zur Verfügung stellen soll und der Anleger den Bericht vor seiner Anlageentscheidung
erhalten hat.
BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 300/05 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Wöstmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. Juni 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger zeichnete am 16. November 2000 - unter Einschaltung der D. GmbH als Treuhänderin - eine Kommanditeinlage über 100.000 DM zuzüglich 5.000 DM Agio an dem Filmfonds Vif Babelsberger Filmproduktion GmbH & Co. Dritte KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft). Die Fondsgesellschaft geriet im Jahr 2002 im Zusammenhang mit der Insolvenz der TiMe Filmund TV-Produktions GmbH, der Produktionsdienstleisterin der Vif- und VIPFondsgesellschaften , in eine wirtschaftliche Schieflage. Es stellte sich heraus, dass an die Produktionsdienstleisterin überwiesene Gelder nicht zurückzuerlangen waren und Erlösausfallversicherungen für aufgenommene Produktionen nicht abgeschlossen waren. In der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Fondsgesellschaft vom 5. September 2002 stimmten die Gesellschafter für ein Vergleichsangebot des britischen Versicherungsunternehmens Royal & Sun Alliance, das eine Freistellung des Versicherers von allen tatsächlich und möglicherweise bestehenden Ansprüchen gegen Zahlung von 6,171 Mio. € für vier verschiedene Fonds, darunter die Fondsgesellschaft, vorsah. Im Zuge der genannten Schwierigkeiten wurde in die Fondsgesellschaft anstelle der Vif Filmproduktion GmbH eine neue Komplementärin, die Vif Distribution GmbH, aufgenommen.
2
Wegen behaupteter Mängel des Prospekts begehrt der Kläger Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung Rückzahlung des eingezahlten Betrags von 53.685,65 € nebst Zinsen. Der Kläger hält die Beklagte zu 1 - Tochtergesellschaft einer international tätigen Großbank - als (Mit-)Initiatorin und Hintermann für prospektverantwortlich. Sie war von der Fondsgesellschaft mit der Beratung bei der Auswahl und Heranziehung potentieller Vertragspartner und der Optimierung des gesamten Vertragswerks sowie der gesamten Koordination des Eigenkapitalvertriebs und von der Vif Medienkonzeptions GmbH, der Herausgeberin des Prospekts, mit der Erstellung eines Prospektentwurfs beauftragt worden und nahm als Einzahlungstreuhänderin für die Fondsgesellschaft die Gelder der Anleger entgegen. Die Beklagte zu 2, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, nimmt der Kläger wegen behaupteter Fehler bei der ihr von der Beklagten zu 1 aufgetragenen Prüfung des Prospekts sowie im Zusammenhang mit der von ihr wahrgenommenen Mittelverwendungskontrolle in Anspruch.
3
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


5
Das Berufungsgericht verneint Schadensersatzansprüche des Klägers, weil der Prospekt nicht unrichtig sei. Berücksichtige man den Inhalt des Prospekts insgesamt, entstehe nicht der Eindruck, dass das Sicherheitsnetz für die Beteiligung lückenlos sei und das Verlustrisiko maximal 21,6 v.H. des angelegten Betrags ausmache. Bei verständiger Würdigung ergebe sich insbesondere, dass das Unternehmenskonzept den (künftigen) Abschluss von Erlösausfallversicherungen vorsehe und nicht, dass solche Versicherungen bereits abgeschlossen seien. Es könne offen bleiben, ob der Vortrag des Klägers zutreffe, schon zum Zeitpunkt seines Beitritts seien eintrittsbereite Erlösausfallversicherungen kaum zu erlangen gewesen. Ein generelles Risiko müsse im Prospekt nur angegeben werden, wenn es auch den konkreten Fall betreffe. Hier sei es aber den Initiatoren der Fondsgesellschaft gelungen, zumindest für drei Vorgängergesellschaften einen Rahmenvertrag für solche Erlösausfallversicherungen zu schließen. Selbst wenn dieser Rahmenvertrag die Fondsgesellschaft nicht umfasst habe, wie der Kläger behaupte, sei nicht ersichtlich, dass dieses generelle Risiko für die Initiatoren bestanden habe. Denn es sei nicht vorgetragen , dass der Rahmenversicherer nicht bereit gewesen sei, Produktionen der Fondsgesellschaft zu versichern. Die Mittelverwendungskontrolle als Sicherheitsvorkehrung sei - neben der hiervon zu unterscheidenden Mittelfreigabe durch eine Fachkommission und weiteren Kontrolleinrichtungen - im Prospekt gut lesbar als nachträgliche Kontrollmaßnahme ausgestaltet und generell geeignet , das Risiko missbräuchlicher Geldverwendung zu senken. Die Restrisikobetrachtung auf Seite 38 des Prospekts könne zwar isoliert betrachtet den Eindruck vermitteln, der Anleger gehe kein höheres Risiko ein, als 21,6 v.H. des von ihm gezahlten Betrags zu verlieren. Es liege jedoch auf der Hand, dass dies nur bei - dem erst noch vorzunehmenden - Abschluss einer entsprechenden Versicherung gelte. Mangels eines Prospektfehlers lasse sich aus der Prospektprüfung eine Haftung der Beklagten zu 2 nicht ableiten. Einen auf einer möglicherweise unzulänglichen Mittelverwendungskontrolle beruhenden Schaden habe der Kläger nicht dargestellt.
6
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem maßgebenden Punkt nicht stand.

II.


7
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Vorinstanzen, dass der Prospekt nicht zu beanstanden sei.
8
1. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGHZ 79, 337, 344; 116, 7, 12; 123, 106, 109 f; BGH, Urteile vom 29. Mai 2000 - II ZR 280/98 - NJW 2000, 3346; vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 7). Dazu gehört eine Aufklärung über Um- stände, die den Vertragszweck vereiteln können (vgl. BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89 - NJW 1992, 228, 230 ). Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81 - NJW 1982, 2823, 2824). Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen allerdings eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - NJW-RR 1992, 879, 881).
9
2. Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Bei seiner Sicht berücksichtigt es nämlich nicht hinreichend den sich für einen durchschnittlichen Anleger aufdrängenden Gesamteindruck, dass er mit seiner Beteiligung ein begrenztes Risiko eingehe.
10
a) Geht man von verschiedenen Einzelaussagen des Prospekts zu den Risiken des Filmfonds aus, gewinnt eine positive Grundstimmung für den Anleger die Oberhand, die das Gesamtbild eines insgesamt nur begrenzten wirtschaftlichen Risikos vermittelt.
11
In den Leitgedanken des Prospekts (S. 3) wird hervorgehoben, dass der Zeichner eines unternehmerischen Medienfonds in eine faszinierende Welt mit einzigartigen Gewinnperspektiven einsteige. Nicht ohne Grund werde der Film als das Öl des 21. Jahrhunderts bezeichnet, ein Vergleich, der allerdings auch üblicherweise für das Verlustrisiko gelte, nicht jedoch bei diesem Unternehmen. Denn das Risiko werde durch ein Sicherheitsnetz begrenzt, das aus präzise definierten Kriterien für das Tätigen einer Investition und aus einem intelligenten Konzept von Versicherungen und aus einer breiten Risikostreuung bestehe. Auf Seite 7 des Prospekts werden die Risiken der Beteiligung stichwortartig angesprochen , darunter Produktionskostenüberschreitungen, mangelhafte Verwertungserlöse und Managementfehler, die dazu führen könnten, dass die Produktion nicht die erwarteten Einspielergebnisse erbringe und dadurch im Extremfall das eingesetzte Kapital vollständig verloren sei. Auf derselben Seite heißt es, dass zur Absicherung der Risiken eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden sei, darunter eine Versicherung zur Sicherung der Fertigstellung von Produktionen und eine Erlös-Versicherung, die den Rückfluss von mindestens 75 v.H. der Nettoproduktionskosten absichere.
12
Der Senat folgt dem Berufungsgericht in seiner Beurteilung, dass aus der Verwendung des Präteritums (wurde … getroffen) der Anleger bei verständiger Würdigung des weiteren Prospektinhalts nicht schließen kann, dass eine solche Versicherung bereits im Zeitpunkt seiner Anlageentscheidung abgeschlossen war. Denn auf Seite 10 wird im Abschnitt "Investitionskriterien" unter anderem die "Erlös-Ausfallversicherung" näher behandelt. Dort heißt es, dass die Gesellschaft für die von ihr investierten Mittel in der Regel bei einer Versicherung mit guter Bonität für jede Co-Produktion eine gesonderte Erlös-Versicherung abschließen werde, wobei der Gegenstand dieser Versicherung und der Betrag des versicherten Risikos näher beschrieben werden. Derselbe Abschnitt enthält hinsichtlich weiterer Einzelheiten zum Unternehmenskonzept und zu den Investitionskriterien eine Bezugnahme auf die §§ 9 und 19 des Gesellschaftsvertrages , aus deren Lektüre sich (noch einmal) ergibt, dass für jede Filmproduktion eine Erlösausfallversicherung abzuschließen ist, was die persönlich haftende Gesellschafterin sicherzustellen hat. Soweit diese im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Mechanismen der Sicherung nach der Beitrittsentscheidung des Anlegers nicht beachtet worden sind, begründet dies -für sich genommen - eine Haftung der Prospektverantwortlichen nicht.
13
b) Unberührt hiervon bleibt jedoch der Eindruck, dass die Erlösausfallversicherung in dem Prospekt als ein zentrales Sicherungsmittel herausgestellt wird, um Anleger für den Medienfonds zu gewinnen. Auch wenn der Prospekt bereits auf Seite 4 in einer Vorbemerkung verdeutlicht, sinnvollerweise solle dieses Angebot von Anlegern mit hohem Einkommen bzw. Vermögen als Beimischung zu einem insgesamt breit gestreuten Anlageportfolio gezeichnet werden - und damit bei einer Mindesteinlage von 100.000 DM und dem Hinweis auf eine breite Streuung offenbar nur "Millionäre" ansprechen will -, stellt er dem ein Sicherungskonzept entgegen, das das übliche Risiko solcher Unternehmungen bei diesem Fonds durch ein Sicherheitsnetz begrenzt (S. 3). Ebenso klar ist, dass die Erlösausfallversicherung die ihr zugedachte Sicherungsfunktion nur dann voll erfüllen kann, wenn sie vor einem Abfluss der Mittel für die CoProduktionen aus der Fondsgesellschaft abgeschlossen ist. Die wesentliche Bedeutung der Erlösausfallversicherung in diesem Zusammenhang wird ferner dadurch besonders herausgestellt, dass der Prospekt im Abschnitt "Risiken der Beteiligung" auf der Grundlage einer Beteiligung von 100.000 DM und einem persönlichen Steuersatz von 51 v.H./48,5 v.H. (2000/2003) eine "Restrisiko-Betrachtung" anstellt, die als "worst-case-Szenario" bezeichnet wird und mit dem Ergebnis schließt, nach Ansicht des Prospektherausgebers werde das Vermögensverlustrisiko des Anlegers in diesem ungünstigsten Fall auf ein Maximum von ca. 21,6 v.H. beschränkt (S. 38). In diesem Abschnitt werden zwar auch andere Risiken angesprochen, darunter das Produktionskostenrisiko, das Risiko , dass gebundenes Kapital erst verzögert investiert werden kann, weil im laufenden Geschäftsjahr nicht genügend aussichtsreiche Projekte zur Verfügung stehen, das als von untergeordneter Bedeutung bezeichnete Wechselkursrisiko, Managementfehler in Bezug auf Fehlentscheidungen bei künftigen Projekten und der allgemeine Risiko-Hinweis, nicht vorhersehbare zukünftige Entwicklungen und Ereignisse könnten die geplanten Ergebnisse negativ beeinflussen und zu einer möglichen Minderung der erwarteten Erträge und im Extremfall auch zu Vermögensverlusten führen (S. 36, 37).
14
c) Der Senat hält diese Risikodarstellung aber nicht für hinreichend eindeutig. Der im Abschnitt "Projekt im Überblick" enthaltene Hinweis (S. 7), das Risiko der Beteiligung liege im Wesentlichen darin, dass die Produktionen nicht die erwarteten Einspielergebnisse erbringen könnten und dadurch im Extremfall das eingesetzte Kapital vollständig verloren sei, wird in dieser Form bei der Betrachtung der Risiken der Beteiligung (S. 36 f) nicht wiederholt, obwohl (vor allem ) hier der Platz für eine entsprechende Klarstellung gewesen wäre. Der Senat hält eine solche Klarstellung deshalb für geboten, weil bei der Darstellung des Projekts im Überblick (S. 7) und bei den Leitgedanken (S. 3) zugleich Sicherungsmaßnahmen angeführt werden, die für eine Risikobegrenzung, also das Gegenteil eines Totalverlustes, sprechen. Diese Risikobegrenzung ist auch der vorherrschende Eindruck, wenn man den Abschnitt "Risiken der Beteiligung" liest. Denn nach der Einzeldarstellung verschiedener Risiken, die an keiner Stelle einen Hinweis auf die Möglichkeit eines Totalverlustes enthält, wird an das Ende dieses Abschnitts - eingeleitet durch die Wendung "Zusammenfassend bleibt festzuhalten" - das worst-case-Szenario mit der angeführten Restrisikobetrachtung entwickelt. Das löst bei einem hinreichend sorgfältigen und kritischen Leser des Prospekts die nächstliegende Vorstellung aus, im Extremfall (worst case, ungünstigster Fall) müsse er mit einem Vermögensverlust in der angegebenen Größenordnung rechnen. Dass sich bei einer am Buchstaben haftenden Betrachtung das Rechenbeispiel auf den Verwertungser- folg der Produktionen und damit auf das Verwertungsrisiko beschränkt, tritt bei der Art der gewählten Darstellung nicht hinreichend deutlich hervor.
15
3. Angesichts des vorstehend beschriebenen Prospektmangels kann offen bleiben, ob der Vortrag des Klägers zutrifft, schon im Zeitpunkt seines Beitritts sei eine eintrittsbereite Erlösausfallversicherung kaum zu erlangen gewesen.

III.


16
Eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1 für diesen Prospektmangel lässt sich nach dem derzeitigen Sachstand nicht ausschließen.
17
Zwar ist die Beklagte zu 1 nach Ziffer 3.4.1 und 3.5 des Prospekts (S. 18, 21) nicht dessen Herausgeber, sondern die Vif Medienkonzeptions GmbH. Der Kläger hat jedoch geltend gemacht, die Beklagte zu 1 komme als Hintermann oder Mitinitiatorin als Prospektverantwortliche in Betracht. Dies bedarf der weiteren tatrichterlichen Klärung. Der Senat hat in zwei Parallelverfahren, die dieselbe Beteiligung betreffen und in denen die Anleger weitgehend einheitlich vorgetragen haben, eine Prospektverantwortlichkeit der Beklagten zu 1 - unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Haftung nach §§ 31, 826, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB - für möglich gehalten. Auf die in diesen Verfahren ergangenen Urteile vom 14. Juni 2007 (III ZR 125/06 und III ZR 185/05) nimmt er für das weitere Verfahren Bezug.

IV.


18
Eine Haftung der Beklagten zu 2 kommt wegen einer Verletzung des Prospektprüfungsvertrags in Betracht.
19
1. Grundlage hierfür ist der Auftrag der Beklagten zu 1, das vorliegende Beteiligungsangebot nach Maßgabe der Stellungnahme des Wohnungswirtschaftlichen Fachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (WFA 1/1987) und des Entwurfs des IDW Standards "Grundsätze ordnungsmäßiger Beurteilung von Prospekten über öffentlich angebotene Kapitalanlagen (IDW ES 4)" in der Fassung vom 24. Februar 2000 zu beurteilen. Aufgabe der Prospektbeurteilung ist vor allem eine nähere Prüfung und Darlegung, ob der Prospekt die aus der Sicht eines verständigen und durchschnittlich vorsichtigen Anlegers für eine Anlageentscheidung erheblichen Angaben mit hinreichender Sicherheit vollständig und richtig enthält und ob diese Angaben klar, eindeutig und verständlich gemacht werden. Auf die Durchführung einer Prospektbeurteilung wird der Anleger in Ziffer 6.7 (S. 39 des Prospekts) hingewiesen , in der es heißt: "Eine namhafte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist mit der Beurteilung des Prospektes beauftragt worden und wird über das Ergebnis einen Bericht erstellen. Der Bericht wird nach Fertigstellung den von den Vertriebspartnern vorgeschlagenen ernsthaften Interessenten auf Anforderung zur Verfügung gestellt."
20
2. Nach dem gegenwärtigen Sachstand ist nicht auszuschließen, dass die Beklagte zu 2 diesen Prüfvertrag verletzt hat. Die Beklagte zu 2 macht zwar auf verschiedene Passagen in ihrem Prospektprüfungsgutachten aufmerksam, die für sich gesehen inhaltlich nicht zu beanstanden sind. So wird an mehreren Stellen darauf hingewiesen, dass der Anleger eine unternehmerische Beteili- gung eingehe, deren Risiko trotz der in dem Beteiligungsangebot angelegten Sicherungsinstrumente vor allem im Marktrisiko bestehe (S. 2). Im Zusammenhang mit der Behandlung von Erlösausfallversicherungen kommt zum Ausdruck , dass deren Abschluss in der näher beschriebenen Größenordnung zur Risikoabsicherung beitragen solle, dass die Fondsgesellschaft und die Anleger aber das unternehmerische Risiko trügen, dass sich die Verwertung der Filme schlechter als prospektiert entwickle (S. 6). Zu den Risiken und ihrer Absicherung wird die Restrisiko-Betrachtung auf S. 38 des Prospekts näher beleuchtet, die für das aus Sicht des Prospektherausgebers wesentliche Risiko des Verwertungserfolges der Filme ein worst-case-Szenario darstelle. Auf der Basis dieser Betrachtung sei das Risiko des Anlegers für den Fall, dass Erlöse nur aus den Erlösausfallversicherungen generiert werden könnten, ceteris paribus auf 21,6 v.H. der zu leistenden Einlage (inklusive Agio) beschränkt (S. 17 f.). Aus diesen Ausführungen wird jedoch nicht hinreichend deutlich, dass der Prospekt, wie oben zu II 2 c näher ausgeführt, den Eindruck vermittelt, der Anleger gehe - trotz der Risiken einer unternehmerischen Beteiligung - ein insgesamt nur begrenztes Risiko ein. Hiergegen kann die Beklagte zu 2 auch nicht anführen, sie habe in ihrem Gutachten (S. 37) darauf hingewiesen, dass sich abzuschließende Coproduktions- und Vermarktungsverträge und Completion Bond- und Erlösausfallversicherungen noch in der Verhandlungsphase befänden bzw. erst später abgeschlossen würden und deshalb für ihre Beurteilung nicht zur Verfügung gestanden hätten.
21
3. Auf die Verletzung des Prospektprüfungsvertrag kann sich auch der Kläger als vertragsfremder Dritter berufen, denn er ist nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in den Schutzbereich dieses Vertrags einzubeziehen (vgl. Senatsurteile BGHZ 127, 378, 380; 138, 257, 261; vom 15. Dezember 2005 - III ZR 424/04 - NJW-RR 2006, 611, 612 Rn. 12; BGHZ 167, 155, 161 f Rn. 12; Urteile des X Zivilsenats BGHZ 145, 187, 197 f; 159, 1, 4 f; vom 8. Juni 2004 - X ZR 283/02 - NJW 2004, 3420, 3421). Die Beklagte zu 2 wird, was für die Einbeziehung der Anleger in den Schutzbereich des Prospektprüfungsvertrags entscheidend ist, durch die oben wiedergegebene Formulierung auf S. 39 des Prospekts hinreichend darauf hingewiesen, dass ihr Bericht ernsthaften Interessenten auf Anforderung zur Verfügung gestellt wird, um - was sich hieraus ohne weiteres ergibt - Grundlage für deren Anlageentscheidung zu werden (vgl. auch BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 aaO für eine ähnliche Formulierung im Prospekt). Darüber hinaus war ihr bekannt, dass die Beklagte zu 1 ihr diesen Auftrag als Vertriebsorganisation erteilte, also zu dem Zweck, mit dem Prospekt Anleger für eine Beteiligung zu gewinnen. Der Anspruch aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kann auch dann bestehen, wenn der Anleger einen in der Sache nicht gleichwertigen Prospekthaftungsanspruch gegen den Prospektherausgeber hat. Insoweit schließt sich der Senat den vom X. Zivilsenat hierfür angeführten Gründen an (vgl. Urteil vom 8. Juni 2004 aaO). Wie der Kläger vorgetragen und belegt hat, hat er sich das Prospektprüfungsgutachten durch seinen Vermittler eine Woche vor Zeichnung seiner Beteiligung übersenden lassen. Er hat weiter behauptet, das Gutachten sei ebenfalls mit für seine Anlageentscheidung ausschlaggebend gewesen. Sollte sich das Berufungsgericht hiervon überzeugen - die Beklagte zu 2 hat die Kausalität bestritten -, spricht eine auf die Lebenserfahrung gegründete tatsächliche Vermutung dafür, dass sich der Kläger bei einer deutlichen Aufdeckung des Risikos eines Totalverlustes gegen eine Beteiligung entschieden hätte (vgl. Senatsurteile vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 685, 688 Rn. 24, 28; vom 22. März 2007 - III ZR 218/06 - ZIP 2007, 871, 872 Rn. 11).
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Wöstmann

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.10.2004 - 28 O 10307/04 -
OLG München, Entscheidung vom 20.06.2005 - 21 U 5633/04 -

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.

(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.

(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.

(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.

(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.

(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 69/12 Verkündet am:
14. Mai 2012
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Gründungsgesellschafter, der sich zu den vertraglichen Verhandlungen über den
Beitritt eines Anlegers zu einer Fondsgesellschaft eines Vertriebs bedient und diesem
oder von diesem eingeschalteten Untervermittlern die geschuldete Aufklärung
der Beitrittsinteressenten überlässt, haftet für deren unrichtige oder unzureichende
Angaben.
BGH, Urteil vom 14. Mai 2012 - II ZR 69/12 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 14. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Bergmann und die Richterin Caliebe sowie die Richter Dr. Drescher,
Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 7. November 2008 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 18. März 2008 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die die Streithelferinnen tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung einer Beteiligung an der D. AG & Co. KG. Die Beklagte ist Gründungs- und Treuhandkommanditistin dieser Kommanditgesellschaft.
2
Die Klägerin und ihr Ehemann zeichneten am 9. Oktober 1996 Anteile an diesem Fonds, vermittelt durch den Anlagevermittler K. , und beauftragten die Beklagte als Treuhänderin, eine Beteiligung an dem Fonds als Treuhandkommanditistin in Höhe einer Gesamteinlage von 100.000 DM zu begründen und zur Finanzierung zuzüglich des Agios ein Darlehen zu den jeweils gültigen Konditionen bei den finanzierenden Kreditinstituten aufzunehmen. Die Beklagte schloss zur Finanzierung der Fondsanlage im November 1996 im Namen der Klägerin und ihres Ehegatten einen Darlehensvertrag mit der Landeskreditbank Baden-Württemberg über 106.600 DM. Die Klägerin und ihr Ehemann zahlten bis März 2004 insgesamt 35.273,76 € in Raten an die L. bank B. und - nach einer Umschuldung - 10.290 € an die V. bank P. . Sie erhielten Ausschüttungen in Höhe von 19.847,49 € und erzielten Steuervorteile über insgesamt 10.940,09 €.
3
Die Klägerin hat mit der Behauptung, sie und ihr Ehemann seien durch die unzutreffende Information des Anlagevermittlers K. , die Anlage sei eine gute Rentenanlage, die todsicher eine gute Rendite erwirtschaften würde und keinerlei Risiken aufweise, zum Abschluss des Treuhandvertrages und zur Zeichnung des Fonds veranlasst worden, von der Beklagten die Zahlung von 14.812,18 € nebst Zinsen und Freistellung von den Darlehensverpflichtungen Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile an der D. AG & Co. KG verlangt.
4
Das Landgericht hat die Beklagte bis auf einen Teil der Zinsen antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin.
5
Nach Zulassung der Revision wurde über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 3. Januar 2012 wurde es wegen Masseunzulänglichkeit eingestellt. Im Revisionsverfahren sind die Streithelferinnen, die mit der Beklagten einen Vermögensschadenshaftpflichtvertrag abgeschlossen haben, dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Revisionsverfahren ist fortzusetzen, weil infolge der Einstellung des Insolvenzverfahrens nach § 211 Abs. 1 InsO die Unterbrechung gemäß § 240 Satz 1 ZPO beendet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 1989 - VII ZR 115/89, ZIP 1989, 1411).
7
II. Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
8
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Landgericht habe das Verhalten des Vermittlers K. , der fehlerhaft aufgeklärt habe, der Beklagten zu Unrecht gemäß § 278 BGB zugerechnet. Der Vermittler sei nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagten gewesen. Die Tätigkeit des Erfüllungsgehilfen müsse sich als eine vom Schuldner gewollte Mitwirkung bei der Vertragserfüllung darstellen. Die Beklagte hafte zwar für fehlerhafte oder unzutreffende Angaben in dem von ihr mitverantworteten Anlageprospekt ebenso wie für Angaben von Vertriebsbeauftragten oder anderen Personen in ihrem Verantwortungsbereich. Da der Prospekt aber nicht fehlerhaft gewesen sei, sondern zutreffend über Chancen und Risiken der beabsichtigten Beteiligung informiert habe, habe keine Pflicht der Beklagten bestanden, auf fehlerhafte oder unvollständige Prospektangaben hinzuweisen. Es habe auch eine Pflicht der Beklagten bestanden, irreführende Angaben von Mitarbeitern des Vertriebs richtigzustellen. Dies habe jedoch zur Voraussetzung, dass ihr ein solcher Umstand bekannt gewesen sei. Im Rahmen des Vertriebs der Anlage selbst sei der Vermittler K. nicht im Verantwortungsbereich oder Pflichtenkreis der Beklagten tätig gewesen. Die Beklagte sei mit dem Vertrieb der Fondsbeteiligung nicht befasst gewesen, dies sei vielmehr laut Prospekt Aufgabe der E. GmbH gewesen. Der Vermittler sei daher nicht von der Beklagten eingeschaltet gewesen, die sich auch nicht die Vorteile der Arbeitsteilung zunutze gemacht habe. Ein Anlageberatungsverhältnis der Klägerin und ihres Ehemanns mit der Beklagten sei nicht zustande gekommen.
9
2. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Beklagten sind fehlerhafte Angaben des Vermittlers K. zu den Risiken der Anlage nach § 278 BGB zuzurechnen.
10
a) Die Beklagte hatte als Gründungsgesellschafterin die Pflicht, einem Beitrittsinteressenten für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln und ihn über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufzuklären (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 2011 - II ZR 202/09, AG 2011, 554 Rn. 9; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 9 m.w.N.).
11
b) Der Gründungsgesellschafter, der sich zu den vertraglichen Verhandlungen über einen Beitritt eines Vertriebs bedient und diesem oder von diesem eingeschalteten Untervermittlern die geschuldete Aufklärung der Beitrittsinteressenten überlässt, haftet über § 278 BGB für deren unrichtige oder unzureichende Angaben. Er muss sich das Fehlverhalten von Personen, die er mit den Verhandlungen zum Abschluss des Beitrittsvertrages ermächtigt hat, zurechnen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2011 - II ZR 16/10, ZIP 2011, 957 Rn. 7; Urteil vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Rn. 17; Urteil vom 26. September 2005 - II ZR 314/03, ZIP 2005, 2060, 2063; Urteil vom 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651, 1652; Urteil vom 3. Februar 2003 - II ZR 233/01, DStR 2003, 1494, 1495; Urteil vom 14. Januar 1985 - II ZR 41/84, WM 1985, 533, 534; Urteil vom 1. Oktober 1984 - II ZR 158/84, ZIP 1984, 1473, 1474).
12
Die Verwendung eines Prospekts zur Aufklärung der Beitrittsinteressenten schließt es nicht aus, unzutreffende Angaben des Vermittlers dem Gründungsgesellschafter zuzurechnen. Vermittelt der Prospekt hinreichende Aufklärung , ist dies kein Freibrief, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt für die Entscheidung des Anlegers entwertet oder mindert (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06, ZIP 2007, 1866 Rn. 10 für den Anlagevermittler; Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 24; Urteil vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07, juris Rn. 7 für den Anlageberater). Daraus, dass eine Haftung auch dann besteht, wenn ein Prospekt verwendet wird (BGH, Urteil vom 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651, 1652), lässt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entnehmen, dass nur für vom Vermittler verschuldete Aufklärungsmängel in Bezug auf etwaige Prospektfehler oder für eine unterlassene Richtigstellung bekannt gewordener irreführender Angaben des Vermittlers gehaftet wird. Nach § 278 BGB haftet der Schuldner für Pflichtverletzungen eines Erfüllungsgehilfen auch dann, wenn der Erfüllungsge- hilfe von seinen Weisungen abweicht, solange sein Handeln noch im Zusammenhang mit den ihm übertragenen Aufgaben steht (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1959 - VI ZR 222/58, BGHZ 31, 358, 366; Urteil vom 14. Februar 1989 - VI ZR 121/88, NJW-RR 1989, 723, 725). Die unzutreffende Erklärung des Vermittlers K. über die Risiken der Beteiligung an dem Fonds, die Beteiligung sei sicher, da hinter dieser Minister der Bayerischen Staatsregierung stünden, geschah im Zusammenhang mit der übertragenen, der Beklagten als Gründungsgesellschafterin zukommenden Aufgabe, die Beitrittsinteressenten über die Nachteile und Risiken der Beteiligung aufzuklären.
13
c) Die Beklagte hat die Pflicht zur Aufklärung teilweise auf die Vertriebsgesellschaft übertragen. Dass sie nach dem Prospekt nicht selbst für den Vertrieb der Anlage zuständig war, sondern der Vertrieb Aufgabe der E. GmbH war, ändert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts an der Zurechnung nichts. Die Beklagte hat die Aufklärung der Beitrittsinteressenten der Vertriebsgesellschaft übertragen, weil sie nach dem im Prospekt genannten Konzept Beitrittsinteressenten nicht selbst, sondern über die Vertriebsgesellschaft warb. Dieser Vertriebsgesellschaft wurden damit auch die Verhandlungen mit den Beitrittsinteressenten und ihre Aufklärung übertragen.
14
Wenn das anstelle des Gründungsgesellschafters mit den Beitrittsverhandlungen und der Aufklärung beauftragte Vertriebsunternehmen weitere Untervermittler zugezogen hat, führt dies zur Haftung der Gründungsgesellschafter nach § 278 BGB für ein Verschulden der Untervermittler. Das Verschulden von Untervermittlern ist schon dann zuzurechnen, wenn mit ihrem Einsatz gerechnet werden musste (BGH, Urteil vom 8. Januar 2004 - VII ZR 181/02, NJW 2004, 2156, 2157; Urteil vom 9. Juli 1998 - III ZR 158/97, ZIP 1998, 1389, 1390; Urteil vom 24. September 1996 - XI ZR 318/95, ZIP 1996, 1950, 1951). Die Beklagte musste hier bereits deshalb mit der Einschaltung weiterer Untervermittler rechnen, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das mit dem Vertrieb beauftragte Unternehmen Untervermittler einschalten durfte.
15
3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht wegen der von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung des Ersatzanspruchs als richtig.
16
a) Der Anspruch ist nicht nach § 10 Nr. 2 des Treuhandvertrags verjährt. Danach soll der Anspruch des Treugebers auf Schadensersatz, gleich aus welchem Rechtsgrund, auch aus der Verletzung von Pflichten bei den Vertragsverhandlungen , in drei Jahren von dem Zeitpunkt an verjähren, in dem der Anspruch entstanden ist, soweit er nicht kraft Gesetzes einer kürzeren Verjährung unterliegt, und innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Kenntniserlangung von dem Schaden geltend zu machen sein. Eine solche Klausel ist aufgrund der Verkürzung der Verjährung für Schadensersatzansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis auf weniger als fünf Jahre unwirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 50; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 14; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 ff.).
17
b) Der Anspruch ist entgegen der Auffassung der Streithelferinnen auch nicht nach der bis 31. Dezember 2003 geltenden Vorschrift des § 51a WPO verjährt. Danach verjährte der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Wirtschaftsprüfer bestehenden Vertragsverhältnis in fünf Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Die Beklagte schuldet Schadensersatz aber nicht aus einem Vertragsver- hältnis zwischen ihr und der Klägerin und ihrem Ehemann wegen einer Verletzung ihrer Pflichten aus dem Treuhandvertrag, sondern wegen unzureichender Aufklärung als Gründungsgesellschafterin im Zusammenhang mit dem Beitritt der Klägerin und ihres Ehemannes zur Gesellschaft. Schadensersatzansprüche , die ein Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft gegenüber einem anderen Gesellschafter wegen der Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten geltend macht, verjähren nach allgemeinen Regeln und nicht nach den berufsspezifischen Spezialnormen. Die Pflichten und die Haftung eines Gesellschafters richten sich unabhängig von seinem Beruf nach den Vorschriften, die für jeden Gesellschafter in gleicher Situation gelten (BGH, Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 13; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 8; Urteil vom 24. Mai 1982 - II ZR 124/81, BGHZ 84, 141, 149).
18
Entgegen der Auffassung der Streithelferinnen kommt es dabei nicht darauf an, ob nur ein Kommanditist oder mehrere Kommanditisten als Gründungsgesellschafter vorhanden sind. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Treugeber den Treuhänder als Gründungsgesellschafter in Anspruch nehmen können. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Anleger nach dem Gesellschafts- und Treuhandvertrag wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt werden (BGH, Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 7). § 7 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags stellt die treuhänderisch beteiligten Gesellschafter den unmittelbar beteiligten Gesellschaftern ausdrücklich gleich.
19
c) Der Anspruch ist schließlich nicht deshalb nach §§ 195, 199 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB verjährt, weil die Klägerin und ihr Ehemann den Prospekt mit den Risikohinweisen nicht gelesen haben, wie die Beklagte behauptet. In Prospekthaftungs- und Anlageberatungsfällen liegt eine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Allgemeinen nicht schon dann vor, wenn sich die für die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung notwendigen Informationen aus dem Anlageprospekt ergeben, der Anleger es aber unterlassen hat, durch die Lektüre des Prospekts die Ratschläge und Auskünfte des Anlageberaters oder -vermittlers auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren (BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 31 ff.; Urteile vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, ZIP 2010, 1760 Rn. 15 und - III ZR 99/09, NZG 2011, 68 Rn. 17; Urteil vom 22. September 2011 - III ZR 186/10, NJWRR 2012, 111 Rn. 10; Urteil vom 27. September 2011 - VI ZR 135/10, ZIP 2011, 2361 Rn. 11).

20
III. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil sie zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Weitere tatsächliche Feststellungen sind nicht zu treffen.
Bergmann Caliebe Drescher
Born Sunder
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 18.03.2008 - 28 O 20067/07 -
OLG München, Entscheidung vom 07.11.2008 - 25 U 3167/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 39/99 Verkündet am:
21. März 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Wirkung eines Prozeßvergleichs, in dem die Forderung gegen einen Gesamtschuldner
für erledigt erklärt wird, auf den Anspruch des Gläubigers gegen einen
anderen Gesamtschuldner.
BGH, Urteil vom 21. März 2000 - IX ZR 39/99 - OLG München
LG München II
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die
Richter Dr. Kreft, Kirchhof, Dr. Fischer und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. November 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 20. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien und Peter M. waren Gesellschafter der V.-GmbH. Die Bayerische Vereinsbank, die der V. einen Kredit eingeräumt hatte, für den der Beklagte und M. die persönliche Haftung übernommen hatten, gewährte diesen Gesellschaftern zur Entschuldung der GmbH ein Darlehen in Höhe von 704.000 DM. Zur Sicherung dieser Verbindlichkeit übernahm der Kläger am 20. Dezember 1990 eine Höchstbetragsbürgschaft von 100.000 DM zzgl. Zinsen und Kosten. Ziffer 3 der formularmäßig gefaßten Urkunde lautet:
"Meine Zahlungen als Bürge dienen als Sicherheitsleistung für die Bürgschaftsschuld , bis die Bank wegen ihrer sämtlichen Ansprüche gegen den Hauptschuldner, die im Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung der Bürgschaftsschuld bestehen, befriedigt ist. Erst dann gehen die Ansprüche der Bank gegen den Hauptschuldner auf mich über. Die Bank ist jedoch berechtigt, sich jederzeit aus den von mir als Bürge gezahlten Beträgen zu befriedigen. ..." Außerdem war vorgesehen, daß der Kläger ein Objekt im Rahmen eines Joint Venture mit der Gläubigerbank abwickelte, aus dem diese einen Gewinn von mindestens 1,5 Mio. DM erwartete, der zugleich zur Befreiung der Darlehensnehmer von der Kreditschuld führen sollte.
Das Objekt gelangte jedoch nicht zur Durchführung. Da die Kreditnehmer ihre Verpflichtungen nicht zu erfüllen vermochten, nahm die Bank den Kläger mit Schreiben vom 18. August 1994 aus der Bürgschaft in Anspruch. Der Kläger zahlte an die Gläubigerin 137.128,48 DM. Diese erklärte ihm mit Schreiben vom 5. September 1994:
"... wir nehmen Bezug auf unser Schreiben vom 18.8.1994 und bestätigen Ihnen hiermit wunschgemäß, daß Sie aufgrund der von uns ausgesprochenen Bürgschaftsinanspruchnahme auf Ihre Bürgschaftsverpflichtung hin 137.128,48 DM geleistet haben. Damit geht in dieser Höhe die verbürgte Forderung auf Sie über. ..." Am 11. Januar 1995 vereinbarten der Beklagte und M. mit der Gläubigerbank , an diese jeweils 100.000 DM in näher festgelegten Raten zu zahlen. Die Gläubigerin verpflichtete sich, nach Erhalt der vereinbarten Leistungen auf die Restforderung zu verzichten. Die Ratenzahlungen sind noch nicht abgeschlossen.
M. machte gegen die H. B. GmbH (nachfolgend: H.), deren einziger und vom Verbot des Selbstkontrahierens befreiter Gesellschafter der Kläger bis zum 13. Mai 1996 war und seit dem 27. Februar 1997 wieder ist, eine Forderung gerichtlich geltend. Die dortige Beklagte erklärte die Hilfsaufrechnung, gestützt auf eine undatierte Abtretungserklärung des Klägers mit folgendem Wortlaut:
"Durch Bürgschaftserklärung vom 20.12.1990 hat sich der Zedent gegenüber der Bayerischen Vereinsbank AG in Höhe von 100.000 DM für Verbindlichkeiten des Herrn Peter M. ... und (des Beklagten) ... verbürgt. Aus dieser Bürgschaft wurde (der Kläger) ... im August 1994 zur Zahlung in Höhe von 137.128,48 DM von der Bayerischen Vereinsbank AG in Anspruch genommen. Der Zedent tritt hiermit diese Forderung an den Zessionar ab. Der Zessionar nimmt diese Abtretung an." Jener Rechtsstreit wurde am 20. September 1996 durch einen Prozeßvergleich beigelegt, der auszugsweise wie folgt lautet:
Die Parteien sind darüber einig, daß die wechselseitigen, streitgegenständlichen Ansprüche aus originärem oder abgeleitetem Recht, sowie alle etwaigen weiteren Ansprüche im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Vertragsverhältnis, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt sind. Die Beklagte versichert, daß sie zur Zeit Inhaberin des von ihr geltend gemachten Bürgschaftsregreßanspruchs in Höhe von DM 137.128,48 ... ist. Es wird ferner ausdrücklich festgehalten, daß der erwähnte Bürgschaftsregreßanspruch streitgegenständlich im Sinne dieser Ziffer ist. Im Juli 1997 trat die H. den ihr übertragenen Anspruch, soweit er sich gegen den Beklagten richtet, wieder an den Kläger ab. Dieser hat vom Be-
klagten unter Berufung auf die infolge seiner Leistung auf ihn übergegangenen Gläubigeransprüche Zahlung von 137.128,48 DM verlangt. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung bestätigt und zur Begründung ausgeführt: Der geltend gemachte Anspruch sei durch den gerichtlichen Vergleich vom 20. September 1996 erledigt. Die Abtretung an die Beklagte des Vorprozesses (H.) habe auch die Ansprüche des Klägers gegen den jetzigen Beklagten umfaßt. Nach dem Inhalt des Vergleichs habe keine Forderung der H. mehr bestanden, die Gegenstand einer Abtretung hätte sein können.

II.


Diese Erwägungen sind, wie die Revision zutreffend rügt, rechtlich nicht haltbar.

Die tatrichterliche Auslegung eines Prozeßvergleichs unterliegt der revisionsrechtlichen Prüfung jedenfalls darauf, ob anerkannte Auslegungsgrundsätze , Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind (BGH, Urt. v. 11. Mai 1995 - VII ZR 116/94, WM 1995, 1545, 1546). Schon in dieser Hinsicht erweist sich das angefochtene Urteil als fehlerhaft.
1. Der Prozeßvergleich hat eine Doppelnatur; er stellt sowohl eine Prozeßhandlung als auch ein Rechtsgeschäft im materiell-rechtlichen Sinne dar (BGHZ 16, 388, 390; 41, 310, 311; 79, 71, 74; BGH, Urt. v. 14. Mai 1987 - III ZR 267/85, NJW 1988, 65). Das Berufungsurteil äußert sich nicht dazu, welcher materiell-rechtliche Gehalt der Erklärung der Prozeßparteien, die gegenseitigen Ansprüche seien erledigt, zukommt. Für die revisionsrechtliche Prüfung ist daher von dem Vorbringen des Klägers auszugehen. Dieser hat behauptet, die gegenseitigen Ansprüche seien schon deshalb für erledigt erklärt worden, weil die Beklagte des dortigen Rechtsstreits gegenüber einer bestrittenen Werklohnforderung von rund 150.000 DM in erster Linie mit Schadensersatzansprüchen in Höhe von etwa 330.000 DM aufgerechnet habe; die abgetretene Bürgschaftsregreßforderung habe das Ergebnis des Vergleichs insoweit nicht beeinflußt. Trifft dies zu, ist der Vergleich im Sinne eines Erlasses des gegen M. gerichteten Anspruchs aus § 774 Abs. 1 BGB zu verstehen. In diesem Falle sind die an die H. abgetretenen Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten infolge des Vergleichs vom 20. September 1996 nicht erloschen.

a) Ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesamtschuldner vereinbarter Erlaß wirkt für die übrigen Schuldner nur dann, wenn die Vertragschließen-
den das ganze Schuldverhältnis aufheben wollten (§ 423 BGB). Ein entsprechender übereinstimmender Parteiwille muß sich aus dem Inhalt der Willenserklärungen durch Auslegung feststellen lassen. Im Zweifel hat der Erlaß nur Einzelwirkung. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger seine Ansprüche gegen die Gesamtschuldner an einen Dritten abtritt und dieser nur gegenüber einem Gesamtschuldner vergleichsweise einen Anspruchsverzicht erklärt; denn die Interessenlage der Beteiligten ändert sich dadurch nicht. Sie ist so zu beurteilen , als hätte der ursprüngliche Gläubiger vergleichsweise über seinen Anspruch verfügt. Die Begründung des angefochtenen Urteils läßt nicht erkennen , daß das Berufungsgericht diese Grundsätze hinreichend beachtet hat.

b) Das Berufungsgericht stützt seine Ansicht allein auf den Wortlaut des Prozeßvergleichs. Dabei hat es nicht beachtet, daß die Prozeßparteien nur die wechselseitigen streitgegenständlichen Ansprüche für erledigt erklärt haben. Dazu gehörte der Anspruch der Zessionarin gegen den jetzigen Beklagten nicht, weil dieser an jenem Prozeß nicht beteiligt war. Der Vergleich hat daher schon dem Wortlaut nach den hier geltend gemachten Anspruch nicht einbezogen.

c) Der Kläger hatte seine Ansprüche damals an die H. abgetreten, um ihr die Möglichkeit einzuräumen, sich im Wege der Hilfsaufrechnung gegen den von M. erhobenen Anspruch zu verteidigen. Der gegen den Beklagten gerichtete Anspruch war aber mangels Gegenseitigkeit von vornherein nicht zur Aufrechnung geeignet (§ 387 BGB). Der Beklagte hat auch weder behauptet, die H. habe den gegen ihn gerichteten Anspruch überhaupt in jenen Prozeß eingeführt, noch sonstige Umstände vorgetragen, die darauf hindeuten, daß
die Parteien jenes Rechtsstreits sich darüber einig waren, durch den Vergleich auch die Forderung gegen den jetzigen Beklagten abschließend zu regeln.

d) Ein Wille der Vergleichsparteien, das Schuldverhältnis insgesamt aufzuheben, kann sich im Einzelfall daraus ergeben, daß der Erlaß gerade mit dem Gesamtschuldner vereinbart wird, der im Innenverhältnis unter den Gesamtschuldnern die Verbindlichkeit allein tragen müßte (OLG Köln NJWRR 1992, 1398). An solchen Voraussetzungen fehlt es indessen ebenfalls. Der Beklagte und M. waren damals beide Gesellschafter der GmbH, die sie durch eigene Darlehensaufnahmen entlastet hatten. Der Beklagte hat nichts vorgetragen , was einen Hinweis dafür liefert, daß im Innenverhältnis zu M. diesen die Ausgleichspflicht allein treffen sollte.

e) Dem Prozeßvergleich kann eine beschränkte Gesamtwirkung in dem Sinne zukommen, daß der Gesellschafter, dessen Verbindlichkeit erlassen wird (M.), zugleich von seiner im Innenverhältnis aus § 426 Abs. 1 BGB dem anderen Gesamtschuldner (Beklagter) gegenüber begründeten Haftung befreit werden soll (BGHZ 58, 216, 220; OLG Hamm NJW-RR 1988, 1174; OLG Köln NJW-RR 1994, 1307). Da die Ausgleichspflicht der Gesamtschuldner bereits bei Begründung des Gesamtschuldverhältnisses und nicht erst mit der Leistung eines Gesamtschuldners an den Gläubiger entsteht (BGHZ 114, 117, 122; BGH, Urt. v. 20. Dezember 1990 - IX ZR 168/89, WM 1991, 399, 400; v. 11. Juni 1992 - IX ZR 161/91, NJW 1992, 2286, 2287; v. 13. Januar 2000 - IX ZR 11/99, WM 2000, 408, 409), ist dies wirksam nur in der Weise möglich, daß der Anspruch des Gläubigers gegen den am Vergleich nicht beteiligten Gesamtschuldner im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter in dem Umfang aufgehoben wird, in welchem der durch den Erlaß begünstigte Gesamtschuld-
ner, wäre er vom Gläubiger voll in Anspruch genommen worden, Ausgleich von dem anderen Gesamtschuldner verlangen könnte (BGHZ 58, 216, 220). Der Vortrag des Klägers liefert keine Hinweise dafür, daß die damaligen Prozeßparteien eine solche Regelung treffen wollten (vgl. dazu OLG Köln NJWRR 1994, 1307; OLG Bremen NJW-RR 1998, 1745).
2. Der Beklagte hat jedoch behauptet, M. habe sich im Vorprozeß nur deshalb mit einer Erledigung seiner Ansprüche einverstanden erklärt, weil die H. dem Klagebegehren zusätzlich den Bürgschaftsregreßanspruch entgegengesetzt habe. Sollte dies zutreffen, ist dieser Anspruch mit zur Beseitigung der von M. erhobenen Forderung verwertet worden. In dem Prozeßvergleich wäre dann eine Leistung auf die hier erhobene Forderung zu sehen, die ebenso wirkt wie eine Aufrechnung und daher zum Erlöschen des Schuldverhältnisses insgesamt führt (§§ 389, 422 Abs. 1 Satz 2 BGB). Da der Beklagte sich darauf beruft, die Forderung sei nachträglich entfallen, trifft ihn in diesem Punkt die Beweislast.

III.


Das angefochtene Urteil ist nicht im Ergebnis aus anderen Gründen richtig.
Der Beklagte hat in den Tatsacheninstanzen die Auffassung vertreten, infolge der in Ziffer 3 der Bürgschaft des Klägers enthaltenen Klausel sei die Forderung der Gläubigerbank auf ihn noch nicht nach § 774 BGB übergegan-
gen; denn die Ansprüche gegen die Hauptschuldnerin seien bisher nicht vollständig befriedigt. Dem ist jedoch nicht zu folgen.
Es braucht nicht entschieden zu werden, ob die in Ziffer 3 der Bürgschaftsurkunde enthaltene Klausel einer Prüfung nach § 9 AGBG standhält, obwohl die Höchstbetragsbürgschaft hier nur die Forderung des Gläubigers aus einem bestimmten Kreditvertrag deckt (zur Wirksamkeit einer ähnlichen formularmäßigen Bestimmung bei Haftung des Bürgen für alle Ansprüche aus der Geschäftsbeziehung zwischen Gläubiger und Hauptschuldner BGHZ 92, 374). Hier folgt schon aus dem unstreitigen Sachverhalt, daß die Ansprüche aus § 774 Abs. 1 BGB, soweit nicht bereits kraft Gesetzes geschehen, jedenfalls mit Willen des Gläubigers auf den Kläger übergegangen sind.
Mit Schreiben vom 5. September 1994, das der Senat selbst auslegen kann, weil der insoweit rechtserhebliche Sachverhalt unstreitig ist, hat die Gläubigerbank dem Kläger mitgeteilt, daß die verbürgte Forderung infolge der von ihm erbrachten Leistungen auf ihn übergegangen sei. Das konnte aus der allein maßgeblichen Sicht des Empfängers der Erklärung nur dahin verstanden werden, daß die Bank von den in Ziffer 3 des Bürgschaftsformulars vorbehaltenen Rechten keinen Gebrauch machte. Ob der Gläubigerin, wie der Beklagte behauptet, ein entsprechendes Erklärungsbewußtsein fehlte, kann offenbleiben ; denn sie hat ihre Ä ußerung nicht wegen Irrtums angefochten.

IV.


Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil diese noch weiterer tatrichterlicher Aufklärung bedarf.
1. Das Berufungsgericht wird zunächst klären müssen, ob und in welchem Umfang die geltend gemachte Forderung infolge des Prozeßvergleichs erloschen ist.
2. Soweit danach noch ein Anspruch des Klägers verbleibt, wird sich das Berufungsgericht mit der Behauptung des Beklagten befassen müssen, der Kläger habe sich gegenüber den Darlehensnehmern rechtlich verpflichtet, dadurch für deren Befreiung von der Hauptschuld zu sorgen, daß er mit der Gläubigerbank ein größeres Immobilienprojekt (Joint Venture) realisiere und jener so einen Gewinn verschaffe, der auf die Darlehensschuld angerechnet werde. Der Beklagte hat für sein - vom Kläger bestrittenes - Vorbringen Beweis angetreten. Ist der Kläger eine solche Verpflichtung gegenüber seinen damaligen Mitgesellschaftern eingegangen, kann deren Nichterfüllung nach dem Sinn und Zweck der zur Sanierung der Gesellschaft von den Beteiligten getroffenen Absprachen eine Regreßforderung des Klägers gegen den Beklagten ausschließen oder Gegenansprüche begründen, aufgrund deren die geltend gemachte Forderung erloschen ist oder jedenfalls nicht durchgesetzt werden kann. Ist der Kläger eine rechtliche Verpflichtung gegenüber M. und dem Beklagten nicht eingegangen, kann das Scheitern des geplanten Projekts doch Anlaß zu der Prüfung geben, ob es nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage Einfluß auf den vom Kläger erhobenen Anspruch hat.
3. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Paulusch Kreft Kirchhof Fischer Ganter

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 39/99 Verkündet am:
21. März 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Wirkung eines Prozeßvergleichs, in dem die Forderung gegen einen Gesamtschuldner
für erledigt erklärt wird, auf den Anspruch des Gläubigers gegen einen
anderen Gesamtschuldner.
BGH, Urteil vom 21. März 2000 - IX ZR 39/99 - OLG München
LG München II
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die
Richter Dr. Kreft, Kirchhof, Dr. Fischer und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. November 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 20. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien und Peter M. waren Gesellschafter der V.-GmbH. Die Bayerische Vereinsbank, die der V. einen Kredit eingeräumt hatte, für den der Beklagte und M. die persönliche Haftung übernommen hatten, gewährte diesen Gesellschaftern zur Entschuldung der GmbH ein Darlehen in Höhe von 704.000 DM. Zur Sicherung dieser Verbindlichkeit übernahm der Kläger am 20. Dezember 1990 eine Höchstbetragsbürgschaft von 100.000 DM zzgl. Zinsen und Kosten. Ziffer 3 der formularmäßig gefaßten Urkunde lautet:
"Meine Zahlungen als Bürge dienen als Sicherheitsleistung für die Bürgschaftsschuld , bis die Bank wegen ihrer sämtlichen Ansprüche gegen den Hauptschuldner, die im Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung der Bürgschaftsschuld bestehen, befriedigt ist. Erst dann gehen die Ansprüche der Bank gegen den Hauptschuldner auf mich über. Die Bank ist jedoch berechtigt, sich jederzeit aus den von mir als Bürge gezahlten Beträgen zu befriedigen. ..." Außerdem war vorgesehen, daß der Kläger ein Objekt im Rahmen eines Joint Venture mit der Gläubigerbank abwickelte, aus dem diese einen Gewinn von mindestens 1,5 Mio. DM erwartete, der zugleich zur Befreiung der Darlehensnehmer von der Kreditschuld führen sollte.
Das Objekt gelangte jedoch nicht zur Durchführung. Da die Kreditnehmer ihre Verpflichtungen nicht zu erfüllen vermochten, nahm die Bank den Kläger mit Schreiben vom 18. August 1994 aus der Bürgschaft in Anspruch. Der Kläger zahlte an die Gläubigerin 137.128,48 DM. Diese erklärte ihm mit Schreiben vom 5. September 1994:
"... wir nehmen Bezug auf unser Schreiben vom 18.8.1994 und bestätigen Ihnen hiermit wunschgemäß, daß Sie aufgrund der von uns ausgesprochenen Bürgschaftsinanspruchnahme auf Ihre Bürgschaftsverpflichtung hin 137.128,48 DM geleistet haben. Damit geht in dieser Höhe die verbürgte Forderung auf Sie über. ..." Am 11. Januar 1995 vereinbarten der Beklagte und M. mit der Gläubigerbank , an diese jeweils 100.000 DM in näher festgelegten Raten zu zahlen. Die Gläubigerin verpflichtete sich, nach Erhalt der vereinbarten Leistungen auf die Restforderung zu verzichten. Die Ratenzahlungen sind noch nicht abgeschlossen.
M. machte gegen die H. B. GmbH (nachfolgend: H.), deren einziger und vom Verbot des Selbstkontrahierens befreiter Gesellschafter der Kläger bis zum 13. Mai 1996 war und seit dem 27. Februar 1997 wieder ist, eine Forderung gerichtlich geltend. Die dortige Beklagte erklärte die Hilfsaufrechnung, gestützt auf eine undatierte Abtretungserklärung des Klägers mit folgendem Wortlaut:
"Durch Bürgschaftserklärung vom 20.12.1990 hat sich der Zedent gegenüber der Bayerischen Vereinsbank AG in Höhe von 100.000 DM für Verbindlichkeiten des Herrn Peter M. ... und (des Beklagten) ... verbürgt. Aus dieser Bürgschaft wurde (der Kläger) ... im August 1994 zur Zahlung in Höhe von 137.128,48 DM von der Bayerischen Vereinsbank AG in Anspruch genommen. Der Zedent tritt hiermit diese Forderung an den Zessionar ab. Der Zessionar nimmt diese Abtretung an." Jener Rechtsstreit wurde am 20. September 1996 durch einen Prozeßvergleich beigelegt, der auszugsweise wie folgt lautet:
Die Parteien sind darüber einig, daß die wechselseitigen, streitgegenständlichen Ansprüche aus originärem oder abgeleitetem Recht, sowie alle etwaigen weiteren Ansprüche im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Vertragsverhältnis, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt sind. Die Beklagte versichert, daß sie zur Zeit Inhaberin des von ihr geltend gemachten Bürgschaftsregreßanspruchs in Höhe von DM 137.128,48 ... ist. Es wird ferner ausdrücklich festgehalten, daß der erwähnte Bürgschaftsregreßanspruch streitgegenständlich im Sinne dieser Ziffer ist. Im Juli 1997 trat die H. den ihr übertragenen Anspruch, soweit er sich gegen den Beklagten richtet, wieder an den Kläger ab. Dieser hat vom Be-
klagten unter Berufung auf die infolge seiner Leistung auf ihn übergegangenen Gläubigeransprüche Zahlung von 137.128,48 DM verlangt. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung bestätigt und zur Begründung ausgeführt: Der geltend gemachte Anspruch sei durch den gerichtlichen Vergleich vom 20. September 1996 erledigt. Die Abtretung an die Beklagte des Vorprozesses (H.) habe auch die Ansprüche des Klägers gegen den jetzigen Beklagten umfaßt. Nach dem Inhalt des Vergleichs habe keine Forderung der H. mehr bestanden, die Gegenstand einer Abtretung hätte sein können.

II.


Diese Erwägungen sind, wie die Revision zutreffend rügt, rechtlich nicht haltbar.

Die tatrichterliche Auslegung eines Prozeßvergleichs unterliegt der revisionsrechtlichen Prüfung jedenfalls darauf, ob anerkannte Auslegungsgrundsätze , Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind (BGH, Urt. v. 11. Mai 1995 - VII ZR 116/94, WM 1995, 1545, 1546). Schon in dieser Hinsicht erweist sich das angefochtene Urteil als fehlerhaft.
1. Der Prozeßvergleich hat eine Doppelnatur; er stellt sowohl eine Prozeßhandlung als auch ein Rechtsgeschäft im materiell-rechtlichen Sinne dar (BGHZ 16, 388, 390; 41, 310, 311; 79, 71, 74; BGH, Urt. v. 14. Mai 1987 - III ZR 267/85, NJW 1988, 65). Das Berufungsurteil äußert sich nicht dazu, welcher materiell-rechtliche Gehalt der Erklärung der Prozeßparteien, die gegenseitigen Ansprüche seien erledigt, zukommt. Für die revisionsrechtliche Prüfung ist daher von dem Vorbringen des Klägers auszugehen. Dieser hat behauptet, die gegenseitigen Ansprüche seien schon deshalb für erledigt erklärt worden, weil die Beklagte des dortigen Rechtsstreits gegenüber einer bestrittenen Werklohnforderung von rund 150.000 DM in erster Linie mit Schadensersatzansprüchen in Höhe von etwa 330.000 DM aufgerechnet habe; die abgetretene Bürgschaftsregreßforderung habe das Ergebnis des Vergleichs insoweit nicht beeinflußt. Trifft dies zu, ist der Vergleich im Sinne eines Erlasses des gegen M. gerichteten Anspruchs aus § 774 Abs. 1 BGB zu verstehen. In diesem Falle sind die an die H. abgetretenen Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten infolge des Vergleichs vom 20. September 1996 nicht erloschen.

a) Ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesamtschuldner vereinbarter Erlaß wirkt für die übrigen Schuldner nur dann, wenn die Vertragschließen-
den das ganze Schuldverhältnis aufheben wollten (§ 423 BGB). Ein entsprechender übereinstimmender Parteiwille muß sich aus dem Inhalt der Willenserklärungen durch Auslegung feststellen lassen. Im Zweifel hat der Erlaß nur Einzelwirkung. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger seine Ansprüche gegen die Gesamtschuldner an einen Dritten abtritt und dieser nur gegenüber einem Gesamtschuldner vergleichsweise einen Anspruchsverzicht erklärt; denn die Interessenlage der Beteiligten ändert sich dadurch nicht. Sie ist so zu beurteilen , als hätte der ursprüngliche Gläubiger vergleichsweise über seinen Anspruch verfügt. Die Begründung des angefochtenen Urteils läßt nicht erkennen , daß das Berufungsgericht diese Grundsätze hinreichend beachtet hat.

b) Das Berufungsgericht stützt seine Ansicht allein auf den Wortlaut des Prozeßvergleichs. Dabei hat es nicht beachtet, daß die Prozeßparteien nur die wechselseitigen streitgegenständlichen Ansprüche für erledigt erklärt haben. Dazu gehörte der Anspruch der Zessionarin gegen den jetzigen Beklagten nicht, weil dieser an jenem Prozeß nicht beteiligt war. Der Vergleich hat daher schon dem Wortlaut nach den hier geltend gemachten Anspruch nicht einbezogen.

c) Der Kläger hatte seine Ansprüche damals an die H. abgetreten, um ihr die Möglichkeit einzuräumen, sich im Wege der Hilfsaufrechnung gegen den von M. erhobenen Anspruch zu verteidigen. Der gegen den Beklagten gerichtete Anspruch war aber mangels Gegenseitigkeit von vornherein nicht zur Aufrechnung geeignet (§ 387 BGB). Der Beklagte hat auch weder behauptet, die H. habe den gegen ihn gerichteten Anspruch überhaupt in jenen Prozeß eingeführt, noch sonstige Umstände vorgetragen, die darauf hindeuten, daß
die Parteien jenes Rechtsstreits sich darüber einig waren, durch den Vergleich auch die Forderung gegen den jetzigen Beklagten abschließend zu regeln.

d) Ein Wille der Vergleichsparteien, das Schuldverhältnis insgesamt aufzuheben, kann sich im Einzelfall daraus ergeben, daß der Erlaß gerade mit dem Gesamtschuldner vereinbart wird, der im Innenverhältnis unter den Gesamtschuldnern die Verbindlichkeit allein tragen müßte (OLG Köln NJWRR 1992, 1398). An solchen Voraussetzungen fehlt es indessen ebenfalls. Der Beklagte und M. waren damals beide Gesellschafter der GmbH, die sie durch eigene Darlehensaufnahmen entlastet hatten. Der Beklagte hat nichts vorgetragen , was einen Hinweis dafür liefert, daß im Innenverhältnis zu M. diesen die Ausgleichspflicht allein treffen sollte.

e) Dem Prozeßvergleich kann eine beschränkte Gesamtwirkung in dem Sinne zukommen, daß der Gesellschafter, dessen Verbindlichkeit erlassen wird (M.), zugleich von seiner im Innenverhältnis aus § 426 Abs. 1 BGB dem anderen Gesamtschuldner (Beklagter) gegenüber begründeten Haftung befreit werden soll (BGHZ 58, 216, 220; OLG Hamm NJW-RR 1988, 1174; OLG Köln NJW-RR 1994, 1307). Da die Ausgleichspflicht der Gesamtschuldner bereits bei Begründung des Gesamtschuldverhältnisses und nicht erst mit der Leistung eines Gesamtschuldners an den Gläubiger entsteht (BGHZ 114, 117, 122; BGH, Urt. v. 20. Dezember 1990 - IX ZR 168/89, WM 1991, 399, 400; v. 11. Juni 1992 - IX ZR 161/91, NJW 1992, 2286, 2287; v. 13. Januar 2000 - IX ZR 11/99, WM 2000, 408, 409), ist dies wirksam nur in der Weise möglich, daß der Anspruch des Gläubigers gegen den am Vergleich nicht beteiligten Gesamtschuldner im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter in dem Umfang aufgehoben wird, in welchem der durch den Erlaß begünstigte Gesamtschuld-
ner, wäre er vom Gläubiger voll in Anspruch genommen worden, Ausgleich von dem anderen Gesamtschuldner verlangen könnte (BGHZ 58, 216, 220). Der Vortrag des Klägers liefert keine Hinweise dafür, daß die damaligen Prozeßparteien eine solche Regelung treffen wollten (vgl. dazu OLG Köln NJWRR 1994, 1307; OLG Bremen NJW-RR 1998, 1745).
2. Der Beklagte hat jedoch behauptet, M. habe sich im Vorprozeß nur deshalb mit einer Erledigung seiner Ansprüche einverstanden erklärt, weil die H. dem Klagebegehren zusätzlich den Bürgschaftsregreßanspruch entgegengesetzt habe. Sollte dies zutreffen, ist dieser Anspruch mit zur Beseitigung der von M. erhobenen Forderung verwertet worden. In dem Prozeßvergleich wäre dann eine Leistung auf die hier erhobene Forderung zu sehen, die ebenso wirkt wie eine Aufrechnung und daher zum Erlöschen des Schuldverhältnisses insgesamt führt (§§ 389, 422 Abs. 1 Satz 2 BGB). Da der Beklagte sich darauf beruft, die Forderung sei nachträglich entfallen, trifft ihn in diesem Punkt die Beweislast.

III.


Das angefochtene Urteil ist nicht im Ergebnis aus anderen Gründen richtig.
Der Beklagte hat in den Tatsacheninstanzen die Auffassung vertreten, infolge der in Ziffer 3 der Bürgschaft des Klägers enthaltenen Klausel sei die Forderung der Gläubigerbank auf ihn noch nicht nach § 774 BGB übergegan-
gen; denn die Ansprüche gegen die Hauptschuldnerin seien bisher nicht vollständig befriedigt. Dem ist jedoch nicht zu folgen.
Es braucht nicht entschieden zu werden, ob die in Ziffer 3 der Bürgschaftsurkunde enthaltene Klausel einer Prüfung nach § 9 AGBG standhält, obwohl die Höchstbetragsbürgschaft hier nur die Forderung des Gläubigers aus einem bestimmten Kreditvertrag deckt (zur Wirksamkeit einer ähnlichen formularmäßigen Bestimmung bei Haftung des Bürgen für alle Ansprüche aus der Geschäftsbeziehung zwischen Gläubiger und Hauptschuldner BGHZ 92, 374). Hier folgt schon aus dem unstreitigen Sachverhalt, daß die Ansprüche aus § 774 Abs. 1 BGB, soweit nicht bereits kraft Gesetzes geschehen, jedenfalls mit Willen des Gläubigers auf den Kläger übergegangen sind.
Mit Schreiben vom 5. September 1994, das der Senat selbst auslegen kann, weil der insoweit rechtserhebliche Sachverhalt unstreitig ist, hat die Gläubigerbank dem Kläger mitgeteilt, daß die verbürgte Forderung infolge der von ihm erbrachten Leistungen auf ihn übergegangen sei. Das konnte aus der allein maßgeblichen Sicht des Empfängers der Erklärung nur dahin verstanden werden, daß die Bank von den in Ziffer 3 des Bürgschaftsformulars vorbehaltenen Rechten keinen Gebrauch machte. Ob der Gläubigerin, wie der Beklagte behauptet, ein entsprechendes Erklärungsbewußtsein fehlte, kann offenbleiben ; denn sie hat ihre Ä ußerung nicht wegen Irrtums angefochten.

IV.


Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil diese noch weiterer tatrichterlicher Aufklärung bedarf.
1. Das Berufungsgericht wird zunächst klären müssen, ob und in welchem Umfang die geltend gemachte Forderung infolge des Prozeßvergleichs erloschen ist.
2. Soweit danach noch ein Anspruch des Klägers verbleibt, wird sich das Berufungsgericht mit der Behauptung des Beklagten befassen müssen, der Kläger habe sich gegenüber den Darlehensnehmern rechtlich verpflichtet, dadurch für deren Befreiung von der Hauptschuld zu sorgen, daß er mit der Gläubigerbank ein größeres Immobilienprojekt (Joint Venture) realisiere und jener so einen Gewinn verschaffe, der auf die Darlehensschuld angerechnet werde. Der Beklagte hat für sein - vom Kläger bestrittenes - Vorbringen Beweis angetreten. Ist der Kläger eine solche Verpflichtung gegenüber seinen damaligen Mitgesellschaftern eingegangen, kann deren Nichterfüllung nach dem Sinn und Zweck der zur Sanierung der Gesellschaft von den Beteiligten getroffenen Absprachen eine Regreßforderung des Klägers gegen den Beklagten ausschließen oder Gegenansprüche begründen, aufgrund deren die geltend gemachte Forderung erloschen ist oder jedenfalls nicht durchgesetzt werden kann. Ist der Kläger eine rechtliche Verpflichtung gegenüber M. und dem Beklagten nicht eingegangen, kann das Scheitern des geplanten Projekts doch Anlaß zu der Prüfung geben, ob es nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage Einfluß auf den vom Kläger erhobenen Anspruch hat.
3. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Paulusch Kreft Kirchhof Fischer Ganter

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.