Landgericht Bamberg Endurteil, 24. Okt. 2016 - 2 O 21/16
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 28.665,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen Neuwagen der Marke ...-PKW,
Modell: |
5N223X ... Sport & Style BM Techn. 2,0 l TDI 103 kW (140 Ps), 6-Gang. |
Leistung: |
103 kW/141 PS |
Farbe: |
2T2T Deep Black Perleffekt |
Innenausstattung: |
50Titanschwarz-Grau/Titanschwarz/Schwarz/Perlgrau |
Mehrausstattungen: |
– 1D4 Anhängevorrichtung manuell anklappbar – W6C „CUP“ – 0NA Entfall der Schriftzüge für die Modell- und Motorbezeichnung an der Gepäckraumklappe – 3GN Gepäckraumboden herausnehmbar – 8T2 Geschwindigkeitsregelanlage |
Zubehör: |
– A1 Erlebnispaket nebst dazugehörigem KFZ-Schein |
2. Die Beklagte wird verurteilt, den zu dem in vorstehendem Antrag Ziffer 1 genannten ...-PKW zugehörigen Kraftfahrzeugbrief der V. Bank GmbH, G. Straße ..., B., zu Darlehensvertrag Nr.: ..., zu übergeben.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger wegen vorgerichtlicher Anwaltsgebühren 1.358,86 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
die Klage abzuweisen.
Gründe
I.
II.
III.
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Urteil einreichenLandgericht Bamberg Endurteil, 24. Okt. 2016 - 2 O 21/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 09.03.2016 aufgehoben.
Der Antragstellerin wird für die beabsichtigte Klage ratenfrei Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S aus N bewilligt.
1
Gründe
2I.
3Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung kaufvertraglicher Gewährleistungsrechte aus Anlass eines Neufahrzeugkaufs; mit der beabsichtigten Klage will sie die Antragsgegnerin auf Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs in Anspruch nehmen.
4Im Jahr 2011 erwarb die Antragstellerin – durch Vermittlung der Fa. U & P GmbH / H - bei der Antragsgegnerin ein Neufahrzeug vom Typ VW Polo Trendline 1,6 l TDI zum Preis von 19.509,21 €.
5Das Fahrzeug wurde im September 2011 ausgeliefert.
6Im Oktober 2015 erfuhr die Klägerin, dass ihr Fahrzeug vom sog. Abgas-Skandal betroffen ist; der verbaute Dieselmotor (Typ EA 189) ist von einer Software betroffen, die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf „optimiert“.
7Mit Anwaltsschreiben vom 16.10.2015 warf die Antragstellerin der Antragsgegnerin vor, diesen Mangel arglistig verschwiegen zu haben, verlangte die Neulieferung eines mangelfreien Fahrzeugs mit der aus der Rechnung vom 14.09.2011 ersichtlichen Ausstattung (Bl. 8ff. d.A.) und setzte hierzu vergeblich eine Frist zum 30.10.2015.
8Die Antragstellerin begehrt nun Prozesskostenhilfe für eine Klage, gerichtet auf Nachlieferung eines solchen Neufahrzeugs Zug um Zug gegen Rückgabe des gelieferten Fahrzeugs, Feststellung des Annahmeverzugs und Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.
9Die Antragsgegnerin steht auf dem Standpunkt, das Fahrzeug sei nicht mangelhaft, weil es technisch sicher und in der Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt sei und über alle Genehmigungen verfüge.
10Im Übrigen sei das Nachlieferungsverlangen unverhältnismäßig. Sie, die Antragsgegnerin, sei bereit, sämtliche mit dem Motor Typ EA 189 ausgestatteten Fahrzeugs technisch zu überarbeiten. Sie gehe davon aus, dass die Umsetzung der technischen Maßnahme an dem einzelnen Fahrzeug voraussichtlich weniger als eine Stunde in Anspruch nehme und dafür Kosten von deutlich weniger als 100 € anfielen. Demgegenüber entstünden ihr im Falle einer Nachlieferung Kosten von etwa 19.300 €.
11Das Landgericht hat mit Beschluss vom 09.03.2016 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt und zur Begründung – u.a. – ausgeführt:
12Zwar begründe die Installation einer Manipulationssoftware einen Sachmangel i.S. des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB und lasse sich ein Mangel auch über § 434 Abs. 1 S. 3 BGB begründen. Jedoch berufe sich die Antragsgegnerin zutreffend auf die Unverhältnismäßigkeit des Nachlieferungsbegehrens (§ 439 Abs. 3 BGB). Die Kosten und der Zeitaufwand einer Mängelbeseitigung seien relativ so gering, dass die Antragstellerin gehalten sei, zunächst diese zu fordern. Dass die angekündigte Mängelbeseitigungsmaßnahme nicht greife oder mit anderen Nachteilen verbunden sei, sei nicht bekannt.
13Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt und den Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs gerügt.
14Sie vertieft ihre Ausführungen zur Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs, wobei sie darauf hinweist, dass mit der monierten Software in dem Fahrzeug eine Abschalteinrichtung gemäß Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 vorhanden sei, die gegen die Bestimmungen zum Erhalt der Typengenehmigung und damit auch der Betriebserlaubnis verstoße.
15Die Antragstellerin geht davon aus, dass es nach Deaktivierung oder Rückbau dieser Vorrichtung entweder zu höheren Verbrauchswerten oder zu einer reduzierten Fahrleistung kommt.
16Mit der Beschwerde wird gerügt, dass die Antragsgegnerin nicht substanziiert dargelegt habe, welche technische Maßnahme sie zur Überarbeitung beabsichtige, wobei die Antragstellerin den angeblich geringen Kosten- und Zeitaufwand mit Nichtwissen bestreitet.
17Im Übrigen stellt sich die Antragstellerin auf den Standpunkt, die Kosten der Nachbesserung umfassten nicht nur den Reparaturaufwand i.e.S., sondern u.a. auch Aufwendungen zur Feststellung des Mangels, Transportkosten, Anwaltskosten, Nutzungsausfallschaden, Verdienstausfall und Kosten für die Begutachtung der durchgeführten Nachbesserung.
18Der pauschal mit 19.300 € angegebene Aufwand einer Nachlieferung sei nicht nachvollziehbar; jedenfalls sei nicht auf den Verkaufswert des nachzuliefernden Fahrzeugs abzustellen. Die Antragstellerin meint, der Antragsgegnerin entstünden für die Beschaffung eines identisch ausgestatteten Fahrzeugs gar keine Kosten, zumal die Überführungskosten für die Lieferung des mangelbehafteten Fahrzeugs von ihr, der Antragstellerin, getragen worden seien.
19Die Antragstellerin stützt ihr Begehren auch auf den Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung.
20Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
21Mit der Versagung der Prozesskostenhilfe sei keine Festlegung verbunden; die „Fehlerhaftigkeit“ sei im Hauptverfahren weiter zu klären.
22Die Unverhältnismäßigkeit der Kosten einer Nachlieferung sei aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Einzelfallumstände festzustellen. Insgesamt springe bei der im Rahmen des Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahrens nur überschlägig vorzunehmenden Abwägung ins Auge, dass es für die Antragsgegnerin deutlich kostengünstiger sei, die Software, die ohnehin für eine Vielzahl von Fahrzeugen zu entwickeln sei, aufzuspielen, als ein Neufahrzeug zu liefern, zumal ihr nicht einmal eine Nutzungsentschädigung für das klägerische Fahrzeug zustehe.
23Von einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung i.S. des § 826 BGB oder einem gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB festzustellenden Betrug könne nicht ausgegangen werden. Es sei nicht erkennbar, dass es der Antragstellerin beim Erwerb des Wagens auf die angegebenen Abgaswerte angekommen sei.
24Mit Schriftsatz vom 09.03.2016 hat die Antragsgegnerin ihr Sachvorbringen, insbesondere zu der von ihr angenommenen Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung ergänzt. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf einen mit dem Kraftfahrtbundesamt vereinbarten Zeit-und Maßnahmenplan. Dass eine technische Überarbeitung aller betroffenen Fahrzeuge ohne Nachteile in Bezug auf Leistungs- und Verbrauchsparameter möglich sei, ergebe sich aus den Prüfbescheiden und Freigaben, die vom Kraftfahrtbundesamt sukzessive für bestimmte Fahrzeugtypen erteilt worden seien bzw. werden.
25Für den im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motor vom Typ EA 189 EU 5 mit 1,6l Hubraum sei neben einem Software-Update die Befestigung eines Strömungsgleichrichters vor dem Luftmassenmesser vorgesehen, was voraussichtlich weniger als 1 Stunde dauere und einen Kostenaufwand von deutlich weniger als 100 € ausmache.
26Diesem Wert ist nach Auffassung der Antragsgegnerin der vielfach höhere aktuelle Kaufpreis für ein Neufahrzeug desselben Modells gegenüberzustellen, welches sie sonst – ohne Nachlieferung an die Antragstellerin – anderweitig verkaufen könnte.
27II.
28Die sofortige Beschwerde ist begründet.
29Der Antragstellerin war gemäß den §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung zu bewilligen, weil die Nachlieferungsklage hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht, nicht mutwillig ist und die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung zu tragen.
301.
31Die Antragstellerin hat schlüssig vorgetragen, dass ihr gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Nachlieferung eines Neufahrzeugs gemäß § 439 Abs. 1 BGB zusteht.
32Sie hat insbesondere mit hinreichender Erfolgsaussicht geltend gemacht, dass das bei der Antragsgegnerin erworbene Fahrzeug einen bereits bei Übergabe vorhandenen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB aufweist. Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin entspricht ein Neufahrzeug nicht schon dann der üblichen und berechtigterweise von einem Käufer zu erwartenden Beschaffenheit, wenn es technisch sicher und fahrbereit ist und über alle Genehmigungen verfügt. Durch die Installation der Manipulationssoftware, die die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vorspiegelt, dürfte ein Fahrzeug vielmehr von der bei vergleichbaren Fahrzeugen üblichen Beschaffenheit abweichen.
332.
34Ob die Antragsgegnerin die von der Antragstellerin gewählte Art der Nacherfüllung in Form der Nachlieferung gemäß § 439 Abs. 3 BGB verweigern darf, ist derzeit noch nicht abschließend und sicher festzustellen.
35Nach § 439 Abs. 3 BGB kann der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 BGB verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
36Die Antragsgegnerin beruft sich hier weder auf die Unmöglichkeit der Nachlieferung (§ 275 Abs. 2 BGB) noch auf die Unzumutbarkeit des damit verbundenen Aufwandes (§ 275 Abs. 3 BGB), sondern auf die Unverhältnismäßigkeit der mit dieser Form der Nacherfüllung verbundenen Kosten.
37Über diesen Einwand, dessen Berechtigung nicht unzweifelhaft ist, ist nicht im summarischen Prozesskostenhilfeverfahren zu entscheiden, dies ist dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten.
38Die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe notwendige hinreichende Erfolgsaussicht ist in der Regel schon dann zu bejahen, wenn die Entscheidung schwieriger Rechts- und Tatfragen abhängt (BGH, Beschl. v. 07.03.2007, IV ZB 37/06, NJW-RR 2007, 908).
39Bei der Beurteilung der Streitfrage der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung wird zu berücksichtigen sein, dass § 439 Abs. 3 BGB richtlinienkonform einschränkend dahin auszulegen ist, dass nur die Berufung auf die relative Unverhältnismäßigkeit der vom Käufer gewählten Art der Nachlieferung statthaft ist (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 21.12.2011, VIII ZR 70/08, NJW 2012, 1073),
40Das setzt voraus, dass der Antragsgegnerin beide Arten der Nacherfüllung tatsächlich möglich sind.
41Die Parteien streiten nicht darum, dass der Antragsgegnerin die von der Antragstellerin gewünschte Nachlieferung möglich ist, jedoch lässt sich nicht ohne weiteres feststellen, dass dies auch für die von der Antragsgegnerin favorisierte Nachbesserung gilt.
42Dabei mag das in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt durchgeführte Prüfungsverfahren darauf hinweisen, dass, soweit Freigaben erfolgen, die von der Antragsgegnerin vorgesehene technische Nachrüstung nicht zu den von der Antragstellerin befürchteten Nachteilen in Form erhöhter Verbrauchswerte oder einer reduzierten Fahrleistung führen wird. Allerdings ist zu konstatieren, dass der Antragsgegnerin nach ihrer eigenen Darstellung bislang keine Freigabe des Kraftfahrtbundesamts für die technische Umrüstung des streitgegenständlichen Fahrzeugmodells vorliegt. Wann damit zu rechnen ist und bis zu welchem Zeitpunkt die technische Maßnahme ggfls. an dem Fahrzeug der Antragstellerin umgesetzt werden könnte, ist bislang nicht vorgetragen.
43Es erscheint aber zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin die Antragstellerin unter Hinweis auf die Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung auf eine Nachbesserung verweisen könnte, wenn ihr diese nicht binnen angemessener Frist möglich ist. Welche Frist als angemessen anzusehen ist, ist nicht ohne weiteres festzulegen (s. dazu LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2016, 8 O 208/15, zit. nach juris). Die rechtliche und tatsächliche Bewertung dieses Gesichtspunkts ist nicht im Rahmen des summarischen Prozesskostenhilfeverfahrens vorzunehmen.
44Die zwischen den Parteien kontrovers diskutierten Fragen um die im Rahmen der Prüfung der Unverhältnismäßigkeit einzustellenden Kosten der einen und der anderen Art der Nacherfüllung können deswegen - einstweilen - offen bleiben.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.559,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.03.2016 Zug-um-Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges Audi A1 Sportback 2.0 TDI, amtliches Kennzeichen: XXX, Fahrgestellnummer: XXX, zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich seit dem 24.03.2016 mit der Rücknahme des vorgenannten Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin begehrt im Rahmen des sog. VW-Abgasskandals nach ihrem Rücktritt von einem Kaufvertrag über einen Audi A1 mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 die Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises von 27.550,00 € unter Abzug der von ihr in der Klageschrift näher berechneten Nutzungsentschädigung von 953,18 €.
3Die Beklagte ist Vertragshändlerin des Pkw-Herstellers Audi, der dem VW-Konzern angehört. Sie ist nicht in die Konzernstruktur des Herstellers eingebunden. Im Rahmen des VW-Vertriebssystems handelt die Beklagte im eigenen Namen für eigene Rechnung.
4Die Parteien schlossen am 23.03.2015 einen Kaufvertrag über den im Tenor näher bezeichneten Pkw. Ausweislich der Auftragsbestätigung betrug der Kaufpreis 27.550,00 €. Das Fahrzeug wurde am 16.12.2014 erstmals zugelassen. Zum Zeitpunkt des Verkaufs hatte es eine Laufleistung von 1.015 km, zum Zeitpunkt des Rücktritts eine Laufleistung von 10.000 km.
5In dem Wagen ist ein 2,0-Liter-Dieselmotor vom Typ EA 189 eingebaut, dessen Motorsoftware zur Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren beigetragen hat. Die Software erkennt, ob sich das Kfz auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte oder im üblichen Straßenverkehr befindet. Auf dem Rollenprüfstand spielt die eingebaute Software beim Stickstoff-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ab als im Normalbetrieb. Hierdurch werden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt. Nur so wurden die nach der Euro-5-Abgasnorm vergebenen NOx-Grenzwerte eingehalten. Der Hersteller Audi bewirbt den Fahrzeugtyp im Rahmen der Auflistung der technischen Daten mit der Euro-5-Abgasnorm.
6Unter Bezugnahme auf den sog. VW-Abgasskandal erklärte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 16.03.2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte von der Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich gezogener Nutzungen Zug-um-Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Kfz. Eine Frist zur Nacherfüllung hatte sie vorher nicht gesetzt.
7Mit Antwortschreiben vom 22.03.2016 verwies die Beklagte die Klägerin darauf, dass der Hersteller Audi dabei sei, ein Software-Update für die Motoren zu entwickeln, deren Ausstoß von NOx auf dem Prüfstand optimiert worden sei. Die Maßnahmen sollten für sämtliche Motorvarianten so schnell wie möglich abgeschlossen werden, bis dahin bitte man um Geduld. Der Zeitaufwand für das Aufspielen der Software werde etwa 30 Minuten betragen und auf Kosten von Audi durchgeführt. Ziel sei es, dass die Maßnahmen keinen Einfluss auf Verbrauch und Fahrleistung hätten. Die Beklagte verzichtete auf die Erhebung der Einrede der Verjährung bis zum 31.12.2017 wegen etwaiger Ansprüche, die im Zusammenhang mit der eingebauten Software bestehen könnten.
8Die Beklagte ist für die Änderung der Motorsoftware auf die Handlungsanweisungen sowie die Bereitstellung des Software-Updates durch den Hersteller Audi angewiesen. Zum Zeitpunkt des erklärten Rücktritts hatte Audi nur eine sog. Konzeptsoftware entwickelt. Ein auf den spezifischen Fahrzeugtyp abgestimmtes Software-Update hatte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) noch nicht freigegeben und eine Rückrufaktion noch nicht genehmigt. Im Zeitpunkt der Erklärung des Rücktritts konnte die Beklagte keine Angaben über den konkreten Zeitplan der Mangelbeseitigung machen. Der Bescheid des KBA zur Freigabe des Updates für das klägerische Fahrzeug erging erst am 20.06.2016; danach werden die Grenzwerte für Schadstoffemissionen eingehalten, die Motorleistung bleibt unverändert und die ursprünglich vom Hersteller angegebenen Verbrauchswerte und CO2-Emissionen werden bestätigt.
9Auch ohne das Software-Update ist das streitgegenständliche Fahrzeug fahrbereit und verkehrssicher. Die EG-Typengenehmigung wurde bislang nicht entzogen. Das KBA betrachtet das Aufspielen des Software-Updates jedoch als verpflichtend.
10Die Klägerin behauptet:
11Sie habe sich auch wegen der positiven Abgaswerte für das Fahrzeug entschieden, weil dieses als umweltfreundlichstes Dieselfahrzeug seiner Klasse beworben worden sei. Es halte aber die Euro-5-Norm nicht ein. Tatsächlich überschritten die NOx-Werte im normalen Fahrbetrieb die Grenzwerte um ein Vielfaches. Auf einem Prüfstand hingegen werde - unstreitig - die Motorsteuerung automatisch so geschaltet, dass die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten würden. Es sei bei Erklärung des Rücktritts vom Kaufvertrag für sie nicht absehbar gewesen, ob sich die Kraftstoffverbrauchswerte sowie die CO2-Emissionen ebenso wie die Motorleistung und das maximale Drehmoment des Fahrzeuges nach dem Software-Update verändern würden. Das sei auch nicht zu erreichen, da es bekanntermaßen einen Zielkonflikt zwischen günstigen Stickstoffwerten und günstigen Kohlendioxid-Abgaswerten gebe. Es sei zu vermuten, dass eine Verbesserung der Stickoxidwerte nur unter Inkaufnahme neuer Mängel beim CO2-Ausstoß oder beim Kraftstoffverbrauch oder unter Inkaufnahme von erhöhtem Motorverschleiß möglich sei. Sie befürchte daher, dass die Nacherfüllung wiederum zu einem Folgemangel an dem Pkw führe. Auch unter zeitlichen Aspekten sei ihr das Abwarten der Mangelbeseitigung nicht zumutbar gewesen, weil sie währenddessen mit einem Auto hätte fahren müssen, das die Umweltgesetze nicht einhalte. Ihr Vertrauensverhältnis zum Hersteller sei aufgrund der Vorfälle und der intransparenten Informationspolitik im Rahmen des VW-Abgasskandals nachhaltig gestört. Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung sei nicht ausgeschlossen gewesen, dass dem Fahrzeug aufgrund der rechtswidrig erlangten EG-Typengenehmigung die Zulassung entzogen und es stillgelegt würde, da zu diesem Zeitpunkt - unstreitig - das KBA die Rückrufaktion noch nicht genehmigt habe. Ferner habe der Hersteller Audi die Käufer arglistig getäuscht, sodass ihr eine Nacherfüllung, die faktisch durch den Hersteller erfolge, unzumutbar sei. Schließlich sei im Falle der Nachbesserung ein merkantiler Minderwert von 20% zu befürchten, da sich ein Preisverfall bereits bei anderen Fahrzeugen zeige und allgemein beobachtet werde, dass Händler vom Abgasskandal betroffene Fahrzeuge nicht in Zahlung nehmen würden. Denn der durch die Softwareverwendung ausgelöste VW-Abgasskandal habe zu einem Vertrauensverlust nicht nur bei der Klägerin, sondern allgemein in der Bevölkerung in die Marken des VW-Konzerns geführt.
12Die Klägerin beantragt,
13die Beklagte zu verurteilen, an sie 27.550,00 € (bei dem im Antrag in der Klageschrift genannten Betrag von 28.500,00 € handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.03.2016 Zug-um-Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges Audi A1 Sportback 2.0 TDI, amtliches Kennzeichen: XXX, Fahrgestellnummer: XXX, abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 953,18 € zu zahlen;
14festzustellen, dass sich die Beklagte spätestens seit dem 24.03.2016 mit der Rücknahme des vorbezeichneten Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde;
15die Beklagte zu verurteilen, an sie die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.564,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.03.2016 zu zahlen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei technisch sicher, in seiner Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt und verfüge über alle notwendigen Genehmigungen. Es sei nicht mangelhaft. Die Emissionsgrenzwerte der Abgasnormen müssten im normalen Fahrbetrieb nicht erreicht werden. Eine unzulässige Abschalteinrichtung sei nicht zum Einsatz gekommen. Die bisherige Motorsteuerung habe auf dem Prüfstand vielmehr in den NOx-optimierten Modus 1 geschaltet, bei dem es eine erhöhte Abgasrückführungsrate gegeben habe; im normalen Fahrbetrieb habe sich der Motor im Partikel-optimierten Modus 0 befunden. Nach dem Software-Update gebe es nur noch den Modus 1. Selbst wenn aber ein Mangel vorliege, sei er unerheblich, da der Mangelbeseitigungsaufwand unter Einbeziehung der Entwicklungskosten mit weniger als 100,00 € zu kalkulieren sei und damit bei nur 0.4 % des Kaufpreises liege. Das Software-Update führe auch nicht zu irgendwelchen Nachteilen oder negativen Folgen für Verbrauch, Leistung, Abgaswerte oder Haltbarkeit. Abgesehen davon hätte die Klägerin eine Frist zur Nacherfüllung setzten müssen. Die Länge der angemessenen Frist hänge dabei auch von dem zwischen dem Hersteller und dem KBA abgestimmten Zeit- und Maßnahmenplan ab.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21Die zulässige Klage hat ganz überwiegend Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises von 27.550,00 € abzüglich gezogener Nutzungen i.H.v. 990,15 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe des im Tenor bezeichneten Fahrzeuges (§§ 346 Abs. 1, 348 i.V.m. § 437 Nr. 2, § 440 Satz 1 Mod. 3, 323 Abs. 1 BGB). Lediglich der Nutzungsersatz war geringfügig höher anzusetzen und es besteht kein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten.
22I.
23Die Klägerin ist mit Schreiben vom 16.03.2016 wirksam wegen Mangelhaftigkeit von dem Kaufvertrag mit der Beklagten über den streitgegenständlichen Audi A1 zurückgetreten. Der Pkw wies bei Gefahrübergang einen Sachmangel auf. Eine Frist zur Nacherfüllung war entbehrlich und die Pflichtverletzung war nicht unerheblich; diese beiden Voraussetzungen des Rücktrittsrechts hängen eng miteinander zusammen.
241.
25Der Ist-Zustand des Wagens wich bei Gefahrenübergang vom Soll-Zustand ab. Das Kfz erfüllte die Euro-5-Abgasnorm nicht. Damit fehlte ihm jedenfalls eine Beschaffenheit, wie sie bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die ein Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).
26Zur Beschaffenheit eines Kaufgegenstands können alle Eigenschaften gehören, die der Sache selbst anhaften sowie alle Beziehungen einer Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsanschauung Einfluss auf die Wertschätzung haben oder die Brauchbarkeit der Sache beeinflussen und ihr unmittelbar anhaften (vgl. Palandt-Weidenkaff, BGB, 75. Aufl. § 434 Rdn. 10). Ein Emissionsverhalten des Motors entsprechend der Euro-5-Abgasnorm (bzw. allgemein der gesetzlichen Abgasvorschriften) stellt eine solche Eigenschaft dar. Die Klägerin durfte bei ihrer Kaufentscheidung davon ausgehen, dass der erworbene Audi A1 die für ihn geltenden Abgasvorschriften einhält und die dazugehörigen (und auch in der Werbung bzw. den Prospekten zum Fahrzeugtyp angegebenen) Emissionswerte korrekt ermittelt wurden. Tatsächlich wurde die Einhaltung der Euro-5-Norm nur wegen des Einsatzes manipulierender Software und damit nicht vorschriftsgemäß sichergestellt. Wäre die Software nicht eingesetzt worden, wären im Prüfverlauf die gesetzlichen vorgeschriebenen NOx-Emissionswerte überschritten worden (vgl. LG Münster, Urteil v. 14.03.2016 - 11 O 341/15; LG Lüneburg, Urteil vom 02.06.2016 - 4 O 3/16; LG Bochum, Urteil v. 16.03.2016 - 2 O 425/15).
27Allerdings leugnet die Beklagte einen Mangel. Sie beruft sich darauf, der Motor verfüge nicht über eine unzulässige Abschalteinrichtung des Emissionskontrollsystems, die im Prüfstandmodus geschaltet worden sei. Dieser Einwand greift jedoch aus mehreren Gründen nicht durch.
28Zunächst spricht der Hersteller Audi in der von der Klägerin als Anlage K2 vorgelegten Kundeninformation selbst davon, dass es Ziel der Nachbesserung sei, die Emissionsgrenzwerte einzuhalten, was nur bedeuten kann, dass sie ohne Nachbesserung nicht eingehalten wurden. Weiter hätte sich das KBA kaum veranlasst gesehen, die Nachbesserung für verpflichtend zu erklären, wenn die Emissionen ohnehin den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hätten; und der Hersteller Audi (wie auch der gesamte VW-Konzern) hätte sich ohne Notwendigkeit wohl nicht veranlasst gesehen, eine derart aufwändige und kostspielige Nachbesserung aus reiner Kulanz anzubieten.
29Schließlich geht der Vortrag der Beklagten zur Mangelhaftigkeit schon am Kern des Problems vorbei. Der Mangel wird hierdurch sogar zugestanden, wenn sie behauptet, eine unzulässige Abschalteinrichtung sei nicht zum Einsatz gekommen, weil die bisherige Motorsteuerung auf dem Prüfstand in den NOx-optimierten Modus 1 (mit einer erhöhten Abgasrückführungsrate) geschaltet, während sich der Motos im normalen Fahrbetrieb im Partikel-optimierten Modus 0 befunden habe. Denn der Prüfstandmodus gibt zwar nicht den realen Fahrbetrieb wieder, die Motorsteuerung muss aber jedenfalls im Wesentlichen identisch wie dort funktionieren (ähnlich LG Bochum, Urteil v. 16.03.2016 - 2 O 425/15). Nur so wird gewährleistet, dass die Abgas- und Verbrauchswerte, die nicht mit denen des realen Fahrbetriebs übereinstimmen müssen, in einer gewissen Korrelation zueinander stehen und eine Aussage über den realen Fahrbetrieb sowie den Vergleich zu anderen Fahrzeugen zulassen: Niedrige Werte im Prüfstandmodus lassen auch niedrige Werte im realen Fahrbetrieb erwarten und umgekehrt. Die Fahrzeuge müssen die Prüfstandsituation zwar erkennen können und in einen Prüfstandmodus umschalten, damit die Fahrzeugassistenzsysteme nicht falsch reagieren (etwa deshalb, weil sich hier die Hinterräder nicht mitdrehen), der Prüfstandmodus dient aber nicht dazu, das Emissionskontrollsystem anders zu steuern. Letzteres geschah bei dem Motor im Wagen der Klägerin, der Motor wurde (so die Beklagte selbst in ihrem Schriftsatz vom 24.08.2016) - nur! - bei der Prüfstandfahrt in einen Modus mit höherer Abgasrückführung und dadurch bedingt geringeren NOx-Werten gebracht (den von der Beklagten sog. Modus 1), wohingegen der Motor im realen Fahrbetrieb (dem von der Beklagten sog. Modus 0) eine geringere Abgasrückführung und damit höhere NOx-Werte aufwies. Da nur die Prüfstandfahrt Grundlage der EG-Typengenehmigung ist und nur dessen Werte öffentlich (in Prospekten und der Werbung) bekannt gemacht werden, werden Kunden (und auch die Genehmigungsbehörde) über die Aussagekraft der Messwerte und die im realen Fahrbetrieb zu erwartenden Emissionswerte getäuscht (ähnlich LG Bochum, Urteil v. 16.03.2016 - 2 O 425/15).
302.
31Dem Rücktritt der Klägerin steht nicht entgegen, dass sie der Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung nach § 323 Abs. 1 BGB gesetzt hat. Denn eine Fristsetzung war gem. § 440 Satz 1 Mod. 3 BGB wegen Unzumutbarkeit entbehrlich (a.A. LG Frankenthal, Urteil v. 12.05.2016 - 8 O 208/15).
32Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.), eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses der Parteien, die Art der Sache und der Zweck, für den der Verbraucher sie benötigt, die Art des Mangels und die Begleitumstände der Nacherfüllung; die Unzumutbarkeit ist allein aus der Perspektive des Käufers, also der Klägerin, zu beurteilen, eine Interessenabwägung findet nicht statt (vgl. Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2014, § 440 Rdn. 23 f.).
33a.
34Die Nachbesserung war der Klägerin schon deshalb unzumutbar, weil sie die begründete Befürchtung hegen durfte, dass das beabsichtigte Software-Update entweder nicht erfolgreich sein oder zu Folgemängeln führen würde.
35Es war vorliegend zum Zeitpunkt des Rücktritts, auf den allein abzustellen ist (BGH, Urteil v. 15.06.2011 - VIII ZR 139/09), nicht auszuschließen, dass die Beseitigung der Manipulations-Software negative Auswirkungen auf die übrigen Emissionswerte, den Kraftstoffverbrauch und die Motorleistung haben würde. Im Gegenteil, derartige Befürchtungen wurden gerichtsbekannt auch von Fachleuten mehrfach öffentlich geäußert und beruhten auf der naheliegenden Überlegung, warum der Hersteller Audi nicht schon bei der Entwicklung der Motoren zur Erstellung einer entsprechenden Software in der Lage gewesen sei bzw. warum Audi nicht schon viel früher, nämlich schon weit vor Bekanntwerden des Abgasskandals, die Entwicklung der jetzt in Aussicht gestellten Software unternommen habe. Sie beruhten weiter auf dem bekannten Zielkonflikt zwischen günstigen Stickoxidwerten und günstigen Kohlendioxidwerten. Die Beklagte selbst drückte diese Unsicherheit über die Möglichkeit einer erfolgreichen Nachbesserung ohne Inkaufnahme anderweitiger Nachteile in ihrem Schreiben vom 22.03.2016 dahingehend aus, Ziel sei es, dass die Maßnahmen keinen Einfluss auf Verbrauch und Fahrleistung haben werden. Sie hat den berechtigten Mangelverdacht der Klägerin auch nicht durch einen Gegenbeweis (etwa in Form eines unabhängigen Gutachtens) oder eine Garantieerklärung (seitens der Beklagten selbst oder von Audi) ausgeräumt. Das KBA kam erst am 20.06.2016 - also 3 Monate nach Rücktrittserklärung - zu dem Ergebnis, dass Folgemängel nicht zu befürchten seien.
36Der berechtigte Mangelverdacht reicht aus, um der Klägerin die Nachbesserung unzumutbar zu machen. Es genügt nämlich grundsätzlich nicht, einen Mangel abzustellen, wenn dafür ein anderer Mangel entsteht (vgl. Palandt-Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 440 Rdn. 7). Dass dies geschehen wird, muss die Klägerin nicht beweisen oder auch nur als sicher eintretend behaupten. Das würde sie als Käuferin überfordern. Ihre Interessen sind vielmehr schon hinreichend beeinträchtigt, wenn sie aus Sicht eines verständigen Kunden konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für die Möglichkeit anderer Mängel hat. Das ist für sog. Montagsautos anerkannt (vgl. BGH, Urteil v. 23.01.2013 - VIII ZR 140/12 Rdn. 24) und beruht dort auf der Überlegung, dass ein Auto, das schon einige Mängel zeigte, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (aber nicht mit Sicherheit), weitere Mängel aufweisen wird. Ähnlich ist es vorliegend. Der Mangelverdacht ergibt sich aus plausiblen Überlegungen, die auf tatsächlichen Annahmen beruhen und die die Beklagte - jedenfalls zum Zeitpunkt des Rücktritts - nicht widerlegt hat.
37b.
38Es war für die Klägerin auch zeitlich unzumutbar, auf die Nacherfüllung zu warten (ähnlich LG Lüneburg, Urteil vom 02.06.2016 - 4 O 3/16).
39Die angemessene Wartezeit richtet sich vorrangig nach dem Interesse des Käufers, weil - wie dargelegt - allein aus seiner Sicht die Unzumutbarkeit zu beurteilen ist. Der Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass es nicht auf eine rein subjektive Betrachtung ankommt, was bereits daraus folgt, dass ein Käufer dem Verkäufer grundsätzlich eine angemessene Frist zu setzen hat, eine zweite Andienung also nicht in seinem Belieben steht (§ 323 Abs. 1 BGB). Bei der Bestimmung der Angemessenheit dieser Frist sind zunächst objektive Faktoren maßgeblich, was vordergründig im Streitfall dafür sprechen könnte, die Zeitspanne für Entwicklung, Prüfung, Genehmigung und (massenhaftes) Aufspielen der Software für angemessen zu halten. Die alleinige Maßgeblichkeit objektiver Faktoren im vorliegenden Fall würde aber die Interessen der Klägerin als Käuferin in unangemessener Weise hintanstellen. Die Beklagte war nämlich im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (noch) gar nicht in der Lage, den Mangel zu beseitigen, da ihr das erforderliche Software-Update bis dahin nicht zur Verfügung stand. Auch wenn sie hierbei auf die Unterstützung des Herstellers und die Freigabe durch das KBA angewiesen war, konnte die Nacherfüllungsfrist wegen dieser Umstände nicht zum Nachteil der Klägerin für eine zunächst ungewisse Zeit hinausgezögert werden. Erst später, nämlich im Verlauf des Prozesses, stellte sich Gewissheit über die Genehmigung des Software-Updates ein, ein konkreter Nachbesserungstermin für das Fahrzeug der Klägerin war aber auch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, also fast ein Jahr nach Bekanntwerden des Abgasskandals, noch nicht bekannt bzw. benannt. Angesichts dieser Unsicherheit war es der Klägerin überhaupt nicht möglich, sinnvoll eine Frist zu setzen. Schon allein das Abwarten ins Ungewisse hinein erscheint unzumutbar.
40Zwar war der Wagen fahrbereit, er entsprach aber nicht den für ihn geltenden Umweltvorschriften. Wollte man aber allein auf die objektiv notwendige Zeit zur Mängelbeseitigung abstellen, würde das bedeuten, dass die Klägerin mit dem mangelhaften Fahrzeug nach Bekanntwerden des Abgasskandals im Herbst 2015 noch ca. 1 Jahr hätte fahren müssen. Das würde man bei einem Wagen, der lediglich eine optische Beeinträchtigung wie etwa einen Lackschaden aufweist, als nicht hinnehmbar bezeichnen. Der Mangel am klägerischen Fahrzeug ist aber wegen der damit verbundenen Mehrbelastung für die Umwelt objektiv erheblich bedeutender, auch wenn man ihn nicht sieht und spürt und die Fahrbereitschaft nicht beeinträchtigt ist.
41Die (zeitlichen) Probleme auf Herstellerseite bei der Entwicklung des Software-Updates wirken allein zu Lasten der Beklagten und sind ihrem Risikobereich zuzuordnen, weil sie zur Nachbesserung auf den Hersteller Audi angewiesen ist. Wie bereits ausgeführt, wusste Audi seit der Entwicklung des Motors von dem Mangel und hätte seitdem an seiner Beseitigung arbeiten können und müssen.
42Für eine zeitliche Unzumutbarkeit spricht schließlich auch der Sinn und Zweck der Frist: Sie soll den Schuldner in die Lage versetzen, seine Leistung zu vollenden und nicht mit ihr zu beginnen (vgl. MünchKommBGB-Ernst, 7. Aufl. § 323 Rdn. 73). Dauert die Mangelbeseitigung aber unabsehbar an, so stellt sich die Lage für den Käufer dar, als würde der Schuldner mit Fristsetzung erstmals den Versuch der Bewirkung einer Leistung unternehmen.
43c.
44Schließlich gründet sich die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung auch auf eine nachhaltige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Hersteller Audi. Aufgrund der tatsächlich engen Verbindung zwischen der Beklagten als Vertragshändlerin und Audi im Rahmen des selektiven Vertriebssystems strahlt dieser Vertrauensverlust gegenüber dem Hersteller auch auf die Beziehung der Klägerin zur Beklagten aus.
45In der Rechtsprechung des Bundegerichtshofes ist es anerkannt, dass einem Käufer die Nachbesserung durch den Verkäufer in der Regel unzumutbar ist, wenn dieser ihn arglistig über den Kaufgegenstand oder bei der Vertragsabwicklung getäuscht hat. Wegen der erwiesenen Unzuverlässigkeit des Verkäufers darf der Käufer von einer weiteren Zusammenarbeit Abstand nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen (vgl. BGH, Urteil v. 10.03.2010 - VIII ZR 182/08 Rdn. 19/20). Wenn der Wagen direkt von Audi an die Klägerin verkauft worden wäre, wäre nach diesen Grundsätzen ohne Weiteres eine Unzumutbarkeit der Nachbesserung anzunehmen. Audi hat die Behörden und massenhaft Kunden über die Umweltfreundlichkeit der Motoren des Typs EA 189 und dessen Abgaswerte getäuscht und sich hierdurch Wettbewerbsvorteile verschafft. Dabei ist es belanglos, ob der Vorstand von dem Einsatz der manipulierenden Software wusste, ihn gebilligt oder ihn gar angeordnet hat; denn in jedem Fall ist Audi das Handeln der im Unternehmen tätigen Personen zuzurechnen.
46Die erwähnte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist vorliegend allerdings nicht unmittelbar anwendbar, weil die Beklagte und nicht Audi Verkäuferin war, die Beklagte die Klägerin (oder andere Käufer) nicht selbst getäuscht hat und ihr die Täuschung von Audi auch nicht im rechtlichen Sinn zuzurechnen ist (so die h.M.; für einer weitergehende Zurechnung von Herstellerverschulden spricht sich mit erheblichen Argumenten Weller NJW 2012, 2312 aus). Dennoch führt die Täuschung durch Audi aufgrund der Besonderheiten des Vertriebssystems und der Besonderheiten der Mängelbeseitigung vorliegend zu einer Unzumutbarkeit der Nachbesserung. Entscheidend ist nämlich nicht das unmittelbare arglistige Verhalten, sondern die dadurch erwiesene Unzuverlässigkeit von Audi.
47Auch wenn das Software-Update von der Beklagten auf den Wagen der Klägerin aufgespielt werden soll, stellt sich dies als bloß untergeordneter Akt der gesamten Nachbesserung dar. Die wesentlichen Nachbesserungsschritte, die Entwicklung der Software, deren Test und die Einholung der Genehmigungen, werden hingegen von Audi geleistet, also von demjenigen, der getäuscht und sich dadurch als unzuverlässig erwiesen hat.
48Die Beklagte trägt das Risiko, dass die Klägerin den Hersteller Audi zu Recht für unzuverlässig hält. Die Klägerin selbst ist dem Hersteller allenfalls durch die Herstellergarantie verbunden; jedenfalls hat sie sich ihm nicht zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten bedient. Das ist bei der Beklagten entscheidend anders. Audi ist in Bezug auf das Software-Update Erfüllungsgehilfe der Beklagte im Sinne von § 278 BGB, da die Beklagte die Nachbesserung ohne diese allein vom Hersteller zur Verfügung gestellte Software nicht durchführen kann. Sie selbst dürfte wegen des dadurch hervorgerufenen Verlusts der Betriebserlaubnis gar nicht eigenständig nachbessern.
49Abgesehen davon hätte die Beklagte ohne Audi den Wagen erst gar nicht liefern können und sie ist für sämtliche Reparatur- und Serviceleistungen in der Zukunft auf Audi angewiesen. Das allein zeigt die enge Verbindung zwischen Audi als Hersteller und der Beklagten als Verkäuferin. Die Beklagte will als Teil eines selektiven Vertriebssystem beim Verkauf ihrer Fahrzeuge vom guten Ruf des Herstellers profitieren, muss dann aber im Fall des erheblichen Ansehensverlustes des Herstellers und dessen arglistigem Verhalten im Gegenzug hinnehmen, dass der Kunde eine Nachbesserung durch den Hersteller ablehnt. Wegen der Brisanz des Abgasskandals, des im Raum stehenden Vorwurfs eines millionenfachen Betrugs und stets neuen Enthüllungen über das Ausmaß des Skandals ist nachvollziehbar, dass die Klägerin nicht mehr darauf vertraut, dass die Nacherfüllung in ihrem Interesse erfolgt und sie objektiv über alle Umstände und mögliche Folgemängel informiert wird. Aufgrund der faktischen Nähe der Beklagten als Vertragshändlerin zu Audi und dem VW-Konzern darf die Klägerin die Befürchtung haben, dass die Beklagte eher im Lager des VW-Konzerns steht und dessen wirtschaftliche Interessen verfolgt bzw. bevorzugt, als ihren berechtigten Belangen als Kundin nachzukommen. Dies umso mehr als die Beklagte (und wohl auch der Hersteller Audi selbst) den Mangel noch während des Prozesses leugnet (zuletzt im nachgelassenen Schriftsatz vom 24.08.2016) und damit offenbar das angekündigte Software-Update als bloße Kulanzmaßnahme hinstellen will.
50Die Nachbesserung wird für die Klägerin nicht deshalb zumutbar, weil das KBA das Software-Update genehmigt und in dieser Genehmigung vom 20.06.2016 die Grenzwerte für Schadstoffemissionen als eingehalten sowie die Motorleistung als unverändert bezeichnet und die ursprünglich vom Hersteller angegebenen Verbrauchswerte und CO2-Emissionen bestätigt hat. Zwar ist es vorstellbar, dass die Nachbesserung durch eine an sich unzuverlässige Person einem Käufer deshalb zumutbar werden kann, weil sie unter behördlicher Aufsicht vorgenommen wird. Vorliegend ist die (erst nach dem Rücktritt erteilte) Genehmigung des KBA aber schon nicht zur Vertrauensbildung geeignet, weil das KBA bei der ursprünglichen Typengenehmigung des Wagens versagt hat, indem es die manipulierende Software nicht erkannt hat. Auch später ist das KBA nicht tätig geworden, obwohl es entsprechende Anzeichen gegeben haben muss, die zu den entsprechenden Untersuchungen in den USA geführt haben. Schließlich dürfte die Genehmigung des KBA allein auf öffentlich-rechtliche Belange hin erteilt worden sein (die Abgasvorschriften), aus ihr ergibt sich jedenfalls nicht, ob und ggf. inwieweit ein Fahrzeug mit dem Software-Update von dem kaufrechtlich Geschuldeten abweicht.
513.
52Nach den Umständen des vorliegenden Falles ist im Rahmen der Interessenabwägung auch nicht von einer nur unerheblichen Pflichtverletzung im Sinne § 323 Abs. 5 S. 2 BGB auszugehen, die einen Rücktritt ausschließen würde (ebenso LG Lüneburg, Urteil vom 02.06.2016 - 4 O 3/16; a.A. 16; LG Bochum, Urteil v. 16.03.2016 - 2 O 425/15).
53Wann von einer Unterschreitung der Erheblichkeitsschwelle im Sinne dieser Vorschrift auszugehen ist, bedarf einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen, wobei die Bedeutung des Mangels in der Verkehrsanschauung und alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen sind (vgl. BGH, Urteil v. 15.06.2011 - VIII ZR 139/09). Für die Beurteilung ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen (vgl. BGH, Urteil v. 15.06.2011 - VIII ZR 139/09 Rdn. 9). Insbesondere sind dabei der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand, die Qualität des Vertragsgegenstandes, die Anzahl der Mängel, die Auswirkung auf die beeinträchtigte Leistung und die für die Kaufentscheidung maßgeblichen Kriterien heranzuziehen (vgl. Beck'scher Online-Kommentar BGB-Schmidt, Stand 01.08.2016, § 323 Rdn. 39).
54Der Bundegerichtshof stellt unter anderem auf die Kosten der Mangelbeseitigung ab; danach ist im Rahmen der nach den Umständen des Einzelfalles vorzunehmenden Interessenabwägung von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung in der Regel dann nicht mehr auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand mehr als 5 % des Kaufpreises beträgt (vgl. Urteil v. 28.05.2014 - VIII ZR 94/13). Hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen starren Grenzwert. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass die Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze unter Heranziehung der Mängelbeseitigungskosten bei einem Prozentsatzes von 5 % des Kaufpreises nur in der Regel gilt (vgl. Urteil v. 28.05.2014 - VIII ZR 94/13 Rdn. 38). Demnach ist also weiterhin eine flexible und den Umständen des Einzelfalles gerecht werdende Handhabung der Erheblichkeitsschwelle angezeigt. Eine schematische Betrachtung verbietet sich.
55a.
56Im Rahmen der Interessenabwägung sind aus Sicht der Beklagten als Verkäuferin die Relation von Kaufpreis und Kosten der Nachbesserung sowie der Zeitaufwand der Nachbesserung zu berücksichtigen. Die Kosten des 30-minütigen Software-Updates samt Arbeitskosten belaufen sich nach Behauptung der Beklagten auf ca. 100,00 €. Das Verhältnis zum Kaufpreis von 27.550,00 € betrüge demnach ca. 0,4 %.
57b.
58Aus der Sicht der Klägerin muss im Rahmen der Interessenabwägung beachtet werden, wie schwer sie der Mangel trifft und was eine Nacherfüllung für sie konkret bedeutet. Danach liegt ein erheblicher Mangel schon allein deshalb vor, weil zum Zeitpunkt der Rücktritterklärung - wie ausgeführt - bei der Klägerin trotz des damals schon angekündigten (aber noch nicht genehmigten) Software-Updates ein erheblicher und berechtigter Mangelverdacht verblieben ist und damals noch nicht konkret absehbar war, wann der Wagen der Klägerin nachgebessert werden würde. Hier greifen die Gründe, die der Klägerin eine Nachbesserung unzumutbar machen und die den Mangel erheblich machen, ineinander.
59c.
60Abgesehen davon nimmt allein der Umstand, dass die Klägerin auf die Nacherfüllung praktisch nicht verzichten könnte, sondern im Rahmen der mit dem KBA ausgearbeiteten Rückrufaktion des Herstellers dazu verpflichtet wäre, das Software-Update aufspielen zu lassen, um die Zulassung des Fahrzeuges zukünftig nicht zu gefährden, dem Mangel den Anschein der Unerheblichkeit (vgl. auch LG München, Urteil v. 14.04.2016 - 23 O 23033/15). Die Klägerin würde ohne einen Rücktritt faktisch zu einer Nachbesserung gezwungen, die ihr nach den obigen Ausführungen an sich unzumutbar ist. Deshalb scheidet eine Minderung als alternatives Gewährleistungsrecht praktisch aus.
61d.
62Ferner war es im Zeitpunkt des Rücktritts nicht auszuschließen, dass der Sachmangel einen merkantilen Minderwert verursacht, weil sich der mit dem Abgasskandal verbundene erhebliche Imageverlust von Audi und dem ganzen VW-Konzern bei der Preisbildung auf dem Gebrauchtwagenmarkt niederschlägt. Selbst zum heutigen Zeitpunkt ist dies noch nicht endgültig absehbar, da noch nicht alle Motoren über die neue Software verfügen und von unabhängigen Fachleuten noch nicht auf negative Veränderungen geprüft wurden. Außerdem dürften Fahrzeuge mit nachgebesserten Motoren noch nicht in aussagekräftiger Zahl auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu finden sein.
63e.
64Schließlich ist zu bedenken, dass der Vertrauensverlust, der die konkrete Nachbesserung mit dem Software-Update unzumutbar macht, auch Auswirkungen auf das zukünftige Vertrauen in das Fahrzeug zeigt. Ein Autokauf ist zwar zunächst ein zeitlich begrenzter Leistungsaustausch und kein Dauerschuldverhältnis. Ein Auto ist aber ein langlebiges, hochwertiges Wirtschaftsgut, das im Laufe seiner Nutzung ständig gepflegt, gewartet und repariert werden muss. Hierzu bedarf es der ständigen Leistung des Herstellers, weil dieser Wartungsintervalle und -maßnahmen vorgibt und die Ersatzteile produziert. Das erfordert ebenfalls ein gewisses Vertrauen in dessen Zuverlässigkeit, das durch das arglistige Handeln von Audi gestört ist.
654.
66Aufgrund des wirksamen Rücktritts sind gemäß § 346 Abs. 1 BGB die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren. Die Beklagte hat den Kaufpreis zu erstatten und erhält neben dem Wagen auch die durch Fahrleistung eingetretene Wertminderung des Kfz ersetzt (§ 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Auf den zurückzuerstattenden Kaufpreis in Höhe von 27.550,00 € hat sich die Klägerin deshalb eine Nutzungsentschädigung anrechnen zu lassen. Das Fahrzeug wies im Zeitpunkt des Rücktritts eine Laufleistung von 10.000 km auf. Das Gericht schätzt die Gesamtlaufleistung des Fahrzeuges auf mindestens 250.000 km (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2008, 1199). Die Klägerin hat mit dem Fahrzeug 8.985 km zurückgelegt, da der Kilometerstand bei Vertragsschluss 1.015 km betrug. Für den Gebrauchsvorteil (Bruttokaufpreis x gefahrene KM ÷ Gesamtlaufleistung) muss sie daher einen Nutzungsersatz von 990,15 € leisten. Mithin besteht ein Anspruch auf Zahlung i.H.v. 26.559,85 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Kfz.
67II.
68Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
69III.
70Ferner hat die Klägerin einen Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Diese war wegen der verweigerten Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Kfz gem. §§ 298, 293 BGB in Verzug. Die Klägerin hat der Beklagten mit Schreiben vom 16.03.2016 unter Fristsetzung bis zum 23.03.2016 den Pkw ordnungsgemäß abholbereit angeboten. Mit Schreiben vom 22.03.2016 wies die Beklagte die Rückabwicklung zurück. Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin besteht, weil die Feststellung der erleichterten Vollstreckung des geltend gemachten Leistungsanspruchs dient und hierzu erforderlich ist, siehe § 756 ZPO (vgl. BGH, Urteil v. 13.12.2001 - VII ZR 27/00 Rdn. 27).
71IV.
72Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Rückerstattung außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.564,26 € als Verzugsschaden nach §§ 286, 288 BGB nicht zu. Das Anwaltsschreiben vom 16.03.2016 hat den Verzug der Beklagten erst begründet. Eine andere Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich.
73V.
74Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
75Der Streitwert wird auf 26.596,82 € festgesetzt.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.