Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 09. Nov. 2016 - 7 TaBV 22/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:1109.7TABV22.16.0A
09.11.2016

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 11. August 2016, Az. 5 BV 22/16, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten in einem Verfahren nach § 100 ArbGG über die Einsetzung einer Einigungsstelle.

2

Die Beteiligte zu 2) ist im Bereich der Fensterproduktion aus unterschiedlichen Materialien tätig und beschäftigt am Standort A-Stadt circa 390 Beschäftigte. Der Beteiligte zu 1) ist der im Betrieb gebildete Betriebsrat.

3

Nachdem die Abteilung "Isolierglas" zunächst vorübergehend geschlossen war, teilte die Beteiligte zu 2) dem Beteiligten zu 1) unter dem 17. Mai 2016 mit, dass sich die testweise Schließung dieser Abteilung als sinnvoll erwiesen habe und die Abteilung nicht wiedereröffnet werde. Die in diesem Bereich beschäftigten Arbeitnehmer wurden in andere Bereiche "versetzt", der Mitarbeiter M. (Leiter der Abteilung Isolierglasfertigung) verließ das Unternehmen zwischenzeitlich auf eigenen Wunsch.

4

Die Beteiligte zu 2) lehnte Verhandlungen gemäß § 111 BetrVG ab, der Beteiligte zu 1) stellte mit Beschluss vom 8. Juli 2016 das Scheitern der Verhandlungen fest.

5

Mit am 2. August 2016 beim Arbeitsgericht eingegangener Antragsschrift begehrte der Beteiligte zu 1) die Einsetzung einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Schließung Isolierglasabteilung/Interessenausgleich und Sozialplan".

6

Der Beteiligte zu 1) hat vorgetragen,
die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Das ergebe sich schon aus einer quantitativen Betrachtung. Neben den in der Abteilung bis zu deren Schließung beschäftigten 23 Arbeitnehmern J. P., Be. D., U. Sch., Ed. Fr., Pa. Pl., Rm. Sr., To. Bn., Ta. Gs., Ha. Or., Mo. Hr., Al. Gz., Ba. Sz., St. Pt., Ga. Ab., Al. Sm., Gr. Re., We. Kn., Ue. Gn., Vi. Ko., Br. Bo., Mu. Ro., Er. Bc. und De. Wn. seien weiter die Arbeitnehmer F. M. (Abteilungsleiter), Hl. Hf. (langzeiterkrankt) und Hn. Y. (Elternzeit) zu berücksichtigen. Auch betreffe die Betriebsänderung nicht nur die Abteilung "Isolierglas", sondern auch weite Teile der Produktion sowie produktionsnahe Bereiche (Einkauf, Lager, Materialwirtschaft), die ganz oder zum Teil neu organisiert würden. Allein die Einarbeitung der "versetzten" Kollegen ziehe eine Mehrbelastung und Leistungsverdichtung nach sich.

7

Der Beteiligte zu 1) hat erstinstanzlich beantragt,

8

1. den Richter am ArbG O. a. D. Q. Z. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Schließung Isolierglasabteilung/Interessenausgleich und Sozialplan" zu bestellen,

9

2. die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf drei festzusetzen.

10

Die Beteiligte zu 1) hat beantragt,

11

die Anträge zurückzuweisen.

12

Sie hat vorgetragen,
die Maßnahme sei nicht interessenausgleichspflichtig, zumindest nicht mehr nach vollständiger Umsetzung der Maßnahme. Sämtliche betroffene Mitarbeiter seien seit nunmehr über 3 Monaten nicht mehr in der Isolierglasfertigung beschäftigt und an den neuen Arbeitsplätzen vollständig eingearbeitet.

13

Eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation sei nicht gegeben. Es seien lediglich 23 Arbeitnehmer, entsprechend circa 5,9 % der Belegschaft im Betrieb betroffen. Es könne nicht praktisch jeder Mitarbeiter hinzugerechnet werden, der in den "aufnehmenden anderen Abteilungen" beschäftigt werde. Dies gebiete das Interesse des Arbeitgebers an Rechtssicherheit.

14

Die Einigungsstelle sei auch offensichtlich unzuständig, wenn ein Interessenausgleich nicht mehr möglich sei, weil die Betriebsänderung schon abgeschlossen sei. Die Verhandlungen über einen Interessenausgleich hätten keinen Sinn mehr, wenn sowohl "Ob" als auch "Wie" der Betriebsänderung bereits feststünden oder die Betriebsänderung bereits durchgeführt worden sei.

15

Es liege auch keine sozialplanpflichtige Maßnahme vor. Wirtschaftliche Nachteile existierten nicht.

16

Das Arbeitsgericht Trier hat durch Beschluss vom 11. August 2016 den RArbG O. a. D. Q. Z. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Schließung Isolierglasabteilung/Interessenausgleich und Sozialplan" bestellt. Die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer hat es auf zwei festgelegt.

17

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt,
ein Rechtsschutzinteresse für den zulässigen und hinreichend bestimmten Antrag bestehe. Der Antrag habe auch in der Sache Erfolg. Zwar seien Bedenken an der Zuständigkeit einer Einigungsstelle, jedenfalls bezüglich der Verhandlungen über einen Interessenausgleich, zu verzeichnen. Eine Offensichtlichkeit der Unzuständigkeit einer Einigungsstelle habe indes nicht vorgelegen.

18

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Gründe II. des Beschlusses des Arbeitsgerichts Trier (Bl. 58 ff. d. A.) Bezug genommen.

19

Der genannte Beschluss ist der Beteiligten zu 2) am 16. August 2016 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 30. August 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

20

Zur Begründung der Beschwerde macht die Beteiligte zu 2) nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des Schriftsatzes vom 7. November 2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 65 ff., 125 ff. d. A.), zusammengefasst geltend,
eine Betriebsänderung im Sinn des § 111 BetrVG liege nicht vor. Die Quote nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 KSchG sei nicht erreicht. Aus den Zahlen ergebe sich nur eine Betroffenheit von potenziell 24 Arbeitnehmern und damit von etwa 6 % der Belegschaft im Betrieb. Die tatsächliche Betroffenheit dürfte eher bei 21 Mitarbeitern liegen, da die Mitarbeiter Y. aufgrund Elternzeit und die Beschäftigten P. und Hf. als langzeitkranke Arbeitnehmer (Herr Hf. sei seit dem 10. Dezember 2015 aus der Entgeltfortzahlung) nicht regelmäßig beschäftigt worden seien. Insbesondere gehe sie bei Herrn P. aufgrund der Rentennähe (Eintritt voraussichtlich zum 1. November 2016) nicht davon aus, dass er wieder in den Betrieb zurückkehren werde.

21

Der Mitarbeiter Or. habe bereits zuvor keine eigentliche Tätigkeit der Produktion ausgeführt. Er sei vielmehr an der Schnittstelle zwischen Produktion und Weiterverarbeitung tätig. Das heißt, er prüfe erzeugtes Glas und bestimme die Art und Weise der Verwendung in der weiteren Produktion. Die Verantwortung liege darin, die richtigen Teile zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort bereitzustellen. Diese Aufgabe falle unverändert an. Der Unterschied bestehe lediglich darin, dass nunmehr zugekauftes Glas in dieser Art und Weise behandelt werde. Dieses müsse ebenso angenommen, geprüft, einsortiert und intern an die verschiedenen Produktionsabteilungen kommissioniert werden. Dementsprechend sei gegenüber diesem Mitarbeiter auch keine Versetzung ausgesprochen worden.

22

Auch die Mitarbeiterin U. Sch. sei nicht Teil der Produktion gewesen. Sie sei als Disponentin verantwortlich für die Zusammenstellung der Optimierungsläufe in der Isolierglasherstellung (Reduzierung von Verschnitt etc.). Hierbei handele es sich um Arbeit, die der Produktion vorausgehe. Auch diese Tätigkeit bestehe unverändert. Die Mitarbeiterin nehme entsprechende Berechnungen weiter vor, wobei nunmehr nicht die eigene Produktion, sondern das externe Unternehmen nach den entsprechenden Anweisungen produziere. Sie habe keine neue Arbeit erlernen müssen, sondern habe allenfalls andere Empfänger ihrer Arbeitsergebnisse.

23

Dass alle Mitarbeiter des Betriebsteils nunmehr einen neuen Vorgesetzten hätten, sei der Tatsache geschuldet, dass Herr M. das Unternehmen verlassen habe.

24

Sie habe nicht die Verarbeitung von Isolierglas, sondern ausschließlich die Eigenproduktion eines Vorproduktes eingestellt. Die Isolierglasproduktion sei auch in qualitativer Hinsicht für sie kein besonders wichtiger Geschäftsbereich. Die Umstellung auf Zukauf sei problemlos verlaufen. Die Kostenstelle „Isolierglasfertigung“ sei im Rahmen der Schließung dieser Abteilung aufgelöst worden. Hierzu sei der Beteiligte zu 1) auch zu Versetzungen angehört worden, die keine Versetzungen im Sinn des § 95 Abs. 3 BetrVG sein dürften.

25

Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht beabsichtigt. Einen besonderen Ausbildungsbedarf für die versetzten Mitarbeiter sehe sie nicht. Am 15. August 2016 habe sie nochmals mit den betroffenen Mitarbeitern (soweit nicht erkrankt oder im Erholungsurlaub) besprochen, ob diese einen Fortbildungsbedarf sähen. Dabei hätten lediglich zwei Arbeitnehmer überhaupt einen Bedarf geäußert. Entsprechende Maßnahmen würden erfolgen. Für den 31. August 2016 sei geplant gewesen, mit weiteren Beschäftigten diese Thematik zu besprechen. Die Mitarbeiter, die bis dahin weiter erkrankt seien, würden ein entsprechendes Angebot schriftlich erhalten.

26

Sie ist der Ansicht, die Auffassung, die Zahlenwerte des § 17 KSchG seien nur eine grobe "Richtschnur", wobei es genüge, wenn diese annähernd erreicht würden, sei nicht überzeugend. Sie führe für Arbeitgeber dazu, dass die Interessenausgleichspflicht nicht ermittelbar sei.

27

Die Einigungsstelle sei auch offensichtlich unzuständig, weil die Maßnahme umgesetzt sei. Es gebe keinen Anspruch darauf, eine bereits erfolgte Schließung einer Produktion durch Wiederaufbau rückgängig zu machen.

28

Dass der Betriebsrat Versetzungen gerichtlich angreife, könne nicht dazu führen, dass eine Schließung nicht abgeschlossen sei. Dann hätte es der Betriebsrat in der Hand, selbst für Jahre zurückliegende Vorgänge noch eine Einigungsstelle zu erzwingen, um unabwendbare Kosten zu verursachen.

29

Soweit der Beteiligte zu 1) einen Sozialplan zum Gegenstand der Einigungsstelle machen wolle, sei jedenfalls hierfür eine Einigungsstelle offensichtlich unzuständig. Wirtschaftliche Nachteile entstünden den Arbeitnehmern nicht.

30

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

31

den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 11. August 2016 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

32

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

33

die Beschwerde zurückzuweisen.

34

Der Beteiligte zu 1) verteidigt den angefochtenen Beschluss nach Maßgabe des Beschwerdeerwiderungsschriftsatzes vom 22. September 2016, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 102 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend. Die vom Arbeitsgericht eingesetzte Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig.

35

Entgegen der Darstellung der Beklagten zu 2) seien 26 Beschäftigte in der Abteilung Isolierglas tätig gewesen. Auch die Beschäftigten U. Sch. und Ha. Or. seien dieser Abteilung und der dazu gehörigen Kostenstelle zugeordnet gewesen. Dass diese beiden Mitarbeiter keine unmittelbar der Produktion zuzuordnenden Tätigkeiten, sondern sogenannte produktionsnahe Tätigkeiten für die Abteilung Isolierglasfertigung ausgeübt hätten, ändere hieran nichts.

36

Für die Arbeitnehmerin Sch. ergebe sich das schon aus den Anhörungsbögen vom 8. Juni 2016 und 20. Juli 2016. Sie sei „von der Abteilung Isolierglasfertigung“ zunächst in die „Disposition“ und dann in den „Einkauf“ versetzt worden.

37

Herr Or. sei ebenfalls der Abteilung „Isolierglasfertigung“ und der entsprechenden Kostenstelle 41000 zugeordnet und für diese Abteilung im Bereich der Qualitätssicherung tätig gewesen. Sein Vorgesetzter sei der Leiter der Abteilung Isolierglasfertigung F. M. gewesen. Er sei zudem gegenüber vier Beschäftigten der Fertigung, den so genannten Glassortierern, weisungsbefugt gewesen. Alle hätten in der Fertigungshalle eng mit den übrigen Beschäftigten der Isolierglasabteilung zusammengearbeitet. Die vier Glassortierer seien aus Anlass der Abteilungsschließung in die Abteilung „Produktionslogistik“ versetzt worden. Dort sortierten sie jetzt das zugekaufte Glas. Neuer Vorgesetzter für Herrn Or. sei Pe. Fn..

38

Er, der Beteiligte zu 1), sei ursprünglich mit der vorübergehenden Schließung der Isolierglasabteilung einverstanden gewesen vor dem Hintergrund, dass es sonst – so die Beteiligte zu 2) seinerzeit – zu kostenträchtigen Lieferverzögerungen käme, die man unproblematisch mit den Beschäftigten der Isolierglasabteilung vermeiden könne. Von einer „Make or buy“-Entscheidung und einer darauf beruhenden Schließung habe er tatsächlich erstmals im Mai 2016 erfahren.

39

Hinsichtlich der Versetzungen der Beschäftigten Ko., Re., Hr., Bo., Pl., Gn., Kn., Wn., Gs. und Sch. habe zwischenzeitlich erneut wegen nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung die Zustimmung verweigert werden müssen. Eine Anhörung über die Zustimmung zu vorläufigen Versetzungen sei seitens der Beteiligten zu 2) nicht eingeleitet worden, so dass erneut die Aufhebung der rechtswidrig durchgeführten Maßnahmen gerichtlich veranlasst werden müsse.

40

Er ist der Ansicht, es könne sich bei der streitigen Maßnahme zudem um eine Betriebsänderung gemäß § 111 S. 3 Nrn. 4 und 5 BetrVG handeln. Des Weiteren sei von der Beteiligten zu 2) parallel zur Schließung mit dem Aufbau einer „zentralen Materialwirtschaft und eines Zentrallagers“ begonnen worden. Ob dies auf einer einheitlichen Maßnahme beruhe, müsse die Zuständigkeitsprüfung vor der Einigungsstelle ergeben.

41

Der Beteiligte zu 1) bestreitet, dass es keine maßnahmenbedingten Nachteile gibt. Es sei etwa der maßnahmenbedingte Nachteil „Zuweisung und Einarbeitung in völlig neue Tätigkeit“ sowie das damit verbundene Risiko gegeben, aufgrund fehlender oder nicht hinreichender Einarbeitung/Qualifizierung und dadurch drohender Schlechtleistung den Arbeitsplatz zu verlieren.

42

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 9. November 2016 (Bl. 132 ff. d. A.) und den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

43

1. Die nach § 100 Abs. 2 S. 1 ArbGG statthafte Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist gemäß §§ 100 Abs. 2 S. 2 und 3, 87 Abs. 2 form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

44

2. In der Sache hatte die Beschwerde der Beteiligten zu 1) jedoch keinen Erfolg.

45

Eine Einigungsstelle mit dem vom Beteiligten zu 1) beantragten Regelungsgegenstand ist nicht offensichtlich unzuständig.

46

a) Im Verfahren nach § 100 ArbGG ist die gerichtliche Zuständigkeitsprüfung der Einigungsstelle weitgehend eingeschränkt. Von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle im Sinn des § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist nur dann auszugehen, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt. Dies erklärt sich aus den Besonderheiten des Bestellungsverfahrens, das darauf gerichtet ist, den Betriebspartnern, die keine ständige Einigungsstelle eingerichtet haben, im Bedarfsfall beim Auftreten von Meinungsverschiedenheiten möglichst rasch eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen. Der eingeschränkte Prüfungsmaßstab korrespondiert damit, dass die Einigungsstelle die Vorfrage ihrer Zuständigkeit selbst prüft und sich, wenn sie diese nicht für gegeben hält, für unzuständig erklären kann (vgl. BAG, Beschluss vom 30. Januar 1990 - 1 ABR 2/89 - NZA 1990, 571, 572 m. w. N.; LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juli 2011 - 26 TaBV 1298/11 - juris Rz. 40). Die endgültige Klärung der Zuständigkeit der Einigungsstelle ist einem Beschlussverfahren vor der vollbesetzten Kammer vorbehalten. Die von der Einigungsstelle vertretene Rechtsauffassung unterliegt dann der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung.

47

Gibt es bei einer Rechtsfrage eine gefestigte und abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung, der zu Folge dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zustehet, so ist davon auszugehen, dass die dazu begehrte Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (LAG Niedersachen, Beschluss vom 19. Dezember 2012 - 1 TaBV 112/12 - juris Rz. 37 m. w. N.). Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle auch dann, was die zugrunde zu legenden Tatsachen anbelangt, wenn die zuständigkeitsbegründende Tatsachengrundlage zwar streitig ist, die Richtigkeit der für die Unzuständigkeit der Einigungsstelle sprechenden Tatsachen dem Gericht im Sinn von § 291 ZPO jedoch offenkundig ist oder offenkundig gemacht wird (LAG Hamburg, Beschluss vom 26. März 2014 - 5 TaBV 3/14 - juris Rz. 42 m. w. N.). Streitige Tatsachen sind im Verfahren nach § 100 ArbGG nur einer Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehen. Raum für eine Beweisaufnahme besteht nicht (LAG Hessen, Beschluss vom 15. Juli 2008 - 4 TaBV 128/08 - juris Rz. 23).

48

b) Vorliegend kommt eine Zuständigkeit der Einigungsstelle aus § 111 S. 3 Nr. 1, 112 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 BetrVG in Betracht. Es könnte eine Einschränkung und Stilllegung eines wesentlichen Betriebsteils, nämlich des Bereichs Isolierglas vorliegen.

49

Nach § 111 S. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Die Unterrichtungs- und Beratungspflicht des Arbeitgebers besteht nach § 111 S. 1 BetrVG allerdings nur bei geplanten Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft haben können. Satz 3 des § 111 BetrVG enthält eine beispielhafte Aufstellung von Tatbeständen, die als Betriebsänderung im Sinn des Satzes 1 gelten. Liegt einer der Tatbestände des § 111 S. 3 BetrVG vor, ist nicht mehr zu prüfen, ob nachteilige Folgen für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zu erwarten sind. Diese werden in den dort genannten Fällen fingiert (BAG, Urteil vom 9. November 2010 - 1 AZR 708/09 - AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 69 Rz. 13 m. w. N.). Dass tatsächlich Nachteile für die Mitarbeiter entstanden sind oder entstehen, ist nicht erforderlich. Ob ausgleichs- oder milderungswürdige Nachteile entstehen, ist bei der Aufstellung des Sozialplans - gegebenenfalls von der Einigungsstelle - zu prüfen und zu entscheiden (BAG, Beschluss vom 25. Januar 2000 - 1 ABR 1/99 - NZA 2000, 1069, 1070 m. w. N.; vom 17. August 1982 - 1 ABR 40/80 - NJW 1983, 1870, 1871).

50

Nach § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG gilt als Betriebsänderung im Sinn des Satzes 1 die Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von Betriebsteilen. Unter einer Stilllegung eines Betriebs oder eines wesentlichen Betriebsteils ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Arbeitgeber die wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen. Dagegen liegt eine Betriebseinschränkung vor, wenn der Betriebszweck zwar weiterverfolgt wird, dies jedoch unter einer nicht nur vorübergehenden Herabsetzung der Betriebsleistung geschieht. Die Stilllegung oder Einschränkung eines Betriebsteils ist dann eine Betriebsänderung im Sinn der Nr. 1, wenn ein wesentlicher Betriebsteil betroffen ist. Insoweit ist auf die Zahlengrenzen des § 17 Abs. 1 KSchG zurückzugreifen. Wesentlich ist ein Betriebsteil danach jedenfalls dann, wenn in ihm ein erheblicher Teil der Gesamtbelegschaft beschäftigt wird (quantitative Betrachtung). Dies ist der Fall, wenn die Zahlenwerte des § 17 KSchG erfüllt und im Betriebsteil mindestens 5 % der Belegschaft tätig sind (BAG, Urteil vom 9. November 2010 - 1 AZR 708/09 - NZA 2011, 466; vom 7. August 1990 - 1 AZR 445/89 - AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 34). Die in § 112a Abs. 1 S. 1 BetrVG angegebenen höheren Zahlengrenzen sind für das Vorliegen einer Betriebsänderung irrelevant; sie sind nur maßgeblich für die Frage, ob beim bloßen Personalabbau ein Sozialplan über die Einigungsstelle erzwungen werden kann.

51

Der Bereich Isolierglas ist ein Betriebsteil im Sinn des § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG. Diesen hat die Beklagte zunächst vorübergehend geschlossen und sodann dem Beteiligten zu 1) unter dem 17. Mai 2016 mitgeteilt, dass die Abteilung nicht wiedereröffnet werde. Dieser Bereich könnte auch für den ganzen Betrieb "wesentlich" sein. Im Betrieb der Beteiligten zu 2), in dem insgesamt circa 390 Arbeitnehmer beschäftigt sind, ist ein Betriebsteil wesentlich, wenn von der Stilllegung des Bereichs 10 % der Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer betroffen sind.

52

In der Abteilung Isolierglas waren unstreitig mindestens 21 Arbeitnehmer beschäftigt. Weiter sind auch die beiden Mitarbeiter, die längere Zeit erkrankt sind als auch der Mitarbeiter in Elternzeit von der Schließung dieses Bereichs betroffen. Hinsichtlich weiterer Arbeitnehmer, nämlich der Mitarbeiterin U. Sch. und dem Beschäftigten Or. ist zwischen den Parteien streitig, ob sie zum betroffenen Betriebsteil gehören. Es ist insoweit jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch diese von der Stilllegung betroffen und mitzuzählen sind.

53

Frau U. Sch. war sowohl dieser Kostenstelle zugeordnet als auch wurde sie laut den Anhörungsbögen betreffend ihre Versetzungen von der Abteilung „Isolierglasfertigung“ zunächst in die „Disposition“ und sodann in den „Einkauf“ versetzt. Ihr Arbeitsplatz verändert sich nach dem Vortrag der Beteiligten zu 2) durch die Schließung des Bereichs Isolierglas jedenfalls insoweit als sie nunmehr Berechnungen und Anweisungen für externe Unternehmen erstellt. Sie könnte damit von der Schließung der Abteilung betroffen sein.

54

Auch Herr Or. könnte zur Abteilung Isolierglas zu zählen sein. Er war ebenfalls dieser Kostenstelle zugeordnet. Deren Leiter F. M. war er unterstellt und selbst gegenüber vier Glassortierern der Abteilung (Wn., Kn., Ko. und Gz.) weisungsbefugt. Nach der Abteilungsschließung ergeben sich für ihn ebenfalls neue Berührungspunkte mit externen Zulieferern.

55

Die Beteiligte zu 2) hat die Mitarbeiterin U. Sch. und den Mitarbeiter Ha. Or. erstinstanzlich auch selbst bei der Berechnung der betroffenen Mitarbeiter der Abteilung mitgezählt.

56

Die Zahlenwerte des § 17 KSchG könnten damit erfüllt sein, ohne dass es darauf ankäme, ob die Werte des § 17 KSchG starr sind oder diese Zahlengrenzen nur annähernd erreicht werden müssten (so ErfK/Kania, 17. Aufl. 2017, § 111 BetrVG Rn. 11).

57

Weiter kann dahinstehen, ob neben den Mitarbeitern der Abteilung Isolierglas weitere Arbeitnehmer der Produktion sowie produktionsnaher Bereiche (Einkauf, Lager, Materialwirtschaft) von der Einstellung der Isolierglasproduktion mittelbar (beispielsweise durch die Einarbeitung von versetzten Kollegen) betroffen sind und daher bei der Ermittlung der Zahlenwerte des § 17 KSchG berücksichtigt werden müssen.

58

c) Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle ergibt sich auch nicht daraus, dass die Stilllegung des Bereichs Isolierglas bereits abgeschlossen wäre. Insoweit ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass der Entschluss der Beteiligten zu 2) dadurch umgesetzt wird, dass die vorübergehende bzw. testweise Schließung der Produktion, die zunächst für mehrere Wochen erfolgte, nicht wieder aufgehoben, sondern nicht lediglich vorübergehend, sondern dauerhaft belassen wird. Die Beteiligte zu 2) hat neben dem Zeitablauf keine Gesichtspunkte vorgetragen, die nunmehr eine - zunächst jedenfalls mögliche - Wiederaufnahme der Produktion ausschließen würden.

59

Zu bedenken ist weiter, dass die im Bereich beschäftigten Arbeitnehmer – mit Ausnahme des Abteilungsleiters – weiterhin im Betrieb arbeiten und die Produktion mit ihrer Hilfe wieder aufgenommen werden kann.

60

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass mangels wirksamer Beteiligung des Betriebsrats jedenfalls in zehn Fällen der Beteiligte zu 1) der Versetzung nicht zugestimmt hat und diese vom Arbeitsgericht noch nicht ersetzt ist.

61

d) Eine Einigungsstelle ist auch nicht für den Regelungsgegenstand „Sozialplan“ offensichtlich unzuständig. Beim Vorliegen des Tatbestands des § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG werden die nachteiligen Folgen für die Belegschaft oder wesentliche Teile der Belegschaft fingiert.

62

3. Über die Person des Einigungsstellenvorsitzenden haben die Beteiligten nicht gestritten. Über die Zahl der Beisitzer streiten sie im Beschwerdeverfahren nicht mehr.

III.

63

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 100 Abs. 2 S. 4 ArbGG.

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(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.

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1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

(1) Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(2) In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat die Aufstellung von Richtlinien über die bei Maßnahmen des Absatzes 1 Satz 1 zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkte verlangen. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(2a) Die Absätze 1 und 2 finden auch dann Anwendung, wenn bei der Aufstellung der Richtlinien nach diesen Absätzen Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt.

(3) Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.

Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. Januar 2014 – 7 BV 38/13 – abgeändert:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Einrichtung einer Einigungsstelle. Der Antragsteller ist der Betriebsrat der Beteiligten zu 2. Zwischen den Beteiligten bestehen unterschiedliche Rechtsauffassungen zum Vorliegen einer Betriebsänderung im Zusammenhang mit der Schließung zweier Abteilungen, in deren Zusammenhang der Betriebsrat Sozialplanverhandlungen begehrt.

2

Der Betrieb der Antragsgegnerin erbringt IT-Leistungen für die Gesellschaften der B..

3

In dem Betrieb sind insgesamt 166 Beschäftigte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes beschäftigt. Es besteht ein siebenköpfiger Betriebsrat.

4

Am 05.11.2013 beschloss der Geschäftsleiter, Herr O.,

5

„…folgende Betriebsänderung zum 1. Dezember 2013 vorzunehmen:

6

- die beiden Hamburger Abteilungen „2nd Level Support“ und „Client Configuration Management“ werden zum spätestens 31. Dezember 2013 geschlossen, und wird ab 1. Dezember 2013 extern fremdvergeben und die Dienstleistungen von der Firma B1 eingekauft.

7

- Für die Arbeitsleistungen in diesen Bereichen wird die Firma B1 auf die von der B2 zur Verfügung gestellten Software und Skripte zugreifen, um eine reibungslose Zusammenarbeit mit der B2 zu ermöglichen.

8

- Alle betroffenen Arbeitsverhältnisse werden frühestmöglich (ggf. erst nach Erhalt erforderlicher behördlicher Genehmigungen) unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen gekündigt.“

9

Die „B2“ stellt die Abkürzung für die B2 KG, also die Beteiligte zu 2) dar.

10

Mit Schreiben vom 6. November 2013 (Anl. Ast 1, Bl. 22ff. d. A.) übersandte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat eine „Information zur geplanten Betriebsänderung“. Dort heißt es:

11

„im Anschluss an die umfassende mündliche Information vom 6. November 2013 möchten wir Sie hiermit gemäß § 111 S. 1 BetrVG über die geplante Betriebsänderung im Bereich des „Second Level Supports / Client Configuration Management“ im Folgenden schriftlich unterrichten: (...) Die Pläne über das neue Organisationskonzept selbst beinhalten einen nicht sozialplanpflichtigen Personalabbau, der sich über diese Abteilung erstreckt.“

12

In der Abteilung 2nd Level Support sind derzeit acht Personen beschäftigt. In der Abteilung Client Configuration Management sind zwei Personen beschäftigt. Zwei weitere Mitarbeiter (Herr T. sowie Herr H.) wechselten zum 01.09.2013 in ein anderes Konzernunternehmen der B., nämlich in die B3. Diese soll der Firma B1 jedenfalls Räumlichkeiten für die Ausführung der Tätigkeiten vermieten. Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin sollen auch die Computer sowie die übrige Arbeitsplatzausstattung durch die B3 zur Verfügung gestellt werden. Zugleich verpflichtete sich die Antragsgegnerin gegenüber der Fa. B1, dieser die Computer sowie jedenfalls auch die Arbeitsplatzausstattung zur Verfügung zu stellen.

13

Seit Oktober 2013 wird ein Arbeitnehmer der Firma B1, Herr G., als vorübergehender Teamleiter in der Abteilung 2nd Level Support beschäftigt, weil der bisherige Teamleiter Herr N. zum 31.10.2013 aufgrund einer Eigenkündigung ausgeschieden war.

14

Daneben schieden im Jahr 2013 bzw. scheiden im Jahr 2014 noch zahlreiche andere Beschäftigte aus, die jedoch nicht den Abteilungen 2nd Level Support oder Client Configuration Management angehörten.

15

Der Bereich IT-Operations wirkt als eine zusammenhängende Abteilung mit zahlreichen kleineren Unterbereichen. Der 1st Level Support dient als erster Ansprechpartner für sämtliche Fragen. Soweit der 1st Level Support bei Schwierigkeiten eine Lösung vermitteln kann, erfolgt eine Abarbeitung durch diesen. Erst wenn die an ihn herangetragenen Probleme spezifischer sind, leitet er die Anfragen an die weiteren Bereiche weiter. Dabei entfielen in der Vergangenheit ca. 25 % aller Vorgänge (so genannte Tickets) auf eine Bearbeitung durch den 2nd Level Support, die übrigen Vorgänge wurden entweder durch den 1st Level Support oder aber die anderen Spezialbereiche abgedeckt. Die Gesamtzahl der monatlichen Tickets bewegt sich zwischen 2.500 und 3.000, sodass monatlich durch die betroffenen Bereiche 625 bis 750 Vorgänge zu bearbeiten sind.

16

Seit dem 16.12.2013 erbringt die Firma B1 GmbH IT. die IT-Leistungen, welche bis dahin die Abteilungen „2nd Level Support“ und „Client Configuration Management“ erbracht haben. Das Serviceteam der Firma B1 setzt sich aus einem Teamleiter, sechs Spezialisten sowie einem Softwarepaketierer zusammen. Arbeitnehmer der Antragsgegnerin sollen derzeit nicht übernommen werden. Lediglich Herr K. als Senior-Manager sowie stellvertretend Herr M. als Projektleiter übernehmen die Koordination und fungieren als Ansprechpartner des Dienstleisters.

17

Im Rahmen des Servicevertrages räumte die Antragsgegnerin der Firma B1 Zugang zu allen zur Serviceerbringung erforderlichen Bereichen ein. Die Antragsgegnerin verpflichtete sich gegenüber dem neuen Dienstleister zudem, jedem Mitarbeiter der Firma einen angemessen ausgestatteten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, was nicht nur die Stellung von Büromöbeln beinhaltete, sondern darüber hinaus auch eine entsprechende Computerausstattung. Daneben sollten den Mitarbeitern ursprünglich auch die entsprechenden Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden.

18

Zudem verpflichtete sich die Antragsgegnerin dem Dienstleister gegenüber dazu, dass jedem Mitglied ein für die Serviceerbringung erforderliches Anwenderprofil eingerichtet werden sollte. Dabei sollte Zugriff auf alle relevanten ITSM-Systeme und –tools wie das verwendete Ticket-Tool, die Asset-Datenbank (CMBG) oder andere Informationsquellen für verwendete IC oder eine Wissensdatenbank bestehen.

19

Zwischen den Beschäftigten der Fa. B1 und der Antragsgegnerin bzw. deren Beschäftigten finden regelmäßige Sitzungen statt. So bestehen unter anderem ein Lenkungsausschuss, ein Jour Fixe und ein Roundtable, welche regelmäßig sowie anlassbezogen tagen.

20

Der Betriebsrat begehrte vor dem Arbeitsgericht Hamburg im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Unterlassung der geplanten Maßnahme. Das Arbeitsgericht Hamburg gab mit Beschluss vom 27.11.2013 – 28 BVGa 2/13 - den Anträgen des Betriebsrates überwiegend statt, auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hob das Landesarbeitsgericht Hamburg durch Beschluss vom 03.12.2013 – 2 TaBVGA 2/13 den Beschluss des Arbeitsgerichts auf, weil nach Würdigung des LAG eine Betriebsänderung nicht vorlag.

21

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass er Anspruch auf Bildung einer Einigungsstelle habe, da die Schließung der Abteilungen eine Betriebsänderung darstelle: Eine Betriebseinschränkung sei bereits deshalb gegeben, weil ein erheblicher Teil der Arbeitnehmer des Betriebes hiervon betroffen werde. Dabei seien nicht nur die zehn unmittelbar von Kündigung betroffenen Arbeitnehmer zu Grunde zu legen, sondern ebenfalls zahlreiche weitere Beschäftigte, welche nicht in dem unmittelbar zu schließenden Bereich beschäftigt werden. Teilweise liefen die Arbeitsverhältnisse auch erst in naher Zukunft aufgrund von Befristungsabreden aus, was unstreitig ist. Daneben seien die beiden betroffenen Abteilungen auch qualitativ wesentliche Betriebsteile. Denn ein IT-Dienstleister könne heutzutage seine Serviceleistung nicht erbringen, wenn allein ein sog. 1st Level Support existiert. Daher seien die beiden Abteilungen von zentraler Bedeutung für den Betrieb.

22

Daneben liege auch eine Betriebsspaltung vor, weil mit den beiden Abteilungen eine organisatorisch verselbstständigte bzw. abgrenzbare Einheit ausgegliedert werde. Es handele sich bei den beiden Abteilungen um organisatorisch abgrenzbare Einheiten mit einem Teamleiter. Die Firma B1 lege sich insoweit „ins gemachte Bett“. Sie nutze wesentliche Betriebsmittel der Antragsgegnerin wie Büroräume, Rechner und Software. Die wesentlichen Organisationsstrukturen würden beibehalten. Die Abteilung 2nd Level Support sei von großer Bedeutung für die Antragsgegnerin. Denn der 1st Level Support könne derzeit nur circa 40 % aller Anfragen sogleich lösen. Es komme nicht darauf an, ob die Tätigkeiten standardmäßig am Markt angeboten werden oder nicht. 20 % der Tickets beträfen den 2nd Level Support und 5 % der Tickets das Client Management. Die Firma B1 übernehme auch weitere Betriebsmittel der Antragsgegnerin wie Anwenderprofile. Die Mitarbeiter des Dienstleisters erhielten Zugriff auf ITSM-Systeme und Tools der Beteiligten zu 2). Auch nähmen Beschäftigte der Firma B1 teil an Meetings bei der Antragsgegnerin. Dies alles sei identitätsprägend für einen IT-Servicebetrieb. Außerdem erhielten die Beschäftigten der Firma B1 Zugang zu Kundenlisten und Dienstleistungsverträgen, wobei es sich um wesentliche immaterielle Betriebsmittel handele. Es liege ein Teilbetriebsübergang vor, jedoch keine Stilllegung. Letztlich liege auch eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation vor.

23

Der Betriebsrat hat beantragt,

24

1. eine Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Hamburg Herrn Dr. Helmut Nause zur Regelung eines Sozialplanes anlässlich der Schließung der Abteilungen „2nd Level Support“ und „Client Configuration Management“ sowie der Spaltung bzw. Einschränkung des Betriebes zu bestellen;
2. die Anzahl der Beisitzer für die Beteiligten auf jeweils 3 festzusetzen.

25

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

26

den Antrag zurückzuweisen.

27

Die Arbeitgeberin hat vorgetragen, dass keine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG vorliege. Zum einen erreiche eine quantitative Betrachtung der Abteilung nicht die Schwellenwerte, die § 17 KSchG erforderten. In diesem Zusammenhang könne der Antragsteller nicht von mehr als zehn Personen ausgehen, weil die übrigen genannten Beschäftigten unstreitig zum einen entweder nur befristet beschäftigt waren, zum anderen aber auch nicht zur betroffenen Abteilung gehörten. Qualitativ sei die Abteilung nicht hinreichend bedeutsam, weil bereits die Qualität zu wünschen übrig gelassen habe. Auch seien die dort erbrachten Leistungen heutzutage Industriestandard, welcher überall sehr leicht erworben werden könne.

28

Es sei auch kein Teilbetriebsübergang gegeben. Die Antragsgegnerin wolle nicht etwa einen Betriebsteil abspalten oder übertragen, sondern schließen wegen Fremdvergabe. Auch handele es sich bei den beiden Abteilungen nicht um einen wesentlichen Betriebsteil, da es an der funktionalen Wesentlichkeit fehle. Auf die Zahl der Tickets komme es nicht an. Auch soweit die Antragsgegnerin im Schreiben vom 06.11.2013 untechnisch von „Betriebsänderung" gesprochen habe, führe dies nicht zur Annahme einer solchen im Rechtssinne. Auch habe sich die Firma B1 nicht ins „gemachte Bett gelegt“, denn die von dieser erbrachten Dienstleistungen seien am Markt frei verfügbar. Die Dienstleistungsfirma habe hinreichend qualifizierte Mitarbeiter und biete die erforderlichen technischen Voraussetzungen. Die Firma B1 übernehme auch keine Organisationsstrukturen der Antragsgegnerin und - unstreitig - auch keinen Mitarbeiter der Beteiligten zu 2). Allein die Personenidentität des Teamleiters reiche nicht aus. Auch gingen keine wesentlichen Betriebsmittel über, zumal Computer, Büroräume etc. nicht prägend seien. Im Übrigen würde die Firma B1 andere Räumlichkeiten erhalten. Das Ticket-System sei für den Betrieb der Antragsgegnerin zwar hilfreich, aber nicht existenznotwendig.

29

Durch den der Antragsgegnerin am 24.01.2014 zugestellten Beschluss vom 15.01.2014, auf den zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Anträgen stattgegeben.

30

Hiergegen richtet sich die am 03.02.2014 eingelegte und sogleich begründete Beschwere der Antragsgegnerin.

31

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

32

Sie beantragt,

33

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15.01.2014 – 7 BV 38/13
die Anträge abzuweisen.

34

Der Antragsteller beantragt,

35

die Beschwerde zurückzuweisen.

36

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

37

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

38

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 98 Abs. 2 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 98 Abs. 2, 87 Abs. 2 und 3 ArbGG).

39

Die Beschwerde ist begründet. Die Einigungsstelle mit dem vom Antragsteller begehrten Thema ist offensichtlich unzuständig, § 98 Abs. 1 ArbGG.

40

1. Das Arbeitsgericht hat die Voraussetzungen einer offensichtlichen Unzuständigkeit der angerufenen Einigungsstelle völlig zutreffend umschrieben. Danach ist von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle im Sinne des § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG auszugehen, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt.

41

Dies ist u.a. dann gegeben, wenn es bei einer Rechtsfrage eine gefestigte und abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, der zufolge dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zusteht (LArbG Kiel, Beschl. v. 08.02.2012 - 6 TaBV 47/11; LArbG Hannover, Beschl. v. 12.01.2010 - 1 TaBV 73/09; Koch in: ErfKomm, § 98 ArbGG Rn. 3; Matthes/Schlewing in: Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, § 98 Rn. 8; Walker in: Schwab/Weth, ArbGG, § 98 Rn. 37). Hingegen kann die Unzuständigkeit der Einigungsstelle nicht als endgültig geklärt angesehen werden, wenn das BAG zu einer Rechtsfrage nur vereinzelt oder am Rande Stellung genommen hat und an dieser Rechtsauffassung beachtliche Kritik in der Literatur oder in der Instanzrechtsprechung geäußert worden ist (Koch in: ErfKomm, § 98 ArbGG Rn. 3; vgl. auch LArbG Stuttgart, Beschl. v. 16.10.1991 - 12 TaBV 10/91 und LArbG Köln, Beschl. v. 11.02.1992 - 3 TaBV 54/91).

42

Anders gesagt: „offensichtlich unzuständig" im Sinne des § 98 Abs. 1 ArbGG ist eine Einigungsstelle nur dann, wenn sich dies bereits aus dem unstreitigen und dem eigenen Tatsachenvorbringen des Antragstellers auf der Grundlage einer gefestigten Rechtsmeinung ergibt, zu der eine Gegenmeinung nicht existiert oder nicht ernsthaft vertretbar erscheint, oder aber - was die zugrunde zulegenden Tatsachen anbelangt - dann, wenn die zuständigkeitsbegründende Tatsachengrundlage zwar streitig ist, die Richtigkeit der für die Unzuständigkeit der Einigungsstelle sprechenden Tatsachen dem Gericht im Sinne von § 291 ZPO jedoch offenkundig ist oder offenkundig gemacht wird (vgl. dazu LAG Köln 05.12.2001 - 7 TaBV 71/01 - LAGE § 98 ArbGG 1979 Nr. 38, juris).

43

2. Übertragen auf vorliegendes Verfahren bedeutet dies Folgendes: Hinsichtlich des entscheidungserheblichen Sachverhaltes, der Tatsachengrundlage, gibt es keine unterschiedlichen Angaben der Beteiligten. Der Sachverhalt ist unstreitig. Zwar vertreten die Beteiligten – selbstverständlich - unterschiedliche Rechtsauffassungen, es besteht jedoch keine Unsicherheit im hier interessierenden Zusammenhang in der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffes „Betriebsänderung“ iSd. § 111 BetrVG. Es bedarf also zur Entscheidung über die Zuständigkeit der Einigungsstelle zwar einer Würdigung des Sachverhaltes, der sich in mehrere Teile gliedert, und einer Subsumtion des Sachverhaltes unter den Tatbestand der Betriebsänderung, auch dies unter verschiedenen Aspekten. Dies ist nicht ohne Mühe zu leisten, bedeutet aber nicht, dass schon deshalb die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig ist. Vielmehr ergibt sich bei der Abarbeitung der einzelnen Punkte, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG eben nicht gegeben sind (vermutlich legitimer Weise gewollt).

44

Es ist eine weitere Besonderheit im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen: Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat sich im Verfahren zum Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der hier wie dort entscheidungserheblichen Frage der Betriebsänderung befasst und ihr Vorliegen unter Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung verneint (Beschluss vom 03.12.2013 – 2 TaBVGa 2/13). Diese rechtskräftige Entscheidung ist zwar vorliegend nicht bindend wie es etwa bei einem Feststellungsverfahren wäre. Aber das Landesarbeitsgericht hat bei der Würdigung des Sachverhaltes auch im einstweiligen Verfügungsverfahren zum Vorliegen des Verfügungsanspruchs eine erschöpfende Rechtsprüfung vorzunehmen und hat sie vorgenommen. Das Ergebnis dieses Verfahrens kann vorliegend nicht unberücksichtigt bleiben, denn sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes, als auch hinsichtlich der Rechtsfragen bestehen keine Unklarheiten im oben genannten Sinne.

45

Danach gilt - die Ausführungen der 2. Kammer des LAG Hamburg vom 03.12.2013 verkürzt wiederholend - Folgendes:

46

Eine Betriebseinschränkung i. S. d. § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG ist nicht gegeben.

47

Unter der Einschränkung des Betriebes ist die Herabsetzung der Leistungsfähigkeit desselben zu verstehen, welche sowohl durch eine Verringerung der sächlichen Betriebsmittel als auch durch Einschränkung der Zahl der Arbeitnehmer bedingt sein kann. Eine Betriebsänderung i. S. v. § 111 BetrVG kann dabei auch in einem bloßen Personalabbau liegen. Dies zeigt die Regelung in § 112a Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

48

Bei der Definition eines wesentlichen Betriebsteils i.S. des § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG stellt das Bundesarbeitsgericht einerseits in einer primär quantitativen Betrachtung darauf ab, ob in dem Betriebsteil ein erheblicher Teil der Arbeitnehmer des Gesamtbetriebes beschäftigt ist. Daneben ist ein solcher dann anzunehmen, wenn unabhängig von der Zahl der in ihm beschäftigten Arbeitnehmer auf Grund einer qualitativen Betrachtung der Betriebsteil wirtschaftlich gesehen für den Gesamtbetrieb von erheblicher Bedeutung ist (BAG Beschluss vom 7.8.1990 - 1 AZR 445/89 - , AP Nr. 34 zu § 111 BetrVG 1972). Diese höchstrichterliche Rechtsprechung ist nicht ernsthaft im Streit.

49

a. Für die Beurteilung, ob in einem Betriebsteil ein erheblicher Teil der Arbeitnehmer des Gesamtbetriebes beschäftigt ist, zieht das BAG die Zahlen- und Prozentangaben in § 17 Abs. 1 KSchG als Maßstab heran. Diese werden vorliegend nicht erreicht. Der Antragsteller meint – Rechtsauffassung - zu Unrecht, dass im Rahmen einer Berechnung der betroffenen Beschäftigten auch die befristeten Arbeitsverhältnisse mit einzubeziehen wären. Denn im Rahmen der dort vereinbarten Befristungen ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits im Arbeitsverhältnis selbst angelegt.

50

Auch die weiteren Beschäftigten, die nicht zum Bereich der unmittelbar betroffenen Bereiche 2nd Level Support und Client Configuration Management gehören, werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt. Demzufolge war nur von 10 betroffenen Beschäftigten von 166 Arbeitnehmern insgesamt auszugehen, welche nicht die Zahlenschwelle des § 17 KSchG erreichen. Dies – so das Landesarbeitsgericht - ist zwischen den Beteiligten im Kern auch unstreitig.

51

b. Auch in qualitativer Hinsicht ist ein wesentlicher Betriebsteil nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die nicht ernsthaft angefochten wird, ist in qualitativer Hinsicht ein wesentlicher Betriebsteil nur dann gegeben, wenn er wesentliche Bedeutung innerhalb der betrieblichen Gesamtorganisation hat (BAG vom 6.6.1978, AP Nr. 2 zu § 111 BetrVG 1972), oder erhebliche Bedeutung für den Gesamtbetrieb und die Erfüllung seiner arbeitstechnischen Zwecke hat (BAG vom 6.12.1988, AP Nr. 26 zu § 111 BetrVG 1972), oder es sich um Schlüsselfunktionen handelt (BAG vom 28.3.2006, NZA 2006, 932, 936; BAG vom 18.3.2008, 1 ABR 77/06). Jedenfalls hat das BAG eine Erfüllung des Merkmals in qualitativer Hinsicht nur ausnahmsweise bejaht. Dabei hat das BAG insbesondere Reinigungsabteilungen, die technische Anzeigenproduktion eines Betriebes oder ein Materiallager wie auch eine Abteilung, die nur ein Vorprodukt herstellt, nicht als wesentlicher Betriebsteil angesehen. Von einer solchen Schlüsselfunktion im Sinne der Rechtsprechung des BAG wird man in Anbetracht der beiden betroffenen Bereiche, die IT-Dienstleistungen erbringen, die auf dem entsprechenden IT-Dienstleistungsmarkt frei verfügbar sind, nicht sprechen können. Dabei spielt auch insbesondere die Zahl der zu bearbeitenden Tickets, da es sich lediglich um eine mögliche Form der Abarbeitung von IT-Dienstleistungsaufträgen handelt, keine Rolle. Gerade die Möglichkeit, die Aufgabe der beiden Bereiche ohne größere Probleme an externe Dienstleister fremd zu vergeben, spricht gegen das Vorliegen eines wesentlichen Betriebsteils in qualitativer Hinsicht. Eine funktionale Wesentlichkeit i. S. einer Schlüsselfunktion kann jedenfalls nicht bejaht werden. Auch dies ist ohne Weiteres aufgrund des unstreitigen Sachverhalts und der höchstrichterlichen Rechtsprechung festzustellen.

52

c. Auch eine Stilllegung wesentlicher Betriebsteile im Sinne des § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG liegt nicht vor. Unter einer Betriebsstilllegung ist nach der ständigen Rechtsprechung des BAG die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Arbeitgeber die wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszwecke dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen (z.B. BAG vom 21.6.2001, AP Nr. 50 zu § 15 KSchG 1969). Die Produktionseinstellung ist erst dann eine Stilllegung, wenn die Arbeitsverhältnisse aufgelöst werden (vgl. BAG vom 30.5.2006, AP Nr. 5 zu § 209 InsO). Ein Betriebsteil kann zum Beispiel stillgelegt werden, wenn er zu bestehen aufhört, weil die von ihm erfüllten Aufgaben an eine Fremdfirma vergeben werden (DKK-Däubler), BetrVG, 11. Aufl., § 111 Rn. 46).

53

Genau so verhält es sich vorliegend. Denn die Unternehmerentscheidung vom 5. November 2013 durch den Geschäftsleiter, Herrn O., geht dahin, die beiden Abteilungen spätestens zum 31.12.2013 zu schließen und ab dem 01.12.2013 die Aufgaben extern fremd zu vergeben an die Firma B1. Alle betroffenen Arbeitsverhältnisse sollen frühestmöglich unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen gekündigt werden.

54

Eine Betriebsteilstilllegung ist daher gegeben. Für eine Betriebsänderung fehlt es jedoch - wie vorstehend dargelegt - an einem wesentlichen Betriebsteil. Denn die beiden Bereiche 2nd Level Support und Client Configuration Management erfüllen weder in quantitativer Hinsicht, da es an der Erreichung der Zahlenstaffeln gemäß § 17 KSchG fehlt, noch in qualitativer Hinsicht, da es sich nicht um eine Schlüsselfunktion handelt, das Wesentlichkeitserfordernis. Die unternehmerische Entscheidung ist dokumentiert und unstreitig, sie musste also nur an dem Begriff der Betriebsänderung gemessen werden. Das kann im vorliegenden Verfahren – wie ausgeführt – geschehen.

55

d. Eine Betriebsspaltung gemäß § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG liegt ebenfalls nicht vor. Die Spaltung eines bisher organisatorisch einheitlichen Betriebes kann innerhalb eines Unternehmens erfolgen und zu zwei neuen selbstständigen Betrieben führen, in denen der Arbeitgeber derselbe bleibt (Fitting u.a., BetrVG, 26. Aufl., § 111 Rn. 86). Sie kann auch in der Abspaltung eines Betriebsteils und dessen Übertragung auf einen neuen Betriebsinhaber gemäß § 613a BGB liegen. Die Spaltung setzt voraus, dass zumindest zwei neue Einheiten entstehen.

56

Die Stilllegung eines Betriebsteils ist keine Spaltung (BAG vom 18.3.2008, aaO.). Auch dies ist nicht ernsthaft im Streit.

57

Zwar ist zutreffend, dass anders als nach § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG für Fälle der Betriebsteilstilllegung für eine Spaltung im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG nicht erforderlich ist, dass wesentliche Betriebsteile betroffen sind (BAG vom 10.12.1996, 1 ABR 32/96). Eine Spaltung im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG setzt jedoch voraus, dass zumindest zwei neue Einheiten entstehen.

58

Dieses Erfordernis ist auch erfüllt, wenn ein abgespaltener Betriebsteil anschließend in einen anderen Betrieb desselben Arbeitgebers oder eines Betriebsteilerwerbers eingegliedert wird und dabei untergeht. Keine Spaltung liegt jedoch vor, wenn sich die Maßnahme darin erschöpft, die betriebliche Tätigkeit eines Betriebsteils zu beenden, ohne dass dessen Substrat erhalten bleibt (BAG vom 18.3.2008, aaO.). Dabei handelt es sich um eine Stilllegung des Betriebsteils und nicht um eine Spaltung des Betriebes.

59

Dass die Stilllegung eines Betriebsteils keine Spaltung im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG ist, ergibt sich besonders deutlich aus der Gesetzessystematik. Der Zusammenhang von § 111 S. 3 Nr. 1 und Nr. 3 BetrVG zeigt, dass die schlichte Schließung eines Teils des bisherigen Betriebes keine Spaltung im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG ist. Nach dem Verhältnis dieser beiden gesetzlichen Tatbestände kann eine Betriebsstilllegung nicht zugleich eine Spaltung sein. Die Stilllegung eines Betriebsteils ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG nur dann eine Betriebsänderung im Sinne des Gesetzes, wenn es sich um einen wesentlichen Betriebsteil handelt. Für eine Spaltung ist dies keine Voraussetzung. Wäre aber jede Stilllegung auch eines nicht wesentlichen Betriebsteils eine nach § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG sozialplanpflichtige Spaltung, verlöre das Erfordernis der Wesentlichkeit in § 111 S. 3 Nr. 1 seinen Sinn. Ihm käme keine Bedeutung mehr zu, da dann auch Betriebsteilstilllegungen, die nicht die nach § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG erforderliche Größenordnung des § 17 KSchG erreichen, nach § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG sozialplanpflichtig wären. Das widerspräche der Konzeption des Gesetzes.

60

e. Es liegt aber auch kein Betriebsteilübergang i. S. d. § 613a BGB vor, der zur Annahme einer Betriebsspaltung führen könnte. Ein Betriebsübergang i.S.d. § 613a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine wirtschaftliche Einheit des Betriebs oder Betriebsteils unter Wahrung von deren Identität fortführt. Zu den Tatbestandsmerkmalen im Einzelnen wird Bezug genommen auf die den Beteiligten bekannte Entscheidung des LAG Hamburg vom 3.12.2013, dort S. 13, 14.

61

Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Bereiche 2nd Level Support und Client Configuration Management bei der Beteiligten zu 2) einen selbstständig übergangsfähigen Betriebsteil bilden würden, ist vorliegend ein Betriebsteilübergang i. S. des § 613a BGB nicht feststellbar. Denn die Beteiligte zu 2) hat den Betriebsteil nicht abgespalten, sondern stillgelegt. Sie hat ihn nicht ausgegliedert, um ihn etwa als veräußerungsfähige Einheit auf einen neuen Rechtsträger zu übertragen. Sie beendete vielmehr die eigene Verfolgung der arbeitstechnischen Zwecke, denen der Betriebsteil mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern und eingesetzten Betriebsmitteln zuvor gedient hatte. Der Betriebsteil blieb nicht erhalten, sondern entfiel. Er wurde nicht nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB auf die Firma B1 übertragen. Die Fremdvergabe bestimmter Aufgaben führt ohne den Übergang sächlicher oder immaterieller Betriebsmittel und ohne die Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals nicht zu einem Betriebsteilübergang im Sinne von § 613a Abs. 1 S. 1 BGB (BAG vom 24. Mai 2005, 8 AZR 333/04; BAG vom 16. Mai 2007, 8 AZR 693/06; BAG vom 18.3.2008, aaO).

62

Es ist unstreitig, dass kein einziger Arbeitnehmer von der Beteiligten zu 2) auf die Firma B1 übergegangen ist, was bereits gegen einen Betriebsteilübergang spricht. Nach der Rechtsprechung des BAG genügt es für einen Betriebsteilübergang nicht, dass die Firma B1 nunmehr mit ihrem eigenen Personal und teilweise eigenen Betriebsmitteln die Aufgaben verrichtet, die bislang von einer Abteilung im Betrieb der Beteiligten zu 2) erledigt wurden (s. BAG vom 18.3.2008, aaO.). Vorliegend hat die Beteiligte zu 2) der Firma B1 auch lediglich Zugang zu Kundenlisten und Dienstleistungsverträgen verschafft, diese jedoch nicht auf die Firma B1 übertragen. Die Firma B1 hat sich auch nicht „ins gemachte Bett“ der Beteiligten zu 2) gelegt, da sie selbst über die erforderlichen technischen Voraussetzungen und das entsprechende Personal zur Bearbeitung der IT-Aufgaben verfügt. Die Dienstleistungen, die sie erbringt, sind am Markt der IT-Dienstleistungen verfügbar. Auch die Bereitstellung eines eigenen Anwenderprofils für die Firma B1 durch die Beteiligte zu 2) und der eingeräumte der Zugriff auf die ITSM-Systeme und Tools führen nicht zur Annahme eines Betriebsteilübergangs. Denn es handelt sich dabei um eine vorübergehende Nutzung für die Vertragslaufzeit, nicht aber um die Einverleibung eines betrieblichen Substrats. Auch dass der Firma B1 unstreitig Hardware und Software von der B3 zur Verfügung gestellt werden und dass deren Mitarbeiter Räumlichkeiten im Bauer-Konzern erhalten sollen, lässt noch nicht auf einen Betriebsteilübergang schließen. Denn zum einen kann auch ein Dienstleister seine Dienstleistungen räumlich in dem Unternehmen, mit dem er den Vertrag geschlossen hat, erbringen und zum anderen sind Computer, jedenfalls wenn sie Industriestandard entsprechen, wie vorliegend, keine materiellen Betriebsmittel, die auf den Übergang von Betriebssubstrat schließen lassen bzw. identitätsprägend sind. Auch die Tatsache, dass in einem zwischen den Beteiligten streitigen Umfang Meetings zwischen Mitarbeitern der Fa. B1 und IT-Beschäftigten der Beteiligten zu 2) stattfinden, lässt noch keinen sicheren Schluss auf das Vorliegen eines Betriebsteilübergangs zu.

63

Auch soweit das LAG in der Entscheidung vom 03.12.2013 ausführt, es gebe auch einige Anhaltspunkte, die für das Vorliegen eines Betriebsteilübergangs sprechen, wie z. B. der Grad der Ähnlichkeit mit der bisher verfolgten betrieblichen Tätigkeit, das Fehlen jeder Unterbrechung der Betriebstätigkeit wie auch die Tatsache, dass Herr G., ein Mitarbeiter der Firma B1, bereits seit Oktober 2013 bei der Beteiligten zu 2) tätig ist, ändert im Ergebnis nichts. Denn letztlich ergibt die Gesamtschau, dass die Kriterien, die gegen einen Betriebsteilübergang sprechen, deutlich überwiegen.

64

Dies ist Anwendung gefestigter Rechtsprechung auf einen unstreitigen Sachverhalt. Eine Betriebsspaltung liegt nach allem nicht vor.

65

f. Es liegt auch keine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 4 BetrVG vor. Eine Änderung der Betriebsorganisation liegt vor, wenn der Betriebsaufbau, insbesondere hinsichtlich Zuständigkeiten und Verantwortung, umgewandelt wird. Grundlegend ist die Änderung, wenn sie sich auf den Betriebsablauf in erheblicher Weise auswirkt. Maßgeblich dafür ist der Grad der Veränderung (BAG vom 18.11.2003, 1 AZR 637/02). Es kommt entscheidend darauf an, ob die Änderung einschneidende Auswirkungen auf den Betriebsablauf, die Arbeitsweise oder die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer hat (BAG vom 18.3.2008, aaO). Die Änderung muss in ihrer Gesamtschau von erheblicher Bedeutung für den gesamten Betriebsablauf sein. Beim Outsourcing der Aufgaben eines Betriebsteils kommt es daher darauf an, ob sich dies auf den gesamten Betriebsablauf oder auf die Arbeitsweise und die Arbeitsbedingungen der nicht unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer gravierend auswirkt (BAG vom 18.3.2008, aaO).

66

Dies lässt sich vorliegend nicht bejahen. Eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation im Sinne von § 111 S. 3 Nr. 4 BetrVG stellt die Fremdvergabe der bisher von den beiden Bereichen 2nd Level Support und Client Configuration Management erledigten Aufgaben durch die Firma B1 nicht dar. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Maßnahmen der gesamte Betriebsablauf in erheblichem Ausmaß betroffen wäre. Durch die Verlagerung der Dienstleistungsaufgaben, die bisher von den beiden Bereichen erbracht worden sind, änderte sich, soweit erkennbar, an der Arbeitsweise und den Arbeitsbedingungen des ganz überwiegenden Teils der Belegschaft nichts Wesentliches.

67

3. Um es zu wiederholen: Der Sachverhalt ist von den Beteiligten umfangreich vorgetragen worden, er ist jedoch im Wesentlichen unstreitig. Es werden von den Beteiligten zwar unterschiedliche Rechtsauffassungen vorgetragen. Bei Anwendung der nicht im Fluss befindlichen oder auch nur umstrittenen Rechtsprechung des BAG zu § 111 BetrVG, ergibt sich aber, auch wenn der Begründungsweg länger ist, dass eine Betriebsänderung nicht vorliegt. Die Länge der Prüfung – so wie hier - führt dabei nicht dazu, dass von offensichtlicher Unzuständigkeit nicht gesprochen werden kann. Entscheidend ist der unumstrittene Sachverhalt und die nicht in Zweifel zu ziehende höchstrichterliche Rechtsprechung.

68

Im Ergebnis lässt diese Prüfung unter Berücksichtigung der Entscheidung des LAG Hamburg vom 23.12.2013 es vernünftiger Weise nicht zu, eine offensichtliche Unzuständigkeit nicht anzunehmen und die Einigungsstelle einzusetzen. Die erstinstanzliche Entscheidung war daher abzuändern.

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 21. September 2009 - 6 Sa 808/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat.

2. Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 23. September 2008 - 4 Ca 1659/08 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Nachteilsausgleich.

2

Der Kläger war bei der Beklagten in deren Niederlassung N als Kraftfahrer beschäftigt. Die Beklagte betreibt eine Spedition mit zahlreichen Niederlassungen im Bundesgebiet, in denen sie insgesamt mehrere hundert Arbeitnehmer beschäftigt. In der Niederlassung N, in der ein eigener Betriebsrat besteht, beschäftigte die Beklagte insgesamt 13 Arbeitnehmer. Von den sechs Kraftfahrern waren fünf vollzeitbeschäftigt, der sechste bezog seit dem Jahre 2000 Altersruhegeld und war danach nur noch als Aushilfe tätig. Die übrigen sieben Mitarbeiter disponieren und organisieren im Wesentlichen über Fremdfirmen die Transportdienstleistungen. Die Beklagte erzielte in der Niederlassung N rund 13 Prozent ihres Umsatzes mit dem betriebseigenen Fuhrpark.

3

Im Februar 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers sowie dreier weiterer von ihr beschäftigter Kraftfahrer mit Wirkung zum 28. Februar 2009 wegen beabsichtigter Stilllegung des eigenen Fuhrparks in der Niederlassung N. Ein fünfter Kraftfahrer schied zum 30. November 2008 aufgrund einer vertraglich vereinbarten Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis aus. Der Aushilfsfahrer wurde über den 28. Februar 2009 hinaus weiterbeschäftigt.

4

Der Kläger hat seine zu Beginn des Rechtsstreits erhobene Kündigungsschutzklage bereits im ersten Rechtszug wieder zurückgenommen und verlangt nur noch den zunächst hilfsweise geltend gemachten Nachteilsausgleich. Er hat hierzu geltend gemacht, die Stilllegung des Fuhrparks der Niederlassung N stelle eine Betriebsänderung dar. Die Beklagte habe nicht hinreichend versucht, einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat zu vereinbaren, weil sie es unterlassen habe, die Einigungsstelle anzurufen.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Abfindung nach § 113 BetrVG zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 35.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags gemeint, eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG liege nicht vor, weil die auch in Kleinbetrieben maßgebliche Zahlengrenze des § 17 Abs. 1 Nr. 1 KSchG - Entlassung von mindestens sechs Arbeitnehmern - nicht erreicht sei.

7

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Nachteilsausgleich iHv. 25.000,00 Euro zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Nachteilsausgleich zu.

9

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Nach § 113 Abs. 1 BetrVG gilt für die Höhe der Abfindung § 10 KSchG entsprechend, der für die Abfindung je nach Lebensalter des Arbeitnehmers und der Dauer seines Beschäftigungsverhältnisses bestimmte Höchstgrenzen vorsieht. Innerhalb dieser Höchstgrenzen entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen. Deshalb braucht der Arbeitnehmer die Höhe der von ihm mit der Klage geforderten Abfindung nicht ziffernmäßig anzugeben, sondern kann sie in das Ermessen des Gerichts stellen (BAG 22. Februar 1983 - 1 AZR 260/81 - zu I 2 der Gründe, BAGE 42, 1). Dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist Genüge getan, wenn - wie hier - die für die Bemessung der Abfindung maßgeblichen Umstände mitgeteilt werden.

10

II. Die Klage ist unbegründet. Die Stilllegung des Fuhrparks der Niederlassung N stellt keine interessenausgleichspflichtige Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dar. Die Beklagte konnte daher das Arbeitsverhältnis des Klägers kündigen, ohne zuvor mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich versucht zu haben.

11

1. Nach § 111 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten.

12

a) Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats knüpft seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes am 28. Juli 2001 ( BetrVerf-Reformgesetz - BGBl. I S. 1852) an die Unternehmens- und nicht mehr an die Betriebsgröße an. Daher hat der Arbeitgeber im Falle einer Betriebsänderung auch in kleineren Betrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern einen Interessenausgleich zu versuchen, sofern im Unternehmen mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind (Fitting BetrVG 25. Aufl. § 111 Rn. 19). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte beschäftigt in ihrem Unternehmen weit über 100 Arbeitnehmer.

13

b) Die Unterrichtungs- und Beratungspflicht des Arbeitgebers besteht nach § 111 Satz 1 BetrVG allerdings nur bei geplanten Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können. Satz 3 des § 111 BetrVG enthält eine beispielhafte Aufstellung von Tatbeständen, die als Betriebsänderung iSd. Satzes 1 gelten. Liegt einer der Tatbestände des § 111 Satz 3 BetrVG vor, ist nicht mehr zu prüfen, ob nachteilige Folgen für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zu erwarten sind. Diese werden in den dort genannten Fällen fingiert (BAG 25. Januar 2000 - 1 ABR 1/99 - zu B I 4 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 137 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 106 ).

14

c) Gem. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG gilt als Betriebsänderung iSd. Satzes 1 ua. die Einschränkung des gesamten Betriebs. Hierunter ist eine Herabsetzung der Leistungsfähigkeit des Betriebs zu verstehen, die sowohl durch eine Verringerung der sächlichen Betriebsmittel als auch durch eine Einschränkung der Zahl der Arbeitnehmer bedingt sein kann. Eine Betriebsänderung in der Form der Betriebseinschränkung kann auch durch einen bloßen Personalabbau unter Beibehaltung der sächlichen Betriebsmittel erfolgen, sofern hiervon ein erheblicher Teil der Belegschaft betroffen ist. Das bestimmt sich nach der Senatsrechtsprechung grundsätzlich nach den Zahlengrößen des § 17 Abs. 1 KSchG, jedoch mit der Maßgabe, dass von dem Personalabbau mindestens fünf Prozent der Belegschaft betroffen sein müssen (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 5/05 - Rn. 17 f. mwN, BAGE 117, 296). Die zugrunde liegende Zahlenstaffel des § 17 Abs. 1 KSchG geht dabei zurück auf § 15 Abs. 1 KSchG 1951, der durch § 66 Abs. 2 BetrVG 1952 ergänzt wurde. Darin wurden dem Arbeitgeber bei Massenentlassungen in den dort aufgeführten Größenordnungen, die im Wesentlichen denen des heutigen § 17 Abs. 1 KSchG entsprechen, Mitteilungs- und Beratungspflichten zur Vermeidung von Härten bei Entlassungen auferlegt. Der Heranziehung der Zahlen- und Prozentangaben des § 17 Abs. 1 KSchG zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals „erhebliche Teile der Belegschaft“ in § 111 Satz 1 BetrVG steht deshalb der arbeitsmarktpolitische Zweck dieser Vorschrift nicht entgegen(BAG 22. Mai 1979 - 1 ABR 17/77 - zu B II 1 d der Gründe, BAGE 32, 14).

15

d) Eine Betriebsänderung kann gem. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG auch durch eine Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils bedingt sein. Wesentlich ist ein Betriebsteil bei einer quantitativen Betrachtung, wenn in ihm ein erheblicher Teil der Gesamtbelegschaft beschäftigt wird. Maßgeblich sind auch insoweit die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG(BAG 7. August 1990 -  1 AZR 445/89  - AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 34 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 27; 27. Juni 2002 - 2 AZR 489/01 - EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 119). Bei der Prüfung, wann die Einschränkung eines so näher bestimmten wesentlichen Betriebsteils ihrerseits „erhebliche Teile der Belegschaft“ betrifft, können indes die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG nicht bezogen auf den Betriebsteil zugrunde gelegt werden. Ansonsten käme es zu erheblichen Verzerrungen, je nach dem, ob der Personalabbau nur einen wesentlichen Betriebsteil oder den gesamten Betrieb betrifft (dazu Matthes FS Gaul S. 397, 399, 403 f.). Diese Ungereimtheiten können vermieden werden, indem man die Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG nur dann bejaht, wenn sie wesentliche Nachteile für erhebliche Teile der Belegschaft des Gesamtbetriebs zur Folge haben kann, ohne dass es darauf ankommt, ob die von den Nachteilen betroffenen Arbeitnehmer solche des eingeschränkten Betriebsteils sind oder in anderen Teilen des Gesamtbetriebs beschäftigt sind(Richardi/Annuß BetrVG 12. Aufl. § 111 Rn. 85; DKKW/Däubler BetrVG 12. Aufl. § 111 Rn. 46).

16

e) In Kleinbetrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern kann jedoch nicht ohne Weiteres auf die Zahlengrenzen des § 17 Abs. 1 KSchG zurückgegriffen werden. Diese Bestimmung setzt voraus, dass im Betrieb mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt werden.

17

aa) Im Schrifttum ist umstritten, ab welcher Größenordnung ein Personalabbau in Kleinbetrieben eine beteiligungspflichtige Betriebsänderung darstellt. Teilweise wird die Auffassung vertreten, die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG seien fortzuschreiben, so dass eine Betriebsänderung vorliege, wenn 30 Prozent(so Richardi/Annuß § 111 Rn. 48 und Rn. 74; WPK/Preis/Bender BetrVG 4. Aufl. § 111 Rn. 14) bzw. ein Drittel der Belegschaft (so DKKW/Däubler § 111 Rn. 45a) entlassen werde. Nach anderer Auffassung ist der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG zu halbieren mit der Folge, dass in Kleinbetrieben mit bis zu 20 Beschäftigten ein erheblicher Teil der Belegschaft von einer Betriebsänderung betroffen ist, wenn mindestens drei Arbeitnehmer betriebsbedingt ausscheiden(Oetker GK-BetrVG 9. Aufl. § 111 Rn. 93).

18

bb) Diese Auffassungen berücksichtigen allerdings nicht genügend den Zweck der zum 28. Juli 2001 in Kraft getretenen Änderung des § 111 BetrVG und den Regelungszusammenhang mit der Erzwingbarkeit eines Sozialplans bei einem bloßen Personalabbau(§ 112a Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Die Änderung des § 111 Satz 1 BetrVG sollte sicherstellen, dass der Schutz kleinerer Unternehmen vor einer finanziellen Überforderung durch Sozialpläne auch tatsächlich nur solchen Unternehmen zugutekommt. Deshalb sollte allein die Gesamtzahl der Arbeitnehmer des Unternehmens ausschlaggebend sein, unabhängig davon, ob diese in einer oder mehreren Betriebseinheiten eingesetzt werden (BT-Drucks. 14/5741 S. 51). Infolge der Änderung des § 111 Satz 1 BetrVG wurde auf Vorschlag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung in § 112a Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auch der Schwellenwert von „mehr als 20 Beschäftigten“ gestrichen(BT-Drucks. 14/6352 S. 25). Dies wurde damit begründet, dass ohne eine Anpassung Unternehmen mit zwar mehr als 20 Arbeitnehmern, aber mit Betrieben mit weniger als 20 Arbeitnehmern nicht sozialplanpflichtig seien, wenn die Betriebsänderung allein in der Entlassung von Arbeitnehmern bestehe, auch wenn die gesetzliche Mindestzahl von sechs Arbeitnehmern überschritten werde. Durch die Streichung sollte die Sozialplanpflicht bei reinem Personalabbau im bisherigen System bleiben. Zur Erreichung dieses Ziels sollte Voraussetzung der Sozialplanpflicht nach § 112a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG nach wie vor die Entlassung von mindestens sechs Arbeitnehmern sein(BT-Drucks. 14/6352 S. 55).

19

cc) Die Gesetzesbegründung zum BetrVerf-Reformgesetz macht damit deutlich, dass mit der Anknüpfung des Schwellenwerts in § 111 Satz 1 BetrVG an die Unternehmensgröße an den Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorliegen einer konkreten Betriebsänderung nichts geändert werden sollte. Es war gerade nicht Zweck der Gesetzesänderung, für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben die Anforderungen an eine Betriebsänderung herabzusetzen. Es sollte lediglich verhindert werden, dass sich Unternehmen durch eine organisatorische Aufgliederung in einzelne Betriebseinheiten der Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 111 BetrVG entziehen. Hiervon ausgehend sprechen die besseren Gründe dafür, auch in Kleinbetrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern eine Betriebsänderung durch alleinigen Personalabbau nur dann anzunehmen, wenn hierdurch die Mindestzahl des § 112a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG - sechs Arbeitnehmer - erreicht wird(Fitting § 111 Rn. 48; HSWGNR/Hess BetrVG 7. Aufl. § 111 Rn. 107a; Löwisch BB 2001, 1790, 1797).

20

2. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze stellt die Stilllegung des Fuhrparks im Betrieb N keine Betriebsänderung dar. Sie betrifft zwar einen wesentlichen Betriebsteil iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG, weil dort zum Zeitpunkt des Stilllegungsbeschlusses sechs Arbeitnehmer beschäftigt waren. Der von der Beklagten durchgeführte Personalabbau betraf aber insgesamt einschließlich des Klägers lediglich vier Arbeitnehmer. Ein weiterer Fahrer schied mit Erreichen der vereinbarten Altersgrenze ohne Kündigung zum 30. November 2008 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Damit fehlt es an einer Kausalität zwischen der Betriebsänderung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so dass er bei der Prüfung, ob ein wesentlicher Teil der Belegschaft von der Stilllegungsentscheidung betroffen ist, nicht mitzuzählen ist (vgl. BAG 2. August 1983 - 1 AZR 516/81 - zu 2 der Gründe, BAGE 43, 222; Fitting § 111 Rn. 80). Ein seit Ende des Jahres 2000 in geringem Umfang als Aushilfsfahrer Beschäftigter ist im Betrieb verblieben. Somit waren von der Stilllegung des Fuhrparks nur vier der im Gesamtbetrieb beschäftigten 13 Arbeitnehmer betroffen. Das ist kein erheblicher Teil der Belegschaft.

21

3. Ob ein Betriebsteil unabhängig von der quantitativen Betrachtung allein wegen seiner qualitativen Bedeutung für den Betrieb als „wesentlich“ iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG zu qualifizieren sein kann, bedarf keiner Entscheidung(offengelassen von BAG 7. August 1990 - 1 AZR 445/89 - zu III 1 und III 2 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 34 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 27). Dem Fuhrpark der Niederlassung N kann keine besondere qualitative Bedeutung für den dortigen Betrieb beigemessen werden. Der Fuhrpark spielte in wirtschaftlicher Hinsicht eine nur untergeordnete Rolle; die Beklagte erwirtschaftete damit lediglich ca. 13 Prozent des Betriebsumsatzes. Auch sind nennenswerte Auswirkungen seiner Schließung auf die Tätigkeit der übrigen Beschäftigten nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Transportleistungen nunmehr ausschließlich an Fremdunternehmen vergeben werden, genügt hierfür nicht, weil bereits zuvor ein Großteil der Transporte nicht mit dem betriebseigenen Fuhrpark durchgeführt worden war. Der Charakter des Betriebs der Beklagten als Spedition ändert sich durch die Stilllegung des Fuhrparks gleichfalls nicht in entscheidender Weise, da sich hierdurch die Arbeit für die verbleibende Belegschaft nicht wesentlich verändert hat. Diese sind unverändert mit der Organisation und Disposition der Transportdienstleistungen befasst. Aus diesem Grund liegen im Übrigen auch die Voraussetzungen des § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG nicht vor.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Platow    

                 

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 21. September 2009 - 6 Sa 808/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat.

2. Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 23. September 2008 - 4 Ca 1659/08 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Nachteilsausgleich.

2

Der Kläger war bei der Beklagten in deren Niederlassung N als Kraftfahrer beschäftigt. Die Beklagte betreibt eine Spedition mit zahlreichen Niederlassungen im Bundesgebiet, in denen sie insgesamt mehrere hundert Arbeitnehmer beschäftigt. In der Niederlassung N, in der ein eigener Betriebsrat besteht, beschäftigte die Beklagte insgesamt 13 Arbeitnehmer. Von den sechs Kraftfahrern waren fünf vollzeitbeschäftigt, der sechste bezog seit dem Jahre 2000 Altersruhegeld und war danach nur noch als Aushilfe tätig. Die übrigen sieben Mitarbeiter disponieren und organisieren im Wesentlichen über Fremdfirmen die Transportdienstleistungen. Die Beklagte erzielte in der Niederlassung N rund 13 Prozent ihres Umsatzes mit dem betriebseigenen Fuhrpark.

3

Im Februar 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers sowie dreier weiterer von ihr beschäftigter Kraftfahrer mit Wirkung zum 28. Februar 2009 wegen beabsichtigter Stilllegung des eigenen Fuhrparks in der Niederlassung N. Ein fünfter Kraftfahrer schied zum 30. November 2008 aufgrund einer vertraglich vereinbarten Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis aus. Der Aushilfsfahrer wurde über den 28. Februar 2009 hinaus weiterbeschäftigt.

4

Der Kläger hat seine zu Beginn des Rechtsstreits erhobene Kündigungsschutzklage bereits im ersten Rechtszug wieder zurückgenommen und verlangt nur noch den zunächst hilfsweise geltend gemachten Nachteilsausgleich. Er hat hierzu geltend gemacht, die Stilllegung des Fuhrparks der Niederlassung N stelle eine Betriebsänderung dar. Die Beklagte habe nicht hinreichend versucht, einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat zu vereinbaren, weil sie es unterlassen habe, die Einigungsstelle anzurufen.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Abfindung nach § 113 BetrVG zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 35.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags gemeint, eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG liege nicht vor, weil die auch in Kleinbetrieben maßgebliche Zahlengrenze des § 17 Abs. 1 Nr. 1 KSchG - Entlassung von mindestens sechs Arbeitnehmern - nicht erreicht sei.

7

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Nachteilsausgleich iHv. 25.000,00 Euro zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Nachteilsausgleich zu.

9

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Nach § 113 Abs. 1 BetrVG gilt für die Höhe der Abfindung § 10 KSchG entsprechend, der für die Abfindung je nach Lebensalter des Arbeitnehmers und der Dauer seines Beschäftigungsverhältnisses bestimmte Höchstgrenzen vorsieht. Innerhalb dieser Höchstgrenzen entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen. Deshalb braucht der Arbeitnehmer die Höhe der von ihm mit der Klage geforderten Abfindung nicht ziffernmäßig anzugeben, sondern kann sie in das Ermessen des Gerichts stellen (BAG 22. Februar 1983 - 1 AZR 260/81 - zu I 2 der Gründe, BAGE 42, 1). Dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist Genüge getan, wenn - wie hier - die für die Bemessung der Abfindung maßgeblichen Umstände mitgeteilt werden.

10

II. Die Klage ist unbegründet. Die Stilllegung des Fuhrparks der Niederlassung N stellt keine interessenausgleichspflichtige Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dar. Die Beklagte konnte daher das Arbeitsverhältnis des Klägers kündigen, ohne zuvor mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich versucht zu haben.

11

1. Nach § 111 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten.

12

a) Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats knüpft seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes am 28. Juli 2001 ( BetrVerf-Reformgesetz - BGBl. I S. 1852) an die Unternehmens- und nicht mehr an die Betriebsgröße an. Daher hat der Arbeitgeber im Falle einer Betriebsänderung auch in kleineren Betrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern einen Interessenausgleich zu versuchen, sofern im Unternehmen mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind (Fitting BetrVG 25. Aufl. § 111 Rn. 19). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte beschäftigt in ihrem Unternehmen weit über 100 Arbeitnehmer.

13

b) Die Unterrichtungs- und Beratungspflicht des Arbeitgebers besteht nach § 111 Satz 1 BetrVG allerdings nur bei geplanten Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können. Satz 3 des § 111 BetrVG enthält eine beispielhafte Aufstellung von Tatbeständen, die als Betriebsänderung iSd. Satzes 1 gelten. Liegt einer der Tatbestände des § 111 Satz 3 BetrVG vor, ist nicht mehr zu prüfen, ob nachteilige Folgen für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zu erwarten sind. Diese werden in den dort genannten Fällen fingiert (BAG 25. Januar 2000 - 1 ABR 1/99 - zu B I 4 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 137 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 106 ).

14

c) Gem. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG gilt als Betriebsänderung iSd. Satzes 1 ua. die Einschränkung des gesamten Betriebs. Hierunter ist eine Herabsetzung der Leistungsfähigkeit des Betriebs zu verstehen, die sowohl durch eine Verringerung der sächlichen Betriebsmittel als auch durch eine Einschränkung der Zahl der Arbeitnehmer bedingt sein kann. Eine Betriebsänderung in der Form der Betriebseinschränkung kann auch durch einen bloßen Personalabbau unter Beibehaltung der sächlichen Betriebsmittel erfolgen, sofern hiervon ein erheblicher Teil der Belegschaft betroffen ist. Das bestimmt sich nach der Senatsrechtsprechung grundsätzlich nach den Zahlengrößen des § 17 Abs. 1 KSchG, jedoch mit der Maßgabe, dass von dem Personalabbau mindestens fünf Prozent der Belegschaft betroffen sein müssen (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 5/05 - Rn. 17 f. mwN, BAGE 117, 296). Die zugrunde liegende Zahlenstaffel des § 17 Abs. 1 KSchG geht dabei zurück auf § 15 Abs. 1 KSchG 1951, der durch § 66 Abs. 2 BetrVG 1952 ergänzt wurde. Darin wurden dem Arbeitgeber bei Massenentlassungen in den dort aufgeführten Größenordnungen, die im Wesentlichen denen des heutigen § 17 Abs. 1 KSchG entsprechen, Mitteilungs- und Beratungspflichten zur Vermeidung von Härten bei Entlassungen auferlegt. Der Heranziehung der Zahlen- und Prozentangaben des § 17 Abs. 1 KSchG zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals „erhebliche Teile der Belegschaft“ in § 111 Satz 1 BetrVG steht deshalb der arbeitsmarktpolitische Zweck dieser Vorschrift nicht entgegen(BAG 22. Mai 1979 - 1 ABR 17/77 - zu B II 1 d der Gründe, BAGE 32, 14).

15

d) Eine Betriebsänderung kann gem. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG auch durch eine Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils bedingt sein. Wesentlich ist ein Betriebsteil bei einer quantitativen Betrachtung, wenn in ihm ein erheblicher Teil der Gesamtbelegschaft beschäftigt wird. Maßgeblich sind auch insoweit die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG(BAG 7. August 1990 -  1 AZR 445/89  - AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 34 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 27; 27. Juni 2002 - 2 AZR 489/01 - EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 119). Bei der Prüfung, wann die Einschränkung eines so näher bestimmten wesentlichen Betriebsteils ihrerseits „erhebliche Teile der Belegschaft“ betrifft, können indes die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG nicht bezogen auf den Betriebsteil zugrunde gelegt werden. Ansonsten käme es zu erheblichen Verzerrungen, je nach dem, ob der Personalabbau nur einen wesentlichen Betriebsteil oder den gesamten Betrieb betrifft (dazu Matthes FS Gaul S. 397, 399, 403 f.). Diese Ungereimtheiten können vermieden werden, indem man die Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG nur dann bejaht, wenn sie wesentliche Nachteile für erhebliche Teile der Belegschaft des Gesamtbetriebs zur Folge haben kann, ohne dass es darauf ankommt, ob die von den Nachteilen betroffenen Arbeitnehmer solche des eingeschränkten Betriebsteils sind oder in anderen Teilen des Gesamtbetriebs beschäftigt sind(Richardi/Annuß BetrVG 12. Aufl. § 111 Rn. 85; DKKW/Däubler BetrVG 12. Aufl. § 111 Rn. 46).

16

e) In Kleinbetrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern kann jedoch nicht ohne Weiteres auf die Zahlengrenzen des § 17 Abs. 1 KSchG zurückgegriffen werden. Diese Bestimmung setzt voraus, dass im Betrieb mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt werden.

17

aa) Im Schrifttum ist umstritten, ab welcher Größenordnung ein Personalabbau in Kleinbetrieben eine beteiligungspflichtige Betriebsänderung darstellt. Teilweise wird die Auffassung vertreten, die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG seien fortzuschreiben, so dass eine Betriebsänderung vorliege, wenn 30 Prozent(so Richardi/Annuß § 111 Rn. 48 und Rn. 74; WPK/Preis/Bender BetrVG 4. Aufl. § 111 Rn. 14) bzw. ein Drittel der Belegschaft (so DKKW/Däubler § 111 Rn. 45a) entlassen werde. Nach anderer Auffassung ist der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG zu halbieren mit der Folge, dass in Kleinbetrieben mit bis zu 20 Beschäftigten ein erheblicher Teil der Belegschaft von einer Betriebsänderung betroffen ist, wenn mindestens drei Arbeitnehmer betriebsbedingt ausscheiden(Oetker GK-BetrVG 9. Aufl. § 111 Rn. 93).

18

bb) Diese Auffassungen berücksichtigen allerdings nicht genügend den Zweck der zum 28. Juli 2001 in Kraft getretenen Änderung des § 111 BetrVG und den Regelungszusammenhang mit der Erzwingbarkeit eines Sozialplans bei einem bloßen Personalabbau(§ 112a Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Die Änderung des § 111 Satz 1 BetrVG sollte sicherstellen, dass der Schutz kleinerer Unternehmen vor einer finanziellen Überforderung durch Sozialpläne auch tatsächlich nur solchen Unternehmen zugutekommt. Deshalb sollte allein die Gesamtzahl der Arbeitnehmer des Unternehmens ausschlaggebend sein, unabhängig davon, ob diese in einer oder mehreren Betriebseinheiten eingesetzt werden (BT-Drucks. 14/5741 S. 51). Infolge der Änderung des § 111 Satz 1 BetrVG wurde auf Vorschlag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung in § 112a Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auch der Schwellenwert von „mehr als 20 Beschäftigten“ gestrichen(BT-Drucks. 14/6352 S. 25). Dies wurde damit begründet, dass ohne eine Anpassung Unternehmen mit zwar mehr als 20 Arbeitnehmern, aber mit Betrieben mit weniger als 20 Arbeitnehmern nicht sozialplanpflichtig seien, wenn die Betriebsänderung allein in der Entlassung von Arbeitnehmern bestehe, auch wenn die gesetzliche Mindestzahl von sechs Arbeitnehmern überschritten werde. Durch die Streichung sollte die Sozialplanpflicht bei reinem Personalabbau im bisherigen System bleiben. Zur Erreichung dieses Ziels sollte Voraussetzung der Sozialplanpflicht nach § 112a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG nach wie vor die Entlassung von mindestens sechs Arbeitnehmern sein(BT-Drucks. 14/6352 S. 55).

19

cc) Die Gesetzesbegründung zum BetrVerf-Reformgesetz macht damit deutlich, dass mit der Anknüpfung des Schwellenwerts in § 111 Satz 1 BetrVG an die Unternehmensgröße an den Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorliegen einer konkreten Betriebsänderung nichts geändert werden sollte. Es war gerade nicht Zweck der Gesetzesänderung, für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben die Anforderungen an eine Betriebsänderung herabzusetzen. Es sollte lediglich verhindert werden, dass sich Unternehmen durch eine organisatorische Aufgliederung in einzelne Betriebseinheiten der Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 111 BetrVG entziehen. Hiervon ausgehend sprechen die besseren Gründe dafür, auch in Kleinbetrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern eine Betriebsänderung durch alleinigen Personalabbau nur dann anzunehmen, wenn hierdurch die Mindestzahl des § 112a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG - sechs Arbeitnehmer - erreicht wird(Fitting § 111 Rn. 48; HSWGNR/Hess BetrVG 7. Aufl. § 111 Rn. 107a; Löwisch BB 2001, 1790, 1797).

20

2. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze stellt die Stilllegung des Fuhrparks im Betrieb N keine Betriebsänderung dar. Sie betrifft zwar einen wesentlichen Betriebsteil iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG, weil dort zum Zeitpunkt des Stilllegungsbeschlusses sechs Arbeitnehmer beschäftigt waren. Der von der Beklagten durchgeführte Personalabbau betraf aber insgesamt einschließlich des Klägers lediglich vier Arbeitnehmer. Ein weiterer Fahrer schied mit Erreichen der vereinbarten Altersgrenze ohne Kündigung zum 30. November 2008 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Damit fehlt es an einer Kausalität zwischen der Betriebsänderung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so dass er bei der Prüfung, ob ein wesentlicher Teil der Belegschaft von der Stilllegungsentscheidung betroffen ist, nicht mitzuzählen ist (vgl. BAG 2. August 1983 - 1 AZR 516/81 - zu 2 der Gründe, BAGE 43, 222; Fitting § 111 Rn. 80). Ein seit Ende des Jahres 2000 in geringem Umfang als Aushilfsfahrer Beschäftigter ist im Betrieb verblieben. Somit waren von der Stilllegung des Fuhrparks nur vier der im Gesamtbetrieb beschäftigten 13 Arbeitnehmer betroffen. Das ist kein erheblicher Teil der Belegschaft.

21

3. Ob ein Betriebsteil unabhängig von der quantitativen Betrachtung allein wegen seiner qualitativen Bedeutung für den Betrieb als „wesentlich“ iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG zu qualifizieren sein kann, bedarf keiner Entscheidung(offengelassen von BAG 7. August 1990 - 1 AZR 445/89 - zu III 1 und III 2 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 34 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 27). Dem Fuhrpark der Niederlassung N kann keine besondere qualitative Bedeutung für den dortigen Betrieb beigemessen werden. Der Fuhrpark spielte in wirtschaftlicher Hinsicht eine nur untergeordnete Rolle; die Beklagte erwirtschaftete damit lediglich ca. 13 Prozent des Betriebsumsatzes. Auch sind nennenswerte Auswirkungen seiner Schließung auf die Tätigkeit der übrigen Beschäftigten nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Transportleistungen nunmehr ausschließlich an Fremdunternehmen vergeben werden, genügt hierfür nicht, weil bereits zuvor ein Großteil der Transporte nicht mit dem betriebseigenen Fuhrpark durchgeführt worden war. Der Charakter des Betriebs der Beklagten als Spedition ändert sich durch die Stilllegung des Fuhrparks gleichfalls nicht in entscheidender Weise, da sich hierdurch die Arbeit für die verbleibende Belegschaft nicht wesentlich verändert hat. Diese sind unverändert mit der Organisation und Disposition der Transportdienstleistungen befasst. Aus diesem Grund liegen im Übrigen auch die Voraussetzungen des § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG nicht vor.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Platow    

                 

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Besteht eine geplante Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 allein in der Entlassung von Arbeitnehmern, so findet § 112 Abs. 4 und 5 nur Anwendung, wenn

1.
in Betrieben mit in der Regel weniger als 60 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, aber mindestens 6 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 250 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 37 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 250 und weniger als 500 Arbeitnehmern 15 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 60 Arbeitnehmer,
4.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, aber mindestens 60 Arbeitnehmer
aus betriebsbedingten Gründen entlassen werden sollen. Als Entlassung gilt auch das vom Arbeitgeber aus Gründen der Betriebsänderung veranlasste Ausscheiden von Arbeitnehmern auf Grund von Aufhebungsverträgen.

(2) § 112 Abs. 4 und 5 findet keine Anwendung auf Betriebe eines Unternehmens in den ersten vier Jahren nach seiner Gründung. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung dem Finanzamt mitzuteilen ist.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.