Landgericht Dessau-Roßlau Urteil, 16. Nov. 2012 - 1 S 127/12

ECLI:ECLI:DE:LGDESSA:2012:1116.1S127.12.0A
bei uns veröffentlicht am16.11.2012

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Wittenberg vom 03.07.2012 - 8 C 677/11 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.999,32 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.04.2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 53 % und der Beklagte 47 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 70 % und der Beklagte zu 30 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Gebührenstreitwert der Berufungsinstanz wird auf 3.255,50 Euro festgesetzt.

Tatbestand

I.

1

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO).

Entscheidungsgründe

II.

2

Die zulässige Berufung hat teilweise - im tenorierten Umfang - Erfolg. Der Klägerin steht richtigerweise ein Honoraranspruch (nur) in Höhe von insgesamt 1.999,32 Euro zu. Er errechnet sich auf der Grundlage eines nach §§ 23 Abs. 3 S. 1 RVG, 25 Abs. 2 KostO zu bemessenden Gegenstandswertes in Höhe von 80.208,00 Euro wie folgt:

3

Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG 1,3

1.660,10 Euro

Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG    

20,00 Euro

Zwischensumme

  1.680,10 Euro

19% USt. (Nr. 7008 VV RVG) aus 1.680,10 Euro

319,22 Euro

Gesamtbetrag

1.999,32 Euro

4

Zur Begründung ist im Einzelnen auszuführen:

5

1. Die Insolvenz über das Privatvermögen eines GbR-Gesellschafters unterbricht den Rechtsstreit zwischen der Gesellschaft und Dritten nicht (Musielak/Stadler, 8. Aufl., § 240 ZPO, Rn. 2, dort Fn. 17 m. w. N.).

6

2. Richtig hat das Amtsgericht angenommen, dass der Gegenstandswert der Tätigkeit der Klägerin nach §§ 23 Abs. 3 S. 1 RVG, 25 Abs. 2 KostO nach dem Wert der Bezüge des dienstverpflichteten Beklagten während der Vertragslaufzeit zu bemessen ist. Zwar ist es (abstrakt) zutreffend, dass nach § 23 Abs. 1 S. 3 RVG die für Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens gelten, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. Indes setzt dies eine außergerichtliche prozessbezogene Tätigkeit voraus (Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., § 23 RVG, Rnrn. 7, 10). Ohne dass dies die Berufung konkret angreifen würde, war die Klägerin nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen vom Beklagten mit der Begleitung von dessen Vertragsverhandlungen über den Abschluss eines neuen Dienstvertrages für eine befristete Facharztstelle und der Prüfung eines Vertragsentwurfs beauftragt worden, wobei die Klägerin u. a. auch für den Beklagten ein Schreiben an dessen Verhandlungspartner entwarf und die Vertragsgestaltung betreffende Fragen des Beklagten prüfte und beantwortete. Diese Tätigkeit ist nicht prozessbezogen im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 3 RVG (so bspw. auch: Hartmann, a. a. O., § 23 RVG, Rn. 10 zum Stichwort „Vertragsentwurf“). Für die Begleitung von Vertragsverhandlungen, die auf den Abschluss eines neuen, befristeten Dienstvertrages gerichtet sind, und die Beratung bei der Durchführung der Vertragsverhandlungen und der Ausarbeitung respektive Prüfung eines Vertragsentwurfs greift nicht die prozessbezogene Tätigkeiten erfassende Vorschrift des § 23 Abs. 1 S. 3 RVG, sondern der Tatbestand des § 23 Abs. 3 S. 1 RVG. Dieser verweist u. a. auf § 25 KostO und damit auch auf den hier einschlägigen § 25 Abs. 2 KostO. Es kann (auch) aus Sicht des Berufungsgerichts keine Rede davon sein, dass die vorgenannte Tätigkeit erfahrungsgemäß und im allgemeinen auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte und die Tätigkeit in einem inneren Zusammenhang mit einem solchen (bevorstehenden oder bereits stattfindenden) gerichtlichen Verfahren gestanden hätte (vgl. zu dieser Voraussetzung der Anwendung des § 23 Abs. 1 S. 3 RVG:Hartmann, a. a. O., § 23 RVG, Rn. 7). Das unterscheidet den vorliegenden Fall grundlegend von dem Sachverhalt, über den das OLG Düsseldorf in der vom Beklagten zitierten Entscheidung zu befinden hatte (Beschluss vom 26.11.2009 - 24 U 57/09). Der dortige außergerichtlich ausgetragene Streit um die (umstrittene) Verständigung auf niedrigere Zinssätze eines Darlehensvertrages mag, wie das OLG Düsseldorf unter den juris-Rnrn. 5 f. ausgeführt hat, die Anwendungsvoraussetzung des § 23 Abs. 1 S. 3 RVG, dass nämlich (Zitat OLG Düsseldorf)

7

„ohne eine außergerichtliche Regelung die gerichtliche Auseinandersetzung unumgänglich wäre und dass zwischen der außergerichtlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts und derjenigen in einem etwaigen nachfolgenden Gerichtsverfahren ein innerer Zusammenhang bestehen würde“,

8

erfüllt haben. Anders ist es hier. Auch ist der vorliegende Sachverhalt nicht mit der vergleichsweisen Annahme eines Änderungsvertragsangebotes nach (in ihrer Wirksamkeit bestrittener) Kündigung eines Bestandsarbeitsverhältnisses (vgl. die zitierte Entscheidung des LAG Baden-Württemberg) oder dem Fall einer Änderungsschutzklage (vgl. die von der Berufung zitierte Entscheidung des LAG Köln) zu vergleichen. Dass man in diesen Fällen nicht zum Tatbestand des § 23 Abs. 3 RVG gelangt war, folgt schon daraus, dass es um Gegenstandswerte für Tätigkeiten ingerichtlichen Verfahren ging.

9

Nach dem Akteninhalt nicht nachzuvollziehen ist die Wertung der Berufung, es sei um die Änderung von Bedingungen eines bestehenden Arbeitsvertrages / Dienstverhältnisses gegangen. Nach den nicht konkret angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts ging es um die Beratung und Begleitung im Vorfeld des Abschlusses eines neuen, in Aussicht genommenen befristeten Dienstvertrages bzgl. der Besetzung der Facharztstelle. Dass dabei das Interesse des Beklagten u. a. auch dahin gegangen sein mag, für den Fall des ersatzlosen Auslaufens des in Aussicht genommenen neuen, befristeten Dienstvertrages klare arbeits- bzw. dienstvertragliche Regelungen bzgl. des „alten“, bestehenden Dienstverhältnisses herbeizuführen, macht die Gegenstandswertbestimmung durch das Ausgangsgericht bzw. durch die Klägerin nicht unrichtig.

10

Soweit der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.11.2012 gerügt hat, das Amtsgericht habe zu Unrecht einen Zeitraum von 11 Vertragsmonaten zugrunde gelegt, richtigerweise sei aus den Erwägungen des Schriftsatzes vom 11.04.2012 (dort Seite 5) von acht Monaten Vertragslaufzeit auszugehen, fehlt es bezüglich dieses selbständigen Gesichtspunktes in der Berufungsbegründung an einem konkreten Berufungsangriff im Sinne des § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO.

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3. Beizutreten ist der Berufung jedoch darin, dass eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG nicht entstanden ist, sondern sich der Honoraranspruch auf eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV (plus Auslagenpauschale und USt.) beschränkt. Die Berufungserwiderung verkennt, dass auch der Tatbestand des Absatzes 2 in Nr. 1000 VV an den Vertrag im Sinne des Absatzes 1 anknüpft. Das zeigt der Wortlaut im zweiten Halbsatz des Absatzes 2 („es sei denn, dass diese für den Abschluss des Vertrages im Sinne des Absatzes 1 nicht ursächlich war.“). Das bedeutet: Auch in Absatz 2 geht es um die Mitwirkung bei solchen Verhandlungen, die auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet sind, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. So richtig die Ausführungen des Amtsgerichtes zum anzulegenden weiten Verständnis vom Begriff der Mitwirkung im Sinne des Absatzes 2 der Nr. 1000 VV auch sind, so sehr übersehen das Ausgangsgericht und die Klägerseite, dass Nr. 1000 Abs. 2 VV nicht völlig abgekoppelt von den Anforderungen des Absatzes 1 ist. Der Kern des Absatzes 2 liegt darin, dass hier nicht nur bei der Mitwirkung beim Abschluss des Einigungsvertrages die Einigungsgebühr entsteht, sondern schon durch die Mitwirkung bei Vertragsverhandlungen. Das ist, anders als die Berufungserwiderung zu meinen scheint, auch nicht etwa eine Neuerung, die das RVG mit sich gebracht hätte. Schon zur Zeit der Geltung der BRAGO sah § 23 Abs. 1 S. 2 BRAGO vor, dass die damals enger als „Vergleichsgebühr“ bezeichnete Gebühr „auch dann“ entsteht, wenn der Rechtsanwalt „nur bei den Vergleichsverhandlungen mitgewirkt“ hat. Dass auch mit dem Inkrafttreten des RVG nicht vollends auf das Erfordernis eines Streits oder einer Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis verzichtet werden sollte, zeigen die Motive zu Nr. 1000 VV RVG. Dort heißt es u. a. (vgl. dazu auch: Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, 20. Aufl., Nr. 1000 VV, Rn. 1):

12

„Die in Absatz 1 Satz 1 der Anmerkung umgestalteten Voraussetzungen für die Entstehung der Einigungsgebühr sollen die bisher häufigen Auseinandersetzungen über die Frage, ob ein Vergleich i. S. von § 779 BGB vorliegt, vermeiden. Die neue Fassung stellt sowohl durch die Änderung der Bezeichnung „Vergleichsgebühr“ in „Einigungsgebühr“ wie auch durch die neu formulierten Voraussetzungen klar, dass es nicht mehr auf den Abschluss eines echten Vergleichs ankommt, vielmehr soll es genügen, wenn durch Vertrag der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über das Rechtsverhältnis beseitigt wird.“

13

Geht es dagegen wie hier nicht um die Beseitigung von Streit oder einer Ungewissheit im Zusammenhang mit einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis (i. w. Sinne), sondern um die (möglicherweise und wohl auch hier kontroverse) Aushandlung eines neuen, noch nicht bestehenden Vertragsverhältnisses, scheidet eine Einigungsgebühr aus (h.M.; vgl. nur: Bischof in Bischof/Jungbauer/Bräuer/ Curkovic/Mathias/Uher, 4. Aufl., Nr. 1000 VV, Rnrn. 61 f.; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., Nr. 1000 VV, Rn. 5; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, 20. Aufl., Nr. 1000 VV, Rnrn. 12, 98, 99). Beispielhaft zitiert sei Bischof (a. a. O.), der meint:

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„Für das Aushandeln eines Vertrages steht dem Rechtsanwalt eine Einigungsgebühr nur zu, wenn sich zuvor ein Vertragspartner einer Rechtsposition berühmt hat [was hier nicht der Fall ist]. Das bloße Aushandeln von Verträgen, mit denen ein Rechtsverhältnis eingegangen oder aufgehoben werden soll, stellt für sich genommen noch keine Einigung dar.“

15

Dementsprechend kommt auch Hartmann (Kostengesetze, 42. Aufl., Nr. 1000 VV, Rn. 5) zu der Auffassung, dass ein „erstmaliges Vertragsaushandeln“ nicht genüge, um eine Einigungsgebühr entstehen zu lassen, und es in Abs. 2 der Nr. 1000 VV darum gehe, dass der Anwalt „bei den Verhandlungen zwecks einer Streitbeendigung“ mitgewirkt hat (Rn. 60 zu Nr. 1000 VV). Dass - wie vorliegend - originäre Vertragsverhandlungen und die Mitwirkung hierbei keine „Vergleichsgebühr“ oder - jetzt - „Einigungsgebühr“ auslösen, entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 23.04.2009 - IX ZR 167/07, juris-Rn. 16, für § 23 BRAGO), des BAG (AGS 1998, 161) und verschiedener Obergerichte (vgl. nur: OLG Düsseldorf, AGS 2003, 496).

16

Zu dem Auslegungsverständnis des Berufungsgerichts von Nr. 1000 VV RVG war der Klägerin keine weitere Stellungnahmemöglichkeit einzuräumen. Schon in erster Instanz war zwischen den Parteien der Gesichtspunkt erörtert worden, ob Nr. 1000 VV RVG ausschließlich eine Mitwirkung an Vertragsverhandlungen voraussetzt, oder aber die Verhandlungen darüber hinaus auf den Abschluss eines solchen (hier fehlenden) Vertrages gerichtet sein müssen, durch dessen Abschluss ein Streit oder eine Ungewissheit beseitigt wird. Dieser rechtliche Aspekt war also weder neu, noch war er von einer Partei übersehen worden. Auch hatte das Amtsgericht hier nicht einen Gesichtspunkt anders beurteilt als beide Parteien.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 S. 1 ZPO.

18

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO vorliegt.


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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 23 Allgemeine Wertvorschrift


(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder de

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 779 Begriff des Vergleichs, Irrtum über die Vergleichsgrundlage


(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sach

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 167/07 Verkündet am: 23. April 2009 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Oberlandesgericht München Endurteil, 12. Juli 2017 - 15 U 4938/16

bei uns veröffentlicht am 12.07.2017

Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München II vom 04.11.2016, Az. 13 O 5061/15 Rae, abgeändert: Auf die Berufung der Klägerin wird der Beklagte verurteilt, über den durch das Landgericht zuges

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.

(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 167/07 Verkündet am:
23. April 2009
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BRAO § 43a Abs. 4, § 49b Abs. 2 a. F.; BRAGO § 8 Abs. 2, §§ 23, 118; KostO § 39
Abs. 2; BGB §§ 627, 628

a) Lässt sich ein Rechtsanwalt, der mit der Führung von Vertragsverhandlungen beauftragt
ist, für den Fall des Abschlusses eines Unternehmenskaufvertrages die
Zahlung einer "Vergleichsgebühr" versprechen, so stellt dies die Vereinbarung eines
unzulässigen Erfolgshonorars dar.

b) Ist ein Teil einer Gebührenvereinbarung auf ein unzulässiges Erfolgshonorar gerichtet
, so ist diese Vereinbarung insgesamt nichtig, wenn die dort bestimmte Fälligkeit
aller Vergütungsteile den gleichen Erfolg voraussetzt.

c) Ein Verstoß des Anwalts gegen die Pflicht zur Vermeidung von Interessenkollisionen
führt nicht zum Verlust solcher Honoraransprüche, die schon vor der Pflichtverletzung
entstanden sind, es sei denn die Beratungsleistungen sind für den Auftraggeber
ohne Interesse.
BGH, Urteil vom 23. April 2009 - IX ZR 167/07 - OLG Hamm
LG Münster
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter
Raebel, Vill, Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten gegen das am 13. September 2007 verkündete Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens haben die Klägerin 40 % und die Beklagte 60 % zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Anwaltsgesellschaft bürgerlichen Rechts, macht gegen die Beklagte Honoraransprüche für anwaltliche Beratung und Vertragsgestaltung im Zusammenhang mit dem Verkauf des Unternehmens der Beklagten, einer Herstellerin von Kunststoffspritzgussteilen für die Autoindustrie, geltend.
2
Im November 2001 nahmen der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer und Alleingesellschafter M. der Komplementärin der Beklagten, zu dessen Unternehmensgruppe sie gehörte, und die Z. Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG Gespräche über den Verkauf der Beklagten an eine Ge- sellschaft der Z. -Gruppe auf. Im Rahmen dieser Gespräche beauftragte die Beklagte die Klägerin am 13. Dezember 2001 mit ihrer anwaltlichen Beratung bei dem Unternehmensverkauf und dessen späterer Abwicklung. Die Parteien schlossen unter diesem Datum eine Vereinbarung, in der über die Honorierung der Tätigkeit der Klägerin Folgendes vereinbart wurde: "Für die Vorbereitung der Kaufvertragsverhandlungen, die gesellschaftsrechtliche Beratung für möglicherweise noch vor dem Kaufvertrag oder mit dem Kaufvertrag im Zusammenhang stehende gesellschaftsrechtliche Maßnahmen sowie den Entwurf eines Konzepts oder Vertrages entsteht eine 10/10-Gebühr gemäß § 118 Abs. 1 Ziffer 1 BRAGO. Für die Führung der Verhandlungen und die Teilnahme an den Verhandlungen mit der Käuferin oder den Käufern entsteht eine 10/10-Gebühr gemäß § 118 Abs. 1 Ziffer 2 BRAGO. Für den rechtsverbindlichen Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages entsteht die 15/10-Gebühr des § 23 BRAGO. Für die Mitwirkung bei der Abwicklung des Unternehmenskaufvertrages entsteht eine 7,5/10-Gebühr gemäß § 118 Abs. 1 Ziffer 1 BRAGO. Die Gebühren ergeben sich aus dem im Kaufvertrag in Ansatz gebrachten Wert der verkauften Vermögensgegenstände (Aktivseite der Bilanz), unabhängig davon, ob die verkauften Gegenstände sich im Vermögen der Gesellschaft befinden oder aber im Vermögen anderer Gesellschaften, jedoch von dem verkauften Unternehmen genutzt werden. … Unser Honorar wird fällig mit Eintritt der Fälligkeit des für das Unternehmen zu zahlenden Kaufpreises; für den Fall, dass sich unterschiedliche Fälligkeiten ergeben, ist der zuletzt eintretende Fälligkeitstermin maßgebend. Wir sind berechtigt, bis zu 50 % des voraussichtlich entstehenden Honorars nach rechtswirksamem Abschluss des Unternehmenskaufvertrages geltend zu machen."
3
Nach weiteren Verhandlungen der Kaufvertragsparteien und ihrer Anwälte , in deren Verlauf die Kaufvertragsparteien von einem ursprünglich beabsichtigten "asset-deal" zu einem "share-deal" übergingen, wurde am 13. Februar 2002 ein umfassendes Vertragswerk über den Verkauf der Beklagten an ein Unternehmen der Z. -Gruppe, die I. GmbH, beurkundet. Im Anschluss an diese Beurkundung kamen Zweifel über die Wirksamkeit des notariellen Kaufvertrags auf. Es erfolgte deshalb am 11. Juni 2002 eine nochmalige Beurkundung sämtlicher Vertragsbestandteile. Danach stellte die Klägerin gestützt auf die Honorarvereinbarung vom 13. Dezember 2001 und unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 33.545.755,92 DM der Beklagten am 28. Juni 2002 263.357,72 € in Rechnung. Nach Klageerhebung und Bestreiten der Wirksamkeit der Honorarvereinbarung durch die Beklagte rechnete die Klägerin ihren gesetzlichen Gebührenanspruch am 19. Dezember 2002 unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 162.336.995,96 DM mit 582.468,24 € ab. Hiervon hat sie im ersten Rechtszug einen erstrangigen Teilbetrag in Höhe des Abrechnungsbetrages vom 28. Juni 2002 zum Gegenstand ihrer Klage gemacht.
4
Landgericht Das hat die Beklagte zur Zahlung eines Honorars von 111.454,07 € verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat nur zu einer geringfügigen Änderung geführt. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 111.727,80 € verurteilt. Die Honorarvereinbarung der Parteien haben beide Vorinstanzen als unwirksam angesehen. Die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht für beide Parteien zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren in zweiter Instanz primär geltend gemachten Antrag auf Verurteilung der Beklagten entsprechend der Honorarvereinbarung vom 13. Dezember 2001 weiter. Die Beklagte begehrt weiterhin Abweisung der Klage insgesamt.

Entscheidungsgründe:


5
Die beiderseitigen Revisionen haben keinen Erfolg.

A.


6
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
7
Zwischen den Parteien des Rechtsstreits sei ein Anwaltsvertrag zustande gekommen. Zwar spreche der Inhalt der außergerichtlichen Vollmacht eher für eine Mandatierung der Klägerin durch den Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten persönlich. Letztlich ergebe aber die Auslegung der Honorarvereinbarung vom 13. Dezember 2001, die mit dem Vertretungszusatz für die Beklagte unterzeichnet worden sei, die Auftragserteilung durch die Beklagte. Dieser Vertrag sei nicht nach § 134 BGB i.V.m. § 43a Abs. 4 BRAO nichtig. Zwar habe die Klägerin gegen das Verbot des § 43a Abs. 4 BRAO verstoßen, als sie die Beklagte namens ihrer früheren Kommanditistin aufgefordert habe, den Abfindungsbetrag für den ermäßigten Kommanditanteil, der Gegenstand des Unternehmenskaufvertrags gewesen sei, zu bezahlen. Auch habe sie dieses Verbot verletzt, indem sie im August 2002 namens der Eigentümerin des Betriebsgrundstücks den Mietvertrag mit der Beklagten außerordentlich gekündigt habe. Diese Verstöße führten aber nicht zur Anwendung des § 134 BGB, soweit es um den ursprünglich abgeschlossenen Anwaltsvertrag und die daraus folgende Honorarforderung gehe. Sie hätten nur zur Konsequenz, dass die unter Missachtung des § 43a Abs. 4 BRAO aufgenommenen Folgemandate nichtig seien und die Klägerin ihre Tä- tigkeit für den ersten Auftraggeber unverzüglich hätte beenden müssen. Das bedeute aber nicht, dass der Honoraranspruch für die bis dahin erbrachten Leistungen entfalle.
8
Die Klägerin könne ihre Honorarforderung nicht auf die Vereinbarung vom 13. Dezember 2001 stützen. Diese verstoße gegen § 49b Abs. 2 BRAO a.F. und sei deshalb gemäß § 134 BGB nichtig. Es handele sich um die unzulässige Vereinbarung eines Erfolgshonorars. Die Zahlung des Honorars der Klägerin sei von dem Abschluss des Kaufvertrags abhängig gewesen, es habe sich nicht um eine bloße Fälligkeitsregelung gehandelt. Bei Abschluss der Honorarvereinbarung sei das Zustandekommen des Verkaufs noch keineswegs sicher gewesen. Selbst in dem Vorvertrag vom 19. Dezember 2001 sei noch nicht verbindlich geregelt gewesen, ob ein "share-deal" oder ein "asset-deal" habe abgeschlossen werden sollen. Hierüber sei noch bis zum Beurkundungstermin am 13. Februar 2002 verhandelt worden.
9
Soweit der Klägerin das gesetzliche Honorar zustehe, sei dies auf der Basis des Kaufpreises von 28,1 Mio. DM zuzüglich eines zu zahlenden Aufgeldes von 1,5 Mio. DM zu berechnen. Die in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommenen Verbindlichkeiten, die Zuwendung einer Gesellschaft der Z. - Gruppe an die Beklagte, die übernommenen Verbindlichkeiten aus Rückstellungen , der Gegenstandswert der übernommenen Verträge mit Kunden und Lieferanten sowie die Übernahme der Arbeitnehmer und das vereinbarte Wettbewerbsverbot erhöhten den Wert nicht. Gleiches gelte für den im Rahmen des Unternehmenskaufvertrags abgeschlossenen Grundstückskaufvertrag zwischen einem anderen Unternehmen, das der Gruppe der Beklagten angehört habe, und der Käuferin. Soweit das Landgericht die Kapitalherabsetzung nebst Abfin- dungsvereinbarung unberücksichtigt gelassen habe, sei seine Entscheidung nicht angegriffen.
10
Eine Hilfsaufrechnung der Beklagten mit an sie abgetretenen Schadensersatzansprüchen der Käuferin wegen einer unzutreffenden Garantieerklärung der Verkäuferin, Verbindlichkeiten der Gesellschaften, die nicht aus den Buchführungsunterlagen ersichtlich seien, bestünden nicht, greife nicht durch. Derartige Ansprüche könnten sich nur gegen die Altkomplementärin und/oder deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer persönlich, nicht aber gegen die Klägerin richten. Diese sei auch nicht verpflichtet gewesen, bei den Vertragsverhandlungen die Gegenseite über ihre Honoraransprüche aufzuklären.

B.


11
Diese Entscheidung hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 111.727,80 € aus § 675 Abs. 1, § 611 BGB zu. Auf die Honorarvereinbarung vom 13. Dezember 2001 kann die Klägerin diesen Anspruch zwar nicht stützen. Entsprechend der Entscheidung des Berufungsgerichts stehen der Klägerin jedoch die gesetzlichen Gebühren aus § 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2, §§ 28, 26 BRAGO a.F. zu. Die Geltendmachung des Honoraranspruchs durch die Klägerin verstößt nicht deshalb gegen ein gesetzliches Verbot, weil diese im Verlauf der Abwicklung des Vertrages widerstreitende Interessen vertreten hat und für andere Unternehmen der M. -Gruppe tätig geworden ist. Die Geltendmachung der Honorarforderung verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben. Die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einem an sie abgetretenen Schadensersatzanspruch wegen fehlender Aufklärung über das Bestehen eines Vergütungsanspruchs greift nicht durch.

12
I. Revision der Klägerin
13
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
14
1. Das Berufungsgericht ist mit Recht von der Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung vom 13. Dezember 2001 ausgegangen. Die Vereinbarung stellt keine bloße Fälligkeitsregelung dar, sondern enthält einen Verstoß gegen § 49b Abs. 2 BRAO a. F., der gemäß § 134 BGB zu ihrer Nichtigkeit führt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 117, 163 = NJW 2007, 979) § 49b Abs. 2 BRAO in der Fassung vom 2. September 1994 (BGBl. I, S. 2278) insoweit für verfassungswidrig erklärt, als die Vorschrift keine Ausnahme für den Fall zuließ, dass der Rechtsanwalt mit der Vereinbarung einer erfolgsbasierten Vergütung besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers Rechnung trägt, die diesen sonst davon abhielten, seine Rechte zu verfolgen. Abgesehen von diesem besonderen Ausnahmefall, der vorliegend nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts nicht gegeben ist, war die Vorschrift bis zum Inkrafttreten der Neuregelung am 30. Juni 2008 aber weiter anzuwenden (vgl. BGH, Beschl. v. 15. November 2007 - IX ZR 27/05, BeckRS 2008, 19968 Rn. 6, 8).
15
a) Aufgrund der Vorschrift des § 49b Abs. 2 BRAO a.F. hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht worden ist (Erfolgshonorar) oder nach der der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält (quota litis), als unzulässig angesehen. Mit diesem Verbot soll verhindert werden, dass der Rechtsanwalt den Ausgang eines Mandats zu seiner eigenen "wirtschaftlichen" Angelegenheit macht (vgl. BT-Drucks. 12/4993 S. 31). Danach stellt jede Vereinbarung, durch die das Entstehen oder die Höhe des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts vom Ausgang der von ihm vertretenen Sache oder sonst vom Erfolg seiner anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird, eine unwirksame Erfolgshonorarvereinbarung dar (vgl. BGHZ 34, 64, 71; 39, 142, 145; 51, 290, 293 f; BGH, Urt. v. 4. Dezember 1986 - III ZR 51/85, NJW 1987, 3203, 3204; v. 29. April 2003 - IX ZR 138/02, WM 2003, 1631, 1633 f; v. 23. Oktober 2003 - IX ZR 270/02, WM 2004, 478, 479; v. 18. März 2004 - IX ZR 177/03, WM 2004, 981, 983).
16
b) Ein entsprechender Fall ist hier gegeben. Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Art und Weise festgestellt, dass die Höhe der von der Beklagten zu zahlenden Vergütung vom Ergebnis der Verhandlungen über den Unternehmenskaufvertrag abhängen sollte. Die Zahlung einer 15/10-Gebühr des § 23 BRAGO sollte für den Fall des rechtsverbindlichen Abschlusses eines Unternehmenskaufvertrages erfolgen. Verhandlungen, die mit einem Vergleich im Sinne des § 779 Abs. 1 Satz 1 BGB enden sollten, durch die mithin der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt werden sollte, waren aber tatsächlich gar nicht zu führen. Streit um den Inhalt und die Abfassung eines bereits geschlossenen Kaufvertrages, der im Wege gegenseitigen Nachgebens hätte geklärt werden können, bestand nicht. Vielmehr ging es um originäre Vertragsverhandlungen mit dem Ziel, einen Unternehmenskaufvertrag abzuschließen.
17
Eine bloße Teilnichtigkeit (§ 139 BGB), bei der einzelne Elemente der Vereinbarung, die nicht gegen das Verbot der Verabredung eines erfolgsabhängigen Honorars verstoßen, bestehen bleiben, ist nicht gegeben. Die Nichtigkeit erstreckt sich auch auf den Teil der Vereinbarung, in dem die Fälligkeit des Honorars vom Eintritt der Fälligkeit des für das Unternehmen zu zahlenden Kaufpreises abhängig gemacht wird. Danach kann ein Vergütungsanspruch nur entstehen, wenn es zum Abschluss des Kaufvertrags und damit zur Kaufpreisfälligkeit kommt. Ohne einen Vertragsschluss, der auch Vorbedingung für die Geltendmachung eines 50%igen Vorauszahlungsanspruchs sein soll, ist eine Honorarforderung der Klägerin ausgeschlossen. Dies bezieht sich auf alle in der Vereinbarung enthaltenen Gebühren, die ohne den Vertragsschluss niemals fällig werden können. Die Fälligkeitsregelung bildet deshalb die Klammer für das gesamte Vertragswerk und belastet auch die Geschäfts-, Verhandlungsund Abwicklungsgebühr mit der Nichtigkeitsfolge der Vereinbarung eines unzulässigen Erfolgshonorars.
18
aa) Soweit die Klägerin mit ihrer Revision rügt, das Berufungsgericht sei über ihren unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag hinweggegangen, die Vertragsbeteiligten seien sich am 13.Dezember 2001 bereits über den Unternehmensverkauf einig gewesen, es sei in der Folgezeit lediglich noch um das Ausformulieren des Vertragstextes gegangen, liegt eine Gehörsverletzung nicht vor. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Sachvortrags und Beweisangebots kann zwar einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG darstellen, wenn der Tatrichter das Vorbringen zur Kenntnis genommen hat, das Unterlassen der danach gebotenen Beweisaufnahme im Prozessrecht aber keine Stütze findet (BVerfG NJW 2003, 1655; BGH, Beschl. v. 31. August 2005 - XII ZR 63/03, NJW-RR 2005, 1603; v. 7. Dezember 2006 - IX ZR 173/03, WM 2007, 569, 570).
19
So verhält es sich hier jedoch nicht. Die Revisionsbegründung legt nicht dar, dass das unter Beweis gestellte Vorbringen erheblich war. Allerdings kann die Vereinbarung eines Erfolgshonorars ausscheiden, wenn der Rechtsanwalt nur noch eine von den Parteien bereits erzielte Einigung in eine juristische Form zu gießen hat (vgl. BGH, Urt. v. 29. April 2003 aaO). Indes war das Vorbringen der Klägerin hierzu widersprüchlich und deshalb als Grundlage einer Beweisaufnahme ungeeignet. Sie hat in einem Schreiben vom 13. August 2002 ausgeführt , vor dem 11. Februar 2002 sei von einem "share-deal" noch keine Rede gewesen, es sei erst später zu einem plötzlichen Wechsel von einem "assetdeal" zu einem "share-deal" gekommen. Wenn vor dem 13. Februar 2002, dem Termin der ersten Beurkundung, noch gar nicht feststand, in welcher Form der Unternehmenskauf vollzogen werden sollte, so kann schon deswegen nicht angenommen werden, dass dieser Kauf bei Erteilung des Beratungsmandats am 13. Dezember 2001 bereits unverrückbar feststand. Der Vertragsschluss hätte auch noch scheitern können. Bestätigt wird dies durch die - von der Revision nicht angegriffene - Tatsache, dass ein auf den 11. Februar 2002 anberaumter Beurkundungstermin abgebrochen wurde, weil "Meinungsverschiedenheiten über den Umfang des Verkaufs" aufgetreten waren.
20
bb) Entsprechendes gilt für die ebenfalls erstmals in zweiter Instanz aufgestellte Behauptung, der Alleingeschäftsführer ihrer Komplementärin habe namens der Beklagten die Honorarvereinbarung nur unterzeichnet, weil diese andernfalls nicht in der Lage gewesen wäre, sich bei der Durchführung des Unternehmenskaufvertrages rechtlich beraten zu lassen. Auch hier liegt eine rechtlich relevante Gehörsverletzung nicht vor. Eine Beweisaufnahme zu dieser Behauptung war nicht geboten. Mit der Vereinbarung vom 13. Dezember 2001 haben die Parteien die Fälligkeit der Vergütung zumindest teilweise - hierauf wird in der Revisionserwiderung zutreffend hingewiesen - noch vor den gesetz- lichen Fälligkeitszeitpunkt vorverlegt und Abrechnung von Gebühren vereinbart, die über die gesetzlichen hinausgehen. Ein Ausnahmefall, in dem die Vereinbarung eines Erfolgshonorars der einzige Weg war, um rechtliche Beratung zu erlangen (vgl. BVerfGE 117, 163, 193 ff = NJW 2007, 979, 983 f), ist deshalb nicht erkennbar. Die Klägerin hat überdies nicht schlüssig dargelegt, dass ein anderer Anwalt ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars die Beratung der Beklagten nicht übernommen hätte.
21
c) Die Klägerin kann ferner nicht geltend machen, die Parteien hätten lediglich eine vom Gesetz abweichende Fälligkeitsvereinbarung getroffen (BGH, Urt. v. 18. März 2004 aaO; Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 851). Von einer solchen Konstellation wäre nur auszugehen, wenn die Parteien vereinbart hätten, die Fälligkeit der im Übrigen nach dem Gesetz festzusetzenden Gebühren anders zu regeln. Hier haben die Parteien jedoch ein zusätzliches Honorar für den Erfolgsfall vereinbart und dessen Fälligkeit insgesamt - wie vorstehend zu B. I. 1. b) bereits ausgeführt - vom Vertragsschluss abhängig gemacht.
22
d) Das im Grundsatz weiterhin bestehende Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars ist entgegen der Auffassung der Revision der Klägerin nicht auf die forensische Tätigkeit des Rechtsanwalts beschränkt, sondern gilt auch für die außergerichtliche Beratung und Interessenwahrnehmung. Bei den Gründen, die für die grundsätzliche Wirksamkeit des Verbots sprechen (BVerfGE 117, 163, 182 ff = NJW 2007, 979, 980 f), ist nicht zwischen dem außergerichtlichen und gerichtlichen Bereich zu unterscheiden. Die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts muss hier wie dort gewahrt werden, wenn es darum geht, das Vertrauen auf eine objektive Beratung zu gewährleisten. Diese darf nicht dadurch geprägt sein, dass ein vereinbartes Honorar nur im Fall einer bestimmten Entscheidung des Auftraggebers gezahlt wird. Dies birgt in beiden Bereichen die Gefahr eines Einflusses von Gebühreninteressen auf die Beratung, die nicht Maßstab der anwaltlichen Tätigkeit sein soll, in sich. Auch ist der Rechtsuchende in beiden Bereichen vor einer Übervorteilung durch überhöhte Vergütungen zu schützen.
23
2. Der weitere Angriff der Revision der Klägerin, das Berufungsgericht habe den Gegenstandswert nicht zutreffend festgesetzt, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
24
a) Das Berufungsgericht ist in rechtlich nicht zu beanstandender Art und Weise von der Anwendbarkeit des § 39 Abs. 2 KostO auf die Bemessung des Gegenstandswertes ausgegangen. Es hat den Wert der Leistungen der Beklagten der Wertbemessung zugrunde gelegt. Auch die Revision der Klägerin hält dies im Ausgangspunkt für zutreffend. Die Wertbemessung für die anwaltliche Beratung bei einem Unternehmenskauf war nach dem hier noch anwendbaren § 8 Abs. 2 Satz 1 BRAGO nach den Vorschriften der Kostenordnung vorzunehmen , weil die BRAGO - gleiches würde im Übrigen auch für den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 1 RVG gelten - keine Regelung für die Wertbemessung bei einem Unternehmenskauf enthielt.
25
Ist b) Gegenstand eines Kaufvertrags die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen oder ein Unternehmen insgesamt, so ist anerkannt, dass der Wertbemessung in der Regel der vereinbarte Kaufpreis zugrunde zu legen ist (BGH, Urt. v. 17. April 1975 - III ZR 171/72, NJW 1975, 1417, 1418; BayObLGZ 1991, 361; KG DB 1994, 316; KG KGR Berlin 1994, 44; Bengel/Tiedtke in Korintenberg /Lappe/Bengel/Reimann, Kostenordnung 17. Aufl. § 39 Rn. 11; Hartmann , Kostengesetze, 39. Aufl. § 39 KostO Rn. 17 "Kaufvertrag"). Demgemäß hat das Berufungsgericht die der Beklagten vertraglich obliegenden Zahlungsverpflichtungen in Höhe von insgesamt 29,6 Mio. DM der Bemessung des Wertes zugrunde gelegt.
26
c) Andere nach dem Vertrag geschuldete Leistungen hat das Berufungsgericht nicht werterhöhend berücksichtigt; dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
27
Soweit das Berufungsgericht es abgelehnt hat, die Verbindlichkeiten von 21,2 Mio. DM hinzuzurechnen, wird dies von der Revision nicht angegriffen. Die Darlehensforderung der Fahrzeugelektronik P. GmbH hat das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen, weil diese Forderung von dem Kaufvertrag unberührt blieb. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu rügen. Rückstellungsverpflichtungen sind entsprechend der Bewertung der Vertragsparteien im Kaufvertrag in die Bemessung eingeflossen; nachträgliche tatsächliche Veränderungen haben insoweit keine Bedeutung. Entsprechendes gilt für die übergeleiteten Verträge mit Kunden. Auch hier ist der Wert dieser Vertragsbeziehungen bereits Gegenstand der Kaufpreisbildung gewesen. Eine nochmalige Bewertung der einzelnen Vertragsverhältnisse scheidet aus. Hinsichtlich der Übernahme von Arbeitnehmern kann zwar eine Werterhöhung stattfinden, wenn der Käufer eines Unternehmens eine zusätzliche Arbeitsplatzgarantie abgibt oder Verpflichtungen aus einem Sozialplan übernimmt (LG Berlin JurBüro 1994, 38, 39). Eine solche zusätzliche Verpflichtung der Beklagten, die über den bloßen Übergang der Arbeitsverhältnisse hinausgeht, hat das Berufungsgericht aber in revisionsrechtlich nicht zu überprüfender tatsächlicher Würdigung verneint. Der Grundstückskaufvertrag und die Herabsetzung des Kapitals der ursprünglichen Kommanditistin der Beklagten betrafen keine Leistungen, die die Beklagte aufgrund des Kaufvertrags zu erbringen hatte. Eine Werterhöhung konnte damit auch hierauf nicht gestützt werden.
28
II. Revision der Beklagten
29
Auch die Revision der Beklagten führt zu keiner Aufhebung oder Änderung der Entscheidung des Berufungsgerichts.
30
1. Soweit das Berufungsgericht Verstöße der Beklagten gegen die Pflicht zur Vermeidung von Interessenkollisionen (§ 43a Abs. 4 BRAO, § 3 BORA, § 356 StGB) festgestellt hat, führt dies jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zu einem Verlust des gesetzlichen Vergütungsanspruchs aus dem zuerst erteilten Auftrag. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind auch insoweit rechtlich nicht zu beanstanden.
31
a) Der Bundesgerichtshof hat bislang nicht entschieden, ob der Verstoß des Rechtsanwalts gegen die Pflicht aus § 43a Abs. 4 BRAO, keine widerstreitenden Interessen zu vertreten, zur Anwendung des § 134 BGB und damit zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrages führt (BGH, Urt. v. 23. Oktober 2003, aaO S. 481; dazu auch Riedel/Sußbauer/Fraunholz, BRAGO 7. Aufl. § 1 Rn. 15; Kleine-Cosack, BRAO 5. Aufl. § 43a Rn. 131; LAG Köln NZA-RR 2001, 353). Offen ist damit auch, ob bei Abschluss von mehreren Anwaltsverträgen mit gegenläufig interessierten Parteien nur die später abgeschlossenen Verträge oder alle unwirksam sind. Der Senat braucht diese Fragen auch vorliegend nicht abschließend zu entscheiden. Selbst wenn allgemein bei der Vertretung widerstreitender Interessen für § 134 BGB Raum wäre, beträfe dies die hier von der Klägerin geltend gemachte Honorarforderung nicht.

32
b) Der Verstoß des Rechtsanwalts gegen die Regelung des § 43a Abs. 4 BRAO führt grundsätzlich weder zur rückwirkenden Nichtigkeit des Anwaltsvertrags noch lässt er den Anspruch auf gesetzliche Gebühren entfallen, wenn der Verstoß zu einem Zeitpunkt geschieht, in dem der Rechtsanwalt die Gebühren bereits verdient hat. In diesem Fall hat der Rechtsanwalt die das Mandatsverhältnis prägenden Dienstleistungen bereits erbracht. Mit dem Wegfall der vertraglichen Grundlage wäre den Belangen des Mandanten nicht gedient. Es kann im Gegenteil in dessen Interesse liegen, dass diese vertragliche Grundlage - etwa im Hinblick auf Schadensersatzansprüche wegen Schlechtleistung - erhalten bleibt. Durch das Verbot des § 43a Abs. 4 BRAO soll das Vertrauensverhältnis des Anwalts zum Mandanten, die Wahrung der Unabhängigkeit des Anwalts und das Interesse des Gemeinwohls in Gestalt der in der Rechtspflege gebotenen Geradlinigkeit der anwaltlichen Berufsausübung geschützt werden. Es soll sichergestellt werden, dass der Anwalt nur einer Seite dient und sich nicht zum Vertreter widerstreitender Interessen macht (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 27; BVerfG NJW 2003, 2520, 2521; BVerfG ZEV 2006, 413, 414; Feuerich /Weyland/Vossebürger, BRAO 7. Aufl. § 43a Rn. 54; Hartung in Hartung /Römermann, Berufs- und Fachanwaltsordnung 4. Aufl. § 3 BORA Rn. 59). Soweit anwaltliche Dienstleistungen bereits erbracht sind, bevor der Anwalt gegenläufige Interessen vertreten hat, ist es zum Schutze des Mandanten nicht geboten, dem Anwaltsvertrag rückwirkend die rechtliche Anerkennung zu versagen. Bestätigt wird dies dadurch, dass der Rechtsanwalt, sobald er erkennt, widerstreitende Interessen zu vertreten, gemäß § 3 Abs. 4 BORA die Pflicht hat, unverzüglich seine Mandanten davon zu unterrichten und alle Mandate in derselben Rechtssache zu beenden (vgl. Hartung, aaO § 3 BORA Rn. 158 ff). Für die Vergangenheit bleiben sie bestehen. Damit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Rechtsanwalt auch solche Honoraransprüche verlieren würde, die er erlangt hat, bevor ein Verstoß gegen widerstreitende Interessen vorlag. Eine entsprechende Sanktion kann § 43a Abs. 4 BRAO nicht entnommen werden. Die gegenteilige Auffassung der Revisionsbegründung verkennt, dass die Vorschrift nicht die Bestrafung eines "Überläufers" durch die rückwirkende Entziehung des gesamten Honoraranspruchs bezweckt, sondern vielmehr den Anwalt zukunftsgerichtet dazu anhalten soll, widerstreitende Interessen nicht zu vertreten. Die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB - wollte man sie auf den Verstoß gegen § 43a BRAO anwenden (dafür Fahrendorf in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts 7. Aufl. Rn. 638) - ist deshalb jedenfalls nicht rückwirkend anwendbar.
33
c) Soweit sich die Revisionsbegründung der Beklagten für die von ihr vertretene Ansicht, die Nichtigkeitsfolge erfasse unterschiedslos - und rückwirkend - alle Mandatsverhältnisse, auf eine Entscheidung des LAG Köln (NZA-RR 2001, 253, 254) stützt, kann dieser Entscheidung nicht entnommen werden, dass die Nichtigkeitsfolge auf beide Mandatsverhältnisse anzuwenden ist, wenn der Anwalt diese zeitlich gestaffelt nacheinander wahrnimmt. Im Fall des LAG Köln hatten ein Betriebsratsmitglied und der Betriebsrat den Rechtsanwalt nahezu gleichzeitig mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt und demgemäß wurde der Rechtsanwalt auch gleichzeitig für beide Mandanten tätig. Das ist vorliegend wesentlich anders, auch wenn das Mandat für die Beklagte - weil der Unternehmenskauf noch nicht vollständig abgewickelt war - noch andauerte , als die Klägerin für frühere Gesellschafter mit gegenläufigen Interessen auftrat. Insofern kann der dem LAG Köln zustimmenden Stellungnahme von Kleine-Cosack (aaO Rn. 131) auch nicht eindeutig entnommen werden, unter welchen Umständen er die Nichtigkeitsfolge für den gesamten Honoraranspruch annimmt.
34
d) Ob etwas anderes gilt, wenn sich die frühere Tätigkeit des Anwalts infolge des Seitenwechsels als wertlos erweist, kann vorliegend offen bleiben.
35
aa) Ein Anwaltsvertrag kann nach § 627 Abs. 1 BGB gekündigt werden, wenn der Rechtsanwalt das Mandat ungeachtet der Vertretung widerstreitender Interessen fortführt und den Mandanten nicht auf den bestehenden Interessenkonflikt hinweist (BGH, Urt. v. 7. Juni 1984 - III ZR 37/83, NJW 1985, 41). Die Wirkungen einer vorzeitigen Kündigung des Anwaltsvertrages sind in § 628 BGB geregelt. Gemäß § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Anwalt einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Veranlasst der Rechtsanwalt durch ein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Mandanten, so steht ihm nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Vergütungsanspruch insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den Auftraggeber kein Interesse mehr haben (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1981 - III ZR 190/79, NJW 1982, 437, 438; v. 7. Juni 1984 aaO; MünchKommBGB /Henssler, 5. Aufl. § 628 Rn. 22, 26; Gerold/Schmidt/Madert, RVG 18. Aufl. § 15 Rn. 68). Das Vorliegen der Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Mandant darzulegen und zu beweisen (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1981 aaO; v. 17. Oktober 1996 - IX ZR 37/96, NJW 1997, 188, 189). Nach ständiger Rechtsprechung verliert der Rechtsanwalt seinen Vergütungsanspruch für bereits erbrachte Beratungsleistungen nach einer durch sein vertragswidriges Verhalten veranlassten Kündigung insbesondere dann, wenn ein neuer Anwalt bestellt werden muss, für den die gleichen Gebühren nochmals entstehen (BGHZ 174, 186, 192; Urt. v. 30. März 1995 - IX ZR 182/94, NJW 1995, 1954; v. 17. Oktober 1996 aaO). Werden die Mandate trotz Wahrnehmung widerstreitender Interessen nicht gekündigt, weil dieser Umstand zunächst unbemerkt bleibt, kann der Anwalt mit seinen Vergütungsansprüchen zumindest nicht schlechter stehen als im Fall der Kündigung.

36
bb) Hier hat die Beklagte nichts dafür vorgetragen, dass die anwaltlichen Leistungen der Klägerin, die diese bei der Verhandlung und dem Abschluss des Kaufvertrages erbracht haben, für sie wertlos geworden sind, weil die Klägerin bei dessen Abwicklung andere Unternehmen der M. -Gruppe gegen die Beklagte vertreten hat. Dass sich die Klägerin dabei Wissen zunutze gemacht haben könnte, welches sie im Rahmen ihrer ursprünglichen Beratungstätigkeit für die Beklagte erlangt hat, ist nicht ersichtlich. Soweit das Berufungsgericht der Klägerin Gebührenansprüche aus der Abrechnung vom 19. Dezember 2002 zuerkannt hat, wird von der Beklagten nicht behauptet, dass sie wegen dieser Leistungen einen neuen Anwalt bestellen musste, bei dem die gleichen Gebühren noch einmal entstanden sind.
37
2. Eine unzulässige Rechtsausübung ist in der Geltendmachung der Honorarforderung der Klägerin nicht zu sehen. Es verstößt - wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat - nicht gegen Treu und Glauben, wenn der Rechtsanwalt sein Honorar für erbrachte Leistungen geltend macht, obwohl er sich nachträglich - nach Verwirklichung der Gebührentatbestände - als illoyal erwiesen hat. Die Klägerin hat ihren Honoraranspruch entgegen der von der Revision der Beklagten vertretenen Auffassung nicht in entsprechender Anwendung des § 654 BGB verwirkt.
38
a) Nach § 654 BGB ist der Anspruch auf den Maklerlohn ausgeschlossen , wenn der Makler dem Inhalt des Vertrags zuwider auch für den anderen Teil tätig geworden ist. Ein Makler, der in dieser Weise seine Pflichten verletzt und dadurch den Vertrag nicht erfüllt, soll ohne Lohn bleiben, auch wenn er dem Auftraggeber keinen Schaden zugefügt hat (BGHZ 36, 323, 326 f; v. 16. Oktober 1980 - IVa ZR 35/80, NJW 1981, 280; v. 15. Januar 1981 - III ZR 19/80, NJW 1981, 1211, 1212; MünchKomm-BGB/Roth aaO § 654 Rn. 15; D. Fischer NZM 2001, 873, 875 ff, jeweils m. w. Nachw.; vgl. BGHZ 159, 122, 131; LG Schwerin NZI 2008, 692, 693, jeweils für den Verlust des Vergütungsanspruchs des Insolvenz-/Gesamtvollstreckungsverwalters). Das Reichsgericht hat in dieser Bestimmung die Ausprägung eines allgemeinen Rechtsgedankens erblickt und sie daher bei schwerwiegenden Verstößen eines Rechtsanwalts gegen seine Berufspflichten entsprechend angewandt (RGZ 113, 264, 269; RG HRR 1935 Nr. 725). Der Bundesgerichtshof ist dieser Ansicht nicht gefolgt (BGH, Urt. v. 29. April 1963 - III ZR 211/61, NJW 1963, 1301; v. 15. Januar 1981 aaO; vgl. ferner D. Fischer aaO S. 883). Er hat für die dort entschiedenen Rechtsstreitigkeiten dargelegt, dass der Anwalt kein Makler sei und der Gedanke des § 654 BGB nach der Interessenlage bei einem Anwalt nur dann zum Ausschluss einer Gebührenforderung führen könne, wenn der Anwalt pflichtwidrig beiden Parteien gedient und sich des vorsätzlichen Parteiverrats im Sinne des § 356 StGB schuldig gemacht habe. Hieran wird festgehalten.
39
b) Die Beklagte hat nicht dargetan, dass die Klägerin mit dem Bewusstsein und dem Willen gehandelt hat, pflichtwidrig Parteien mit entgegengesetzten Interessen beruflichen Rat oder Beistand zu gewähren. Nur ein solcher Verstoß würde ihrer Tätigkeit den Wert einer anwaltlichen Leistung nehmen (BGH v. 15. Januar 1981 aaO). Die bloß fahrlässige oder auch grob fahrlässige Verletzung anwaltlicher Pflichten füllt die Voraussetzungen für einen Verlust des Vergütungsanspruchs nicht aus.
40
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Revisionsbegründung der Beklagten zitierten Entscheidung OLG München (NJW 1997, 1313) und der ebenfalls zitierten Kommentierung von Jessnitzer/Blumberg (BRAO 9. Aufl. § 43a Rn. 4 am Ende). Über die Behandlung von zeitlich gestaffelten Tätigkeiten, die sich in Bezug auf die Entstehung des geltend gemachten Gebührenanspruchs nicht überschneiden, wird in diesen Fundstellen nichts ausgeführt.
41
3. Das Berufungsgericht hat schließlich auch die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit an sie abgetretenen Schadensersatzansprüchen der Unternehmenskäuferin mit Recht zurückgewiesen.
42
Ein Anwaltsvertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (vgl. Terbille in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, aaO Rn. 317 ff; Zugehör in Zugehör/ Fischer/Sieg/Schlee, aaO Rn. 1659 ff), bei dem der Anwalt nicht nur seinen Mandanten zu beraten hat, sondern auch drittschützende Pflichten gegenüber dem Verhandlungsgegner seines Mandanten wahrnehmen muss, ist nicht anzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 17. Mai 1990 - IX ZR 85/89, NJW 1991, 32, 33; OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 730). Der Vertrag zwischen Rechtsanwalt und Mandant dient im Allgemeinen nicht dem Schutz des Vertragsgegners des Mandanten. Ein solcher Schutz wäre mit der Gegenläufigkeit der Interessen von Auftraggeber und anderem Teil nicht vereinbar. Der rechtliche Berater soll die Interessen seiner Partei wahrnehmen. Er kann nicht gleichzeitig die Pflicht haben , auf die Belange der Gegenseite Rücksicht zu nehmen und auch deren Interessen wahrzunehmen (§ 43a Abs. 4 BRAO). Zu diesem Zweck kann sich die Gegenseite - wie dies vorliegend im Übrigen auch der Fall war - eines eigenen rechtlichen Beraters bedienen. Sollten wegen des fehlenden Hinweises auf die noch ausstehende Honorarrechnung der Klägerin Schadensersatzansprüche der Käuferin bestehen, kann sie sich deswegen allenfalls an die Verkäuferin, nicht aber die Klägerin als deren rechtliche Beraterin halten. Ein Hinweis der Klägerin, dass auf die Käuferin noch Anwaltskosten zukommen, hätte zum Ver- langen der Herabsetzung des Kaufpreises geführt. Er hätte damit im Widerspruch zu den Interessen der eigenen Partei gestanden.
Ganter Raebel Vill
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 20.01.2005 - 16 O 429/02 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 13.09.2007 - 28 U 33/05 -

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.