Landgericht Essen Urteil, 26. Okt. 2016 - 11 O 317/15

ECLI:ECLI:DE:LGE:2016:1026.11O317.15.00
26.10.2016

Tenor

1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.575,60 Euro zuzüglich Zinsen aus 31.301,91 Euro in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 12.01.2016, zuzüglich weiterer eben solcher Zinsen ab dem 07.04.2016 aus 28.575,60 Euro zu zahlen.

2.Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus den von dem Kläger gezeichneten Beteiligungen an der O GmbH & Co. KG und der O1-GmbH & Co. KG im Nennwert von insgesamt US $ 46.000 resultieren und die ohne Zeichnung dieser Fondsanteile nicht eingetreten wären.

3.Die Verurteilung zu 1 – 2) erfolgt Zug-um-Zug gegen Übertragung der vom Kläger gezeichneten Beteiligungen an der O-GmbH & Co. KG und der O1-GmbH & Co. KG im Nennwert von insgesamt 46.000 US $ an die Beklagte.

4.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der vom Kläger gezeichneten Beteiligungen an der O GmbH & Co. KG und der O1-GmbH & Co. KG im Nennwert von insgesamt US $ 46.000 in Verzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
19. Juli 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zu Rückvergütungen, über die eine anlageberatende Bank einen Kapitalanleger
aufklären muss (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 9. März 2011 - XI ZR
191/10, WM 2011, 925 Rn. 21 ff.).

b) Zur Kausalität zwischen einer Aufklärungspflichtverletzung und dem Erwerb
einer Kapitalanlage (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 9. März 2011
- XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 33 ff.).

c) Zur schuldhaften Verletzung der Pflicht der anlageberatenden Bank, über
Rückvergütungen aufzuklären (Festhalten an Senatsbeschluss vom 29. Juni
2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694).

d) Zur Haftung wegen falscher Darstellung einer Kapitalgarantie.
BGH, Beschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10 - OLG Celle
LG Hannover
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold und
Pamp
am 19. Juli 2011
einstimmig beschlossen:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. April 2010 wird auf ihre Kosten nach § 552a ZPO i.V.m. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO zurückgewiesen.

Gründe:

1
Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 9. März 2011 (XI ZR 191/10, WM 2011, 925 ff.) Bezug genommen. Die Stellungnahme der Revision vom 11. Mai 2011 gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.
2
1. Entgegen der Ansicht der Revision ist ein Zulassungsgrund im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 - I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650 f.) nicht gegeben. Die Rechtsfrage, was unter aufklärungspflichtigen Rückvergütungen zu verstehen ist, ist - wie im Hinweisbeschluss im Einzelnen dargelegt - aufgrund der bisherigen Senatsrechtsprechung beantwortbar, so dass weder grundsätzliche Bedeutung noch Rechtsfortbildung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 Fall 1 ZPO) die Zulassung der Revision erfordern. Da das Berufungsgericht sich insgesamt in Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung befindet, erfordert auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) die Zulassung der Revision im vorliegenden Verfahren nicht, selbst wenn das Oberlandesgerichts Frankfurt am Main einen von der Senatsrechtsprechung abweichenden Obersatz aufgestellt hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 aaO Rn. 16).
3
2. Die Revision hat auch aus den im Hinweisbeschluss des Senats vom 9. März 2011 (aaO Rn. 17 ff.) genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg. Die Stellungnahme der Revision vom 11. Mai 2011 bietet keinen Anlass, von der Beurteilung im Hinweisbeschluss abzuweichen.
4
a) Zum unterschiedlichen dogmatischen Ansatz für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen einerseits und Innenprovisionen andererseits wird auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 21 ff.) verwiesen. Soweit die Revision sich nunmehr insgesamt gegen die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Pflicht einer anlageberatenden Bank, einen Anleger, dem sie eine Kapitalanlage empfiehlt, ungefragt über erhaltene Rückvergütungen aufzuklären, wendet, hält der Senat an seiner gefestigten Rechtsprechung fest (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 aaO Rn. 20 mwN). Die Revision beruft sich für ihre gegenteilige Ansicht auf das Senatsurteil vom 22. März 2011 (XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38). Dabei verkennt sie, dass es in jenem Urteil um die Frage der Aufklärung über den in die Vertragsbedingungen einkalkulierten Gewinn des Verkäufers im Zweipersonenverhältnis ging. Vorliegend geht es hingegen um verheimlichte Provisionsrückflüsse von einem Dritten an den Berater des Kapitalanlegers. In diesem Dreipersonenverhältnis ist der durch die Zuwendung bestehende Interessenkonflikt nicht offenkundig und muss darüber aufgeklärt werden. Das entspricht auch der gesetzlichen Wertung des § 31d WpHG.
5
Im Übrigen verkennt die Revision - worauf die Revisionserwiderung im Schriftsatz vom 30. Mai 2011 zutreffend hinweist -, dass nach ihrem eigenen Vortrag bei V 4 auch zumindest teilweise Rückvergütungen aus dem Agio geflossen sind. Die Beklagte hat vorgetragen, bis zu 8,72% bei V 4 erhalten zu haben, die aus den ausgewiesenen 4,9% Eigenkapitalvermittlung + 2% Platzierungsgarantie + 2% Finanzvermittlungsgebühr zurückzuführen seien. Da Vertriebsprovision , Finanzierungsvermittlungsprovision und Platzierungsgarantieprovision verschiedene Lebenssachverhalte betreffen und die beiden letzteren kein Entgelt für den Vertrieb darstellen, sind - unabhängig davon, ob, wie die Revisionserwiderung vorträgt, in einem Parallelverfahren ein Bankmitarbeiter als Zeuge ausgesagt hat, dass in der Vergütung das Agio in Höhe von 5% mitenthalten war (§ 138 Abs. 1 ZPO) - bereits nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zumindest Teile des Agios an sie geflossen.
6
b) Entgegen der Ansicht der Revision liegt - wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 28 ff.) ausgeführt hat - auch keine Divergenz zur Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vor. Der III. Zivilsenat hat im Gegenteil in seinem Urteil vom 3. März 2011 (III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 18 ff.) noch einmal bekräftigt, dass sich die Pflichten einer Bank und eines freien Anlageberaters bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise unterscheiden und die Bank danach in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung zur Aufklärung über Rückvergütungen verpflichtet ist.
7
c) Der Senat hat entgegen der Ansicht der Revision hinsichtlich der Kausalität auch kein Neuland betreten. Der Senat hat im Beschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 33 mwN) die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beweislastumkehr infolge der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens angewendet (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1973 - VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118, 122; Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; vom 14. Mai 1996 - XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1216; vom 7. Mai 2002 - XI ZR 197/01, BGHZ 151, 5, 12; vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, WM 2004, 1774, 1777 und BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789 Rn. 6, jeweils mwN).
8
Soweit die Revision meint, die Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (u.a. Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, WM 2006, 668, 671) weiche von der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab, so trifft das nicht zu. Die in einem obiter dictum angedeuteten Zweifel an einer langjährigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen keine Abweichung in einer Rechtsfrage dar.
9
Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe die Indizien, die gegen die Kausalitätsvermutung sprächen, nicht gewürdigt und angebotene Beweise nicht erhoben, vermag sie damit nicht durchzudringen. Es obliegt dem Tatrichter, die zur Verfügung stehenden Indizien nach § 286 ZPO zu würdigen. Die tatrichterliche Würdigung kann in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob sie vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292 Rn. 20 mwN). Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil stand. Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision die relevanten Indizien vollständig gewürdigt und sie für nicht durchgreifend erachtet. Es hat auch entgegen der Ansicht der Revision keine antizipierte Beweiswürdigung vorgenommen, sondern unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten rechtsfehlerfrei als Behauptung ins Blaue hinein gewertet. Soweit die Revision einer mangelnden Nachfrage des Zedenten Bedeutung beimessen will, verkennt sie, dass der Bankberater - anders als ein freier Anlageberater (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 21) - ungefragt nicht nur über das Ob, sondern auch über die Höhe der Rückvergütungen aufklären muss (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24). Es ist auch entgegen der Ansicht der Revision nicht treuwidrig, wenn der Anleger, der nicht nachgefragt hat, sich später auf die Aufklärungspflichtverletzung beruft. Weiter kann entgegen der Ansicht der Revision aus dem Einverständnis des Zedenten mit Provisionszahlungen bei Wertpapiergeschäften nicht auf sein Einverständnis mit Rückvergütungen im vorliegenden Fall geschlossen werden. Ein solcher Schluss wäre nur möglich, wenn der Anleger vergleichbare Produkte in Kenntnis dort geflossener Rückvergütungen erworben hätte (vgl. Ellenberger in Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft , AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, S. 37, 49 f. mwN). Das ist hier aber nicht der Fall.
10
d) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend das Verschulden der Beklagten festgestellt.
11
Das Verschulden wird bei Vorliegen einer Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Der Aufklärungspflichtige muss danach darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft (BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542 Rn. 18 und Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 17).
12
Soweit sich die Revision auf einen Rechtsirrtum beruft, übersieht sie, dass die Haftung wegen einer fahrlässig begangenen Pflichtverletzung nur bei Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums entfällt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1984 - VIII ZR 255/82, BGHZ 89, 296, 303; Urteile vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94, BGHZ 131, 346, 353 f. mwN). Wie der Senat mit Beschluss vom 29. Juni 2010 (XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. mwN) entschieden und eingehend begründet hat, kann sich eine anlageberatende Bank jedenfalls für die Zeit nach 1990 hinsichtlich ihrer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Soweit die Revision aus der Unterscheidung der Rechtsprechung zu Innenprovisionen und Rückvergütungen etwas anderes herleiten will, kann sie damit nicht durchdringen. Dass verheimlichte Rückflüsse aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufklärungspflichtig sind, konnte der veröffentlichten Rechtsprechung zum Zeitpunkt der streitigen Anlageberatung in den Jahren 2003 und 2004 entnommen werden (vgl. nur Senatsurteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239). Entgegen der Ansicht der Revision gab es keine Rechtsprechung, die das Verheimlichen von Rückvergütungen erlaubt hätte, so dass keine rückwirkende Rechtsprechungsänderung vorliegt (Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 11). Die Revision kann sich für ihre Ansicht auch nicht auf die Ausführungen von Nobbe (WuB I G. 1. - 5.10. S. 126) berufen. Diese betreffen Innenprovisionen, nicht jedoch Rückvergütungen.
13
e) Soweit sich die Revision gegen die Haftung der Beklagten in Bezug auf V 3 wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie wendet, kommt es darauf für die Entscheidung des Rechtsstreits nach oben Gesagtem nicht mehr an. Das Berufungsgericht hat aber auch insofern einen Schadensersatzanspruch der Klägerin zu Recht bejaht.
14
Zunächst ist die Einschätzung des Berufungsgerichts zutreffend, dass durch die Kurzübersicht (GA I 150) das Risiko der Fondsbeteiligung falsch dargestellt worden ist. Ferner hat das Berufungsgericht bindend festgestellt (§ 314 ZPO), dass unstreitig das Beratungsgespräch zu V 3 auf der Grundlage der Kurzübersicht geführt worden ist und dass diese Übersicht dem Zedenten ausgehändigt worden ist.
15
Da die Falschberatung durch die Übergabe der Kurzübersicht und die Feststellung des Berufungsgerichts, dass anhand dieser Übersicht beraten wurde, feststeht, trifft die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie den Fehler richtig gestellt hat (Senatsbeschluss vom 17. September 2009 - XI ZR 264/08, BKR 2009, 471 Rn. 5 mwN).
16
Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, der Vortrag der darlegungspflichtigen Beklagten über die Richtigstellung sei nicht ausreichend, ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292 Rn. 20 mwN) und hält dieser Überprüfung stand. Der von der Revision angeführte Vortrag, es seien keine vom Fondsprospekt abweichenden Angaben oder Zusicherungen gemacht worden, steht im Widerspruch zu den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts, dass das Beratungsgespräch auf der Grundlage der Kurzübersicht geführt worden ist. In dieser ist eine falsche Zusicherung über die Kapitalgarantie expressis verbis enthalten.
17
Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht hätte nach § 139 ZPO einen Hinweis darauf erteilen müssen, dass es von einer nicht ausreichenden Richtigstellung der Kurzübersicht ausgehe, so trifft das nicht zu. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landgericht keine vom Berufungsgericht abweichende Auffassung vertreten, sondern die Falschberatung unterstellt und lediglich die Kausalität verneint, weil der Zedent wegen des auf informierter Grundlage erfolgten Erwerbs von V 4 sich auch für V 3 entschieden hätte. Die Beklagte konnte daher nicht darauf vertrauen, dass das Berufungsgericht keine Aufklärungspflichtverletzung annehmen würde.
18
Entgegen der Ansicht der Revision ist eine ordnungsgemäße Richtigstellung auch nicht durch den Prospekt erfolgt. Die ordnungsgemäße Aufklärung durch einen Prospekt setzt voraus, dass er dem Anleger so rechtzeitig vor der Anlageentscheidung übergeben wird, dass der Anleger sich mit dem Prospektinhalt vertraut machen kann (Senatsurteil vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 17). Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts kann dem Zedenten der Prospekt frühestens einen Tag vor der Zeichnung zugegangen sein. Ob ein Tag ausreicht, sich mit dem Inhalt eines Verkaufsprospektes vertraut zu machen, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Diese hat das Berufungsgericht gewürdigt und die Zeit für nicht ausreichend erachtet. Diese in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbare tatrichterliche Würdigung (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292 Rn. 20 mwN) hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
19
Soweit das Berufungsgericht die Kausalität aufgrund der Umstände des Einzelfalls als gegeben angesehen hat, ist auch diese tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Wiechers Mayen Ellenberger Maihold Pamp
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 56/05 Verkündet am:
19. Dezember 2006
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 276 Hb, 676
Wenn eine Bank einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile
empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen
und jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, muss sie den Kunden
über diese Rückvergütungen aufklären, damit der Kunde beurteilen kann, ob
die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anlegerund
objektgerechter Beratung erfolgt ist, oder im Interesse der Bank, möglichst
hohe Rückvergütungen zu erhalten.
BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklag- te für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Falle von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Zur Begründung beruft er sich im Revisionsverfahren im Wesentlichen darauf, die Beklagte habe gegen ihre aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG folgende Interessenwahrungspflicht verstoßen, weil sie nur Fonds von konzerneigenen Gesellschaften empfohlen habe. Außerdem habe sie vorsätzlich Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds verschwiegen. Wenn er davon Kenntnis gehabt hätte, wäre er dem Anlagevorschlag der Beklagten, auch was die empfohlenen Aktien angehe, nicht gefolgt.
5
Beklagte Die hat eine Fehlberatung in Abrede gestellt und gemeint , über die Rückvergütungen nicht aufklären zu müssen. Außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
6
Diese hat das Landgericht als durchgreifend erachtet und die Klage abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
9
Ansprüche der Zedentin gegen die Beklagte aufgrund des Beratungsgesprächs vom 15. Februar 2000 seien zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 13. August 2003 gemäß § 37a WpHG verjährt gewesen. Die dreijährige Verjährungsfrist habe spätestens mit dem letzten Erwerbsakt vom 14. Juni 2000 zu laufen begonnen. Die Verjährung sei nicht gehemmt worden, weil Verhandlungen über die Schadensersatzpflicht nicht stattgefunden hätten.

10
Die nach § 37a WpHG eingetretene Verjährung ergreife auch mögliche konkurrierende deliktische Ansprüche aufgrund fahrlässiger Falschberatung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 WpHG und auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 KAGG wegen unterlassener Zurverfügungstellung eines Verkaufsprospektes.
11
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 263 StGB gegen die Beklagte wegen des Verschweigens von Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds zu. Eine Offenbarungspflicht hinsichtlich der Rückvergütungen habe für die Beklagte schon deshalb nicht bestanden, weil sie weder die Stellung eines unabhängigen Maklers noch diejenige eines unabhängigen Vermögensverwalters inne gehabt habe, sondern vielmehr in ihrer Eigenschaft als Wertpapierdienstleistungsunternehmen am Markt teilgenommen habe. In dieser Stellung sei die Beklagte im Unterschied zu einem zur Neutralität verpflichteten Makler zum einen nicht verpflichtet gewesen, aus der breiten Palette in Betracht zu ziehender Aktien- und Fondsanlagen stets allein die für den Kunden günstigste zu empfehlen. Vielmehr sei sie rechtlich befugt gewesen, bevorzugt Produkte ihrer eigenen Fondsgesellschaft zu empfehlen und mithin eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Dieser Umstand sei dem Wertpapierkunden, der sich nicht an einen unabhängigen Berater, sondern an eine Bank wende, im Allgemeinen auch bekannt. Abgesehen davon habe der Geschäftsführer der Zedentin aufgrund der erhaltenen Bonifikation von bis zu 2,5% annehmen müssen, dass die Beklagte an den Ausgabeaufschlägen der Fondsgesellschaften partizipiere. Ein als Geschäftsführer einer GmbH im Wirtschaftsleben stehender Wertpapierkunde müsse davon ausgehen, dass eine Bank solche Gutschriften nicht aus ihrem eigenen Vermögen leiste.

II.


12
Berufungsurteil Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
13
Zu 1. Recht hat das Berufungsgericht allerdings etwaige Schadensersatzansprüche wegen fahrlässiger Verletzung eines am 15. Februar 2000 geschlossenen Beratungsvertrages bzw. wegen fahrlässiger Verletzung einer Informationspflicht aus § 31 WpHG nach § 37a WpHG als verjährt angesehen. Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 8. März 2005 (BGHZ 162, 306, 311 ff.), nach Erlass des Berufungsurteils , entschieden und ausführlich begründet hat, unterfallen nicht nur vertragliche Ansprüche aus einer fahrlässigen Falschberatung der dreijährigen Verjährungsfrist des § 37a WpHG, sondern auch etwaige deliktische Ansprüche aus fahrlässiger Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 WpHG). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei - von der Revision nicht angegriffen - festgestellt, dass diese dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung abgelaufen war.
14
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG im Hinblick auf das Parteigutachten von Prof. Dr. Micklitz vom 21. Juli 2004 (siehe auch Micklitz WM 2005, 536 ff. und EWiR 2005, 491 f.) nicht etwa auf ihre Europarechtskonformität hin zu überprüfen. Die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaf- ten über Wertpapierdienstleistungen vom 10. Mai 1993 (93/22 EWG; ABl. EG Nr. L 141 S. 27) regelt Verjährungsfragen nicht, sondern überlässt diese der nationalen Gesetzgebung. Die Ansicht, § 37a WpHG verstoße gegen Gemeinschaftsrecht, liegt auch unter Berücksichtigung des Aspekts effektiven Rechtsschutzes so fern, dass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung nicht in Betracht kommt. Das von Micklitz (EWiR 2005, 491, 492) statuierte Verbot der verjährungsrechtlichen „Benachteiligung der Ansprüche aus § 37a WpHG“, gemeint sind wohl Ansprüche aus §§ 31 und 32 WpHG, "gegenüber Ansprüchen aus anderen Anspruchsgrundlagen, insbesondere § 823 BGB", entbehrt einer haltbaren gemeinschaftsrechtlichen Verankerung. Im Übrigen wäre vorliegend die statuierte Benachteiligung schon deswegen nicht gegeben, da auch ein Anspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 31, 32 WpHG) bei Einreichung der Klage am 13. August 2003 verjährt gewesen wäre (§ 852 Abs. 1 BGB a.F.), weil der Geschäftsführer der Zedentin spätestens am 8. August 2000 von einer etwaigen Beratungspflichtverletzung der Beklagten Kenntnis hatte.
15
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, dass ein etwaiger, allein auf Fahrlässigkeit gestützter Anspruch der Zedentin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG (in der bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung), wegen unterlassener Zurverfügungstellung der Verkaufsprospekte der Fondsgesellschaften nach § 37a WpHG verjährt ist. Die allgemeinen Verjährungsvorschriften (§§ 195 ff. BGB a.F.) werden durch § 37a WpHG verdrängt. Nach der Gesetzesbegründung zu § 37a WpHG (BT-Drucks. 13/8933 S. 97) sollen auch Aufklärungsfehler , die mittels eines Prospekts begangen werden, der allge- meinen Verjährung entzogen werden und der kurzen kapitalmarktrechtlichen Verjährungsfrist unterliegen. Bei einem Unterlassen der erforderlichen Aufklärung kann nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes (vgl. BGHZ 162, 306, 312) nichts anderes gelten. Für den Anleger ist es unerheblich , ob ihm die erforderliche Information in einem Gespräch nicht erteilt oder ihm dadurch vorenthalten wird, dass ihm ein Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft nicht zur Verfügung gestellt wird (vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.565). Der Einwand der Revision, § 37a WpHG solle lediglich spezielle Beratungsrisiken begrenzen , greift nach dem Wortlaut ersichtlich nicht durch. Erfasst werden danach nicht nur Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Beratung, sondern auch solche aus einer Informationspflichtverletzung. Wegen des Durchgreifens der Verjährungseinrede bedarf es vorliegend keiner Entscheidung , ob die Beklagte als Vertriebsbank der Fondsanteile überhaupt nach § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG verpflichtet ist, einem Erwerber von Fondsanteilen einen Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft zur Verfügung zu stellen (vgl. zum Streitstand Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 18, § 18 Rdn. 173; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/495; a.A. Köndgen, in: Schimansky /Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 113 Rdn. 81) und ob § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. dazu Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 185 Rn. 489; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/499).
16
3. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Kläger aus einem etwaigen Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflicht, zur Wahrung des Kundeninteresses Interessenkonflikte durch organisatorische Maßnah- men zu vermeiden (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG), keinen unverjährten Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB herleiten.
17
aa) Ob und inwieweit den §§ 31, 32 WpHG Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zukommt, hat der erkennende Senat bisher offen gelassen (Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356; 147, 343, 353; 163, 311, 321; vom 24. Juli 2001 - XI ZR 329/00, WM 2001, 1718, 1719 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26). In der Literatur wird die Frage für einzelne Pflichten bejaht (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. vor § 31 WpHG Rdn. 9; Assmann/ Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. vor § 31 Rdn. 17; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.11; Schäfer, WpHG vor § 31 Rdn. 9; zweifelnd Horn, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 1304). Einer abschließenden Entscheidung der Frage bedarf es auch hier nicht.
18
Schutzgesetzcharakter i.S. des § 823 Abs. 2 BGB können die §§ 31 ff. WpHG nur haben, soweit sie nicht lediglich aufsichtsrechtlicher Natur sind, sondern ihnen auch anlegerschützende Funktion zukommt. Ist dies der Fall, so können sie zwar für Inhalt und Reichweite (vor-)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten von Bedeutung sein. Ihr zivilrechtlicher Schutzbereich geht aber nicht über diese (vor-)vertraglichen Pflichten hinaus. Daraus folgt, dass ihnen keine eigenständige, über die zivilrechtlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgehende schadensersatzrechtliche Bedeutung zukommt (vgl. Nobbe, in: Schimansky/Horn, Bankrecht 1998, S. 235, 250 f.).
19
bb) Die Pflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, sich zu bemühen, Interessenkonflikte zu ver- meiden, hat danach keinen Schutzgesetzcharakter, soweit diese Pflicht die Ergreifung organisatorischer Maßnahmen beinhaltet. Soweit ein Wertpapierhandelsunternehmen einen Interessenkonflikt nicht nur durch organisatorische Maßnahmen, sondern auch durch sachgerechte Information des Kunden vermeiden kann (vgl. dazu Assmann/Schneider/ Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 43, 74, 77), geht der zivilrechtliche Schutzzweck einer solchen Informationspflicht nicht weiter als die Aufklärungs - und Beratungspflichten aus einem Beratungsvertrag oder aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Entgegen der Ansicht der Revision unterliegen auch Schadensersatzansprüche aus einer unterbliebenen, aber zur Vermeidung eines Interessenkonflikts erforderlichen Information (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) der kurzen Verjährungsfrist. § 37a WpHG differenziert nicht danach, aus welchem Grund eine Information des Kunden erforderlich ist.
20
4. Rechtsfehlerhaft sind die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine vorsätzliche Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung , die nicht unter die kurze Verjährungsfrist des § 37a WpHG fällt (BGHZ 162, 306, 312), in Bezug auf die Rückvergütungen der empfohlenen Fonds verneint hat.
21
Im a) Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings keinen Beratungsfehler darin gesehen, dass die Beklagte, was Fondsanteile angeht, ausschließlich hauseigene Produkte empfohlen hat. Maßgeblich für Kapitalanlageempfehlungen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr einer Bank ist grundsätzlich das von ihr zusammengestellte Anlageprogramm (vgl. BGHZ 123, 126, 129). Soweit bank-, konzern - oder institutsgruppeneigene Anlageprodukte wie etwa Fondsanteile vorhanden sind, ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass solche Produkte, nicht aber vergleichbare konkurrierender Banken oder Institutsgruppen in das Anlageprogramm aufgenommen werden und die Bank nur solche Produkte, nicht aber Konkurrenzprodukte empfiehlt. Ebenso wenig wie ein Kreditnehmer, der sich von einer bestimmten Bank beraten lässt, kann ein Anlageinteressent, der die Beratung einer Bank in Anspruch nimmt, vernünftigerweise erwarten und erwartet auch nicht, dass die Bank ihm von sich aus Produkte konkurrierender Banken oder Institutsgruppen empfiehlt. Das gilt auch dann, wenn diese Produkte besser oder günstiger sind. Erst wenn die Bank gegenüber dem Kunden damit hervortritt, auch über die Produkte konkurrierender Banken zu beraten, oder aber wenn der Anlageinteressent von sich aus die Erwartung zum Ausdruck bringt, auch über solche, etwa von ihm angesprochene Konkurrenzprodukte beraten zu werden, muss die Bank, wenn sie die Beratung insoweit nicht ablehnt, ihn auch darüber objektiv richtig und vollständig informieren und beraten und die Konkurrenzprodukte gegebenenfalls auch empfehlen. Dass die Beklagte vor oder bei dem Beratungsgespräch am 15. Februar 2000 die Beratung auch über Fondsprodukte anderer Banken angeboten oder der Geschäftsführer der Zedentin eine solche von sich aus gewünscht hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Beratungsvertrag erstreckte sich deshalb auf solche Produkte nicht. Es ist einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht verboten, ausschließlich hauseigene Produkte oder Produkte verbundener Unternehmen ihren Kunden anzubieten, wenn dies - wie hier - für den Kunden erkennbar ist (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 28).
22
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, aber darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält.
23
aa) Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (vgl. Assmann/Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 74; a.A. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 27) und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 146, 235, 239) hat eine Bank, die einem Vermögensverwalter Provisionen und Depotgebühren rückvergütet, ihren Kunden vor Abschluss der vom Vermögensverwalter initiierten Effektengeschäfte darauf hinzuweisen, dass sie dadurch eine Gefährdung der Kundeninteressen durch den Vermögensverwalter geschaffen hat. Diese Rechtsprechung ist auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Dabei spielt es entgegen der Ansicht der Beklagten keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet werden oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich ist nur, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind.
24
Entgegen bb) der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht daran, dass der Geschäftsführer der Zedentin nicht aufklärungsbedürftig war, weil er über die Rückvergütungen dadurch informiert war, dass ihm ein Teil davon seitens der Beklagten als Bonifikation gutgeschrieben wurde. Selbst wenn, was nicht festgestellt ist, der Geschäftsführer der Zedentin davon ausgegangen sein sollte, dass es sich bei diesen Bonifikationen um die Reduzierung der Ausgabeaufschläge handelte, so bleibt er, was die Größenordnung der Rückvergütungen angeht, aufklärungsbedürftig. Ohne deren Kenntnis konnte er das Interesse der Beklagten an dem empfohlenen Erwerb von Fondsanteilen und die damit verbundene Gefährdung der Interessen der Zedentin nicht richtig einschätzen.
25
cc) Nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Vorbringen des Klägers ist eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung durch die Beklagte nicht auszuschließen. Der Kläger hat vorgetragen, der Mitarbeiter K. der Beklagten, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen muss (§ 278 BGB), habe erklärt, aufgrund seiner guten Verbindungen habe er die Möglichkeit, die Ausgabeaufschläge für die Zedentin günstiger ausfallen zu lassen als üblich. Danach hatte der Mitarbeiter K. der Beklagten offenbar Kenntnis davon, dass Rückvergütungen an die Beklagte flossen, hat dies der Zedentin aber nicht mitgeteilt. Das Verschweigen der Rückvergütungen ist nur dann vorsätzlich geschehen, wenn K. die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst war. Auch ein bloßer Rechtsirrtum schließt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Vorsatz aus (BGHZ 69, 128, 142; 118, 201, 208).

III.


26
angefochtene Das Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird die erforderlichen Feststellungen zum vorsätzlichen Verschweigen der Rückvergütungen zu treffen haben.
27
Sollte nach erneuter Verhandlung eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung feststehen, weist der Senat darauf hin, dass Schadensersatz in der Form der Rückabwicklung der erworbenen Kapitalanlagen grundsätzlich nur bezüglich der Fondsanteile beansprucht werden kann, bei denen Rückvergütungen verschwiegen worden sind. Ob auch die Wertpapiergeschäfte schadensersatzrechtlich rückabzuwickeln sind, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, richtet sich danach, ob die Zedentin bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der Beklagten abgebrochen hätte, wofür der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. auch BGHZ 146, 235, 240 f.). Bei Effektengeschäften , die über eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungs- vertrages abgewickelt werden, kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Geschäftsverbindung insgesamt nicht zustande gekommen wäre, wenn die Bank in Bezug auf einzelne Geschäfte ein Aufklärungsverschulden trifft.
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 06.10.2004 - 7 U 3009/04 -

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 145/06
Verkündet am:
12. Juli 2007
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur (im konkreten Fall verneinten) Pflicht des Anlagevermittlers, den Anlageinteressenten
über die Risiken der Beteiligung an einem in der Rechtsform
einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen geschlossenen Immobilienfonds
hinzuweisen, wenn der Vermittler dem Interessenten rechtzeitig
einen Prospekt über die Kapitalanlage überreicht hat, der nach Form und
Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich
zu vermitteln (im Anschluss an BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR
140/03 = WM 2005, 833).
BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter
Dr. Wurm, Dörr, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision des Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 20. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungs- und die weiteren Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger trat im Jahre 1987 auf Empfehlung des Beklagten dem geschlossenen Immobilienfonds Berlin-Spandau, B. Straße 17-19, A. Straße 6/8, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei. Er zeichnete einen Anteil von 100.000 DM zuzüglich eines Agios von 5 % (5.000 DM) und zahlte den gesamten Betrag ein. Das Bauvorhaben wurde durchgeführt und im Jahre 1989 fertig gestellt.
2
Der Kläger lastet dem Beklagten an, dieser habe ihn seinerzeit nicht hinreichend über die Risiken der Beteiligung an dem Fonds aufgeklärt. Dies betreffe insbesondere die persönliche Haftung gegenüber Außengläubigern, hinsichtlich deren er, der Kläger, sich teilweise sogar der sofortigen Zwangsvollstreckung habe unterwerfen müssen; ferner das Risiko etwaiger Nachschusspflichten ; sowie den Umstand, dass die Beteiligung zumindest aus tatsächlichen Gründen nicht veräußerbar sei. Außerdem seien die erzielbaren Mieten unrichtig prospektiert worden.
3
Im ersten Rechtszug hat der Kläger den Beklagten auf Rückzahlung der gesamten Einlage zuzüglich des Agios (53.685,55 €) nebst Zinsen in Anspruch genommen und die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihm alle weiteren Schäden aus der Beteiligung an dem Fonds zu ersetzen.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Abweisung des im Berufungsrechtszug auf 24.041,95 € nebst Zinsen reduzierten Zahlungsanspruchs bestätigt, jedoch den Beklagten verurteilt, die Übertragung der Gesellschaftsbeteiligung des Klägers durch diesen anzunehmen, und die Feststellung getroffen, dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger allen weiteren Schaden aus der Beteiligung zu ersetzen.
5
Mit ihren vom Senat zugunsten des Beklagten in vollem Umfang, zugunsten des Klägers überwiegend zugelassenen Revisionen verfolgen der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag, der Kläger einen im Berufungsrechtszug gestellten Hilfsantrag auf Freistellung von sämtlichen gegenwärtigen und zukünftigen Verbindlichkeiten aus der Gesellschaftsbeteiligung weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision des Beklagten ist begründet, die des Klägers dagegen unbegründet.

I.


7
Die Revision des Beklagten:
8
1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der Beklagte hier als Anlagevermittler tätig geworden ist. Als solcher schuldete er dem Kläger nach Maßgabe der in der Senatsrechtsprechung entwickelten Grundsätze eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung waren (vgl. z.B. Senatsurteile vom 13. Juni 2002 - III ZR 166/01 = NJW 2002, 2641, 2642; vom 19. Oktober 2006 - III ZR 122/05 = NJW-RR 2007, 348, 349 Rn. 9; vom 22. März 2007 - III ZR 218/06 = ZIP 2007, 871 Rn. 4; jeweils m.w.N.). Dies sieht - im Ansatz zutreffend - auch das Berufungsgericht so.
9
2. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Anlageinteressenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlagen überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03 = WM 2005, 833, 837 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte nach den Feststellungen des Landgerichts, die auch von dem Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen werden, dem Kläger zwei Wochen vor dessen Zeichnungserklärung den Prospekt , betreffend den Immobilienfonds, mit der Erklärung ausgehändigt, dass dieser die Unterlagen in Ruhe durchlesen solle und sich später noch entscheiden könne, ob er damit einverstanden sei. Nach etwa zwei Wochen hatte der Beklagte den Kläger gemäß vorangegangener Abstimmung erneut in dessen Haus aufgesucht und mit diesem weitere sich aus der Beteiligung ergebende Fragen besprochen, wobei der Inhalt des Gesprächs zwischen den Parteien zum Teil streitig ist.
10
3. Mit eingehender Begründung hat das Landgericht festgestellt, dass der vorliegende Prospekt keine Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten enthielt, durch die dem Kläger nötige Informationen vorenthalten worden wären. Dies gilt insbesondere für die persönliche Haftung im Außenverhältnis, einschließlich der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung; ferner für etwaige Nachschusspflichten im Innenverhältnis. Hinsichtlich der in dem Prospekt enthalte- nen Angabe, der Gesellschaftsanteil sei jederzeit veräußerlich, hat das Landgericht ausgeführt, diese suggeriere bei verständiger Würdigung nicht die Vorstellung , dass für die Veräußerung der Fondsbeteiligung ein offizieller oder zumindest ein inoffizieller Markt zur Verfügung stehe. Dass ein Gesellschaftsanteil bei ungünstiger wirtschaftlicher Entwicklung der Fondsgesellschaft nur schwer und mit finanziellen Nachteilen zu veräußern sein dürfte, liege auf der Hand und bedürfe keiner ausdrücklichen Erwähnung im Prospekt. Eine Fehlerhaftigkeit des Fondskonzepts ergebe sich auch nicht aus einer Differenz zwischen den prospektierten und den tatsächlich erwirtschafteten Mieten. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, dass die prospektierte Miete von vornherein nicht den marktüblichen Verhältnissen entsprochen hätte, zumal der Fonds bis zum Jahre 1995 zum Teil deutlich höhere Mietüberschüsse erzielt habe als prospektiert.
11
4. Die Berufungsangriffe des Klägers waren nicht geeignet, diese Feststellungen in ihrem wesentlichen Kern zu erschüttern. Diese Angriffe beruhten weitgehend auf Wertungen, mit denen der Kläger lediglich seine eigene Auffassung an die Stelle derjenigen des Landgerichts gesetzt hatte. Auch das Berufungsgericht , das sich mit dem Prospekt nicht näher auseinandersetzt, erhebt gegen dessen Inhalt keine Beanstandungen. Die Feststellungen des Landgerichts halten auch der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand. Dies gilt auch dann, wenn der Prospekt hinsichtlich der Veräußerbarkeit der Gesellschaftsbeteiligung einen Mangel aufgewiesen haben sollte. Der Senat hat inzwischen entschieden, dass der Anlageberater grundsätzlich gehalten ist, den Anlageinteressenten , dem er zur Eingehung einer Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Markts nur eingeschränkt möglich ist (Senatsurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 = NJW-RR 2007, 621). In gleicher Weise muss an einen Prospekt die Anforde- rung gestellt werden, dass dieser Umstand mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehoben wird. Jedoch ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht angenommen hat, die Veräußerbarkeit der Gesellschaftsbeteiligung sei für die Anlageentscheidung des Klägers nicht von Bedeutung gewesen , da eine solche Veräußerung bei der hier vorliegenden steuerrechtlichen Konzeption des Fonds einen Ausnahmetatbestand dargestellt habe; auch sei bereits fraglich, ob dem Beklagten als bloßem Anlagevermittler etwaige Unvollständigkeiten bei der Beschreibung von Sachverhalten, die nicht zum Kernbereich des Anlagekonzepts zählten, überhaupt als eigenes schuldhaftes Fehlverhalten angelastet werden könnten. In zusammenfassender Würdigung hält der Senat daher das vom Landgericht gefundene Ergebnis für richtig, wonach der Prospekt zutreffende und im Wesentlichen hinreichende Informationen vermittelt hat, welche für die Anlageentscheidung von Bedeutung waren.
12
5. a) Das Berufungsgericht bejaht gleichwohl eine Pflichtverletzung des Beklagten gegenüber dem Kläger. Es lastet dem Beklagten an, er habe es nicht bei dem Überreichen des Prospekts bewenden lassen, sondern nach eigenen Angaben den Kläger über die Risiken, insbesondere auch über die Gesellschafterhaftung bzw. die Beteiligungsquote informiert. Dann aber hätte er den Kläger eingehend über die Haftung - begrenzt auf die Quote als Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts -, seine Nachschusspflicht, seine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung und über Probleme mit dem Ausfall einzelner Gesellschafter umfassend aufklären müssen. Dieser in seiner Person geschuldeten Aufklärungspflicht sei der Beklagte nicht nachgekommen.
13
b) Darin kann dem Berufungsgericht nicht gefolgt werden. Ein Anlagevermittler , der nicht nur - rechtzeitig - den Prospekt überreicht, der nach Form und Inhalt geeignet ist, selbst schon die erforderlichen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, sondern darüber hinaus zusätzlich noch mündlich auf bestimmte Risiken hinweist, ist grundsätzlich nicht verpflichtet, eine eingehende, umfassende Aufklärung vorzunehmen. Zwar darf der Anlagevermittler nicht durch mündliche Erklärungen bei dem Interessenten den Eindruck erwecken, dieser erhalte hierdurch - mündlich - die allein maßgebliche, vollständige Aufklärung und brauche sich den Prospekt überhaupt nicht (mehr) anzusehen. Einen solchen Sachverhalt hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt. Im Gegenteil hatte der Beklagte dem Kläger erklärt, dieser solle sich die Unterlagen in Ruhe durchlesen und später entscheiden. In einem solchen Fall fällt es grundsätzlich in den eigenen Verantwortungsbereich des Interessenten , wenn er die für einen Durchschnittsleser verständlichen und ausreichenden Risikohinweise im Anlageprospekt nicht zur Kenntnis nimmt und nicht von sich aus bezüglich bestimmter Prospektangaben um weitere Hinweise nachsucht.
14
c) Auch das weitere Argument des Berufungsgerichts, der Beklagte habe es unterlassen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass er, der Beklagte, die Gesellschaftsbeteiligung nicht selbst auf Plausibilität zu überprüfen, greift nicht durch. Aus dem Berufungsurteil wird nicht hinreichend deutlich, welche Prüfung der Beklagte im Sinne einer "eigenen Plausibilitätsprüfung" unterlassen haben soll, etwa ob er die Richtigkeit der kalkulierten Mieten, die allgemeine Vermietbarkeit der in Rede stehenden Räumlichkeiten oder etwaige den Prospektannahmen entgegenstehende Gesichtspunkte hätte überprüfen sollen. Vor allem aber wäre hier der Schutzzweck einer (vermeintlich) verletzten Pflicht nicht tan- giert, weil der Prospekt einer Plausibilitätsprüfung in den für die Anlageentscheidung wesentlichen Punkten ja gerade stand hält.
15
6. Nach alledem ist eine für die Anlageentscheidung ursächliche Pflichtverletzung des Beklagten zu verneinen, ohne dass es weiterer Sachverhaltsaufklärung bedarf. Auf die weiteren Revisionsrügen des Beklagten braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

II.


16
Die Revision des Klägers:
17
Die Revision des Klägers erweist sich dementsprechend als unbegründet , obwohl die Rüge, das Berufungsgericht sei auf den Hilfsantrag auf Freistellung nicht eingegangen, der Sache nach berechtigt gewesen war. Auf diese Frage kommt es indessen nicht mehr an, da der Hilfsantrag ohnehin unbegründet ist.

III.


18
Nach alledem ist die im Berufungsrechtszug erweiterte Klage im noch anhängigen Umfang unter Zurückweisung der Berufung des Klägers in vollem Umfang abzuweisen, ohne dass es einer Zurückverweisung bedarf.
Schlick Wurm Dörr
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 20.05.2005 - 4 O 655/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 16.05.2006 - 4 U 103/05 -

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 264/08
vom
17. September 2009
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias
am 17. September 2009

beschlossen:
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte zu 3). Die Kostenentscheidung im Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. Juli 2008 bezüglich der Kosten erster und zweiter Instanz wird abgeändert und wie folgt neu gefasst : Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger, die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 3) jeweils 1/3. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2). Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 3) tragen diese jeweils selbst.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren beträgt für die Zeit bis zur Erledigungserklärung 53.685,65 €, für die Zeit danach bis zu 9.000 €.

Gründe:


1
Die auch in der Revisionsinstanz zulässige Erledigungserklärung führt dazu, dass gemäß § 91 a ZPO über die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden ist, ohne dass dabei schwierige rechtliche oder tatsächliche Fragen abschließend geklärt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2006 - IV ZR 28/05, VersR 2007, 84, Tz. 2 m.w.N.).
2
1. Bei der danach vorzunehmenden summarischen Prüfung hätte das Berufungsurteil voraussichtlich keinen Bestand gehabt, soweit die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts in Bezug auf die Beklagte zu 3) zurückgewiesen worden ist. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hätte die Klage gegen die Beklagte zu 3) unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der schuldhaften Verletzung eines Beratungsvertrages Erfolg gehabt.
3
a) Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Anlageberater, der seinen Kunden unter Verwendung eines fehlerhaften Prospektes über eine bestimmte Fondsanlage berät, nicht darlegungs- und beweispflichtig dafür ist, dass er den Prospektfehler in dem Beratungsgespräch richtig gestellt hat.
4
aa) Im Ansatz zutreffend ist, dass derjenige, der Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Beratung geltend macht, dafür die Darlegungs- und Beweislast trägt, wobei aber die Grundsätze der sekundären Darlegungslast zu beachten sind (st. Rspr., vgl. u.a. Senatsurteil vom 27. Juni 2000 - XI ZR 174/99, WM 2000, 1685, 1686 m.w.N.).
5
bb) Das Berufungsgericht hat aber verkannt, dass derjenige Anlageberater , der - was vorliegend unstreitig ist - dem Anlageinteressenten in dem Beratungsgespräch einen Verkaufsprospekt vorlegt und diesen zur Grundlage seiner Beratung macht, obwohl dieser Prospekt fehlerhaft ist, den Anleger falsch beraten hat. Die Pflichtverletzung des Anlageberaters steht aufgrund der Übergabe des falschen Prospektes (vgl. zur Fehlerhaftigkeit des Prospektes BGH, Urteil vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725, Tz. 22, vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2009 - XI ZR 342, 345, 346/08) fest. Sie entfällt nur dann, wenn er diesen Fehler berichtigt hat. Dafür, dass er dies getan hat, ist aber der Anlageberater und nicht etwa der Anleger beweispflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2009 - III ZR 17/08, WM 2009, 739, Tz. 14 m.w.N. zur Plausibilitätsprüfung ). Vorliegend kommt hinzu, dass der Zeuge J. nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zu 3) unstreitig den Prospektfehler nicht berichtigt hat.
6
b) Auch die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 3) treffe kein Verschulden, weil sie sich auf das Prospektprüfungsgutachten habe verlassen dürfen, ist rechtsfehlerhaft. Das Verschulden der Beklagten zu 3) wird vermutet (§ 282 BGB aF). Der Aufklärungspflichtige muss, wenn er sich entlasten will, darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft (BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542, Tz. 18).
7
Ein aa) Anlageberater ist nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 178, 149, Tz. 12 m.w.N.) selbst zur Überprüfung des Prospektes verpflichtet. Er kann sich hierzu zwar eines Gehilfen bedienen (Senat aaO, Tz. 16); die Beklagte zu 3) hat aber vorgetragen, die frühere Beklagte zu 2) nicht beauftragt zu haben. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war der Prospektfehler auch nicht "extrem schwer" feststellbar, sondern unmittelbar aus dem Prospekt ersichtlich, so dass ihn die Beklagte zu 3) bei der ihr obliegenden gebotenen kritischen Prüfung hätte erkennen können.
8
bb) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann sich die Beklagte zu 3) auch nicht auf einen Rechtsirrtum berufen, da sie bereits für eine fahrlässige Falschberatung haftet und bei Fahrlässigkeit das Verschulden nur dann entfällt, wenn der Rechtsirrtum unvermeidbar war (vgl. BGHZ 118, 201, 208). Der Vortrag der insofern darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten zu 3) vermag einen solchen unvermeidbaren Rechtsirrtum nicht zu belegen. Es gab im Zeitpunkt des Beratungsgesprächs entgegen ihrer Ansicht keine Rechtsprechung , die es einer Bank, die im Rahmen eines Beratungsvertrages Kapitalanlegeempfehlungen abgibt, erlaubt hätte, ihrer Prospektprüfungspflicht nicht nachzukommen. Das Gegenteil ergab sich aus dem Bond-Urteil des erkennenden Senats (BGHZ 123, 126, 129).
9
2. Die Beklagte zu 3) hat daher die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ist wie geschehen abzuändern. Hinsichtlich der Kostenentscheidung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens bleibt es bei der Kostenentscheidung des Senatsbeschlusses vom 19. Mai 2009.
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 31.07.2006 - 27 O 2831/05 -
OLG München, Entscheidung vom 28.07.2008 - 21 U 4527/06 -

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 308/09
vom
29. Juni 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Bank, die einen Kunden im Rahmen der Anlageberatung nicht auf an sie
zurückgeflossene Rückvergütungen hinweist, kann sich jedenfalls für die Zeit
nach 1990 nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum über Bestehen und
Umfang einer entsprechenden Aufklärungspflicht berufen.
BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09 - OLG Hamm
LG Bochum
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. Juni 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen
und die Richter Dr. Grüneberg und Maihold

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. September 2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 216.279,02 €.

Gründe:

1
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2
1. Entgegen der Annahme der Nichtzulassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verschuldensfrage eine Zulassung der Revision nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Berufungsgericht hat unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlerfrei angenommen, dass die beklagte Sparkasse den Kläger anlässlich der Beratungsgespräche im Dezember 1997 und 1998 über eine Zeichnung des Renditefonds schuldhaft nicht über ihr zufließende Rückvergütungen aufgeklärt hat.
3
a) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542, Tz. 18 und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 17). Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), so dass die Beklagte bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat. Soweit sich - wie hier - der Aufklärungspflichtige auf einen Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer konkreten Aufklärungspflicht beruft, ist zu unterscheiden. Während die vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt (vgl. BGHZ 170, 226, Tz. 25 m.w.N.), ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen (vgl. BGHZ 118, 201, 208). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGHZ 89, 296, 303; Urteile vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGHZ 131, 346, 353 f. m.w.N.).
4
b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen Fahrlässigkeit rechtsfehlerfrei bejaht.
5
aa) Zwar lagen im Zeitpunkt des ersten Beratungsgesprächs im Dezember 1997 die Entscheidungen des Senats zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM 2009, 405 f.) noch nicht vor. Der Senat hat aber bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben , Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In der Literatur sind diese Entscheidungen zu Recht dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.
6
Eine Aufklärungspflicht des Anlageberaters über Rückvergütungen - als Konkretisierung der allgemeinen Aufklärungspflicht über Interessenkollisionen - wurde auch im einschlägigen Schrifttum angenommen (vgl. Roth in Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 1990, § 12 Rn. 49 f.; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 1. Aufl. 1993, S. 23 f.; zu § 384 HGB bereits Koller, BB 1978, 1733, 1738 f.; ebenso in der Folgezeit: Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 1. Aufl. 1995 und 2. Aufl. 1999, jeweils § 31 Rn. 74; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2000, Rn. 8.194 f. und 16.440; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 2. Aufl. 1995, S. 28; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 1. Aufl. 1997, § 11 Rn. 84 ff.; Schäfer in Schäfer/Müller, Haftung für fehlerhafte Wertpapierdienstleistungen, 1999, S. 62; Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz , Börsengesetz, Verkaufsprospektgesetz, 1999, § 31 WpHG Rn. 82; offengelassen von Hopt in Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute - der moderne Schuldturm?, Bankrechtstag 1992, S. 1, 19; allgemein auf die Vermeidung von Interessenkonflikten bzw. deren Offenbarung hinweisend: Claussen, Bank- und Börsenrecht, 1. Aufl. 1996 und 2. Aufl. 2000, jeweils § 6 Rn. 39 ff.). Lediglich in der älteren Literatur wurde eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bzw. Bonifikationen im Grundsatz verneint (vgl. Canaris in Staub, Großkommentar HGB, 3. Aufl., Bd. III/3, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rn. 1891; Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S. 441 ff., 447 m.w.N.) und nur ausnahmsweise für den Fall bejaht, dass die Höhe der Rückvergütung ein Indiz für eine fehlende Solidität der empfohlenen Kapitalanlage darstelle (vgl. Canaris, aaO). Die Problematik der Interessenkollision wurde dagegen zu Unrecht ausgeblendet, weshalb diese Literaturmeinung jedenfalls nach 1989 nicht mehr maßgeblich sein konnte.
7
bb) An seiner Rechtsprechung aus den Jahren 1989 und 1990 über die Aufklärungspflicht bei Rückvergütungen hat der Senat seitdem konsequent festgehalten. Mit Senatsurteil vom 19. Dezember 2000 (BGHZ 146, 235 ff.) wurde entschieden, dass eine Bank, die mit dem Vermögensverwalter eines Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat, verpflichtet ist, dies gegenüber dem Kunden offen zu legen. Zur Begründung hat der Senat entscheidend darauf abgestellt, dass dadurch für den Vermögensverwalter ein Anreiz geschaffen wurde, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der für seine Kunden über die Bank abzuwickelnden Geschäfte nicht allein das Interesse der Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen; über diese von ihr geschaffene Gefährdung der Kundeninteressen hat die Bank den Kunden, den ihr der Vermögensverwalter zuführt, noch vor Vertragsabschluß aufzuklären (BGHZ 146, 235, 239). Diese Ausführungen galten nicht nur für die besondere Konstellation der Vermögensverwaltung, sondern bezogen sich erkennbar allgemein auf die Aufklärungspflicht der Bank bei einer von ihr geschaffenen Gefährdung der Kundeninteressen. Darauf wurde auch in mehreren - teils zustimmenden, teils kritischen - Besprechungen der Entscheidung ausdrücklich hingewiesen (vgl. Balzer, ZIP 2001, 232, 233; Meder, WuB I G 9.-1.01 unter 3.; Tilp, EWiR 2001, 255, 256) und hervorgehoben, dass der Senat seine Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten bei der Schaffung von Gefährdungstatbeständen durch eine Bank, speziell zu Rückvergütungen und Kick-back-Vereinbarungen bei Termingeschäften, fortführe (vgl. Tilp, aaO: "Offenbar lässt der XI. Zivilsenat bei kickback … nicht mit sich spaßen.").
8
Vor diesem Hintergrund ist auch die Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions-, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586) zu sehen, in deren Ziff. 2.2 Abs. 2 eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird (Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 15), die ihre Grundlage unter anderem in den Senatsurteilen aus den Jahren 1989 und 1990 findet.
9
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Senatsurteilen vom 2. Dezember 2003 (XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 419) und 20. Januar 2004 (XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 523 f.). Dort wurde entschieden, dass die Bank ihren Kunden nicht darüber aufklären muss, wenn sie ohne dessen Wissen an einen Finanzierungsvermittler, der den Kontakt zwischen Kunde und Bank hergestellt hat, eine Vermittlungsprovision zahlt. Eine mit der Zahlung von Rückvergütungen vergleichbare Gefährdung der Interessen des Bankkunden ist hiermit offensichtlich nicht verbunden.
10
dd) Die Beklagte musste daher bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt damit rechnen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand. Ihr Rechtsirrtum war damit nicht entschuldbar (ebenso OLG Celle, WM 2009, 1794, 1796; OLG Frankfurt am Main, NZG 2010, 510; OLG Karlsruhe, NZG 2009, 1155, 1157; OLG München, WM 2010, 836, 837 f.; OLG Naumburg, BKR 2010, 215, 217 f.; OLG Stuttgart, WM 2009, 2312, 2316 ff. und WM 2010, 844, 846; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 276 Rn. 22; Nobbe, WuB I G 1.-5.10 m.w.N.; Theewen, EWiR 2009, 701, 702; a.A. OLG Dresden, WM 2009, 1689, 1691 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 - XI ZR 258/09; OLG Oldenburg, BB 2009, 2390, 2391 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 23. Februar 2010 - XI ZR 286/09; Edelmann, BB 2010, 1163, 1170; Grys/Geist, BKR 2009, 127, 128 f.; Harnos, BKR 2009, 316, 319 f.; Herresthal, ZBB 2009, 348, 354 ff., die allerdings alle fälschlich auf die Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht über Innenprovisionen abstellen; Casper, ZIP 2009, 2409, 2413; Veil, WM 2009, 2193, 2195 ff.; Mülbert/Wilhelm, WM 2009, 2241, 2249; Mülbert, WuB I G 1.-10.09 unter 2.; die von Casper, ZIP 2009, 2409, 2414 Fn. 50 zur Stütze seiner Ansicht zitierten Aufsätze von Wagner, WM 1998, 694, 697 f. und Loritz, WM 2000, 1831, 1835 sind nicht einschlägig, weil sie nur die Aufklärungspflicht über Innenprovisionen behandeln).
11
c) Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde und Stimmen im Schrifttum (Herdegen, WM 2009, 2202 ff.; Pieroth/Hartmann, ZIP 2010, 753 ff.) meinen , führt die Annahme eines Verschuldens auch nicht zu einer rückwirkenden Anwendung einer neuen Rechtsprechung, die unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bedenklich sein könnte. Eine rückwirkende Rechtsprechungsänderung liegt nicht vor. Wie oben unter 1 b dargelegt worden ist, stellt das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen (BGHZ 170, 226 ff.) keine grundlegende Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung oder gar eine richterliche Rechtsfortbildung dar, sondern beinhaltet lediglich eine bloße Fortführung und weitere Ausformung der Senatsrechtsprechung zur Offenlegung von Interessenkollisionen der Bank gegenüber ihren Kunden im Allgemeinen und von Rückvergütungen im Besonderen, die für die beteiligten Verkehrskreise bei der gebotenen Sorgfalt bereits ab den Jahren 1989/90 absehbar war.
12
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann sich im Hinblick auf die Verschuldensfrage auch nicht auf einen anderen Zulassungsgrund berufen. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) ist nicht hinreichend dargelegt; insbesondere fehlen jegliche spezifische Ausführungen dazu, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die hier entscheidungserhebliche Frage zum Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums über das Bestehen einer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten umstritten ist (vgl. BGHZ 159, 135, 138; BVerfG NJW-RR 2008, 26, 29). Einer Rechtsfortbildung im Hinblick auf die Voraussetzungen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums bedarf es ebenfalls nicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO); der Rechtsstreit gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen (BGHZ 151, 221, 225; BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1945). Schließlich liegt auch die von der Nichtzulassungsbeschwerde nur unter Hinweis auf das Urteil des OLG Dresden (WM 2009, 1689, 1691 f.) dargelegte Divergenz nicht (mehr) vor, nachdem dieses Urteil durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 (XI ZR 258/09) aufgehoben worden ist.
13
3. Auch im Übrigen sind zulassungsrelevante Rechtsfehler nicht ersichtlich. Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Wiechers Joeres Mayen Grüneberg Maihold

Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 05.02.2009 - 1 O 295/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 23.09.2009 - I-31 U 31/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 586/07 Verkündet am:
12. Mai 2009
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 282 (Fassung: 1.1.1964), § 280 Abs. 1 Satz 2 (Fassung: 2.1.2002)

a) Verletzt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen seine Pflicht, den
Kunden über Rückvergütungen aufzuklären, trägt es die Darlegungsund
Beweislast dafür, dass es nicht vorsätzlich gehandelt hat, auch
dann, wenn seine Haftung für fahrlässiges Handeln nach § 37a WpHG
verjährt ist (Fortführung von BGHZ 170, 226).

b) Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch im Falle unterlassener
Aufklärung über Rückvergütungen.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers,
den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Dezember 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 17. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklagte für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Fall von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der erkennende Senat mit Urteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226) das Berufungsurteil aufgehoben, weil die Beklagte durch das Verschweigen der Rückvergütungen den zwischen der Zedentin und der Beklagten zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt hat und ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Zedentin aus vorsätzlichem Handeln der Beklagten nicht nach § 37a WpHG verjährt ist.
Er hat die Sache zur Klärung der Frage, ob die Beklagte die erhaltenen Rückvergütungen vorsätzlich verschwiegen hat, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im zweiten Berufungsverfahren hat der Kläger unter Berücksichtigung dessen, dass ein Teil der streitgegenständlichen Wertpapiere zum 1. Januar 2006 veräußert worden ist, nur noch beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 91.668,16 € nebst Zinsen zu zahlen, und im Übrigen den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers nach Vernehmung des damals für die Beklagte tätigen Anlageberaters K. erneut zurückgewiesen.
5
Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im Umfang der zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist begründet.

I.


7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2008, 351 veröffentlicht ist, hat im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der für die Beklagte tätig gewesene Mitarbeiter K. habe seine Beratung damals als rechtlich ausreichend erachtet und noch nicht einmal als möglich erkannt, dass er Aufklärungspflichten verletze. Ihm habe daher das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt. Dieser Rechtsirrtum schließe den Vorsatz aus.
9
Der Kläger könne sich auch nicht auf ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten berufen. Seine Behauptung, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht gekannt, die Rückvergütung aber behalten wollen, ohne sie zu offenbaren, lasse kein vorsätzliches und für den Abschluss der streitgegenständlichen Wertpapiergeschäfte ursächliches Verhalten eines Entscheidungsträgers der Beklagten erkennen. Auch das weitere Vorbringen des Klägers, das zuständige Vorstandsmitglied der Beklagten sei nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, sich bei der Rechtsabteilung über die Behandlung von Rückvergütungen zu vergewissern und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Rückvergütungen dem Kunden offenbarten, lasse die Feststellung vorsätzlichen Verhaltens nicht zu. Dass von einem Verantwortlichen der Beklagten durch eine Einzelfallweisung, eine generelle Anordnung oder eine bankinterne Richtlinie die gebotene Aufklärung im vorliegenden Fall vorsätzlich verhindert worden wäre, sei nicht ersichtlich.
10
Dass es dem Kläger mangels Kenntnis von den Unternehmensinterna der Beklagten naturgemäß Schwierigkeiten bereite, ein etwaiges vorsätzliches Verhalten der Beklagten durch konkreten Tatsachenvortrag zu untermauern, rechtfertige es nicht, den Vorsatz einer Person, deren Verhalten der Beklagten nach § 31 BGB oder § 278 BGB zuzurechnen sei, zu unterstellen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach § 280 Abs. 1 BGB282 BGB aF) grundsätzlich der Schädiger die Beweislast dafür trage, die Pflichtverletzung nicht vertreten zu müssen. Komme - wie vorliegend wegen Verjährung (§ 37a WpHG) der auf Fahr- lässigkeit gestützten Ansprüche - nur eine Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens in Betracht, obliege es dem Geschädigten, das Vorliegen des Vorsatzes darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

II.


11
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der der Beklagten obliegenden Pflicht, den Kläger über die Rückvergütungen zu unterrichten, zu Unrecht verneint.
12
Ohne 1. Rechtsfehler hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass dem Anlageberater K. das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt habe und er sich daher in einem Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum befunden habe. Die tatrichterliche Würdigung der Aussage des Zeugen K. , die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar ist, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision ausdrücklich hingenommen.
13
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten verneint.
14
Eine Bank muss ihren Geschäftsbetrieb zum Schutz des Rechtsverkehrs so organisieren, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern , die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig sind, zur Verfügung steht und von diesen auch genutzt wird (vgl. BGHZ 135, 202, 205 ff.; MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rn. 26 m.w.N.). Danach ist hier ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, wenn sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung der Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat (bedingter Vorsatz) und es gleichwohl bewusst unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (Nobbe, ZBB 2009, 93, 104; Koller, ZBB 2007, 197, 201).
15
a) Insoweit hat der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht (§§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB) in Bezug auf heimlich hinter dem Rücken des Auftraggebers geflossene Zahlungen (vgl. BGHZ 114, 87, 91; 146, 235, 239 und BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, WM 1992, 879, 880 f.) und unter Hinweis auf Ziffer 2.2 Abs. 2 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe) zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions -, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586), nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird, behauptet, die Beklagte habe ihre Herausgabe- und Aufklärungspflicht zwar gekannt, die Rückvergütungen aber behalten wollen und deswegen nicht offenbart. Soweit das Berufungsgericht diesen Vortrag als unschlüssig angesehen hat, erscheint das im Hinblick auf die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (die Revision hat sich zusätzlich noch auf BGHZ 78, 263, 268 und das Senatsurteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 bezogen) zu Herausgabe- und Aufklärungspflichten eines Beraters zweifelhaft, kann aber letztlich da- hinstehen, da das Berufungsgericht bereits die Darlegungs- und Beweislast für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten verkannt hat.
16
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Darlegungs - und Beweislast für vorsätzliches Handeln der Beklagten trage der Kläger.
17
aa) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Schuldner beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören gleichermaßen Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Haftung des Schuldners auf Vorsatz beschränkt ist, es im Regelfall zunächst Sache des Gläubigers sei, die Umstände darzutun, die für den Vorsatz des Schuldners sprächen (vgl. MünchKommBGB/ Ernst, 5. Aufl., § 280 Rn. 35 m.w.N.). Das ist jedoch mit der gesetzlichen Wertung des § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) nicht vereinbar. Der Gesetzeswortlaut und der Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine unterschiedliche Darlegungslast für vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Der Bundesgerichtshof hat eine Differenzierung der Darlegungs- und Beweislast nach Verschuldensgrad ausdrücklich abgelehnt und entschieden, dass der Schuldner, der nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einzustehen hat, zu beweisen hat, dass beide Verschuldensgrade nicht vorliegen (BGHZ 46, 260, 267). Daraus folgt, dass auch eine Differenzierung zwischen Vorsatz und einfacher Fahrlässigkeit im Rahmen des Entlastungsbeweises nicht zulässig ist (vgl. Soergel /Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 282 Rn. 14 m.w.N.; Nobbe, ZBB 2009, 93, 104). Es gibt auch keinen sachlichen Grund, dem Gläubiger ausnahmsweise eine Darlegungslast aufzubürden. Ob vorsätzliches Handeln vorliegt, betrifft eine innere Tatsache des Schuldners, über die er ohne weiteres Auskunft geben kann, während sie dem Gläubiger verschlossen ist. Der Gläubiger kann lediglich Indizien anführen, aus denen sich der Vorsatz ergibt. Auch dies spricht dagegen, den Schuldner entgegen der gesetzlichen Wertung von ihm möglichen und zumutbaren Vortrag zu entlasten.
18
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts trägt der Kläger auch nicht ausnahmsweise die Darlegungs- und Beweislast für den Vorsatz der Beklagten, weil die ohne Zweifel vorliegende fahrlässige Beratungspflichtverletzung der Beklagten nach § 37a WpHG verjährt ist und damit nur noch eine Vorsatzhaftung im Streit ist. Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht als Beleg für seine Ansicht auf das Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 (XI ZR 155/92, WM 1993, 2251, 2252) berufen. Das Senatsurteil betraf den Aufrechnungsausschluss nach § 393 BGB, bei dem der Vorsatz eine Voraussetzung des Ausschlusses ist, so dass er von demjenigen, der sich darauf beruft, darzulegen und zu beweisen ist. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Es steht fest, dass die Beklagte den Kläger fehlerhaft beraten hat, indem sie die Rückvergütungen verschwiegen hat. Für diese fehlerhafte Aufklärung haftet die Beklagte grundsätzlich bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Ihre Haftung ist nicht auf vorsätzliches Handeln beschränkt. Die Besonderheit besteht vorliegend allein darin, dass der Anspruch des Klägers wegen fahrlässig unterlassener Aufklärung, der an sich gegeben ist, wegen der Sonderverjährungsregelung des § 37a WpHG bereits verjährt und damit lediglich nicht mehr durchsetzbar ist. Dadurch wird aber der Anspruch des Klägers nicht ein solcher, der allein durch vorsätzliches Handeln begründet werden kann und bei dem der Vorsatz zum Anspruchsgrund ge- hört (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 864).
19
cc) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 1. Juli 2008 (XI ZR 411/06, WM 2008, 1596, Tz. 23), dessen Aussagen zur Beweislast nicht die allgemeine Vorsatzhaftung nach § 276 BGB betreffen. In jenem Fall ging es um arglistiges Verhalten eines Kapitalanlagevermittlers nach § 123 BGB, für das der Anspruchsteller darlegungsund beweispflichtig ist. Da die Arglist des Vermittlers bei einem verbundenen Geschäft nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 239, Tz. 29 f.) zugleich eine Haftung der den Erwerb der Kapitalanlage finanzierenden Bank für ein vorsätzliches Verschulden bei Vertragsverhandlungen (jetzt § 311 Abs. 2 BGB) begründet, trägt die Beweislast für diesen aus der Arglist hergeleiteten Vorsatz ausnahmsweise ebenfalls der Anspruchsteller.
20
c) Das Berufungsgericht hat zudem verkannt, dass es aufgrund der Aussage des Zeugen K. feststeht, dass die Beklagte ihre Anlageberater nicht angehalten hat, die Kunden über die Rückvergütungen aufzuklären. Es geht danach letztlich allein um die Frage, ob bei den Verantwortlichen der Beklagten in Bezug auf die Aufklärungspflicht ein Vorsatz ausschließender Rechtsirrtum bestand. Wer sich aber wie die Beklagte auf einen Rechtsirrtum beruft, muss diesen auch darlegen und beweisen (vgl. BGHZ 69, 128, 143; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 276 Rn. 11).

III.


21
angefochtene Das Urteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht. Die Beklagte wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit haben, ergänzend dazu vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, dass sie trotz Kenntnis der Auskunfts- und Herausgabepflichten des Geschäftsbesorgers nach §§ 675, 666, 667 BGB bzw. des Kommissionärs nach §§ 383, 384 Abs. 2 HGB und der dazu veröffentlichten Rechtsprechung sowie der darauf Bezug nehmenden BAWe-Richtlinie vom 26. Mai 1997 (aaO) eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht erkannt und auch nicht für möglich gehalten hat und sie es deswegen auch nicht im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit unterlassen hat, ihre Anlageberater zur Aufklärung der Kunden zu verpflichten.
22
Für den Fall, dass das Berufungsgericht nach neuer Verhandlung eine Haftung der Beklagten aus vorsätzlichem Handeln bejahen sollte, weist der Senat darauf hin, dass bei der fehlerhaften Anlageberatung bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften Information ursächlich für den späteren Schaden ist, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist. Auf die Gründe, warum die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, kommt es nicht an. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789, Tz. 6 m.w.N.). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/ Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft Rn. 863). Erwirbt der Anleger neben Produkten, bei denen ihm Rückvergütungen verschwiegen wurden, auch Produkte, bei denen die Bank keine Rückvergütungen erhalten hat, so kann er sich aber nur in Bezug auf die erstgenannten Produkte auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Hinsichtlich der Produkte, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, muss der Anleger darlegen und beweisen, dass er bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der beratenden Bank abgebrochen und auch die Produkte nicht erworben hätte, bei denen keine Rückvergütungen geflossen sind (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, WM 2007, 487, Tz. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt).
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 19.12.2007 - 7 U 3009/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
9. März 2011
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 9. März 2011
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. April 2010 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 11. April 2011. Der Streitwert wird auf 58.524,34 € festgesetzt.

Gründe:


I.

1
1. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Rückabwicklung der Beteiligung an der F. Medienfonds 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) und der teilweise kreditfinanzierten Beteiligung an der F. Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 4) auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Zedent erwartete im März 2003 einen größeren Geldbetrag, den er gewinnbringend anlegen wollte. Deshalb stellten ihm Angestellte der Beklagten in mehreren persönlichen Gesprächen die Fonds V 3 und V 4 vor, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Zedent den Verkaufsprospekt für V 3 vor Zeichnung der Anlage erhalten hat. Gegenstand der beiden als "Garantiefonds" beworbenen Fonds war die Finanzierung von Filmproduktionen und deren Vermarktung.
3
Der Zedent, der wegen des Geschäfts auch seinen Steuerberater kontaktiert hatte, zeichnete am 5. Juni 2003 Anteile an V 3 im Gegenwert von 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €) und - nach erneuter Beratung durch die Beklagte - am 28. Juni 2004 Anteile an V 4 im Gegenwert von ebenfalls 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €), wobei die letztgenannte Beteiligung obligatorisch eine Kreditfinanzierung in Höhe von 45,5% des anzulegenden Betrages vorsah. Deswegen schloss er zugleich mit der B. AG einen Vertrag über ein endfälliges Darlehen in Höhe von 11.375 € ab, das - einschließlich der bis dahin aufgelaufenen und gestundeten Zinsen - am 30. November 2014 in Höhe von 19.811,68 € fällig wird.
4
In dem Verkaufsprospekt zu V 3 heißt es auf Seite 40 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 0.2: "Eigenkapitalvermittlung 8,9%". Auf derselben Seite wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung in Höhe von 8,9% des Beteiligungskapitals beinhaltet eine gegebenenfalls anfallende Umsatzsteuer. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …" Auf derselben Seite wird das Agio wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
5
Auf Seite 69 heißt es zu dem "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" zwischen der V. (V. AG) und der Fondsgesellschaft unter anderem : "Die V. AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen, … ."
6
Der Verkaufsprospekt zu V 4 enthält auf Seite 63 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 03: "Eigenkapitalvermittlung 4,9%". Auf Seite 64 wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung wird in Höhe von 4,9% des Beteiligungskapitals fällig. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …"
7
Das Agio wird auf Seite 63 wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
8
Ferner enthält die Übersicht auf Seite 63 unter Punkt 05 eine Platzierungsgarantiegebühr in Höhe von 2% und unter Punkt 07 eine Finanzvermittlungsgebühr (Darlehen/Schuldübernahme) in Höhe von ebenfalls 2%. Diese werden auf Seite 64 wie folgt erläutert: "Zu 05: Die V. AG wird eine Platzierungsgarantie in Höhe des prospektierten Kapitals von € 5 Mio. geben. Für die Garantie erhält sie eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals." "Zu 07: Die V. AG erhält für die Finanzierungsvermittlung eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals."
9
Auf Seite 91 heißt es zum "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" mit der V. AG unter anderem: "Die V. AG … ist berechtigt, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen."
10
Die V. AG leitete bei V 3 aus den vereinnahmten Provisionen 8,25% und bei V 4 zwischen 8,45 und 8,72% an die Beklagte weiter, ohne dass dies dem Zedenten offen gelegt wurde.
11
Die Fondsinitiatoren, gegen die Ende 2006 Anklage wegen Steuerhinterziehung und Untreue erhoben wurde, sind rechtskräftig zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
12
2. Das Berufungsgericht hat die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt und zur Begründung unter anderem ausgeführt:
13
Hinsichtlich beider Fonds (V 3 und V 4) sei der Beklagten auch insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen, als sie den Zedenten nicht über die Provision, die sie von der V. AG bzw. Fondsgesellschaft erhalten habe, aufgeklärt habe. Bei diesen Vertriebsprovisionen handele es sich um Rückver- gütungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Aus den Prospekten gehe nicht wie geboten hervor, dass und in welcher Höhe gerade die Beklagte eine Provision erhalte. Einen mündlichen Hinweis habe die Beklagte dem Zedenten auch nicht erteilt.
14
Die Nichtaufklärung über die erhaltene Vertriebsprovision sei auch kausal für die Zeichnung des Zedenten gewesen, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu vermuten sei. Selbst wenn der Zedent möglicherweise angenommen habe, die Beklagte würde eine Provision von 1% des Zeichnungsbetrages erhalten, sei dies nicht geeignet, die Vermutung zu widerlegen , weil die Provision tatsächlich mehr als 8% betragen habe. Die hiergegen weiter vorgebrachten Einwendungen der Beklagten seien unsubstantiiert. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt; insbesondere könne sie sich nicht auf einen Rechtsirrtum berufen.

II.

15
Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision gemäß § 552a ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
16
1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO "mit Blick auf die abweichenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Frankfurt" (17 U 307[nicht 308]/08, WM 2010, 1313 und 17 U 98/09, BB 2009, 2334) zugelassen. In diesen Urteilen hat das Oberlandesgericht Frankfurt angenommen, der Angabe in den Prospekten, die V. AG sei berechtigt, ihre Rechte aus der Vertriebsvereinbarung über die Eigenkapitalvermittlung auf Dritte zu übertragen, habe der Anleger entnehmen können, dass die Beklagte für die Vermittlung der Fondsbeteiligung von der Fondsgesellschaft eine Rückvergütung erhalte. Dagegen hat das Berufungsgericht diese Angabe insoweit nicht als ausreichend angesehen. Auf diese unterschiedliche Beurteilung kommt es nicht an. Selbst wenn dem Oberlandesgericht Frankfurt zu folgen wäre, ergäbe sich daraus nichts für die - ebenfalls aufklärungsbedürftige (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24) - Höhe der an die Beklagte geflossenen Rückvergütung (ebenso OLG München, BKR 2010, 479 Rn. 27; das verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
17
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
18
a) Entgegen der Ansicht der Revision ist es rechtlich nicht zu beanstanden , dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen verschwiegener Rückvergütungen bejaht hat.
19
aa) Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, dass zwischen dem Zedenten und der Beklagten nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (BGHZ 123, 126, 128) ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist (vgl. auch Senatsurteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442; vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686; vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 10 und vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 12) und nicht lediglich ein Auskunftsvertrag, da eine Bank regelmäßig Anlageberaterin und nicht lediglich reine Anlagevermittlerin ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11 mwN).
20
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Beklagte aus dem Beratungsvertrag verpflichtet war, den Zedenten über an sie fließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senats- urteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 11 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 = ZIP 2009, 2380 Rn. 31; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 13 und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5).
21
cc) Soweit die Revision geltend macht, bei den Provisionen, die die Beklagte unstreitig in Höhe von 8,25% des Kommanditkapitals bei V 3 und in Höhe von 8,45% bis zu 8,72% des Kommanditkapitals bei V 4 erhalten hat, handele es sich um nicht aufklärungspflichtige "Innenprovisionen", die keine Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung darstellten, kann sie damit nicht durchdringen. Die Revision verkennt die rechtliche Unterscheidung zwischen Innenprovisionen und Rückvergütungen.
22
(1) Innenprovisionen sind nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die bei einem Fonds aus dem Anlagevermögen gezahlt werden. Über sie muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (st. Rspr., u.a. BGH, Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) bei einem Fonds unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen können.
23
(2) Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dagegen, wie der Senat zuletzt formuliert hat, nur dann vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31). Insoweit ist folgendes klarzustellen:
24
Soweit als Quelle der Rückvergütungen "Ausgabeaufschläge und Verwaltungsvergütungen" genannt werden, ist das - entgegen der Annahme der Revision - nicht abschließend, sondern - in Anknüpfung an das grundlegende Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 (BGHZ 170, 226) - nur beispielhaft gemeint. Damit soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass Rückvergütungen - anders als Innenprovisionen - nicht im Anlagebetrag enthalten (versteckt) sind, so dass beim Anleger keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann. Maßgebend für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen ist hingegen, dass der Anleger ohne diese Aufklärung nicht das besondere Interesse der beratenden Bank erkennen kann, gerade diese Anlage zu empfehlen. Die Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank, der mit der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen begegnet werden soll, beruht allein darauf, dass die beratende Bank als Empfängerin der Rückvergütung ungenannt bleibt. Sie entsteht dagegen unabhängig davon, aus welcher offen angegebenen Quelle die Rückvergütung an die beratende Bank fließt.
25
Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind danach - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, so dass der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann.
26
(3) Danach handelt es sich bei den hier an die Beklagte geflossenen Provisionen um aufklärungspflichtige Rückvergütungen. Sie waren nicht in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Fondsobjekts versteckt, sondern flossen aus den offen ausgewiesenen Vertriebskosten. Gemäß den nachstehenden Ausführungen war die Beklagte jedoch nicht als Empfänger der Provisionen angegeben. Vielmehr sind diese hinter dem Rücken der Klägerin an die Beklagte geflossen, so dass die Klägerin das besondere Interesse der Beklagten an der Empfehlung gerade von V 3 und 4 nicht erkennen konnte.
27
dd) Eine ordnungsgemäße Aufklärung des Zedenten über die Rückvergütungen ist bei beiden Fonds nicht erfolgt, selbst wenn man unterstellt, auch der Prospekt bei V 3 sei dem Zedenten rechtzeitig übergeben worden. Den beiden Verkaufsprospekten ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte Empfängerin der dort genannten Vertriebsprovisionen oder des Agios sein sollte. Empfängerin sollte vielmehr ausdrücklich die V. AG sein. Den Prospekten lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Beklagte von dieser einen Teil der Vertriebsprovisionen erhalten sollte. Das ergibt sich nach der zutreffenden Auslegung des Berufungsgerichts auch nicht aus der Tatsache, dass die V. AG berechtigt sein sollte, Dritte einzuschalten. Selbst wenn daraus jedoch hervorgehen sollte, dass damit auch die Beklagte gemeint war, so ist dem Prospekt jedenfalls nicht zu entnehmen, in welcher Höhe Rückvergütungen an die Beklagte geflossen sind. Insbesondere auch die Höhe der Rückvergütung muss aber nach der Senatsrechtsprechung von der Bank ungefragt offen gelegt werden (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24; dies verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
28
ee) Soweit die Revision meint, es sei nicht einsichtig, dass eine Bank höhere Aufklärungspflichten träfen als einen freien Anlageberater, kann sie damit nicht durchdringen.
29
Allerdings trifft nach der Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bankungebundene freie Berater - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 31d WpHG - keine (ungefragte) Aufklärungspflicht, da der Anleger bei solchen Beratern - anders als bei Banken - von einer durch den Produktanbieter "eingepreisten" Vergütung ausgehen und er deshalb deren Höhe erfragen müsse, wenn sie ihn interessiere (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 13).
30
Die Unterscheidung der Pflichten eines freien Anlageberaters zu den Pflichten eines Beraters im Bankensektor rechtfertigt sich daraus, dass der Bankkunde in der Regel bei "seiner" Bank eine Reihe von kostenpflichtigen Vertragsverhältnissen unterhält, insbesondere auf Dauer angelegte Vertragsverhältnisse wie einen Zahlungsdiensterahmenvertrag oder einen Depotvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12), bzw. Banken typischerweise solche Vertragsverhältnisse anstreben. Das ist bei einem freien Anlageberater typischerweise nicht der Fall.
31
Diese typisierende Einordnung von Berufsgruppen zur Unterscheidung zwischen aufklärungspflichtigen Personen und nicht aufklärungspflichtigen Personen findet in Gesetz und Rechtsprechung Vorbilder. Sie wird insbesondere vom Gesetzgeber im Bereich des § 31d WpHG vorgegeben. Diese Vorschrift statuiert Aufklärungspflichten ausdrücklich nur für Wertpapierdienstleistungsunternehmen , nicht aber für sonstige Anlagevertreiber. Eine typisierende Einordnung wird auch seit langem bei der Abgrenzung der Pflichten eines Anlageberaters von denen eines Anlagevermittlers entsprechend der Regelung in § 1 Abs. 1a Nr. 1 und 1a KWG in der Rechtsprechung praktiziert. Während bei einem Kontakt des Anlegers mit einem Anlageberater ein Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils zustande kommt, kommt im Verhältnis zu einem Anlagevermittler lediglich ein Auskunftsvertrag mit einem geringeren Pflichtenumfang zustande (vgl. BGH, Urteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, WM 1993, 1238, 1239; vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, WM 2004, 631, 633, insofern in BGHZ 158, 110 nicht abgedruckt, und Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11).
32
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlagen bejaht.
33
Steht - wie hier in Bezug auf Rückvergütungen - eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die zu einer Beweislastumkehr führt. Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, weil er den richtigen Rat oder Hinweis nicht befolgt hätte (vgl. Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, ZIP 2007, 518, 521 Rn. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 22, auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789 Rn. 6 mwN).
34
Die Vermutung greift allerdings dann nicht ein, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn es also nicht nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 161 und vom 7. Mai 2002 - XI ZR 197/01, BGHZ 151, 5, 12). Davon kann bei verschwiegenen Rückvergütungen nicht schon wegen deren Geringfügigkeit im Verhältnis zur Anlagesumme ausgegangen werden (OLG Köln, WM 2003, 338, 340 f.). Es muss vielmehr aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls feststehen , dass dem Anleger bei gehöriger Aufklärung mindestens zwei tatsächlich von ihm zu ergreifende Handlungsalternativen zur Verfügung standen.
35
Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts und die Widerlegung der Vermutung rechtsfehlerfrei verneint. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast für das Nichteingreifen der Vermutung nicht verkannt. Diese trifft - genauso wie für die Widerlegung der Vermutung - die Bank, deren Aufklärungspflichtverletzung feststeht (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515 Rn. 11). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang Verfahrensfehler rügt, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
36
c) Ebenfalls rechts- und verfahrensfehlerfrei hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch das Ver- schulden der Beklagten und die Aktivlegitimation der Klägerin sowie auch eine Haftung der Beklagten in Bezug auf V 3 wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie bejaht.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 249/09
Verkündet am:
8. Juli 2010
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine grob fahrlässige Unkenntnis des Beratungsfehlers eines Anlageberaters
oder der unrichtigen Auskunft eines Anlagevermittlers ergibt sich nicht schon
allein daraus, dass es der Anleger unterlassen hat, den ihm überreichten
Emissionsprospekt durchzulesen und auf diese Weise die Ratschläge und Auskünfte
des Anlageberaters oder -vermittlers auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren.
BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09 - OLG Köln
LG Köln
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juli 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 25. August 2009 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Vorwurf fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Empfehlung Auf des Beklagten zeichnete der Kläger am 28. Oktober 1999 über eine Summe von 150.000 DM zuzüglich 5 % Agio (7.500 DM) eine Beteiligung an der C. G. GmbH & Co. Vermietungs KG (Turmcenter F. ), einem geschlossenen Immobilienfonds. Die hierfür benötigten Mittel hatte der Kläger aus dem Verkauf eines von seinem Vater ererbten Hausgrundstücks gewonnen. Der Fonds wurde zum 31. Dezember 1999 nach Vollplatzierung geschlossen. Nach anfänglichen Ausschüttungen geriet der Fonds aufgrund deutlichen Rückgangs der Mieteinnahmen ab dem Jahre 2002 in zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Versuch, die im Eigentum des Fonds stehende Büroturm-Immobilie - als wesentlichen Teil des Fondsvermögens - zu veräußern, blieb ohne Erfolg. Auf Antrag der finanzierenden Bank wurde am 4. August 2005 die Zwangsverwaltung des Objekts angeordnet. Die Hauptmieterin kündigte das Mietverhältnis außerordentlich zum 31. Dezember 2005. Am 17. Februar 2006 ordnete das Amtsgericht München die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Fondsgesellschaft an.
3
Der Kläger hat seine Schadensersatzforderung unter Einberechnung der Kosten für die Beteiligung an dem Fonds und entgangener anderweitiger Anlagezinsen - nach Abzug ihm verbliebener Ausschüttungen - mit 102.879,46 € beziffert und geltend gemacht, der Beklagte habe seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt, da er ihm mit der Fondsbeteiligung eine Anlage empfohlen habe, die seinem erklärten Anlageziel einer sicheren Altersvorsorge widersprochen habe. Der Beklagte habe ihn nicht auf die spezifischen Risiken dieser Anlage, insbesondere nicht auf das Risiko eines Totalverlusts, hingewiesen , die gebotene Überprüfung der wirtschaftlichen Plausibilität, Seriosität und Tragfähigkeit des Beteiligungsangebots unterlassen und negative Pressestimmen nicht berücksichtigt. Als Fachmann habe der Beklagte erkennen müssen, dass das Beteiligungsangebot auf eine Täuschung der neu eintretenden Anleger abgezielt und von vornherein keine Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg gehabt habe.
4
Der Beklagte ist diesen Vorwürfen entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben.
5
Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist im Wesentlichen - bis auf einen geringfügigen Teil der erstinstanzlich zugesprochenen Zinsen - ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet.

I.


7
Das Berufungsgericht (GWR 2010, 93) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
8
Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch wegen Vertragspflichtverletzung des Beklagten zu. Zwischen den Parteien sei ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Die ihm hieraus erwachsenen Pflichten habe der Beklagte verletzt, da er keine anlegergerechte - das heißt dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe. Der Beklagte habe dem Kläger eine Kapitalanlage empfohlen, die für das Ziel einer Altersvorsorge erkennbar ungeeignet gewesen sei. Die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds berge das Risiko des Totalverlusts. Nach den zu Grunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts habe der Kläger eine Kapitalanlage gewünscht, die gerade auch dem Zweck der Altersversorgung habe dienen sollen. Durch den von ihm zu vertretenden Beratungsfehler habe der Beklagte einen Schaden in der mit der Klage geltend gemachten Höhe herbeigeführt. Ein anrechnungsfähiges Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last, da er auf den Rat des Beklagten habe vertrauen dürfen. Der Schadensersatzanspruch des Klägers sei auch nicht verjährt. Es sei nicht feststellbar, dass der Kläger vor dem 1. Januar 2004 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen gehabt oder sich insoweit grob fahrlässig in Unkenntnis befunden habe. Für eine grob fahrlässige Unkenntnis genüge es nicht, dass er den ihm überlassenen Anlageprospekt nicht durchgelesen habe.

II.


9
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht als begründet angesehen. Der Beklagte schuldet dem Kläger den geforderten Schadensersatz nach den Grundsätzen der Haftung wegen positiver Vertragsverletzung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
10
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien sei - über eine reine Anlagevermittlung hinausgehend - ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen, der den Beklagten zu einer eingehenden anlegergerechten, an den konkreten Anlagezielen des Klägers orientierten Beratung verpflichtet habe, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
11
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , dass der Beklagte seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt habe, da er keine anlegergerechte - dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe.
12
a) Nach den Feststellungen beider Vorinstanzen, die maßgeblich auf die Würdigung der Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen R. -H.. E. , des Sohnes des Klägers, gestützt worden sind, hatte der Kläger dem Beklagten im Beratungsgespräch erklärt, dass es ihm neben dem Aspekt der Steuerersparnis gerade auch darum gehe, dass das Kapital "sicher" sei und so angelegt werden solle, dass es für das Alter reiche; der Zweck der Alterssicherung und -vorsorge sei ausdrücklich mitgeteilt worden.
13
Diese Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
14
Soweit der Beklagte einwendet, dass es weitere Gespräche zwischen den Parteien gegeben habe, an denen der Zeuge E. nicht beteiligt gewesen sei, weist die Revisionserwiderung in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass der Beklagte nicht dargetan hat, dass der Kläger in diesen weiteren Gesprächen von dem bekundeten Anlageziel abgewichen wäre, insbesondere das Ziel einer "sicheren Altersvorsorge" aufgegeben hätte. Dass die Ziele einer einerseits steuersparenden und andererseits zur Altersvorsorge geeigneten, "sicheren" Kapitalanlage in einen Konflikt geraten können - jedoch nicht: geraten "müssen" -, steht der Schlüssigkeit und Widerspruchsfreiheit der Beweiswürdigung nicht entgegen.
15
Auch mit seiner Rüge, das Berufungsgericht habe - ebenso wie schon das Landgericht - fehlerhaft davon abgesehen, ihn selbst zum Inhalt der Beratungsgespräche als Partei zu vernehmen oder anzuhören, vermag der Beklagte nicht durchzudringen. Mangels Zustimmung des Klägers (§ 447 ZPO) kam hier allein eine Parteivernehmung des Beklagten nach § 448 ZPO in Betracht. Diese setzt freilich voraus, dass aufgrund einer schon durchgeführten Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die durch die Parteivernehmung zu beweisende Tatsache spricht ("Anbeweis"; s. etwa BGHZ 150, 334, 342; BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02 - NJW-RR 2003, 1002, 1003 m.w.N.). Hiervon ist das Berufungsgericht nicht ausgegangen, ohne dass ihm dabei ein Rechtsfehler unterlaufen ist.
16
Allerdings kann im Fall der Beweisnot einer Partei eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO oder eine Anhörung der Partei nach § 141 ZPO aus dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit notwendig sein. Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK) erfordern, dass einer Partei, die für ein Vier-Augen-Gespräch - anders als die Gegenpartei - keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen; zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06 - NJW-RR 2007, 1690, 1691 Rn. 10 sowie Beschlüsse vom 25. September 2003 - III ZR 384/02 - NJW 2003, 3636 und vom 30. September 2004 - III ZR 369/03 - BeckRS 2004, 09779; BGH, Urteile vom 9. Oktober 1997 - IX ZR 269/96 - NJW 1998, 306 f; vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - NJW 1999, 363, 364; vom 19. Dezember 2002 aaO; vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04 - NJW-RR 2006, 61, 63 und vom 23. April 2008 - XII ZR 195/06 - NJW-RR 2008, 1086, 1087 Rn. 13; BVerfG, NJW 2001, 2531 f; NJW 2008, 2170 f; EGMR, NJW 1995, 1413 f). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Bei dem vom Zeugen E. bekundeten Gespräch handelt es sich nicht um ein Vier-Augen-Gespräch. Der Zeuge E. hat bei dem Beratungsgespräch nicht anstelle des Klägers als dessen Vertreter gehandelt, sondern als weitere Person teilgenommen. Dass er dem Kläger als dessen Sohn nahe steht, rechtfertigt es nicht ohne weiteres, das Gespräch als ein zwischen den Parteien geführtes "Vier-Augen-Gespräch" einzuordnen (s. auch BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; für den Fall des Gesprächs zwischen einer Prozesspartei und einem "außenstehenden" bzw. "nicht ausschließlich im Lager" der gegnerischen Partei stehenden Zeugen s. BGHZ 150, 334, 341 ff und Senatsbeschluss vom 30. September 2004 aaO). Hinzu kommt, dass sich der Beklagte für seine gegenteilige Behauptung, dass es dem Kläger stets und allein um die Steuerersparnis - als "einzige Richtschnur" - gegangen sei, nicht aber (auch) um eine sichere, zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage, auf das Zeugnis der Steuerberaterin F. -F. berufen hat; diese Zeugin hat in ihrer Vernehmung vor dem Landgericht freilich bekundet, an den Gesprächen nicht beteiligt gewesen zu sein beziehungsweise sich hieran nicht mehr erinnern zu können. Bei dieser Lage einer - behaupteten - Gesprächsbeteiligung zweier weiterer als Zeugen vernommener Personen fordert der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit nicht die Anhörung oder Vernehmung derjenigen Partei, zu deren Nachteil die Beweisaufnahme ausgegangen ist. Abgesehen davon ist den Belangen der in Beweisnot geratenen Partei zureichend Genüge getan, wenn diese bei oder nach der Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung ) vor Gericht persönlich anwesend war und daher die Möglichkeit hatte, ihre Darstellung vom Verlauf des Gesprächs durch eine Wortmeldung gemäß § 137 Abs. 4 ZPO persönlich vorzutragen oder den Zeugen zu befragen (Senatsbeschlüsse vom 25. September 2003 aaO und vom 30. September 2004 aaO; BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; BVerfG, NJW 2008, 2170, 2171). Der Beklagte war bei sämtlichen Verhandlungs- und Beweisterminen in beiden Vorinstanzen persönlich anwesend; zum Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht war zudem sein persönliches Erscheinen angeordnet worden. Dafür, dass er daran gehindert gewesen wäre, in diesen Terminen seine Sicht der Gesprächsinhalte zu schildern, ist nichts vorgetragen noch sonst ersichtlich.
17
b) Ausgehend davon, dass der Kläger ausdrücklich - auch - eine "sichere" , zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage wünschte, hat das Berufungsgericht einen Beratungsfehler des Beklagten zu Recht schon darin gesehen, dass dieser dem Kläger die Anlage in dem hier streitgegenständlichen geschlossenen Immobilienfonds empfohlen hat.
18
Eine solche Empfehlung verletzte die Pflicht zur "anlegergerechten", auf die persönlichen Verhältnisse und Anlageziele des Kunden zugeschnittene Beratung. Soll gemäß dem Anlageziel des Kunden eine sichere Geldanlage getätigt werden, so kann, wie dies der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos schon für sich genommen fehlerhaft sein (Senatsurteile vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 6 und vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 120 Rn. 21). Zwar ist bei der Beteiligung an einem Immobilienfonds das Risiko eines anteilmäßig hohen Kapitalverlusts meist gering zu veranschlagen; dies gilt insbesondere für das Risiko eines Totalverlusts, da dem Fonds in aller Regel der Sachwert des Immobilienvermögens verbleibt (vgl. dazu BGHZ 167, 239, 249 Rn. 26 sowie BGH, Urteile vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08 - NJW-RR 2010, 115, 116 Rn. 25 und - XI ZR 338/08 - BB 2010, 15, 16 Rn. 28). Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine "unternehmerische Beteiligung", die als solche das Risiko birgt, dass das eingesetzte Kapital zumindest zu einem Teil verloren gehen kann. Dieses Risiko hängt in seinem Ausmaß unter anderem von der Eigenkapital -/Fremdkapitalquote, der Entwicklung der Immobilienpreise und Mieteinkünfte und den zu Grunde gelegten Wertansätzen ab. Da die hier empfohlene Fondsanlage - worauf der Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf entsprechende Angaben im Anlageprospekt hingewiesen haben will - sogar (im "Extremfall" ) ein "Totalverlustrisiko" aufwies, durfte diese Beteiligung nicht als praktisch (weitgehend) "risikofrei" und mithin "sichere", zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage eingeordnet werden. Gegenteiliges hat der Beklagte in den Vorinstanzen auch nicht geltend gemacht.
19
Unter diesen Umständen hätte der Beklagte dem Kläger die hier eingegangene Beteiligung nicht empfehlen dürfen, sondern davon abraten müssen. Dafür, dass der Kläger, etwa unter dem Eindruck entsprechender deutlicher Hinweise des Beklagten, von seinem Anlageziel einer "sicheren", zur Altersvorsorge geeigneten Kapitalanlage abgerückt wäre und sich letztlich bewusst auf eine diesem Anlageziel widersprechende Fondsbeteiligung eingelassen hätte, hat der Beklagte keinen tragfähigen Anhaltspunkt vorgetragen, und ein solcher ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.
20
3. Die Kausalität des Beratungsfehlers des Beklagten für die Anlageentscheidung des Klägers und den ihm daraus erwachsenen Schaden hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht. Diesen Punkt greift die Revision auch nicht an. Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer fehlerhaften Beratung und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (s. etwa Senatsurteile vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 685, 687 f Rn. 22 ff; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 8; vom 5. November 2009 aaO S. 351 Rn. 21 und vom 19. November 2009 aaO S. 121 Rn. 26 sowie Senatsbeschluss vom 9. April 2009 - III ZR 89/08 - BeckRS 2009, 11192 Rn. 8 m.w.N.). Diese Vermutung hat der Beklagte nicht zu entkräften vermocht.
21
4. Auch gegen den Umfang des zuerkannten Schadensersatzanspruchs und die Ablehnung eines anrechnungsfähigen Mitverschuldens des Klägers (§ 254 BGB) bringt die Revision nichts vor. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Mitverschulden des Anlageinteressenten im Falle eines Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten nur unter besonderen Umständen zur Anrechnung kommt, weil sich der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen darf (s. dazu BGHZ 100, 117, 125; BGH, Urteile vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095, 1096; vom 26. September 1997 - V ZR 65/96 - NJW-RR 1998, 16 und vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1870, jeweils m.w.N.).
22
5. Entgegen der Ansicht der Revision greift auch der Einwand der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) nicht durch. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Verjährungsfrist habe nicht vor Ablauf des Jahres 2004 zu laufen begonnen und sei daher durch Zustellung des Mahnbescheids am 13. Februar 2007 gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB), lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
23
a) Der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung ist im Jahre 1999, nämlich mit dem vom Beklagten empfohlenen Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstan- den (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlag mithin zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F.
24
Zwar ist der Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation genügt dafür grundsätzlich nicht (BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30; BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98 - NJW 2000, 1498, 1499). Allerdings kann der auf einer fehlerhaften Beratung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Erwerbs der Anlage zu verlangen; der Schadensersatzanspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Kapitalanlage (BGHZ 162, 306, 309 f; BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90 - NJW-RR 1991, 1125, 1127; vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93 - NJW 1994, 1405, 1407; vom 26. September 1997 - V ZR 29/96 - NJW 1998, 302, 304 und vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02 - NJW-RR 2004, 1407). So liegt es auch hier.
25
b) Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für den bis dahin nicht verjährten Schadensersatzanspruch die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F., wobei für den Fristbeginn zusätzlich die subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen; der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506 Rn. 8; Senatsurteil vom 19. November 2009 aaO S. 119 Rn. 13). Für eine dahingehende Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers trägt der Beklagte als Schuldner die Darlegungs- und Beweislast (BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - NJW 2008, 2576, 2578 Rn. 25).
26
c) Die Würdigung des Berufungsgerichts, eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den Anspruchsvoraussetzungen ergebe sich nicht schon daraus, dass dieser es unterlassen hat, den ihm übergebenen Emissionsprospekt durchzulesen und hierbei auf durchgreifende Hinweise auf die fehlende Eignung der Kapitalanlage für seine Anlageziele zu stoßen, hält den Angriffen der Revision stand.
27
aa) Die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt , bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (st. Rspr.; s. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 Rn. 17 m.w.N. und vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215 Rn. 12 m.w.N.).
28
Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (s. BGH, Urteile vom 23. September 2008 aaO Rn. 16 und vom 10. November 2009 aaO Rn. 13 m.w.N.; Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040, S. 108 unter anderem mit Hinweis auf BGHZ 10, 14, 16 und 89, 153, 161; Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 199 Rn. 36; MünchKommBGB/ Grothe, 5. Aufl., § 199 Rn. 28; Henrich/Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 199 Rn. 19 f). Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können (BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO m.w.N.; Grothe aaO). Ihn trifft generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (s. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; s. auch Grothe aaO).
29
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Umstand, dass der Anlageinteressent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen hat, genüge für sich allein noch nicht, um die grob fahrlässige Unkenntnis von einem Beratungsfehler zu begründen, nicht zu beanstanden.
30
Diese Frage wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte allerdings nicht einheitlich beantwortet. Eine Reihe von Oberlandesgerichten hält es für einen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigenden schweren Verstoß gegen die Gebote des eigenen Interesses des Anlageinteressenten, wenn er es im Zusammenhang mit einer bedeutsamen Investitionsentscheidung unterlässt, den ihm von einem Anlageberater oder einem Anlagevermittler zur Verfügung gestellten Anlageprospekt durchzulesen, und aus diesem Grunde nicht bemerkt , dass er falsch beraten oder ihm eine unrichtige Auskunft erteilt worden ist (so OLG Frankfurt am Main, OLGR 2008, 880, 881 f und Beschluss vom 20. September 2007 - 14 W 75/07 - juris Rn. 5; OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 18. April 2008 - I-16 U 275/06 - juris Rn. 58 ff; OLG Köln, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 13 U 10/08 - juris Rn. 7 f; Brandenburgisches OLG, Urteile vom 19. Februar 2009 - 12 U 140/08 - juris Rn. 26 ff und vom 30. April 2009 - 12 U 225/08 - juris Rn. 24; OLG Celle, OLGR 2009, 121) Dabei wird teilweise grob fahrlässige Unkenntnis selbst für den Fall bejaht, dass der Prospekt erst bei oder sogar kurz nach der Zeichnung übergeben worden ist (OLG Köln aaO; Brandenburgisches OLG aaO), teilweise nur für den Fall, dass der Prospekt ausreichende Zeit vor dem abschließenden Beratungsgespräch vorgelegen hat (OLG Celle aaO). Die Gegenansicht verweist demgegenüber darauf, dass der Anlageinteressent regelmäßig auf die Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit der ihm erteilten Anlageberatung vertrauen und ihm eine unterbliebene "Kontrolle" dieser Beratung durch Lektüre des Prospekts deshalb nicht ohne weiteres als grobe Fahrlässigkeit vorgehalten werden dürfe (s. OLG München, Urteil vom 6. September 2006 - 20 U 2694/06 - juris Rn. 63; OLG Hamm, Urteile vom 20. November 2007 - 4 U 98/07 - juris Rn. 49 und vom 26. November 2009 - I-4 U 224/08 - juris Rn. 50).
31
Der erkennende Senat hält die letzterwähnte Ansicht für zutreffend.
32
Zwar kommt dem Anlageprospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungs- und Auskunftspflichten Genüge zu tun (s. etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJWRR 2007, 1692 Rn. 9; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 7; vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17; vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen.
33
Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Anlageentscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder Anlagevermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Anlageberaters oder -vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis zurück und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar".
34
Eine andere Betrachtungsweise stünde zum einen in einem Wertungswiderspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage des anspruchsmindernden Mitverschuldens (siehe oben 4.). Zum anderen würde sie den Anleger unangemessen benachteiligen und seinen Schadensersatzanspruch oftmals leer laufen lassen. Denn die Risiken und Nachteile einer Kapitalanlage wirken sich vielfach erst einige Jahre nach dem Erwerb finanziell spürbar aus (Reduzierung oder gar Wegfall von Ausschüttungen etc.). Fiele dem Anleger bereits die unterbliebene Lektüre des Anlageprospekts als grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Last, so wäre sein Schadensersatzanspruch häufig schon verjährt, bevor sich die Risiken oder Nachteile der Kapitalanlage für ihn "bemerkbar" machen und er sich daher veranlasst sieht, die Richtigkeit der ihm von einem Anlageberater oder -vermittler gegebenen Empfehlungen und Auskünfte zu hinterfragen.
35
cc) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, auch nach der Zeichnung der Anlage habe sich in der Zeit bis zum 1. Januar 2004 kein dringender , den Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis rechtfertigender Anlass für die Lektüre des Emissionsprospekts ergeben, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.09.2008 - 29 O 102/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 25.08.2009 - 24 U 154/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 186/10 Verkündet am:
22. September 2011
Freitag
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. September 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dörr, Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 5. Juli 2010 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 - und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Endurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 22. Dezember 2009 bezüglich einer Haftung der Beklagten zu 3 und 4 zurückgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger verlangt, soweit hier von Interesse, von den Beklagten zu 3 und 4 Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen anlässlich der Zeichnung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds. Mit der Beklagten zu 2 hat der Kläger in erster Instanz einen Vergleich geschlossen.
Bezüglich der Beklagten zu 1 ist der Rechtsstreit nach § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen , da während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.
2
Der Kläger trat im August 2003 der A. GmbH & Co. E. R. KG bei. Die Einlage betrug 20.000 € zuzüglich 5 % Agio. Der Emissionsprospekt wurde dem Kläger erst einige Tage nach Abgabe seiner Beitrittserklärung übergeben. Die Fondsgesellschaft leistete zunächst monatliche Ausschüttungen von 108 €. Diese wurden nach vorheriger Ankündigung ab Dezember 2005 auf monatlich 48,67 € reduziert. Nachdem der Kläger im Oktober 2007 vergeblich versucht hatte, die Beteiligung zu beenden und die Fondsgesellschaft zur Rückzahlung seiner Einlage zu bewegen, hat er im Sommer 2008 zunächst die Beklagten zu 1 und 2, später dann im Wege der Klageerweiterung Anfang 2009 auch die Beklagten zu 3 und 4 auf Schadensersatz wegen diverser Beratungspflichtverletzungen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich die vom Senat bezüglich der Beklagten zu 3 und 4 zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


3
Die zulässige Revision führt im Umfang der Zulassung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


4
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind mögliche Schadensersatzansprüche jedenfalls verjährt (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
5
Bei der gebotenen Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten hätte der Kläger den Emissionsprospekt innerhalb der für seine Beitrittserklärung geltenden Widerrufsfrist von zwei Wochen lesen müssen. Vertrauen in die Aussagen der Vermittler rechtfertige es nicht, wichtige Vertragsunterlagen zu ignorieren. Ob die insoweit unterbliebene Kenntnisnahme allein schon den Vorwurf grob fahrlässiger Unkenntnis (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) begründe, könne aber dahinstehen. Denn spätestens in dem Augenblick, als dem Kläger vor Augen geführt worden sei, dass die von ihm behaupteten Aussagen der Vermittler falsch gewesen seien oder zumindest deren Richtigkeit ernsthaft anzuzweifeln gewesen sei, hätte er sich näher über die Art und Weise seiner Beteiligung informieren und den Prospekt als nahe liegende Erkenntnisquelle nutzen müssen. Dieser Zeitpunkt sei jedenfalls im November 2005 eingetreten. Der Kläger habe ab Zugang der Mitteilung der Fondsgesellschaft über die zukünftige Reduzierung der monatlichen Ausschüttungen Kenntnis davon gehabt, dass die Zusicherung der Beklagten zu 3 und 4, er werde bis 2019 eine Ausschüttung von 108 € monatlich erhalten, unzutreffend gewesen sei. Auch deren Erklärung über die Beteiligung als eine Art finanzieller Selbstläufer sei hierdurch grundlegend in Frage gestellt worden. Denn die Beteiligung habe vollständig über Darlehen finanziert werden sollen, wobei die Zins- und Tilgungsraten ausschließlich durch Ausschüttungen sowie Steuerersparnisse hätten aufgebracht werden sollen. Bei einer so erheblichen Reduzierung der Ausschüttungen hätte aber nahe gelegen , auch diese Aussage der Vermittler zu hinterfragen. Wenn der Kläger je- doch vor dem ernsthaften Verdacht falscher Versprechungen die Augen schließe und untätig bleibe, obwohl ihm mit dem Emissionsprospekt eine einfache und nahe liegende Informationsquelle zur Verfügung stehe, sei dies als schwerer Obliegenheitsverstoß zu werten. Hätte der Kläger vom Prospektinhalt Kenntnis genommen, hätte er erkennen können, dass alle von ihm als beratungsfehlerhaft gerügten Aussagen tatsächlich unzutreffend gewesen seien. Für jeden einzelnen Fehler habe deshalb die Verjährungsfrist spätestens Ende 2005 zu laufen begonnen und damit am 31. Dezember 2008 geendet. Die erst im Januar 2009 eingereichte Klage gegen die Beklagten zu 3 und 4 habe die Verjährungsfrist daher nicht mehr hemmen können.

II.


6
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.
7
1. Die in Rede stehenden Ansprüche wegen Vertragsverletzung sind im Jahre 2003, nämlich mit dem Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstanden. Zwar ist der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation reicht dafür regelmäßig nicht. Jedoch kann der auf einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen , im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen. Der Anspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage (vgl. nur Senatsurteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 23 f, vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, WM 2010, 1690 Rn. 10, vom 24. März 2011 - III ZR 81/10, WM 2011, 874 Rn. 9 und vom 7. Juli 2011 - III ZR 90/10, juris Rn. 12, jeweils mwN).
8
2. Nach § 199 Abs. 1 BGB setzt der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist neben der Entstehung des Anspruchs voraus, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Hierbei obliegt die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung des Verschuldensgrads wesentliche Umstände außer Acht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Grobe Fahrlässigkeit setzt dabei einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt demnach nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung ("Verschulden gegen sich selbst") vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben, er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat. Hierbei trifft den Gläubiger aber generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlun- gen nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (vgl. nur Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO Rn. 27 f, vom 22. Juli 2010 aaO Rn. 12, vom 16. Juni 2011 - III ZR 200/09, juris Rn. 22 und vom 7. Juli 2011 aaO Rn. 17, jeweils mwN).
9
3. Geht es - wie hier - um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler, sind die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Fehler gestützt, beginnt die Verjährung daher nicht einheitlich , wenn bezüglich eines Fehlers Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt und dem Anleger insoweit eine Klage zumutbar wäre. Vielmehr ist jede Pflichtverletzung verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln. Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall auch unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen (vgl. nur Senatsurteile vom 22. Juli 2010 aaO Rn. 13, vom 24. März 2011 aaO Rn. 11 und vom 16. Juni 2011 aaO Rn. 21, jeweils mwN). Die verjährungsrechtlich gesonderte Prüfung mehrerer Pflichtverletzungen setzt dabei nicht voraus, dass jede dieser Pflichtverletzungen eigenständige oder zusätzliche Schadensfolgen nach sich gezogen hat. Es genügt vielmehr, dass mehrere (voneinander abgrenzbare) Pflichtverletzungen zum Gesamtschaden beigetragen haben und ein Schadensersatzanspruch auf mehrere (voneinander abgrenzbare) Fehler gestützt wird (vgl. Senatsurteile vom 24. März 2011 aaO Rn. 13 ff und vom 7. Juli 2011 aaO Rn. 15).
10
4. Wie der Senat inzwischen mehrfach entschieden hat, genügt der Umstand , dass der Anlageinteressent den ihm überlassenen Emissionsprojekt nicht durchgelesen hat, für sich allein genommen nicht, um den Vorwurf einer grob fahrlässigen Unkenntnis von bei einer Prospektlektüre ersichtlichen Auskunfts - oder Beratungsfehlern des Anlagevermittlers oder -beraters zu begründen. Der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Beraters oder Vermittlers in Anspruch nimmt, misst den Ratschlägen , Auskünften und Mitteilungen, die ihm von diesen Personen in einem persönlichen Gespräch unterbreitet werden, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben , die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken , viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Prospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist deshalb für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" (vgl. nur Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO Rn. 33, vom 22. Juli 2010 aaO Rn. 15, vom 16. Juni 2011 aaO Rn. 24 und vom 7. Juli 2011 aaO Rn. 19).
11
5. Insoweit liegt grundsätzlich auch keine grobe Fahrlässigkeit vor, wenn ein Anleger, dem im Hinblick auf den Beitritt ein Widerrufsrecht zusteht, den Prospekt nicht innerhalb der Widerrufsfrist liest. Das dem Anleger eingeräumte Widerrufsrecht soll ihm in erster Linie ermöglichen, seine Anlageentscheidung dahin zu überdenken, ob sie zweckmäßig ist, sowie ihn außerdem in die Lage versetzen, noch andere, möglicherweise günstigere Angebote zu prüfen. Zwar hätte das Widerrufsrecht den Kläger hier in die Lage versetzt, sich problemlos von der Beteiligung zu lösen, wenn er erkannt hätte, hinsichtlich der Anlagerisiken falsche Auskünfte erhalten zu haben. Aber auch Anleger, denen kein Widerrufsrecht zusteht, können, wenn ein Beratungs- oder Auskunftsfehler vorliegt , in der Regel verlangen, ihre Beteiligung rückabzuwickeln oder wirtschaftlich so gestellt zu werden, als ob sie sie nicht eingegangen wären. Deshalb hat ein Investor, der zusätzlich über ein gesetzliches oder vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht verfügt, bei Auskunftspflichtverletzungen gegenüber jenen anderen Anlegern lediglich in tatsächlicher Hinsicht leichtere Möglichkeiten, seine Rechte durchzusetzen. Hieraus folgt aber - wenn überhaupt - nur eine geringfügig gesteigerte Obliegenheit, die ihm anempfohlene Beteiligung anhand des Prospekts auf Risiken hin zu überprüfen, über die der Anlagevermittler möglicherweise getäuscht hat. Jedenfalls käme einer in solcher Weise verstärkten Obliegenheit kein derartig erhöhtes Gewicht zu, dass ihre Verletzung als grob fahrlässig zu beurteilen wäre (vgl. Senatsurteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09, NZG 2011, 68 Rn. 22).
12
6. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bestand im vorliegenden Fall auch kein den Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründender dringlicher Anlass für den Kläger, den Prospekt nachträglich zu studieren, nachdem mehr als 2 Jahre nach dem Erwerb der Beteiligung die Ausschüttungen reduziert wurden (vgl. auch Senatsurteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, aaO Rn. 16 ff).
13
Zwar hatte der Kläger - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - nunmehr Kenntnis davon, dass die behauptete Zusicherung, er werde bis 2019 eine Ausschüttung von 108 € monatlich erhalten, falsch war und dies auch die weiter behauptete Erklärung, die Anlage sei eine Art finanzieller Selbstläufer, wobei die Kreditkosten vollständig über die Ausschüttungen und die Steuervorteile abgedeckt werden könnten, in Frage stellte. Der Kläger hätte auf dieser Grundlage bereits damals Klage auf Schadensersatz erheben können. Hierzu benötigte er aber keine weiteren Erkenntnisse aus dem Prospekt. Es bestand für ihn - angesichts der Abweichung der tatsächlichen Entwicklung der Ausschüttungen von der seiner Darstellung nach gemachten Zusage - keine zwingende Notwendigkeit, nunmehr den alten Prospekt herauszusuchen und daraufhin durchzuarbeiten, ob die mündlichen Erklärungen der Berater vom Prospekt abwichen. Dies hätte im vorliegenden Fall bezogen auf die erkannte Pflichtverletzung zudem lediglich dazu geführt, dass die Ausschüttungen auch nach der Beschreibung im Prospekt tatsächlich nicht so sicher waren, wie es nach Darstellung des Klägers im Beratungsgespräch vorgespiegelt worden sein soll. Der Prospektinhalt war für den konkreten Aufklärungs- bzw. Beratungsfehler und dessen Verfolgung letztlich nicht entscheidend.
14
Im Übrigen dient ein Prospekt vorrangig der Information des Anlageinteressenten im Zusammenhang mit der Anlageentscheidung. Dieser Zweck ist mit dem unwiderruflich gewordenen Erwerb der Anlage erfüllt. Demgegenüber ist es nicht die eigentliche Funktion des Prospekts, die Richtigkeit der im Rahmen eines mündlichen Beratungs- oder Vermittlungsgesprächs gemachten Angaben lange Zeit nach der Anlageentscheidung kontrollieren zu können (vgl. Senatsurteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, aaO Rn. 17).
15
Selbst wenn man aber der Meinung wäre, ein Anleger würde aus Anlass der Entdeckung eines Aufklärungs- oder Beratungsfehlers Veranlassung haben, den Prospekt zu studieren, so beschränkt sich dies grundsätzlich auf etwaige die Pflichtverletzung unmittelbar betreffende Passagen. Den Anleger trifft jedoch regelmäßig keine im Fall der Unterlassung mit dem Vorwurf grober Fahr- lässigkeit verbundene Obliegenheit, bei Entdeckung eines Fehlers den zumeist sehr umfangreichen - hier 80 Seiten umfassenden - Anlageprospekt vorsorglich auf mögliche weitere Fehler durchzuarbeiten. Insoweit kann die Obliegenheit, bezüglich einer Pflichtverletzung bestimmte Maßnahmen vorzunehmen, von ihrem Schutzzweck her nicht auf andere Pflichtverletzungen erstreckt werden. Entscheidend ist, ob bezüglich der weiteren Fehler eine jeweils eigenständige Obliegenheitspflichtverletzung vorliegt, aufgrund derer sich der Anleger einer ihm aufdrängenden Kenntnis verschlossen hat. Unterlässt es ein Anleger grob fahrlässig, sich trotz eines konkreten Anlasses über einen bestimmten Umstand zu informieren, wird er so behandelt, als hätte er hiervon Kenntnis. Der Zusammenhang zwischen der Obliegenheitspflichtverletzung und der Unkenntnis fehlt aber bei solchen Informationen, die der Anleger nicht gezielt hätte suchen müssen, sondern die er nur anlässlich einer anderweitig angelegten - und von ihm unterlassenen - Recherche gegebenenfalls hätte erlangen können (vgl. Senatsurteile vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, aaO Rn. 18 und vom 7. Juli 2011, aaO Rn. 19).
16
7. Soweit das Berufungsgericht daher angenommen hat, dass für jeden der gerügten Beratungsfehler die Verjährungsfrist Ende 2005 zu laufen begonnen habe, ist dies nach Maßgabe der vorzitierten Senatsrechtsprechung unzutreffend.
17
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Bezüglich einer Haftung des Beklagten zu 3 hat das Berufungsgericht es zwar als naheliegend angesehen, letztlich aber ausdrücklich offengelassen, ob ein Beratungsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist. Diese tatrichterliche Bewertung ist nunmehr nachzuholen, wobei das Berufungsgericht insoweit auch Gelegenheit hat, sich in tatrichterlichen Würdigung mit den verschiedenen Gegenrügen des Beklagten zu 3 in seiner Revisionserwiderung auseinanderzusetzen , auf die einzugehen der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung sieht. Bezüglich der Haftung der Beklagten zu 4 - und des Beklagten zu 3, falls ein Beratungsvertrag mit ihm abgeschlossen wurde - hat das Berufungsgericht zur Frage der Pflichtverletzung darauf abgestellt, dass die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen seien und bereits dies genüge, um einen Beratungsfehler feststellen zu können. Hierzu ist allerdings anzumerken, dass das Landgericht das Verteidigungsvorbringen der Beklagten als ausreichend angesehen und über die klägerseits behaupteten Pflichtverletzungen Beweis erhoben hat. Das Berufungsgericht hätte deshalb auf seine - von der Beurteilung der ersten Instanz abweichende - Würdigung des Beklagtenvorbringens aus Gründen des rechtlichen Gehörs vorab hinweisen müssen, um den Beklagten Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben , zumal diese, da die Klage bereits vom Landgericht wegen Verjährung abgewiesen worden war, auch keine unmittelbare Veranlassung hatten, überhaupt zu anderen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkten näher vorzutragen. Soweit das Berufungsgericht bezüglich des Vorliegens von Beratungsfehlern mit einem Satz zusätzlich auch die Aussage der vom Landgericht vernommenen Ehefrau des Klägers anspricht, hat es keine tragfähige Beweiswürdigung vorgenommen, sondern "zu Gunsten des Klägers unterstellt", dass diese alle klägerischen Angaben zu pflichtwidrigem Verhalten der Beklagten "glaubhaft bestätigen konnte". Auch von daher ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist vielmehr nicht auszuschließen, dass dem Kläger gegen die Beklagten zu 3 und 4 ein Schadensersatzanspruch zusteht. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink

Vorinstanzen:
LG Würzburg, Entscheidung vom 22.12.2009 - 61 O 1557/08 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 05.07.2010 - 4 U 13/10 -

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.

(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.

(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.

(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.

(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.

(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.