Landgericht Düsseldorf Urteil, 27. März 2014 - 14a KLs-50 Js 229/12-1/14
Tenor
Der Angeklagte U1 ist des gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in neun Fällen schuldig, davon in vier Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung.
Er wird deshalb auf seine Kosten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.
Der Angeklagte I1 ist des gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in fünf Fällen schuldig, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung.
Er wird deshalb auf seine Kosten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
Angewendete Strafvorschriften:
§§ 97 Abs. 2, 96 Abs. 1 Nr. 1 a) und b), Nr. 2, 95 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 AufenthG; §§ 267 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1; 25 Abs. 2, 27; 52, 53 StGB
1
Gründe
3(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
4I.
51. U1
6Der heute 35 Jahre alte Angeklagte U1 wurde in Teheran/Iran geboren. Sein Vater ist Inhaber eines Druckereigeschäftes, seine Mutter Hausfrau. Seine 23 und 25 Jahre alten Schwestern studieren im Iran. Der Angeklagte ist ledig und hat keine Kinder.
7Der Angeklagte U1 wurde 1985 eingeschult. Er durchlief die Grund- und Mittelschule und legte im Jahr 1997 sein Abitur ab. Im Anschluss daran absolvierte er seinen zweijährigen Wehrdienst und begann dann im väterlichen Betrieb zu arbeiten. Zu den Aufgaben des Angeklagten U1 gehörte es dabei unter anderem Druckarbeiten vorzunehmen und Druckereizubehör im Iran zu vertreiben.
8Während der Präsidentschaftswahlen 2009 unterstützte er Mussawi, den Gegenkandidaten des Amtsinhabers Ahmadinedschad, indem er Flugblätter mit regierungskritischem Inhalt gegen Zahlung von etwa 3.000 EUR druckte. Während einer Demonstration am Wahltag wurde der Angeklagte U1 festgenommen und für etwa zehn Tage in Gewahrsam genommen.
9Im Sommer 2010 nahm er an einer weiteren Demonstration teil, die von der Polizei aufgelöst wurde. Dabei wurde er am Arm verletzt und im Krankenhaus behandelt. Aus Angst vor Übergriffen der Revolutionswächter verließ er Teheran sodann umgehend. Sein Vater riet ihm, den Iran zu verlassen, da sein Leben in Gefahr sei. Mehrere seiner Freunde waren bereits verhaftet worden, ohne dass deren weiterer Verbleib bekannt war.
10Er reiste nach Tebris und auf dem Landweg in die Türkei, wo er sich einige Zeit aufhielt. Er wollte, ebenso wie viele seiner Freunde und Verwandten, weiter nach Kanada. Der Angeklagte U1 traf in der Türkei einen Schleuser namens B1, der ihm versprach, ihn für 10.000 USD nach Kanada zu bringen. Der Angeklagte U1 zahlte 6.000 USD selbst, weitere 4.000 USD schickte der Vater des Angeklagten aus dem Iran. Er erhielt sodann von dem B1 einen deutschen Pass, mit dem er von Istanbul nach Paris flog. Sodann buchte er, wie von seinem Schleuser empfohlen, ein Flugticket nach Kanada. Seine Ausreise wurde jedoch durch die französische Polizei vereitelt, die seinen gefälschten Pass erkannte. Nach seiner Freilassung verließ er Frankreich mit einem Zug nach Frankfurt.
11In Deutschland stellte er nach seiner Einreise im Juli 2010 einen Asylantrag. Er verblieb zunächst zwei Monate in Trier, bevor ihm eine Wohnung in Traben-Trarbach zugewiesen wurde. Er erhielt finanzielle Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von ca. 240,00 EUR monatlich. Da er in der Folge jedoch keinen Bescheid zu seinem Asylantrag erhielt, entschloss er sich, seine Ausreise nach Kanada weiter zu betreiben. Er wandte sich an die Schleuser Q1 (im Folgenden: Q1) und B2 (im Folgenden: B2), die ihm bereits in der Türkei empfohlen worden waren. Da der Angeklagte U1 nicht über Geld verfügte, erklärte sich B2 bereit, ihn nach Kanada zu bringen, sofern er Arbeiten im Rahmen seiner Schleusungen für ihn erledigte. Der Angeklagte U1 ging davon aus, dass er für seine Arbeiten ein Ticket nach Kanada und einen gefälschten Reisepass für seine Ausreise nach Kanada erhalten würde.
12Bis zu seiner Festnahme am 4.3.2013 beteiligte sich der Angeklagte U1 an den Schleusungen des B2 und des Q1 in der Hoffnung, hierdurch später selbst nach Kanada geschleust zu werden. Darüber hinaus wollte er sich mit den Zahlungen von etwa 40,00 bis 60,00 EUR je Schleusung seinen Lebensunterhalt aufbessern.
13Am 14.5.2013 wurde der Asylantrag des Angeklagten U1 abgelehnt, seine Flüchtlingseigenschaft jedoch anerkannt.
142. I1
15Der heute 36 Jahre alte Angeklagte I1 wurde 1978 in Shiraz/Iran geboren.
16Er wurde 1985 eingeschult und besuchte bis 1997 ein Gymnasium. Bereits seit 1996 arbeitete er in der Konditorei seines Onkels, von 1999 bis 2006 arbeitete er in der Konditorei seines Cousins in Kuwait als gelernter Konditormeister.
17Von 2006 bis 2008 arbeitete er im Iran in einem Bekleidungsgeschäft und ließ sich 2008 nach Deutschland schleusen. Bis 2010 lebte er in Eisenberg/Thüringen und gab Schülern Unterricht im Konditorenhandwerk. Dann zog er nach Nordrhein-Westfalen.
18Der Angeklagte I1 ist ledig und hat keine Kinder. Er ist anerkannter Flüchtling.
19Er hat einen Bruder. Dieser verließ auf Vermittlung des Angeklagten I1 mit Unterstützung des Schleusers B3 den Iran in die Türkei. Die Kosten von 15.000 USD für die Ausschleusung konnte der Angeklagte I1 jedoch nicht zahlen, weshalb er mit dem B3 vereinC2te, im Gegenzug in Deutschland Schleusungstätigkeiten für ihn auszuführen. Der Angeklagte I1 erhielt außerdem die Telefonnummer des Q1, damit dieser seinem Bruder einen Pass beschaffen könne. Er nahm Anfang 2012 Kontakt zu Q1 auf und übermittelte ihm ein Foto seines Bruders. Die Kosten hierfür sollten auf Raten oder günstiger als üblich beglichen werden können.
20Bis zu seiner Festnahme am 3.3.2013 lebte der Angeklagte I1 in Köln und beteiligte sich an den Schleusungen des B3 und des Q1 durch Unterstützungshandlungen in Deutschland. Dabei wollte er zum einen die Schleusung seines Bruders „aC2beiten“, zum anderen wusste er, dass er für jede Schleusung auch eine finanzielle Entschädigung erhalten würde. Diese wollte er zur Aufbesserung seiner Sozialbezüge erhalten.
21II.
22A) Ablauf der Schleusungen/ Bandenstruktur/ Geldflüsse
23Der iranischstämmige B2 lebt in Kanada und organisierte und finanzierte von dort Schleusungen von Iranern nach Kanada. Die Schleusungswilligen nahmen – teilweise über Mittelsmänner – Kontakt zu B2 auf und zahlten an ihn für ihre Schleusung Beträge von bis zu 45.000 USD pro Person. Er plante sodann die Reise der Schleusungswilligen nach Deutschland und beauftragte den U1 mit der Betreuung der Personen, d.h. Unterbringung, Versorgung, Transport sowie der Organisation der Weiterreise nach Kanada und ihrer Reisevorbereitung, etwa durch Erläuterung des Ablaufs am Flughafen. Währenddessen erfolgten telefonische Absprachen. Die für die Schleusung benötigten Pässe erhielt er von dem Passfälscher und Schleuser Q1 aus Malaysia bzw. Thailand. Außerdem stellte der in Großbritannien lebende E1 für B2s Geschleuste Pässe bereit und erteilte Aufträge. Der Angeklagte U1 führte auf Geheiß des B2 auch die Aufträge des N1 aus Kanada aus, der ebenso wie B2 Personen nach Kanada schleuste. N1 erhielt Schleuseraufträge von B2.
24Die Angeklagten U1 und I1 betreuten – unabhängig voneinander – geschleuste Personen, die der Q1 selbst in Absprache mit B2 – nach Deutschland schickte. Q1 erteilte ihnen telefonisch Aufträge und stellte die gefälschten oder gestohlenen europäischen Pässe zur Verfügung. Sofern die Geschleusten die Pässe nicht nach Deutschland mitbrachten, übersandte Q1 diese an die Angeklagten.
25Der Angeklagte I1 führte zudem die Aufträge des B3 aus, der aus dem Iran heraus seine Schleusertätigkeit im Zusammenspiel mit dem Q1 wahrnahm.
26Beiden Angeklagten war das Schleusergeschäft aus eigener Erfahrung als Geschleuste bekannt. Bei Übernahme ihrer Schleusungstätigkeit war ihnen klar, dass sie sich mit B2 und Q1 (U1) bzw. mit Q1 und B3 (I1) darauf einigten, zukünftig wiederholt Personen ohne Aufenthaltstitel nach Deutschland zu verbringen, kurzfristig unterzubringen, ihre Weiterreise in andere Länder zu organisieren und ihnen hierfür gefälschte oder gestohlene Pässe zu beschaffen und aushändigen. Angesichts der von ihnen für jede Schleusungshandlung erwarteten Zahlung und den darüber hinaus verfolgten Zwecken der eigenen bzw. Angehörigen-Schleusung waren sie auch bereit, Schleusungshandlungen für andere Schleuser – dies waren später E1, N1 und N2 – auf Geheiß des B2 bzw. Q1 auszuführen.
27Sofern Sie zur Ausführung ihrer Handlungen in Deutschland Geld benötigten, forderten die Angeklagten dies bei B2 und Q1 an und erhielten es in der Regel über X1.
28B) U1
29- 1. 30
Fall 1 (Fallakte 2)
Der iranische Staatsbürger T1 verlies mit Hilfe des T2 Anfang 2012 den Iran und reiste zu Fuß über Kurdistan in die Türkei. Von dort begab er sich nach Griechenland. Er beabsichtigte mit Hilfe von Schleusern weiter nach Großbritannien zu reisen. Für seine Reise in die Türkei zahlte er an einen Schleuser 7.000 USD, durch Freunde im Iran wurden weitere 30.000.000 Touman für die Weiterreise nach Großbritannien gezahlt.
32Mehrere Ausreiseversuche des T1 aus Griechenland scheiterten; zeitweise wurde er in Athen auch von einer Gruppe Araber festgehalten. Nach seiner Freilassung erhielt er am Flughafen in Athen von zwei Männern einen zypriotischen Reisepass und ein Flugticket nach Brüssel. Von dort aus wollte er mit einem Zug nach Großbritannien fahren, wurde jedoch am Brüsseler Bahnhof kurzfristig festgenommen. Danach begab er sich mit dem Zug nach Deutschland und wurde dort in einer Wohnung in Mönchengladbach-Eicken untergebracht, in der er sich mehrere Wochen aufhielt. Dort wurde er mit Lebensmitteln und Geld unterstützt. Über einen Aufenthaltstitel zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verfügte der Zeuge nicht, was dem Angeklagten U1 bekannt war.
33T1 erhielt einen total gefälschten zypriotischen Pass auf den Namen H1, der ein Lichtbild des T1 zeigte, ein Flugticket nach London-Gatwick und Geld.
34U1 erhielt telefonisch die Instruktion des B2, sich in Deutschland um den Zeugen T1 zu kümmern. Da dieser sehr aufgeregt und ängstlich war, sollte der Angeklagte U1 ihn beruhigen und ihm Anweisungen zum Verhalten am Flughafen, etwa wie er sich unauffällig verhalten und was er bei einer Festnahme tun solle, geben. Der Angeklagte U1 begleitete ihn am 25.04.2012 zum Flughafen Düsseldorf. Bei dem Versuch der Ausreise wurde der T1 im Abfluggate festgenommen. Er äußerte in seiner Vernehmung am 25.4.2012 ein Asylbegehren und wurde sodann zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nach Dortmund und weiter zum Asylbewerberheim in Zirndorf geschickt. Der Zeuge T1 nahm jedoch erneut Kontakt zu B2 auf, um seine weitere Ausreise zu betreiben. Zwischenzeitlich hat der Zeuge T1 seine Ausreisepläne nach England aufgegeben.
35- 2. 36
Fall 4 (Fallakte 5)
Am 8.8.2012 reiste der B4 gemeinsam mit seiner Ehefrau L1 und den gemeinsamen Kindern H2 und B5 über Belgrad in das Bundesgebiet ein. Da keine der genannten Personen einen Aufenthaltstitel besaß, waren sie durch die Gruppierung um den B2 und Q1 für die Einreise mit französischen Reisepässen versorgt worden.
38Am 13.08.2013 begab sich die gesamte Familie zum Flughafen Frankfurt. Dort legten sie bei der Ausreise die französischen Reisepässe und ihnen durch die Gruppe zur Verfügung gestellte Flugtickets nach Vancouver vor. Die L1 und die Kinder H2 und B5 flogen anschließend nach Kanada und stellten dort am 13.08.2012 Anträge auf Gewährung von Asyl. Dem B4 wurde hingegen die Ausreise nach Vancouver untersagt. Gegenüber den Beamten der Bundespolizei äußerte er in seiner verantwortlichen Vernehmung am 13.8.2012 ein Begehren auf Gewährung von Asyl in der Bundesrepublik. Trotz dieses Ersuchens setzte er sich in der Folgezeit wieder mit der Gruppierung des gesondert Verfolgten B2 in Verbindung, damit diese seine Ausreise nach Kanada weiterbetreibe.
39Am 3.10.2012 versuchte der B4 am Flughafen Düsseldorf erneut unter Nutzung eines französischen Reisepasses auf den Namen H3, der ihm von der Gruppe zur Verfügung gestellt worden war, nach Kanada auszureisen. Während dieses Versuchs stand er in Kontakt zu dem Angeschuldigten U1, der von B2 instruiert war, den B4 bei seiner Ausreise zu unterstützen, nachdem ein Ausreiseversuch bereits gescheitert war. U1 erhielt die Telefonnummer des Zeugen von B2, rief den Zeugen an und teilte ihm mit, wie er sich am Flughafen zu verhalten hätte. Außerdem erteilte er ihm Informationen zum weiteren Vorgehen für den Fall der Festnahme. Wie der Angeklagte U1 wusste, verfügte der B4 nicht über einen gültigen Aufenthaltstitel und stammte der verwendete Pass von Q1.
40Der B4 wurde bei diesem Ausreiseversuch erneut festgestellt. Nach erfolglosem Asylverfahren verließ er am 6.2.2013 die Bundesrepublik Deutschland.
41- 3. 42
Fall 5 (Fallakte 6, 15)
Der iranische Staatsbürger G1 wandte sich 2012 vom Iran aus an den B2, dem er für die Verbringung zu Familienmitgliedern nach Kanada 40.000,00 USD zahlte. Er reiste zunächst nach Malaysia, wo er den Q1 traf, von dem er einen französischen Ausweis auf den Namen „T3“ erhielt. Er reiste in die Türkei und von dort über Belgrad nach Frankfurt am Main, wo er am 6.9.2012 ankam. Wie dem Angeklagten U1 bekannt war, lag ein gültiger Aufenthaltstitel für ihn zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Bei der Einreise in die Bundesrepublik nutzte er den französischen Reisepass. Es wurde festgestellt, dass es sich um eine missbräuchliche Verwendung des Reisepasses handelte. Der Zeuge G1 äußerte daraufhin den Wunsch, in Deutschland Asyl zu erhalten. Dabei wollte er zum einen verhindern, in den Iran zurückgeschickt zu werden, zum anderen hatte der B2 ihm zuvor gesagt, dass er einen Asylantrag stellen sollte, sofern er auf seiner Reise aufgegriffen würde bevor er Kanada erreichte.
44Der B2 beauftragte den Angeklagten U1 telefonisch mit der weiteren Organisation der Schleusung des Zeugen G1. Der B2 bestellte unterdessen bei dem Q1 neue gefälschte Unterlagen für dessen Weiterreise. Zur Übersendung gab der Angeklagte U1 dem B2 für die Übersendung der Dokumente die Adresse des gesondert Verfolgten T4 an.
45Der Angeklagte U1 übergab dem G1 auf Geheiß des B2 am 16.11.2012 im Frankfurter Hauptbahnhof 150,00 EUR und einen griechischen Reisepass, damit dieser über Wien nach Mexico ausreisen konnte. Der Geschleuste wurde jedoch auf der Zugfahrt nach Wien durch die Polizei in Passau kontrolliert. Aufgrund der gefälschten Dokumente wurde ihm die Weiterreise untersagt.
46Am 16.12.2012 versuchte der G1 erneut mit einem gefälschten griechischen Reisepass, den B2, Q1 und der Angeklagte U1 ihm in der Zwischenzeit wiederum beschafft hatten, nunmehr über den Flughafen Saarbrücken über Mexiko nach Kanada auszureisen. In der Nacht vorher hatte er sich zusammen mit dem Angeklagten U1 in einem Haus in der Nähe von Koblenz aufgehalten. Der Angeklagte U1 hatte ihm sodann den Reisepass ausgehändigt und ihn zum Flughafen gebracht. Auch in diesem Fall wurde ihm die Ausreise durch die Bundespolizei verweigert, da die Beamten die Unechtheit des vorgelegten Passes bemerkt hatten.
47Auch danach versuchte der Angeklagte U1 über den B2 und die weiteren Bandenmitglieder Dokumente zu besorgen, die dem Geschleusten die geplante Weiterreise nach Kanada ermöglicht hätten.
48- 4. 49
Fall 7 (Fallakte 8)
Ende August/ Anfang September 2012 organisierte der B2 die Einreise der gesondert Verfolgten Eheleute I2 und C1 aus dem Iran über Belgrad nach Deutschland, ggf. mit weiteren Zwischenstationen. Die Vorbenannten hatten die Absicht, mit von Q1 erstellten und ihnen übergebenen Pässen nach Kanada weiterzureisen. Für die Durchführung ihrer Schleusung hatte die Familie der Eheleute im Iran 90.000 USD an die Organisation des B2 gezahlt. Die Zeugen verfügten nicht über einen gültigen Aufenthaltstitel für die Bundesrepublik Deutschland, was der Angeklagte U1 auch wusste.
51Am Tag der Einreise der Geschleusten, dem 3.9.2012, nahm der Angeklagte U1 entsprechend den Vorgaben des B2 mit diesen Kontakt auf und sorgte für ihre Unterkunft in Frankfurt, wo sie die weitere Schleusungswillige H4 trafen, die spätestens ab diesem Zeitpunkt gemeinsam mit dem Ehepaar untergebracht und transportiert wurde. Auch die H4 wollte zu diesem Zeitpunkt nach Kanada gebracht werden und hatte dafür eine Summe von 45.000 EUR an den B2 gezahlt.
52Am folgenden Tag fuhr der Angeklagte U1 die Zeugen in ein Ibis Hotel. Am nächsten Tag begaben sie sich nach Köln.
53Am 9.9.2012 erhielten die Geschleusten ihre Flugtickets und begaben sich zum Flughafen Düsseldorf. Im Rahmen der Ausreisekontrolle zu dem Flug nach Vancouver fiel die missbräuchliche Nutzung ihrer europäischen Pässe auf, und ihnen wurde die Ausreise untersagt. Sie stellten sodann Asylanträge.
54- 5. 55
Fall 13 (Fallakte 14-2)
Am 29.10.2012 flogen die iranischen Staatsbürger C2, seine Ehefrau N3 und das Kind C3 nach Dublin. Dort wurde ihnen die Einreise nach Irland verweigert, ihre Pässe mit einem entsprechenden Stempel versehen und sie wurden nach Wien geflogen.
57Sie nahmen sodann erneut Kontakt zum B2 auf, der den U1 am 7.11.2012 mit der erneuten Verbringung der Iraner nach Deutschland beauftragte. U1 wandte sich an seinen Freund B6, mit dem er die Verbringung der Familie nach Deutschland gegen Zahlung von 200,00 EUR vereinbarte. Der B6 brachte die Personen am 10.11.2012 nach Frankfurt, wo sie in einem Hotel untergebracht wurden. Der Angeklagte U1 kümmerte sich um die Familie und beschaffte u.a. Medikamente für N3.
58Ab dem 26.11.2012 brachte der Angeklagte U1 die Familie in einer Wohnung in Linz unter, wo sie jedoch nur wenige Tage verblieben und am 30.11.2012 in ein Hotel fuhren.
59Q1 schickte dem U1 per UPS drei griechische Reisepässe, einen griechischen Führerschein und eine griechische ID-Karte zu. Die Pässe waren durch den Q1 zuvor mit Fotos und Geburtsdaten der drei Reisenden versehen worden. In den folgenden Tagen händigte der U1 die Dokumente an die Personen aus.
60U1 organisierte sodann eine Mitfahrgelegenheit für die Familie nach Wien, von wo aus sie nach Mexiko weiterreisen wollten. Auf der Fahrt der Geschleusten nach Österreich am 2.1.2013 fielen die unechten Pässe im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle auf der A3 bei Frankfurt auf. Die Familie reiste sodann am 9.1.2013 zurück in den Iran, nachdem Überredungsversuche des U1 zur Weiterreise im Auftrag des B2 erfolglos blieben.
61- 6. 62
Fall 14 (Fallakte 18)
Anfang 2012 nahm der iranische Staatsangehörige T5 in Thailand Kontakt zu dem Q1 auf, damit dieser mit dem B2 die Schleusung zu seiner Ehefrau nach Kanada organisierte. Gegen Zahlung von 6.000 USD verschaffte der Q1 ihm einen slowenischen Pass ausgestellt auf die Personalie „L2“ und buchte die benötigten Flugtickets. Der T5 reiste am 17.2.2012 mit dem slowenischem Pass über den Flughafen Frankfurt/ Main in die Bundesrepublik Deutschland ein und hielt sich in der Folgezeit in verschieden Hotels im Frankfurter Stadtgebiet auf. Als er am 25.2.2012 von Frankfurt nach Toronto ausreisen wollte, fiel der Ausweismissbrauch bei der Kontrolle am Flughafen auf. Dem T5 wurde daraufhin der Weiterflug untersagt. Zum Schein stellte dieser sodann gegenüber der Bundespolizei einen Asylantrag. Er nahm erneut Kontakt zu der Gruppe des B2 auf, um seine Weiterreise nach Kanada zu betreiben.
64Nachdem auch ein weiterer Ausreiseversuch gescheitert war, übertrug der B2 zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt vor dem 28.10.2012 dem Angeklagten U1 die Betreuung des T5 in Deutschland und die Ausführung seiner Weiterreise nach Kanada. U1 ließ den T5 spätestens ab Ende Oktober 2012 in seiner Wohnung in Traben-Trabach wohnen und versorgte ihn dort.
65Für die Weitereise des T5 bestellte der B2 nunmehr bei dem „E1“ einen griechischen Reisepass (Totalfälschung mit Lichtbild des T5). Nach Rücksprache mit U1 wurde dieser Pass an die Anschrift in Traben-Trabach übersandt, wo ihn T5 am 14.11.2012 erhielt.
66Am 23.11.2013 sollte der T5 auf Weisung des B2 nach Wien fahren und von dort nach Kanada fliegen. Die Ausreise wurde durch die Polizei unterbunden, nachdem der T5 bei einer polizeilichen Maßnahme den griechischen Pass vorlegte. T5 stellte erneut einen Asylantrag, nahm aber noch am gleichen Tag Kontakt zum U1 und B2 für einen weiteren Ausreiseversuch auf.
67Nach erfolglosem Asylverfahren kehrte er am 28.3.2013 in den Iran zurück.
68- 7. 69
Fall 16 (Fallakte 22)
Am 11.12.2012 erteilte der Q1 dem Angeklagten U1 den Auftrag, die Weiterreise einer iranischen Person namens „G2“ zu betreuen. Dieser „G2“, dessen weitere Personalien nicht aufgeklärt werden konnten, befand sich zu diesem Zeitpunkt in Stuttgart. Er verfügte – wie U1 wusste – nicht über eine gültige Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Zeuge im Vorfeld einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt hatte, tatsächlich wollte der „G2“ jedoch durch die Gruppierung nach England gebracht werden. Zu diesem Zweck hatte er einem Bekannten des Q1 in Malaysia 13.000 USD bezahlt.
71Nach telefonischer Absprache mit dem Q1 erhielt der Angeklagte U1 am 13.12.2012 700,00 EUR für die weitere Durchführung der Reiseorganisation. Von diesem Geld durfte der U1 300,00 EUR als Lohn für sich behalten, musste hiervon jedoch seine Fahrkosten begleichen. Am nächsten Tag fuhr der Angeklagte U1 nach Heilbronn und traf dort den G2 in Heilbronn. Er übergab dem G2 die von Q1 übersandten Reisedokumente, wobei zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen wird, dass es sich um Echtdokumente handelte, also gestohlene Dokumente, die nach dem „Ähnlichkeitsprinzip“ für den Farid ausgewählt worden waren.
72- 8. 73
Fall 17 (Fallakte 24)
Ende 2012 beauftragte der „E1“ – ein Verwandter des B2 – den U1 mit der Durchführung der Schleusung der Schwestern G3 und G4, die – wie ihm bekannt war – über keinen gültigen Aufenthaltstitel für die Bundesrepublik Deutschland verfügten, nach Großbritannien. Diese Beauftragung erfolgte in Kenntnis und mit Einverständnis des B2, wie der Angeklagte U1 wusste.
75Spätestens ab dem 29.12.2012 übernahm U1 die Betreuung der beiden Frauen. Er brachte sie bei einem Freund unter und bemühte sich gemeinsam mit dem „E1“ um die Beschaffung der für die geplante Ausreise benötigten Personaldokumente. Mitte Dezember 2012 schickte „E1“ dem Angeklagten U1 zwei dänische Reisepässe mit Lichtbildern der beiden Frauen. Die gefälschten Pässe gab der Angeklagte U1 zunächst an den gesondert verfolgten U2 weiter.
76Die Schwestern wohnten zwischenzeitlich in Aachen und reisten am 31.12.2012 auf Geheiß des Angeklagten U1 nach Frankfurt. Auf einem Zwischenhalt in Koblenz erhielten sie die Pässe, wobei die G3 ein Dokument auf den Namen „W1“ und die G4 auf den Namen „W2“ erhielt. Am 4.1.2013 fuhren die beiden Schwestern gemäß den Planungen des Angeklagten U1 mit dem Zug nach Hamburg, um ihre Flugreise über München nach Cork/ Irland anzutreten. Der Angeklagte U1 erhielt von dem B2 Geld und kaufte davon zwei Flugtickets nach Irland. Zur Vertuschung der eigentlichen Absichten hatte der Angeklagte U1 zuvor über den Q1 ein ungültiges Rückflugticket für die Schwestern besorgt. Da die beiden den Zug in Hamburg jedoch nicht verließen und stattdessen bis Dänemark durchfuhren, konnten sie die bereits gebuchten Flüge nicht antreten. Anschließend kehrten sie in die Bundesrepublik Deutschland zurück.
77- 9. 78
Fall 20 (Fallakte 30)
Mitte 2012 nahm der namentlich bislang nicht näher festgestellte „B7“ mit der Gruppierung Kontakt auf, damit diese ihm, seiner Mutter und seinen beiden Kindern im Alter von sechs und sieben Jahren die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland ermöglichten.
80Am 17.1.2013 beauftragte „N1“, der den Auftrag wiederum von Q1 erhalten hatte (was der Angeklagte U1 wusste), den Angeklagten U1 mit der Durchführung der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Dieser organisierte daraufhin einen Fahrer, der die Familie am 19.01.2013 abholte und mit einem kurzfristigen Aufenthalt in einem Hotel in Frankfurt nach Kassel brachte. Keine der zu transportierenden Personen verfügte zum Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet über einen gültigen Aufenthaltstitel, was der Angeklagte U1 auch wusste.
81C) I1
82- 1. 83
Fall 12 (Fallakte 14-1)
Im September/ Oktober 2012 reisten die iranischen Staatsbürger C2, seine Frau N3 und das Kind C3 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Keine der genannten Personen verfügte über einen gültigen Aufenthaltstitel in Deutschland. Für die Ausreise aus Deutschland waren sie zuvor bereits mit gefälschten portugiesischen Pässen ausgestattet worden.
85In der Folge kümmerte sich der Angeklagte I1 auf Vermittlung durch den Q1 um die geplante Weiterreise der Familie nach Dublin/ Irland. Er brachte sie in Köln in einem Hotel unter und buchte die benötigten Flugtickets. Das Hotel bezahlten die Geschleusten selber, auch das Geld für die Flugtickets erhielt er bar von der Familie. Für die Betreuung der Familie erhielt er etwa 80,00 EUR und weitere etwa 80,00 EUR für die Buchung der Flugtickets.
86Der Q1 stand dem I1 und den Reisenden dabei beratend zur Seite. Am 29.10.2012 flog die Familie sodann von Frankfurt-Hahn nach Dublin.
87- 2. 88
Fall 18 (Fallakte 28)
Nachdem der iranische Staatsbürger T6 im Sommer 2012 zunächst vergeblich versucht hatte, selbst ein spanisches Visum (für die Zeit vom 27.9. - 26.10.2012) zu beantragen, wandte sich sein Vater im Iran an den N2, der bei der Stellung eines Antrags für ein italienisches Schengenvisum gegen Zahlung von etwa 4.000 USD durch den Vater des T6 behilflich war. Der Zeuge T6 erhielt ein italienisches Schengenvisum für touristische Zwecke für die Zeit vom 6.12.2012 bis zum 5.1.2013. Tatsächlich beabsichtigte er jedoch von Anfang an, nach Kanada weiterzureisen und dort zu verbleiben, was der Angeklagte I1 auch wusste.
90Mit dem Flugzeug reiste er vom Iran nach Istanbul, von wo aus er nach Rom flog, für eine Nacht in einem von N2 gebuchten Hotel übernachtete und dann am 13.12.2012 weiter nach Köln flog. Das Flugticket erhielt der Zeuge T6 per E-Mail in Rom. Ab da begleitete ihn der Zeuge S1. In Köln wurde er vom Angeklagten I1 in Empfang genommen. Der Zeuge T6 hielt sich etwa einen Monat in der Wohnung des Angeklagten I1 auf, während er auf seine Weiterreise nach Kanada wartete. Der Angeklagte I1 verpflegte ihn in dieser Zeit. Hierfür erhielt I1 über einen Mittelsmann im Iran mindestens 4.000,00 USD ausgezahlt. Hiervon sollten Flüge, Unterkunft und Verpflegung bezahlt werden.
91Bereits im Iran erhielt der Zeuge T6 das Passfoto eines Mannes per E-Mail übersandt, dem er sich äußerlich anpassen sollte. So färbte er sich die Haare und ließ sich einen Bart wachsen, um dem Mann auf dem Foto möglichst ähnlich zu sehen.
92Der Vater des Zeugen T6 übergab im Iran einem Freund weitere 4.000,00 USD, die dieser mit nach Deutschland brachte und dem Zeugen T6 übergab. Dieser wiederrum übergab das Geld an den Angeklagten I1.
93Der Angeklagte I1 erhielt per Post einen italienischen Reisepass und eine gefälschte ID-Karte auf den Namen „C4“. Diese händigte er dem Zeugen T6 aus. Ein Flugticket nach Kanada wurde von Q1 gebucht und vom Angeklagten I1 bezahlt.
94Der Zeuge T6 begab sich mit dem Angeklagten I1 am 12.1.2013 nach Frankfurt, wo sie zusammen in einem Hotel übernachteten. Am nächsten Tag, dem 13.1.2013, begab er sich zum Frankfurter Flughafen, wo er beim Versuch der Ausreise nach Kanada festgestellt wurde. Er stellte einen Asylantrag, kontaktierte jedoch erneut den Angeklagten I1, um seine weitere Verbringung nach Kanada zu besprechen. Von seinem Wunsch, weiter nach Kanada auszureisen, nahm er nach der Festnahme des Angeklagten I1 im März 2013 Abstand. Zwischenzeitlich wurde er in der Bundesrepublik Deutschland als Flüchtling anerkannt.
95- 3. 96
Fall 19 (Fallakte 29)
Spätestens im Dezember 2012 nahm das Ehepaar F1 und G5 Kontakt über eine Person namens A1 im Iran Kontakt zu der Gruppierung um B2 und Q1 auf. Die Eheleute vereinbarten ihre Verbringung nach Kanada gegen Zahlung eines Entgelts in Höhe von etwa 28.000 EUR (110.000.000 iranische Tuman). Mit Hilfe des A1 erhielten sie für die Zeit vom 10.1.2013 bis zum 9.2.2013 Schengenvisa – keine Transitvisa – bei der italienischen Botschaft im Iran. Hierfür zahlten sie im Iran etwa 18 Mio. Touman pro Person. Sie hatten jedoch von Anfang an vor, nach Kanada auszuwandern. Für den restlichen Weg wurden 10.000 USD vereinbart. A1 übergab ihnen die Tickets bis nach Deutschland. Die weitere Organisation der Reise in Deutschland sollte durch den Angeklagten I1 erfolgen. Dafür übersandten sie ihm vorab Passfotos per E-Mail.
98Im Januar 2013 beauftragte der Q1 den I1 mit der Besorgung von gefälschten Reiseunterlagen für die Eheleute. I1 wiederum beauftragte den Passfälscher „N2“. Hierfür zahlte er diesem 1.500,00 EUR. Dieser übersandte dem I1 in der Folgezeit zwei polnische Reisepässe mit Lichtbildern der Eheleute F1 und ID-Karten auf die Namen D1 und T7.
99Die Eheleute reisten am 28.1.2013 über Doha nach Mailand und bezogen dort ein Hotelzimmer. Am 31.1.2013 flogen sie – wie von I1 geplant und gebucht - über Berlin nach Köln. Sie riefen den Angeklagten I1 vom Flughafen aus an, der ihnen Anweisungen gab, zu welchem Hotel sie sich begeben sollten. I1 versorgte und instruierte die Eheleute in Köln. Das Ehepaar zahlte das Hotel selbst. Es kam zu Streitigkeiten hinsichtlich der Höhe der zu zahlenden Kosten mit dem I1, der darauf bestand, von dem Ehepaar weitere 2.000,00 EUR zu erhalten, da sie im Iran ihre Zahlung nicht in Euro, sondern in USD getätigt hatten. Im Ergebnis einigte man sich auf weitere 1.000,00 EUR, von denen 750,00 EUR an den Angeklagten I1 gezahlt wurden.
100Der Angeklagte I1 buchte für das Ehepaar zunächst einen Flug von Wien nach Dublin am 18.2.2013 unter Angabe der polnischen Passdaten. Da die Zeugen jedoch aus Deutschland fliegen wollten, stornierte er die Flüge und buchte erneut zwei Flüge am 24.2.2013 von Düsseldorf nach Dublin.
101Für die Ausreise händigte der Angeklagte I1 den Eheleuten F1 am 23.2.2013 die gefälschten Personaldokumente aus. Die Reise unterblieb aufgrund des Eingreifens der Bundespolizei am Düsseldorfer Flughafen.
102Der Angeklagte I1 erhielt für die Betreuung des T6 und des Ehepaars F1 nach Abzug seiner Aufwendungen zusammen etwa 300,00 EUR.
103- 4. 104
Fall 21 (Fallakte 39)
Anfang März 2012 nahm der Angeklagte I1 aufgrund eines Auftrags des Q1 die iranischen Staatsangehörigen Khadijeh T8, deren Ehemann B8 und zwei Kinder in seiner Wohnung in Köln auf. Er wusste, dass die Familienangehörigen über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügten. Die Einreise war zwar mit ihren iranischen Reisepässen und österreichischen Touristenvisa erfolgt, dem Angeklagten I1 war jedoch bekannt, dass die Personen in Absprache mit Q1 und B2 weiter nach Kanada reisen wollten. Die Familie verfügte über schwedische bzw. italienische Reisepässe, die für sie nach dem Ähnlichkeitsprinzip ausgewählt worden waren.
106I1 buchte für die Familie unter den Namen der missbräuchlich genutzten Reisepässe Flüge von Frankfurt/Main nach Vancouver/ Kanada.
107Für seine Betreuung erhielt er von der Familie kein Geld, sondern sie gingen mit ihm einkaufen und er suchte sich eine Markenjeans aus.
108Beim Versuch der Ausreise am 8.4.2012 wurde die Familie am Frankfurter Flughafen durch die Bundespolizei kontrolliert. Ihnen wurde die Ausreise nach Kanada aufgrund der missbräuchlichen Passnutzung untersagt.
109- 5. 110
Fall 22 (Fallakte 46)
Der iranische Staatsbürger S1 wandte sich Ende November/ Anfang Dezember 2012 an den B3 im Iran, damit dieser seine Reise nach Großbritannien organisierte, weil er dorthin auswandern wollte. Unter anderem besorgte ihm der B3 gegen Zahlung von 8.000 EUR ein Schengenvisum der italienischen Botschaft für touristische Zwecke für die Zeit vom 27.11.2012 bis zum 24.12.2012 und die Flugtickets bis nach Italien. In Italien erhielt er eine E-Mail mit einem Ticket nach Köln, das er ausdruckte und für die Reise verwandte.
112Der Zeuge S1 flog am 11.12.2012 von Teheran über Istanbul nach Rom, wo er sich für eine Nacht in einem Hotel aufhielt, das der „N2“ für ihn reserviert hatte. Von dort aus flog er am 13.12.2012 mit dem Zeugen T6 (Fall 18) nach Köln. Er beabsichtigte von Anfang an, nach Kanada weiterzureisen, was dem I1 auch bekannt war. Am Flughafen Köln wurde er durch I1 in Empfang genommen und in Köln untergebracht.
113Am 28.12.2012 kaufte I1 ein Ticket für den 31.12.2012 von Frankfurt Hahn nach Dublin. Zum Zwecke der Buchung wurde die portugiesische Aliaspersonalie „N4“ genutzt. Der Angeklagte I1 übergab ihm einen portugiesischen Reisepass und ein Flugticket nach Dublin.
114Der Zeuge zahlte wie vereinbart weitere 4.300 EUR an den Angeklagten I1, der von diesem Geld für den Zeugen für 2.000,00 EUR westliche, unauffällige Kleidung kaufte. Das restliche Geld sollte für die Begleichung der Reisekosten und die Bezahlung des Passes dienen. Für seine Betreuung erhielt der Angeklagte I1 etwa 200,00 EUR.
115Im Zuge der Ausreisekontrolle am Flughafen Hahn stellten die zuständigen Beamten der Bundespolizei die Unechtheit der von dem Geschleusten genutzten Personaldokumente (Reisepass und ID-Karte) fest und verweigerten ihm die Ausreise. Insoweit fiel auf, dass das Lichtbild des Beschuldigten unberechtigt auf die portugiesischen Dokumente aufgebracht worden war.
116III.
117Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den geständigen Angaben der Angeklagten und den ausweislich der Sitzungsniederschrift erhobenen Beweisen.
118Weitere Ausführungen unterbleiben gemäß § 267 Abs. 4 StPO.
119IV.
120- 1.121
U1
Der Angeklagte U1 hat sich den getroffenen Feststellungen zufolge des gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern (§§ 97 Abs. 2, 96 Abs. 1 Nr. 1 a) und b), Nr. 2, 95 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 AufenthG, 25 Abs. 2, 53 StGB) in neun Fällen schuldig gemacht, indem er im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Q1 und dem B2, mit denen er sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hatte, Ausländern, die sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG im Bundesgebiet aufhielten oder ohne Pass oder Aufenthaltstitel in das Bundesgebiet einreisten, Hilfe leistete. Seine Handlungen bestanden in der Organisation oder Bereitstellung einer Unterkunft, der Planung von Reiserouten, dem Erwerb von Fahrkarten, der Übergabe von Reisedokumenten, der Versorgung mit Bargeld und der Vorbereitung auf die – unauffällige – Ausreise nach Kanada. Dabei handelte er wiederholt, zugunsten mehrerer Ausländer und erhielt hierfür einen Vermögensvorteil. Er handelte in der Absicht, sich aus den wiederholten Hilfeleistungen eine nicht nur vorrübergehende Einnahmequelle zu verschaffen.
123In vier Fällen (Fall 5, 13, 14 und 17) verwirklichte er tateinheitlich eine Beihilfe zur Urkundenfälschung (§§ 267 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1, 27, 52, 53 StGB), indem er den Geschleusten gefälschte Pässe aushändigte, die diese, wie er wusste, in der Folge bei Passkontrollen einsetzten. Er handelte dabei in der Absicht, sich aus den wiederholten Hilfeleistungen eine nicht nur vorübergehende nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen.
124Er handelte rechtswidrig und schuldhaft.
125Soweit dem Angeklagten U1 darüber hinaus mit der Anklageschrift das gewerbsmäßige Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen (§§ 276 Abs. 1, 2 StGB, Fall 11) sowie ein weiterer Fall des gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern (§§ 97 Abs. 2, 96 Abs. 1 Nr. 1 a) und b), Nr. 2, 95 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 AufenthG, 25 Abs. 2 StGB, Fall 10) zur Last gelegt wurde, sind diese Taten gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden.
126- 2. 127
I1
Der Angeklagte I1 hat sich den getroffenen Feststellungen zufolge des gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern (§§ 97 Abs. 2, 96 Abs. 1 Nr. 1 a) und b), Nr. 2, 95 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 AufenthG, 25 Abs. 2, 53 StGB) in fünf Fällen schuldig gemacht, indem er im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Q1 und dem B3, mit denen er sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hatte, Ausländern, die sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG im Bundesgebiet aufhielten oder ohne Pass oder Aufenthaltstitel in das Bundesgebiet einreisten, Hilfe leistete. Seine Handlungen bestanden in der Organisation von Unterkünften, der Bereitstellung einer Unterkunft in seiner Wohnung, der Organisation weiterer Flüge und dem Erwerb von Flugtickets. Dabei handelte er wiederholt, zugunsten mehrerer Ausländer und erhielt hierfür einen Vermögensvorteil. Er handelte in der Absicht, sich aus den wiederholten Hilfeleistungen eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen.
129In einem Fall (Fall 19) verwirklichte er tateinheitlich eine Beihilfe zur Urkundenfälschung (§§ 267 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1, 27, 52 StGB), indem er den Geschleusten gefälschte Pässe aushändigte, die diese, wie er wusste, in der Folge bei Passkontrollen einsetzten. Er handelte dabei in der Absicht, sich aus den wiederholten Hilfeleistungen eine nicht nur vorrübergehende Einnahmequelle zu verschaffen.
130Er handelte rechtswidrig und schuldhaft.
131V.
132Bei der Strafzumessung ist von dem Strafrahmen des §§ 97 Abs. 2, 96 Abs. 1 Nr. 1 a) und b), Nr. 2, 95 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 AufenthG mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr als Mindeststrafe und einer Höchststrafe von 10 Jahren ausgegangen worden.
133Es wurde zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass diese zu einer besonderen Art von Schleusungen Hilfe geleistet hat, die nicht dem typischen Leitbild bekannter Schleusungen (etwa mit einer Beförderung auf großen Lastwagen oder kleinen Schiffen über lange Strecken ohne ausreichende Verpflegung oder Betreuung) entsprechen. Die geschleusten Personen wurden fast freundschaftlich durch die Angeklagten in Deutschland aufgenommen, in Wohnungen oder Hotels untergebracht, mit Lebensmitteln, Medikamenten, Zigaretten, Geld und Handys versorgt und auf dem Luftweg befördert. In Einzelfällen wurden sie darüber hinaus zu Konzerten oder Ausflügen mitgenommen.
134- 1. 135
U1
Zu seinen Gunsten war insbesondere zu berücksichtigen, dass er die Taten bereits bei seiner ersten Vernehmung gestanden hat und bislang nicht vorbestraft ist. Hinzu kommt, dass der Angeklagte U1 in der Bandenstruktur eine untergeordnete Rolle ausübte, was sich daran zeigte, dass er die Aufträge anderer Schleuser ausführte, wie sich in einer Vielzahl von Unterstützungshandlungen zeigte. Aus der umfangreich in diesem Verfahren überwachten Telekommunikation ist zudem bekannt, dass der Angeklagte U1 immer wieder danach fragte, wann und wie seine eigene Weiterschleusung erfolgen werde. Hieraus zeigt sich, dass der Angeklagte U1 mit seinen Handlungen in erheblichem Maße dazu beitragen wollte, sich die einflussreichen Köpfe der Bande gewogen zu halten. Aus seinen Tatbeiträgen hat er nur geringe, wenn auch für seine Verhältnisse nicht unerhebliche, finanzielle Vorteile gezogen.
137Die Kammer geht davon aus, dass der Angeklagte U1 zukünftig keine Straftaten mehr begehen wird. Sein Auftreten in der mündlichen Verhandlung war von echter Reue geprägt; trotz des Erzielens finanzieller Vorteile dürfte sein Hauptmotiv in der Förderung seiner eigenen Ausreise nach Kanada gelegen haben. Nachdem die Gruppierung nunmehr zerschlagen ist – Q1 und B2 sind inhaftiert -, dürfte sich dem Angeklagten U1 auch kaum die Möglichkeit bieten, an weiteren Schleusungen teilzunehmen.
138Unter Berücksichtigung dieser Umstände hielt die Kammer hiernach hinsichtlich der Taten zu Fall 1, 4, 7, 16 und 20 Einzelstrafen von jeweils
1391 Jahr
140und hinsichtlich der Taten zu Fall 5, 13, 14 und 17, bei denen jeweils tateinheitlich eine Beihilfe zur Urkundenfälschung mitverwirklicht wurde, Einzelstrafen von jeweils
1411 Jahr und 2 Monaten
142für tat- und schuldangemessen.
143Unter erneuter Abwägung aller Umstände sowie der Tatsache, dass alle Taten in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen, hat die Kammer auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
144zwei Jahren und vier Monaten
145als tat- und schuldangemessen erkannt.
146- 2. 147
I1
Zu seinen Gunsten war insbesondere zu berücksichtigen, dass er die Taten gestanden hat und bislang nicht vorbestraft ist. Hinzu kommt, dass der Angeklagte I1 in der Bandenstruktur eine untergeordnete Rolle ausübte, wie sich daran zeigte, dass er die Aufträge anderer Schleuser ausführte, was sich in einer Vielzahl von Unterstützungshandlungen zeigte. Aus seinen Tatbeiträgen hat er nur geringe, wenn auch für ihn nicht unerhebliche, finanzielle Vorteile gezogen.
149Unter Berücksichtigung dieser Umstände hielt die Kammer hiernach hinsichtlich der Taten zu Fall 12, 18, 21 und 22 Einzelstrafen von jeweils
1501 Jahr
151und hinsichtlich der Tat zu Fall 19, bei der tateinheitlich eine Beihilfe zur Urkundenfälschung mitverwirklicht wurde, eine Einzelstrafen von
1521 Jahr und 2 Monaten
153für tat- und schuldangemessen.
154Unter erneuter Abwägung aller Umstände sowie der Tatsache, dass alle Taten in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen, hat die Kammer auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
155einem Jahren und fünf Monaten
156als tat- und schuldangemessen erkannt.
157Es kann verantwortet werden, die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Auch bei dem Angeklagten I1 ist die Kammer der Auffassung, dass von ihm zukünftig keine Straftaten mehr zu erwarten sind, § 56 Abs. 2 StGB. Der Angeklagte I1 hat in der mündlichen Verhandlung die ihm zur Last gelegten Taten bereits frühzeitig eingeräumt; sein Geständnis war von glaubhafter Reue getragen. Die Kammer hat den Eindruck gewonnen, dass die Untersuchungshaft und die Hauptverhandlung einen nachhaltigen Eindruck bei dem Angeklagten I1 hinterlassen haben und er sich danach diese Verurteilung als hinreichende Warnung dienen lässt, sich in Zukunft straffrei zu führen. Hinzu kommt, dass die Bandenstruktur zwischenzeitlich zerschlagen ist, so dass mit der Begehung weiterer gleichgelagerter Taten nicht mehr zu rechnen ist, so wie die Kammer angesichts seiner Unbestraftheit im Übrigen auch insgesamt von weiterer Straffreiheit des Angeklagten ausgeht.
158Der Angeklagte I1 geht zwischenzeitlich einer Beschäftigung in einer Bäckerei nach; die Kammer ist der Auffassung, dass es dem Angeklagten gelungen ist, sich in die Strukturen der Bundesrepublik Deutschland einzufügen.
159Weitere Ausführungen unterbleiben gemäß § 267 Abs. 4 StPO.
160VI.
161Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1 Satz 1, 466 StPO.
162Wißmann |
Weitzel |
Busch |
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(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als
- 1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3, - 2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7), - 2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2), - 2b.
ICT-Karte (§ 19), - 2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b), - 3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder - 4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.
(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt, - 3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.
(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(1) Wer einen unechten oder verfälschten amtlichen Ausweis oder einen amtlichen Ausweis, der eine falsche Beurkundung der in den §§ 271 und 348 bezeichneten Art enthält,
- 1.
einzuführen oder auszuführen unternimmt oder - 2.
in der Absicht, dessen Gebrauch zur Täuschung im Rechtsverkehr zu ermöglichen, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt,
(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als
- 1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3, - 2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7), - 2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2), - 2b.
ICT-Karte (§ 19), - 2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b), - 3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder - 4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.
(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt, - 3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.
(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.