Landgericht Bamberg Endurteil, 22. Mai 2017 - 2 O 623/16

bei uns veröffentlicht am22.05.2017

Gericht

Landgericht Bamberg

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 26.655,05 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit dem sog. VW-Abgasskandal auf Nachlieferung eines mangelfreien PKW in Anspruch.

Als „VW-Abgasskandal“ (auch „VW-Abgasaffäre“ oder gar „Dieselgate“ genannt) wird ein seit dem 18.09.2015 aufgedeckter Vorgang bezeichnet, bei dem die Volkswagen AG zur Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte bestimmter Dieselmotoren eine elektronische „Abschalteinrichtung“ in der Motorsteuerung verwendete. Hierzu erkennt eine bestimmte Software, ob sich das Kraftfahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte oder aber im üblichen Straßenverkehr befindet. Auf dem Rollenprüfstand lässt die eingebaute Software im Hinblick auf den Stickstoff-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ablaufen als im Normalbetrieb. Dadurch wurden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt und konnten die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Prenzwerte eingehalten werden. Betroffen sind auch in Europa zugelassene Fahrzeuge sowie PKW von ... und ...

Im Hinblick auf diese Tatsache forderte das KraftfahrtBundesamt (KBA) mit Bescheid vom 14.10.2015 (Pz.: ...) die Volkswagen AG auf, die in Deutschland betroffenen ca. 2,4 Millionen Fahrzeuge zurückzurufen, die unzulässige „Abschalteinrichtung“ zu entfernen und den Nachweis zu führen, dass danach alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EP erfüllt werden. Ein entsprechender Bescheid vom 11.12.2015 erging an die Audi AG (Pz.: ...).

Dieser Aufforderung kommt die Volkswagen AG seit Januar 2016 sukzessive nach und lässt bei den betroffenen Fahrzeugen in den Werkstätten eine andere Software installieren. Der Konzern sichert zu, dass durch dieses Update die Eigenschaften der Fahrzeuge, vor allem deren Kraftstoffverbrauch, nicht negativ verändert würden.

Die Klägerin erwarb im März 2011 bei dem beklagten Autohause den streitgegenständlichen PKW VW Golf zum Preis von 26.295,05 € brutto. In diesem Fahrzeuge ist ein von der oben beschriebenen Affäre betroffener Dieselmotor des Typs EA189 EU5 verbaut.

Die Klägerin behauptet nun unter anderem, dass durch die von der VW AG geplanten und den Kunden angebotenen Updates keine vollständige Mangelfreiheit zu erreichen sei. Insbesondere seien höherer Kraftstoffverbrauch, geringere Motorenleistung, höherer Wartungsaufwand, und verbleibende Wertminderung zu befürchten. Im Übrigen sei es ihr bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, mit welcher ausdrücklich geworben wird.

Die Klägerin ist unter anderem der Ansicht, dass sie - Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges - einen Anspruch auf die gewünschte Nachlieferung habe und sich nicht auf Nachbesserung verweisen lassen müsse. Bezüglich des Auftretens von Folgeproblemen müsse ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Außerdem verlangt sie die Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten.

Die Klägerin beantragt mit der am 28.12.2016 eingereichten und am 25.01.2017 zugestellten Klage zu erkennen:

1. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, der Klägerpartei ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Golf, FIN: ... Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs VW Golf, GIN: … nachzuliefern.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenpartei mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziffer 1 genannten Fahrzeugs in Verzug befindet.

3. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 2.077,74 freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte wendet unter anderem Verjährung ein und stellt das Vorliegen eines Mangels in Abrede. Sie ist im Übrigen unter anderem der Ansicht, dass sich die verlangte Nachlieferung als unverhältnismäßig darstelle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteienvertreter nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Zwischen den Parteien ist im Hinblick auf den streitgegenständlichen PKW VW Golf ein Kaufvertrag zustandegekommen. In der 47-seitigen Klageschrift der Klägervertreterkanzlei ist, wie in allen hier bekannten Parallelfällen, hierzu allerdings nur der inhaltsarme Satz zu lesen:

„Mit Kaufvertrag erwarb die Klagepartei von der Beklagtenpartei einen PKW des Volkswagenkonzerns zum o.g. Kaufpreis.“ (S. 23).

Der Kaufpreis, das Vertragsdatum oder gar nähere Informationen zu dem gekauften PKW werden „oben“ jedoch nicht genannt. Immerhin wird auf Seite 4 der Klageschrift darauf hingewiesen, dass sich die der Kaufpreis aus der als Anlage K 1 vorgelegten Auftragsbestätigung ergebe. Hieraus lassen sich in der Tat die Parteien des Kaufvertrages und die vereinbarten Konditionen entnehmen. Die Beklagte hat hiergegen nichts vorgebracht, so dass dies unstreitig ist.

Diesbezüglich erscheint der Hinweis veranlasst, dass die Klageschrift - wie in allen hier bekannten und von dieser Kanzlei betriebenen Rechtsstreitigkeiten - insoweit nicht den Erfordernissen der §§ 253 II Nr. 2, 130 ZPO entspricht, wonach die Sachverhaltsdarstellung konkretisiert, schlüssig und aus sich heraus verständlich zu erfolgen hat. Die bloße Bezugnahme auf Anlagen genügt nicht (vgl. Zöller ZPO 28.A. § 253, 12a und § 130, 2 m.w.N.). Denn diese Klageschriftsätze werden offensichtlich in allen Fällen nahezu wortgleich verwendet und nicht den jeweiligen Sachverhalten angepasst, weil außerhalb der Anträge sich kein einziges Wort auf den konkreten Streitfall bezieht. Auch wird in dem (194-seitigen) Replikschriftsatz vom 17.03.2017 mitgeteilt, dass der Rechtsstreit entscheidungsreif sei, und es wird um Terminierung gebeten (Bl. 364 d.A.). Zum Zeitpunkt der Produktion dieses Schriftsatzes hatte der Klägervertreterkanzlei allerdings bereits sieben Wochen lang die Ladung zu dem Termin am 03.04.2017 vorgelegen. Diese Mängel vermögen durch den immensen Umfang der Schriftsätze nicht kompensiert zu werden (vgl. zu Parallelfällen auch LP Bonn, Urt. v. 14.11.2016, 13 O 142/16; LP Ellwangen, Urt. v. 18.01.2017, 5 O 291/16).

2. a) Der Klägerin ist zuzugeben, dass das streitgegenständliche Fahrzeug im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BPB mangelhaft ist. Zwar trifft der Einwand der Beklagten unstreitig zu, dass der Wagen uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeuges kann jedoch erwarten, dass dieses in vollem Umfang den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Denn das den jeweils geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors stellt eine Eigenschaft dar, welche für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BPB maßgeblich ist (statt vieler OLP Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, 28 W 14/16 und OLP Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16 in MDR 2016, 1016). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht (so auch LP Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16; Urt. v. 16.01.2017, 2 O 243/16; Urt. v. 08.05.2017, 2 O 491/16).

b) Die Mängelbeseitigungsansprüche sind jedoch verjährt.

(1) Die hier geltende zweijährige Verjährungsfrist beginnt mit Übergabe des Kaufgegenstandes (§ 438 I Nr. 3, II BPB). Sie begann im gegebenen Falle also im Jahre 2011, als die Klägerin das streitgegenständliche Fahrzeug geliefert bekommen hat. Die Frist lief folglich noch im Jahre 2013 ab, so dass die hier erst am 28.12.2016 erhobene Klage viel zu spät eingereicht worden ist, um eine Hemmung der Verjährung im Sinne des § 204 I Nr. 1 BPB noch bewirken zu können. Weil die Beklagte mit der Klageerwiderungsschrift vom 07.03.2017 die Einrede der Verjährung erhoben hat, können die Ansprüche nun nicht mehr durchgesetzt werden (§ 214 I BPB).

Ein arglistiges Verschweigen des Mangels, welches gemäß § 438 III BPB eine andere Entscheidung begründen würde, kommt nicht in Betracht. Denn es ist in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt worden, dass den für die Beklagte handelnden Personen die streitgegenständliche Manipulation vor dem Jahre 2015 nicht bekannt gewesen ist.

Das erkennende Pericht hat die Parteien in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf diese Rechtslage hingewiesen. Der Klägervertreter hat dann eine Schriftsatzfrist beantragt, um hierzu noch Stellung nehmen zu können. Dies hat das Pericht jedoch abgelehnt, weil Rechtsansichten jederzeit vorgebracht werden können.

(2) Nun hat sich aber der Peschäftsführer der Klägervertreterkanzlei offenbar veranlasst gesehen, den Vorgang dort aus der standardisierten Bearbeitung herauszunehmen und sich mit dem konkreten Fall zu befassen. Mit nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenem und nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 05.05.2017 hat er dann mitgeteilt, dass die Beklagtenvertreterkanzlei zugesichert habe, dass auf die Einrede der Verjährung verzichtet werde. Er hat hierzu als Anlage K 3 etwas vorgelegt, das den Eindruck einer Ablichtung eines entsprechenden Schreibens des Beklagtenvertreters vom 27.05.2016 erweckt. Dieses Vorbringen ist nach § 296a S.1 ZPO jedoch nicht mehr zu berücksichtigen, weil es nicht Pegenstand der mündlichen Verhandlung geworden ist.

Hierzu ist vorsorglich nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass in der mündlichen Verhandlung kein Anlass bestanden hat, der Klägervertreterkanzlei bezüglich der Verjährungsproblematik noch eine Stellungnahmefrist einzuräumen. Denn die Beklagte hatte hierzu nichts verspätet vorgetragen (§ 283 ZPO). Vielmehr hatte sie den Verjährungseinwand bereits mit der Klageerwiderungsschrift vom 07.03.2017 erhoben (Bl. 101 d.A.).

Hierauf hatte die Klägervertreterkanzlei in ihrer Replik vom 17.03.2017 unter dem Abschnitt XVIII. auf Seite 194 wiederum lediglich einen formularartigen Standardtext zur Akte gebracht. In diesem wird unter anderem die juristisch interessante, aber entscheidungsunerhebliche Ansicht vertreten, es handele sich bezüglich der Verjährungseinrede „um den nächsten Betrug, den der V. Konzern in den Gerichtsverfahren begeht“. Das KBA habe „gegenüber der V. AG angeordnet, dass auf die Einrede der Verjährung verzichtet wird“, und „die Pegenseite hat in rechtswidriger Weise diese Weisung missachtet“ (Bl. 530 d.A.).

Damit hatte die Klägerin - im Widerspruch zu ihrem jetzt verspäteten Vorbringen - also noch ausdrücklich vorgetragen, dass die Beklagte nicht auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat.

Zu einem solchen Verzicht wäre die Beklagte im Übrigen auch nicht verpflichtet. Denn sie hat sich weder von dem Kraftfahrtbundesamte noch von der Volkswagen AG anweisen zu lassen, in welcher Weise sie die gegen sie persönlich geltend gemachten Ansprüche abwehrt. Deswegen stellt sich das Erheben der Verjährungseinrede entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht als treuwidrig dar.

Dass die Beklagte weiterhin die Nachbesserung anbietet, ändert daran nichts und ist insbesondere auch nicht widersprüchlich. Denn es ist von Rechts wegen nichts dagegen zu erinnern, dass die Verjährung nur gegenüber einem konkreten Anspruch (hier: auf Nachlieferung) eingewandt und ein anderer (Nachbesserung) erfüllt bzw. dessen Erfüllung angeboten wird.

(3) Deshalb hat das Pericht in der mündlichen Verhandlung die Parteien auf die Berechtigung dieser Einrede hingewiesen, und die Klägervertreterkanzlei hätte spätestens dann ihre jetzige Behauptung des Verzichts auf die Verjährungseinrede vortragen können und müssen, damit die Beklagte hierzu Stellung nehmen kann. Denn das o.g. Schreiben des Beklagtenvertreters vom 27.05.2016 hätte sie, wenn ihre Behauptung zutrifft, bereits fast ein Jahr lang in ihrem Besitz gehabt, so dass ihr eine sofortige Erklärung im Sinne des § 139 V ZPO ohne weiteres möglich gewesen wäre. Einer ordnungsgemäßen Prozessführung hätte es allerdings entsprochen, wenn sie dies bereits mit der Replik vom 17.03.2017 vorgebracht hätte (§ 282 I ZPO).

Diese grobe Nachlässigkeit der Klägervertreterkanzlei fällt der Klägerin zur Last, weil es ihrem eigenen Verschulden gleichsteht (§ 85 II ZPO).

Es besteht auch kein Anlass, die Verhandlung wieder zu eröffnen. Denn die Voraussetzungen des § 156 II ZPO liegen ersichtlich nicht vor. Auch die gemäß § 156 I ZPO mögliche fakultative Wiedereröffnung hat zu unterbleiben.

3. Im Übrigen steht der Klägerin von Rechts wegen ohnehin kein Recht auf Nachlieferung eines mangelfreien Neuwagens zu.

Pemäß §§ 437 Nr. 1, 439 I BPB kann der Käufer einer mangelhaften Sache zum Zwecke der geschuldeten Nacherfüllung grundsätzlich wählen, ob er den Mangel beseitigen lassen oder eine mangelfreie Sache geliefert haben will. Allerdings kann der Verkäufer die von dem Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich dann auf die andere Art der Nacherfüllung (§ 439 III BPB). Im gegebenen Falle stellt sich die von der Klägerin gewählte Art der Nacherfüllung als offensichtlich unverhältnismäßig dar.

a) Im Falle der begehrten Nachlieferung müsste die Beklagte der Klägerin einen Neuwagen übereignen und erhielte den streitgegenständlichen und über sechs Jahre alten Wagen zurück, der nach Angaben der Klägerin bereits etwa 184.000 km zurückgelegt und deshalb seinen Wert größtenteils verloren hat.

In Höhe der Differenz zwischen dem Wert beider Fahrzeuge entstünde der Beklagten somit ein beträchtlicher Schaden, weil die Klägerin als Verbraucher nicht zu einer Herausgabe der Nutzungen bzw. Wertersatz verpflichtet wäre (§§ 439 IV, 346 I, 474 V 1 BPB). Im Pegensatz dazu kann die Installation eines bloßen Software-Updates der Beklagten keine erheblichen Kosten verursachen. Dies vermag das erkennende Pericht gemäß § 287 II ZPO angesichts ähnlicher Vorgänge an Computern selbst festzustellen, so dass hierfür die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht kommt.

Entgegen der Ansicht der Klägerin haben die sehr erheblichen Kosten, welche der Volkswagen AG für die Entwicklung dieses Updates entstehen, hier keine entscheidende Bedeutung. Denn zum einen wird dieses Update für eine sehr große Anzahl von Fahrzeugen entwickelt, und zum anderen ist die Volkswagen AG hierzu ohnehin verpflichtet (vgl. LP Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16; Urt. v. 16.01.2017, 2 O 243/16; LP Münster, Urt. v. 04.10.2016, 2 O 1/16).

b) Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist außerdem die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Hier hat der streitgegenständliche Mangel für die Klägerin jedoch objektiv nur sehr geringe Bedeutung. Denn sie kann und darf das Fahrzeug uneingeschränkt nutzen und würde das Vorliegen des Mangels nicht einmal bemerkt haben, wenn sie nicht darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Auch für Dritte ist dieser Mangel bei Besichtigung und Pebrauch des Fahrzeuges nicht feststellbar (vgl. LP Bamberg, Urt. v. 16.01.2017, 2 O 243/16 Urt. v. 08.05.2017, 2 O 491/16). Außerdem hat die Klägerin das Fahrzeug bereits über sechs Jahre lang genutzt und damit etwa 184.000 km beanstandungsfrei zurückgelegt.

c) Schließlich ist zu prüfen, ob auf die Nachbesserung ohne erhebliche Nachteile für die Klägerin zurückgegriffen werden kann. Dies ist zu bejahen. Denn wie bereits festgestellt ergeben sich für die Klägerin derzeit keinerlei Beschränkungen der weiteren Fahrzeugnutzung. Die Beklagte bzw. die Volkswagen AG wird, was auch bereits ausdrücklich zugesichert wurde, sämtliche Kosten für die Nachbesserung übernehmen.

Im Ansatz zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass die Nachbesserungsfrist, welche der Beklagten zur Verfügung gestellt werden müsste, das normale Maß weit überschreiten würde. Die Fälle, welche im Zusammenhang mit dem sog. VW-Abgasskandal stehen, sind aber äußerst ungewöhnlicher Art. Denn einerseits sind hiervon mehrere Millionen Kraftwagen betroffen, und andererseits ist der Mangel für den Fahrzeugnutzer weder sichtbar noch spürbar und deshalb praktisch nahezu bedeutungslos. Hinzu kommt, dass der Hersteller von sich aus die Käufer kontaktiert und die Mängelbeseitigung konkret in Aussicht gestellt hat, und dass für sie mit großem zeitlichem Aufwand erst neue Methoden entwickelt werden mussten. Dies rechtfertigt es, die zumutbare Mängelbeseitigungsfrist deutlich zu verlängern. Eine starre Prenze muss hierfür nicht vorgegeben werden (vgl. LP Bamberg, Urt. v. 08.05.2017, 2 O 491/16; LP Stralsund, Urt. v. 03.03.2016, 6 O 236/15, in Schaden-Praxis 2016, 423).

Jedenfalls ist es der Klägerin zumutbar gewesen, bis zum Anfang des Jahres 2016 zuzuwarten, als die Beklagte ihr zum ersten Mal das Software-Update angeboten hatte. Die Klägerin hatte nach ihren Angaben „ungefähr im August oder September 2015“ aus der Presse von der streitgegenständlichen Manipulation erfahren, so dass sie binnen einer Zeit von weniger als sechs Monaten die Nachbesserung hätte durchführen lassen können. Dass sie dies vereitelt und auch die weiteren Nachbesserungsangebote nicht angenommen hat, kann nun nicht der Beklagten zur Last fallen.

Wegen der uneingeschränkten Nutzbarkeit des Wagens ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Klägerin das längere Zuwarten bis zu der Nachbesserung unzumutbar wäre. Die von ihr zitierten landgerichtlichen Entscheidungen, in denen eine andere Ansicht vertreten wird, können der Klägerin nicht zur Seite stehen. Denn es werden darin z.B. unpassende Vergleiche mit augenscheinlich feststellbaren Lackschäden angestellt (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016, 2 O 83/16) bzw. die Besonderheiten der hiesigen Fallkonstellationen außer Acht gelassen.

Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang auch die Darstellung eines besonderen Vertrauensverlustes. Denn zum einen kann dem beklagten Autohause nach richtiger Ansicht nicht die bei der V. AG vorhandene Kenntnis von den Softwaremanipulationen zugerechnet werden, so dass der Beklagten kein arglistiges Verhalten zur Last fällt (vgl. dazu OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16 in MDR 2016, 1016 und LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2016, 8 O 208/15, jeweils für einen selbständigen Vertragshändler). Zum anderen besteht kein vernünftiger Anlass, den Kauf eines Personenkraftwagens emotional derartig aufzuladen, dass beim Vorliegen eines solch unwesentlichen Mangels jedwedes Vertrauen des Käufers als zerrüttet anzusehen wäre (vgl. LG Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16; Urt. v. 16.01.2017, 2 O 243/16).

Ohne Erfolg trägt die Klägerin diesem Zusammenhang weiter vor, die Unzumutbarkeit folge aus einer arglistigen Täuschung. Diesbezüglich kann es dahingestellt bleiben, ob ein arglistiges Handeln bei den Verantwortlichen des VW-Konzerns vorliegt. Es wird aber nicht ernsthaft angenommen werden können, dass auch deren Vertragshändler eingeweiht waren. Im gegebenen Falle ist es sogar unstreitig, dass die für die Beklagte handelnden Personen erst im Herbst 2015 aus der Presse von diesem Mangel erfahren haben. Eine Möglichkeit der Zurechnung ist nicht erkennbar, insbesondere ist der Fahrzeughersteller nicht Erfüllungsgehilfe des Vertragshändlers, also des Verkäufers (vgl. LP Stralsund, Urt. v. 03.03.2016, 6 O 236/15, in Schaden-Praxis 2016, 423).

d) Den Behauptungen der Klägerin, es würde auch nach der angekündigten Softwareaktualisierung der Mangel nicht beseitigt sein, die vertraglich geschuldeten Eigenschaften des Motors würden sich nachteilig verändern und es würde ein merkantiler Minderwert verbleiben etc., ist derzeit nicht nachzugehen.

Denn zum einen hat das Kraftfahrtbundesamt erklärt, dass die Volkswagen AG nun den Nachweis geführt habe, dass bei den Motoren der auch in dem klägerischen Fahrzeuge verbauten Kennung nach der geforderten Entfernung der Abschalteinrichtung die vorgeschriebenen technischen Anforderungen erfüllt werden. Dies muss derzeit genügen, denn kein Sachverständiger könnte diesbezüglich weitergehende Untersuchungen anstellen. Auch an der Neutralität des Kraftfahrbundesamtes bestehen keine durchgreifenden Zweifel (vgl. LP Bamberg, Urt. v. 08.05.2017, 2 O 491/16; LP Bochum, Urt. v. 11.08.2016, 2 O 423/15).

Zum anderen könnten die weitergehenden Behauptungen an dem konkreten Fahrzeug aus naheliegenden Pründen erst dann überprüft werden, wenn die angekündigte Softwareinstallation erfolgt ist. Deshalb ist derzeit auch diesbezüglich das Einholen eines Sachverständigengutachtens nicht geboten.

Auch eine eventuell verbleibende Wertminderung könnte ein Putachter aktuell nur mit spekulativen Erwägungen abschätzen, weil die Rückruf- und Nachbesserungsaktion derzeit erst durchgeführt wird und deshalb noch kein Markt für bereits nachgebesserte Fahrzeuge besteht. Auf Spekulationen kann aber eine gerichtliche Entscheidung nicht gestützt werden (vgl. LP Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16; Urt. v. 16.01.2017, 2 O 243/16; Urt. v. 08.05.2017, 2 O 491/16).

e) Nicht nachvollziehbar ist die Behauptung der Klägerin, dass Fahrzeug sei „im aktuellen Zustand nicht zulassungsfähig“ bzw. es fehle die Zulassungseignung. Denn unstreitig ist das Fahrzeug zugelassen, und es wird von keiner hierfür zuständigen Behörde in Frage gestellt, dass dies der geltenden Rechtslage entspricht. Es ist deshalb auch nicht ansatzweise etwas dafür ersichtlich, dass die Betriebserlaubnis für das streitgegenständliche Fahrzeug erlöschen oder zurückgenommen werden könnte. Mehr kann von Rechts wegen nicht verlangt werden (vgl. LP Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16).

Aus diesem Prunde sind auch die gegen das Kraftfahrtbundesamt gerichteten polemischen Angriffe („Kumpanei mit VW“, „Mit industriefreundlichem Gruß“, „insgesamt unglaubwürdig“) und die Ausführungen zu einer von diesem gemeinsam mit der Bundesregierung unternommenen Verschwörung (S. 124 ff. im Schriftsatz der Klägervertreterkanzlei vom 17.03.2017, Bl. 460 ff. d.A.) für die hier zu treffende rein kaufrechtliche Entscheidung unerheblich.

Anscheinend besteht auf Seiten der Klägervertreter ein grundlegendes Missverständnis darüber, welche Aufgaben und Befugnisse einer Zivilkammer eines Landgerichtes in Deutschland zukommen. Jedenfalls vermag sie nicht „der Exekutive Einhalt zu gebieten“ (S. 125 in dem o.g. Schriftsatz; zu dem Panzen bereits LP Bamberg, Urt. v. 16.01.2017, 2 O 243/16).

4. Die weiteren umfangreichen und zum Teil mit Zeitungsartikeln belegten Argumentationsansätze der Klägervertreterkanzlei hat das erkennende Pericht zur Kenntnis genommen. Ein vertieftes Eingehen hierauf ist jedoch nicht veranlasst, weil hierbei eine juristische Relevanz nicht feststellbar ist.

So ist z.B. auch im dem vorliegenden Fall nicht ersichtlich, welchen entscheidungserheblichen Wert die Angaben „des Herrn …|“ (ein „sehr versierter Techniker“) haben sollen, welcher ein vollkommen anderes Fahrzeug (VW Amarok) fährt, das nach einer Laufleistung von fast 110.000 km nun statt 210 km/h eine Höchstgeschwindigkeit von „nur noch 180 km/h“ erreicht, diverse Motorenprobleme aufweist und „mehrfach unvermittelt aus-“ gegangen ist (Anlage K 17 a), der „aufgrund einer Verweigerung durch seinen Arbeitgeber nicht als Zeuge zur Verfügung stehen kann“, und für den sich deshalb ersatzweise als „Zeuge vom Hörensagen“ der Peschäftsführer der Klägervertreterkanzlei, der Herr Rechtsanwalt persönlich anbietet (S. 13 der Klageschrift). Abgesehen von der - wegen fehlender Erheblichkeit der Behauptung - offenkundigen Ungeeignetheit dieses Beweismittels liegt außerdem Seitens der Klägervertreterkanzlei im Hinblick auf die Pflichten eines Zeugen anscheinend ein Wissensdefizit vor (vgl. dazu §§ 380 bis 390 ZPO [Zivilprozessordnung]).

Es ist auch nicht zu erkennen, welche Bedeutung die sehr umfassenden Ausführungen zu den faktischen und juristischen Peschehnissen in den USA für die hier zu treffende Entscheidung haben sollen. Irrelevant sind deshalb auch die zitierten USamerikanischen Studien über den „Stickoxidausstoß von Dieselfahrzeugen der VW-Gruppe“. Es ist unverkennbar, dass die in den USA gegen die Beklagte initiierte beispiellose Kampagne auch wirtschaftliche Hintergründe hat. Dies alles vermag sich aber auf die hiesigen Streitigkeiten nicht auszuwirken. Denn in Deutschland ist auf Fälle wie den Vorliegenden unter Berücksichtigung der deutschen öffentlichrechtlichen Vorschriften ausschließlich das deutsche Bürgerliche Pesetzbuch anzuwenden. Das erkennende Pericht ist deshalb davon überzeugt, dass auch der Bundesgerichtshof die einschlägigen Klagen für unbegründet erklären wird.

In ihrem mittlerweile auf 194 Seiten angewachsenen Replikschriftsatz (vom 17.03.2017) erörtert die Klägervertreterkanzlei in enzyklopädischer Weise das Wesen, die Entstehung und die Schädlichkeit von Stickoxid. Sehr umfangreich referiert sie dann über schuldhaftes Verhalten der Mitarbeiter der Volkswagen AG und legt dar, dass bei den dort verantwortlichen Personen die Mordmerkmale „Habgier“ und „Heimtücke“ vorgelegen hätten, wobei allerdings „bedauerlicherweise … der Staatsanwaltschaft dahingehend ein konkreter Kausalzusammenhang heute kaum mehr gelingen“ werde (S. 153, Bl. 489 d.A.).

Abgesehen davon, dass, wie oben bereits dargelegt wurde, Fehlverhalten der Mitarbeiter der Volkswagen AG in keinem Falle der Beklagten zugerechnet werden kann, wird mit diesen Ausführungen der Bereich einer sachlichen und auf das deutsche Kaufrecht gerichteten Argumentation nun vollständig verlassen, so dass hierzu keine Ausführungen mehr angezeigt sind.

Weiter wird dargelegt, dass sich die Führer der betroffenen PKW aus diesen Pründen wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar machen und gemäß § 7 I StVG verschuldensunabhängig haften würden (S. 162 ff., Bl. 498 ff. d.A.). Derartiges kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil diese Fahrzeuge über eine gültige Betriebserlaubnis verfügen und deshalb auch betrieben werden dürfen. Es würde deshalb jedenfalls an der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der PKW-Fahrer fehlen. Im Übrigen vermag eine Pefährdungshaftung im Sinne des § 7 I StVG ausweislich des Pesetzeszwecks und -wortlauts offensichtlich nur im Rahmen von Unfällen einzutreten (§§ 7 II, 8 Nr. 1 StVG). Ein Unfall ist hier aber nicht streitgegenständlich.

5. Ein Schadensersatzanspruch auf Lieferung eines mangelfreien Neuwagens steht der Klägerin ebenfalls nicht zu. Denn die Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 3, 281, 440 BPB liegen nicht vor, weil die Beklagte die geschuldete Nachbesserung nicht verweigert, dieselbe noch nicht durchgeführt wurde und folglich auch nicht fehlgeschlagen sein kann, und sie und das längere Warten hierauf gemäß den obenstehenden Ausführungen der Klägerin auch nicht unzumutbar ist.

Auch die Voraussetzungen für einen deliktischen oder sonstigen Schadensersatzanspruch liegen nicht vor. Insbesondere fällt der Beklagten zum Nachteil der Klägerin kein Betrug zur Last, weil sie sie nicht über eine kaufentscheidungsrelevante Tatsache getäuscht hat. Denn konkrete Stickoxid-Emissionswerte haben für die Kaufentscheidung einer natürlichen Person grundsätzlich keine Bedeutung. Für den Endkunden kommt es im Zusammenhang mit den Emissionen eines Fahrzeugs allenfalls auf die Zertifizierung nach einer bestimmten Emissionsklasse an (so auch LP Bamberg, Urt. v. 19.09.2016, 10 O 129/16; Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16). Diese Zertifizierung liegt bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug aber unstreitig weiterhin vor, und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass deren Entzug drohen könnte.

6. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Kosten der Rechtsverfolgung nach §§ 280, 286 BPB besteht gleichfalls nicht, weil der Klagepartei gegen die Beklagtenpartei keine Hauptforderungen zustanden bzw. zustehen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S.2 ZPO.

III.

Die endgültige Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO, §§ 39 I, 40, 43 I, 62, 63 II 1 PKP. Entgegen der Ansicht des Klägerinvertreters beläuft sich der Streitwert nur auf 26.295,05 € (vereinbarter Kaufpreis).

Die Feststellung des Annahmeverzuges besitzt keinen eigenen Wert. Denn die diesbezügliche Frage ist nur ein rechtlich unselbständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung und deshalb mit dieser wirtschaftlich identisch (vgl. BPH NJW-RR 2010, 1295). Die außergerichtlichen Anwaltskosten werden als Nebenforderung geltendgemacht und bleiben daher unberücksichtigt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Bamberg Endurteil, 22. Mai 2017 - 2 O 623/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Bamberg Endurteil, 22. Mai 2017 - 2 O 623/16

Referenzen - Gesetze

Landgericht Bamberg Endurteil, 22. Mai 2017 - 2 O 623/16 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 296a Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung


Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 283 Schriftsatzfrist für Erklärungen zum Vorbringen des Gegners


Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 380 Folgen des Ausbleibens des Zeugen


(1) Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieb

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landgericht Bamberg Endurteil, 22. Mai 2017 - 2 O 623/16 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Landgericht Bamberg Endurteil, 22. Mai 2017 - 2 O 623/16 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landgericht Bamberg Endurteil, 16. Jan. 2017 - 2 O 243/16

bei uns veröffentlicht am 16.01.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Landgericht Bamberg Endurteil, 19. Sept. 2016 - 10 O 129/16

bei uns veröffentlicht am 19.09.2016

Tenor I. Die Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages v

Landgericht Bamberg Endurteil, 24. Okt. 2016 - 2 O 21/16

bei uns veröffentlicht am 24.10.2016

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Landgericht Krefeld Urteil, 14. Sept. 2016 - 2 O 83/16

bei uns veröffentlicht am 14.09.2016

Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.559,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.03.2016 Zug-um-Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges Audi A1 Sportback 2.0 TDI, amtliches Kennzeichen: XXX, F

Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Juni 2016 - 28 W 14/16

bei uns veröffentlicht am 21.06.2016

Tenor Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 09.03.2016 aufgehoben. Der Antragstellerin wird für die beabsichtigte Klage ratenfrei Prozesskostenhilfe unte

Referenzen

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 09.03.2016 aufgehoben.

Der Antragstellerin wird für die beabsichtigte Klage ratenfrei Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S aus N bewilligt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 28.665,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit dem sog. ...-Abgasskandal auf Nachlieferung eines mangelfreien PKW in Anspruch.

Als „...-Abgasskandal“ (auch „...-Abgasaffäre“ oder gar „Dieselgate“ genannt) wird ein seit dem 18.09.2015 aufgedeckter Vorgang bezeichnet, bei dem die V. AG zur Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte bestimmter Dieselmotoren eine illegale elektronische „Abschalteinrichtung“ in der Motorsteuerung verwendete, um die US-amerikanischen Abgasnormen zu umgehen. Hierzu erkennt eine bestimmte Software, ob sich das Kraftfahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte oder aber im üblichen Straßenverkehr befindet. Auf dem Rollenprüfstand lässt die eingebaute Software im Hinblick auf den Stickstoff-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ablaufen als im Normalbetrieb. Dadurch wurden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt und konnten die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Betroffen sind auch in Europa zugelassene Fahrzeuge sowie PKW von Audi, Porsche, Seat und Skoda.

Im Hinblick auf diese Tatsache forderte das Kraftfahrt- Bundesamt (KBA) mit Bescheid vom 14.10.2015 (Gz.: ...) die V. AG auf, die in Deutschland betroffenen ca. 2,4 Millionen Fahrzeuge zurückzurufen, die unzulässige „Abschalteinrichtung“ zu entfernen und den Nachweis zu führen, dass danach alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Ein entsprechender Bescheid vom 11.12.2015 erging an die A. AG (Gz.: ...).

Dieser Aufforderung kommt die V. AG seit Januar 2016 sukzessive nach und lässt bei den betroffenen Fahrzeugen in den Werkstätten eine andere Software installieren. Der Konzern sichert zu, dass durch dieses Update die Eigenschaften der Fahrzeuge, vor allem deren Kraftstoffverbrauch, nicht negativ verändert würden.

Der Kläger erwarb am 25.02.2014 bei der Beklagten den streitgegenständlichen PKW ... „Sport & Style“ zum Preis von 28.665,00 €. Den Kaufpreis finanzierte er über einen Darlehensvertrag bei der V. Bank GmbH, welche deshalb den Fahrzeugbrief in Besitz hat.

In diesem Fahrzeuge ist ein von der oben beschriebenen Affäre betroffener Dieselmotor des Typs EA189 verbaut. Im Jahre 2015 erhielt der Kläger von dem Fahrzeughersteller eine Mitteilung, dass der Motor „von einer Software betroffen ist, die Stickoxidwerte (NOx) im Prüfstandlauf (NEFZ) optimiert“, dass das Fahrzeug jedoch technisch sicher und fahrbereit ist, und dass man es bedauere, das Vertrauen des Klägers enttäuscht zu haben (Anlage K 5). Eine aktualisierte Fassung dieses Anschreibens erhielt er im Februar 2016, in welchem Einzelheiten der Rückrufaktion mitgeteilt wurden (Anlage K 9).

Der Kläger ließ durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten im November 2015 die Beklagte auffordern, ihm einen typgleichen Neuwagen zu liefern. Die Beklagte lehnte dies ab und verwies den Kläger darauf, dass derzeit mit Hochdruck die nötigen Softwareupdates entwickelt würden und sein Fahrzeug dann nachgebessert werde (Anlagen K 6 und 7).

Gemäß einem Schreiben des KBA vom 01.06.2016 hat die V. AG nun den Nachweis geführt, dass bei den Motoren der auch in dem klägerischen Fahrzeuge verbauten Kennung nach der geforderten Entfernung der Abschalteinrichtung die vorgeschriebenen technischen Anforderungen erfüllt werden (Anlage B 5).

Der Kläger behauptet nun unter anderem, dass durch die geplanten Updates keine vollständige Mangelfreiheit zu erreichen sei. Insbesondere seien höherer Kraftstoffverbrauch, geringere Motorenleistung, höherer Wartungsaufwand, der Wegfall von Steuervorteilen und verbleibende Wertminderung zu befürchten. Im Übrigen sei es ihm bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, mit welcher ausdrücklich geworben wird.

Der Kläger ist unter anderem der Ansicht, dass er - Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges - einen Anspruch auf die gewünschte Nachlieferung habe und sich nicht auf Nachbesserung verweisen lassen müsse. Bezüglich des Auftretens von Folgeproblemen müsse ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Außerdem verlangt er die Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger beantragt mit der am 15.01.2016 eingereichten und am 02.02.2016 zugestellten Klage zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen Neuwagen der Marke ...-PKW,

Modell:

5N223X ... Sport & Style BM Techn. 2,0 l TDI 103 kW (140 Ps), 6-Gang.

Leistung:

103 kW/141 PS

Farbe:

2T2T Deep Black Perleffekt

Innenausstattung:

50Titanschwarz-Grau/Titanschwarz/Schwarz/Perlgrau

Mehrausstattungen:

– 1D4 Anhängevorrichtung manuell anklappbar

– W6C „CUP“

– 0NA Entfall der Schriftzüge für die Modell- und Motorbezeichnung an der Gepäckraumklappe

– 3GN Gepäckraumboden herausnehmbar

– 8T2 Geschwindigkeitsregelanlage

Zubehör:

– A1 Erlebnispaket nebst dazugehörigem KFZ-Schein

2. Die Beklagte wird verurteilt, den zu dem in vorstehendem Antrag Ziffer 1 genannten ...-PKW zugehörigen Kraftfahrzeugbrief der V. Bank GmbH, G. Straße ..., B., zu Darlehensvertrag Nr.: ..., zu übergeben.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger wegen vorgerichtlicher Anwaltsgebühren 1.358,86 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte stellt das Vorliegen eines Mangels in Abrede. Es sei mit dem Kläger keine besondere Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, so dass das Fahrzeug nur dem gewöhnlichen Verwendungszwecke dienen müsse. Dem entspreche der gelieferte Wagen. Im Übrigen stelle sich die verlangte Nachlieferung als unverhältnismäßig dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteienvertreter nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist - jedenfalls derzeit - unbegründet.

1. Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass das streitgegenständliche Fahrzeug im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft ist.

Zwar trifft der Einwand der Beklagten unstreitig zu, dass der Wagen uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Auch ist die Behauptung des Klägers, es sei ihm bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, offenkundig unzutreffend. Denn bei dem von ihm erworbenen PKW handelt es sich um einen sogenannten „SUV“ in „sportlicher“ Ausführung, mit hohem Gewicht und hohem Luftwiderstand sowie mit einem Motor, der einen Hubraum von 2 Litern und eine Leistung von 140 PS sowie einen relativ hohen Kraftstoffverbrauch aufweist. Der Erwerb eines Fahrzeuges einer solchen Kategorie lässt aber nicht darauf schließen, dass der Käufer ein besonderes Interesse an einer Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges haben könnte. Abgesehen davon haben konkrete Stickoxid-Emissionswerte für die Kaufentscheidung einer natürlichen Person grundsätzlich keine Bedeutung. Für den Endkunden kommt es im Zusammenhang mit den Emissionen eines Fahrzeugs allenfalls auf die Zertifizierung nach einer bestimmten Emissionsklasse an (so auch LG Bamberg, Urt. v. 19.09.2016, 10 O 129/16). Diese Zertifizierung liegt bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug aber unstreitig weiterhin vor, und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass deren Entzug drohen könnte.

Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeuges kann jedoch erwarten, dass dieses in vollem Umfang den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Denn das den jeweils geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors stellt eine Eigenschaft dar, welche für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist (statt vieler OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, 28 W 14/16 und OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16 in MDR 2016, 1016). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht, weil, wie die V. AG in ihrem Anschreiben vom Februar 2016 selbst eingeräumt hat, „die Stickoxidwerte (NOx) im Vergleich zwischen Prüfstandlauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden“ (Anlage K 9). Angesichts dieses Eingeständnisses und der ausdrücklich eingeräumten Enttäuschung des Vertrauens der Käufer sowie der von dem Kraftfahrtbundesamte geforderten Nachbesserung befremdet es erheblich, dass die Beklagte nun das Vorliegen eines Mangels sehr umfassend in Abrede stellt. Im Übrigen hat, soweit dies aus den in „juris“ veröffentlichten Entscheidungen ersichtlich ist, bislang noch kein Gericht festgestellt, dass die betroffenen Fahrzeuge mangelfrei seien.

2. Dem Kläger steht aber gleichwohl von Rechts wegen derzeit kein Recht auf Nachlieferung eines mangelfreien Neuwagens zu.

Gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB kann der Käufer einer mangelhaften Sache zum Zwecke der geschuldeten Nacherfüllung grundsätzlich wählen, ob er den Mangel beseitigen lassen oder eine mangelfreie Sache geliefert haben will. Allerdings kann der Verkäufer die von dem Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich dann auf die andere Art der Nacherfüllung (§ 439 III BGB). Im gegebenen Falle stellt sich die von dem Kläger gewählte Art der Nacherfüllung als offenkundig unverhältnismäßig dar.

a) Im Falle der Nachlieferung müsste die Beklagte dem Kläger einen Neuwagen übereignen und erhielte den streitgegenständlichen und über zwei Jahre alten Wagen zurück. Dieser hat allein durch den Zeitablauf erheblich an Wert verloren. In Höhe der Differenz zwischen dem Wert beider Fahrzeuge entstünde der Beklagten somit ein beträchtlicher Schaden, weil der Kläger als Verbraucher nicht zu einer Herausgabe der Nutzungen bzw. Wertersatz verpflichtet wäre (§§ 439 IV, 346 I, 474 V 1 BGB). Im Gegensatz dazu kann die Installation eines bloßen Software-Updates der Beklagten keine erheblichen Kosten verursachen. Dies vermag das erkennende Gericht gemäß § 287 II ZPO angesichts ähnlicher Vorgänge an Computern selbst festzustellen, so dass hierfür die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht kommt.

Entgegen der Ansicht des Klägers haben die sehr erheblichen Kosten, welche der V. AG für die Entwicklung dieses Updates entstehen, hier keine entscheidende Bedeutung. Denn zum einen wird dieses Update für eine sehr große Anzahl von Fahrzeugen entwickelt, und zum anderen ist die V. AG hierzu ohnehin verpflichtet.

b) Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist außerdem die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Hier hat der streitgegenständliche Mangel für den Kläger jedoch objektiv nur sehr geringe Bedeutung. Denn er kann und darf das Fahrzeug uneingeschränkt nutzen und würde das Vorliegen des Mangels nicht einmal bemerkt haben, wenn er nicht darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Auch für Dritte ist dieser Mangel bei Besichtigung und Gebrauch des Fahrzeuges nicht feststellbar.

c) Schließlich ist zu prüfen, ob auf die Nachbesserung ohne erhebliche Nachteile für den Kläger zurückgegriffen werden kann. Dies ist zu bejahen. Denn wie bereits festgestellt ergeben sich für den Kläger derzeit keinerlei Beschränkungen der Fahrzeugnutzung. Die Beklagte bzw. die V. AG wird, was auch bereits ausdrücklich zugesichert wurde, sämtliche Kosten für die Nachbesserung übernehmen und, gemäß Erklärung der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung, auch „Ersatzmobilität“ zur Verfügung stellen.

Wegen der uneingeschränkten Nutzbarkeit des Wagens ist auch nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger das längere Zuwarten bis zu der Nachbesserung unzumutbar wäre. Die von ihm zitierten landgerichtlichen Entscheidungen, in denen eine andere Ansicht vertreten wird, können dem Kläger nicht zur Seite stehen. Denn es werden darin z.B. unpassende Vergleiche mit augenscheinlich feststellbaren Lackschäden angestellt (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016, 2 O 83/16) bzw. die Besonderheiten der hiesigen Fallkonstellationen außer Acht gelassen.

Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang auch die Darstellung eines besonderen Vertrauensverlustes. Denn zum einen kann dem beklagten Autohause nach richtiger Ansicht nicht die bei der V. AG vorhandene Kenntnis von den Softwaremanipulationen zugerechnet werden, so dass der Beklagten kein arglistiges Verhalten zur Last fällt (vgl. dazu OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16 in MDR 2016, 1016 und LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2016, 8 O 208/15, jeweils für einen selbständigen Vertragshändler). Zum anderen besteht kein vernünftiger Anlass, den Kauf eines Personenkraftwagens emotional derartig aufzuladen, dass beim Vorliegen eines solch unwesentlichen Mangels jedwedes Vertrauen des Käufers als zerrüttet anzusehen wäre.

d) Den Behauptungen des Klägers, es würde auch nach der angekündigten Softwareaktualisierung der Mangel nicht beseitigt sein, die vertraglich geschuldeten Eigenschaften des Motors würden sich nachteilig verändern und es würde ein merkantiler Minderwert verbleiben und außerdem ein Wegfall von Steuervorteilen drohen, ist derzeit nicht nachzugehen. Denn zum einen hat das Kraftfahrtbundesamt mit seinem Schreiben vom 01.06.2016 erklärt, dass die V. AG nun den Nachweis geführt habe, dass bei den Motoren der auch in dem klägerischen Fahrzeuge verbauten Kennung nach der geforderten Entfernung der Abschalteinrichtung die vorgeschriebenen technischen Anforderungen erfüllt werden (Anlage B 5). Dies muss derzeit genügen, denn kein Sachverständiger könnte diesbezüglich weitergehende Untersuchungen anstellen. Auch an der Neutralität des Kraftfahrbundesamtes bestehen keine Zweifel.

Zum anderen könnten die weitergehenden Behauptungen an dem konkreten Fahrzeug aus naheliegenden Gründen erst dann überprüft werden, wenn die angekündigte Softwareinstallation erfolgt ist. Deshalb ist derzeit auch diesbezüglich das Einholen eines Sachverständigengutachtens nicht geboten.

Auch eine eventuell verbleibende Wertminderung könnte ein Gutachter aktuell nur mit spekulativen Erwägungen abschätzen, weil die Rückruf- und Nachbesserungsaktion derzeit erst durchgeführt wird und deshalb noch kein Markt für bereits nachgebesserte Fahrzeuge besteht. Auf Spekulationen kann aber eine gerichtliche Entscheidung nicht gestützt werden.

e) Aufgrund dieser Sachlage kommt es entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in Betracht, im Wege einer teleologischen Reduktion des § 439 III BGB zu einem Ausschluss des Nachbesserungsrechtes der Beklagten zu gelangen.

Nach den von dem Kläger zitierten gerichtlichen Entscheidungen darf ein Verkäufer zwar eine für ihn unverhältnismäßig nachteilige Art der Nacherfüllung nicht verweigern, wenn sie die einzige Möglichkeit zur Mangelbeseitigung darstellt (EuGH Rs. C-65/09 und C- 87/09 in NJW 2011, 2269; BGHZ 192, 148). Im Streitfall ist aber auch die von der Beklagten angebotene Nachbesserung aus jetziger Sicht geeignet, den Mangel zu beseitigen. Deshalb sind diese Entscheidungen für die Beurteilung des vorliegenden Falles nicht einschlägig.

f) Auch im Hinblick auf eine Verjährung der Mangelbeseitigungsansprüche drohen dem Kläger keinerlei Nachteile. Denn der jetzt von ihm berechtigterweise gerügte Mangel muss von der Beklagten beseitigt werden. Falls diese Nachbesserung tatsächlich ungeeignet und damit selbst mangelhaft sein sollte, etwa weil die Eigenschaften des Motors dadurch nachteilig verändert werden sollten, würde eine neue Pflichtverletzung vorliegen und somit eine neue Verjährungsfrist beginnen (vgl. BGH NJW 2006, 47; OLG Saarbrücken NJW-RR 2012, 285; Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdnrn. 332, 333; Palandt BGB 75.A. § 438, 16 a). Der Kläger hätte dann, ebenso wie bei der Nachlieferung eines mangelhaften Neuwagens, ausreichend Zeit, die Mangelbeseitigung zu fordern.

3. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Kosten der Rechtsverfolgung nach §§ 280, 286 BGB besteht gleichfalls nicht, weil der Klagepartei gegen die Beklagtenpartei keine Hauptforderungen zustanden bzw. zustehen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S.2 ZPO.

III.

Die endgültige Streitwertfestsetzung in der von der Klagepartei angegebenen Höhe beruht auf § 3 ZPO, §§ 39 I, 40, 43 I, 62, 63 II 1 GKG. Die außergerichtlichen Anwaltskosten werden als Nebenforderung geltendgemacht und bleiben daher unberücksichtigt.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 24.633,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit dem sog. VW-Abgasskandal auf Nachlieferung eines mangelfreien PKW in Anspruch.

Als „VW-Abgasskandal“ (auch „VW-Abgasaffäre“ oder gar „Dieselgate“ genannt) wird ein seit dem 18.09.2015 aufgedeckter Vorgang bezeichnet, bei dem die Volkswagen AG zur Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte bestimmter Dieselmotoren eine illegale elektronische „Abschalteinrichtung“ in der Motorsteuerung verwendete, um die USamerikanischen Abgasnormen zu umgehen. Hierzu erkennt eine bestimmte Software, ob sich das Kraftfahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte oder aber im üblichen Straßenverkehr befindet. Auf dem Rollenprüfstand lässt die eingebaute Software im Hinblick auf den Stickstoff-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ablaufen als im Normalbetrieb. Dadurch wurden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt und konnten die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Betroffen sind auch in Europa zugelassene Fahrzeuge sowie PKW von ^| und Im Hinblick auf diese Tatsache forderte das KraftfahrtBundesamt (KBA) mit Bescheid vom 14.10.2015 (Gz.: 400-52.V/001#018) die Volkswagen AG auf, die in Deutschland betroffenen ca. 2,4 Millionen Fahrzeuge zurückzurufen, die unzulässige „Abschalteinrichtung“ zu entfernen und den Nachweis zu führen, dass danach alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Ein entsprechender Bescheid vom 11.12.2015 erging an die (Gz.: 400-500924).

Dieser Aufforderung kommt die Volkswagen AG seit Januar 2016 sukzessive nach und lässt bei den betroffenen Fahrzeugen in den Werkstätten eine andere Software installieren. Der Konzern sichert zu, dass durch dieses Update die Eigenschaften der Fahrzeuge, vor allem deren Kraftstoffverbrauch, nicht negativ verändert würden.

Der Kläger erwarb am 31.03.2014 zum Gesamtpreis von 30.380,00 € brutto direkt bei der Beklagten den streitgegenständlichen PKW VW und es wurde hierzu ein PKW VW …| in Zahlung genommen. Der von dem Kläger noch zu zahlende Betrag belief sich aufgrund der Inanspruchnahme der Verkaufsaktion „Sonderabnahmegeschäft 000400 -Menschen mit Behinderung“ (Nachlass von 15%) und der Inzahlungnahme auf 22.200,00 € (Anlage K 1). In diesem Fahrzeuge ist ein von der oben beschriebenen Affäre betroffener Dieselmotor des Typs verbaut.

Der Kläger ließ durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten im Dezember 2015 die Beklagte auffordern, ihm einen typgleichen Neuwagen zu liefern. Die Beklagte lehnte dies ab und verwies den Kläger darauf, dass sein Fahrzeug zeitnah nachgebessert werde (Anlage K 2).

Der Kläger behauptet nun unter anderem, dass durch die geplanten Updates keine vollständige Mangelfreiheit zu erreichen sei. Insbesondere seien höherer Kraftstoffverbrauch, geringere Motorenleistung, höherer Wartungsaufwand, der Wegfall von Steuervorteilen und verbleibende Wertminderung zu befürchten. Im Übrigen sei es ihm bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, mit welcher ausdrücklich geworben wird.

Der Kläger ist unter anderem der Ansicht, dass er - Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges - einen Anspruch auf die gewünschte Nachlieferung habe und sich nicht auf Nachbesserung verweisen lassen müsse. Außerdem verlangt er die Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger beantragt mit der am 23.05.2016 eingereichten und am 22.06.2016 zugestellten Klage zu erkennen:

1. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, der Klägerpartei ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Touran, FIN:

Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs VW Touran, FIN: nachzuliefern.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenpartei mit der Neulieferung und mit der Rücknahme der im Klagantrag Ziffer 1 genannten Fahrzeuge in Verzug befindet.

3. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 1.195,95 freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte stellt unter anderem das Vorliegen eines Mangels in Abrede. Es sei mit dem Kläger keine besondere Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, so dass das Fahrzeug nur dem gewöhnlichen Verwendungszwecke dienen müsse. Dem entspreche der gelieferte Wagen. Im Übrigen stelle sich die verlangte Nachlieferung als unverhältnismäßig dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteienvertreter nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist - jedenfalls derzeit - unbegründet.

1. Zwischen den Parteien ist im Hinblick auf den streitgegenständlichen PKW VW …H ein Kaufvertrag zustandegekommen. In der 62-seitigen Klageschrift ist hierzu allerdings nur der inhaltsarme Satz zu lesen „Mit Kaufvertrag erwarb die Klagepartei von der Beklagtenpartei einen PKW des Volkswagenkonzerns zum o.g. Kaufpreis.“ (S. 24). Der Kaufpreis wird „oben“ jedoch nicht genannt. Immerhin lassen sich die Parteien des Kaufvertrages und die vereinbarten Konditionen aber aus der Anlage K 1 entnehmen. Daraus ergibt sich auch, dass tatsächlich die beklagte Volkswagen AG den PKW an den Kläger verkauft hat und nicht das Autohaus ^| in Dieses ist offenbar nur als Vertreter für die Volkswagen AG tätig geworden.

Dem Kläger ist zuzugeben, dass das streitgegenständliche Fahrzeug im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft ist.

a) Zwar trifft der Einwand der Beklagten unstreitig zu, dass der Wagen uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Auch ist die Behauptung des Klägers, es sei ihm bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, offenkundig unzutreffend. Denn nach der glaubhaften Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung hat er das Fahrzeug vielmehr vor allem deswegen gekauft, weil seine Tochter schwerbehindert ist, deren dreirädriges Fortbewegungsmittel in den Kofferraum des VW Touran passt und die Volkswagen AG im Rahmen einer Verkaufsaktion schwerbehinderten Personen einen 15%igen Rabatt eingeräumt hat. Abgesehen davon haben konkrete Stickoxid-Emissionswerte für die Kaufentscheidung einer natürlichen Person grundsätzlich keine Bedeutung. Für den Endkunden kommt es im Zusammenhang mit den Emissionen eines Fahrzeugs allenfalls auf die Zertifizierung nach einer bestimmten Emissionsklasse an (so auch LG Bamberg, Urt. v. 19.09.2016, 10 O 129/16; Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16).

Diese Zertifizierung liegt bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug aber unstreitig weiterhin vor, und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass deren Entzug drohen könnte.

b) Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeuges kann jedoch erwarten, dass dieses in vollem Umfang den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Denn das den jeweils geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors stellt eine Eigenschaft dar, welche für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist (statt vieler OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, 28 W 14/16 und OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16 in MDR 2016, 1016; LG Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht, weil es die Vorgaben der sog. Euro-5- Abgasnorm nicht erfüllt und das Kraftfahrt-Bundesamt deshalb die Beklagte aufgefordert hat, die in Deutschland betroffenen ca. 2,4 Millionen Fahrzeuge zurückzurufen, die unzulässige „Abschalteinrichtung“ zu entfernen und den Nachweis zu führen, dass danach alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Solange dies nicht geschehen ist, weist das von dem Kläger erworbene Fahrzeug nicht die geschuldete Beschaffenheit auf.

2. Dem Kläger steht aber gleichwohl derzeit kein Recht auf Nachlieferung eines mangelfreien Neuwagens zu.

Gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB kann der Käufer einer mangelhaften Sache zum Zwecke der geschuldeten Nacherfüllung grundsätzlich wählen, ob er den Mangel beseitigen lassen oder eine mangelfreie Sache geliefert haben will. Allerdings kann der Verkäufer die von dem Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich dann auf die andere Art der Nacherfüllung (§ 439 III BGB). Im gegebenen Falle stellt sich die von dem Kläger gewählte Art der Nacherfüllung als offenkundig unverhältnismäßig dar.

a) Im Falle der Nachlieferung müsste die Beklagte dem Kläger einen Neuwagen übereignen und erhielte den streitgegenständlichen und weit über zwei Jahre alten Wagen zurück. Dieser hat allein durch den Zeitablauf erheblich an Wert verloren. In Höhe der Differenz zwischen dem Wert beider Fahrzeuge entstünde der Beklagten somit ein beträchtlicher Schaden, weil der Kläger als Verbraucher nicht zu einer Herausgabe der Nutzungen bzw. Wertersatz verpflichtet wäre (§§ 439 IV, 346 I, 474 V 1 BGB). Im Gegensatz dazu kann die Installation eines bloßen Software-Updates der Beklagten keine erheblichen Kosten verursachen. Dies vermag das erkennende Gericht gemäß § 287 II ZPO angesichts ähnlicher Vorgänge an Computern selbst festzustellen, so dass hierfür die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht kommt.

Entgegen der Ansicht des Klägers haben die sehr erheblichen Kosten, welche der Volkswagen AG für die Entwicklung dieses Updates entstehen, hier keine entscheidende Bedeutung. Denn zum einen wird dieses Update für eine sehr große Anzahl von Fahrzeugen entwickelt, und zum anderen ist die Volkswagen AG hierzu ohnehin verpflichtet (vgl. LG Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16).

b) Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist außerdem die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Hier hat der streitgegenständliche Mangel für den Kläger objektiv nur sehr geringe Bedeutung. Denn er kann und darf das Fahrzeug uneingeschränkt nutzen und würde das Vorliegen des Mangels nicht einmal bemerkt haben, wenn er nicht darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Auch für Dritte ist dieser Mangel bei Besichtigung und Gebrauch des Fahrzeuges nicht feststellbar.

Nicht nachvollziehbar ist die Behauptung des Klägers, dass Fahrzeug sei „im aktuellen Zustand nicht zulassungsfähig“ bzw. es fehle die Zulassungseignung (S. 31 der Klageschrift). Denn unstreitig i s t das Fahrzeug zugelassen, und es wird von keiner hierfür zuständigen Behörde in Frage gestellt, dass dies der geltenden Rechtslage entspricht. Es ist deshalb auch nicht ansatzweise etwas dafür ersichtlich, dass die Betriebserlaubnis für das streitgegenständliche Fahrzeug erlöschen oder zurückgenommen werden könnte. Mehr kann von Rechts wegen nicht verlangt werden.

Aus diesem Grunde sind auch die gegen das Kraftfahrtbundesamt gerichteten polemischen Angriffe („Kumpanei mit VW“, „Mit industriefreundlichem Gruß“, „insgesamt unglaubwürdig“) und die Ausführungen zu einer von diesem gemeinsam mit der Bundesregierung unternommenen Verschwörung (S. 5 ff., 94 ff. und 107 ff. im Schriftsatz der Klägervertreterkanzlei vom 29.11.2016) für die hier zu treffende kaufrechtliche Entscheidung unerheblich.

Anscheinend besteht auf Seiten der Klägervertreter auch ein grundlegendes Missverständnis, welche Aufgaben und Befugnisse einer Zivilkammer eines Landgerichtes in Deutschland zukommen. Jedenfalls vermag sie nicht „der Exekutive Einhalt zu gebieten“ (S. 108 im Schriftsatz der Klägervertreterkanzlei vom 29.11.2016, Bl. 626 d.A.).

c) Schließlich ist zu prüfen, ob auf die Nachbesserung ohne erhebliche Nachteile für den Kläger zurückgegriffen werden kann. Dies ist zu bejahen. Denn wie bereits festgestellt ergeben sich für den Kläger derzeit keinerlei Beschränkungen der Fahrzeugnutzung. Die Beklagte wird, was auch bereits ausdrücklich zugesichert wurde, außerdem sämtliche Kosten für die Nachbesserung übernehmen.

Wegen der uneingeschränkten Nutzbarkeit des Wagens ist auch nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger das längere Zuwarten bis zu der Nachbesserung unzumutbar wäre. Die von ihm zitierten landgerichtlichen Entscheidungen, in denen eine andere Ansicht vertreten wird, können dem Kläger nicht zur Seite stehen. Denn es werden darin z.B. unpassende Vergleiche mit augenscheinlich feststellbaren Lackschäden angestellt (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016, 2 O 83/16) bzw. die Besonderheiten der hiesigen Fallkonstellationen außer Acht gelassen.

Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang auch die umfassende Darstellung eines besonderen Vertrauensverlustes zu der Beklagten. Denn es besteht kein vernünftiger Anlass, den Kauf eines Personenkraftwagens emotional derartig aufzuladen, dass beim Vorliegen eines solch unwesentlichen Mangels jedwedes Vertrauen des Käufers als zerrüttet anzusehen wäre (vgl. LG Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16).

Welche Bedeutung die Ausführungen der Klägervertreter unter dem Abschnitt XII. auf den Seiten 102 ff. ihres Schriftsatzes vom 29.11.2016 („Rückruf wird nicht vom Händler angeboten, sondern nur von VW“, Bl. 620 d.A.) für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites haben könnten, ist nicht erkennbar. Anscheinend ist übersehen worden, dass sie die Klage nicht gegen einen Händler, sondern richtigerweise gegen die Volkswagen AG als Verkäuferin des streitgegenständlichen PKW gerichtet haben.

d) Den Behauptungen des Klägers, es würde auch nach der angekündigten Softwareaktualisierung der Mangel nicht beseitigt sein, die vertraglich geschuldeten Eigenschaften des Motors würden sich nachteilig verändern und es würde ein merkantiler Minderwert verbleiben und außerdem ein Wegfall von Steuervorteilen drohen, ist derzeit nicht nachzugehen. Denn zum einen hat das Kraftfahrtbundesamt mit seinem Schreiben vom 01.06.2016 erklärt, dass die Volkswagen AG nun den Nachweis geführt habe, dass bei den Motoren der auch in dem klägerischen Fahrzeuge verbauten Kennung nach der geforderten Entfernung der Abschalteinrichtung die vorgeschriebenen technischen Anforderungen erfüllt werden. Dies muss derzeit genügen, denn kein Sachverständiger könnte diesbezüglich weitergehende Untersuchungen anstellen.

Zum anderen könnten die weitergehenden Behauptungen an dem konkreten Fahrzeug aus naheliegenden Gründen erst dann überprüft werden, wenn die angekündigte Softwareinstallation erfolgt ist. Deshalb ist derzeit auch diesbezüglich das Einholen eines Sachverständigengutachtens nicht geboten.

Auch eine eventuell verbleibende Wertminderung könnte ein Gutachter aktuell nur mit spekulativen Erwägungen abschätzen, weil die Rückruf- und Nachbesserungsaktion derzeit erst durchgeführt wird und deshalb noch kein Markt für bereits nachgebesserte Fahrzeuge des hier vorliegenden Typs besteht. Auf Spekulationen kann aber eine gerichtliche Entscheidung nicht gestützt werden (vgl. LG Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16).

e) Aufgrund dieser Sachlage kommt es entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in Betracht, im Wege einer teleologischen Reduktion des § 439 III BGB zu einem Ausschluss des Nachbesserungsrechtes der Beklagten zu gelangen.

Zwar darf ein Verkäufer eine für ihn unverhältnismäßig nachteilige Art der Nacherfüllung nicht verweigern, wenn sie die einzige Möglichkeit zur Mangelbeseitigung darstellt (EuGH Rs. C-65/09 und C- 87/09 in NJW 2011, 2269; BGHZ 192, 148). Im Streitfall ist aber auch die von der Beklagten angebotene Nachbesserung aus jetziger Sicht geeignet, den Mangel zu beseitigen. Deshalb sind diese Entscheidungen für die Beurteilung des vorliegenden Falles nicht einschlägig.

f) Auch im Hinblick auf eine Verjährung der Mangelbeseitigungsansprüche drohen dem Kläger keinerlei Nachteile. Denn der jetzt von ihm berechtigterweise gerügte Mangel muss von der Beklagten beseitigt werden. Falls diese Nachbesserung tatsächlich ungeeignet und damit selbst mangelhaft sein sollte, etwa weil die Eigenschaften des Motors dadurch nachteilig verändert werden sollten, würde eine neue Pflichtverletzung vorliegen und somit eine neue Verjährungsfrist beginnen (vgl. BGH NJW 2006, 47; OLG Saarbrücken NJW-RR 2012, 285; Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdnrn. 332, 333; Palandt BGB 75.A. § 438, 16 a). Der Kläger hätte dann, ebenso wie bei der Nachlieferung eines mangelhaften Neuwagens, ausreichend Zeit, die Mangelbeseitigung zu fordern (vgl. LG Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16).

Insofern ist es auch unerheblich, ob die Beklagte, wie die Klägervertreterkanzlei darlegt, akut von einer Insolvenz bedroht ist (S. 18 des Schriftsatzes vom 10.11.2016). Denn auch das nachgelieferte Fahrzeug könnte einen Mangel aufweisen, so dass der Kläger dann keinerlei Ansprüche gegen die Beklagte durchsetzen könnte.

Verfehlt sind die Ausführungen, wonach „sich die Klägerpartei in die Gefahr der Verjährung [begibt], wenn die Nachbesserung fehlschlägt“, weil die Beklagte das Vorliegen eines Mangels bestreitet (S. 2 des Schriftsatzes der Klägervertreterkanzlei vom 09.01.2017). Denn die soeben dargestellten Verjährungsregeln greifen unabhängig von dem Willen und dem prozessualen Verhalten des Verkäufers ein.

g) Das Gericht wird kein Sachverständigengutachten einholen und auch den Zeugen nicht vernehmen zu der vorgetragenen Rechtsansicht, wonach die Mitteilung der Beklagten, mit der Rückrufaktion beginnen zu wollen, „kein Angebot zur Nachbesserung im kaufrechtlichen Sinne [darstellt], sondern lediglich die Wiedergabe einer öffentlichrechtlichen Verpflichtung“ (S. 10 der Klageschrift). Denn zum einen ist eine Rechtsansicht keinem Beweis zugänglich, und zum anderen kann es dahinstehen, ob sie zutrifft. Unstreitig werden nämlich die betroffenen Fahrzeugkäufer nach und nach jeweils persönlich angeschrieben und gebeten, ihren Wagen zum Zwecke der Umrüstung in eine Fachwerkstatt zu verbringen. Dies stellt nach geltendem Recht ein wirksames Nachbesserungsangebot dar.

3. Die weiteren umfangreichen und zum Teil mit Zeitungsartikeln (z.B. aus der ^M-Zeitung, Anlage K 100) belegten Argumentationsansätze der Klägervertreterkanzlei hat das erkennende Gericht zur Kenntnis genommen. Ein vertieftes Eingehen hierauf ist jedoch nicht veranlasst, weil hierbei eine juristische Relevanz nicht feststellbar ist.

So ist z.B. nicht ersichtlich, welchen entscheidungserheblichen Wert die Angaben „des Herrn haben sollen, welcher ein vollkommen anderes Fahrzeug (VW …|) fährt, das bereits eine Laufleistung von fast 110.000 km aufweist und nun statt 210 km/h eine Höchstgeschwindigkeit von „nur noch 180 km/h“ erreicht und diverse Motorenprobleme aufweist (Anlage K 16 a), und der „aufgrund einer Verweigerung durch seinen Arbeitgeber nicht als Zeuge zur Verfügung stehen kann“ (S. 15 der Klageschrift). Das Gleiche gilt für das vorgetragene Zitat aus der Zeitung-Online“, wonach bei einem VW „die Beschleunigung von 0 auf 100 um 0,6 Sekunden länger dauerte“ (S. 12 der Klageschrift).

Es ist z.B. auch nicht zu erkennen, welche Bedeutung die sehr umfassenden Ausführungen zu den faktischen und juristischen Geschehnissen in den USA für die hier zu treffende Entscheidung haben sollen. Irrelevant sind deshalb auch die zitierten USamerikanischen Studien über den „Stickoxidausstoß von Dieselfahrzeugen der VW-Gruppe“ (Anlagen K 4 und K 5). Es ist unverkennbar, dass die in den USA gegen die Beklagte initiierte beispiellose Kampagne auch wirtschaftliche Hintergründe hat. Dies alles vermag sich aber auf die hiesigen Streitigkeiten nicht auszuwirken. Denn in Deutschland ist auf Fälle wie den Vorliegenden unter Berücksichtigung der deutschen öffentlichrechtlichen Vorschriften ausschließlich das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch anzuwenden. Das erkennende Gericht ist deshalb davon überzeugt, dass auch der Bundesgerichtshof die einschlägigen Klagen für unbegründet erklären wird.

An mehreren Stellen ihres 58-seitigen Replikschriftsatzes vom 10.11.2016 erörtert die Klägervertreterkanzlei umfassend die unstreitige Schädlichkeit von Stickoxid. Anschließend versteigt sie sich zu den Behauptungen, die Beklagte gehe „im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen“ und sei - angesichts der Feststellungen amerikanischer Forscher - dafür verantwortlich, dass „tausende Menschen erkranken und führzeitig zu Tode kommen“, und dass allein in den USA „durch den VW-Abgasskandal bis Ende 2016 rund 60 vorzeitige Todesfälle zu verzeichnen sind“.

Weltweit ergäben sich „ca. 1.380 vorzeitige Todesfälle aufgrund der Manipulation von VW“, wobei die „durch VW verursachten Krankheitsfälle … dabei noch gar nicht berücksichtigt“ seien (S. 56). Es wird also offenbar behauptet, dass diese 1.380 Todesfälle plötzlich und unmittelbar eingetreten seien, ohne dass die Betroffenen zuvor erkrankt waren. Wie dies möglich sein soll, wird aber nicht weiter dargelegt. Eventuell wird daran gedacht, dass die Betroffenen an den unerlaubt ausgestoßenen Stickoxidmengen direkt erstickt seien. Dies wäre aus medizinischer Sicht ein bemerkenswerter Vorgang. Das Gericht würde das hierfür als Beweis angebotene Sachverständigengutachten gern einholen, wenn diese Behauptung für die hier zu treffende kaufrechtliche Entscheidung nicht vollkommen unerheblich wäre.

Weiter wird dargelegt, dass sich die Führer der betroffenen PKW aus diesen Gründen wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Totschlags strafbar machen würden (S. 28 f.). Derartiges kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil diese Fahrzeuge über eine gültige Betriebserlaubnis verfügen und deshalb auch betrieben werden dürfen. Es würde deshalb jedenfalls an der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der PKW-Fahrer fehlen.

In ihrem weiteren 126-seitigen Schriftsatz vom 29.11.2016 legen die Klägervertreter darüber hinaus noch dar, dass bei den verantwortlichen Personen die Mordmerkmale „Habgier“ und „Heimtücke“ vorgelegen hätten, wobei allerdings „bedauerlicherweise . der Staatsanwaltschaft dahingehend ein konkreter Kausalzusammenhang heute kaum mehr gelingen“ werde (S. 8, Bl. 525 d.A.). Hier wird der Bereich einer sachlichen und auf das deutsche Kaufrecht gerichteten Argumentation nun vollständig verlassen, so dass keine weiteren Ausführungen mehr angezeigt sind.

4. Ein Schadensersatzanspruch auf Lieferung eines mangelfreien Neuwagens steht dem Kläger ebenfalls nicht zu. Denn die Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 3, 281, 440 BGB liegen nicht vor, weil die Beklagte die geschuldete Nachbesserung nicht verweigert, dieselbe noch nicht durchgeführt wurde und folglich auch nicht fehlgeschlagen sein kann, und sie und das längere Warten hierauf gemäß den obenstehenden Ausführungen dem Kläger auch nicht unzumutbar ist.

Auch die Voraussetzungen für einen deliktischen oder sonstigen Schadensersatzanspruch liegen nicht vor. Insbesondere fällt der Beklagten zum Nachteil des Klägers kein Betrug zur Last, weil sie ihn nicht über eine kaufentscheidungsrelevante Tatsache getäuscht hat. Denn konkrete Stickoxid-Emissionswerte haben für die Kaufentscheidung einer natürlichen Person grundsätzlich keine Bedeutung. Für den Endkunden kommt es im Zusammenhang mit den Emissionen eines Fahrzeugs allenfalls auf die Zertifizierung nach einer bestimmten Emissionsklasse an (so auch LG Bamberg, Urt. v. 19.09.2016, 10 O 129/16; Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16). Diese Zertifizierung liegt bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug aber unstreitig weiterhin vor, und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass deren Entzug drohen könnte.

5. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Kosten der Rechtsverfolgung nach §§ 280, 286 BGB besteht gleichfalls nicht, weil der Klagepartei gegen die Beklagtenpartei keine Hauptforderungen zustanden bzw. zustehen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S.2 ZPO.

III.

Die endgültige Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO, §§ 39 I, 40, 43 I, 62, 63 II 1 GKG. Entgegen der Ansicht des Klägervertreters beläuft sich der Streitwert nur auf 22.200,00 € (vereinbarter Kaufpreis). Die Feststellung des Annahmeverzuges besitzt keinen eigenen Wert. Denn die diesbezügliche Frage ist nur ein rechtlich unselbständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung und deshalb mit dieser wirtschaftlich identisch (vgl. BGH NJW-RR 2010, 1295). Die außergerichtlichen Anwaltskosten werden als Nebenforderung geltendgemacht und bleiben daher unberücksichtigt.

Verkündet am 16.01.2017

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.559,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.03.2016 Zug-um-Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges Audi A1 Sportback 2.0 TDI, amtliches Kennzeichen: XXX, Fahrgestellnummer: XXX, zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich seit dem 24.03.2016 mit der Rücknahme des vorgenannten Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 28.665,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit dem sog. ...-Abgasskandal auf Nachlieferung eines mangelfreien PKW in Anspruch.

Als „...-Abgasskandal“ (auch „...-Abgasaffäre“ oder gar „Dieselgate“ genannt) wird ein seit dem 18.09.2015 aufgedeckter Vorgang bezeichnet, bei dem die V. AG zur Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte bestimmter Dieselmotoren eine illegale elektronische „Abschalteinrichtung“ in der Motorsteuerung verwendete, um die US-amerikanischen Abgasnormen zu umgehen. Hierzu erkennt eine bestimmte Software, ob sich das Kraftfahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte oder aber im üblichen Straßenverkehr befindet. Auf dem Rollenprüfstand lässt die eingebaute Software im Hinblick auf den Stickstoff-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ablaufen als im Normalbetrieb. Dadurch wurden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt und konnten die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Betroffen sind auch in Europa zugelassene Fahrzeuge sowie PKW von Audi, Porsche, Seat und Skoda.

Im Hinblick auf diese Tatsache forderte das Kraftfahrt- Bundesamt (KBA) mit Bescheid vom 14.10.2015 (Gz.: ...) die V. AG auf, die in Deutschland betroffenen ca. 2,4 Millionen Fahrzeuge zurückzurufen, die unzulässige „Abschalteinrichtung“ zu entfernen und den Nachweis zu führen, dass danach alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Ein entsprechender Bescheid vom 11.12.2015 erging an die A. AG (Gz.: ...).

Dieser Aufforderung kommt die V. AG seit Januar 2016 sukzessive nach und lässt bei den betroffenen Fahrzeugen in den Werkstätten eine andere Software installieren. Der Konzern sichert zu, dass durch dieses Update die Eigenschaften der Fahrzeuge, vor allem deren Kraftstoffverbrauch, nicht negativ verändert würden.

Der Kläger erwarb am 25.02.2014 bei der Beklagten den streitgegenständlichen PKW ... „Sport & Style“ zum Preis von 28.665,00 €. Den Kaufpreis finanzierte er über einen Darlehensvertrag bei der V. Bank GmbH, welche deshalb den Fahrzeugbrief in Besitz hat.

In diesem Fahrzeuge ist ein von der oben beschriebenen Affäre betroffener Dieselmotor des Typs EA189 verbaut. Im Jahre 2015 erhielt der Kläger von dem Fahrzeughersteller eine Mitteilung, dass der Motor „von einer Software betroffen ist, die Stickoxidwerte (NOx) im Prüfstandlauf (NEFZ) optimiert“, dass das Fahrzeug jedoch technisch sicher und fahrbereit ist, und dass man es bedauere, das Vertrauen des Klägers enttäuscht zu haben (Anlage K 5). Eine aktualisierte Fassung dieses Anschreibens erhielt er im Februar 2016, in welchem Einzelheiten der Rückrufaktion mitgeteilt wurden (Anlage K 9).

Der Kläger ließ durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten im November 2015 die Beklagte auffordern, ihm einen typgleichen Neuwagen zu liefern. Die Beklagte lehnte dies ab und verwies den Kläger darauf, dass derzeit mit Hochdruck die nötigen Softwareupdates entwickelt würden und sein Fahrzeug dann nachgebessert werde (Anlagen K 6 und 7).

Gemäß einem Schreiben des KBA vom 01.06.2016 hat die V. AG nun den Nachweis geführt, dass bei den Motoren der auch in dem klägerischen Fahrzeuge verbauten Kennung nach der geforderten Entfernung der Abschalteinrichtung die vorgeschriebenen technischen Anforderungen erfüllt werden (Anlage B 5).

Der Kläger behauptet nun unter anderem, dass durch die geplanten Updates keine vollständige Mangelfreiheit zu erreichen sei. Insbesondere seien höherer Kraftstoffverbrauch, geringere Motorenleistung, höherer Wartungsaufwand, der Wegfall von Steuervorteilen und verbleibende Wertminderung zu befürchten. Im Übrigen sei es ihm bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, mit welcher ausdrücklich geworben wird.

Der Kläger ist unter anderem der Ansicht, dass er - Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges - einen Anspruch auf die gewünschte Nachlieferung habe und sich nicht auf Nachbesserung verweisen lassen müsse. Bezüglich des Auftretens von Folgeproblemen müsse ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Außerdem verlangt er die Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger beantragt mit der am 15.01.2016 eingereichten und am 02.02.2016 zugestellten Klage zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen Neuwagen der Marke ...-PKW,

Modell:

5N223X ... Sport & Style BM Techn. 2,0 l TDI 103 kW (140 Ps), 6-Gang.

Leistung:

103 kW/141 PS

Farbe:

2T2T Deep Black Perleffekt

Innenausstattung:

50Titanschwarz-Grau/Titanschwarz/Schwarz/Perlgrau

Mehrausstattungen:

– 1D4 Anhängevorrichtung manuell anklappbar

– W6C „CUP“

– 0NA Entfall der Schriftzüge für die Modell- und Motorbezeichnung an der Gepäckraumklappe

– 3GN Gepäckraumboden herausnehmbar

– 8T2 Geschwindigkeitsregelanlage

Zubehör:

– A1 Erlebnispaket nebst dazugehörigem KFZ-Schein

2. Die Beklagte wird verurteilt, den zu dem in vorstehendem Antrag Ziffer 1 genannten ...-PKW zugehörigen Kraftfahrzeugbrief der V. Bank GmbH, G. Straße ..., B., zu Darlehensvertrag Nr.: ..., zu übergeben.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger wegen vorgerichtlicher Anwaltsgebühren 1.358,86 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte stellt das Vorliegen eines Mangels in Abrede. Es sei mit dem Kläger keine besondere Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, so dass das Fahrzeug nur dem gewöhnlichen Verwendungszwecke dienen müsse. Dem entspreche der gelieferte Wagen. Im Übrigen stelle sich die verlangte Nachlieferung als unverhältnismäßig dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteienvertreter nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist - jedenfalls derzeit - unbegründet.

1. Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass das streitgegenständliche Fahrzeug im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft ist.

Zwar trifft der Einwand der Beklagten unstreitig zu, dass der Wagen uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Auch ist die Behauptung des Klägers, es sei ihm bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, offenkundig unzutreffend. Denn bei dem von ihm erworbenen PKW handelt es sich um einen sogenannten „SUV“ in „sportlicher“ Ausführung, mit hohem Gewicht und hohem Luftwiderstand sowie mit einem Motor, der einen Hubraum von 2 Litern und eine Leistung von 140 PS sowie einen relativ hohen Kraftstoffverbrauch aufweist. Der Erwerb eines Fahrzeuges einer solchen Kategorie lässt aber nicht darauf schließen, dass der Käufer ein besonderes Interesse an einer Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges haben könnte. Abgesehen davon haben konkrete Stickoxid-Emissionswerte für die Kaufentscheidung einer natürlichen Person grundsätzlich keine Bedeutung. Für den Endkunden kommt es im Zusammenhang mit den Emissionen eines Fahrzeugs allenfalls auf die Zertifizierung nach einer bestimmten Emissionsklasse an (so auch LG Bamberg, Urt. v. 19.09.2016, 10 O 129/16). Diese Zertifizierung liegt bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug aber unstreitig weiterhin vor, und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass deren Entzug drohen könnte.

Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeuges kann jedoch erwarten, dass dieses in vollem Umfang den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Denn das den jeweils geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors stellt eine Eigenschaft dar, welche für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist (statt vieler OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, 28 W 14/16 und OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16 in MDR 2016, 1016). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht, weil, wie die V. AG in ihrem Anschreiben vom Februar 2016 selbst eingeräumt hat, „die Stickoxidwerte (NOx) im Vergleich zwischen Prüfstandlauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden“ (Anlage K 9). Angesichts dieses Eingeständnisses und der ausdrücklich eingeräumten Enttäuschung des Vertrauens der Käufer sowie der von dem Kraftfahrtbundesamte geforderten Nachbesserung befremdet es erheblich, dass die Beklagte nun das Vorliegen eines Mangels sehr umfassend in Abrede stellt. Im Übrigen hat, soweit dies aus den in „juris“ veröffentlichten Entscheidungen ersichtlich ist, bislang noch kein Gericht festgestellt, dass die betroffenen Fahrzeuge mangelfrei seien.

2. Dem Kläger steht aber gleichwohl von Rechts wegen derzeit kein Recht auf Nachlieferung eines mangelfreien Neuwagens zu.

Gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB kann der Käufer einer mangelhaften Sache zum Zwecke der geschuldeten Nacherfüllung grundsätzlich wählen, ob er den Mangel beseitigen lassen oder eine mangelfreie Sache geliefert haben will. Allerdings kann der Verkäufer die von dem Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich dann auf die andere Art der Nacherfüllung (§ 439 III BGB). Im gegebenen Falle stellt sich die von dem Kläger gewählte Art der Nacherfüllung als offenkundig unverhältnismäßig dar.

a) Im Falle der Nachlieferung müsste die Beklagte dem Kläger einen Neuwagen übereignen und erhielte den streitgegenständlichen und über zwei Jahre alten Wagen zurück. Dieser hat allein durch den Zeitablauf erheblich an Wert verloren. In Höhe der Differenz zwischen dem Wert beider Fahrzeuge entstünde der Beklagten somit ein beträchtlicher Schaden, weil der Kläger als Verbraucher nicht zu einer Herausgabe der Nutzungen bzw. Wertersatz verpflichtet wäre (§§ 439 IV, 346 I, 474 V 1 BGB). Im Gegensatz dazu kann die Installation eines bloßen Software-Updates der Beklagten keine erheblichen Kosten verursachen. Dies vermag das erkennende Gericht gemäß § 287 II ZPO angesichts ähnlicher Vorgänge an Computern selbst festzustellen, so dass hierfür die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht kommt.

Entgegen der Ansicht des Klägers haben die sehr erheblichen Kosten, welche der V. AG für die Entwicklung dieses Updates entstehen, hier keine entscheidende Bedeutung. Denn zum einen wird dieses Update für eine sehr große Anzahl von Fahrzeugen entwickelt, und zum anderen ist die V. AG hierzu ohnehin verpflichtet.

b) Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist außerdem die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Hier hat der streitgegenständliche Mangel für den Kläger jedoch objektiv nur sehr geringe Bedeutung. Denn er kann und darf das Fahrzeug uneingeschränkt nutzen und würde das Vorliegen des Mangels nicht einmal bemerkt haben, wenn er nicht darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Auch für Dritte ist dieser Mangel bei Besichtigung und Gebrauch des Fahrzeuges nicht feststellbar.

c) Schließlich ist zu prüfen, ob auf die Nachbesserung ohne erhebliche Nachteile für den Kläger zurückgegriffen werden kann. Dies ist zu bejahen. Denn wie bereits festgestellt ergeben sich für den Kläger derzeit keinerlei Beschränkungen der Fahrzeugnutzung. Die Beklagte bzw. die V. AG wird, was auch bereits ausdrücklich zugesichert wurde, sämtliche Kosten für die Nachbesserung übernehmen und, gemäß Erklärung der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung, auch „Ersatzmobilität“ zur Verfügung stellen.

Wegen der uneingeschränkten Nutzbarkeit des Wagens ist auch nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger das längere Zuwarten bis zu der Nachbesserung unzumutbar wäre. Die von ihm zitierten landgerichtlichen Entscheidungen, in denen eine andere Ansicht vertreten wird, können dem Kläger nicht zur Seite stehen. Denn es werden darin z.B. unpassende Vergleiche mit augenscheinlich feststellbaren Lackschäden angestellt (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016, 2 O 83/16) bzw. die Besonderheiten der hiesigen Fallkonstellationen außer Acht gelassen.

Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang auch die Darstellung eines besonderen Vertrauensverlustes. Denn zum einen kann dem beklagten Autohause nach richtiger Ansicht nicht die bei der V. AG vorhandene Kenntnis von den Softwaremanipulationen zugerechnet werden, so dass der Beklagten kein arglistiges Verhalten zur Last fällt (vgl. dazu OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16 in MDR 2016, 1016 und LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2016, 8 O 208/15, jeweils für einen selbständigen Vertragshändler). Zum anderen besteht kein vernünftiger Anlass, den Kauf eines Personenkraftwagens emotional derartig aufzuladen, dass beim Vorliegen eines solch unwesentlichen Mangels jedwedes Vertrauen des Käufers als zerrüttet anzusehen wäre.

d) Den Behauptungen des Klägers, es würde auch nach der angekündigten Softwareaktualisierung der Mangel nicht beseitigt sein, die vertraglich geschuldeten Eigenschaften des Motors würden sich nachteilig verändern und es würde ein merkantiler Minderwert verbleiben und außerdem ein Wegfall von Steuervorteilen drohen, ist derzeit nicht nachzugehen. Denn zum einen hat das Kraftfahrtbundesamt mit seinem Schreiben vom 01.06.2016 erklärt, dass die V. AG nun den Nachweis geführt habe, dass bei den Motoren der auch in dem klägerischen Fahrzeuge verbauten Kennung nach der geforderten Entfernung der Abschalteinrichtung die vorgeschriebenen technischen Anforderungen erfüllt werden (Anlage B 5). Dies muss derzeit genügen, denn kein Sachverständiger könnte diesbezüglich weitergehende Untersuchungen anstellen. Auch an der Neutralität des Kraftfahrbundesamtes bestehen keine Zweifel.

Zum anderen könnten die weitergehenden Behauptungen an dem konkreten Fahrzeug aus naheliegenden Gründen erst dann überprüft werden, wenn die angekündigte Softwareinstallation erfolgt ist. Deshalb ist derzeit auch diesbezüglich das Einholen eines Sachverständigengutachtens nicht geboten.

Auch eine eventuell verbleibende Wertminderung könnte ein Gutachter aktuell nur mit spekulativen Erwägungen abschätzen, weil die Rückruf- und Nachbesserungsaktion derzeit erst durchgeführt wird und deshalb noch kein Markt für bereits nachgebesserte Fahrzeuge besteht. Auf Spekulationen kann aber eine gerichtliche Entscheidung nicht gestützt werden.

e) Aufgrund dieser Sachlage kommt es entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in Betracht, im Wege einer teleologischen Reduktion des § 439 III BGB zu einem Ausschluss des Nachbesserungsrechtes der Beklagten zu gelangen.

Nach den von dem Kläger zitierten gerichtlichen Entscheidungen darf ein Verkäufer zwar eine für ihn unverhältnismäßig nachteilige Art der Nacherfüllung nicht verweigern, wenn sie die einzige Möglichkeit zur Mangelbeseitigung darstellt (EuGH Rs. C-65/09 und C- 87/09 in NJW 2011, 2269; BGHZ 192, 148). Im Streitfall ist aber auch die von der Beklagten angebotene Nachbesserung aus jetziger Sicht geeignet, den Mangel zu beseitigen. Deshalb sind diese Entscheidungen für die Beurteilung des vorliegenden Falles nicht einschlägig.

f) Auch im Hinblick auf eine Verjährung der Mangelbeseitigungsansprüche drohen dem Kläger keinerlei Nachteile. Denn der jetzt von ihm berechtigterweise gerügte Mangel muss von der Beklagten beseitigt werden. Falls diese Nachbesserung tatsächlich ungeeignet und damit selbst mangelhaft sein sollte, etwa weil die Eigenschaften des Motors dadurch nachteilig verändert werden sollten, würde eine neue Pflichtverletzung vorliegen und somit eine neue Verjährungsfrist beginnen (vgl. BGH NJW 2006, 47; OLG Saarbrücken NJW-RR 2012, 285; Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdnrn. 332, 333; Palandt BGB 75.A. § 438, 16 a). Der Kläger hätte dann, ebenso wie bei der Nachlieferung eines mangelhaften Neuwagens, ausreichend Zeit, die Mangelbeseitigung zu fordern.

3. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Kosten der Rechtsverfolgung nach §§ 280, 286 BGB besteht gleichfalls nicht, weil der Klagepartei gegen die Beklagtenpartei keine Hauptforderungen zustanden bzw. zustehen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S.2 ZPO.

III.

Die endgültige Streitwertfestsetzung in der von der Klagepartei angegebenen Höhe beruht auf § 3 ZPO, §§ 39 I, 40, 43 I, 62, 63 II 1 GKG. Die außergerichtlichen Anwaltskosten werden als Nebenforderung geltendgemacht und bleiben daher unberücksichtigt.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 24.633,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit dem sog. VW-Abgasskandal auf Nachlieferung eines mangelfreien PKW in Anspruch.

Als „VW-Abgasskandal“ (auch „VW-Abgasaffäre“ oder gar „Dieselgate“ genannt) wird ein seit dem 18.09.2015 aufgedeckter Vorgang bezeichnet, bei dem die Volkswagen AG zur Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte bestimmter Dieselmotoren eine illegale elektronische „Abschalteinrichtung“ in der Motorsteuerung verwendete, um die USamerikanischen Abgasnormen zu umgehen. Hierzu erkennt eine bestimmte Software, ob sich das Kraftfahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte oder aber im üblichen Straßenverkehr befindet. Auf dem Rollenprüfstand lässt die eingebaute Software im Hinblick auf den Stickstoff-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ablaufen als im Normalbetrieb. Dadurch wurden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt und konnten die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Betroffen sind auch in Europa zugelassene Fahrzeuge sowie PKW von ^| und Im Hinblick auf diese Tatsache forderte das KraftfahrtBundesamt (KBA) mit Bescheid vom 14.10.2015 (Gz.: 400-52.V/001#018) die Volkswagen AG auf, die in Deutschland betroffenen ca. 2,4 Millionen Fahrzeuge zurückzurufen, die unzulässige „Abschalteinrichtung“ zu entfernen und den Nachweis zu führen, dass danach alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Ein entsprechender Bescheid vom 11.12.2015 erging an die (Gz.: 400-500924).

Dieser Aufforderung kommt die Volkswagen AG seit Januar 2016 sukzessive nach und lässt bei den betroffenen Fahrzeugen in den Werkstätten eine andere Software installieren. Der Konzern sichert zu, dass durch dieses Update die Eigenschaften der Fahrzeuge, vor allem deren Kraftstoffverbrauch, nicht negativ verändert würden.

Der Kläger erwarb am 31.03.2014 zum Gesamtpreis von 30.380,00 € brutto direkt bei der Beklagten den streitgegenständlichen PKW VW und es wurde hierzu ein PKW VW …| in Zahlung genommen. Der von dem Kläger noch zu zahlende Betrag belief sich aufgrund der Inanspruchnahme der Verkaufsaktion „Sonderabnahmegeschäft 000400 -Menschen mit Behinderung“ (Nachlass von 15%) und der Inzahlungnahme auf 22.200,00 € (Anlage K 1). In diesem Fahrzeuge ist ein von der oben beschriebenen Affäre betroffener Dieselmotor des Typs verbaut.

Der Kläger ließ durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten im Dezember 2015 die Beklagte auffordern, ihm einen typgleichen Neuwagen zu liefern. Die Beklagte lehnte dies ab und verwies den Kläger darauf, dass sein Fahrzeug zeitnah nachgebessert werde (Anlage K 2).

Der Kläger behauptet nun unter anderem, dass durch die geplanten Updates keine vollständige Mangelfreiheit zu erreichen sei. Insbesondere seien höherer Kraftstoffverbrauch, geringere Motorenleistung, höherer Wartungsaufwand, der Wegfall von Steuervorteilen und verbleibende Wertminderung zu befürchten. Im Übrigen sei es ihm bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, mit welcher ausdrücklich geworben wird.

Der Kläger ist unter anderem der Ansicht, dass er - Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges - einen Anspruch auf die gewünschte Nachlieferung habe und sich nicht auf Nachbesserung verweisen lassen müsse. Außerdem verlangt er die Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger beantragt mit der am 23.05.2016 eingereichten und am 22.06.2016 zugestellten Klage zu erkennen:

1. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, der Klägerpartei ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Touran, FIN:

Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs VW Touran, FIN: nachzuliefern.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenpartei mit der Neulieferung und mit der Rücknahme der im Klagantrag Ziffer 1 genannten Fahrzeuge in Verzug befindet.

3. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 1.195,95 freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte stellt unter anderem das Vorliegen eines Mangels in Abrede. Es sei mit dem Kläger keine besondere Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, so dass das Fahrzeug nur dem gewöhnlichen Verwendungszwecke dienen müsse. Dem entspreche der gelieferte Wagen. Im Übrigen stelle sich die verlangte Nachlieferung als unverhältnismäßig dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteienvertreter nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist - jedenfalls derzeit - unbegründet.

1. Zwischen den Parteien ist im Hinblick auf den streitgegenständlichen PKW VW …H ein Kaufvertrag zustandegekommen. In der 62-seitigen Klageschrift ist hierzu allerdings nur der inhaltsarme Satz zu lesen „Mit Kaufvertrag erwarb die Klagepartei von der Beklagtenpartei einen PKW des Volkswagenkonzerns zum o.g. Kaufpreis.“ (S. 24). Der Kaufpreis wird „oben“ jedoch nicht genannt. Immerhin lassen sich die Parteien des Kaufvertrages und die vereinbarten Konditionen aber aus der Anlage K 1 entnehmen. Daraus ergibt sich auch, dass tatsächlich die beklagte Volkswagen AG den PKW an den Kläger verkauft hat und nicht das Autohaus ^| in Dieses ist offenbar nur als Vertreter für die Volkswagen AG tätig geworden.

Dem Kläger ist zuzugeben, dass das streitgegenständliche Fahrzeug im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft ist.

a) Zwar trifft der Einwand der Beklagten unstreitig zu, dass der Wagen uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Auch ist die Behauptung des Klägers, es sei ihm bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, offenkundig unzutreffend. Denn nach der glaubhaften Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung hat er das Fahrzeug vielmehr vor allem deswegen gekauft, weil seine Tochter schwerbehindert ist, deren dreirädriges Fortbewegungsmittel in den Kofferraum des VW Touran passt und die Volkswagen AG im Rahmen einer Verkaufsaktion schwerbehinderten Personen einen 15%igen Rabatt eingeräumt hat. Abgesehen davon haben konkrete Stickoxid-Emissionswerte für die Kaufentscheidung einer natürlichen Person grundsätzlich keine Bedeutung. Für den Endkunden kommt es im Zusammenhang mit den Emissionen eines Fahrzeugs allenfalls auf die Zertifizierung nach einer bestimmten Emissionsklasse an (so auch LG Bamberg, Urt. v. 19.09.2016, 10 O 129/16; Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16).

Diese Zertifizierung liegt bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug aber unstreitig weiterhin vor, und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass deren Entzug drohen könnte.

b) Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeuges kann jedoch erwarten, dass dieses in vollem Umfang den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Denn das den jeweils geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors stellt eine Eigenschaft dar, welche für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist (statt vieler OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, 28 W 14/16 und OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16 in MDR 2016, 1016; LG Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht, weil es die Vorgaben der sog. Euro-5- Abgasnorm nicht erfüllt und das Kraftfahrt-Bundesamt deshalb die Beklagte aufgefordert hat, die in Deutschland betroffenen ca. 2,4 Millionen Fahrzeuge zurückzurufen, die unzulässige „Abschalteinrichtung“ zu entfernen und den Nachweis zu führen, dass danach alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Solange dies nicht geschehen ist, weist das von dem Kläger erworbene Fahrzeug nicht die geschuldete Beschaffenheit auf.

2. Dem Kläger steht aber gleichwohl derzeit kein Recht auf Nachlieferung eines mangelfreien Neuwagens zu.

Gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB kann der Käufer einer mangelhaften Sache zum Zwecke der geschuldeten Nacherfüllung grundsätzlich wählen, ob er den Mangel beseitigen lassen oder eine mangelfreie Sache geliefert haben will. Allerdings kann der Verkäufer die von dem Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich dann auf die andere Art der Nacherfüllung (§ 439 III BGB). Im gegebenen Falle stellt sich die von dem Kläger gewählte Art der Nacherfüllung als offenkundig unverhältnismäßig dar.

a) Im Falle der Nachlieferung müsste die Beklagte dem Kläger einen Neuwagen übereignen und erhielte den streitgegenständlichen und weit über zwei Jahre alten Wagen zurück. Dieser hat allein durch den Zeitablauf erheblich an Wert verloren. In Höhe der Differenz zwischen dem Wert beider Fahrzeuge entstünde der Beklagten somit ein beträchtlicher Schaden, weil der Kläger als Verbraucher nicht zu einer Herausgabe der Nutzungen bzw. Wertersatz verpflichtet wäre (§§ 439 IV, 346 I, 474 V 1 BGB). Im Gegensatz dazu kann die Installation eines bloßen Software-Updates der Beklagten keine erheblichen Kosten verursachen. Dies vermag das erkennende Gericht gemäß § 287 II ZPO angesichts ähnlicher Vorgänge an Computern selbst festzustellen, so dass hierfür die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht kommt.

Entgegen der Ansicht des Klägers haben die sehr erheblichen Kosten, welche der Volkswagen AG für die Entwicklung dieses Updates entstehen, hier keine entscheidende Bedeutung. Denn zum einen wird dieses Update für eine sehr große Anzahl von Fahrzeugen entwickelt, und zum anderen ist die Volkswagen AG hierzu ohnehin verpflichtet (vgl. LG Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16).

b) Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist außerdem die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Hier hat der streitgegenständliche Mangel für den Kläger objektiv nur sehr geringe Bedeutung. Denn er kann und darf das Fahrzeug uneingeschränkt nutzen und würde das Vorliegen des Mangels nicht einmal bemerkt haben, wenn er nicht darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Auch für Dritte ist dieser Mangel bei Besichtigung und Gebrauch des Fahrzeuges nicht feststellbar.

Nicht nachvollziehbar ist die Behauptung des Klägers, dass Fahrzeug sei „im aktuellen Zustand nicht zulassungsfähig“ bzw. es fehle die Zulassungseignung (S. 31 der Klageschrift). Denn unstreitig i s t das Fahrzeug zugelassen, und es wird von keiner hierfür zuständigen Behörde in Frage gestellt, dass dies der geltenden Rechtslage entspricht. Es ist deshalb auch nicht ansatzweise etwas dafür ersichtlich, dass die Betriebserlaubnis für das streitgegenständliche Fahrzeug erlöschen oder zurückgenommen werden könnte. Mehr kann von Rechts wegen nicht verlangt werden.

Aus diesem Grunde sind auch die gegen das Kraftfahrtbundesamt gerichteten polemischen Angriffe („Kumpanei mit VW“, „Mit industriefreundlichem Gruß“, „insgesamt unglaubwürdig“) und die Ausführungen zu einer von diesem gemeinsam mit der Bundesregierung unternommenen Verschwörung (S. 5 ff., 94 ff. und 107 ff. im Schriftsatz der Klägervertreterkanzlei vom 29.11.2016) für die hier zu treffende kaufrechtliche Entscheidung unerheblich.

Anscheinend besteht auf Seiten der Klägervertreter auch ein grundlegendes Missverständnis, welche Aufgaben und Befugnisse einer Zivilkammer eines Landgerichtes in Deutschland zukommen. Jedenfalls vermag sie nicht „der Exekutive Einhalt zu gebieten“ (S. 108 im Schriftsatz der Klägervertreterkanzlei vom 29.11.2016, Bl. 626 d.A.).

c) Schließlich ist zu prüfen, ob auf die Nachbesserung ohne erhebliche Nachteile für den Kläger zurückgegriffen werden kann. Dies ist zu bejahen. Denn wie bereits festgestellt ergeben sich für den Kläger derzeit keinerlei Beschränkungen der Fahrzeugnutzung. Die Beklagte wird, was auch bereits ausdrücklich zugesichert wurde, außerdem sämtliche Kosten für die Nachbesserung übernehmen.

Wegen der uneingeschränkten Nutzbarkeit des Wagens ist auch nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger das längere Zuwarten bis zu der Nachbesserung unzumutbar wäre. Die von ihm zitierten landgerichtlichen Entscheidungen, in denen eine andere Ansicht vertreten wird, können dem Kläger nicht zur Seite stehen. Denn es werden darin z.B. unpassende Vergleiche mit augenscheinlich feststellbaren Lackschäden angestellt (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016, 2 O 83/16) bzw. die Besonderheiten der hiesigen Fallkonstellationen außer Acht gelassen.

Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang auch die umfassende Darstellung eines besonderen Vertrauensverlustes zu der Beklagten. Denn es besteht kein vernünftiger Anlass, den Kauf eines Personenkraftwagens emotional derartig aufzuladen, dass beim Vorliegen eines solch unwesentlichen Mangels jedwedes Vertrauen des Käufers als zerrüttet anzusehen wäre (vgl. LG Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16).

Welche Bedeutung die Ausführungen der Klägervertreter unter dem Abschnitt XII. auf den Seiten 102 ff. ihres Schriftsatzes vom 29.11.2016 („Rückruf wird nicht vom Händler angeboten, sondern nur von VW“, Bl. 620 d.A.) für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites haben könnten, ist nicht erkennbar. Anscheinend ist übersehen worden, dass sie die Klage nicht gegen einen Händler, sondern richtigerweise gegen die Volkswagen AG als Verkäuferin des streitgegenständlichen PKW gerichtet haben.

d) Den Behauptungen des Klägers, es würde auch nach der angekündigten Softwareaktualisierung der Mangel nicht beseitigt sein, die vertraglich geschuldeten Eigenschaften des Motors würden sich nachteilig verändern und es würde ein merkantiler Minderwert verbleiben und außerdem ein Wegfall von Steuervorteilen drohen, ist derzeit nicht nachzugehen. Denn zum einen hat das Kraftfahrtbundesamt mit seinem Schreiben vom 01.06.2016 erklärt, dass die Volkswagen AG nun den Nachweis geführt habe, dass bei den Motoren der auch in dem klägerischen Fahrzeuge verbauten Kennung nach der geforderten Entfernung der Abschalteinrichtung die vorgeschriebenen technischen Anforderungen erfüllt werden. Dies muss derzeit genügen, denn kein Sachverständiger könnte diesbezüglich weitergehende Untersuchungen anstellen.

Zum anderen könnten die weitergehenden Behauptungen an dem konkreten Fahrzeug aus naheliegenden Gründen erst dann überprüft werden, wenn die angekündigte Softwareinstallation erfolgt ist. Deshalb ist derzeit auch diesbezüglich das Einholen eines Sachverständigengutachtens nicht geboten.

Auch eine eventuell verbleibende Wertminderung könnte ein Gutachter aktuell nur mit spekulativen Erwägungen abschätzen, weil die Rückruf- und Nachbesserungsaktion derzeit erst durchgeführt wird und deshalb noch kein Markt für bereits nachgebesserte Fahrzeuge des hier vorliegenden Typs besteht. Auf Spekulationen kann aber eine gerichtliche Entscheidung nicht gestützt werden (vgl. LG Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16).

e) Aufgrund dieser Sachlage kommt es entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in Betracht, im Wege einer teleologischen Reduktion des § 439 III BGB zu einem Ausschluss des Nachbesserungsrechtes der Beklagten zu gelangen.

Zwar darf ein Verkäufer eine für ihn unverhältnismäßig nachteilige Art der Nacherfüllung nicht verweigern, wenn sie die einzige Möglichkeit zur Mangelbeseitigung darstellt (EuGH Rs. C-65/09 und C- 87/09 in NJW 2011, 2269; BGHZ 192, 148). Im Streitfall ist aber auch die von der Beklagten angebotene Nachbesserung aus jetziger Sicht geeignet, den Mangel zu beseitigen. Deshalb sind diese Entscheidungen für die Beurteilung des vorliegenden Falles nicht einschlägig.

f) Auch im Hinblick auf eine Verjährung der Mangelbeseitigungsansprüche drohen dem Kläger keinerlei Nachteile. Denn der jetzt von ihm berechtigterweise gerügte Mangel muss von der Beklagten beseitigt werden. Falls diese Nachbesserung tatsächlich ungeeignet und damit selbst mangelhaft sein sollte, etwa weil die Eigenschaften des Motors dadurch nachteilig verändert werden sollten, würde eine neue Pflichtverletzung vorliegen und somit eine neue Verjährungsfrist beginnen (vgl. BGH NJW 2006, 47; OLG Saarbrücken NJW-RR 2012, 285; Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdnrn. 332, 333; Palandt BGB 75.A. § 438, 16 a). Der Kläger hätte dann, ebenso wie bei der Nachlieferung eines mangelhaften Neuwagens, ausreichend Zeit, die Mangelbeseitigung zu fordern (vgl. LG Bamberg, Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16).

Insofern ist es auch unerheblich, ob die Beklagte, wie die Klägervertreterkanzlei darlegt, akut von einer Insolvenz bedroht ist (S. 18 des Schriftsatzes vom 10.11.2016). Denn auch das nachgelieferte Fahrzeug könnte einen Mangel aufweisen, so dass der Kläger dann keinerlei Ansprüche gegen die Beklagte durchsetzen könnte.

Verfehlt sind die Ausführungen, wonach „sich die Klägerpartei in die Gefahr der Verjährung [begibt], wenn die Nachbesserung fehlschlägt“, weil die Beklagte das Vorliegen eines Mangels bestreitet (S. 2 des Schriftsatzes der Klägervertreterkanzlei vom 09.01.2017). Denn die soeben dargestellten Verjährungsregeln greifen unabhängig von dem Willen und dem prozessualen Verhalten des Verkäufers ein.

g) Das Gericht wird kein Sachverständigengutachten einholen und auch den Zeugen nicht vernehmen zu der vorgetragenen Rechtsansicht, wonach die Mitteilung der Beklagten, mit der Rückrufaktion beginnen zu wollen, „kein Angebot zur Nachbesserung im kaufrechtlichen Sinne [darstellt], sondern lediglich die Wiedergabe einer öffentlichrechtlichen Verpflichtung“ (S. 10 der Klageschrift). Denn zum einen ist eine Rechtsansicht keinem Beweis zugänglich, und zum anderen kann es dahinstehen, ob sie zutrifft. Unstreitig werden nämlich die betroffenen Fahrzeugkäufer nach und nach jeweils persönlich angeschrieben und gebeten, ihren Wagen zum Zwecke der Umrüstung in eine Fachwerkstatt zu verbringen. Dies stellt nach geltendem Recht ein wirksames Nachbesserungsangebot dar.

3. Die weiteren umfangreichen und zum Teil mit Zeitungsartikeln (z.B. aus der ^M-Zeitung, Anlage K 100) belegten Argumentationsansätze der Klägervertreterkanzlei hat das erkennende Gericht zur Kenntnis genommen. Ein vertieftes Eingehen hierauf ist jedoch nicht veranlasst, weil hierbei eine juristische Relevanz nicht feststellbar ist.

So ist z.B. nicht ersichtlich, welchen entscheidungserheblichen Wert die Angaben „des Herrn haben sollen, welcher ein vollkommen anderes Fahrzeug (VW …|) fährt, das bereits eine Laufleistung von fast 110.000 km aufweist und nun statt 210 km/h eine Höchstgeschwindigkeit von „nur noch 180 km/h“ erreicht und diverse Motorenprobleme aufweist (Anlage K 16 a), und der „aufgrund einer Verweigerung durch seinen Arbeitgeber nicht als Zeuge zur Verfügung stehen kann“ (S. 15 der Klageschrift). Das Gleiche gilt für das vorgetragene Zitat aus der Zeitung-Online“, wonach bei einem VW „die Beschleunigung von 0 auf 100 um 0,6 Sekunden länger dauerte“ (S. 12 der Klageschrift).

Es ist z.B. auch nicht zu erkennen, welche Bedeutung die sehr umfassenden Ausführungen zu den faktischen und juristischen Geschehnissen in den USA für die hier zu treffende Entscheidung haben sollen. Irrelevant sind deshalb auch die zitierten USamerikanischen Studien über den „Stickoxidausstoß von Dieselfahrzeugen der VW-Gruppe“ (Anlagen K 4 und K 5). Es ist unverkennbar, dass die in den USA gegen die Beklagte initiierte beispiellose Kampagne auch wirtschaftliche Hintergründe hat. Dies alles vermag sich aber auf die hiesigen Streitigkeiten nicht auszuwirken. Denn in Deutschland ist auf Fälle wie den Vorliegenden unter Berücksichtigung der deutschen öffentlichrechtlichen Vorschriften ausschließlich das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch anzuwenden. Das erkennende Gericht ist deshalb davon überzeugt, dass auch der Bundesgerichtshof die einschlägigen Klagen für unbegründet erklären wird.

An mehreren Stellen ihres 58-seitigen Replikschriftsatzes vom 10.11.2016 erörtert die Klägervertreterkanzlei umfassend die unstreitige Schädlichkeit von Stickoxid. Anschließend versteigt sie sich zu den Behauptungen, die Beklagte gehe „im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen“ und sei - angesichts der Feststellungen amerikanischer Forscher - dafür verantwortlich, dass „tausende Menschen erkranken und führzeitig zu Tode kommen“, und dass allein in den USA „durch den VW-Abgasskandal bis Ende 2016 rund 60 vorzeitige Todesfälle zu verzeichnen sind“.

Weltweit ergäben sich „ca. 1.380 vorzeitige Todesfälle aufgrund der Manipulation von VW“, wobei die „durch VW verursachten Krankheitsfälle … dabei noch gar nicht berücksichtigt“ seien (S. 56). Es wird also offenbar behauptet, dass diese 1.380 Todesfälle plötzlich und unmittelbar eingetreten seien, ohne dass die Betroffenen zuvor erkrankt waren. Wie dies möglich sein soll, wird aber nicht weiter dargelegt. Eventuell wird daran gedacht, dass die Betroffenen an den unerlaubt ausgestoßenen Stickoxidmengen direkt erstickt seien. Dies wäre aus medizinischer Sicht ein bemerkenswerter Vorgang. Das Gericht würde das hierfür als Beweis angebotene Sachverständigengutachten gern einholen, wenn diese Behauptung für die hier zu treffende kaufrechtliche Entscheidung nicht vollkommen unerheblich wäre.

Weiter wird dargelegt, dass sich die Führer der betroffenen PKW aus diesen Gründen wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Totschlags strafbar machen würden (S. 28 f.). Derartiges kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil diese Fahrzeuge über eine gültige Betriebserlaubnis verfügen und deshalb auch betrieben werden dürfen. Es würde deshalb jedenfalls an der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der PKW-Fahrer fehlen.

In ihrem weiteren 126-seitigen Schriftsatz vom 29.11.2016 legen die Klägervertreter darüber hinaus noch dar, dass bei den verantwortlichen Personen die Mordmerkmale „Habgier“ und „Heimtücke“ vorgelegen hätten, wobei allerdings „bedauerlicherweise . der Staatsanwaltschaft dahingehend ein konkreter Kausalzusammenhang heute kaum mehr gelingen“ werde (S. 8, Bl. 525 d.A.). Hier wird der Bereich einer sachlichen und auf das deutsche Kaufrecht gerichteten Argumentation nun vollständig verlassen, so dass keine weiteren Ausführungen mehr angezeigt sind.

4. Ein Schadensersatzanspruch auf Lieferung eines mangelfreien Neuwagens steht dem Kläger ebenfalls nicht zu. Denn die Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 3, 281, 440 BGB liegen nicht vor, weil die Beklagte die geschuldete Nachbesserung nicht verweigert, dieselbe noch nicht durchgeführt wurde und folglich auch nicht fehlgeschlagen sein kann, und sie und das längere Warten hierauf gemäß den obenstehenden Ausführungen dem Kläger auch nicht unzumutbar ist.

Auch die Voraussetzungen für einen deliktischen oder sonstigen Schadensersatzanspruch liegen nicht vor. Insbesondere fällt der Beklagten zum Nachteil des Klägers kein Betrug zur Last, weil sie ihn nicht über eine kaufentscheidungsrelevante Tatsache getäuscht hat. Denn konkrete Stickoxid-Emissionswerte haben für die Kaufentscheidung einer natürlichen Person grundsätzlich keine Bedeutung. Für den Endkunden kommt es im Zusammenhang mit den Emissionen eines Fahrzeugs allenfalls auf die Zertifizierung nach einer bestimmten Emissionsklasse an (so auch LG Bamberg, Urt. v. 19.09.2016, 10 O 129/16; Urt. v. 24.10.2016, 2 O 21/16). Diese Zertifizierung liegt bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug aber unstreitig weiterhin vor, und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass deren Entzug drohen könnte.

5. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Kosten der Rechtsverfolgung nach §§ 280, 286 BGB besteht gleichfalls nicht, weil der Klagepartei gegen die Beklagtenpartei keine Hauptforderungen zustanden bzw. zustehen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S.2 ZPO.

III.

Die endgültige Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO, §§ 39 I, 40, 43 I, 62, 63 II 1 GKG. Entgegen der Ansicht des Klägervertreters beläuft sich der Streitwert nur auf 22.200,00 € (vereinbarter Kaufpreis). Die Feststellung des Annahmeverzuges besitzt keinen eigenen Wert. Denn die diesbezügliche Frage ist nur ein rechtlich unselbständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung und deshalb mit dieser wirtschaftlich identisch (vgl. BGH NJW-RR 2010, 1295). Die außergerichtlichen Anwaltskosten werden als Nebenforderung geltendgemacht und bleiben daher unberücksichtigt.

Verkündet am 16.01.2017

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 28.665,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit dem sog. ...-Abgasskandal auf Nachlieferung eines mangelfreien PKW in Anspruch.

Als „...-Abgasskandal“ (auch „...-Abgasaffäre“ oder gar „Dieselgate“ genannt) wird ein seit dem 18.09.2015 aufgedeckter Vorgang bezeichnet, bei dem die V. AG zur Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte bestimmter Dieselmotoren eine illegale elektronische „Abschalteinrichtung“ in der Motorsteuerung verwendete, um die US-amerikanischen Abgasnormen zu umgehen. Hierzu erkennt eine bestimmte Software, ob sich das Kraftfahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte oder aber im üblichen Straßenverkehr befindet. Auf dem Rollenprüfstand lässt die eingebaute Software im Hinblick auf den Stickstoff-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ablaufen als im Normalbetrieb. Dadurch wurden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt und konnten die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Betroffen sind auch in Europa zugelassene Fahrzeuge sowie PKW von Audi, Porsche, Seat und Skoda.

Im Hinblick auf diese Tatsache forderte das Kraftfahrt- Bundesamt (KBA) mit Bescheid vom 14.10.2015 (Gz.: ...) die V. AG auf, die in Deutschland betroffenen ca. 2,4 Millionen Fahrzeuge zurückzurufen, die unzulässige „Abschalteinrichtung“ zu entfernen und den Nachweis zu führen, dass danach alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Ein entsprechender Bescheid vom 11.12.2015 erging an die A. AG (Gz.: ...).

Dieser Aufforderung kommt die V. AG seit Januar 2016 sukzessive nach und lässt bei den betroffenen Fahrzeugen in den Werkstätten eine andere Software installieren. Der Konzern sichert zu, dass durch dieses Update die Eigenschaften der Fahrzeuge, vor allem deren Kraftstoffverbrauch, nicht negativ verändert würden.

Der Kläger erwarb am 25.02.2014 bei der Beklagten den streitgegenständlichen PKW ... „Sport & Style“ zum Preis von 28.665,00 €. Den Kaufpreis finanzierte er über einen Darlehensvertrag bei der V. Bank GmbH, welche deshalb den Fahrzeugbrief in Besitz hat.

In diesem Fahrzeuge ist ein von der oben beschriebenen Affäre betroffener Dieselmotor des Typs EA189 verbaut. Im Jahre 2015 erhielt der Kläger von dem Fahrzeughersteller eine Mitteilung, dass der Motor „von einer Software betroffen ist, die Stickoxidwerte (NOx) im Prüfstandlauf (NEFZ) optimiert“, dass das Fahrzeug jedoch technisch sicher und fahrbereit ist, und dass man es bedauere, das Vertrauen des Klägers enttäuscht zu haben (Anlage K 5). Eine aktualisierte Fassung dieses Anschreibens erhielt er im Februar 2016, in welchem Einzelheiten der Rückrufaktion mitgeteilt wurden (Anlage K 9).

Der Kläger ließ durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten im November 2015 die Beklagte auffordern, ihm einen typgleichen Neuwagen zu liefern. Die Beklagte lehnte dies ab und verwies den Kläger darauf, dass derzeit mit Hochdruck die nötigen Softwareupdates entwickelt würden und sein Fahrzeug dann nachgebessert werde (Anlagen K 6 und 7).

Gemäß einem Schreiben des KBA vom 01.06.2016 hat die V. AG nun den Nachweis geführt, dass bei den Motoren der auch in dem klägerischen Fahrzeuge verbauten Kennung nach der geforderten Entfernung der Abschalteinrichtung die vorgeschriebenen technischen Anforderungen erfüllt werden (Anlage B 5).

Der Kläger behauptet nun unter anderem, dass durch die geplanten Updates keine vollständige Mangelfreiheit zu erreichen sei. Insbesondere seien höherer Kraftstoffverbrauch, geringere Motorenleistung, höherer Wartungsaufwand, der Wegfall von Steuervorteilen und verbleibende Wertminderung zu befürchten. Im Übrigen sei es ihm bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, mit welcher ausdrücklich geworben wird.

Der Kläger ist unter anderem der Ansicht, dass er - Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges - einen Anspruch auf die gewünschte Nachlieferung habe und sich nicht auf Nachbesserung verweisen lassen müsse. Bezüglich des Auftretens von Folgeproblemen müsse ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Außerdem verlangt er die Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger beantragt mit der am 15.01.2016 eingereichten und am 02.02.2016 zugestellten Klage zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen Neuwagen der Marke ...-PKW,

Modell:

5N223X ... Sport & Style BM Techn. 2,0 l TDI 103 kW (140 Ps), 6-Gang.

Leistung:

103 kW/141 PS

Farbe:

2T2T Deep Black Perleffekt

Innenausstattung:

50Titanschwarz-Grau/Titanschwarz/Schwarz/Perlgrau

Mehrausstattungen:

– 1D4 Anhängevorrichtung manuell anklappbar

– W6C „CUP“

– 0NA Entfall der Schriftzüge für die Modell- und Motorbezeichnung an der Gepäckraumklappe

– 3GN Gepäckraumboden herausnehmbar

– 8T2 Geschwindigkeitsregelanlage

Zubehör:

– A1 Erlebnispaket nebst dazugehörigem KFZ-Schein

2. Die Beklagte wird verurteilt, den zu dem in vorstehendem Antrag Ziffer 1 genannten ...-PKW zugehörigen Kraftfahrzeugbrief der V. Bank GmbH, G. Straße ..., B., zu Darlehensvertrag Nr.: ..., zu übergeben.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger wegen vorgerichtlicher Anwaltsgebühren 1.358,86 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte stellt das Vorliegen eines Mangels in Abrede. Es sei mit dem Kläger keine besondere Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, so dass das Fahrzeug nur dem gewöhnlichen Verwendungszwecke dienen müsse. Dem entspreche der gelieferte Wagen. Im Übrigen stelle sich die verlangte Nachlieferung als unverhältnismäßig dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteienvertreter nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist - jedenfalls derzeit - unbegründet.

1. Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass das streitgegenständliche Fahrzeug im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft ist.

Zwar trifft der Einwand der Beklagten unstreitig zu, dass der Wagen uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Auch ist die Behauptung des Klägers, es sei ihm bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, offenkundig unzutreffend. Denn bei dem von ihm erworbenen PKW handelt es sich um einen sogenannten „SUV“ in „sportlicher“ Ausführung, mit hohem Gewicht und hohem Luftwiderstand sowie mit einem Motor, der einen Hubraum von 2 Litern und eine Leistung von 140 PS sowie einen relativ hohen Kraftstoffverbrauch aufweist. Der Erwerb eines Fahrzeuges einer solchen Kategorie lässt aber nicht darauf schließen, dass der Käufer ein besonderes Interesse an einer Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges haben könnte. Abgesehen davon haben konkrete Stickoxid-Emissionswerte für die Kaufentscheidung einer natürlichen Person grundsätzlich keine Bedeutung. Für den Endkunden kommt es im Zusammenhang mit den Emissionen eines Fahrzeugs allenfalls auf die Zertifizierung nach einer bestimmten Emissionsklasse an (so auch LG Bamberg, Urt. v. 19.09.2016, 10 O 129/16). Diese Zertifizierung liegt bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug aber unstreitig weiterhin vor, und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass deren Entzug drohen könnte.

Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeuges kann jedoch erwarten, dass dieses in vollem Umfang den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Denn das den jeweils geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors stellt eine Eigenschaft dar, welche für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist (statt vieler OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, 28 W 14/16 und OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16 in MDR 2016, 1016). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht, weil, wie die V. AG in ihrem Anschreiben vom Februar 2016 selbst eingeräumt hat, „die Stickoxidwerte (NOx) im Vergleich zwischen Prüfstandlauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden“ (Anlage K 9). Angesichts dieses Eingeständnisses und der ausdrücklich eingeräumten Enttäuschung des Vertrauens der Käufer sowie der von dem Kraftfahrtbundesamte geforderten Nachbesserung befremdet es erheblich, dass die Beklagte nun das Vorliegen eines Mangels sehr umfassend in Abrede stellt. Im Übrigen hat, soweit dies aus den in „juris“ veröffentlichten Entscheidungen ersichtlich ist, bislang noch kein Gericht festgestellt, dass die betroffenen Fahrzeuge mangelfrei seien.

2. Dem Kläger steht aber gleichwohl von Rechts wegen derzeit kein Recht auf Nachlieferung eines mangelfreien Neuwagens zu.

Gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB kann der Käufer einer mangelhaften Sache zum Zwecke der geschuldeten Nacherfüllung grundsätzlich wählen, ob er den Mangel beseitigen lassen oder eine mangelfreie Sache geliefert haben will. Allerdings kann der Verkäufer die von dem Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich dann auf die andere Art der Nacherfüllung (§ 439 III BGB). Im gegebenen Falle stellt sich die von dem Kläger gewählte Art der Nacherfüllung als offenkundig unverhältnismäßig dar.

a) Im Falle der Nachlieferung müsste die Beklagte dem Kläger einen Neuwagen übereignen und erhielte den streitgegenständlichen und über zwei Jahre alten Wagen zurück. Dieser hat allein durch den Zeitablauf erheblich an Wert verloren. In Höhe der Differenz zwischen dem Wert beider Fahrzeuge entstünde der Beklagten somit ein beträchtlicher Schaden, weil der Kläger als Verbraucher nicht zu einer Herausgabe der Nutzungen bzw. Wertersatz verpflichtet wäre (§§ 439 IV, 346 I, 474 V 1 BGB). Im Gegensatz dazu kann die Installation eines bloßen Software-Updates der Beklagten keine erheblichen Kosten verursachen. Dies vermag das erkennende Gericht gemäß § 287 II ZPO angesichts ähnlicher Vorgänge an Computern selbst festzustellen, so dass hierfür die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht kommt.

Entgegen der Ansicht des Klägers haben die sehr erheblichen Kosten, welche der V. AG für die Entwicklung dieses Updates entstehen, hier keine entscheidende Bedeutung. Denn zum einen wird dieses Update für eine sehr große Anzahl von Fahrzeugen entwickelt, und zum anderen ist die V. AG hierzu ohnehin verpflichtet.

b) Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist außerdem die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Hier hat der streitgegenständliche Mangel für den Kläger jedoch objektiv nur sehr geringe Bedeutung. Denn er kann und darf das Fahrzeug uneingeschränkt nutzen und würde das Vorliegen des Mangels nicht einmal bemerkt haben, wenn er nicht darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Auch für Dritte ist dieser Mangel bei Besichtigung und Gebrauch des Fahrzeuges nicht feststellbar.

c) Schließlich ist zu prüfen, ob auf die Nachbesserung ohne erhebliche Nachteile für den Kläger zurückgegriffen werden kann. Dies ist zu bejahen. Denn wie bereits festgestellt ergeben sich für den Kläger derzeit keinerlei Beschränkungen der Fahrzeugnutzung. Die Beklagte bzw. die V. AG wird, was auch bereits ausdrücklich zugesichert wurde, sämtliche Kosten für die Nachbesserung übernehmen und, gemäß Erklärung der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung, auch „Ersatzmobilität“ zur Verfügung stellen.

Wegen der uneingeschränkten Nutzbarkeit des Wagens ist auch nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger das längere Zuwarten bis zu der Nachbesserung unzumutbar wäre. Die von ihm zitierten landgerichtlichen Entscheidungen, in denen eine andere Ansicht vertreten wird, können dem Kläger nicht zur Seite stehen. Denn es werden darin z.B. unpassende Vergleiche mit augenscheinlich feststellbaren Lackschäden angestellt (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016, 2 O 83/16) bzw. die Besonderheiten der hiesigen Fallkonstellationen außer Acht gelassen.

Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang auch die Darstellung eines besonderen Vertrauensverlustes. Denn zum einen kann dem beklagten Autohause nach richtiger Ansicht nicht die bei der V. AG vorhandene Kenntnis von den Softwaremanipulationen zugerechnet werden, so dass der Beklagten kein arglistiges Verhalten zur Last fällt (vgl. dazu OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16 in MDR 2016, 1016 und LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2016, 8 O 208/15, jeweils für einen selbständigen Vertragshändler). Zum anderen besteht kein vernünftiger Anlass, den Kauf eines Personenkraftwagens emotional derartig aufzuladen, dass beim Vorliegen eines solch unwesentlichen Mangels jedwedes Vertrauen des Käufers als zerrüttet anzusehen wäre.

d) Den Behauptungen des Klägers, es würde auch nach der angekündigten Softwareaktualisierung der Mangel nicht beseitigt sein, die vertraglich geschuldeten Eigenschaften des Motors würden sich nachteilig verändern und es würde ein merkantiler Minderwert verbleiben und außerdem ein Wegfall von Steuervorteilen drohen, ist derzeit nicht nachzugehen. Denn zum einen hat das Kraftfahrtbundesamt mit seinem Schreiben vom 01.06.2016 erklärt, dass die V. AG nun den Nachweis geführt habe, dass bei den Motoren der auch in dem klägerischen Fahrzeuge verbauten Kennung nach der geforderten Entfernung der Abschalteinrichtung die vorgeschriebenen technischen Anforderungen erfüllt werden (Anlage B 5). Dies muss derzeit genügen, denn kein Sachverständiger könnte diesbezüglich weitergehende Untersuchungen anstellen. Auch an der Neutralität des Kraftfahrbundesamtes bestehen keine Zweifel.

Zum anderen könnten die weitergehenden Behauptungen an dem konkreten Fahrzeug aus naheliegenden Gründen erst dann überprüft werden, wenn die angekündigte Softwareinstallation erfolgt ist. Deshalb ist derzeit auch diesbezüglich das Einholen eines Sachverständigengutachtens nicht geboten.

Auch eine eventuell verbleibende Wertminderung könnte ein Gutachter aktuell nur mit spekulativen Erwägungen abschätzen, weil die Rückruf- und Nachbesserungsaktion derzeit erst durchgeführt wird und deshalb noch kein Markt für bereits nachgebesserte Fahrzeuge besteht. Auf Spekulationen kann aber eine gerichtliche Entscheidung nicht gestützt werden.

e) Aufgrund dieser Sachlage kommt es entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in Betracht, im Wege einer teleologischen Reduktion des § 439 III BGB zu einem Ausschluss des Nachbesserungsrechtes der Beklagten zu gelangen.

Nach den von dem Kläger zitierten gerichtlichen Entscheidungen darf ein Verkäufer zwar eine für ihn unverhältnismäßig nachteilige Art der Nacherfüllung nicht verweigern, wenn sie die einzige Möglichkeit zur Mangelbeseitigung darstellt (EuGH Rs. C-65/09 und C- 87/09 in NJW 2011, 2269; BGHZ 192, 148). Im Streitfall ist aber auch die von der Beklagten angebotene Nachbesserung aus jetziger Sicht geeignet, den Mangel zu beseitigen. Deshalb sind diese Entscheidungen für die Beurteilung des vorliegenden Falles nicht einschlägig.

f) Auch im Hinblick auf eine Verjährung der Mangelbeseitigungsansprüche drohen dem Kläger keinerlei Nachteile. Denn der jetzt von ihm berechtigterweise gerügte Mangel muss von der Beklagten beseitigt werden. Falls diese Nachbesserung tatsächlich ungeeignet und damit selbst mangelhaft sein sollte, etwa weil die Eigenschaften des Motors dadurch nachteilig verändert werden sollten, würde eine neue Pflichtverletzung vorliegen und somit eine neue Verjährungsfrist beginnen (vgl. BGH NJW 2006, 47; OLG Saarbrücken NJW-RR 2012, 285; Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdnrn. 332, 333; Palandt BGB 75.A. § 438, 16 a). Der Kläger hätte dann, ebenso wie bei der Nachlieferung eines mangelhaften Neuwagens, ausreichend Zeit, die Mangelbeseitigung zu fordern.

3. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Kosten der Rechtsverfolgung nach §§ 280, 286 BGB besteht gleichfalls nicht, weil der Klagepartei gegen die Beklagtenpartei keine Hauptforderungen zustanden bzw. zustehen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S.2 ZPO.

III.

Die endgültige Streitwertfestsetzung in der von der Klagepartei angegebenen Höhe beruht auf § 3 ZPO, §§ 39 I, 40, 43 I, 62, 63 II 1 GKG. Die außergerichtlichen Anwaltskosten werden als Nebenforderung geltendgemacht und bleiben daher unberücksichtigt.

Tenor

I. Die Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert des Rechtsstreits wird bis zum 10.08.2016 auf € 44.279,80, auf die Zeit danach auf € 35.704,16 festgesetzt (Teilklagerücknahme).

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines PkW-Kaufvertrages nach erklärtem Rücktritt und erklärter Anfechtung.

Die Beklagte betreibt als VW-Vertragshändlerin einen gewerblichen Kfz-Handel mit Sitz in Der Kläger erwarb als Privatperson im September 2013 bei der Beklagten ein Neufahrzeug des Typs Tiguan mit der FIN: Mit Schreiben vom 18.09.2013 nahm die Beklagte den Auftrag an (vgl. Anlage K1). Die Auftragsbestätigung endete auf einen Kaufpreis von 47.839,00 €. Nach Rabattierung und Inzahlungnahme eines gebrauchten … betrug der Kaufpreis 39.636,00 €. Die Klägerseite holte das Neufahrzeug am 20.11.2013 im Werk in Wolfsburg ab. Das Fahrzeug wurde fortan vom Sohn des Klägers, dem Zeugen …H, genutzt.

In der Folgezeit traten mehrere Mängel an dem Fahrzeug auf, einige davon sind unstreitig:

Im Januar 2014 gab es Probleme mit dem Automatikgetriebe und der Zeuge … vernahm Geräusche beim Hochschalten der Gänge. Am 17./18.03.2014 tauschte die Beklagte das Automatikgetriebe kostenfrei aus. Im Juni 2015 löste sich der Heckspoiler an dem Fahrzeug. Das Panoramadach schloss nicht mehr richtig. Das Fahrzeug befand sich am 13.06.2015 in der Werkstatt der Beklagten, die beiden Mängel wurden behoben. Das Fahrzeug war erneut am 14.07.2015 in der Werkstatt der Beklagten, der Heckspoiler wurde nachgebessert.

Des Weiteren ist das Fahrzeug mit dem Motor der Baureihe Ea189 mit 2,0 Liter Hubraum ausgestattet. Das Fahrzeug ist vom sogenannten „VW-Abgasskandal“ betroffen. Es steht in Verbindung mit einer manipulierten Abgassoftware, welche Stickoxidwerte im Prüfstandlauf in gesetzlich unzulässiger Weise optimiert. Nur aufgrund der manipulierten Software, die erkennt, ob das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird oder sich auf der Straße befindet, hält der genannte Motor die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte ein. Die für das Fahrzeug erteilte EG-Typengenehmigung ist unverändert wirksam und wurde nicht aufgehoben. Die Fahrbereitschaft und die technische Sicherheit wird hierdurch nicht beeinträchtigt. Das Herstellerwerk VW stimmte mit dem Kraftfahrt-Bundesamt die konkreten technischen Maßnahmen für die betroffenen Motoren ab. Die von Volkswagen entwickelten technischen Lösungen sehen für die 2,0 Liter-Motoren ein Software-Update vor, welches ohne Eingriff in die sonstige Technik vorgenommen werden kann.

Durch die Maßnahme soll der Ausstoß an Stickoxiden insoweit reduziert werden, dass die einschlägigen Grenzwerte eingehalten werden. Der zeitliche Ablauf der Umsetzung der Maßnahme steht noch nicht fest. Nach Überprüfung des ersten Fahrzeugtyps, des VW-Amorak, hatte das Kraftfahrt-Bundesamt mit Bescheid vom 27.01.2016 festgestellt, dass alle im Hinblick auf Schadstoffemissionen geltenden Grenzwerte und sonstigen Anforderungen eingehalten werden. Zum anderen hatte das Kraftfahrt-Bundesamt bestätigt, dass die Umsetzung der technischen Maßnahmen keinerlei negativen Auswirkungen auf Kraftstoffverbrauchswerte, Co2-Emissionswerte, Motorleistung, Drehmoment und Geräuschemissionen geführt hat. Am 04.04.2016 hatte das Bundesamt dies auch für die verschiednen Motoren der Modelle … bestätigt.

Mit Schreiben vom 10.11.2015 (Anlage K2) erklärte der Kläger auf Grund der aufgetretenen Mängel den Rücktritt vom Kaufvertrag und höchstvorsorglich im Hinblick auf den sogenannten Abgasskandal die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung. Der Kläger ließ sich im Rahmen der Aufforderung für die zurückgelegten 12.000 km einen Betrag in Höhe von 3.559,20 € anrechnen (je gefahrene 1.000 km 0,62% des Kaufpreises). Der Kläger forderte zur Rückzahlung des Betrages bis zum 24.11.2015 auf. Die Frist verstrich fruchtlos.

Die Beklagte erhob mit Schriftsatz vom 03.05.2016 die Einrede der Verjährung und die Einrede der Zugum-Zug-Verurteilung.

Der Kläger trägt vor, dass weitere Mängel an dem Fahrzeug aufgetreten seien. Der Abdichtungsgummi an der Beifahrertüre habe sich gelöst und nunmehr hätten sich weiße Streifen im Bereich der beiden Heckleuchten im roten Glas gebildet. Zwischenzeitlich sei Wasser in den Kofferraum gelaufen.

Der Kläger trägt mit Klageschriftsatz vom 23.03.2016 vor, dass er bzw. sein Sohn zwischenzeitlich mit dem PkW 12.000 km zurückgelegt habe. Daher ergebe sich eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 3.559,20 € (0,62% je gefahrener 1.000 km).

Der Kläger ist der Rechtsansicht, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um ein sogenanntes „Zitronenauto“ handle. Eine weitere Aufforderung zur Nachbesserung der weißen Streifen in den roten Heckleuchten sei ihm nicht zumutbar. Hinzu komme, dass das Fahrzeug von der Abgasthematik betroffen sei. Der Rücktritt könne ohne weitere Fristsetzung erklärt werden, ein Festhalten am Kaufvertrag sei dem Kläger nicht länger zumutbar. Der Umstand, dass das Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist, stelle einen Mangel im Rechtssinne dar. Es sei zweifelhaft, ob eine erfolgreiche Nachbesserung möglich ist. Die Absichtserklärung von der V. AG sei eine reine Vermutung.

Jedenfalls sei die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in der Sache hilfsweise begründet. Die Beklagte müsse sich die Kenntnis bzw. das Wissen der V. AG zurechnen lassen, nachdem sie durch ihr Auftreten als VW-Vertragshändlerin unter der Bezeichnung, "..." ein besonderes Vertrauen in Anspruch nehme. Der Mangel sei nicht unerheblich. Für die Anfechtung komme es ohnehin nur auf die Täuschung und deren Ursächlichkeit bei der Willensbildung an.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 03.08.2016 (Blatt 50 der Akte) seine Klage teilweise zurückgenommen.

Der Kläger beantragt daher zuletzt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35.704,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2015 Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw's Marke: „...“, Typ: ..., ..., …H", FIN: ...zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 706,94 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte bestreitet die weitergehenden Mängelbehauptungen der Klägerseite. Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerseite mit dem Fahrzeug seit Übergabe lediglich 12.000 km zurückgelegt habe.

Die Beklagte trägt vor, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ein reines Software-Update erhalten werde. Die hierfür erforderliche Arbeitszeit werde in einer Vertragswerkstatt rund eine halbe Stunde betragen. Die Kosten würden sich auf deutlich unter 100,00 € belaufen. Die Behauptung, warum sich das Software-Update negativ auf den technischen Zustand auswirken soll, sei nicht nachvollziehbar.

Die Beklagte ist der Rechtsansicht, dass der erklärte Rücktritt ins Leere gehe. Der Kläger hätte der Beklagten noch einmal eine Frist zur Mangelbehebung setzen müssen. Ein „Zitronenauto“ liege nicht vor, eine weitere Mangelbeseitigung sei dem Kläger zumutbar. Die Abgasthematik sei völlig unerheblich und könne nicht zur Rückabwicklung des Kaufvertrages führen. In Anbetracht der Gesamtumstände sei eine längere Frist zur Behebung angemessen.

Die Beklagte ist weiter der Ansicht, dass eine arglistige Täuschung bei Vertragsschluss nicht vorliege. Der Beklagen sei in diesem Zeitraum die Problematik um den Abgasskandal in jeder Hinsicht unbekannt gewesen. Eine Zurechnung scheide aus, da die Beklagte die Täuschung weder gekannt, noch hätte kennen müssen. Die Kaufentscheidung des Klägers beruhe nicht auf einer behaupteten, arglistigen Täuschung.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Rahmen der öffentlichen Sitzung vom 29.08.2016 (vgl. Seite 3 des Protokolls, Blatt 71 der Akte). Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme des Zeugen …H. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29.08.2016 (Blatt 69 ff. der Akte), sowie die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages nach den Vorschriften der § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 433 Abs. 1, § 346 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Nr. 1, § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB und keinen Anspruch wegen erfolgreicher Anfechtung nach den Vorschriften der § 123 Abs. 1, Abs. 2, § 143 Abs. 1, § 142 Abs. 1 i. V. m. § 812 Abs. 1 BGB.

I.

Kein wirksamer Rücktritt vom Kaufvertrag mit Schreiben vom 10.11.2015 Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages auf Grund des erklärten Rücktritts gemäß § 346 Abs. 1 BGB. Nach Würdigung aller Umstände liegt kein sogenanntes „Zitronenauto“ vor. Hinsichtlich der Betroffenheit von der Abgasthematik ist bereits kein Mangel gegeben. Jedenfalls sind beide Mängel in einer Gesamtschau völlig unerheblich.

1. Das Gericht geht nach der durchgeführten Beweisaufnahme durch Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs vor dem Gerichtsgebäude davon aus, dass zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung zwei Mängel vorliegen.

Das Gericht konnte sich davon überzeugen, dass sich am Fahrzeug an den Heckleuchten im roten Bereich jeweils ein ca. 4 cm großer weißer Streifen befindet. Diese Farbauffälligkeit ist bei Sachen gleicher Art unüblich und der Käufer hat diese nicht zu erwarten (§ 434 Abs. 1 S. 3 BGB). Wohl ausgeschlossen werden kann, dass dieser Mangel bereits bei Gefahrübergang im Sinne des § 446 BGB vorlag. Die zeitliche Vermutung des § 476 BGB hilft nicht weiter. Die Klägerseite trägt vor, dass die Streifen „nunmehr“ aufgetreten seien (S. 3 der Klageschrift, Bl. 3 der Akte). Vor diesem Hintergrund stützt die Klägerseite ihr Rückabwicklungsbegehren auf die (abstrakte) Fehleranfälligkeit des Fahrzeugs an sich.

Hinsichtlich der Abgasthematik liegt ein Verstoß gegen § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB vor. Das Fahrzeug eignet sich zwar trotz der manipulierten Abgassoftware für die gewöhnliche Verwendung im Straßenverkehr. Es weist angesichts der Manipulation aber keine Beschaffenheit auf, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten darf. Ein Durchschnittskäufer eines Neufahrzeuges kann davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nicht nur deshalb eingehalten und entsprechend ausgewiesen werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandlauf erkannt und über entsprechende Programmierung der Motorsteuerung in gesetzlich unzulässiger Weise insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird. Mit anderen Worten basiert die Mangelhaftigkeit darauf, dass die Vorgaben im Prüfstandlauf nur aufgrund der manipulierten Software eingehalten werden (vgl. in diese Richtung: LG Bochum, Urteil vom 16.03.2016, I-2 O 425/15; LG Münster, Urteil vom 14.03.2016, 11 O 341/15). Zwar ist nach allgemeiner Auffassung bei der Festlegung des Vorstellungsbildes auf den Durchschnittskunden abzustellen, doch ist auch bei ihm zu unterstellen, dass er jedenfalls davon ausgeht, dass der Realbetrieb mit dem Testbetrieb übereinstimmt (Weidenkaff in Palandt, BGB, 75. Auflage 2016, § 434 Rz. 30).

2. Im konkreten Fall war es dem Kläger zumutbar eine angemessene Frist zur Behebung der Mängel zu setzen (Regelfall nach § 323 Abs. 1 BGB).

Ob auf eine nach § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich erforderliche, im Streitfall aber unterbliebene Fristsetzung des Käufers zur Nacherfüllung verzichtet werden darf, richtet sich nach den Bestimmungen in § 323 Abs. 2 und § 440 BGB, in denen die Voraussetzungen, unter denen eine Fristsetzung zur Nacherfüllung für einen Rücktritt vom Kaufvertrag ausnahmsweise entbehrlich ist, abschließend geregelt sind (vergleiche BGH, Urteil vom 13.07.2011, XIII ZR 215/10 = NJW 2011, 3435, Rz. 31). Allgemein anerkannt ist, dass im Einzelfall betreffend ein mit dem Schlagwort „Montagsauto“ bezeichnete Mangelhaftigkeit ein weiteres Nacherfüllungsverlangen des Käufers unzumutbar (§ 440 Satz 1, Alt. 3 BGB) machen kann. Die Beurteilung, ob die Nacherfüllung den Käufer auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls unzumutbar ist, ist das Ergebnis einer wertenden Betrachtung und Berücksichtigung aller Einzelumstände. Ein Neufahrzeug ist dann als „Montagsauto“ zu qualifizieren, wenn der bisherige Geschehensablauf aus Sicht eines verständigen Verkäufers bei wertender und prognostischer Betrachtung die Befürchtung rechtfertigt, es handele sich um ein Fahrzeug, das wegen seiner auf herstellungsbedingten Qualitätsmängel -namentlich auf schlechter Verarbeitung beruhende Fehleranfälligkeit - insgesamt mangelhaft ist und das auch zukünftig nicht über längere Zeit frei von herstellungsbedingten Mängeln sein wird (OLG Düsseldorf in NJW-RR 2011, 1276; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Auflage, Rz. 983 f.). Regelmäßig erforderlich ist, dass sich innerhalb eines kürzeren Zeitraums eine Vielzahl herstellungsbedingter, auch kleinerer Mängel zeigt, die entweder wiederholt oder erstmals auftreten (OLG Hamm, Urteil vom 26.02.2008, Az. 28 U 135/07, Rz. 26). Entscheidend ist aber letztlich, ob bei verständiger Würdigung aus Sicht des Käufers das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Herstellung des Fahrzeugs durch die zu Tage getretene Fehleranfälligkeit ernsthaft erschüttert worden ist. Ist dies der Fall, ist dem Kunden eine Nacherfüllung regelmäßig nicht mehr zumutbar (OLG Bamberg, Urteil vom 10.04.2006, Az. 4 U 295/05 = DAR 2006, 456). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann gegebenenfalls in Verbindung mit anderen Umständen etwa einer Unzuverlässigkeit des Verkäufers, oder wegen einer (gemessen an den Bedürfnissen des Käufers) zu langen Dauer der Nacherfüllungsarbeiten die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass im Januar 2014 ein Problem mit dem Automatikgetriebe auftrat. Nach den Aufzeichnungen der Parteien ist weiter unstreitig, dass im Juni 2015 und Juli 2015 der Mangel am Heckspoiler des Fahrzeugs behoben wurde. Nach unbestrittenem Sachvortrag gab es auch Probleme mit dem Panoramadach. Das Problem mit dem Abdichtungsgummi an der Tür kann dahinstehen. Das Gericht geht selbst unter Berücksichtigung aller klägerseits vorgetragenen Mängel (einschließlich der Abgasproblematik) davon aus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug gerade nicht um ein sogenanntes „Montagsauto/ Zitronenauto“ handelt. Trotz der Häufung der Mängel ist dem Kläger zuzumuten, eine weitere Nachbesserungsfrist zu setzen. Das Gericht lässt sich dabei von folgenden Erwägungen leiten:

a) In zeitlicher und qualitativer Hinsicht ist auszuführen, dass seit Gefahrübergang im November 2013 insgesamt sechs Mängel vorlagen, wobei die Klägerseite eine Strecke von 16.000 km zurücklegen konnte. Bis auf den Mangel mit dem Automatikgetriebe sind diese unerheblich und konnten bzw. können durch einfache technische Eingriffe und ohne großen Aufwand beseitigt werden. Bei den weißen Streifen handelt es sich um eine minimale optische Beeinträchtigung. Durch Inaugenscheinnahme konnte festgestellt werden, dass die Farbunterschiede mit einem Abstand von ca. drei Metern vom Fahrzeug entfernt schon nicht mehr wahrgenommen werden konnten. Es ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Mangel in kürzester Zeit in einer Fachwerkstatt behoben werden kann.

Der Mangel rund um den Abgasskandal ist unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Im Rahmen der Erheblichkeitsprüfung ist eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Bei behebbaren Mängeln ist anerkannt, dass grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung abzustellen ist (BGH, Urteil vom 28.05.2014, VIII ZR 94/13). Hier ist nach derzeitigem Erkenntnisstand der Mangel behebbar, dies wird von der Beklagtenseite auch nicht bestritten. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat dem von der V. AG vorgelegten Maßnahmeplan zugestimmt, so dass nach Einschätzung des Bundesamtes eine Beseitigung des Mangels erfolgt sein wird. Von einer Geringfügigkeit eines behebbaren Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ist nach dem BGH in der Regel auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind (BGH a.a.O.). Bei einem Mangelbeseitigungsaufwand von unter 1% des Kaufpreises liegt dieser ohne Zweifel unterhalb der Bagatellgrenze (BGH, Urteil vom 14.09.2005, VIII ZR 363/04, Rn. 43, juris). Für eine Abweichung vom Regelfall gibt es keine Veranlassung. Der Kläger hat nichts substantiiert vorgetragen, warum das Einspielen eines Softwareupdates höhere Kosten verursachen soll.

b) Im Hinblick auf die Beeinträchtigungen des Käufers ist auszuführen: Für den Austausch des Automatikgetriebes war das Fahrzeug lediglich zwei Tage in der Werkstatt der Beklagten. Der Austausch erfolgte auf Kosten der Beklagtenseite. Der Heckspoiler wurde am Tage der Vorstellung repariert. Es ist davon auszugehen, dass die weißen Streifen und der Abdichtungsgummi innerhalb kürzester Zeit repariert werden könnten. Die Beklagtenseite trägt vor, dass das Aufspielen der Software nicht einmal eine Arbeitsstunde in Anspruch nehmen würde. Dieser Vortrag ist nachvollziehbar und von Klägerseite wird nicht substantiiert erwidert. Mithin musste bzw. muss die Klägerseite zu keinem Zeitpunkt über einen längeren Zeitraum auf die Nutzung des Fahrezeugs verzichten. Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang nicht vor, dass er unbedingt auf das Fahrzeug angewiesen sei und sich um Ersatz bemühen muss.

c) In technischer Hinsicht ist zu berücksichtigen: Die aufgetretenen Mängel sind unterschiedlichster Natur. Der Mangel mit dem Automatikgetriebe ist dem technischen Bereich zuzuordnen, bei den Problemen mit dem Abdichtungsgummi und dem Panoramadach handelt es sich um Feuchtigkeitsprobleme. Bei den aufgetretenen weißen Streifen handelt es sich um optische Beeinträchtigungen, die Abgasthematik betrifft wiederum einen ganz anderen Bereich. Vor diesem Hintergrund muss der Kläger eben nicht davon ausgehen, dass gleichgelagerte Probleme innerhalb kürzester Zeit wieder auftreten werden. Anhaltspunkte hierfür liegen nicht vor.

d) Das Gericht bezieht bei der Würdigung und Abwägung die Höhe des Kaufpreises in Höhe von 39.636,00 € mit ein. Es handelt sich um ein neues Fahrzeug der gehobenen Klasse mit umfangreicher technischer Ausstattung. Das Gericht ist der Ansicht, dass gerade in diesem Fall dem Käufer ein gewisses Maß an Geduld auferlegt werden muss, bevor die erheblichen Nachteile des Rücktritts den Verkäufer treffen.

e) Das Gericht lässt sich weiter bei seiner Abwägung von den Vorgaben des Bundesgerichtshofes im Urteil vom 23.01.2013, VIII ZR 140/12 leiten. Im dortigen Fall traten bei einem neuen Wohnmobil seit Ablieferung am 14.06.2008 innerhalb von circa 1,5 Jahren unzählige Mängel auf und der Käufer musste das Fahrzeug circa 20 Mal in die Werkstatt der Verkäuferin verbringen. Vorliegend verhalten sich die Umstände anders: In einem Zeitraum von circa 2,5 Jahren traten vereinzelt an unterschiedlichsten Bauteilen Mängel auf und die Klägerseite musste auf das Fahrzeug nicht länger verzichten.

Auch in einer Gesamtschau ist die im Regelfall vorgesehene Fristsetzung nicht entbehrlich. Die Klage ist diesbezüglich als derzeit unbegründet abzuweisen.

Hilfsweise Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Das Gericht geht davon aus, dass keine Kausalität zwischen einer angeblichen Täuschung und dem Abschluss des Kaufvertrages bestand.

Voraussetzung des Anspruches ist, dass der angeblich Getäuschte ohne die Täuschung überhaupt nicht, oder mit einem anderen Inhalt abgegeben hätte (BGH NJW 1964, 811; Ellenberger in Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 123 Rz. 24). Dieses Kausalitätserfordernis ist nur dann erfüllt, wenn der Kläger den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn er die Verwendung der Software gekannt hätte. Der Kläger trägt nicht vor, dass seine Kaufentscheidung gerade von einem bestimmten Ausstoß an Stickoxiden im Prüfbetrieb abhing. Es ist davon auszugehen, dass dieser Umstand für die Kaufentscheidung überhaupt keine Rolle spielte. Für den Endkunden kommt es im Zusammenhang mit den Emissionen eines Fahrzeugs allenfalls auf die Zertifizierung nach einer bestimmten Emissionsklasse an. Gerade diese Zertifizierung liegt bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug weiterhin vor. Es ist unstreitig, dass das Kraftfahrt-Bundesamt die wirksame EG-Typengenehmigung nicht aufgehoben hat. Es widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Emission von Stickoxiden im Prüfbetrieb bei der Kaufentscheidung einer natürlichen Person eine Rolle spielt.

Dies lässt sich auch zwanglos aus den vorgelegten Unterlagen ableiten. Aus der inhaltlichen Gestaltung des Schreibens vom 10.11.2015 (Anlage K2) geht hervor, dass die Abgasthematik vordergründig als Grund für den Rücktritt vom Kaufvertrag herangezogen wurde. Der Kläger trägt vor, dass es sich um ein sogenanntes „Montagsbzw. Zitronenauto“ handle und dies deshalb umso mehr, als es aller Voraussicht nach im Rahmen der Beseitigung des Mangels betreffend des Abgasskandales zu einer Leistungseinbuße verbunden mit einem Mehrverbrauch kommen werde. „Höchstvorsorglich und gleichzeitig“ wird die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt (vgl. Anlage K2) Weitere Ausführungen hierzu finden sich nicht.

Hinzu kommt, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Zeuge …H das Fahrzeug seines Vaters (ausschließlich) nutzte. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger sich demnach überhaupt keine Vorstellung von dem Ausstoß der Stickoxide im Prüfbetrieb bei seiner Kaufentscheidung gemacht hat. Er sollte das Fahrzeug ohnehin nicht nutzen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 Satz 1, 2 ZPO.

Der Streitwert bemisst sich nach § 3 ZPO in Verbindung mit § 63 GKG.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 28.665,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit dem sog. ...-Abgasskandal auf Nachlieferung eines mangelfreien PKW in Anspruch.

Als „...-Abgasskandal“ (auch „...-Abgasaffäre“ oder gar „Dieselgate“ genannt) wird ein seit dem 18.09.2015 aufgedeckter Vorgang bezeichnet, bei dem die V. AG zur Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte bestimmter Dieselmotoren eine illegale elektronische „Abschalteinrichtung“ in der Motorsteuerung verwendete, um die US-amerikanischen Abgasnormen zu umgehen. Hierzu erkennt eine bestimmte Software, ob sich das Kraftfahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte oder aber im üblichen Straßenverkehr befindet. Auf dem Rollenprüfstand lässt die eingebaute Software im Hinblick auf den Stickstoff-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ablaufen als im Normalbetrieb. Dadurch wurden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt und konnten die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Betroffen sind auch in Europa zugelassene Fahrzeuge sowie PKW von Audi, Porsche, Seat und Skoda.

Im Hinblick auf diese Tatsache forderte das Kraftfahrt- Bundesamt (KBA) mit Bescheid vom 14.10.2015 (Gz.: ...) die V. AG auf, die in Deutschland betroffenen ca. 2,4 Millionen Fahrzeuge zurückzurufen, die unzulässige „Abschalteinrichtung“ zu entfernen und den Nachweis zu führen, dass danach alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Ein entsprechender Bescheid vom 11.12.2015 erging an die A. AG (Gz.: ...).

Dieser Aufforderung kommt die V. AG seit Januar 2016 sukzessive nach und lässt bei den betroffenen Fahrzeugen in den Werkstätten eine andere Software installieren. Der Konzern sichert zu, dass durch dieses Update die Eigenschaften der Fahrzeuge, vor allem deren Kraftstoffverbrauch, nicht negativ verändert würden.

Der Kläger erwarb am 25.02.2014 bei der Beklagten den streitgegenständlichen PKW ... „Sport & Style“ zum Preis von 28.665,00 €. Den Kaufpreis finanzierte er über einen Darlehensvertrag bei der V. Bank GmbH, welche deshalb den Fahrzeugbrief in Besitz hat.

In diesem Fahrzeuge ist ein von der oben beschriebenen Affäre betroffener Dieselmotor des Typs EA189 verbaut. Im Jahre 2015 erhielt der Kläger von dem Fahrzeughersteller eine Mitteilung, dass der Motor „von einer Software betroffen ist, die Stickoxidwerte (NOx) im Prüfstandlauf (NEFZ) optimiert“, dass das Fahrzeug jedoch technisch sicher und fahrbereit ist, und dass man es bedauere, das Vertrauen des Klägers enttäuscht zu haben (Anlage K 5). Eine aktualisierte Fassung dieses Anschreibens erhielt er im Februar 2016, in welchem Einzelheiten der Rückrufaktion mitgeteilt wurden (Anlage K 9).

Der Kläger ließ durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten im November 2015 die Beklagte auffordern, ihm einen typgleichen Neuwagen zu liefern. Die Beklagte lehnte dies ab und verwies den Kläger darauf, dass derzeit mit Hochdruck die nötigen Softwareupdates entwickelt würden und sein Fahrzeug dann nachgebessert werde (Anlagen K 6 und 7).

Gemäß einem Schreiben des KBA vom 01.06.2016 hat die V. AG nun den Nachweis geführt, dass bei den Motoren der auch in dem klägerischen Fahrzeuge verbauten Kennung nach der geforderten Entfernung der Abschalteinrichtung die vorgeschriebenen technischen Anforderungen erfüllt werden (Anlage B 5).

Der Kläger behauptet nun unter anderem, dass durch die geplanten Updates keine vollständige Mangelfreiheit zu erreichen sei. Insbesondere seien höherer Kraftstoffverbrauch, geringere Motorenleistung, höherer Wartungsaufwand, der Wegfall von Steuervorteilen und verbleibende Wertminderung zu befürchten. Im Übrigen sei es ihm bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, mit welcher ausdrücklich geworben wird.

Der Kläger ist unter anderem der Ansicht, dass er - Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges - einen Anspruch auf die gewünschte Nachlieferung habe und sich nicht auf Nachbesserung verweisen lassen müsse. Bezüglich des Auftretens von Folgeproblemen müsse ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Außerdem verlangt er die Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger beantragt mit der am 15.01.2016 eingereichten und am 02.02.2016 zugestellten Klage zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen Neuwagen der Marke ...-PKW,

Modell:

5N223X ... Sport & Style BM Techn. 2,0 l TDI 103 kW (140 Ps), 6-Gang.

Leistung:

103 kW/141 PS

Farbe:

2T2T Deep Black Perleffekt

Innenausstattung:

50Titanschwarz-Grau/Titanschwarz/Schwarz/Perlgrau

Mehrausstattungen:

– 1D4 Anhängevorrichtung manuell anklappbar

– W6C „CUP“

– 0NA Entfall der Schriftzüge für die Modell- und Motorbezeichnung an der Gepäckraumklappe

– 3GN Gepäckraumboden herausnehmbar

– 8T2 Geschwindigkeitsregelanlage

Zubehör:

– A1 Erlebnispaket nebst dazugehörigem KFZ-Schein

2. Die Beklagte wird verurteilt, den zu dem in vorstehendem Antrag Ziffer 1 genannten ...-PKW zugehörigen Kraftfahrzeugbrief der V. Bank GmbH, G. Straße ..., B., zu Darlehensvertrag Nr.: ..., zu übergeben.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger wegen vorgerichtlicher Anwaltsgebühren 1.358,86 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte stellt das Vorliegen eines Mangels in Abrede. Es sei mit dem Kläger keine besondere Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, so dass das Fahrzeug nur dem gewöhnlichen Verwendungszwecke dienen müsse. Dem entspreche der gelieferte Wagen. Im Übrigen stelle sich die verlangte Nachlieferung als unverhältnismäßig dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteienvertreter nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist - jedenfalls derzeit - unbegründet.

1. Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass das streitgegenständliche Fahrzeug im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft ist.

Zwar trifft der Einwand der Beklagten unstreitig zu, dass der Wagen uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Auch ist die Behauptung des Klägers, es sei ihm bei dem Abschluss des Kaufvertrages auf die besondere Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges angekommen, offenkundig unzutreffend. Denn bei dem von ihm erworbenen PKW handelt es sich um einen sogenannten „SUV“ in „sportlicher“ Ausführung, mit hohem Gewicht und hohem Luftwiderstand sowie mit einem Motor, der einen Hubraum von 2 Litern und eine Leistung von 140 PS sowie einen relativ hohen Kraftstoffverbrauch aufweist. Der Erwerb eines Fahrzeuges einer solchen Kategorie lässt aber nicht darauf schließen, dass der Käufer ein besonderes Interesse an einer Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges haben könnte. Abgesehen davon haben konkrete Stickoxid-Emissionswerte für die Kaufentscheidung einer natürlichen Person grundsätzlich keine Bedeutung. Für den Endkunden kommt es im Zusammenhang mit den Emissionen eines Fahrzeugs allenfalls auf die Zertifizierung nach einer bestimmten Emissionsklasse an (so auch LG Bamberg, Urt. v. 19.09.2016, 10 O 129/16). Diese Zertifizierung liegt bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug aber unstreitig weiterhin vor, und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass deren Entzug drohen könnte.

Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeuges kann jedoch erwarten, dass dieses in vollem Umfang den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Denn das den jeweils geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors stellt eine Eigenschaft dar, welche für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist (statt vieler OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, 28 W 14/16 und OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16 in MDR 2016, 1016). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht, weil, wie die V. AG in ihrem Anschreiben vom Februar 2016 selbst eingeräumt hat, „die Stickoxidwerte (NOx) im Vergleich zwischen Prüfstandlauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden“ (Anlage K 9). Angesichts dieses Eingeständnisses und der ausdrücklich eingeräumten Enttäuschung des Vertrauens der Käufer sowie der von dem Kraftfahrtbundesamte geforderten Nachbesserung befremdet es erheblich, dass die Beklagte nun das Vorliegen eines Mangels sehr umfassend in Abrede stellt. Im Übrigen hat, soweit dies aus den in „juris“ veröffentlichten Entscheidungen ersichtlich ist, bislang noch kein Gericht festgestellt, dass die betroffenen Fahrzeuge mangelfrei seien.

2. Dem Kläger steht aber gleichwohl von Rechts wegen derzeit kein Recht auf Nachlieferung eines mangelfreien Neuwagens zu.

Gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB kann der Käufer einer mangelhaften Sache zum Zwecke der geschuldeten Nacherfüllung grundsätzlich wählen, ob er den Mangel beseitigen lassen oder eine mangelfreie Sache geliefert haben will. Allerdings kann der Verkäufer die von dem Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich dann auf die andere Art der Nacherfüllung (§ 439 III BGB). Im gegebenen Falle stellt sich die von dem Kläger gewählte Art der Nacherfüllung als offenkundig unverhältnismäßig dar.

a) Im Falle der Nachlieferung müsste die Beklagte dem Kläger einen Neuwagen übereignen und erhielte den streitgegenständlichen und über zwei Jahre alten Wagen zurück. Dieser hat allein durch den Zeitablauf erheblich an Wert verloren. In Höhe der Differenz zwischen dem Wert beider Fahrzeuge entstünde der Beklagten somit ein beträchtlicher Schaden, weil der Kläger als Verbraucher nicht zu einer Herausgabe der Nutzungen bzw. Wertersatz verpflichtet wäre (§§ 439 IV, 346 I, 474 V 1 BGB). Im Gegensatz dazu kann die Installation eines bloßen Software-Updates der Beklagten keine erheblichen Kosten verursachen. Dies vermag das erkennende Gericht gemäß § 287 II ZPO angesichts ähnlicher Vorgänge an Computern selbst festzustellen, so dass hierfür die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht kommt.

Entgegen der Ansicht des Klägers haben die sehr erheblichen Kosten, welche der V. AG für die Entwicklung dieses Updates entstehen, hier keine entscheidende Bedeutung. Denn zum einen wird dieses Update für eine sehr große Anzahl von Fahrzeugen entwickelt, und zum anderen ist die V. AG hierzu ohnehin verpflichtet.

b) Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist außerdem die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Hier hat der streitgegenständliche Mangel für den Kläger jedoch objektiv nur sehr geringe Bedeutung. Denn er kann und darf das Fahrzeug uneingeschränkt nutzen und würde das Vorliegen des Mangels nicht einmal bemerkt haben, wenn er nicht darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Auch für Dritte ist dieser Mangel bei Besichtigung und Gebrauch des Fahrzeuges nicht feststellbar.

c) Schließlich ist zu prüfen, ob auf die Nachbesserung ohne erhebliche Nachteile für den Kläger zurückgegriffen werden kann. Dies ist zu bejahen. Denn wie bereits festgestellt ergeben sich für den Kläger derzeit keinerlei Beschränkungen der Fahrzeugnutzung. Die Beklagte bzw. die V. AG wird, was auch bereits ausdrücklich zugesichert wurde, sämtliche Kosten für die Nachbesserung übernehmen und, gemäß Erklärung der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung, auch „Ersatzmobilität“ zur Verfügung stellen.

Wegen der uneingeschränkten Nutzbarkeit des Wagens ist auch nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger das längere Zuwarten bis zu der Nachbesserung unzumutbar wäre. Die von ihm zitierten landgerichtlichen Entscheidungen, in denen eine andere Ansicht vertreten wird, können dem Kläger nicht zur Seite stehen. Denn es werden darin z.B. unpassende Vergleiche mit augenscheinlich feststellbaren Lackschäden angestellt (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016, 2 O 83/16) bzw. die Besonderheiten der hiesigen Fallkonstellationen außer Acht gelassen.

Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang auch die Darstellung eines besonderen Vertrauensverlustes. Denn zum einen kann dem beklagten Autohause nach richtiger Ansicht nicht die bei der V. AG vorhandene Kenntnis von den Softwaremanipulationen zugerechnet werden, so dass der Beklagten kein arglistiges Verhalten zur Last fällt (vgl. dazu OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16 in MDR 2016, 1016 und LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2016, 8 O 208/15, jeweils für einen selbständigen Vertragshändler). Zum anderen besteht kein vernünftiger Anlass, den Kauf eines Personenkraftwagens emotional derartig aufzuladen, dass beim Vorliegen eines solch unwesentlichen Mangels jedwedes Vertrauen des Käufers als zerrüttet anzusehen wäre.

d) Den Behauptungen des Klägers, es würde auch nach der angekündigten Softwareaktualisierung der Mangel nicht beseitigt sein, die vertraglich geschuldeten Eigenschaften des Motors würden sich nachteilig verändern und es würde ein merkantiler Minderwert verbleiben und außerdem ein Wegfall von Steuervorteilen drohen, ist derzeit nicht nachzugehen. Denn zum einen hat das Kraftfahrtbundesamt mit seinem Schreiben vom 01.06.2016 erklärt, dass die V. AG nun den Nachweis geführt habe, dass bei den Motoren der auch in dem klägerischen Fahrzeuge verbauten Kennung nach der geforderten Entfernung der Abschalteinrichtung die vorgeschriebenen technischen Anforderungen erfüllt werden (Anlage B 5). Dies muss derzeit genügen, denn kein Sachverständiger könnte diesbezüglich weitergehende Untersuchungen anstellen. Auch an der Neutralität des Kraftfahrbundesamtes bestehen keine Zweifel.

Zum anderen könnten die weitergehenden Behauptungen an dem konkreten Fahrzeug aus naheliegenden Gründen erst dann überprüft werden, wenn die angekündigte Softwareinstallation erfolgt ist. Deshalb ist derzeit auch diesbezüglich das Einholen eines Sachverständigengutachtens nicht geboten.

Auch eine eventuell verbleibende Wertminderung könnte ein Gutachter aktuell nur mit spekulativen Erwägungen abschätzen, weil die Rückruf- und Nachbesserungsaktion derzeit erst durchgeführt wird und deshalb noch kein Markt für bereits nachgebesserte Fahrzeuge besteht. Auf Spekulationen kann aber eine gerichtliche Entscheidung nicht gestützt werden.

e) Aufgrund dieser Sachlage kommt es entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in Betracht, im Wege einer teleologischen Reduktion des § 439 III BGB zu einem Ausschluss des Nachbesserungsrechtes der Beklagten zu gelangen.

Nach den von dem Kläger zitierten gerichtlichen Entscheidungen darf ein Verkäufer zwar eine für ihn unverhältnismäßig nachteilige Art der Nacherfüllung nicht verweigern, wenn sie die einzige Möglichkeit zur Mangelbeseitigung darstellt (EuGH Rs. C-65/09 und C- 87/09 in NJW 2011, 2269; BGHZ 192, 148). Im Streitfall ist aber auch die von der Beklagten angebotene Nachbesserung aus jetziger Sicht geeignet, den Mangel zu beseitigen. Deshalb sind diese Entscheidungen für die Beurteilung des vorliegenden Falles nicht einschlägig.

f) Auch im Hinblick auf eine Verjährung der Mangelbeseitigungsansprüche drohen dem Kläger keinerlei Nachteile. Denn der jetzt von ihm berechtigterweise gerügte Mangel muss von der Beklagten beseitigt werden. Falls diese Nachbesserung tatsächlich ungeeignet und damit selbst mangelhaft sein sollte, etwa weil die Eigenschaften des Motors dadurch nachteilig verändert werden sollten, würde eine neue Pflichtverletzung vorliegen und somit eine neue Verjährungsfrist beginnen (vgl. BGH NJW 2006, 47; OLG Saarbrücken NJW-RR 2012, 285; Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rdnrn. 332, 333; Palandt BGB 75.A. § 438, 16 a). Der Kläger hätte dann, ebenso wie bei der Nachlieferung eines mangelhaften Neuwagens, ausreichend Zeit, die Mangelbeseitigung zu fordern.

3. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Kosten der Rechtsverfolgung nach §§ 280, 286 BGB besteht gleichfalls nicht, weil der Klagepartei gegen die Beklagtenpartei keine Hauptforderungen zustanden bzw. zustehen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S.2 ZPO.

III.

Die endgültige Streitwertfestsetzung in der von der Klagepartei angegebenen Höhe beruht auf § 3 ZPO, §§ 39 I, 40, 43 I, 62, 63 II 1 GKG. Die außergerichtlichen Anwaltskosten werden als Nebenforderung geltendgemacht und bleiben daher unberücksichtigt.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.