Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 19. Juli 2012 - 8 SHa 11/12

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2012:0719.8SHA11.12.0A
bei uns veröffentlicht am19.07.2012

Tenor

Das Arbeitsgericht Bonn wird als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.

Gründe

1

I.  Das Arbeitsgericht Trier hat sich in dem vom Kläger im Dezember 2011 anhängig gemachten Rechtsstreit mit Beschluss vom 22.05.2012 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das das Arbeitsgericht Bonn verwiesen. Dieses hat sich seinerseits mit Beschluss vom 10.07.2012 für örtlich unzuständig erklärt und das Landesarbeitsgericht um Bestimmung des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts ersucht.

2

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte verwiesen.

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II.  1. Die Voraussetzungen für die Durchführung des Bestimmungsverfahrens nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind gegeben, nachdem sich sowohl das Arbeitsgericht Trier als auch das E. - jeweils durch Beschluss - für örtlich unzuständig erklärt haben.

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2. Als örtlich zuständiges Gericht ist vorliegend das das Arbeitsgericht Bonn zu bestimmen.

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Bei der nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorzunehmenden Bestimmung des zuständigen Gerichts sind nicht nur die Zuständigkeitsvorschriften selbst, sondern auch verfahrensrechtliche Bindungswirkungen zu beachten. Grundsätzlich ist deshalb auch ein fehlerhafter Verweisungsbeschluss mit Rücksicht auf seine Unanfechtbarkeit gem. § 48 Abs. 1 N. 1 ArbGG verbindlich. Lediglich eine offensichtlich gesetzwidrige Verweisung kann diese Bindungswirkung nicht entfalten. Offensichtlich gesetzwidrig ist ein Verweisungsbeschluss dann, wenn er jeder Rechtsgrundlage entbehrt, willkürlich gefasst ist oder auf der Versagung rechtlichen Gehörs gegenüber den Verfahrensbeteiligten oder einem von ihnen beruht (BAG v. 01.07.1992

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- 5 AS 4/02 - AP Nr. 39 zu § 36 ZPO, m.w.N.).

7

Offensichtlich gesetzwidrig ist der Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Trier jedoch nicht.

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a) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Bonn erweist sich der Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Trier nicht bereits deshalb als unwirksam, weil er nicht durch Beschluss der Vorsitzenden allein, sondern durch Beschluss der Kammer ergangen ist. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 7 ArbGG entscheidet über die örtliche Zuständigkeit der Vorsitzende nur außerhalb der streitigen Verhandlung allein. Ergeht die entsprechende Entscheidung hingegen - wie vorliegend - erst im Kammertermin, so obliegt diese der voll besetzten Kammer unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter (vgl. Schwab/Weth, ArbGG, 3. Aufl., § 55 Rd.Ziff. 29).

9

b) Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Trier ist - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Bonn - auch nicht gemäß § 39 ZPO in Folge rügeloser Einlassung begründet worden. Die Beklagte hat vielmehr bereits mit Schriftsatz vom 24.02.2012 die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Trier ausdrücklich gerügt. Einer Wiederholung dieser Rüge oder gar eines Verweisungsantrages bedurfte es daher in der mündlichen Verhandlung nicht mehr.

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c) Die Verweisung an das das Arbeitsgericht Bonn kann auch unter sonstigen Gesichtspunkten nicht als offensichtlich gesetzwidrig erachtet werden.

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Das Arbeitsgericht Trier stützt seine Entscheidung im Verweisungsbeschluss auf den Umstand, dass die Arbeitsleistung des Klägers, nämlich die Durchführung von Transportfahrten von dem in Ah. und damit im Bezirk des Arbeitsgerichts Bonn gelegenen Sitz der Disposition der Beklagten gelenkt wurde, sodass - nach Auffassung des Arbeitsgerichts Trier - dieser Ort die engste Verbindung zum Arbeitsverhältnis aufweist. Diese Auffassung des Arbeitsgerichts Trier steht in Einklang mit der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht, wonach sich der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO, soweit der Arbeitnehmer nicht ständig am selben Ort beschäftigt ist, jedenfalls bezüglich seiner Arbeitspflicht nach demjenigen Ort bestimmt, von dem aus der Arbeitnehmer seine Weisungen erhält (vgl. Schwab/Weth, a.a.O., § 48 Rd.Ziff. 127 m.w.N.). Zwar ist der Erfüllungsort beim Arbeitsverhältnis nach wohl herrschender Meinung für die gegenseitig geschuldeten Leistungen getrennt zu bestimmen, sodass von daher bezüglich der streitbefangenen Zahlungsansprüche des Klägers u.U. der Sitz der Disposition der Beklagten nicht als Erfüllungsort angesehen werden kann. Dies führt jedoch allenfalls zur Fehlerhaftigkeit des Verweisungsbeschlusses. Eine offensichtliche Gesetzwidrigkeit lässt sich hieraus indessen nicht ableiten.

12

Sonstige Gesichtspunkte, aus denen sich eine offensichtliche Gesetzwidrigkeit des Verweisungsbeschlusses ergeben könnten, sind nicht ersichtlich.

13

III.  Nach alledem war als örtlich zuständiges Gericht das E. zu bestimmen.

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Die Kosten des Verfahrens zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit sind Kosten des Rechtsstreits (BGH v. 10.12.1987 - 1 AZR 809/87 - NJW 1988, 1794).

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 37 Abs. 2 ZPO).

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Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 19. Juli 2012 - 8 SHa 11/12 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 36 Gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit


(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt: 1. wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;2. wenn es mit Rücksich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 29 Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts


(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. (2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 39 Zuständigkeit infolge rügeloser Verhandlung


Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges wird ferner dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies gilt nicht, wenn die Belehrung nach § 504 unterblieben ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 37 Verfahren bei gerichtlicher Bestimmung


(1) Die Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ergeht durch Beschluss. (2) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 55 Alleinentscheidung durch den Vorsitzenden


(1) Der Vorsitzende entscheidet außerhalb der streitigen Verhandlung allein 1. bei Zurücknahme der Klage;2. bei Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch;3. bei Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs;4. bei Säumnis einer Partei;4a. über die V

Referenzen

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Der Vorsitzende entscheidet außerhalb der streitigen Verhandlung allein

1.
bei Zurücknahme der Klage;
2.
bei Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch;
3.
bei Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs;
4.
bei Säumnis einer Partei;
4a.
über die Verwerfung des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid als unzulässig;
5.
bei Säumnis beider Parteien;
6.
über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung;
7.
über die örtliche Zuständigkeit;
8.
über die Aussetzung und Anordnung des Ruhens des Verfahrens;
9.
wenn nur noch über die Kosten zu entscheiden ist;
10.
bei Entscheidungen über eine Berichtigung des Tatbestandes, soweit nicht eine Partei eine mündliche Verhandlung hierüber beantragt;
11.
im Fall des § 11 Abs. 3 über die Zurückweisung des Bevollmächtigten oder die Untersagung der weiteren Vertretung.

(2) Der Vorsitzende kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 3 und 4a bis 10 eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Dies gilt mit Zustimmung der Parteien auch in dem Fall des Absatzes 1 Nr. 2.

(3) Der Vorsitzende entscheidet ferner allein, wenn in der Verhandlung, die sich unmittelbar an die Güteverhandlung anschließt, eine das Verfahren beendende Entscheidung ergehen kann und die Parteien übereinstimmend eine Entscheidung durch den Vorsitzenden beantragen; der Antrag ist in das Protokoll aufzunehmen.

(4) Der Vorsitzende kann vor der streitigen Verhandlung einen Beweisbeschluß erlassen, soweit er anordnet

1.
eine Beweisaufnahme durch den ersuchten Richter;
2.
eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage nach § 377 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung;
3.
die Einholung amtlicher Auskünfte;
4.
eine Parteivernehmung;
5.
die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.
Anordnungen nach Nummer 1 bis 3 und 5 können vor der streitigen Verhandlung ausgeführt werden.

Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges wird ferner dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies gilt nicht, wenn die Belehrung nach § 504 unterblieben ist.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(1) Die Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ergeht durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.