Landgericht Düsseldorf Beschluss, 28. Juli 2015 - 39 O 131/06
Gericht
Tenor
Die Anträge der Antragsteller werden, soweit sie nicht zurückgenommen oder bereits rechtskräftig zurückgewiesen worden sind, zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens und die Kosten der beiden gemeinsamen Vertreter mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller, die diese selbst tragen, soweit die Kosten nicht durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12.03.2003 (I-19 W 1/02 AktE) einem anderen Beteiligten auferlegt worden sind.
1
G r ü n d e :
2A.
3Die Antragsteller zu 2), 4) und 12) waren nach einigen Angaben Aktionäre der Aaaaa die übrigen Antragsteller Aktionäre der Bbbbbb sowie die Antragstellerin zu 11) Aktionärin beider Gesellschaften.
4Nach einem feindlichen Übernahmeversuch der Aaaaa im März 1997 verhandelten Bbbbbb und Aaaa über eine Fusion. Die Verhandlungen führten zunächst zu einer Zusammenlegung der Flachstahlaktivitäten beider Gesellschaften. Außerdem wurden weitere Möglichkeiten einer Zusammenarbeit geprüft und hierzu von beiden Gesellschaften gemeinsame Arbeitsgruppen eingesetzt. In einem Treffen der Aufsichtsratsvorsitzenden, der Vorstandsvorsitzenden sowie der Finanzvorstände beider Gesellschaften wurde nach der Präsentation der Ergebnisse der Arbeitsgruppen Einigkeit erzielt, dass den Eigentümern und zuständigen Gremien die Verschmelzung beider Gesellschaften vorgeschlagen werden sollte. Das wurde am 04.11.1997 bekanntgegeben. Die Anleger und die Öffentlichkeit wurden durch weitere Presseerklärungen von November und Januar 1998 über den Stand des Verschmelzungsvorhabens informiert. In einer gemeinsamen Presseerklärung vom 11.09.1998 teilten die beiden Gesellschaften den Abschluss der Fusionsverhandlungen und das Umtauschverhältnis mit. Am 21.10.1998 wurden die Einladungen zu den außerordentlichen Hauptversammlungen zur Beschließung der Verschmelzung im Bundesanzeiger veröffentlicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen B 8 bis B 13 (Bl. 754 ff. d.A.) verwiesen. Die Hauptversammlung der Aaaaa vom 04.12.1998 und der Bbbbb vom 30.11.1998 (Bl. 159, 157 d.A.) beschloss die Verschmelzung beider Gesellschaften zur Antragsgegnerin. Die Verschmelzung wurde am 16.03.1999 im Handelsregister von Bbbbb und am 16.03.1999 in den Handelsregistern für Aaaa eingetragen.
5Der Verschmelzungsvertrag zwischen Bbbbb und Aaaaa sah in § 2 Abs. 1 vor, dass die Antragsgegnerin den Aktionären von Bbbbb und Aaaa als Gegenleistung für die Übertragung der Vermögen von Bbbbb und Aaaa auf sich Aktien der Antragsgegnerin nach Maßgabe folgenden Umtauschverhältnisses zu gewähren hatte:
6„a)
7Eine Aktie von Bbbbb im Nennbetrag von DM 50,00 wird gegen 10 Stückaktien der Cccc AG umgetauscht. Für Aktien von Bbbbb mit Nennbeträgen von DM 500,00 und DM 1.000,00 werden entsprechend mehr Stückaktien der Cccc AG gewährt.
8b)
9Eine Aktie von Aaaa vom Nennbetrag von DM 50,00 wird gegen 7,88 Stückaktien der Bbbb AG umgetauscht. Außerdem wird eine bare Zuzahlung in Höhe von DM 0,03 je Aktie von Aaaa im Nennbetrag von DM 50,00 gewährt.“
10Daraus ergab sich eine Verschmelzungswertrelation Bbbbb zu Aaaa von 2 : 1. Dieses Umtauschverhältnis beruhte auf angenommenen Unternehmenswerten von Bbbbb von 1.715.000,00 DM und von Aaaa von 1.088.128.450,00 DM.
11Die Antragsteller und die gemeinsamen Vertreter der nicht am Verfahren beteiligten Aktionäre beider Gesellschaften erstreben jeweils für die von ihnen gehaltenen bzw. vertretenen Aktien eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses durch eine höhere bare Zuzahlung. Die Antragsteller behaupten, Aktionäre der Aaaaa bzw. der Bbbbb gewesen zu sein und machen geltend, das Umtauschverhältnis sei zu Lasten der Gesellschaft, deren Aktien sie inne hatten, falsch gewesen.
12Die Antragsteller, die Aktien der Aaaaa gehalten hatten und der gemeinsame Vertreter der nicht am Verfahren beteiligten Aktionäre der Aaaaa AG machen unter anderem geltend, es sei nicht richtig, dass bei der Bewertung der Bbbbbb ein Risikoabschlag von 0,5 % vorgenommen worden sei, bei der Aaaaa AG dagegen nicht, obwohl beide Unternehmen weitgehend gleich strukturiert und auf denselben Märkten tätig gewesen seien. Der zugunsten der Bbbbb angesetzte Sonderwert für den Transrapid von 150.000.000,00 DM sei nicht nachvollziehbar. Die Immobilienbewertung sei ebenfalls nicht nachvollziehbar. Schließlich sei der EK 45 der Bbbbb und der Aaaaa AG nicht nachvollziehbar begründet worden und widersprüchlich dargestellt worden.
13Die ehemaligen Aktionäre der Bbbbb und der gemeinsame Vertreter der nicht am Verfahren beteiligten Aktionäre der Bbbbb machen unter anderem geltend, das Wertverhältnis sei aufgrund des Verhandlungsdrucks des Großaktionärs von Aaaaa zum Nachteil der Bbbbb-Aktionäre festgesetzt worden. Die Börsenkursverhältnisse seien zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Die Ermittlung des Werts des nicht betriebsnotwendigen Grundbesitzes sei nicht nachvollziehbar gewesen. Das Verhältnis des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, das für einen höheren Wert von Bbbbb gesprochen habe, sei ebenso wenig wie die günstigere Eigenkapitalstruktur von Bbbbb berücksichtigt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschriften verwiesen. Das Umtauschverhältnis sei richtigerweise nach der Wertrelation, die sich aus den Börsenkursen am 11.09.1998 ergebe, festzulegen, woraus sich eine Zuzahlung zugunsten der ehemaligen Aktionäre von Bbbbb von 11,82 € ergebe.
14Die Antragsteller zu 4) bis 6), 8) und 9) haben ihre Anträge zurückgenommen. Der Antrag der Antragstellerin zu 15) ist durch rechtskräftigen Beschluss der früher zuständigen 10. Kammer für Handelssachen vom 22.11.2002 (Bl. 223 d.A.) zurückgewiesen worden. Die Antragstellerin zu 11) hat jeweils einen Antrag als ehemalige Aktionärin der Bbbbbb und der Aaaaa AG gestellt.
15Die ehemaligen Aktionäre der Aaaaa AG sowie der gemeinsame Vertreter der nicht am Verfahren beteiligten Aktionäre der Aaaaa AG beantragen,
16zugunsten der ehemaligen Aktionäre der Aaaaa einen Ausgleich für das zu niedrig bemessene Umtauschverhältnis durch bare Zuzahlung zuzüglich 2 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 18. März 1999 bis zum 31. Dezember 2001 und über den Basiszinssatz ab dem 1. Januar 2002 festzusetzen.
17Die ehemaligen Aktionäre der Bbbbbb sowie der gemeinsame Vertreter der nicht am Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre der Bbbbbb beantragen,
18zugunsten der ehemaligen Aktionäre der Bbbbbb einen Ausgleich für das zu niedrig bemessene Umtauschverhältnis durch bare Zuzahlung zuzüglich 2 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 18. März 1999 bis zum 31. Dezember 2001 und über den Basiszinssatz ab dem 1. Januar 2002 festzusetzen.
19Die Antragsgegnerin beantragt,
20die Anträge abzuweisen.
21Die Antragsgegnerin bestreitet die Antragsberechtigung der meisten Antragsteller und macht geltend, das Wertverhältnis sei zutreffend ermittelt worden. Die Bewertungsrügen seien unberechtigt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Antragserwiderung vom 26.11.2001 (Bl. 120 ff. d.A.) verwiesen. Das Umtauschverhältnis habe die Vermutung der Richtigkeit für sich, weil das Umtauschverhältnis im Rahmen der Fusionsverhandlung zweier unabhängiger Unternehmen ausgehandelt worden sei. Auf die Börsenkursrelation komme es bei der Verschmelzung zweier selbständiger Unternehmen nicht an. Jedenfalls seien geringfügige Abweichungen vom Umtauschverhältnis nicht auszugleichen.
22Das Gericht hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten der Sachverständigen Ddddd vom 03.06.2010 und 26.08.2011 (Bl. 372 ff., 800 ff. d.A.) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
23B.
24Die Anträge der ehemaligen Aktionäre von Aaaaa und Bbbbb sind, soweit sie nicht zurückgenommen oder zurückgewiesen worden sind, zulässig, haben aber in der Sache keinen Erfolg.
25Die Rechtslage richtet sich nach den bis zum 31.08.2003 geltenden Gesetzen, insbesondere §§ 15, 305 ff. UmwG.
26I.
27Die Anträge sind, soweit sie nicht zurückgenommen oder zurückgewiesen worden sind, zulässig. Die verbliebenen Antragsteller haben ihre Antragsberechtigung durch Bankbescheinigungen, wonach sie zum maßgeblichen Zeitpunkt Inhaber von Aktien waren (abgeheftet jeweils in den Akten der Ausgangsverfahren), nachgewiesen.
28II.
29Die Anträge haben aber keinen Erfolg. Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf eine bare Zuzahlung, denn das Umtauschverhältnis ist nicht zu niedrig bemessen. Ist das Umtauschverhältnis der Anteile zu niedrig oder ist die Mitgliedschaft beim übernehmenden Rechtsträger, hier also der Antragsgegnerin, kein ausreichender Gegenwert für den Anteil oder die Mitgliedschaft bei dem übertragenen Rechtsträger, kann nach § 15 Abs. 1 UmwG a.F. jeder Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers von dem übernehmenden Rechtsträger einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen. Das Umtauschverhältnis ist dann zu niedrig bemessen, wenn die hingegebenen Aktien der übertragenen Gesellschaft nicht den gleichen Wert haben wie die dafür von der übernehmenden Gesellschaft dem außenstehenden Aktionär zukommenden Aktien. Zur Bestimmung des Umtauschverhältnisses ist die sogenannte Verschmelzungswertrelation festzustellen. Hierfür ist die Bewertung beider Unternehmen erforderlich, wobei jeweils der innere Wert der Gesellschaft maßgeblich ist. Dieser Wert bestimmt sich maßgeblich danach, wie die Gesellschaft ohne Abschluss des Unternehmensvertrages wertmäßig zu beurteilen wäre. Der nach diesen Grundsätzen ermittelte Wert stellt die angemessene Abfindung dar, weil der ausscheidende Aktionär die Summe erhalten muss, die dem Wert seiner Beteiligung am Unternehmen voll entspricht (OLG Düsseldorf, AG 2002, 398 ff., juris Rdnr. 30).
30Die Werte der beiden verschmolzenen Gesellschaften Aaaaa und Bbbbb rechtfertigen weder eine Zuzahlung zugunsten der ehemaligen Aktionäre von Aaaaa noch zugunsten der ehemaligen Aktionäre von Bbbbb.
31Die anlässlich des Verschmelzungsvertrages ermittelten Unternehmenswerte am Stichtag betrugen
32Bbbbb 23.670.000,00 DM
33Aaaaa 11.835.000,00 DM
34Daraus ergab sich eine Wertrelation Bbbbb zu Aaaaa von 2 : 1.
35Nach der Neubewertung durch die gerichtlich bestellten Sachverständigen ergaben sich folgende Unternehmenswerte:
36Bbbbb 20.752.000,00 DM
37Aaaaa 10.810.000,00 DM
38Das entspricht einer Wertrelation Bbbbb zu Aaaaa von 1,920 : 1.
39Der Börsenwert am 11.09.1998, dem Tag der Bekanntgabe des Umtauschverhältnisses betrug
40Bbbbb 14.144.000,00 DM
41Aaaaa 6.676.000,00 DM
42Daraus errechnet sich eine Wertrelation Bbbbb zu Aaaaa von 2,119 : 1.
43Die Ergebnisse der Wertermittlungen nach Abschluss des Verschmelzungsvertrages geben keine Veranlassung zu einer abweichenden Festlegung des Umtauschverhältnisses, insbesondere nicht zur Festsetzung einer Zuzahlung zugunsten der Aktionäre der einen oder der anderen Seite.
44Auf die Rügen gegen die Unternehmensbewertung im Übertragungsbericht und die Bewertung der Verschmelzungsprüfer kommt es nicht mehr an, nachdem die gerichtlich bestellten Sachverständigen Ddddd im Gutachten eine Neubewertung vorgenommen haben. Hierbei haben sie sich auch mit den Rügen der Antragsteller gegen die ursprünglichen Bewertungsansätze auseinander gesetzt und sind in zahlreichen Aspekten von der Bewertung, die dem Abschluss des Verschmelzungsvertrages zugrunde lag, abgewichen, so dass es nunmehr nur noch auf die Rügen gegen die Neubewertung der gerichtlich bestellten Sachverständigen ankommt. Diese Rügen rechtfertigen im Ergebnis keine abweichende Festlegung des Umtauschverhältnisses, im Einzelnen:
451.)
46Die Festsetzung des Umtauschverhältnisses ist allerdings in vollem Umfang zu überprüfen. Sie ist nicht etwa deshalb einer Überprüfung entzogen, weil die Wertrelation in Verhandlungen von zwei unabhängigen Gesellschaften, nämlich von Bbbbb und Aaaaa festgelegt wurde (so z. B. OLG Stuttgart AG 2011, 49 ff.). Vielmehr ist die Angemessenheit der Bewertung und des Umtauschverhältnisses in der Sache zu überprüfen (BVerfG AG 2012, 1683 ff., juris Rdnr. 26 ff.).
472.)
48Der Bewertung der gerichtlich bestellten Sachverständigen Dddd ist bei der Festlegung des Umtauschverhältnisses zu folgen. Die Sachverständigen haben zwar der Bewertung den IDW S 1 in der Fassung 2005 zugrunde gelegt, obwohl zur Zeit des Bewertungsanlasses im Jahr 1998 noch nicht einmal der IDW S 1 der Fassung 2000 existierte. Das steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, wonach grundsätzlich die zur Zeit der Erstbewertung geltende Fassung des IDW anzuwenden ist (OLG Düsseldorf AG 2014, 817 ff. m.w.N.). Im vorliegenden Fall kommt es jedoch – anders als bei der Ermittlung der Höhe einer Abfindung oder eines Ausgleichs nach einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag oder einem Squeeze out – nicht darauf an, ob und in welcher Fassung der IDW zur Unternehmensbewertung anzuwenden ist. Bewertungsziel des § 15 UmwG ist nämlich, die Wertrelationen zwischen den Unternehmen der beiden Parteien des Verschmelzungsvertrages festzustellen, wozu ihr Wert zum Stichtag zu ermitteln ist. Wie das Umtauschverhältnis konkret zu bestimmen ist und nach welchen Regeln bzw. Methoden dabei vorzugehen ist, ist gesetzlich nicht vorgegeben (vgl. OLG Düsseldorf OLG-Report 2009, 511 ff., juris Rdnr. 27 = AG 2009, 873 ff.). Da es hier nicht um die Feststellung des Unternehmenswerts als Grundlage einer Abfindung, sondern als Grundlage für die Feststellung der Relation des Werts der beteiligten Unternehmen geht, ist nicht der absolute Wert des Unternehmens maßgeblich, der bei Anwendungen früherer Bewertungsgrundsätze in der Regel höher ausfällt, sondern die Wertrelation.
49Der IDW-Standard ist eine anerkannte Methode zur Ermittlung des Ertragswertes (OLG Düsseldorf AG 2014, 817 ff., juris Rdnr. 27). Das gilt für alle Fassungen. Bei der Ermittlung der Wertrelation kommt es nur darauf an, dass beide Unternehmen nach den gleichen Methoden beurteilt werden, weil unterschiedliche Bewertungsmethoden angesichts der Volatilität der Aktienmärkte zu unterschiedlichen Resultaten führen würden (OLG Düsseldorf OLG-Report 2009, 511 ff., juris Rdnr. 27).
50Der Grundsatz der Methodengleichheit ist gewahrt, weil beide Unternehmen nach dem gleichen IDW-Standard bewertet worden sind. Dass frühere Fassungen des IDW bzw. Vorgängermethoden nicht nur zu höheren Werten geführt haben, sondern auch zu einem anderen Wertverhältnis führen würden, indem sich die andere Methode bei den Gesellschaften unterschiedlich auswirkt, ist nicht ersichtlich.
513.)
52Die Bewertung der gerichtlich bestellten Sachverständigen ist zutreffend und nicht zu beanstanden. Die Sachverständigen haben sich im ersten Gutachten mit den Einwendungen der Antragsteller gegen die ursprüngliche Bewertung auseinandergesetzt, die dem Verschmelzungsbeschluss zugrunde lag. In der Ergänzung ihres Gutachtens haben sie sich mit den Einwendungen der Antragsteller gegen ihr Gutachten auseinandergesetzt und diese mit überzeugenden Gründen zurückgewiesen:
53a)
54Die Planungsannahmen der Sachverständigen sind zutreffend. Die Sachverständigen haben, wie z. B. der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller zu 11) moniert hat, die Planwerte der Gesellschaft teilweise korrigiert, weil sie diese nicht für plausibel gehalten haben. Dieses Vorgehen ist zulässig. Zu beanstanden wäre lediglich die Ersetzung einer realistischen Planung des Unternehmens durch eine andere, ebenfalls realistische Planung der Sachverständigen (z. B. OLG Stuttgart AG 2007, 705, 706). Die Sachverständigen haben sich in ihrem ersten Gutachten, insbesondere in den Anlagebänden zum ersten Gutachten ausführlich mit der Plausibilität der Planungen der beiden Gesellschaften befasst und Abweichungen gekennzeichnet. Darin ist auch dargelegt worden, weshalb sie in Einzelfällen die Planung korrigiert und nicht für plausibel gehalten haben.
55Der Umstand, dass die Ertragskraft nach dem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit bei Bbbbb um den Faktor 2,3 bzw. 2,4 höher als bei Aaaa gewesen sein soll, wie vom Prozessbevollmächtigten der Antragsteller zu 3) gerügt, rechtfertigt keine abweichende Festsetzung. Wie die Sachverständigen in ihrer Stellungnahme tabellarisch dargestellt haben, schwankte der Vergleich der Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in den 6 Jahren vor der Verschmelzung stark und betrug im Durchschnitt 2,0 (Bl. 809 d.A.). Auch die Frage des Antragstellers zu 16), ob die Sachverständigen sich bei der geplanten Schließung der Effizienzlücken mit der jeweiligen Planungsgüte befasst haben und inwieweit sie für die Planungsphase I und nachhaltig einen Soll-Ist-Abgleich durchgeführt haben (Bl. 641 b d.A.) lässt Bewertungsfehler nicht erkennen. Die Sachverständigen haben sich im ersten Gutachten, wie aus den Anlagenbänden zum ersten Gutachten ersichtlich ist, ausführlich mit Planungsannahmen auseinandergesetzt. Anpassungen auf der Basis eines Soll-Ist-Abgleichs haben sie nicht durchgeführt. Das wäre auch nicht ordnungsgemäß gewesen, weil es auf die zum Bewertungsstichtag plausiblen Planungsannahmen und nicht auf die spätere tatsächliche Entwicklung ankommt.
56b)
57Die Kapitalisierungszinsen sind für beide Gesellschaften zutreffend ermittelt worden. Die Sachverständigen haben die bessere Eigenkapitalquote von Bbbbb durch einen um 1 Prozentpunkt höheren Risikozuschlag bei Aaaaa berücksichtigt. Die Ermittlung der Risikozuschläge und des Betafaktors haben sie im zweiten Gutachten noch einmal ausführlich und überzeugend begründet. Zur Vermeidung von bloßen Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen (Bl. 812 ff. d. A.).
58Soweit der Antragsteller zu 16) in seiner Stellungnahme zu der Gutachtenergänzung vom 06.12.2011 (Bl. 846 d.A.) beanstandet, dass die unterschiedlichen Relationen zwischen Fremdkapital und Eigenkapital über den Kapitalisierungszins berücksichtigt worden seien, weil es sich hierbei um einen Zirkelschluss handele, besteht kein Anlass, den Sachverständigen zu hören. Bei der Berücksichtigung der Eigenkapital- und Fremdkapitalquote, wie sie von dem Sachverständigen vorgenommen wurde, handelt es sich um die bei Unternehmensbewertungen übliche Art der Berücksichtigung, die nicht zu beanstanden ist. Die Anhörung der Sachverständigen würde hierzu keinerlei neue Erkenntnisse liefern.
59c)
60Die Ableitung des Sonderwerts Immobilien in der Bewertung ist nicht zu beanstanden. Die Sachverständigen haben zu Recht die nicht umlagefähigen Bewirtschaftungskosten in Abzug gebracht. Deren Ermittlung in Anlehnung an die zweite Berechnungsverordnung entspricht, wie die Sachverständigen belegt haben, gängiger Praxis unabhängig davon, ob die zweite Berechnungsverordnung anwendbar ist, so dass es entgegen der Ausführung des Antragstellers zu 16) nicht darauf ankommt, ob die Voraussetzungen der zweiten Berechnungsverordnung erfüllt sind.
61d)
62Auch der Sonderwert Transrapid ist zutreffend berechnet worden. Der Antragsteller zu 3) hat hierzu eingewendet, dass für die Ableitung des Sonderwerts nicht das Projekt x habe herangezogen werden dürfen, sondern aufgrund der geringeren Kostenrisiken hätte die zukünftige Marge auf Basis des Projekts y angesetzt werden müssen. Die Sachverständigen haben jedoch diesen Sonderwert zu Recht anhand der Kalkulation für das Projekt x angesetzt, weil zum Bewertungsstichtag lediglich dieses Projekt hinreichend konkret geplant war.
634.)
64Aus der Börsenkursrelation ergibt sich keine bare Zuzahlung. Nach dem Dreimonatsbörsenkurs der beiden Unternehmen am 11.09.1998, dem Tag der Bekanntgabe des Umtauschverhältnisses bestand allerdings nach den Börsenwerten ein Wertverhältnis Bbbbb : Aaaaa von 2,119 : 1, das zu einer rechnerischen Zuzahlung von 11,82 € zugunsten der Aktionäre der Bbbbb geführt hätte, während die Börsenkurse zu früheren Zeitpunkten zwischen dem 24.03.1997 und dem 12.01.1998 zu Zuzahlungen zwischen 11,19 und 23,80 € je Aktie an die Aktionäre von Aaaaa geführt hätte. Das Wertverhältnis anhand der Börsenkurse bei Bekanntgabe des Unternehmensvertrages ist damit für die ehemaligen Aktionäre von Bbbbb günstiger als die Annahme im Verschmelzungsvertrag die Ermittlung des Ertragswerts im gerichtlichen Sachverständigengutachten.
65Das für die ehemaligen Aktionäre von Bbbbb günstigere Wertverhältnis nach den Börsenkursen rechtfertigt aber keine Änderung des Umtauschverhältnisses. Vielmehr ist die Ermittlung des Umtauschverhältnisses anhand der Ertragswertmethode vorzugswürdig, weil sie auf der sorgfältigen Auswertung aller Unternehmensdaten und nicht auf bloß spekulativen Marktannahmen wie der Börsenkurs beruht.
66Der Börsenkurs kann bei einer Verschmelzung von zwei Unternehmen durch Neugründung nicht die Mindestgrenze für das Wertverhältnis beider Unternehmen sein, denn – anders als bei Barabfindungen und Ausgleichen nach Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen bzw. Squeeze out - führt die Begünstigung der Aktionäre der einen Gesellschaft zu einer Schlechterstellung der Aktionäre der anderen Gesellschaft.
67Jede Unternehmensbewertung kann nur eine mit Unsicherheiten behaftete Schätzung und keine punktgenaue Messung sein; für jedes Unternehmen gibt es eine Bandbreite von Werten. Aufgabe des Gerichts ist es deshalb, den Unternehmenswert im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu bestimmen (OLG Düsseldorf AG 2007, 701, 702). Das Ertragswertverfahren ist ebenso wie die Börsenkurse eine Methode zur Schätzung dieses Unternehmenswerts. Welche Schätzmethode vorzugswürdig ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (OLG Frankfurt AG 2010, 751 ff., juris Rdnr. 107 ff.). Im vorliegenden Fall liegt – anders als in dem vom Oberlandesgericht Frankfurt entschiedenen Fall – ein Zusammenschluss von zwei unabhängigen Unternehmen vor, was eine erhöhte Gewähr für die Richtigkeit des ausgehandelten Umtauschverhältnisses nach sich zieht.
68Der Umstand allein, dass sich bei Zugrundelegung des Börsenkurses ein günstigeres Umtauschverhältnis für Minderheitsaktionäre einer der beteiligten Gesellschaften ergab, ist nicht von Belang (vgl. OLG Düsseldorf OLG-Report 2009, 511 ff. Rdnr. 29). Das muss im vorliegenden Fall umso mehr gelten, als die Begünstigung der Aktionäre der einen Seite zu einer Benachteiligung der Aktionäre der anderen Seite führt, die sich wiederum auf die Vorzugswürdigkeit des Ertragswertverfahrens berufen könnten.
69Das dem Verschmelzungsvertrag zugrundeliegende Umtauschverhältnis liegt zwischen den Extremwerten von 1,92 : 1 des gerichtlichen Sachverständigengutachtens und 2,119 : 1 der Börsenkurse. Da jede Bewertung auf Prognosen mit Unsicherheitsfaktoren beruht, rechtfertigen Abweichungen des Umtauschverhältnisses nach erneuter Begutachtung erst bei Erreichen einer bestimmten Schwelle einen Ausgleich. Die Abweichungen von 0,08 nach unten gemäß dem Gutachten bzw. 0,119 nach oben gemäß dem Börsenkurs sind für die Aktionäre hinnehmbar und nicht auszugleichen.
70III.
71Die Entscheidung konnte ohne weitere mündliche Verhandlung ergehen, nachdem bereits vor der früher zuständigen 10. Kammer für Handelssachen eine Verhandlung stattgefunden hat. Neue Erkenntnisse sind von einer erneuten mündlichen Verhandlung nicht zu erwarten, weil es sich allein noch um Rechtsfragen handelt. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben sich mit den Einwendungen gegen ihr erstes Gutachten in ihrem Ergänzungsgutachten ausführlich auseinandergesetzt. Soweit noch vereinzelt Einwendungen gegen das zweite Gutachten erhoben worden sind, sind diese entweder unerheblich oder betrafen Rechtsfragen, insbesondere die anzuwendende Fassung des IDW bzw. die Rechtsfrage, ob das Umtauschverhältnis nach Börsenkursen zu ermitteln ist. Da es sich hier um reine Rechtsfragen handelt, sind diese vom Gericht zu entscheiden, ohne dass es noch weiterer Erörterungen bedurfte.
72IV.
73Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 312 Abs. 4 UmwG a.F., 13 a Abs. 1 FGG a.F. Die Gerichtskosten und die Kosten der gemeinsamen Vertreter sind von der Antragsgegnerin zu tragen. Gründe, diese ausnahmsweise den Antragstellern aufzuerlegen, liegen nicht vor. Dagegen entspricht es der Billigkeit, dass die unterlegenen Antragsteller ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben. Das gilt erst Recht für die Antragsteller, die ihre Anträge zurückgenommen haben. Über die Kosten des zurückgewiesenen Antrags der Antragstellerin zu 15) ist bereits im Beschluss vom 22.11.2002 entschieden worden.
74Geschäftswert und Gegenstandswert für die gemeinsamen Vertreter: 1.000.000,00 €.
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Annotations
(1) Ist das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen oder ist die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein angemessener Gegenwert für den Anteil oder für die Mitgliedschaft bei einem übertragenden Rechtsträger, so kann jeder Anteilsinhaber, dessen Recht, gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses Klage zu erheben, nach § 14 Absatz 2 ausgeschlossen ist, von dem übernehmenden Rechtsträger einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen; die Zuzahlungen können den zehnten Teil des auf die gewährten Anteile entfallenden Betrags des Grund- oder Stammkapitals übersteigen. Die angemessene Zuzahlung wird auf Antrag durch das Gericht nach den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes bestimmt.
(2) Die bare Zuzahlung ist nach Ablauf des Tages, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers nach § 19 Abs. 3 bekannt gemacht worden ist, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.