Landgericht Essen Urteil, 23. Okt. 2014 - 6 O 175/14


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger gesamtschuldnerisch zu 85 %; die weiteren 15 % der Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin allein.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche aus zwei zwischen ihnen geschlossenen Darlehensverträgen, nachdem die Kläger deren Widerruf erklärt haben.
3Die Klägerin zu 1) schloss am 20.09.2007 zur Finanzierung eines Grundstückskaufs mit der Beklagten zwei Darlehensverträge über jeweils 65.000 € unter den Darlehensnummern … und … Ferner schloss die Klägerin zu 1) – zusammen mit dem Kläger zu 2) – am 20.09.2007 einen weiteren Darlehensvertrag mit der Beklagten über eine Darlehenssumme von 510.000 € unter der Nr. ...
4In den Darlehensverträgen befand sich jeweils eine Widerrufsbelehrung (vgl. Bl. 7, Bl. 10, Bl. 70 d.A.), die jeweils folgenden Wortlaut hat:
5„Widerrufsrecht
6Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: […]
7Bank T , L-Str. …, … I
8Fax: …
9e-Mail: ...de
10www ... de
11Widerrufsfolgen
12Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung ihrer Widerrufserklärung erfüllen.
13Ort, Datum Unterschrift des Verbrauchers
14I,
15Ihre Bank T“
16Mit Schreiben vom 19.12.2013 erklärte die Klägerin zu 1) – bzgl. des Vertrages mit der Endnummer -… gemeinsam mit dem Kläger zu 2) – den Widerruf hinsichtlich beider Darlehensverträge und begehrt nunmehr Rückzahlung der von ihr auf die Darlehen gezahlten Raten.
17Die Klägerin ist der Ansicht, dass insoweit eine Feststellungsklage zulässig sei; denn die Widerrufserklärung sei zwar eine Rechtstatsache, diese sei aber nicht Gegenstand der Feststellungsklage. Gegenstand der Anträge sei vielmehr die mögliche Beendigung der Darlehensverträge durch den Widerruf. Die Darlehensverträge seien auch – trotz Umwandlung in ein Rückabwicklungsverhältnis – beendet, weil das Rückabwicklungsverhältnis ein eigenständiges Rechtsverhältnis darstelle.
18Die Klägerin meint außerdem, die Widerrufsbelehrung sei unzureichend, weswegen der Widerruf noch 2013 wirksam habe erklärt werden können. Die Beklagte könne sich auch nicht auf Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes berufen, weil die Widerrufsbelehrung dadurch vom Mustertext der BGB Info-VO abweiche, dass der Gestaltungshinweis Nr. 6 gemäß Anlage 2 der BGB Info-VO in die streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen eingefügt worden sei. Dies gelte umso mehr, als die Zahlungsverpflichtung durch Verwendung der Formulierung „kann“ nur als möglich dargestellt werde, so dass für den Verbraucher eine Ungewissheit entstehe. Hinsichtlich der Darlehensvertrages Nr. … ist die Klägerin der Ansicht, dass die Widerrufsbelehrung schon deshalb nicht ordnungsgemäß gewesen sei, weil – unstreitig – beiden Eheleuten nur ein einziges Exemplar der Widerrufsbelehrung gemeinsam ausgehändigt worden sei, nicht hingegen jeweils ein separates Exemplar, obwohl beide Eheleute Vertragspartner gewesen seien.
19Die Klägerin zu 1) hat ursprünglich im Hinblick auf die Darlehensverträge Nr. … und … beantragt,
20- 21
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.566,56 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 22
2. festzustellen, dass die Darlehensverträge zwischen ihr und der Beklagten Nr. … über 65.000 € sowie Nr. … über 65.000 € durch den erklärten Widerruf vom 19.12.2013 wirksam beendet sind und keine gegenseitigen Rechte und Pflichten mehr daraus bestehen.
Im Wege der Klageerweiterung hat sie sodann unter Aufrechterhaltung ihrer bisherigen Anträge und unter Berücksichtigung des Darlehensvertrages Nr. … zusätzlich beantragt,
24- 25
3. die Beklagte zu verurteilen, an sie 36.516,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 26
4. festzustellen, dass der Darlehensvertrag zwischen ihr und der Beklagten Nr. … über 510.000 € durch den Widerruf vom 19.12.2013 wirksam beendet ist und keine gegenseitigen Rechte und Pflichten mehr daraus bestehen.
Nach Rüge der Prozessführungsbefugnis der Klägerin zu 1) bezüglich der Anträge zu 3) und 4) durch die Beklagte haben sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 1) auch für den Kläger zu 2) bestellt und beantragen nunmehr unter Aufrechterhaltung der Klageanträge zu 1) und 2) zusätzlich,
28- 29
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 36.516,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 30
4. festzustellen, dass der Darlehensvertrag zwischen den Klägern und der Beklagten Nr. … über 510.000 € durch den Widerruf vom 19.12.2013 wirksam beendet ist und keine gegenseitigen Rechte und Pflichten mehr daraus bestehen.
Die Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Im Wege der Hilfswiderklage beantragt sie,
34- 35
1. die Klägerin zu 1) zu verurteilen, an sie 63.897,75 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 36
2. die Kläger ferner als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 482.082,61 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Kläger beantragen,
38die Hilfswiderklage abzuweisen.
39Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Feststellungsantrag unzulässig sei, weil er darauf gerichtet sei, festzustellen, dass die Darlehensverträge gerade durch den erklärten Widerruf wirksam beendet worden seien. Ferner sei die Formulierung, dass keine gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Darlehensvertrag mehr bestünden, angesichts des Bestehens eines Rückgewährschuldverhältnisses zu weitgehend. Zudem meint die Beklagte, dass der Klägerin das notwendige Feststellungsinteresse fehle.
40Zudem meint die Beklagte, dass die Widerrufsbelehrungen unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht fehlerhaft seien, weil sie genau der BGB Info-VO entsprächen.
41Ferner hält die Beklagte den Widerruf wegen unzulässiger Rechtsausübung für unwirksam. In diesem Zusammenhang behauptet sie, dass es der Klägerin allein darum gegangen sei, eine günstige Umfinanzierung zu erreichen.
42Im Hinblick auf die Hilfswiderklage ist die Beklagte der Auffassung, dass ihr nach einem wirksamen Widerruf seitens der Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung der jeweiligen Darlehensvaluta zustünde.
43Entscheidungsgründe:
441. Teil: Klageantrag zu 1)
45Der Klageantrag zu 1) ist zulässig, aber unbegründet.
46Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Zahlung von 6.566,56 € gegen die Beklagte. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1, 357 Abs. 1 S. 1, 346 ff. BGB.
47Die Klägerin hat zwar als Verbraucherin zwei Verbraucherdarlehensverträge (Endnummern -… und -…) im Sinne des § 491 Abs. 1 BGB mit der Beklagten geschlossen.
48Sie hat auch mit Schreiben vom 19.12.2013 den Widerruf bezüglich dieser Darlehensverträge erklärt.
49Der Widerruf ist jedoch nicht rechtzeitig erklärt worden. Denn die Klägerin hat die gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB (in der vom 08.12.2004 bis 10.06.2010 gültigen Fassung, vgl. Art. 229 §§ 9 Abs. 1, 22 Abs. 2 EGBGB) geltende Widerrufsfrist von 2 Wochen, die nach Erhalt der Widerrufserklärung bei Vertragsunterzeichnung am 20.09.2007 begann, nicht eingehalten:
50Die Widerrufsfrist beginnt gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F., sobald dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist. Dabei muss die Widerrufsbelehrung umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, das Widerrufsrecht auszuüben. Ein Verbraucher ist deshalb eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist zu informieren (vgl. BGH, Urt. v. 28.06.2011, Az. XI ZR 349/10; OLG Hamm, Urt. v. 19.11.2012, Az. 31 U 97/12). Die vorliegend verwendete Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ genügt den o.g. Erfordernissen nicht (OLG Hamm, a.a.O.). Insbesondere müsste auch der Hinweis enthalten sein, dass die Frist gemäß § 355 Abs. 2 S. 3 (a.F.) BGB nicht beginnt, bevor der Verbraucher nicht im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist (OLG Hamm, a.a.O.; jetzt: § 355 Abs. 3 S. 2 BGB). Dieser Hinweis fehlt vorliegend.
51Trotz dieser Fehlerhaftigkeit der Belehrung begann die Widerrufsfrist gleichwohl mit Erhalt der Widerrufsbelehrung in Textform bei Vertragsschluss am 20.09.2007 zu laufen. Denn die Beklagte kann sich auf den Vertrauensschutz gemäß § 14 Abs. 1, Abs. 3 BGB-InfoVO berufen, weil die streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung mit der Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoVO übereinstimmen (vergleiche zum Vertrauensschutz auch BGH, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.). Dazu im Einzelnen:
52Maßgeblich ist, ob der Wortlaut der Belehrung in jeder Hinsicht vollständig dem Muster in Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV entspricht. Sobald der Verwender den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht mehr berufen; dies gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderungen (BGH, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.).
53Vorliegend liegen keine Abweichungen vor. Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoVO in der Fassung vom 02.12.2004 – vgl. hierzu Art. 229 §§ 9 Abs. 1, 22 Abs. 2 EGBGB – lautet wie folgt:
54[zitiert nach juris]
56Der Gestaltungshinweis Nr. 1 ist nicht einschlägig, weil die Belehrung nicht erst nach Vertragsschluss mitgeteilt worden ist, sondern bereits bei Vertragsschluss. Der Gestaltungshinweis Nr. 2 ebenfalls nicht einschlägig, weil die streitgegenständlichen Leistungen nicht in der Überlassung von Sachen bestehen. Der Gestaltungshinweis Nr. 3, wonach der Name/die Firma und ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten einzusetzen sind, wurde beachtet. Außerdem wurde zusätzlich – wie es auch die Musterbelehrung vorsieht – eine Faxnummer sowie E-Mail Adresse und sogar eine Internetadresse angegeben. Gestaltungshinweis Nr. 4 war zu beachten, weil die beiderseitigen Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht wurden. Gestaltungshinweis Nr. 5 kommt nicht zur Anwendung, weil es sich vorliegend nicht um Teilzeit-Wohnrechteverträge im Sinne des § 485 Abs. 1 BGB handelt.
57Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, dass die Aufnahme von Gestaltungshinweis Nr. 6 fälschlicherweise erfolgt sei. Vielmehr entspricht die Aufnahme von Gestaltungshinweis Nr. 6 der Muster-Widerrufsbelehrung. Denn bei einer Darlehensgewährung handelt es sich um eine Finanzdienstleistung im Sinne der BGB Info-VO (vgl. OLG München, Urteil vom 21.10.2013, 19 U 1208/13; OLG Saarbrücken, Urt. v. 14.08.2014, Az. 4 U 120/13; indirekt auch OLG Hamburg, Beschluss vom 24.03.2014, Az. 13 U 52/14). Nach der Muster-Widerrufsbelehrung musste der Hinweis „Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen“ in die streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen aufgenommen werden. Auch der Satz „Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung erfüllen“ entspricht den Vorgaben der Muster-Widerrufsbelehrung in Anlage 2. Selbst wenn diese Hinweise verwirrend sein sollten, ist dies demzufolge der Beklagten nicht anzulasten, weil sie dadurch, dass sie sich genau an die Musterbelehrung erhalten hat, Vertrauensschutz genießt. Insofern kann es dahinstehen, ob die Aufnahme von Gestaltungshinweis Nr. 6 an sich verwirrend und daher fehlerhaft ist (so OLG Saarbrücken, Urt. v. 14.08.2014, Az. 4 U 120/13; anders: OLG Hamburg, Beschluss vom 24.03.2014, Az. 13 U 52/14), bzw. ob die fakultative Formulierung im Gestaltungshinweis Nr. 6 „dies kann dazu führen…“ irreführend ist.
58Gestaltungshinweis Nr. 7 ist nicht anwendbar, weil eine Übernahme von Versandkosten durch den Verbraucher nicht vereinbart worden ist. Gestaltungshinweis Nr. 8 ist nicht einschlägig, weil keine Fernabsatzverträge im Sinne des § 312 d Abs. 1 BGB vorliegen. Gestaltungshinweis Nr. 9 ist ebenfalls nicht anwendbar, weil keine Anhaltspunkte für ein verbundenes Geschäft vorliegen und hierzu auch nichts vorgetragen worden ist.
59Lediglich bei Gestaltungshinweis Nr. 10 findet sich eine geringfügige Abweichung der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung von der Musterbelehrung, weil die Beklagte zusätzlich zu Ort, Datum und Unterschriftsleiste noch die Worte „Ihre Bank T“ ergänzt hat. Dies ist indes weder abstrakt noch konkret geeignet, einen Verbraucher irrezuführen und stellt auch keine inhaltliche Abweichung oder gar Überarbeitung der Muster-Widerrufsbelehrung dar. Insoweit entfällt auch nicht der Vertrauensschutz.
60Dementsprechend begann die Widerrufsfrist mit Aushändigung der Widerrufsbelehrungen zusammen mit den übrigen Vertragsunterlagen am 20.09.2007 zu laufen und endete dementsprechend 2 Wochen später. Die Widerrufserklärung am 19.12.2013 war hiernach nicht mehr fristgemäß, weil die Zweiwochenfrist zu diesem Zeitpunkt längst abgelaufen war.
61Vor diesem Hintergrund kommt es auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Klägerin ihr Widerrufsrecht rechtsmissbräuchlich ausgeübt hat und sich daher den Einwand der Verwirkung entgegenhalten lassen muss, für die Entscheidung in der Sache nicht an, § 242 BGB.
622. Teil: Klageantrag zu 3)
63Der Klageantrag zu 3) ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet.
64Für die Rechtzeitigkeit des bezüglich des Darlehensvertrages Nr. … erklärten Widerrufs gelten die obigen Ausführungen entsprechend, weil die Widerrufsbelehrungen der verschiedenen, hier streitgegenständlichen Darlehensverträge allesamt identisch sind.
65Die Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag Nr. … ist auch nicht deshalb unwirksam, weil den beiden Klägern als Darlehensnehmern nur ein gemeinsames Exemplar der Widerrufsbelehrung ausgehändigt wurde, nicht aber jeweils ein separates Exemplar. Vielmehr reichte es aus, dass eine einzige Widerrufsbelehrung in der von beiden Darlehensnehmern unterschriebenen Vertragsurkunde enthalten war. Wird der Vertrag von mehreren Verbrauchern geschlossen, muss der Unternehmer zwar jeden Verbraucher gesondert belehren. Ausreichend ist aber eine Widerrufsbelehrung in der von allen Verbrauchern unterschriebenen Vertragsurkunde (Staudinger/Kaiser, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 55). Wenn eine Belehrung gegenüber mehreren Verbrauchern dadurch erfüllt wird, dass diese in ein- und derselben Vertragsurkunde enthalten ist und unterschrieben wird, muss es auch ausreichen, wenn nur diese Vertragsurkunde beiden Verbrauchern übergeben wird, zumal wenn diese – wie vorliegend – in ehelicher Gemeinschaft unter einem Dach leben. Denn der Sinn und Zweck von § 355 Abs. 2 S. 3 (a.F.) BGB liegt darin, dass dem Verbraucher ein Exemplar der Widerrufsbelehrung zur eigenen Verfügung verbleiben soll, auf das der Unternehmer keinen Zugriff mehr hat. Dies ist aber auch dann gewährleistet, wenn Eheleuten, die zusammen leben und auch zusammen wirtschaften, ein gemeinsames Exemplar übergeben wird. Dementsprechend löste auch die Aushändigung nur einer einzigen Widerrufsbelehrung an beide Eheleute am 20.09.2007 den Lauf der Widerrufsfrist aus. Bei Erklärung des Widerrufs am 19.12.2013 war diese Zweiwochenfrist längst abgelaufen.
663. Teil: Anspruch auf Zinsen ab Rechtshängigkeit gemäß Klageanträgen 1) und 3)
67Mangels Bestehens einer Hauptforderung auf Zahlung entfallen auch etwaige Ansprüche auf Zahlung von Zinsen ab Rechtshängigkeit.
684. Teil: Klageantrag zu 2) und 4)
69Die Klageanträge zu 2) und 4) sind zulässig, aber unbegründet
70Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, dass die Anträge schon deshalb unzulässig seien, weil die Kläger Feststellung begehrten, dass die Darlehensverträge gerade durch den erklärten Widerruf beendet seien. Denn bei der gebotenen Auslegung ergibt sich, dass es den Klägern die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geht. Eine Feststellungsklage muss auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein. Rechtsverhältnis ist insbesondere jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit (vgl. Zöller/Greger, 30. Auflage, § 256 Rn. 4). Dabei sind Klageanträge auslegungsfähig. Diese Auslegung ergibt vorliegend für die Anträge zu 2) und 4), dass es den Klägern – von diesen auch vorgetragen – maßgeblich auf die Frage der Beendigung der Darlehensverträge ankommt, nicht primär auf die Beurteilung des Widerrufs. Dieser ist nur Mittel zum Zweck, um die Beendigung der Darlehensverträge herbeizuführen.
71Die Kläger besitzen auch das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse. Denn unstreitig sind die Darlehen noch nicht abbezahlt, so dass eine weitere Inanspruchnahme durch die Beklagte droht.
72Die Anträge sind jedoch unbegründet. Dies folgt schon daraus, dass die Kläger Feststellung begehren, dass keine gegenseitigen Rechte und Pflichten mehr bestehen. Denn bei unterstelltem wirksamem Widerruf sind die Darlehensverträge nicht entfallen, sondern haben sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Grundlage dieses Rückgewährschuldverhältnisses sind aber immer noch die Darlehensverträge. Insoweit bestehen durch die mit dem Rückgewährschuldverhältnis verbundenen Rechte und Pflichten auch weiterhin indirekt die Rechte und Pflichten des Darlehensverhältnisses fort.
73Im Übrigen sind die Feststellungsanträge aus den oben genannten Gründen unbegründet, weil die Widerrufserklärungen nicht fristgerecht erfolgt sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
745. Teil: Hilfswiderklage
75Eine Entscheidung über die Hilfswiderklage war nicht angezeigt, weil bereits die Klage abzuweisen war. Vor diesem Hintergrund war die Kammer auch nicht gehalten, den Klägervertretern zu dem Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 30.09.2014 eine Stellungnahmefrist einzuräumen, zumal dieser Schriftsatz in der Sache keinen neuen entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag enthielt.
766. Teil: Nebenfolgen
77Die Entscheidung beruht hinsichtlich der Kosten auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO, hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

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Annotations
(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für Verbraucherdarlehensverträge, soweit nichts anderes bestimmt ist. Verbraucherdarlehensverträge sind Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge.
(2) Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer. Keine Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind Verträge,
- 1.
bei denen der Nettodarlehensbetrag (Artikel 247 § 3 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) weniger als 200 Euro beträgt, - 2.
bei denen sich die Haftung des Darlehensnehmers auf eine dem Darlehensgeber zum Pfand übergebene Sache beschränkt, - 3.
bei denen der Darlehensnehmer das Darlehen binnen drei Monaten zurückzuzahlen hat und nur geringe Kosten vereinbart sind, - 4.
die von Arbeitgebern mit ihren Arbeitnehmern als Nebenleistung zum Arbeitsvertrag zu einem niedrigeren als dem marktüblichen effektiven Jahreszins (§ 6 der Preisangabenverordnung) abgeschlossen werden und anderen Personen nicht angeboten werden, - 5.
die nur mit einem begrenzten Personenkreis auf Grund von Rechtsvorschriften in öffentlichem Interesse abgeschlossen werden, wenn im Vertrag für den Darlehensnehmer günstigere als marktübliche Bedingungen und höchstens der marktübliche Sollzinssatz vereinbart sind, - 6.
bei denen es sich um Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge oder Immobilienverzehrkreditverträge gemäß Absatz 3 handelt.
(3) Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer, die
- 1.
durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert sind oder - 2.
für den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder für den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten bestimmt sind.
- 1.
pauschale oder regelmäßige Zahlungen leistet oder andere Formen der Kreditauszahlung vornimmt und im Gegenzug nur einen Betrag aus dem künftigen Erlös des Verkaufs einer Wohnimmobilie erhält oder ein Recht an einer Wohnimmobilie erwirbt und - 2.
erst nach dem Tod des Verbrauchers eine Rückzahlung fordert, außer der Verbraucher verstößt gegen die Vertragsbestimmungen, was dem Kreditgeber erlaubt, den Vertrag zu kündigen.
(4) § 358 Abs. 2 und 4 sowie die §§ 491a bis 495 und 505a bis 505e sind nicht auf Darlehensverträge anzuwenden, die in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes gerichtliches Protokoll aufgenommen oder durch einen gerichtlichen Beschluss über das Zustandekommen und den Inhalt eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs festgestellt sind, wenn in das Protokoll oder den Beschluss der Sollzinssatz, die bei Abschluss des Vertrags in Rechnung gestellten Kosten des Darlehens sowie die Voraussetzungen aufgenommen worden sind, unter denen der Sollzinssatz oder die Kosten angepasst werden können.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Dem Verbraucher steht bei einem Teilzeit-Wohnrechtevertrag, einem Vertrag über ein langfristiges Urlaubsprodukt, einem Vermittlungsvertrag oder einem Tauschsystemvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.