Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist für den Kläger wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen auf Insolvenzanfechtung gestützten Rückgewähranspruch geltend, nachdem der Insolvenzschuldner Steuern an das Finanzamt H.- H. der Beklagten gezahlt hatte.

2

Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des M. C., der ein Gebäudereinigungsunternehmen betrieben hat. Über das Vermögen des Schuldners ist mit Beschluss des Amtsgerichts H. vom 16. Februar 2015 (Az.: ..., Anlage K 1) das Insolvenzverfahren eröffnet und zugleich der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt worden. Dem Beschluss lagen ein am 9. September 2014 beim Insolvenzgericht eingegangener Antrag einer Gläubigerin sowie ein am 4. Dezember 2014 eingegangener Eigenantrag des Schuldners zugrunde. Der Schuldner, der drei Mitarbeiter als Putzhilfen beschäftigt hat, hat im Zeitraum vom 4. Mai 2012 bis zum 18. Dezember 2014 diverse Zahlungen in einer Gesamthöhe von € 59.770,-- auf Steuerverbindlichkeiten an das Finanzamt H.- H. entrichtet (Auflistung im Einzelnen in der Klagschrift vom 1. Dezember 2015, S. 3 f.). Die Zahlungen erfolgten jeweils von dem bei der H. Sparkasse geführten Konto Nr. ... des Schuldners.

3

Auf ein Rückforderungsschreiben des Klägers vom 30. März 2015 (Anlage K 2) hin hat die Beklagte einen Teilbetrag in Höhe von € 11.486,09 (Zusammensetzung s. Klagschrift S. 6) an den Kläger zurückgezahlt. Auf die daraufhin in Höhe von weiteren € 48.283,91 nebst Zinsen erhobene Klage hat die Beklagte schließlich € 47.777,91 zzgl. Zinsen in Höhe von € 2.563,23 an den Kläger gezahlt. Die Parteien haben den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt (Schriftsätze vom 21. Juni 2016 und vom 1. Juli 2016, Bl. 24, 27 d. A.) und die Beklagte hat im Umfang der Erledigung die Kostentragungspflicht anerkannt (Schriftsatz vom 1. Juli 2016, Bl. 27 d. A.).

4

Der Streit der Parteien beschränkt sich nunmehr auf eine Zahlung vom 29. Januar 2014 in Höhe von € 506,-- (Klagschrift S. 3, drittletzte Zeile), die der Schuldner auf Kraftfahrzeugsteuern an das Finanzamt H.- H. entrichtet hat. Die Parteien streiten allein darüber, ob die Beklagte passivlegitimiert ist. Der Kläger hat seine diesbezügliche Rechtsansicht im Schriftsatz vom 20. Oktober 2016 (Bl. 50-52 d. A.), auf den Bezug genommen wird, begründet.

5

Der Kläger beantragt,

6

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 506,-- zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 16. Februar 2015 zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Sie hält sich für nicht passivlegitimiert und verweist darauf, dass im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung die Kraftfahrzeugsteuer nicht von den Bundesländern, sondern vielmehr vom Bund eingezogen worden sei, der sich im Wege der Organleihe der Landesfinanzbehörden bedient habe. Richtiger Anspruchsgegner sei daher die Bundesrepublik Deutschland, nicht aber das beklagte Bundesland.

10

Die Kammer entscheidet im schriftlichen Verfahren auf der Grundlage der bis zum 24. Oktober 2016 eingereichten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe

I.

11

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht hinsichtlich der verbliebenen Zahlung vom 29. Januar 2014 kein Rückgewähranspruch - §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO bildet die einzige in Betracht kommende Anspruchsgrundlage - gegen die Beklagte zu. Die Beklagte ist für die geltend gemachte Forderung nicht passivlegitimiert.

12

1. Für die Bestimmung des Anfechtungsgegners und Gegners des Rückgewähranspruchs kommt es nicht darauf an, wem die Ertragshoheit an den gezahlten Steuern zusteht. Ebenso wenig richtet sich beim Einzug von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen durch die gesetzlichen Krankenkassen ein Rückgewähranspruch gegen jede einzelne Kasse, an die eingezogene Beiträge im Innenverhältnis ausgekehrt werden, sondern vielmehr allein gegen die - die Verwaltungshoheit innehabende - Einzugsstelle (BGH, Urteil vom 24. Mai 2012 - IX ZR 125/11 -, zitiert nach juris, Rn. 13; BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 87/06 -, WM 2007, 2158 Rn. 4; BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - IX ZR 70/03 -, NJW 2004, 2163, 2164; BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - IX ZR 71/02 -, ZIP 2005, 38 f.). In der von der erkennenden Kammer geteilten Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass vorstehender Grundsatz selbst für den Fall gilt, dass Steuern erhoben werden, die von der einziehenden Stelle an einen anderen Rechtsträger abzuführen sind; anfechtungsrechtlich ist allein maßgeblich, wer die Verwaltungshoheit der entrichteten Abgaben hat (BGH, Urteil vom 24. Mai 2012 - IX ZR 125/11 -, Rn. 13).

13

2. Dies ist zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung - 29. Januar 2014 - nicht die Beklagte gewesen, sondern der Bund.

a)

14

Art. 108 Abs. 1 Satz 1 GG in der Fassung des Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 19. März 2009 (BGBl. I S. 606) bestimmt mit Wirkung vom 26. März 2009, dass Zölle, Finanzmonopole, die bundesgesetzlich geregelten Verbrauchssteuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrssteuern ab dem 1. Juli 2009 sowie die Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften durch Bundesfinanzbehörden verwaltet werden, die übrigen Steuern nach Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG hingegen durch die Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Einfachgesetzlich hat § 18 a Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Finanzverwaltung (FVG, eingefügt durch Art. 5 Nr. 3 des Gesetzes vom 29. Mai 2009 [BGBl I S. 1170]) mit Wirkung vom 1. Juli 2009 geregelt, dass im Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2014 sich das für die Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zuständige Bundesministerium der Finanzen bei der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer der Landesfinanzbehörden einschließlich der Zulassungsbehörden, soweit diese gemäß § 12 Abs. 5 Satz 2, § 13 Abs. 1a Satz 5 und Abs. 2 Satz 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes als Landesfinanzbehörden tätig werden, im Wege der Organleihe bedient. Nach § 18 a Abs. 1 Satz 2 FVG haben im besagten Zeitraum die Landesfinanzbehörden als Bundesfinanzbehörden gegolten, soweit sie die Kfz-Steuer verwaltet haben, und haben insoweit der Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen unterlegen.

b)

15

Angesichts dieser gesetzlichen Regelung stand zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung - 29. Januar 2014 - die Verwaltungskompetenz hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer dem Entleiher - dem Bund - zu, der sich lediglich zur Ausführung dieser Eigenkompetenz des Organs eines anderen Rechtsträgers - der Beklagten - bedient hat (Hartman, DVBl. 2011, 803, 804 linke Spalte oben). Das entliehene Organ ist - funktionell und organisatorisch - dem Aufgaben- und Befugniskreis des Entleihers zugeordnet worden (Hartman a.a.O.). Handlungen des entliehenen Organs sind daher rechtlich dem ausleihenden Verwaltungsträger - dem Bund - zuzurechnen (s. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Auflage, 2009, § 21 Rn. 54). Bei der Organleihe erfolgt eine Eingliederung des handelnden Organs in die Behördenstruktur des Entleihers (Hartman, a.a.O.; Lodde, Rechtsfragen der Organleihe im Bund-Länder-Verhältnis unter besonderer Berücksichtigung der Bundesbauverwaltung, 1990, S. 52), während dienstrechtlich das entliehene Organ beim ausleihenden Verwaltungsträger verbleibt (Hartman, a.a.O.; Lodde S. 57 f.).

16

Allein aus letzterem Grund - kein Übergang der Dienstherreneigenschaft auf den Entleiher - wären etwaige Amtshaftungsansprüche gegen das Bundesland als Anstellungskörperschaft des handelnden Beamten zu richten. Nach ständiger Rechtsprechung des für die Amtshaftung zuständigen 3. Senats des BGH (seit dem Urteil vom 5. Juni 1952 - III ZR 151/51 -, BGHZ 6, 215, 219) haftet im Regelfall diejenige Körperschaft, die den Amtsträger angestellt und ihm damit die Möglichkeit zur Amtsausübung eröffnet hat. Für die im vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Frage nach der Verwaltungshoheit hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer ist dies - anders als der Kläger im Schriftsatz vom 20. Oktober 2015 S. 2 f. meint - aber ohne Bedeutung. Das entliehene Organ verbleibt lediglich dienstrechtlich beim ausleihenden Verwaltungsträger, während es im Übrigen dem Aufgaben- und Befugnisbereich des Entleihers zugeordnet ist und es dem umfassenden Weisungsrecht des Entleihers unterliegt (§ 18 a Abs. 1 Satz 2 FVG a.E.), da es wie eine untergeordnete Behörde für den Entleiher funktional tätig wird (Hartman DVBl 2011, 803, 804 rechte Spalte unten; Stober, Verwaltungsrecht, Bd. I, 2007, § 6 Rn. 32).

17

Der klägerische Schriftsatz vom 20. Oktober 2016 verkennt vorstehende Rechtslage, wenn er ausführt, dass während der Geltungsdauer des § 18 a FVG bei der Verwaltung der Kfz-Steuer keine Änderungen gegenüber dem Zeitraum vor dem 1. Juli 2009 vorgenommen worden seien. Zwar haben weiterhin Organe der Länder gehandelt; kraft Gesetzes (§ 18 a Abs. 1 Satz 2 FVG) haben sie aber als solche des Bundes gegolten.

II.

18

1. Auch wenn der Kläger hinsichtlich der verbliebenen Zahlung vom 29. Januar 2014 mit dem geltend gemachten Rückforderungsanspruch nach allem unterliegt, hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 91 a Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vollen Umfangs zu tragen. Die Beklagte hat ihre Kostentragungspflicht bezüglich der erledigten Hauptforderung, die den weit überwiegenden Teil des ursprünglichen Streits ausgemacht hat, anerkannt. Die Zuviel-Forderung, mit der der Kläger unterliegt, ist verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten veranlasst.

19

2. Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und Sicherheitsleistung beruhen auf § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

20

3. Die Kammer lässt - entgegen der Anregung des Klägers - die Berufung nicht zu, denn die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO liegen nicht vor. Grundsätzliche Bedeutung misst die Kammer dem Rechtsstreit nicht zu; die Sonderregelung des § 18 a FVG zur Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer durch Organleihe ist mittlerweile nicht mehr in kraft. Die Organleihe hat mit dem 30. Juni 2014 geendet; Steuerfestsetzung, Erhebung und Vollstreckung sind ab dem 1. Juli 2014 von der Zollverwaltung übernommen worden. Auch gebieten nicht gegenteilige Judikate eine Berufungszulassung. Eine gegenteilige Rechtsprechung ist nicht ersichtlich. Sowohl das Landgericht Halle, Urteil vom 20. März 2015 - 3 O 130/14 - (nicht veröffentlicht) als auch das Amtsgericht Frankfurt/Main, Urteil vom 5. November 2015 - 31 C 1927/15 (39) -, veröffentlicht bei juris, sind zum selben Ergebnis wie die erkennende Kammer gelangt.

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(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

13
3. Der Einwand der Revisionserwiderung, dass nach Art. 106 Abs. 3 GG die Ertragshoheit der gezahlten Lohn- und Umsatzsteuern nur teilweise bei dem beklagten Land liege, ändert an dem Umfang der anfechtungsrechtlichen Rückgewährpflicht nichts. Es kommt anfechtungsrechtlich insoweit allein auf die Verwaltungshoheit der entrichteten Abgaben an, wie das beim Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags durch die gesetzlichen Krankenkassen und beim Einzug tarifvertraglicher Sozialkassenbeiträge seit langem anerkannt ist. Anfechtungsgegner ist in allen Fällen allein die Einzugsstelle (BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - IX ZR 70/03, NJW 2004, 2163, 2164 mwN; vom 21. Oktober 2004 - IX ZR 71/02, ZIP 2005, 38 f). Der Senat hat bereits entschieden, dass dieser Grundsatz auch für den hier gegebenen Fall der Erhebung von Steuern gilt, die von der einziehenden Stelle (teilweise) an einen anderen Rechtsträger abzuführen sind (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 87/06, WM 2007, 2158 Rn. 4; ebenso OLG Hamm, ZIP 2010, 996). Der Beklagte hat sich auf eine anderweitige Rechtsfolge für die Rückgewähr der gezahlten Steuern und die nach Verfahrenseröffnung geschuldeten Rechtshängigkeitszinsen, die nicht mehr im Streit stehen, auch nicht berufen. Es wäre widersprüchlich, für die Nutzungsherausgabe nach § 987 Abs. 1 BGB anders zu entscheiden, weil eine anteilige Verpflichtung der im Innenverhältnis am Steueraufkommen beteiligten öffentlichen Körperschaften nicht besteht.
4
3. Die Krankenkassen sind als Einzugsstellen von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auch insoweit Anfechtungsgegner, als Beiträge im Innenverhältnis an andere Versicherungsträger auszukehren sind (vgl. BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 - IX ZR 70/03, ZIP 2004, 862; BGH, Urt. v. 21. Oktober 2004 - IX ZR 71/02, ZIP 2005, 38 f). Diese Rechtsprechung ist ohne weiteres auf den hier gegebenen Fall der Erhebung von Steuern übertragbar, die von der einziehenden Stelle an einen anderen Rechtsträger abzuführen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 70/03
Verkündet am:
12. Februar 2004
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine tarifvertraglich zur Einziehung von Sozialkassenbeiträgen der Arbeitgeber ermächtigte
Stelle kann auch insoweit als Anfechtungsgegnerin zur Rückgewähr verpflichtet
sein, als sie fremdnützig eingezogene Beiträge an die hierzu berechtigten
Sozialkassen ausgekehrt hat.
BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - IX ZR 70/03 - LG Wiesbaden
AG Wiesbaden
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden die Urteile der 10. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 29. Januar 2003 und des Amtsgerichts Wiesbaden vom 29. Juli 2002 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.345,15 nebst 5 v.H. jährlichen Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15. Februar 2002 zu zahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die damals bereits zahlungsunfähige Schuldnerin übergab am 14. September 1999 (Anlage K 3) auf der Grundlage eines entsprechenden Zahlungstitels dem Gerichtsvollzieher 5.000 DM in bar zur Abführung an die beklagte Zusatzversorgungskasse, einen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Der Beklagte zog außer den eigenen Beiträgen aufgrund tarifvertragli-
cher Ermächtigung auch die Beiträge anderer Sozialkassen der Bauwirtschaft von den Arbeitgebern ein und führte hierüber Beitragskonten (§§ 3 und 24 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe, Stand 10. Dezember 1997 – im folgenden VTV).
Der Gerichtsvollzieher kehrte den Zahlbetrag nach Abzug von 15,50 DM Vollstreckungskosten an den Beklagten aus, der hiervon 413,29 DM = 211,31 als eigenen Beitrag einbehielt. Den überschießenden Betrag leitete er an die insoweit berechtigten Sozialkassen weiter.
Am 8. Dezember 1999 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin beantragt. Nach Eröffnung des Verfahrens verlangte der klagende Insolvenzverwalter den Zahlungsbetrag von dem Beklagten im Wege der Anfechtung zurück.
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Rückzahlung des vereinnahmten ! #"$ %& Beitrages von 211,31 abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hatte keinen Erfolg. Mit seiner - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger den aberkannten Rückgewähranspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Landgericht ist der Ansicht des Amtsgerichts gefolgt, daß der Beklagte zur Masse nur dasjenige zurückgewähren müsse, was er selbst erlangt habe. Soweit der Beklagte den vollstreckten Betrag als tarifvertraglich ermächtigte Einzugsstelle für Rechnung anderer Kassen geltend gemacht, erhalten und - wie hier - an die Berechtigten weitergeleitet habe, sei er nicht der richtige Anfechtungsgegner.

II.


Gegen diese Annahme des Berufungsgerichts wendet sich die Revision mit Recht. Die Klage ist vollen Umfangs begründet.
1. Die Revision beanstandet allerdings ohne Erfolg, daß das Berufungsurteil die Berufungsanträge (§ 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) nicht wiedergebe. Denn die Entscheidungsgründe des Landgerichts lassen hinreichend erkennen, daß der Kläger den geltend gemachten Anspruch in seinem aberkannten Teil ohne Einschränkung weiterverfolgt und insoweit die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt hat. Die Entscheidungsgründe enthalten die im Zusammenhang hier noch genügende Angabe, daß die Berufung sich gegen die Teilabweisung der Klage durch das Amtsgericht wende (vgl. zu den Anforderungen an das Berufungsurteil insoweit BGH, Urt. v. 26. Februar 2003 – VIII ZR 262/02, NJW 2003, 1743; v. 30. September 2003 – VI ZR 438/02, NJW 2004, 293 f).
2. Der Beklagte schuldet dem Kläger Rückgewähr auch der Sozialkassenbeiträge , die er als tarifvertragliche Einzugsstelle fremdnützig gegen die
Schuldnerin vollstreckt und an die berechtigten Kassen ausgekehrt hat. Dabei ist der Anfechtungsgrund (§ 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO) zwischen den Parteien nicht mehr im Streit und wird auch von der Revisionserwiderung rechtlich nicht in Zweifel gezogen.

a) Das Oberlandesgericht Hamburg ist in einer vom Berufungsgericht als nicht einschlägig betrachteten Entscheidung (abgedruckt ZIP 2001, 708, 710) zu dem Ergebnis gekommen, daß der Insolvenzverwalter die Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen (§ 28d SGB IV) gegenüber der Krankenkasse (§ 4 Abs. 2 SGB V) als Einzugsstelle (§§ 28h, 28i SGB IV) auch insoweit anfechten kann, als diese Beträge im Innenverhältnis anderen Versicherungsträgern zustehen. Dem zugrunde liegt, daß nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (insbesondere BSGE 15, 118, 122 f) die Einzugsstelle gemäß § 28h SGB IV (ebenso schon nach § 1399 Abs. 1 RVO; vgl. auch § 121 Abs. 1 AVG und § 176 Abs. 1 AFG) Verwaltungstreuhänderin der von ihr einzuziehenden Fremdbeiträge ist; ihr sind für den Beitragseinzug Rechte übertragen worden, so daß sie gegenüber den Arbeitgebern als Inhaberin der Gesamtforderung auftritt, selbst wenn im Innenverhältnis zu den anderen Versicherungsträgern deren Beiträge ein fremdes Recht bleiben. Im sozialversicherungsrechtlichen Schrifttum wird die Verwaltungshoheit der Einzugsstellen für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag so verstanden, daß sie auch Gläubiger der Beitragsansprüche sind (z.B. Hauck/Haines/Sehnert, SGB Losebl. § 28h SGB IV Stand April 1999 Rn. 4; Wannagat/Felix, SGB Losebl. § 28h SGB IV Stand April 2003 Rn. 10 a.E.; vgl. ebenso KG ZIP 2003, 589, 590). Unabhängig davon spricht wegen der Verwaltungshoheit der sozialversicherungsrechtlichen Einzugsstellen vieles dafür, daß sie im Hinblick auf den verwalteten Gesamtsozialversicherungsbeitrag jedenfalls Insolvenzgläubiger im Sinne der Deckungs-
anfechtung sein können. Sie können anfechtungsrechtlich mithin im Grundsatz auch zur Rückgewähr des Gesamtsozialversicherungsbeitrags verpflichtete Empfänger im Sinne der §§ 143, 144 InsO sein (vgl. dazu MünchKommInsO /Kirchhof, § 143 Rn. 5).
Demgegenüber haben das Kammergericht (aaO S. 589 f = NZI 2002, 660) und das Oberlandesgericht Frankfurt (Urt. v. 1. Februar 2002 - 2 U 20/01, Umdruck S. 7) Sozialkassen im Baugewerbe, die tarifvertragliche Arbeitgeberbeiträge in einem Gesamtbetrag einziehen, anfechtungsrechtlich nicht als Empfänger solcher Beiträge angesehen, die anderen Sozialkassen zufließen (zustimmend HK-InsO/Kreft, 3. Aufl. § 129 Rn. 89). Die Sozialkassen machen insoweit nur fremde Ansprüche im eigenen Namen kraft tarifvertraglicher Ermächtigung geltend (BAG AP Nr. 1 und 11 zu § 4 TVG Gemeinsame Einrichtungen ).

b) Zur Rückgewähr verpflichtet ist nach § 143 InsO der Empfänger, der die Leistung des Schuldners erlangt hat (vgl. auch § 144 InsO). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagte danach auch insoweit Rückgewährschuldner gewesen, als er die tarifvertraglichen Arbeitgebersozialleistungen der Schuldnerin für fremde Rechnung einzuziehen hatte.
Die bereicherungsrechtlich differenziert gelöste Frage, wer nach Abtretung nicht bestehender Ansprüche zur Herausgabe der rechtsgrundlos erlangten Leistung verpflichtet ist, hat der Bundesgerichtshof in dem rechtlich ähnlichen Zusammenhang der Insolvenzanfechtung eingezogener Gesamtsozialversicherungsbeiträge ohne nähere Erörterung auch bisher schon zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen als Einzugsstellen beantwortet (vgl. dazu
BGHZ 149, 100; 178; BGH, Urt. v. 10. Juli 2003 – IX ZR 89/02, WM 2003, 1776). Auf das Innenverhältnis der Einzugsstellen als Verwaltungstreuhänder der anderen Sozialversicherungsträger und auf die teilweise Fremdnützigkeit des Beitragseinzugs kommt es insoweit nicht an. Die Treugeber sind in diesen Fällen nicht Anfechtungsgegner.
In der insolvenzrechtlichen Wertung kann die Rechtsstellung des Beklagten als tarifvertragliche Einzugsstelle eines Gesamtsozialkassenbeitrags aber nicht anders beurteilt werden, obwohl hier ein treuhänderischer Rechtsübergang von den in das tarifvertragliche Leistungssystem eingebundenen Sozialkassen auf die Einzugsstelle nicht stattfindet. Der Beklagte ist als Einzugsstelle im Rahmen der Deckungsanfechtung gleichwohl wie ein Insolvenzgläubiger zu behandeln. Das Innenverhältnis zwischen der Einzugsstelle und den hinter ihr stehenden anderen Sozialkassen spielt auch für diese Fallgruppe anfechtungsrechtlich keine entscheidende Rolle.
Im Außenverhältnis zu den Beitragsschuldnern besteht zwischen gesetzlicher und tarifvertraglicher Einzugsstelle anfechtungsrechtlich kein wesentlicher Unterschied. Der Beklagte ist zur Einziehung der Arbeitgebersozialleistungen tarifvertraglich ermächtigt, soweit Beiträge an andere Sozialkassen abzuführen sind. Die Arbeitgeber können gemäß § 24 Abs. 1 VTV, § 362 Abs. 2 BGB auf die Beitragsforderungen aller systemangehörigen Sozialkassen befreiend nur an den Beklagten leisten; der Beklagte hat die ausschließliche Empfangszuständigkeit der trarifvertraglich geregelten Arbeitgebersozialleistungen. Der Beklagte ist für die Durchsetzung aller Beitragsforderungen des tarifvertraglichen Systems Prozeßstandschafter, Titelgläubiger und Klauselberechtigter im Sinne des § 725 ZPO (vgl. insoweit BGH, Urt. v. 22. September
1982 – VIII ZR 293/81, NJW 1983, 1678 zur gewillkürten Prozeßstandschaft im allgemeinen). In Ausnutzung dieser Befugnisse ist der Beklagte auch wie ein Vollrechtsinhaber gegen die spätere Gemeinschuldnerin vorgegangen und hat ihre Leistungen noch während der Krise mit Vollstreckungszwang beigetrieben.
Diese anfechtungsrechtliche Interessenabwägung steht im Einklang mit den bereicherungsrechtlichen Lösungen, die auch anderweitig in der Anfechtungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Wertungsparallelen herangezogen worden sind (vgl. BGHZ 142, 284, 287 für die Anweisungslage; BGH, Urt. v. 5. Februar 2004 – IX ZR 473/00, z.V.b. für die Drittzahlung gemäß § 267 BGB). Zum Bereicherungsrecht hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß der Drittschuldner seine Leistung an den Vollstreckungsgläubiger von diesem zurückfordern kann, wenn die zur Einziehung überwiesene Forderung nicht besteht (BGHZ 151, 127, 130 f). Auch dort ergibt sich die Rückgewährpflicht – wie im Streitfall – aus der Einziehungsermächtigung und alleinigen Empfangszuständigkeit des Vollstreckungsgläubigers (§ 836 Abs. 1 ZPO). Dagegen sind die Leistungsbeziehungen im Streitfall mit einer Anweisungslage nicht vergleichbar , bei der die Schuldnerin dem Beklagten auf die fremden Beitragsansprüche nichts geleistet hätte. Denn es gibt kein Valutaverhältnis zwischen den anderen Sozialkassen, wenn man sie als Anweisende der angewiesenen Schuldnerin denkt, und dem Beklagten, ihrer Einzugsstelle. Vielmehr mußte der Beklagte die fremdnützig eingezogenen Arbeitgeberbeiträge nach § 667 BGB an die insoweit berechtigten anderen Sozialkassen herausgeben.
In der Gesamtschau spricht deshalb alles dafür, den trarifvertraglich einzugsermächtigten Beklagten auch insoweit selbst als Empfänger und damit als
Anfechtungsgegner zu betrachten, als er keine eigenen Beitragsansprüche vollstreckt hat.

c) Der Beklagte kann gegen den Anfechtungsanspruch des Klägers nicht einwenden, nach Weiterleitung der fremdnützig eingezogenen Beiträge an die empfangsberechtigten Sozialkassen entreichert zu sein. Das Gesetz schließt diesen Einwand durch § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO mit der Verweisung auf § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, §§ 292, 989 BGB für den Regelfall aus. Ausnahmsweise kann sich zwar der gutgläubige Empfänger einer unentgeltlichen Leistung nach § 143 Abs. 2 InsO auf den Entreicherungseinwand berufen. Diese gesetzliche Ausnahme greift aber vorliegend nicht ein; denn den eingezogenen Arbeitgeberbeiträgen standen im Leistungsaustausch tarifvertragliche Ansprüche der Arbeitnehmer gegen die jeweiligen Sozialkassen gegenüber.
Auch dem uneigennützigen Treuhänder des Schuldners hat der Senat bei der Bemessung des anfechtungsrechtlichen Wertersatzes die Berufung auf eine Entreicherung gestattet, weil die formelle Rechtsstellung, die er erlangt hat, von vornherein schuldrechtlich gebunden war (vgl. BGHZ 124, 298, 303). In diesem Fall war aus dem Schuldnervermögen jedoch nur die formale, auf den Treuhänder übergegangene Rechtsposition ausgeschieden und anschließend zugunsten des Schuldners selbst wieder aufgegeben worden. Um eine vergleichbare Gestaltung geht es im Streitfall nicht. Aus dem Vermögen der Schuldnerin war der an den Gerichtsvollzieher übergebene Geldbetrag rechtlich und wirtschaftlich endgültig ausgeschieden.
3. Der Kläger kann endlich die Rückgewähr der Vollstreckungskosten beanspruchen, die der Gerichtsvollzieher von der Leistung der Schuldnerin einbehalten hat.
Die Vorinstanzen haben die Klage in diesem Punkt ohne Gründe abgewiesen (§ 547 Nr. 6 ZPO). Ob der absolute Verfahrensfehler hinreichend gerügt worden ist, mag offenbleiben. Denn das Revisionsgericht darf auch bei zutreffender Rüge, daß das Berufungsurteil nicht mit Gründen versehen sei, wenn möglich nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden (vgl. BGH, Urt. v. 28. September 1978 - III ZR 203/74, VersR 1979, 348, 349). So liegt es hier. Der Beklagte hat nach begründeter Anfechtung auch die als Vollstreckungskosten einbehaltenen 15,50 DM dem Kläger zu ersetzen.
Die Vollstreckungskosten sind gleichfalls dem haftenden Vermögen der Schuldnerin entzogen worden. Der Beklagte schuldete diese Kosten dem Gerichtsvollzieher als Auftraggeber nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 GvKostG und konnte dafür von der (Vollstreckungs-)Schuldnerin nach § 788 ZPO Erstattung verlangen. Der eingezogene Betrag ist nach § 367 BGB mit Vorrang gegenüber den Beitragsansprüchen auf diesen Kostenerstattungsanspruch angerechnet worden , für den der Beklagte selbst Insolvenzgläubiger war. Der Beklagte hat insoweit auf Kosten der Schuldnerin in anfechtbarer Weise die Befreiung von den ihn treffenden Gerichtsvollzieherkosten erlangt. Dafür hat er der Masse Wertersatz zu leisten. In dieser Hinsicht liegt der Streitfall anders als in der Sache des Landgerichts Hamburg (Urteilsabdruck in ZIP 2001, 711, 715; zustimmend dazu MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 143 Rn. 5); denn dort war die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle gemäß § 28h SGB IV nicht zugleich
auch Vollstreckungsbehörde, sondern diese Zuständigkeit lag gemäß § 66 Abs. 1 SGB IV, §§ 19, 4 Buchst. b) BVwVG bei dem Hauptzollamt.
Kreft Ganter Raebel
Kayser Cierniak
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3. Der Einwand der Revisionserwiderung, dass nach Art. 106 Abs. 3 GG die Ertragshoheit der gezahlten Lohn- und Umsatzsteuern nur teilweise bei dem beklagten Land liege, ändert an dem Umfang der anfechtungsrechtlichen Rückgewährpflicht nichts. Es kommt anfechtungsrechtlich insoweit allein auf die Verwaltungshoheit der entrichteten Abgaben an, wie das beim Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags durch die gesetzlichen Krankenkassen und beim Einzug tarifvertraglicher Sozialkassenbeiträge seit langem anerkannt ist. Anfechtungsgegner ist in allen Fällen allein die Einzugsstelle (BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - IX ZR 70/03, NJW 2004, 2163, 2164 mwN; vom 21. Oktober 2004 - IX ZR 71/02, ZIP 2005, 38 f). Der Senat hat bereits entschieden, dass dieser Grundsatz auch für den hier gegebenen Fall der Erhebung von Steuern gilt, die von der einziehenden Stelle (teilweise) an einen anderen Rechtsträger abzuführen sind (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 87/06, WM 2007, 2158 Rn. 4; ebenso OLG Hamm, ZIP 2010, 996). Der Beklagte hat sich auf eine anderweitige Rechtsfolge für die Rückgewähr der gezahlten Steuern und die nach Verfahrenseröffnung geschuldeten Rechtshängigkeitszinsen, die nicht mehr im Streit stehen, auch nicht berufen. Es wäre widersprüchlich, für die Nutzungsherausgabe nach § 987 Abs. 1 BGB anders zu entscheiden, weil eine anteilige Verpflichtung der im Innenverhältnis am Steueraufkommen beteiligten öffentlichen Körperschaften nicht besteht.

(1) Zölle, Finanzmonopole, die bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern ab dem 1. Juli 2009 sowie die Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften werden durch Bundesfinanzbehörden verwaltet. Der Aufbau dieser Behörden wird durch Bundesgesetz geregelt. Soweit Mittelbehörden eingerichtet sind, werden deren Leiter im Benehmen mit den Landesregierungen bestellt.

(2) Die übrigen Steuern werden durch Landesfinanzbehörden verwaltet. Der Aufbau dieser Behörden und die einheitliche Ausbildung der Beamten können durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt werden. Soweit Mittelbehörden eingerichtet sind, werden deren Leiter im Einvernehmen mit der Bundesregierung bestellt.

(3) Verwalten die Landesfinanzbehörden Steuern, die ganz oder zum Teil dem Bund zufließen, so werden sie im Auftrage des Bundes tätig. Artikel 85 Abs. 3 und 4 gilt mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Bundesregierung der Bundesminister der Finanzen tritt.

(4) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, kann bei der Verwaltung von Steuern ein Zusammenwirken von Bundes- und Landesfinanzbehörden sowie für Steuern, die unter Absatz 1 fallen, die Verwaltung durch Landesfinanzbehörden und für andere Steuern die Verwaltung durch Bundesfinanzbehörden vorgesehen werden, wenn und soweit dadurch der Vollzug der Steuergesetze erheblich verbessert oder erleichtert wird. Für die den Gemeinden (Gemeindeverbänden) allein zufließenden Steuern kann die den Landesfinanzbehörden zustehende Verwaltung durch die Länder ganz oder zum Teil den Gemeinden (Gemeindeverbänden) übertragen werden. Das Bundesgesetz nach Satz 1 kann für ein Zusammenwirken von Bund und Ländern bestimmen, dass bei Zustimmung einer im Gesetz genannten Mehrheit Regelungen für den Vollzug von Steuergesetzen für alle Länder verbindlich werden.

(4a) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können bei der Verwaltung von Steuern, die unter Absatz 2 fallen, ein Zusammenwirken von Landesfinanzbehörden und eine länderübergreifende Übertragung von Zuständigkeiten auf Landesfinanzbehörden eines oder mehrerer Länder im Einvernehmen mit den betroffenen Ländern vorgesehen werden, wenn und soweit dadurch der Vollzug der Steuergesetze erheblich verbessert oder erleichtert wird. Die Kostentragung kann durch Bundesgesetz geregelt werden.

(5) Das von den Bundesfinanzbehörden anzuwendende Verfahren wird durch Bundesgesetz geregelt. Das von den Landesfinanzbehörden und in den Fällen des Absatzes 4 Satz 2 von den Gemeinden (Gemeindeverbänden) anzuwendende Verfahren kann durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt werden.

(6) Die Finanzgerichtsbarkeit wird durch Bundesgesetz einheitlich geregelt.

(7) Die Bundesregierung kann allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen, und zwar mit Zustimmung des Bundesrates, soweit die Verwaltung den Landesfinanzbehörden oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) obliegt.

(1) Die Steuer wird, wenn der Zeitpunkt der Beendigung der Steuerpflicht nicht feststeht, unbefristet, in allen anderen Fällen für einen bestimmten Zeitraum oder tageweise festgesetzt. Wird ein Saisonkennzeichen zugeteilt, so wird die Steuer ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Gültigkeit des Kennzeichens für die Dauer der Gültigkeit unbefristet festgesetzt. Kann der Steuerschuldner den Entrichtungszeitraum wählen (§ 11 Abs. 2), so wird die Steuer für den von ihm gewählten Entrichtungszeitraum festgesetzt; sie kann auch für alle in Betracht kommenden Entrichtungszeiträume festgesetzt werden.

(2) Die Steuer ist neu festzusetzen,

1.
wenn sich infolge einer Änderung der Bemessungsgrundlagen oder des Steuersatzes eine andere Steuer ergibt,
2.
wenn die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung, eine Steuerermäßigung oder die Nichterhebung der Steuer für Kraftfahrzeuganhänger (§ 10 Abs. 1) oder für Personenkraftwagen (§§ 10a und 10b) eintreten oder wegfallen oder wenn nachträglich festgestellt wird, dass die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben oder nicht vorliegen,
3.
wenn die Steuerpflicht endet. Die Steuerfestsetzung erstreckt sich auf die Zeit vom Beginn des Entrichtungszeitraums, in den das Ende der Steuerpflicht fällt, bis zum Ende der Steuerpflicht,
4.
wenn eine Steuerfestsetzung fehlerhaft ist, zur Beseitigung des Fehlers. § 176 der Abgabenordnung ist hierbei entsprechend anzuwenden; dies gilt jedoch nur für Entrichtungszeiträume, die vor der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Gerichtshofs des Bundes liegen. Die Steuer wird vom Beginn des Entrichtungszeitraums an neu festgesetzt, in dem der Fehler der für die Ausübung der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zuständigen Behörde bekannt wird, bei einer Erhöhung der Steuer jedoch frühestens vom Beginn des Entrichtungszeitraums an, in dem der Steuerbescheid erteilt wird,
5.
wenn die Dauer des Betriebszeitraums eines Saisonkennzeichens geändert wird.

(3) Ist die Steuer nur für eine vorübergehende Zeit neu festzusetzen, so kann die nach Absatz 1 ergangene Steuerfestsetzung durch eine Steuerfestsetzung für einen bestimmten Zeitraum ergänzt werden. Die Ergänzungsfestsetzung ist auf den Unterschiedsbetrag zu beschränken.

(4) Die nach Absatz 1 ergangene Steuerfestsetzung bleibt unberührt, wenn für das Fahrzeug des Steuerschuldners eine andere Zulassungsbehörde zuständig wird.

(5) (weggefallen)

(1) Die Zulassungsbehörde darf ein Fahrzeug erst zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zulassen, wenn die Besteuerungsgrundlagen im Sinne von § 8 festgestellt und in der Zulassungsbescheinigung Teil I ausgewiesen sind und wenn nachgewiesen ist, dass den Vorschriften über die Kraftfahrzeugsteuer genügt ist. Die Zulassung ist davon abhängig, dass

1.
Im Falle einer Steuerpflicht eine schriftliche Ermächtigung zum Einzug der Kraftfahrzeugsteuer von einem Konto des Fahrzeughalters oder eines Dritten bei einem Geldinstitut erteilt worden ist oder eine Bescheinigung vorgelegt wird, wonach die für die Ausübung der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zuständige Behörde auf eine Einzugsermächtigung wegen einer erheblichen Härte für den Fahrzeughalter verzichtet, oder
2.
im Falle einer Steuerbefreiung oder einer Nichterhebung der Steuer nach § 10 Absatz 1 die Voraussetzungen nachgewiesen oder glaubhaft gemacht sind.

(2) Die Zulassung des Fahrzeugs darf erst erfolgen, wenn die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen werden soll, keine Kraftfahrzeugsteuerrückstände hat. § 276 Absatz 4 der Abgabenordnung ist hierbei entsprechend anzuwenden. Ein halterbezogener Kraftfahrzeugsteuerrückstand von weniger als 5 Euro steht der Zulassung nicht entgegen. Die für die Ausübung der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zuständige Behörde darf der Zulassungsbehörde Auskünfte über Kraftfahrzeugsteuerrückstände der Fahrzeughalter erteilen. Die für die Prüfung der Kraftfahrzeugsteuerrückstände erforderlichen Daten sind der Zulassungsbehörde elektronisch zur Verfügung zu stellen. Die Zulassungsbehörde darf das Ergebnis der Prüfung der Kraftfahrzeugsteuerrückstände der Person mitteilen, die das Fahrzeug zulässt. Beauftragt der Steuerpflichtige einen Dritten mit der Zulassung des Fahrzeugs, so hat er sein Einverständnis hinsichtlich der Bekanntgabe seiner kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Verhältnisse durch die Zulassungsbehörde an den Dritten schriftlich zu erklären. Die Zulassung des Fahrzeugs ist in diesen Fällen von der Vorlage der Einverständniserklärung abhängig. Die Zulassungsbehörde kann mit Zustimmung der für die Ausübung der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zuständigen Behörde in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zulassen.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.