Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 23. März 2017 - 6 TaBV 21/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0323.6TaBV21.16.00
23.03.2017

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Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 21. Juni 2016 - Az: 2 BV 6/16 - wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

A

1

Die Beteiligten streiten darüber ob die Arbeitgeberin eine mitbestimmungspflichtige betriebliche Bildungsmaßnahme in der Filiale T durchführt.

2

Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen mit Hauptsitz in H, das in Deutschland etwa 400 Filialen betreibt, die jeweils als eigenständige Betriebe iSd. des Betriebsverfassungsgesetzes organisiert sind. Der Antragsteller ist der in der Filiale T gebildete Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).

3

Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihren Filialen Mitarbeiter auf verschiedenen Hierarchieebenen. Auf der ersten Hierarchieebene befinden sich die sog. Sales Advisors, Verkäufer ohne erweiterte Befugnisse, auf der nächsthöheren Stufe die Department Manager, dh. Abteilungsleiter mit Umsatz-, Mitarbeiter- und Rentabilitätsverantwortung. Zwischen den beiden Hierarchieebenen sind die sog. Department Manager Assistants angesiedelt, die an die Aufgaben eines Department Managers herangeführt werden. Wegen der Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Department Manager und der Department Manager Assistants im Einzelnen wird auf die jeweilige Stellenbeschreibung (Bl. 9 ff. d. A. und Bl. 14 ff. d. A.) verwiesen.

4

Die Arbeitgeberin hat in der Vergangenheit einzelnen Sales Advisors folgende Aufgaben übertragen, die in den Aufgabenbereich der Department Manager bzw. der Department Manager Assistants fielen: Tagespläne schreiben, Mini-Meetings mit Mitarbeitern halten, „Countern“, Schließgänge durchführen, Personaleinsatzpläne erstellen, Bewerbungsgespräche führen, Kassenbefugnisse: Reklamationen und Personaleinkäufe durchführen, Kundengespräche in Problemfällen führen. Jedenfalls seit Juni 2015 wird lediglich noch beim sog. „Countern“ unter Umständen als zweite Person zum Nachzählen des aus der Kasse entnommenen Geldes ein Sales Advisor hinzugezogen. Die Arbeitgeberin erwägt, auch zukünftig die Tätigkeiten „Schließgänge durchführen“ und „Kassenbefugnisse“ (Reklamation und Personaleinkauf) an Sales Advisors zu übertragen, teilweise hat sie dies nach der erstinstanzlichen Entscheidung in vorliegendem Verfahren auch getan.

5

Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, die Übertragung der Tätigkeiten an Sales Advisors stelle eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme der betrieblichen Berufsbildung iSd. § 98 BetrVG dar. Die mit dem Regelungsgegenstand „Betriebliche Bildungsmaßnahmen für die Filiale T (741)“ eingesetzte Einigungsstelle beschloss mit Spruch vom 22. Januar 2016, dass die Einigungsstelle für den Regelungsgegenstand „Betriebliche Bildung/ Berufsbildungsmaßnahme“ unzuständig sei. Der Spruch wurde dem Betriebsrat am 09. Februar 2016 zugestellt.

6

Der Betriebsrat hat am 23. Februar 2016 beim Arbeitsgericht Trier vorliegendes Beschlussverfahren eingeleitet, mit dem er die Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs und des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts verfolgt.

7

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die Einigungsstelle sei insoweit fortzusetzen, als bei der Übertragung der Zusatzaufgaben tatsächlich ein Rechtsverhältnis bestehe, das seiner zwingenden Mitbestimmung unterliege. Die nicht in den eigentlichen Arbeitsbereich eines Sales Advisors fallenden Zusatzaufgaben vermittelten den MitarbeiterInnen gezielt Kenntnisse und Erfahrungen, die sie zur Ausübung einer späteren Tätigkeit auf den Beförderungsstellen als Department Manager Assistants oder Department Manager erst befähigten bzw. es ihnen ermöglichen, die für diese Positionen erforderlichen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erhalten. Damit steige ihre Eignung für diese Stellen und letztlich ihre Aufstiegschancen. Die erforderliche Systematik der betrieblichen Bildungsmaßnahme sei bereits darin zu erkennen, dass die Arbeitgeberin die Zusatzfunktionen wiederholt und zielgerichtet übertragen habe und damit eine Qualifizierung der begünstigten Mitarbeiter für spätere, höherwertige Positionen erfolgt sei. Nach den Vorgaben der Arbeitgeberin durchliefen Department Manager Assistants ausweislich der Aufgabenbeschreibung (Bl. 17 ff. d. A.) ein ca. zwei- bis dreimonatiges Einweisungsprogramm, unterstützt von weiteren „Trainings“. Das Feststellungsinteresse liege vor, da die Arbeitgeberin kundgetan habe, Maßnahmen der betrieblichen Bildung nicht anzuerkennen und künftig ohne Beteiligung des Betriebsrats durchzuführen.

8

Der Betriebsrat hat beantragt,

9

1. festzustellen, dass der Spruch der bei der Arbeitgeberin gebildeten Einigungsstelle betreffend „Betriebliche Bildungsmaßnahmen“ für die Filiale T (741) vom 22. Januar 2016 unwirksam ist;

10

2. festzustellen, dass bei der Übertragung der folgenden Zusatzfunktionen an „Sales Advisors“ durch die Beteiligte zu 2) in der Filiale T (741),

11

a) Tagespläne schreiben
b) Mini-Meetings für Mitarbeiter halten
c) Countern
d) Schließgänge durchführen
e) Erstellung der Personaleinsatzpläne
f) Führen von Bewerbungsgesprächen
g) Besondere Befugnisse beim Kassieren (Reklamationen und Personaleinkäufe)
h) Kundengespräche in Problemfällen zu führen

12

ein zwingendes Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1) besteht.

13

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

14

die Anträge zurückzuweisen.

15

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die allein noch erfolgende Übertragung der Zusatzaufgabe des „Counterns“ im Sinne der Hinzuziehung eines Sales Advisor als 2. Person zum Nachzählen des aus der Kasse entnommenen Geldes und die in Erwägung gezogene künftige Übertragung der Tätigkeiten „Schließgänge durchführen“ und „Besondere Kassenbefugnisse“ erfolge im Rahmen des täglichen Arbeitsablaufs in der Filiale. Es existiere kein strukturiertes Schulungsprogramm für die einzelnen Positionen in den Stores. Soweit unternehmensweit verschiedene Schulungen und Trainings - nicht verpflichtend und ohne Kontrolle der Teilnahme - angeboten würden, richteten sich diese nicht explizit an die Department Manager oder die Department Manager Assistants, sondern teilweise an Sales Advisors, teilweise an Department Manager und Store Manager und seien schon Gegenstand einer Einigungsstelle mit dem Gesamtbetriebsrat. Der Spruch der Einigungsstelle sei wirksam, da kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bestehe. Soweit sie unternehmensweit Schulungen oder Trainings anbiete, könnten allenfalls Mitbestimmungsrechte des Gesamtbetriebsrates bestehen, bezüglich derer eine Einigungsstelle eingerichtet sei.

16

Das Arbeitsgericht hat die von ihm als zulässig betrachteten Anträge mit Beschluss vom 21. Juni 2016 als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen angeführt, die Einigungsstelle habe sich zu Recht mangels erzwingbaren Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 98 BetrVG für unzuständig erklärt. Die Übertragung der im Antrag zu 2) genannten Aufgaben stelle keine Maßnahme der betrieblichen Bildung iSd. Norm dar. Zu überprüfen sei lediglich das aktuell von der Arbeitgeberin durchgeführte „Countern“, bei dem weder vorgetragen, noch ersichtlich sei, dass die Einweisung nach systematischen Vorgaben erfolge, zumal auch nicht erkennbar sei, dass zum Geld zählen besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich seien. Es handele sich um die Zuweisung einer vertragsgemäßen Arbeitsaufgabe im Rahmen des täglichen Arbeitsablaufs, deren Regelmäßigkeit keine systematische Wissensvermittlung begründe. Bei der Zuweisung höherwertiger Tätigkeiten und der Auswahl von Personen für Beförderungsstellen habe der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht. Unternehmensweite Trainings seien nicht Verfahrensgegenstand.

17

Der Betriebsrat hat gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 11. Juli 2016 zugestellten Beschluss mit am 11. August 2016 beim Landesarbeitsgericht eingehendem Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Beschwerdebegründungsfrist mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 12. Oktober 2016 begründet.

18

Der Betriebsrat macht zur Begründung seiner Beschwerde nach Maßgabe seiner Beschwerdebegründungsschrift vom 12. Oktober 2016, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 133 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,
die Arbeitgeberin sei nach der erstinstanzlichen Entscheidung wieder zur Übertragung von Zusatzaufgaben an die Sales Advisor übergegangen, namentlich das Ausführen von Schließgängen und das Ausüben besonderer Befugnisse beim Kassieren wie Personaleinkäufe und Reklamationen. Sämtliche dieser Maßnahmen befähigten die Mitarbeiter überhaupt erst für ihre berufliche Tätigkeit, auch für eine mögliche spätere Beförderung. Die Schließkräfte hätten seine sog. Sicherheitsschulung zu befolgen. Eine bloße einzelne Anweisung zur Konkretisierung der vertraglichen Hauptleistungspflichten liege nicht vor. Die Tatsache, dass das „Wie“ der Vermittlung nicht in einem eigenen Lehrplan niedergelegt sei, könne der vom Bundesarbeitsgericht geforderten „Systematik“ der Bildungsmaßnahme nicht entgegenstehen, da die Arbeitgeberin über einen längeren Zeitraum hinweg de facto ein internes „Talentmanagement“ betreibe und einzelnen Arbeitnehmern durch die Vermittlung zusätzlicher Kenntnisse bessere Chancen für eine spätere Beförderung verschaffe. Den unter Berücksichtigung von § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Bewerbungsverfahren vorgelagert sei die innerbetriebliche Chancengleichheit, die durch das Mitbestimmungsrecht nach § 98 Abs. 1 BetrVG gewahrt werde.

19

Der Betriebsrat beantragt,

20

1. auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschlusses des Arbeitsgerichts Trier - 2 BV 6/16 - vom 21. Juni 2016 dahin abgeändert, dass festgestellt wird, dass der Spruch der bei der Arbeitgeberin gebildeten Einigungsstelle betreffend „Betriebliche Bildungsmaßnahmen“ für die Filiale T (741) vom 22. Januar 2016 unwirksam ist.

21

2. auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschlusses des Arbeitsgerichts Trier - 2 BV 6/16 - vom 21. Juni 2016 dahin abgeändert, dass festgestellt wird, dass bei der Übertragung der folgenden Zusatzfunktionen an „Sales Advisors“ durch die Beteiligte zu 2) in der Filiale T (741),

22

a) Tagespläne schreiben
b) Mini-Meetings für Mitarbeiter halten
c) Countern
d) Schließgänge durchführen
e) Erstellung der Personaleinsatzpläne
f) Führen von Bewerbungsgesprächen
g) Besondere Befugnisse beim Kassieren (Reklamationen und Personaleinkäufe)
h) Kundengespräche in Problemfällen zu führen

23

ein zwingendes Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1) besteht.

24

Die Arbeitgeberin beantragt,

25

die Beschwerde zurückzuweisen.

26

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung zweitinstanzlich nach Maßgabe ihre Beschwerdeerwiderung vom 21. Dezember 2016 (Bl. 174 ff. d. A.), wegen deren Einzelheiten auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, im Wesentlichen wie folgt,
es fehle bereits an der Durchführung einer betrieblichen Bildungsmaßnahme. Das sog. „Countern“, bei dem unter Umständen als zweite Person zum Nachzählen des aus der Kasse entnommenen Geldes ein Sales Advisor hinzugezogen werde, erfordere keine besonderen Kenntnisse oder Fähigkeiten. Auch bei der Übertragung von Zusatzaufgaben wie „Ausführen von Schließgängen“ und „Ausüben besonderer Befugnisse beim Kassieren“ trage der Betriebsrat nichts zur - auch nicht gegebenen - systematischen Wissensvermittlung vor. Selbst wenn die betroffenen Mitarbeiter einen Lerneffekt hätten, werde dieser lediglich durch die Einbindung in den faktischen Arbeitsablauf vermittelt, also nicht geordnet, planerisch, zielgerichtet und damit systematisch vermittelt, was nicht ausreiche.

27

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

B

28

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

29

Die Beschwerde des Betriebsrates ist zulässig. Sie ist nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO, § 89 Abs. 1 und 2 ArbGG).

30

II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung angenommen, dass dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 98 Abs. 1 BetrVG im Zusammenhang mit der allein streitgegenständlichen Übertragung von Zusatzfunktionen an Sales Advisors in der Filiale T nicht zukommt.

31

1. Dem der Auslegung zuzuführenden Antrag zu 1) kommt keine eigene Bedeutung zu; der Antrag zu 2) ist zulässig.

32

1.1. Der Antrag zu 1) hat gegenüber dem Antrag zu 2) entgegen dem äußeren Anschein keine eigenständige Bedeutung.

33

a) Ausgehend von seinem reinen Wortlaut wäre der auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle vom 22. Januar 2016 gerichtete Antrag zu 1) in Ermangelung eines nach § 256 Abs. 1 ZPO feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses nicht zulässig. Beschlüsse der Einigungsstelle, mit denen diese ihre Zuständigkeit bejaht oder verneint, begründen als Entscheidungen über eine Rechtsfrage kein Rechtsverhältnis zwischen den Betriebsparteien. Sie stellen keine die Einigung der Betriebsparteien ersetzende und diese bindende Regelung iSd. § 87 Abs. 2 BetrVG dar. Die Zuständigkeit der Einigungsstelle ist abhängig vom Bestehen eines Mitbestimmungsrechts. Nur hierüber können die Gericht mit Bindungswirkung entscheiden (vgl. insgesamt BAG 23. Februar 2016 - 1 ABR 18/14 - Rn. 13, 25. September 2012, 1 ABR 45/11 Rn. 12; 31. Mai 2005 - 1 ABR 22/04 - Rn. 15, jeweils zitiert nach juris). Ein Antrag wie der hier gestellte Feststellungsantrag zu 1) ist aus diesem Grunde regelmäßig dahin auszulegen, es möge das Bestehen eines entsprechenden Mitbestimmungsrechts festgestellt werden. Eben diesen Antrag hat der Gesamtbetriebsrat mit dem Feststellungsantrag zu 2) ohnehin gestellt. Neben ihm hat der Antrag zu 1) keinen selbständigen Inhalt (vgl. BAG 31. Mai 2005 - 1 ABR 22/04 - Rn. 15, aaO).

34

b) Das vom Betriebsrat verfolgte Rechtsschutzziel macht auch nicht deshalb eine gesonderte Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenbeschlusses erforderlich, weil nur so zum Ausdruck gebracht würde, dass die Einigungsstelle ihren Regelungsauftrag noch nicht erfüllt hat. Die Einigungsstelle muss auch dann weiter tätig werden, wenn nur dem Feststellungsantrag zu 2) stattgegeben wird. Mit der Feststellung eines Mitbestimmungsrechts steht zugleich fest, dass die Einigungsstelle ihrer Aufgabe, eine Sachregelung zu treffen, noch nicht nachgekommen ist; ihr Verfahren ist dann fortzusetzen (BAG 31. Mai 2005 - 1 ABR 22/04 - Rn. 16, aaO; 10. Dezember 2002 - 1 ABR 27/01 - mwN, zitiert nach juris).

35

1.2. Der Antrag zu 2) ist zulässig.

36

a) Der Antrag genügt den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Durch die Benennung der einzelnen Zusatzfunktionen, die der Betriebsrat als betriebliche Bildungsmaßnahme betrachtet, wird hinreichend deutlich, inwieweit das in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht festgestellt werden soll.

37

b) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt.

38

aa) Das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis zwischen den Betriebsparteien und kann Gegenstand eines Feststellungsbegehrens im Sinne der Vorschrift sein (BAG 25. September 2012 - 1 ABR 45/11 - Rn. 17, aaO; 17. Januar 2012 - 1 ABR 45/10 - Rn. 16 f., zitiert nach juris).

39

bb) Der Betriebsrat hat hinsichtlich sämtlicher im Antrag genannter Zusatzaufgaben das erforderliche Feststellungsinteresse, obwohl die Arbeitgeberin nach Juni 2015 zunächst lediglich noch die unter c) aufgeführte Zusatzaufgabe („Countern“) und nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts zusätzlich die unter d) („Schließgänge durchführen) und g) („Besondere Befugnisse beim Kassieren (Reklamation und Personaleinkäufe)“)) genannten Zusatzfunktionen in der Filiale T auf Sales Advisors übertragen hat.

40

(1) Nach der auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren Vorschrift des § 256 Abs. 1 ZPO ist für die Zulässigkeit eines Feststellungsbegehrens ein besonderes rechtliches Interesse daran erforderlich, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Für eine nur auf die Vergangenheit gerichtete Feststellung, aus der sich keinerlei Rechtsfolgen für die Zukunft mehr ergeben, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig nicht. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, einem Beteiligten zu bescheinigen, dass er im Recht war, oder eine die Verfahrensbeteiligten interessierende Rechtsfrage gutachterlich zu klären. Allerdings kann ein in der Vergangenheit liegender Streitfall Anlass sein, das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts für die Zukunft feststellen zu lassen. Der Inhalt oder der Umfang von Beteiligungsrechten können im Beschlussverfahren losgelöst von einem konkreten Ausgangsfall geklärt werden, wenn die Maßnahme, für die ein Beteiligungsrecht in Anspruch genommen wird, häufiger im Betrieb auftritt und sich auch künftig jederzeit wiederholen kann (BAG 09. November 2010 - 1 ABR 76/09 - Rn. 18; 15. April 2008 - 1 ABR 14/07 - Rn. 17 mwN; 13. Februar 2007 - 1 ABR 14/06 - Rn. 10, jeweils zitiert nach juris).

41

(2) Ausgehend hiervon kommt dem Betriebsrat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung in vollem Umfang zu. Da die Arbeitgeberin sämtliche Zusatzfunktionen in der Vergangenheit bereits auf Sales Advisors übertragen hat, ist nicht auszuschließen, dass sich - gerade weil sich die Arbeitgeberin darauf beruft, die Übertragung von Zusatzfunktionen ergebe sich im laufenden Geschäftsgang - Situationen wiederholen, in denen Mitarbeitern auch andere als die unter c), d) und g) genannten Aufgaben übertragen werden. Vor diesem Hintergrund vermag die Beschwerdekammer nicht anzunehmen, dass ihre Entscheidung auf ein - unzulässiges - bloßes Rechtsgutachten hinausliefe.

42

2. Der Antrag ist in der Sache nicht erfolgreich. Wie das Arbeitsgericht geht auch die Beschwerdekammer nicht vom Vorliegen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 98 Abs. 1 BetrVG aus. Die Übertragung der vom Betriebsrat genannten streitgegenständlichen Zusatzfunktionen durch die Arbeitgeberin auf Sales Advisors im vom Betriebsrat dargelegten Umfang stellt keine Maßnahme der betrieblichen Bildung nach § 98 Abs. 1 BetrVG dar.

43

2.1. Nach § 98 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen. Der Begriff der betrieblichen Berufsbildung ist weit auszulegen. Er umfasst alle Maßnahmen der Berufsbildung iSd. § 1 Abs. 1 BBiG und damit ua. solche der Berufsausbildung, der beruflichen Fortbildung und der beruflichen Umschulung. Hierzu gehören alle Maßnahmen, die über die - mitbestimmungsfreie - Unterrichtung des Arbeitnehmers über seine Aufgaben und Verantwortung, die Art seiner Tätigkeit und ihrer Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs, sowie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren und die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren iSd. § 81 BetrVG hinausgehen, indem sie dem Arbeitnehmer gezielt Kenntnisse und Erfahrungen vermitteln, die ihn zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit erst befähigen. Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung sind auch Lehrgänge, die dem Arbeitnehmer die für die Ausfüllung seines Arbeitsplatzes und seiner beruflichen Tätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verschaffen sollen (BAG 26. April 2016 - 1 ABR 21/14 - Rn. 21; 5. März 2013 - 1 ABR 11/12 - Rn. 12 mwN, jeweils zitiert nach juris). Zur Berufsbildung gehören alle Maßnahmen, die Arbeitnehmern in systematischer, lehrplanartiger Weise Kenntnisse und Erfahrungen vermitteln, die diese zu ihrer beruflichen Tätigkeit im Allgemeinen befähigen (BAG 24. August 2004 - 1 ABR 28/03 - Rn. 36 mwN, zitiert nach juris). Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf generelle, abstrakte Maßnahmen der Durchführung (LAG Hamburg 10. Januar 2007 - 4 TaBV 3/05 - Rn. 93, zitiert nach juris unter Verweis auf BAG 24. August 2004 - 1 ABR 28/03 - Rn. 36 aaO) Mitbestimmungsfrei sind konkrete Einzelmaßnahmen gegenüber bestimmten Auszubildenden und Arbeitnehmern (LAG Hamburg 10. Januar 2007 - 4 TaBV 3/05 - Rn. 93; ErfK-Kania 17. Aufl. § 98 BetrVG Rn. 6; vgl. auch BAG 05. November 1985 - 1 ABR 49/83 - Rn. 17, zitiert nach juris). Die - mitbestimmungsfreie - Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 81 Abs 1 BetrVG erschöpft sich in der Einweisung eines Arbeitnehmers an einem konkreten Arbeitsplatz. Die Einweisung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die für die Ausübung der Tätigkeit an diesem Arbeitsplatz erforderlichen beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen besitzt. Nur auf der Grundlage dieser Kenntnisse und Erfahrungen kann dem Arbeitnehmer seine Tätigkeit im Betrieb zugewiesen werden, über deren konkrete Ausübung unter Einsatz seiner Kenntnisse und Erfahrungen er dann nach § 81 BetrVG zu unterrichten ist(vgl. BAG 23. April 1991 - 1 ABR 49/90 - Rn. 42, zitiert nach juris).

44

2.2. Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag auch die Beschwerdekammer in der streitbefangenen Übertragung der im Antrag zu 2) genannten Zusatzaufgaben auf Sales Advisors keine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme iSv. § 98 Abs. 1 BetrVG zu sehen.

45

a) Dem Vorbringen des Betriebsrats ist - wie vom Arbeitsgericht zutreffend angeführt - bereits nicht zu entnehmen, welche tatsächlichen Kenntnisse und Erfahrungen den Sales Advisors in den im Antrag zu 2) genannten Bereichen bei Übertragung der Zusatzaufgaben vermittelt werden, die über eine bloße Einweisung in den jeweiligen Aufgabenbereich hinausgehen und über die sie zuvor nicht verfügten. Das Arbeitsgericht hat in Bezug auf die Tätigkeit des „Counterns“ zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich sei, inwieweit für die Aufgabe des Geld-Zählens mehr als eine praktische Einweisung erforderlich ist. Welche darüber hinaus gehende Kenntnisse und Fähigkeiten den Sales Advisors beim Countern im Einzelnen nahe gebracht werden, hat der Betriebsrat auch im Beschwerdeverfahren nicht näher erläutert. Gleiches gilt im Hinblick auf die unter a), b) und e) bis h) genannten Tätigkeiten, zu denen Darlegungen, welche Kenntnisse oder Erfahrungen im Einzelnen den Sales Advisors durch Anleitung oder Anschauung vermittelt werden, fehlen. Soweit der Betriebsrat im Beschwerdeverfahren im Hinblick auf die Tätigkeit des Schließgänge Durchführens (d)) angemerkt hat, dass Schließkräfte die von der Arbeitgeberin ausgegebenen Schulungsinhalte zur betriebsinternen Sicherheit (sog. Sicherheitsschulung) zu befolgen hätten, änderte dies nichts. Auch hier war nicht zu erkennen, um welche den Sales Advisors im Rahmen der Übernahme der Zusatzaufgabe des Schließgänge-Durchführens vermittelten Kenntnisse und Erfahrungen es im Einzelnen geht, die über eine praktische Einweisung in die Aufgabe hinausgehen und die Mitarbeiter zur Tätigkeit des Schließens erst befähigen würden.

46

b) Die vom Betriebsrat beanstandete Übertragung der genannten Zusatzaufgaben an Sales Advisors fällt auch deshalb nicht unter § 98 Abs. 1 BetrVG, weil es sich nicht um eine Maßnahme handelt, bei der die Arbeitgeberin in systematischer, lehrplanartiger Weise Kenntnisse vermitteln würde. Es ist nicht erkennbar, dass den betroffenen Sales Advisors systematisch mit lehrplanartigem Inhalt zielgerichtet Wissen vermittelt wird und nicht lediglich im täglichen Ablauf bei Bedarf zusätzliche Funktionen von einzelnen Mitarbeitern übernommen werden. Ein systematischer Charakter der Maßnahme dergestalt, dass Mitarbeiter regelmäßig nach planmäßigen Vorgaben mit methodischen Inhalten in Form von Lehrgängen oder auch nur im Rahmen von Workshops oder kontinuierlichen Trainingsmaßnahmen fortgebildet werden, ist nicht ersichtlich. Der Auffassung des Betriebsrats, bloße Einzelanweisungen zur Konkretisierung der vertraglichen Hauptleistungspflichten lägen bereits nicht vor, weil die benannten Tätigkeiten nicht zu den üblichen Aufgaben eines „Sales Advisor“ zählten, vermochte sich die Beschwerdekammer nicht anzuschließen. Seine Argumentation lässt außer Acht, dass die konkreten Aufgaben, von denen die Arbeitgeberin angegeben hat, sie würden nach Bedarf im laufenden Geschäftsgang übertragen, im Einzelnen einvernehmlich von den Sales Advisors übernommen werden und die einzelnen Zusatzaufgaben damit - unabhängig davon, ob die einzelnen Aufgaben ansonsten in deren Tätigkeitsfeld fallen - jeweils kurzfristig zum Aufgabenbereich der Sales Advisors zählen und diese in die konkret übernommenen Aufgabenbereich eingeführt werden.

III.

47

Die Voraussetzungen einer Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

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(1) Der Betriebsrat hat bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen.

(2) Der Betriebsrat kann der Bestellung einer mit der Durchführung der betrieblichen Berufsbildung beauftragten Person widersprechen oder ihre Abberufung verlangen, wenn diese die persönliche oder fachliche, insbesondere die berufs- und arbeitspädagogische Eignung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes nicht besitzt oder ihre Aufgaben vernachlässigt.

(3) Führt der Arbeitgeber betriebliche Maßnahmen der Berufsbildung durch oder stellt er für außerbetriebliche Maßnahmen der Berufsbildung Arbeitnehmer frei oder trägt er die durch die Teilnahme von Arbeitnehmern an solchen Maßnahmen entstehenden Kosten ganz oder teilweise, so kann der Betriebsrat Vorschläge für die Teilnahme von Arbeitnehmern oder Gruppen von Arbeitnehmern des Betriebs an diesen Maßnahmen der beruflichen Bildung machen.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 1 oder über die nach Absatz 3 vom Betriebsrat vorgeschlagenen Teilnehmer eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Kommt im Fall des Absatzes 2 eine Einigung nicht zustande, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Bestellung zu unterlassen oder die Abberufung durchzuführen. Führt der Arbeitgeber die Bestellung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider durch, so ist er auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht wegen der Bestellung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen; das Höchstmaß des Ordnungsgeldes beträgt 10.000 Euro. Führt der Arbeitgeber die Abberufung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider nicht durch, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass der Arbeitgeber zur Abberufung durch Zwangsgeld anzuhalten sei; das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro. Die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes über die Ordnung der Berufsbildung bleiben unberührt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend, wenn der Arbeitgeber sonstige Bildungsmaßnahmen im Betrieb durchführt.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Der Betriebsrat hat bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen.

(2) Der Betriebsrat kann der Bestellung einer mit der Durchführung der betrieblichen Berufsbildung beauftragten Person widersprechen oder ihre Abberufung verlangen, wenn diese die persönliche oder fachliche, insbesondere die berufs- und arbeitspädagogische Eignung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes nicht besitzt oder ihre Aufgaben vernachlässigt.

(3) Führt der Arbeitgeber betriebliche Maßnahmen der Berufsbildung durch oder stellt er für außerbetriebliche Maßnahmen der Berufsbildung Arbeitnehmer frei oder trägt er die durch die Teilnahme von Arbeitnehmern an solchen Maßnahmen entstehenden Kosten ganz oder teilweise, so kann der Betriebsrat Vorschläge für die Teilnahme von Arbeitnehmern oder Gruppen von Arbeitnehmern des Betriebs an diesen Maßnahmen der beruflichen Bildung machen.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 1 oder über die nach Absatz 3 vom Betriebsrat vorgeschlagenen Teilnehmer eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Kommt im Fall des Absatzes 2 eine Einigung nicht zustande, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Bestellung zu unterlassen oder die Abberufung durchzuführen. Führt der Arbeitgeber die Bestellung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider durch, so ist er auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht wegen der Bestellung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen; das Höchstmaß des Ordnungsgeldes beträgt 10.000 Euro. Führt der Arbeitgeber die Abberufung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider nicht durch, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass der Arbeitgeber zur Abberufung durch Zwangsgeld anzuhalten sei; das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro. Die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes über die Ordnung der Berufsbildung bleiben unberührt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend, wenn der Arbeitgeber sonstige Bildungsmaßnahmen im Betrieb durchführt.

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Für die Einlegung und Begründung der Beschwerde gilt § 11 Abs. 4 und 5 entsprechend.

(2) Die Beschwerdeschrift muß den Beschluß bezeichnen, gegen den die Beschwerde gerichtet ist, und die Erklärung enthalten, daß gegen diesen Beschluß die Beschwerde eingelegt wird. Die Beschwerdebegründung muß angeben, auf welche im einzelnen anzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird.

(3) Ist die Beschwerde nicht in der gesetzlichen Form oder Frist eingelegt oder begründet, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Der Beschluss kann ohne vorherige mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden ergehen; er ist unanfechtbar. Er ist dem Beschwerdeführer zuzustellen. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung ist nicht anwendbar.

(4) Die Beschwerde kann jederzeit in der für ihre Einlegung vorgeschriebenen Form zurückgenommen werden. Im Falle der Zurücknahme stellt der Vorsitzende das Verfahren ein. Er gibt hiervon den Beteiligten Kenntnis, soweit ihnen die Beschwerde zugestellt worden ist.

(1) Der Betriebsrat hat bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen.

(2) Der Betriebsrat kann der Bestellung einer mit der Durchführung der betrieblichen Berufsbildung beauftragten Person widersprechen oder ihre Abberufung verlangen, wenn diese die persönliche oder fachliche, insbesondere die berufs- und arbeitspädagogische Eignung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes nicht besitzt oder ihre Aufgaben vernachlässigt.

(3) Führt der Arbeitgeber betriebliche Maßnahmen der Berufsbildung durch oder stellt er für außerbetriebliche Maßnahmen der Berufsbildung Arbeitnehmer frei oder trägt er die durch die Teilnahme von Arbeitnehmern an solchen Maßnahmen entstehenden Kosten ganz oder teilweise, so kann der Betriebsrat Vorschläge für die Teilnahme von Arbeitnehmern oder Gruppen von Arbeitnehmern des Betriebs an diesen Maßnahmen der beruflichen Bildung machen.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 1 oder über die nach Absatz 3 vom Betriebsrat vorgeschlagenen Teilnehmer eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Kommt im Fall des Absatzes 2 eine Einigung nicht zustande, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Bestellung zu unterlassen oder die Abberufung durchzuführen. Führt der Arbeitgeber die Bestellung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider durch, so ist er auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht wegen der Bestellung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen; das Höchstmaß des Ordnungsgeldes beträgt 10.000 Euro. Führt der Arbeitgeber die Abberufung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider nicht durch, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass der Arbeitgeber zur Abberufung durch Zwangsgeld anzuhalten sei; das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro. Die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes über die Ordnung der Berufsbildung bleiben unberührt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend, wenn der Arbeitgeber sonstige Bildungsmaßnahmen im Betrieb durchführt.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 13. Januar 2014 - 4 TaBV 27/13 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs.

2

Die Arbeitgeberin betreibt Lichtspielhäuser. Antragsteller ist der für ihren Betrieb in M gebildete Betriebsrat. Für diesen Betrieb bestand ab dem Jahr 2010 eine Einigungsstelle mit dem Gegenstand „Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit“ (nachfolgend: Einigungsstelle „Arbeits- und Gesundheitsschutz“). Darüber hinaus wurde durch gerichtlichen Beschluss im Mai 2011 eine Einigungsstelle zum Gegenstand „Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Schutz vor Diskriminierung, Ungleichbehandlung und Mobbing sowie zur Förderung des respektvollen Zusammenarbeitens und partnerschaftlichen Verhaltens am Arbeitsplatz und im Betrieb“ (nachfolgend: Einigungsstelle „Schutz vor Diskriminierung, Ungleichbehandlung und Mobbing“) eingerichtet. In ihrer Sitzung vom 25. Oktober 2011 hat diese Einigungsstelle im Hinblick auf den Regelungsgegenstand der Einigungsstelle „Arbeits- und Gesundheitsschutz“ beschlossen, sie sei unzuständig und hat das Verfahren eingestellt.

3

Der Betriebsrat hat den Einigungsstellenspruch für unwirksam gehalten. Der Regelungsauftrag der Einigungsstelle „Schutz vor Diskriminierung, Ungleichbehandlung und Mobbing“ sei inhaltlich spezieller als derjenige der anderen Einigungsstelle. So seien organisatorische Regelungen denkbar, die gegenüber solchen zum Gesundheitsschutz abgrenzbar seien. Der Regelungsauftrag der Einigungsstelle beschreibe mit „negativer bzw. positiver Wirkung ausgestatteten Verhaltensweisen“, die das nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungsrechtliche Ordnungsverhalten beträfen. Zudem stehe ihm ein Initiativrecht bei Einführung und Ausgestaltung des Verfahrens einer Beschwerdestelle nach § 13 AGG zu.

4

Der Betriebsrat hat beantragt

        

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 25. Oktober 2011 zum Regelungsgegenstand „Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Schutz vor Diskriminierung, Ungleichbehandlung und Mobbing sowie zur Förderung des respektvollen Zusammenarbeitens und partnerschaftlichen Verhaltens am Arbeitsplatz und im Betrieb“ unwirksam ist.

5

Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, die Rechtsbeschwerde sei unzulässig. Überdies sei der Antrag unbestimmt, jedenfalls unbegründet. Die Einigungsstelle sei unzuständig. Mögliche Konfliktlösungsverfahren seien in den §§ 82 ff. BetrVG abschließend geregelt. „Mobbing“ betreffe in erster Linie die Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten, die nicht Gegenstand des geltend gemachten Mitbestimmungsrechts seien.

6

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Auf dessen Nichtzulassungsbeschwerde hin hat das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 12. November 2013 (- 1 ABN 72/13 -) den Beschluss des Landesarbeitsgerichts wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aufgehoben und die Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat die Einigungsstelle „Arbeits- und Gesundheitsschutz“ am 19. November 2013 durch Spruch eine Betriebsvereinbarung beschlossen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats erneut zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Antrag weiter.

7

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

8

I. Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Betriebsrats im Anhörungstermin entscheiden. Der Pflicht zur Anhörung ist auch im Falle des - hier vorliegenden - unentschuldigten Ausbleibens genügt, wenn der Beteiligte mit der Ladung darauf hingewiesen wurde (st. Rspr., vgl. BAG 20. August 2014 - 7 ABR 60/12 - Rn. 20).

9

II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie genügt entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin dem Begründungserfordernis des § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG(zu den Anforderungen etwa BAG 14. Mai 2013 - 1 ABR 4/12 - Rn. 30). Sie setzt sich mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts, wonach eine bereits bestehende Einigungsstelle die Zuständigkeit einer damit konkurrierenden Einigungsstelle hindere, in ausreichendem Umfang auseinander.

10

III. Die Vorinstanzen haben den Feststellungsantrag des Betriebsrats jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Auch nach gebotener Auslegung erfüllt der Antrag nicht die Voraussetzungen eines zulässigen Feststellungsantrags.

11

1. Der Antrag bedarf der Auslegung.

12

a) Seinem Wortlaut nach ist er auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle vom 25. Oktober 2011 gerichtet. Ein solcher Antrag wäre aber unzulässig, weil er kein nach § 256 Abs. 1 ZPO feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zum Gegenstand hätte.

13

aa) Beschlüsse der Einigungsstelle, mit denen diese ihre Zuständigkeit bejaht oder verneint, begründen als Entscheidungen über eine Rechtsfrage kein Rechtsverhältnis zwischen den Betriebsparteien. Sie stellen keine die Einigung der Betriebsparteien ersetzende und diese bindende Regelung iSd. § 87 Abs. 2 BetrVG dar. Die Zuständigkeit der Einigungsstelle ist abhängig vom Bestehen eines Mitbestimmungsrechts. Nur hierüber können die Gerichte mit Bindungswirkung entscheiden (BAG 25. September 2012 - 1 ABR 45/11 - Rn. 12; 31. Mai 2005 - 1 ABR 22/04 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 115, 49).

14

bb) Eine über das Vorliegen eines Rechtsverhältnisses hinausgehende (fristgebundene) Rechts- und Ermessenskontrolle von Einigungsstellensprüchen ist nach § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG nur für solche Entscheidungen eröffnet, in denen die Einigungsstelle eine der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegende Angelegenheit abschließend materiell ausgestaltet hat. Auf andere Beschlüsse der Einigungsstelle findet die Vorschrift keine Anwendung.

15

b) Eine Betriebspartei kann allerdings mit einer auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts gerichteten Feststellung ihr Verfahrensziel erreichen. Dazu ist der Antrag unter Heranziehung des jeweiligen Vorbringens möglichst so auszulegen, dass er die vom Antragsteller erstrebte Sachentscheidung zulässt (BAG 17. September 2013 - 1 ABR 24/12 - Rn. 10).

16

Vorliegend lässt sich den Ausführungen des Betriebsrats nur entnehmen, ihm stehe zum Regelungsgegenstand der gerichtlich eingerichteten Einigungsstelle ein Mitbestimmungsrecht zu. Danach verlangt er die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts zum Schutz vor Diskriminierung, Ungleichbehandlung und Mobbing sowie zur Förderung des respektvollen Zusammenarbeitens und partnerschaftlichen Verhaltens am Arbeitsplatz und im Betrieb.

17

2. Mit diesem Inhalt ist der Antrag nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er lässt nicht erkennen, für welche konkreten betrieblichen Angelegenheiten ein Mitbestimmungsrecht festgestellt werden soll.

18

a) Der Antragsteller eines Beschlussverfahrens muss entweder die Maßnahme des Arbeitgebers oder die betriebliche Angelegenheit, hinsichtlich derer ein Mitbestimmungsrecht streitig ist, so genau bezeichnen, dass mit der Entscheidung über den Antrag feststeht, für welche betrieblichen Angelegenheiten das Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist. Diese müssen so konkret umschrieben werden, dass die Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Betriebsparteien entschieden werden kann (BAG 8. Juni 2004 - 1 ABR 13/03 - zu B I 2 a aa der Gründe mwN, BAGE 111, 36). Hierfür genügt die Wiedergabe eines allgemein umschriebenen Regelungsauftrags einer Einigungsstelle eben so wenig wie der bloße Hinweis auf Aufgaben des Betriebsrats oder die Bezeichnung des geltend gemachten Mitbestimmungsrechts.

19

b) Das Vorbringen des Betriebsrats lässt nicht erkennen, für welche betriebliche Angelegenheit oder bei welcher Maßnahme des Arbeitgebers er mitbestimmen will. Sie ergeben sich in der gebotenen Eindeutigkeit weder aus dem sehr weit gefassten Regelungsgegenstand der Einigungsstelle noch aus der Zusammenfassung von Betriebsratsaufgaben unter einem dafür gebildeten Oberbegriff („Mobbing“) oder aus dem Gegenstand des in Anspruch genommenen Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

20

aa) Gegenstand der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Das Mitbestimmungsrecht beruht darauf, dass die Arbeitnehmer ihre vertraglich geschuldete Leistung innerhalb einer vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitsorganisation erbringen und dabei dessen Weisungsrecht unterliegen. Dies berechtigt den Arbeitgeber dazu, Regelungen vorzugeben, die das Verhalten der Belegschaft im Betrieb beeinflussen und koordinieren sollen, auch wenn es sich nicht notwendig um verbindliche Verhaltensregelungen handeln muss (BAG 22. Juli 2008 - 1 ABR 40/07 - Rn. 59 mwN, BAGE 127, 146). Bei solchen Maßnahmen hat der Betriebsrat mitzubestimmen und schränkt so die auf die betriebliche Ordnung bezogene Regelungsmacht des Arbeitgebers ein (BAG 15. April 2014 - 1 ABR 85/12 - Rn. 22 mwN). Dagegen sind solche Regeln und Weisungen, die das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer betreffen, mitbestimmungsfrei (BAG 15. April 2014 - 1 ABR 85/12 - Rn. 23). Wirkt sich eine Maßnahme zugleich auf das Ordnungs- und das Arbeitsverhalten aus, kommt es darauf an, welcher Regelungszweck überwiegt (BAG 17. Januar 2012 - 1 ABR 45/10 - Rn. 22, BAGE 140, 223).

21

Soweit Verhaltensvorschriften mitbestimmungspflichtige Regelungen oder Vorgaben enthalten, sind dabei auch Inhalte möglich, die nicht der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliegen. Im Regelfall kann auch nicht angenommen werden, einzelne Verlautbarungen und Vorgaben seien unauflösbar in einer Weise verknüpft, die dazu führten, die Mitbestimmungspflicht hinsichtlich einzelner Teile habe zwangsläufig die Mitbestimmungspflicht hinsichtlich des Gesamtwerks zur Folge (vgl. BAG 22. Juli 2008 - 1 ABR 40/07 - Rn. 42 mwN, BAGE 127, 246).

22

bb) Dies gilt auch, soweit der Betriebsrat anführt, bei „Diskriminierung, Ungleichbehandlung und Mobbing sowie … Förderung des respektvollen Zusammenarbeitens und partnerschaftlichen Verhaltens“ handele es sich um „mit negativer oder positiver Wirkung ausgestatteten“ „verhaltensrelevanten Maßnahmen“ iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Es bleibt schon offen, ob mit dem Begriff der „Diskriminierung“ nur solche Tatbestände erfasst werden, die durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz geregelt werden, ob damit auch andere Diskriminierungstatbestände einbezogen sind oder solche dem weiteren Begriff der „Ungleichbehandlung“ zugeordnet werden sollen und unabhängig davon welchen weiteren rechtlich unzulässigen Ungleichbehandlungen durch die Ausübung eines Mitbestimmungsrechts entgegengewirkt werden soll.

23

Darüber hinaus erschließt sich mangels näherer Darlegung auch nicht, welche verhaltensrelevanten Maßnahmen der Betriebsrat überhaupt in den Blick nimmt. Vielmehr begnügt er sich mit dem Hinweis auf den Begriff des „Mobbing“. Hiermit gehen zwar verschiedene betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben des Betriebsrats einher (vgl. BAG 14. Januar 2015 - 7 ABR 95/12 - Rn. 17 ff.). Welche Mitbestimmungsrechte damit verbunden sind, erschließt sich aus dem Begriff allein aber nicht.

24

Soweit der Betriebsrat darauf hinweist, das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG erfasse auch die Einführung und Ausgestaltung eines Verfahrens, in dem Arbeitnehmer ihr Beschwerderecht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 AGG wahrnehmen, kommt ein darauf begrenztes Antragsziel und eine damit verbundene Beschränkung der Regelungsbefugnis der Einigungsstelle weder im Wortlaut des Antrags noch im sonstigen Vorbringen des Betriebsrats zum Ausdruck. Unabhängig davon wird das Bestehen eines solches Mitbestimmungsrecht von der Arbeitgeberin mit Blick auf die Rechtsprechung des Senats (BAG 21. Juli 2009 - 1 ABR 42/08 - Rn. 32, BAGE 131, 225) dem Grunde nach auch nicht in Abrede gestellt.

25

3. Die vom Betriebsrat geltend gemachte Verletzung von Hinweispflichten durch das Landesarbeitsgericht ist unzulässig. Sie genügt nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen.

26

a) Wird gerügt, das Landesarbeitsgericht sei einer Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO nicht nachgekommen, muss ein Rechtsbeschwerdeführer diejenigen Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben, welchen Hinweis das Gericht hätte geben müssen und wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere welchen tatsächlichen Vortrag er gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte(vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 1 der Gründe, BAGE 109, 100).

27

b) Mit seinem Vorbringen, das Landesarbeitsgericht sei gehalten gewesen ihn darauf hinzuweisen, eine „Teilregelung (zum Organisatorischen)“ in der damals noch nicht abgeschlossenen Einigungsstelle „Arbeits- und Gesundheitsschutz“ herbeizuführen und bis zu deren Entscheidung das vorliegende Beschlussverfahren auszusetzen, hat der Betriebsrat die Verletzung einer Hinweispflicht nicht dargetan. Die Hinweispflichten nach § 139 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO soll den Beteiligten die Möglichkeit eröffnen, innerhalb des Verfahrens ihr Vorbringen und ihre Anträge auf den (vorläufigen) Standpunkt des Gerichts einzustellen und auf dessen Rechtsansicht Einfluss zu nehmen. Sie können nicht dafür herangezogen werden, dass sich das Gericht „zum Berater“ eines der Beteiligten für dessen außergerichtliches Verhalten macht.

        

    Schmidt    

        

    K. Schmidt    

        

    Treber    

        

        

        

    Hann    

        

    Sibylle Spoo    

                 

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 24. Mai 2011 - 1 TaBV 55/09 - aufgehoben.

2. Die Beschwerde der V GmbH & Co. KG gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 20. Mai 2009 - 5 BV 1/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dessen Tenor lautet:

Der Konzernbetriebsrat ist für die Wahrnehmung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei der Nutzung des IT-Systems SAP ERP zuständig.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats.

2

Die Arbeitgeberin ist die Konzernobergesellschaft einer Verlagsgruppe. Antragsteller ist der dort errichtete Konzernbetriebsrat.

3

Die Personalverwaltung wurde für die Mehrzahl der Konzernunternehmen ursprünglich von der Arbeitgeberin auf der Basis von Geschäftsbesorgungsverträgen durchgeführt. Das dafür eingesetzte Datenverarbeitungssystem SAP ERP ermöglicht die Personalabrechnung und Personalbetreuung sowie das Personalcontrolling. Die Arbeitgeberin und der bei ihr gebildete Betriebsrat schlossen im Juni 2000 eine Betriebsvereinbarung über den Einsatz der zu diesem Zeitpunkt genutzten Systemversion ab. Seit dem Jahr 2010 wird die Personalverwaltung von einem konzernangehörigen Tochterunternehmen wahrgenommen.

4

Die Nutzung des Systems SAP ERP erfolgt im sog. „Einmandantenmodell“. Danach haben grundsätzlich nur Mitarbeiter der jeweils personalverwaltenden Gesellschaft eine Zugriffsmöglichkeit auf die erhobenen Personaldaten. Das System verfügt über technische Schnittstellen, die zentral bestimmte Aufgaben übernehmen können. Zu diesen gehören etwa das Einlesen von Stundenkonten, der elektronische Versand von Entgelt- und Zeitnachweisen, Meldungen an Sozialversicherungsträger und die Finanzverwaltung sowie die Verwaltung der bei der Entgeltabrechnung anfallenden Papierdokumente. Das System kann verschiedene Berichtsaufgaben wie etwa die Dokumentation über Langzeiterkrankungen sowie besondere Urlaubsansprüche durchführen. Die Zugriffe auf die verarbeiteten Daten werden durch eine Protokollierungsfunktion einheitlich aufgezeichnet.

5

Der Konzernbetriebsrat und die Arbeitgeberin verständigten sich im Jahr 2008 in einem gerichtlichen Vergleich auf die Errichtung einer Einigungsstelle zur Nutzung der seinerzeit für die Personalverwaltung eingesetzten Systemversion „mySAP HR ERP 2004“. Die Einigungsstelle stellte in einem Spruch vom 15. Dezember 2008 ihre Unzuständigkeit fest. Die von der Arbeitgeberin in Aussicht gestellte zukünftige Nutzung des Personalverwaltungssystems erfordere keine unternehmensübergreifende Regelung unter Beteiligung des Konzernbetriebsrats. Am 25. Februar 2010 bestätigte die wegen der Verlagerung der Personalverwaltung auf eine Konzerntochter auf Anregung des Landesarbeitsgerichts erneut einberufene Einigungsstelle ihre Entscheidung.

6

Der Konzernbetriebsrat hat - sofern für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass der Beschluss der Einigungsstelle vom 15. Dezember 2008 in der Fassung des Beschlusses vom 25. Februar 2010 im Einigungsstellenverfahren über seine Zuständigkeit für die Nutzung des EDV-Systems mySAP HR ERP 2004 zwischen der Konzernarbeitgeberin und ihm unwirksam ist.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

8

Das Arbeitsgericht hat dem zuletzt gestellten Antrag des Konzernbetriebsrats entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat ihn auf die Beschwerde der Arbeitgeberin abgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats, mit der dieser in Bezug auf den zuletzt gestellten Antrag die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung beantragt. Der Senat hat die Betriebsräte der konzernangehörigen Gesellschaften am Verfahren beteiligt, für deren Personalverwaltung das System SAP ERP zum Einsatz kommt.

9

B. Die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu Unrecht abgewiesen.

10

I. Der Antrag ist zulässig.

11

1. Der Antrag bedarf der Auslegung.

12

a) Nach der ständigen Senatsrechtsprechung sind Anträge im Beschlussverfahren möglichst so auszulegen, dass sie eine erstrebte Sachentscheidung zulassen. Dementsprechend ist ein Antrag, der auf die Feststellung der Unwirksamkeit eines Spruchs einer Einigungsstelle gerichtet ist, mit dem sich diese mit der Begründung, es fehle für den betreffenden Gegenstand an einem Mitbestimmungsrecht, für unzuständig erklärt hat, regelmäßig dahin auszulegen, es möge das Bestehen eines entsprechenden Mitbestimmungsrechts festgestellt werden (BAG 21. Juli 2009 - 1 ABR 42/08 - Rn. 13, BAGE 131, 225). Der ausschließlich auf die Frage der Zuständigkeit einer Einigungsstelle beschränkte Feststellungsantrag wäre wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig. Durch einen solchen Zwischenbeschluss der Einigungsstelle wird zwischen den Beteiligten kein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis begründet oder ausgestaltet (BAG 31. Mai 2005 - 1 ABR 22/04 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 115, 49). Dies gilt unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für das beanspruchte Beteiligungsrecht vorliegen oder nicht oder - wie vorliegend - über die Zuständigkeit der beteiligten Arbeitnehmervertretung gestritten wird. Ein Einigungsstellenspruch über die Zuständigkeit oder Unzuständigkeit enthält keine materielle Entscheidung in einer Regelungsfrage iSd. § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG. Der unterlegene Beteiligte kann daher allein mit einer auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts gerichteten Feststellung sein Verfahrensziel erreichen.

13

b) Hiernach ist die Antragstellung des Konzernbetriebsrats trotz ihres anderslautenden Wortlauts dahin zu verstehen, es möge seine Zuständigkeit für die Mitbestimmung bei der Nutzung des Systems SAP ERP in der von der Arbeitgeberin als Konzernobergesellschaft geführten Unternehmensgruppe im Bereich der Personalverwaltung festgestellt werden. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts geht es dem Konzernbetriebsrat nicht um die Wirksamkeit des Einigungsstellenspruchs über die künftige Gestaltung des seit dem Jahr 2004 im Konzernverbund genutzten Datenverarbeitungssystems. Ein solches Antragsverständnis wird dem Begehren des Konzernbetriebsrats nicht gerecht. Aus dessen Sicht nutzt die Arbeitgeberin das Personalverwaltungssystem zumindest seit dem Jahr 2008 unter Missachtung der nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gebotenen Beteiligung. Zwar hat die Arbeitgeberin im Jahr 2000 mit dem bei ihr als Konzernobergesellschaft errichteten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über den Einsatz eines Personalverwaltungssystems abgeschlossen. Die Funktionen des seinerzeit verwendeten Systems sind seither jedoch erheblich erweitert worden. Dass die Arbeitgeberin für die jeweils erfolgten Nutzungsänderungen das nach dem Betriebsverfassungsgesetz erforderliche Beteiligungsverfahren mit der jeweils zuständigen Arbeitnehmervertretung durchgeführt hat, wird von der Arbeitgeberin selbst nicht geltend gemacht. Verfahrensgegenstand des vom Konzernbetriebsrat eingeleiteten Einigungsstellenverfahrens war dementsprechend die Nutzung des seinerzeit im Konzern eingesetzten Personalverwaltungssystems. Sowohl in der Einigungsstelle als auch im vorliegenden Beschlussverfahren hat der Konzernbetriebsrat stets seine Zuständigkeit für die Mitbestimmung bei der gegenwärtigen Nutzung und Ausgestaltung des Systems SAP ERP reklamiert. Folgerichtig hat auch das Arbeitsgericht angenommen, dem Konzernbetriebsrat gehe es um seine Beteiligung an der gegenwärtigen Handhabung des Personalverwaltungssystems.

14

Die demgegenüber vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung des Antrags, wonach Streitgegenstand die Wirksamkeit des Einigungsstellenspruchs zur zukünftigen Gestaltung des Einsatz von mySAP HR ERP 2004 ist, erweist sich danach als unzutreffend. Ein solches Antragsverständnis durfte das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung schon deshalb nicht zugrunde legen, weil der Konzernbetriebsrat der Auslegung seines Antrags durch das Arbeitsgericht nicht widersprochen hatte und im Beschwerdeverfahren keine Anhaltspunkte für eine geänderte Antragsauslegung vorlagen. Zudem fehlt es an einem den Anforderungen des § 139 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 ZPO genügenden Hinweis des Beschwerdegerichts für sein anderslautendes Antragsverständnis. Das Landesarbeitsgericht hat zudem nicht ausreichend bedacht, dass der von ihm zugrunde gelegte Antrag mangels eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig wäre und daher den seit dem Jahr 2008 bestehenden Streit über die Beteiligungsrechte des Konzernbetriebsrats bei dem Einsatz des Systems SAP ERP nicht beenden könnte. Gegen die Antragsauslegung des Beschwerdegerichts spricht schließlich, dass die Arbeitgeberin weder in der Einigungsstelle noch in den Vorinstanzen einlassungsfähigen Vortrag zur zukünftigen Ausgestaltung des Personalinformationssystems gehalten hat. Vielmehr erfasst ein auf § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gestütztes Beteiligungsverlangen bei einem bereits eingeführten Personalverwaltungssystem regelmäßig nur dessen Anwendung. Diese besteht im Einsatz der technischen Einrichtung und damit im eigentlichen Überwachungsvorgang (vgl. Wiese GK-BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 569).

15

c) Dem vorstehenden Antragsverständnis steht nicht entgegen, dass der Konzernbetriebsrat in der Beschwerdeinstanz einen auf Feststellung seines Mitbestimmungsrechts gerichteten Antrag angekündigt, diesen aber in der Anhörung vom 27. April 2010 nicht gestellt hat. Hierdurch erhält sein Antragsbegehren keinen derart eindeutigen Inhalt, der die vorgenommene Auslegung hindern würde. Der aufrechterhaltene Feststellungsantrag und das zu seiner Begründung gehaltene tatsächliche Vorbringen verdeutlichen, dass es dem Konzernbetriebsrat stets um die Klärung seiner Zuständigkeit für das im Konzern bereits eingesetzte Personalverwaltungssystem SAP ERP geht.

16

2. In dieser Auslegung genügt der Antrag den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Mit einer Sachentscheidung über das so verstandene Begehren wird hinreichend klar, inwieweit dem Konzernbetriebsrat das streitige Mitbestimmungsrecht zusteht oder nicht.

17

3. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis zwischen den Betriebsparteien und kann nach der ständigen Senatsrechtsprechung Gegenstand eines Feststellungsbegehrens iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sein(BAG 17. Januar 2012 - 1 ABR 45/10 - Rn. 16 f., AP BetrVG 1972 § 87 Ordnung des Betriebes Nr. 41 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Ordnung Nr. 7).

18

4. Die Vorinstanzen haben es rechtsfehlerhaft unterlassen, die im Konzernverbund der Arbeitgeberin errichteten Betriebsräte als Verfahrensbeteiligte anzuhören (§ 83 Abs. 3 ArbGG). Die vom Konzernbetriebsrat begehrte Entscheidung kann auch deren betriebsverfassungsrechtliche Stellung betreffen. Wird dem Antrag des Konzernbetriebsrats entsprochen, steht fest, dass nur dieser und nicht die in den konzernangehörigen Unternehmen errichteten Betriebsräte für die Ausübung der Mitbestimmung für die Einführung und Anwendung des Systems SAP ERP zuständig ist (vgl. BAG 19. Juni 2012 - 1 ABR 19/11 - Rn. 12, NZA 2012, 1237). Einer darauf gestützten Zurückverweisung bedarf es indes nicht. Der Senat hat die unterbliebene Beteiligung nachgeholt und den betroffenen Betriebsräten Gelegenheit gegeben, sich zum Antrag des Konzernbetriebsrats zu äußern.

19

II. Der Antrag ist begründet. Dem Konzernbetriebsrat steht das Beteiligungsrecht bei der Nutzung des streitgegenständlichen Personalverwaltungssystems zu.

20

1. Die Nutzung des Systems SAP ERP im Personalwesen unterliegt dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

21

a) Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat ua. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Ein datenverarbeitendes System ist zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer bestimmt, wenn es individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten selbst erhebt und aufzeichnet, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die erfassten und festgehaltenen Verhaltens- oder Leistungsdaten auch auswerten oder zu Reaktionen auf festgestellte Verhaltens- oder Leistungsweisen verwenden will. Überwachung in diesem Sinne ist sowohl das Sammeln von Informationen als auch das Auswerten bereits vorliegender Informationen (BAG 14. November 2006 - 1 ABR 4/06 - Rn. 27, BAGE 120, 146).

22

b) Das im Konzern eingesetzte System SAP ERP ist eine solche technische Einrichtung. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Das System dient dem Sammeln von Informationen und dem Auswerten bereits vorliegender Daten der Arbeitnehmer. Es erhebt selbst individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten und zeichnet sie auf. Außerdem ermöglicht das System die Verknüpfung und Auswertung der erhobenen Daten.

23

2. Für die Nutzung des Systems SAP ERP ist der Konzernbetriebsrat nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG zuständig.

24

a) Nach der Kompetenzzuweisung des Betriebsverfassungsgesetzes ist für die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten in erster Linie der von den Arbeitnehmern unmittelbar durch Wahl legitimierte Betriebsrat zuständig. Er hat die Interessen der Belegschaften der einzelnen Betriebe gegenüber dem Unternehmer wahrzunehmen. Diese Aufgabe weisen § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Gesamtbetriebsrat und § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat nur für den Fall zu, dass die zu regelnde Angelegenheit nicht auf den einzelnen Betrieb oder das konzernangehörige Unternehmen beschränkt ist und deshalb die Interessen der Arbeitnehmer nicht mehr auf der betrieblichen Ebene bzw. der des Unternehmens gewahrt werden können. Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG ist der Konzernbetriebsrat für die Behandlung von Angelegenheiten zuständig, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können. Diese originäre Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats ist nach denselben Kriterien zu bestimmen wie die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats (BAG 22. Juli 2008 - 1 ABR 40/07 - Rn. 66, BAGE 127, 146). Erforderlich ist, dass es sich zum einen um eine mehrere Unternehmen betreffende Angelegenheit handelt und zum anderen objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmensübergreifende Regelung besteht. Das Vorliegen eines zwingenden Erfordernisses bestimmt sich nach Inhalt und Zweck des Mitbestimmungstatbestands, der einer zu regelnden Angelegenheit zugrunde liegt (vgl. BAG 19. Juni 2012 - 1 ABR 19/11 - Rn. 21, NZA 2012, 1237). Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände im Konzern und in den einzelnen Unternehmen. Allein der Wunsch des Arbeitgebers nach einer konzerneinheitlichen oder unternehmensübergreifenden Regelung, sein Kosten- oder Koordinierungsinteresse sowie reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte genügen nicht, um in Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zustimmung des Konzernbetriebsrats zu begründen (BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 454/06 - Rn. 20, BAGE 123, 152).

25

b) Die Nutzung des Systems SAP ERP betrifft mehrere Unternehmen im Konzern. Die Personalverwaltung erfolgt von der jeweils dafür zuständigen Konzerngesellschaft für die Mehrzahl der konzernangehörigen Unternehmen.

26

c) Ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmensübergreifende Regelung liegt vor. Die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats folgt aus technischen Gründen. Der Einsatz des Personalverwaltungssystems kann wegen der bestehenden zentralen Nutzungs- und Überwachungsmöglichkeit weder durch die in den Konzernunternehmen errichteten Betriebsräte noch durch den Betriebsrat des personalverwaltenden Betriebs geregelt werden. Da in den betroffenen Konzernunternehmen zudem kein Gesamtbetriebsrat, sondern jeweils nur ein Betriebsrat besteht, kommt es nach § 54 Abs. 2 BetrVG auf deren Nichtregelnkönnen an.

27

Das System SAP ERP wird im Konzern der Arbeitgeberin von der jeweils personalverwaltenden Konzerngesellschaft im Einmandantenmodell genutzt. Die verarbeiteten Daten können aufgrund einheitlicher Formate miteinander verknüpft, exportiert, importiert und für die Konzernunternehmen ohne zusätzlichen technischen Aufwand genutzt werden. Die vorhandenen technischen Schnittstellen sind geeignet, die von einer zentralen Stelle bestimmten Aufgaben zu übernehmen. Hierzu zählen das Einlesen von Stundenkonten, der datenmäßige Versand von Entgelt- oder Zeitnachweisen, die Erstellung der DEÜV-Meldungen sowie der Lohnsteuerbescheinigungen. SAP ERP verfügt über vielfältige Möglichkeiten, Daten unternehmensübergreifend zu verknüpfen. Dies betrifft zB die Erstellung von Übersichten von Langzeiterkrankungen. Das System bietet die Möglichkeit zur einheitlichen Festlegung und Anwendung benutzerdefiniert festgelegter Datenbankfelder. Hierdurch können die von den Arbeitnehmern erhobenen Leistungs- und Verhaltensdaten konzernweit eingegeben, gefiltert und sortiert werden. Schließlich verfügt SAP ERP über eine eigenständige und einheitliche Protokollierungsfunktion (SAL), mit der sämtliche Vorgänge eines Mandanten in einem datentechnischen Protokoll festgehalten werden können. Auch hieraus ergibt sich die zentrale Nutzungs- und Überwachungsmöglichkeit des eingesetzten Personalverwaltungssystems.

28

d) Ob die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats im Hinblick auf die nach § 4 Abs. 1 BDSG notwendige Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der von den Arbeitnehmern erhobenen Daten auch aus anderen rechtlichen Gründen folgt(vgl. dazu BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 8/95 - zu B III 2 der Gründe, BAGE 82, 36), bedarf keiner Entscheidung.

        

    Schmidt    

        

    Linck     

        

    Koch    

        

        

        

    Platow    

        

    Benrath    

                 

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 24. Mai 2011 - 1 TaBV 55/09 - aufgehoben.

2. Die Beschwerde der V GmbH & Co. KG gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 20. Mai 2009 - 5 BV 1/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dessen Tenor lautet:

Der Konzernbetriebsrat ist für die Wahrnehmung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei der Nutzung des IT-Systems SAP ERP zuständig.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats.

2

Die Arbeitgeberin ist die Konzernobergesellschaft einer Verlagsgruppe. Antragsteller ist der dort errichtete Konzernbetriebsrat.

3

Die Personalverwaltung wurde für die Mehrzahl der Konzernunternehmen ursprünglich von der Arbeitgeberin auf der Basis von Geschäftsbesorgungsverträgen durchgeführt. Das dafür eingesetzte Datenverarbeitungssystem SAP ERP ermöglicht die Personalabrechnung und Personalbetreuung sowie das Personalcontrolling. Die Arbeitgeberin und der bei ihr gebildete Betriebsrat schlossen im Juni 2000 eine Betriebsvereinbarung über den Einsatz der zu diesem Zeitpunkt genutzten Systemversion ab. Seit dem Jahr 2010 wird die Personalverwaltung von einem konzernangehörigen Tochterunternehmen wahrgenommen.

4

Die Nutzung des Systems SAP ERP erfolgt im sog. „Einmandantenmodell“. Danach haben grundsätzlich nur Mitarbeiter der jeweils personalverwaltenden Gesellschaft eine Zugriffsmöglichkeit auf die erhobenen Personaldaten. Das System verfügt über technische Schnittstellen, die zentral bestimmte Aufgaben übernehmen können. Zu diesen gehören etwa das Einlesen von Stundenkonten, der elektronische Versand von Entgelt- und Zeitnachweisen, Meldungen an Sozialversicherungsträger und die Finanzverwaltung sowie die Verwaltung der bei der Entgeltabrechnung anfallenden Papierdokumente. Das System kann verschiedene Berichtsaufgaben wie etwa die Dokumentation über Langzeiterkrankungen sowie besondere Urlaubsansprüche durchführen. Die Zugriffe auf die verarbeiteten Daten werden durch eine Protokollierungsfunktion einheitlich aufgezeichnet.

5

Der Konzernbetriebsrat und die Arbeitgeberin verständigten sich im Jahr 2008 in einem gerichtlichen Vergleich auf die Errichtung einer Einigungsstelle zur Nutzung der seinerzeit für die Personalverwaltung eingesetzten Systemversion „mySAP HR ERP 2004“. Die Einigungsstelle stellte in einem Spruch vom 15. Dezember 2008 ihre Unzuständigkeit fest. Die von der Arbeitgeberin in Aussicht gestellte zukünftige Nutzung des Personalverwaltungssystems erfordere keine unternehmensübergreifende Regelung unter Beteiligung des Konzernbetriebsrats. Am 25. Februar 2010 bestätigte die wegen der Verlagerung der Personalverwaltung auf eine Konzerntochter auf Anregung des Landesarbeitsgerichts erneut einberufene Einigungsstelle ihre Entscheidung.

6

Der Konzernbetriebsrat hat - sofern für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass der Beschluss der Einigungsstelle vom 15. Dezember 2008 in der Fassung des Beschlusses vom 25. Februar 2010 im Einigungsstellenverfahren über seine Zuständigkeit für die Nutzung des EDV-Systems mySAP HR ERP 2004 zwischen der Konzernarbeitgeberin und ihm unwirksam ist.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

8

Das Arbeitsgericht hat dem zuletzt gestellten Antrag des Konzernbetriebsrats entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat ihn auf die Beschwerde der Arbeitgeberin abgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats, mit der dieser in Bezug auf den zuletzt gestellten Antrag die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung beantragt. Der Senat hat die Betriebsräte der konzernangehörigen Gesellschaften am Verfahren beteiligt, für deren Personalverwaltung das System SAP ERP zum Einsatz kommt.

9

B. Die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu Unrecht abgewiesen.

10

I. Der Antrag ist zulässig.

11

1. Der Antrag bedarf der Auslegung.

12

a) Nach der ständigen Senatsrechtsprechung sind Anträge im Beschlussverfahren möglichst so auszulegen, dass sie eine erstrebte Sachentscheidung zulassen. Dementsprechend ist ein Antrag, der auf die Feststellung der Unwirksamkeit eines Spruchs einer Einigungsstelle gerichtet ist, mit dem sich diese mit der Begründung, es fehle für den betreffenden Gegenstand an einem Mitbestimmungsrecht, für unzuständig erklärt hat, regelmäßig dahin auszulegen, es möge das Bestehen eines entsprechenden Mitbestimmungsrechts festgestellt werden (BAG 21. Juli 2009 - 1 ABR 42/08 - Rn. 13, BAGE 131, 225). Der ausschließlich auf die Frage der Zuständigkeit einer Einigungsstelle beschränkte Feststellungsantrag wäre wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig. Durch einen solchen Zwischenbeschluss der Einigungsstelle wird zwischen den Beteiligten kein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis begründet oder ausgestaltet (BAG 31. Mai 2005 - 1 ABR 22/04 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 115, 49). Dies gilt unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für das beanspruchte Beteiligungsrecht vorliegen oder nicht oder - wie vorliegend - über die Zuständigkeit der beteiligten Arbeitnehmervertretung gestritten wird. Ein Einigungsstellenspruch über die Zuständigkeit oder Unzuständigkeit enthält keine materielle Entscheidung in einer Regelungsfrage iSd. § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG. Der unterlegene Beteiligte kann daher allein mit einer auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts gerichteten Feststellung sein Verfahrensziel erreichen.

13

b) Hiernach ist die Antragstellung des Konzernbetriebsrats trotz ihres anderslautenden Wortlauts dahin zu verstehen, es möge seine Zuständigkeit für die Mitbestimmung bei der Nutzung des Systems SAP ERP in der von der Arbeitgeberin als Konzernobergesellschaft geführten Unternehmensgruppe im Bereich der Personalverwaltung festgestellt werden. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts geht es dem Konzernbetriebsrat nicht um die Wirksamkeit des Einigungsstellenspruchs über die künftige Gestaltung des seit dem Jahr 2004 im Konzernverbund genutzten Datenverarbeitungssystems. Ein solches Antragsverständnis wird dem Begehren des Konzernbetriebsrats nicht gerecht. Aus dessen Sicht nutzt die Arbeitgeberin das Personalverwaltungssystem zumindest seit dem Jahr 2008 unter Missachtung der nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gebotenen Beteiligung. Zwar hat die Arbeitgeberin im Jahr 2000 mit dem bei ihr als Konzernobergesellschaft errichteten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über den Einsatz eines Personalverwaltungssystems abgeschlossen. Die Funktionen des seinerzeit verwendeten Systems sind seither jedoch erheblich erweitert worden. Dass die Arbeitgeberin für die jeweils erfolgten Nutzungsänderungen das nach dem Betriebsverfassungsgesetz erforderliche Beteiligungsverfahren mit der jeweils zuständigen Arbeitnehmervertretung durchgeführt hat, wird von der Arbeitgeberin selbst nicht geltend gemacht. Verfahrensgegenstand des vom Konzernbetriebsrat eingeleiteten Einigungsstellenverfahrens war dementsprechend die Nutzung des seinerzeit im Konzern eingesetzten Personalverwaltungssystems. Sowohl in der Einigungsstelle als auch im vorliegenden Beschlussverfahren hat der Konzernbetriebsrat stets seine Zuständigkeit für die Mitbestimmung bei der gegenwärtigen Nutzung und Ausgestaltung des Systems SAP ERP reklamiert. Folgerichtig hat auch das Arbeitsgericht angenommen, dem Konzernbetriebsrat gehe es um seine Beteiligung an der gegenwärtigen Handhabung des Personalverwaltungssystems.

14

Die demgegenüber vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung des Antrags, wonach Streitgegenstand die Wirksamkeit des Einigungsstellenspruchs zur zukünftigen Gestaltung des Einsatz von mySAP HR ERP 2004 ist, erweist sich danach als unzutreffend. Ein solches Antragsverständnis durfte das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung schon deshalb nicht zugrunde legen, weil der Konzernbetriebsrat der Auslegung seines Antrags durch das Arbeitsgericht nicht widersprochen hatte und im Beschwerdeverfahren keine Anhaltspunkte für eine geänderte Antragsauslegung vorlagen. Zudem fehlt es an einem den Anforderungen des § 139 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 ZPO genügenden Hinweis des Beschwerdegerichts für sein anderslautendes Antragsverständnis. Das Landesarbeitsgericht hat zudem nicht ausreichend bedacht, dass der von ihm zugrunde gelegte Antrag mangels eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig wäre und daher den seit dem Jahr 2008 bestehenden Streit über die Beteiligungsrechte des Konzernbetriebsrats bei dem Einsatz des Systems SAP ERP nicht beenden könnte. Gegen die Antragsauslegung des Beschwerdegerichts spricht schließlich, dass die Arbeitgeberin weder in der Einigungsstelle noch in den Vorinstanzen einlassungsfähigen Vortrag zur zukünftigen Ausgestaltung des Personalinformationssystems gehalten hat. Vielmehr erfasst ein auf § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gestütztes Beteiligungsverlangen bei einem bereits eingeführten Personalverwaltungssystem regelmäßig nur dessen Anwendung. Diese besteht im Einsatz der technischen Einrichtung und damit im eigentlichen Überwachungsvorgang (vgl. Wiese GK-BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 569).

15

c) Dem vorstehenden Antragsverständnis steht nicht entgegen, dass der Konzernbetriebsrat in der Beschwerdeinstanz einen auf Feststellung seines Mitbestimmungsrechts gerichteten Antrag angekündigt, diesen aber in der Anhörung vom 27. April 2010 nicht gestellt hat. Hierdurch erhält sein Antragsbegehren keinen derart eindeutigen Inhalt, der die vorgenommene Auslegung hindern würde. Der aufrechterhaltene Feststellungsantrag und das zu seiner Begründung gehaltene tatsächliche Vorbringen verdeutlichen, dass es dem Konzernbetriebsrat stets um die Klärung seiner Zuständigkeit für das im Konzern bereits eingesetzte Personalverwaltungssystem SAP ERP geht.

16

2. In dieser Auslegung genügt der Antrag den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Mit einer Sachentscheidung über das so verstandene Begehren wird hinreichend klar, inwieweit dem Konzernbetriebsrat das streitige Mitbestimmungsrecht zusteht oder nicht.

17

3. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis zwischen den Betriebsparteien und kann nach der ständigen Senatsrechtsprechung Gegenstand eines Feststellungsbegehrens iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sein(BAG 17. Januar 2012 - 1 ABR 45/10 - Rn. 16 f., AP BetrVG 1972 § 87 Ordnung des Betriebes Nr. 41 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Ordnung Nr. 7).

18

4. Die Vorinstanzen haben es rechtsfehlerhaft unterlassen, die im Konzernverbund der Arbeitgeberin errichteten Betriebsräte als Verfahrensbeteiligte anzuhören (§ 83 Abs. 3 ArbGG). Die vom Konzernbetriebsrat begehrte Entscheidung kann auch deren betriebsverfassungsrechtliche Stellung betreffen. Wird dem Antrag des Konzernbetriebsrats entsprochen, steht fest, dass nur dieser und nicht die in den konzernangehörigen Unternehmen errichteten Betriebsräte für die Ausübung der Mitbestimmung für die Einführung und Anwendung des Systems SAP ERP zuständig ist (vgl. BAG 19. Juni 2012 - 1 ABR 19/11 - Rn. 12, NZA 2012, 1237). Einer darauf gestützten Zurückverweisung bedarf es indes nicht. Der Senat hat die unterbliebene Beteiligung nachgeholt und den betroffenen Betriebsräten Gelegenheit gegeben, sich zum Antrag des Konzernbetriebsrats zu äußern.

19

II. Der Antrag ist begründet. Dem Konzernbetriebsrat steht das Beteiligungsrecht bei der Nutzung des streitgegenständlichen Personalverwaltungssystems zu.

20

1. Die Nutzung des Systems SAP ERP im Personalwesen unterliegt dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

21

a) Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat ua. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Ein datenverarbeitendes System ist zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer bestimmt, wenn es individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten selbst erhebt und aufzeichnet, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die erfassten und festgehaltenen Verhaltens- oder Leistungsdaten auch auswerten oder zu Reaktionen auf festgestellte Verhaltens- oder Leistungsweisen verwenden will. Überwachung in diesem Sinne ist sowohl das Sammeln von Informationen als auch das Auswerten bereits vorliegender Informationen (BAG 14. November 2006 - 1 ABR 4/06 - Rn. 27, BAGE 120, 146).

22

b) Das im Konzern eingesetzte System SAP ERP ist eine solche technische Einrichtung. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Das System dient dem Sammeln von Informationen und dem Auswerten bereits vorliegender Daten der Arbeitnehmer. Es erhebt selbst individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten und zeichnet sie auf. Außerdem ermöglicht das System die Verknüpfung und Auswertung der erhobenen Daten.

23

2. Für die Nutzung des Systems SAP ERP ist der Konzernbetriebsrat nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG zuständig.

24

a) Nach der Kompetenzzuweisung des Betriebsverfassungsgesetzes ist für die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten in erster Linie der von den Arbeitnehmern unmittelbar durch Wahl legitimierte Betriebsrat zuständig. Er hat die Interessen der Belegschaften der einzelnen Betriebe gegenüber dem Unternehmer wahrzunehmen. Diese Aufgabe weisen § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Gesamtbetriebsrat und § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat nur für den Fall zu, dass die zu regelnde Angelegenheit nicht auf den einzelnen Betrieb oder das konzernangehörige Unternehmen beschränkt ist und deshalb die Interessen der Arbeitnehmer nicht mehr auf der betrieblichen Ebene bzw. der des Unternehmens gewahrt werden können. Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG ist der Konzernbetriebsrat für die Behandlung von Angelegenheiten zuständig, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können. Diese originäre Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats ist nach denselben Kriterien zu bestimmen wie die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats (BAG 22. Juli 2008 - 1 ABR 40/07 - Rn. 66, BAGE 127, 146). Erforderlich ist, dass es sich zum einen um eine mehrere Unternehmen betreffende Angelegenheit handelt und zum anderen objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmensübergreifende Regelung besteht. Das Vorliegen eines zwingenden Erfordernisses bestimmt sich nach Inhalt und Zweck des Mitbestimmungstatbestands, der einer zu regelnden Angelegenheit zugrunde liegt (vgl. BAG 19. Juni 2012 - 1 ABR 19/11 - Rn. 21, NZA 2012, 1237). Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände im Konzern und in den einzelnen Unternehmen. Allein der Wunsch des Arbeitgebers nach einer konzerneinheitlichen oder unternehmensübergreifenden Regelung, sein Kosten- oder Koordinierungsinteresse sowie reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte genügen nicht, um in Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zustimmung des Konzernbetriebsrats zu begründen (BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 454/06 - Rn. 20, BAGE 123, 152).

25

b) Die Nutzung des Systems SAP ERP betrifft mehrere Unternehmen im Konzern. Die Personalverwaltung erfolgt von der jeweils dafür zuständigen Konzerngesellschaft für die Mehrzahl der konzernangehörigen Unternehmen.

26

c) Ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmensübergreifende Regelung liegt vor. Die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats folgt aus technischen Gründen. Der Einsatz des Personalverwaltungssystems kann wegen der bestehenden zentralen Nutzungs- und Überwachungsmöglichkeit weder durch die in den Konzernunternehmen errichteten Betriebsräte noch durch den Betriebsrat des personalverwaltenden Betriebs geregelt werden. Da in den betroffenen Konzernunternehmen zudem kein Gesamtbetriebsrat, sondern jeweils nur ein Betriebsrat besteht, kommt es nach § 54 Abs. 2 BetrVG auf deren Nichtregelnkönnen an.

27

Das System SAP ERP wird im Konzern der Arbeitgeberin von der jeweils personalverwaltenden Konzerngesellschaft im Einmandantenmodell genutzt. Die verarbeiteten Daten können aufgrund einheitlicher Formate miteinander verknüpft, exportiert, importiert und für die Konzernunternehmen ohne zusätzlichen technischen Aufwand genutzt werden. Die vorhandenen technischen Schnittstellen sind geeignet, die von einer zentralen Stelle bestimmten Aufgaben zu übernehmen. Hierzu zählen das Einlesen von Stundenkonten, der datenmäßige Versand von Entgelt- oder Zeitnachweisen, die Erstellung der DEÜV-Meldungen sowie der Lohnsteuerbescheinigungen. SAP ERP verfügt über vielfältige Möglichkeiten, Daten unternehmensübergreifend zu verknüpfen. Dies betrifft zB die Erstellung von Übersichten von Langzeiterkrankungen. Das System bietet die Möglichkeit zur einheitlichen Festlegung und Anwendung benutzerdefiniert festgelegter Datenbankfelder. Hierdurch können die von den Arbeitnehmern erhobenen Leistungs- und Verhaltensdaten konzernweit eingegeben, gefiltert und sortiert werden. Schließlich verfügt SAP ERP über eine eigenständige und einheitliche Protokollierungsfunktion (SAL), mit der sämtliche Vorgänge eines Mandanten in einem datentechnischen Protokoll festgehalten werden können. Auch hieraus ergibt sich die zentrale Nutzungs- und Überwachungsmöglichkeit des eingesetzten Personalverwaltungssystems.

28

d) Ob die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats im Hinblick auf die nach § 4 Abs. 1 BDSG notwendige Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der von den Arbeitnehmern erhobenen Daten auch aus anderen rechtlichen Gründen folgt(vgl. dazu BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 8/95 - zu B III 2 der Gründe, BAGE 82, 36), bedarf keiner Entscheidung.

        

    Schmidt    

        

    Linck     

        

    Koch    

        

        

        

    Platow    

        

    Benrath    

                 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. April 2010 - 5 TaBV 123/09 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs zur Dienstkleidung.

2

Die Arbeitgeberin betreibt eine Fluggesellschaft. Antragsteller ist der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat. Das bei der Arbeitgeberin beschäftigte Bodenpersonal ist arbeitsvertraglich verpflichtet, auf entsprechende Anordnung der Arbeitgeberin während der Arbeitszeit Dienstkleidung zu tragen. Gesonderte Umkleideräume gibt es bei der Arbeitgeberin nicht.

3

Nach § 44 Abs. 1 des bei der Arbeitgeberin anwendbaren Manteltarifvertrags Nr. 14(MTV) gelten als Dienstkleidung Kleidungsstücke, die zur besonderen Kenntlichmachung im dienstlichen Interesse anstelle anderer Kleidung während der Arbeit getragen werden. Hierfür hat die Arbeitgeberin nach § 44 Abs. 1 Satz 3 MTV dienstkleidungspflichtigen Mitarbeitern Zuschüsse zu den Kosten der Dienstkleidung zu gewähren.

4

Nach erfolglosen Verhandlungen zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat beschloss die zum Thema „Regelung zur Dienstbekleidung für das Bodenpersonal der Arbeitgeberin“ gebildete Einigungsstelle mit Spruch vom 23. September 2008 die Betriebsvereinbarung „Dienstbekleidung“. Diese regelt im Einzelnen die Art und Zusammenstellung der Dienstkleidung und bestimmt, dass deren private Nutzung nicht gestattet ist. Nach I § 1 gilt sie für alle dienstkleidungspflichtigen Mitarbeiter des Bodenpersonals der Arbeitgeberin. Der unterzeichnete Einigungsstellenspruch wurde dem Gesamtbetriebsrat am 2. Oktober 2008 zugestellt.

5

Mit einem am 6. Oktober 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz hat der Gesamtbetriebsrat geltend gemacht, der Einigungsstellenspruch sei unwirksam, weil er den Kreis der dienstkleidungspflichtigen Mitarbeiter nicht selbst regele, sondern der Arbeitgeberin insoweit das alleinige Bestimmungsrecht überlasse. Weiterhin enthalte der Einigungsstellenspruch keine Regelungen über Umkleideräume. Die Beschäftigten seien faktisch gezwungen, die Dienstkleidung auf dem Weg von und zur Arbeit auch im Privatbereich zu tragen.

6

Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle über den Regelungsgegenstand „Dienstbekleidung“ vom 23. September 2008 unwirksam ist;

        

2.    

festzustellen, dass die Festlegung und/oder Änderung des Kreises der dienstbekleidungspflichtigen Arbeitnehmer der Arbeitgeberin im Bodenpersonal dem Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliegt.

7

Die Arbeitgeberin hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags ausgeführt, sie sei kraft ihrer Organisations- und Leitungsmacht berechtigt, den Kreis der dienstkleidungspflichtigen Mitarbeiter allein festzulegen. Eine Entscheidung hierüber sei der Einigungsstelle entzogen. Zur Regelung von Umkleidemöglichkeiten für die Mitarbeiter sei die beim Gesamtbetriebsrat gebildete Einigungsstelle nicht zuständig gewesen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihnen entsprochen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Abweisungsantrag weiter.

9

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Einigungsstellenspruch unwirksam ist.

10

I. Beteiligte des Verfahrens sind gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG der Gesamtbetriebsrat als Antragsteller sowie die Arbeitgeberin. Die örtlichen Betriebsräte sind nicht zu beteiligen. Diese sind in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtstellung durch eine Entscheidung in diesem Verfahren nicht unmittelbar betroffen.

11

II. Die Anträge sind zulässig.

12

1. Der Antrag zu 1) ist zu Recht auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs und nicht auf dessen Aufhebung gerichtet. Eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit des Spruchs einer Einigungsstelle hat feststellende und nicht rechtsgestaltende Wirkung (BAG 11. Januar 2011 - 1 ABR 104/09 - Rn. 12, EzA BetrVG 2001 § 87 Gesundheitsschutz Nr. 5).

13

2. Der Antrag zu 2) ist gleichfalls zulässig.

14

a) Die gebotene Auslegung ergibt, dass der Feststellungsantrag zu 2) inhaltlich über den Antrag zu 1) hinausgeht. Er betrifft die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts in Bezug auf einen bestimmten Lebenssachverhalt. Die damit aufgeworfene Rechtsfrage ist durch den Feststellungsantrag zu 1) nicht notwendig beantwortet, weil sich die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs auch aus anderen Gründen als der fehlenden Bestimmung des Personenkreises, der verpflichtet ist, die Dienstkleidung zu tragen, ergeben kann.

15

b) Der Antrag zu 2) ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Gesamtbetriebsrat hat die Maßnahme, für die er ein Mitbestimmungsrecht reklamiert, genau bezeichnet. Es geht um die Festlegung und/oder Änderung des Kreises derjenigen Mitarbeiter, die bei der Erbringung ihrer vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung Dienstkleidung iSd. § 44 Abs. 1 MTV tragen sollen. Der Begriff der Dienstkleidungspflicht ist durch die im Vortrag des Betriebsrats zum Ausdruck kommende Verknüpfung mit der Tarifvorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 3 MTV hinreichend klar.

16

c) Der Antrag zu 2) betrifft ein Rechtsverhältnis iSd. § 256 Abs. 1 ZPO. Das Bestehen eines betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei einem bestimmten Regelungstatbestand ist ein Rechtsverhältnis, das einer gerichtlichen Feststellung zugänglich ist (BAG 22. Juli 2008 - 1 ABR 40/07 - Rn. 38, BAGE 127, 146).

17

d) Für die mit dem Antrag zu 2) begehrte Feststellung besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Die Arbeitgeberin stellt das vom Gesamtbetriebsrat in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht in Abrede. Dies ist grundsätzlich ausreichend (BAG 10. November 2009 - 1 ABR 54/08 - Rn. 12, AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 125 = EzA BetrVG 2001 § 87 Arbeitszeit Nr. 14). Das Feststellungsinteresse besteht trotz der in demselben Verfahren beantragten Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs. Dieser kann auch aus anderen Gründen unwirksam sein, so dass hierdurch die zwischen den Beteiligten strittige Frage der Mitbestimmung bei der Festlegung des dienstkleidungspflichtigen Personenkreises nicht notwendig geklärt wird.

18

III. Der Antrag zu 1) ist begründet. Der Einigungsstellenspruch vom 23. September 2008 ist unwirksam. Die Einigungsstelle besaß zwar die erforderliche Regelungskompetenz. Sie hat jedoch den Bereich „Dienstbekleidung“ durch die fehlende Festlegung des persönlichen Geltungsbereichs unvollständig geregelt. Zudem hat sie unzutreffend davon abgesehen, Regelungen über Umkleidemöglichkeiten am Arbeitsplatz zu treffen.

19

1. Der Gesamtbetriebsrat ist für die Regelung einer einheitlichen Dienstkleidung im Unternehmen der Arbeitgeberin gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zuständig. Das folgt aus dem Zweck der Bekleidungsvorschrift. Diese soll dazu dienen, das Bodenpersonal der Arbeitgeberin auf den von ihr angeflogenen Flughäfen in Deutschland gegenüber den Fluggästen besonders kenntlich zu machen und es von dem Personal anderer Fluggesellschaften zu unterscheiden. Dieses Ziel kann nur durch eine unternehmenseinheitliche Regelung erreicht werden. Hiervon gehen auch die Beteiligten aus.

20

2. Der Gesamtbetriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung der Dienstkleidungspflicht.

21

a) Die Regelungen über die Dienstkleidung im MTV schließen das Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG nicht aus. Dies wäre nur anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien selbst über die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit eine zwingende und abschließende inhaltliche Regelung getroffen und damit dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts Genüge getan haben (BAG 17. November 1998 - 1 ABR 12/98 - zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 90, 194). Der MTV enthält jedoch keine abschließende Regelung über die Dienstkleidung, sondern definiert lediglich allgemein, was unter einer Dienstkleidung zu verstehen ist, und bestimmt weiterhin, dass sich die Arbeitgeberin an den Kosten der Dienstkleidung durch Zuschüsse zu beteiligen hat. Im Rahmen dieser Vorgaben haben die Betriebsparteien und damit auch die Einigungsstelle einen weiten Gestaltungsspielraum.

22

b) Gegenstand der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Es beruht darauf, dass die Arbeitnehmer ihre vertraglich geschuldete Leistung innerhalb einer vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitsorganisation erbringen und dabei dessen Weisungsrecht unterliegen. Das berechtigt den Arbeitgeber dazu, Regelungen vorzugeben, die das Verhalten der Belegschaft im Betrieb beeinflussen und koordinieren sollen. Bei solchen Maßnahmen hat der Betriebsrat mitzubestimmen. Das soll gewährleisten, dass die Arbeitnehmer gleichberechtigt an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens teilhaben (BAG 21. Juli 2009 - 1 ABR 42/08 - Rn. 23, BAGE 131, 225). Zur Gestaltung der Ordnung des Betriebs gehört auch die Anordnung des Tragens einer einheitlichen Arbeitskleidung, die dazu dient, das äußere Erscheinungsbild des Unternehmens zu fördern. Mitbestimmungsfrei sind dagegen Anordnungen, die das sog. Arbeitsverhalten betreffen und mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert und abgefordert wird. Wirkt sich eine Maßnahme zugleich auf das Ordnungs- und das Arbeitsverhalten aus, kommt es darauf an, welcher Regelungszweck überwiegt (BAG 13. Februar 2007 - 1 ABR 18/06 - Rn. 9, BAGE 121, 147). Ob das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten betroffen ist, beurteilt sich nicht nach den subjektiven Vorstellungen, die den Arbeitgeber zu einer Maßnahme bewogen haben. Entscheidend ist der jeweilige objektive Regelungszweck. Dieser bestimmt sich nach dem Inhalt der Maßnahme sowie nach der Art des zu beeinflussenden betrieblichen Geschehens (BAG 11. Juni 2002 - 1 ABR 46/01 - zu B I der Gründe, BAGE 101, 285).

23

c) Nach diesen Grundsätzen unterliegt die Ausgestaltung der bei der Arbeitgeberin bestehenden Dienstkleidungspflicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats. Hierdurch ist das Ordnungs- und nicht das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer berührt. Die Dienstkleidung dient dazu, Mitarbeiter der Arbeitgeberin gegenüber Fluggästen kenntlich zu machen. Durch die einheitliche Kleidung sollen diese deren Bodenpersonal auf allen von der Arbeitgeberin angeflogenen Flughäfen in Deutschland schnell erkennen und vom Personal anderer Fluglinien unterscheiden können. Das Tragen von Dienstkleidung ist jedoch nicht notwendige Voraussetzung für die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung des Bodenpersonals. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde führt das vom MTV vorausgesetzte dienstliche Interesse der Arbeitgeberin am Tragen von Dienstkleidung nicht dazu, eine darauf gerichtete Pflicht der Arbeitnehmer dem Arbeitsverhalten zuzuordnen. Vielmehr bringt die Tarifvorschrift nur zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber für das „Ob“ einer Bekleidungsvorschrift sachlicher Gründe bedarf. Diese können sowohl das Arbeitsverhalten als auch das Ordnungsverhalten betreffen. Zum jeweiligen Regelungszweck, der mit dem Tragen einer einheitlichen Arbeitskleidung verfolgt werden soll und der für das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts ausschlaggebend ist, trifft die Tarifvorschrift keine Aussage.

24

3. Der Einigungsstellenspruch vom 23. September 2008 ist unwirksam, weil die Einigungsstelle darin ihrem Regelungsauftrag nicht vollständig nachgekommen ist, sondern einer einseitigen Festlegung durch den Arbeitgeber überantwortet hat.

25

a) Aufgabe der Einigungsstelle ist es, durch ihren Spruch die Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer angemessen zu berücksichtigen und zu einem billigen Ausgleich zu bringen (§ 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG). Dabei ist der Zweck des jeweiligen Mitbestimmungsrechts zu beachten. Die getroffene Regelung muss auch denjenigen Interessen Rechnung tragen, um deren Willen dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Dem wird ein Spruch der Einigungsstelle, der nicht selbst eine Regelung der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten trifft, sondern die der Einigungsstelle zustehenden Regelungsbefugnis auf den Arbeitgeber überträgt, nicht gerecht (BAG 8. Juni 2004 - 1 ABR 4/03 - zu B III 4 a der Gründe, BAGE 111, 48).

26

b) Hiernach hat die Einigungsstelle zu Unrecht von der Regelung des persönlichen Geltungsbereichs der beschlossenen Betriebsvereinbarung abgesehen. Soweit unter I § 1 des Spruchs bestimmt ist, die Betriebsvereinbarung gelte für alle dienstkleidungspflichtigen Mitarbeiter des Bodenpersonals der D, ist dies keine ausreichende Konkretisierung des Geltungsbereichs. Hierdurch wird dem Arbeitgeber vielmehr das Recht übertragen, durch einseitige Anordnung den Kreis der dienstkleidungspflichtigen Arbeitnehmer und damit den persönlichen Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung festzulegen. Die nähere Bestimmung des persönlichen Geltungsbereichs war auch nicht deshalb entbehrlich, weil es sich nicht um eine Regelungs-, sondern auch um eine Rechtsfrage handelt. Die Einigungsstelle hat im Rahmen des vorgegebenen Zwecks der Dienstkleidung einen Ermessensspielraum bei der Bestimmung des Personenkreises, der diese zu tragen hat. Dabei hat sie in den Blick zu nehmen, dass das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auch dazu dient, bei einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu schützen(Fitting BetrVG 25. Aufl. § 87 Rn. 63). Die Einigungsstelle hätte deshalb prüfen müssen, inwieweit der Zweck der einheitlichen Dienstkleidung die mit dem Tragen der Dienstkleidung verbundenen Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Arbeitnehmer rechtfertigt und hiernach den persönlichen Geltungsbereich des Einigungsstellenspruchs festlegen müssen. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin geht es dabei nicht um die Begründung eines Initiativrechts des Gesamtbetriebsrats zur Einführung von Dienstkleidung. Das Verfahren vor der Einigungsstelle betraf nicht das „Ob“ des Tragens von Dienstkleidung, sondern allein die Ausgestaltung des darauf bezogenen Ordnungsverhaltens.

27

4. Der Spruch der Einigungsstelle ist auch deswegen unwirksam, weil er keine Regelungen über Umkleidemöglichkeiten für das dienstkleidungspflichtige Bodenpersonal enthält.

28

a) Für eine Regelung der Umkleidemöglichkeiten im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der unternehmenseinheitlichen Dienstkleidungspflicht war der Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 BetrVG zuständig. Hierbei handelt es sich um einen notwendigen Teilaspekt des zur Dienstkleidung für das Bodenpersonal der Arbeitgeberin beschlossenen Regelwerks. Fällt eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit in die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats, ist diese gemeinsam mit dem Arbeitgeber und im Konfliktfall von der Einigungsstelle zu regeln. Deshalb ist innerhalb eines Mitbestimmungstatbestands eine Aufspaltung der Zuständigkeiten auf unterschiedliche Betriebsverfassungsorgane ausgeschlossen (BAG 14. November 2006 - 1 ABR 4/06 - Rn. 35, BAGE 120, 146).

29

b) Die unterbliebene Regelung der Umkleidemöglichkeiten ist ermessensfehlerhaft iSd. § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG. Die Beschäftigten können nicht darauf verwiesen werden, sich ggf. auf den Toiletten umzukleiden oder die Dienstkleidung zu Hause an- und auszuziehen.

30

aa) Nach I § 2 Abs. 2 des Einigungsstellenspruchs ist die private Nutzung der Dienstkleidung nicht gestattet. Damit ist nach dem klaren Wortlaut der Betriebsvereinbarung ausgeschlossen, dass die Mitarbeiter die Dienstkleidung auf dem Weg von und zur Arbeit tragen und sich zu Hause umkleiden. Diese Wegezeiten sind nicht Arbeitszeiten, sie gehören vielmehr zum außerdienstlichen Bereich privater Lebensführung. Schon aus diesem Grund hätte die Einigungsstelle eine Regelung zu Umkleidemöglichkeiten treffen müssen. Soweit die Arbeitgeberin geltend macht, die Beschäftigten könnten sich in den vorhandenen Toilettenräumen umkleiden, stellt dies offenkundig keine angemessene Umkleidemöglichkeit dar. Mitarbeitertoiletten dienen anderen Zwecken und sind im Hinblick auf die hygienischen Zustände und die räumliche Enge keine geeigneten Umkleideräume.

31

bb) Die Ermessensfehlerhaftigkeit des Einigungsstellenspruchs wird nicht dadurch beseitigt, dass die Arbeitgeberin - einseitig - dem Bodenpersonal gestattet, die Dienstkleidung auf dem direkten Weg von und zur Arbeit zu tragen. Soweit sie damit den dienstkleidungspflichtigen Mitarbeitern die Gelegenheit bietet, sich nicht in den Toilettenräumen im Betrieb umziehen zu müssen, eröffnet sie den Beschäftigten zwar eine Alternative zu den unzureichenden betrieblichen Umkleidebedingungen. Diese stellt jedoch keinen angemessenen Ersatz für die erforderlichen betrieblichen Umkleidemöglichkeiten dar, weil hierdurch die dienstkleidungspflichtigen Arbeitnehmer in der privaten Lebensführung unangemessen eingeschränkt werden. Wollen sie sich nicht in Toilettenräumen umziehen, müssen sie den direkten Weg von und zur Arbeit nehmen und sich zu Hause umkleiden. Erst danach haben sie die Möglichkeit, ohne Dienstkleidung ihrer privaten Lebensführung nachzugehen.

32

Hinzu kommt, dass die im Einigungsstellenspruch geregelte Dienstkleidung aufgrund ihrer Farbgebung und ihres Zuschnitts besonders auffällig ist. Sie dient dazu, Fluggästen die schnelle und sichere Identifizierung der Mitarbeiter als Bodenpersonal der Arbeitgeberin zu ermöglichen. Ein Beschäftigter, der diese Dienstkleidung auf dem Weg von und zur Arbeit trägt, ist im öffentlichen Raum ohne Weiteres als Mitarbeiter der Arbeitgeberin erkennbar. An einer derartigen Offenlegung ihres Arbeitgebers gegenüber Dritten sowie einer Verbreitung des Bekanntheitsgrades des Unternehmens besteht kein objektiv feststellbares eigenes Interesse der Arbeitnehmer. Das Tragen der Dienstkleidung auf dem Weg von und zur Arbeit, zu dem weder die Betriebsparteien noch eine Einigungsstelle die Arbeitnehmer wegen des damit verbundenen Eingriffs in die private Lebensführung verpflichten könnten, dient allein dem Interesse der Arbeitgeberin (vgl. BAG 10. November 2009 - 1 ABR 54/08 - Rn. 20, AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 125 = EzA BetrVG 2001 § 87 Arbeitszeit Nr. 14). Der Einigungsstellenspruch entspricht daher im Hinblick auf die unterbliebene Regelung von Umkleidemöglichkeiten nicht billigem Ermessen iSd. § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG, weil er einseitig das Interesse der Arbeitgeberin an einer kostengünstigen Regelung berücksichtigt und die berechtigten Interessen der Beschäftigten an einer freien Gestaltung der Freizeit außer Acht lässt.

33

5. Die unterbliebene Regelung des persönlichen Geltungsbereichs sowie der Umkleidemöglichkeiten führt zur Unwirksamkeit des gesamten Einigungsstellenspruchs. Nach der Rechtsprechung des Senats bleibt bei Teilnichtigkeit einer Betriebsvereinbarung der übrige Teil nur dann wirksam, wenn er noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält (BAG 9. November 2010 - 1 ABR 75/09 - Rn. 51, EzA BetrVG 2001 § 87 Arbeitszeit Nr. 15). Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt. Die normative Wirkung der von der Einigungsstelle beschlossenen Dienstkleidungsvorschriften erfordert notwendig die Festlegung des Kreises der Normadressaten. Es muss klar sein, für wen die Betriebsvereinbarung gilt. Die Bestimmung ihres Geltungsbereichs darf der Arbeitgeberin nicht einseitig übertragen werden. Die Arbeitnehmer können auch nicht zum Tragen der Dienstkleidung verpflichtet werden, ohne dass die Einigungsstelle zugleich über angemessene Umkleidemöglichkeiten entscheidet.

34

IV. Der Antrag zu 2) ist begründet. Der Gesamtbetriebsrat hat - wie oben ausgeführt - bei der Festlegung und/oder Änderung des dienstkleidungspflichtigen Kreises des Bodenpersonals nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitzubestimmen.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Federlin    

        

    Olaf Kunz    

                 

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. Dezember 2008 - 3 TaBV 1131/08 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht dem Feststellungsantrag des Betriebsrats entsprochen hat.

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. April 2008 - 38 BV 18755/07 - wird zurückgewiesen.

Der in der Beschwerdeinstanz erhobene Feststellungsantrag und der auf die Aufhebung der Einstellung der Arbeitnehmerin D B zum 26. Juni 2008 bezogene Aufhebungsantrag werden abgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Tendenzträgereigenschaft von pädagogischen Mitarbeitern.

2

Die Arbeitgeberin, die ca. 600 Arbeitnehmer in 25 Betriebsstätten beschäftigt, ist nach einem rechtskräftigen Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 2. August 2005 (- 36 BV 11795/05 -) ein Tendenzunternehmen iSv. § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG, welches unmittelbar und überwiegend karitativen und erzieherischen Zwecken dient. Gegenstand ihres Unternehmens ist ua. die Einrichtung und der Betrieb von Kindertagesstätten, Tagesförderstätten und Wohnheimen für behinderte Menschen. Ziel der Arbeitgeberin ist die Integration der von ihr betreuten behinderten Menschen in die Gesellschaft. Ihre Tätigkeit ist am Normalisierungsprinzip ausgerichtet. Danach soll den behinderten Menschen ein möglichst normales, selbstbestimmtes Leben sowie die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft ermöglicht werden.

3

Die im Stadtgebiet von Berlin gelegenen Wohnheime der Arbeitgeberin sind in drei Wohnheimbereiche gegliedert, die jeweils von einem Abteilungsleiter geführt werden. Dieser ist für die Umsetzung der unternehmerischen Ziele und für die konzeptionelle Fortentwicklung des Leistungsangebots verantwortlich. Die Betreuung der behinderten Menschen erfolgt in Wohnheimen durch pädagogische Mitarbeiter, die über unterschiedliche Ausbildungen verfügen. In fast allen Wohnheimen ist daneben ein Gruppenleiter für die Aufsicht über mehrere Wohngruppen zuständig.

4

Für jeden Heimbewohner wird auf der Grundlage seines individuellen Hilfebedarfs nach der von der Arbeitgeberin erstellten Prozessbeschreibung „Hilfeplanung Wohnheime“ eine Hilfeplanung entwickelt. Zuständig für die Erstellung der Hilfepläne ist ein interdisziplinäres Team, dem neben pädagogischen Mitarbeitern Ärzte, Psychologen, Krankengymnasten sowie Handwerker angehören. Die Hilfepläne werden von dem jeweiligen pädagogischen Mitarbeiter als Bezugsbetreuer, dem Gruppenleiter sowie dem Abteilungsleiter unterzeichnet. Auf der Grundlage der Hilfebedarfspläne werden für den Leistungsträger Entwicklungsberichte erstellt.

5

Nach einer unter dem 5. September 2002 erstellten Stellenbeschreibung gehört zu den Aufgaben der in den Wohnheimen eingesetzten pädagogischen Mitarbeiter ua. die Erstellung, Umsetzung und Dokumentation der Hilfeplanung entsprechend des individuellen Hilfebedarfs, die Wahrnehmung der Aufgaben eines Bezugsbetreuers, Beschaffung von Wirtschafts- und Lebensmittelbedarf unter Berücksichtigung der Nutzeranforderungen und der Wirtschaftlichkeit, die Einarbeitung neuer Mitarbeiter sowie die Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Vertretern der behinderten Menschen und deren Angehörigen. Diese Stellenbeschreibung ist in der Folgezeit durch eine unter dem 15. Dezember 2006 erstellte Stellenbeschreibung abgelöst worden.

6

Die Arbeitgeberin hat für die Tätigkeit der in den Wohnheimen beschäftigten Gruppenleiter eine Stellenbeschreibung vom 5. September 2002 erstellt. Danach gehören zu den Aufgaben der Gruppenleiter zusätzlich zu ihren Aufgaben als pädagogischer Mitarbeiter die Regelung der Kommunikation und Entwicklung von Methoden der Zusammenarbeit im Arbeitsteam, das Erstellen von Zeugnisentwürfen und Dienstplänen für die pädagogischen Mitarbeiter sowie deren Urlaubsplanung und die Ermittlung des Fortbildungs- und Supervisionsbedarfs der ihnen unterstellten Mitarbeiter. Daneben sind den Gruppenleitern administrative Tätigkeiten übertragen.

7

Zwischen der Arbeitgeberin und ihrem Betriebsrat kam es in der Vergangenheit zu Meinungsverschiedenheiten über die Beteiligungsrechte bei der Einstellung und Versetzung von pädagogischen Mitarbeitern und Gruppenleitern, die in den Wohnheimen der Arbeitgeberin eingesetzt werden. Die Arbeitgeberin sieht diese als Tendenzträger an, bei denen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats eingeschränkt ist. Sie hat daher den Betriebsrat über die Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses der pädagogischen Mitarbeiterin D B vom 26. Juni 2008 bis zum 31. Juli 2009 lediglich informiert. Ebenso hat die Arbeitgeberin darauf verzichtet, die Zustimmung des Betriebsrats zu der bis zum 31. Dezember 2008 befristeten Versetzung des als Gruppenleiter Wohnen beschäftigten Arbeitnehmers W I einzuholen.

8

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, er habe bei der Einstellung sowie der Versetzung der in den Wohnheimen eingesetzten pädagogischen Mitarbeiter und Gruppenleiter nach §§ 99 ff. BetrVG mitzubestimmen. Dem stehe die Regelung des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG nicht entgegen; die pädagogischen Mitarbeiter und die Gruppenleiter seien keine Tendenzträger.

9

Der Betriebsrat hat nach einer Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz - soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass dem Betriebsrat bei der Einstellung - auch in Gestalt einer wesentlichen Aufstockung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit - eines Erziehers/einer Erzieherin mit einer Tätigkeit auf der Grundlage der Stellenbeschreibung „pädagogischer Mitarbeiter Wohnen“ oder der Stellenbeschreibung „Gruppenleiter Wohnen“ in einem Wohnheim oder Kleinstheim der Arbeitgeberin und bei einer Versetzung von einem Wohnheim bzw. Kleinstheim ohne oder mit gleichzeitiger Entbindung von der Gruppenleiterfunktion ein Mitbestimmungsrecht nach §§ 99, 100 und 101 BetrVG zusteht,

        

hilfsweise,

        

2.    

der Arbeitgeberin aufzugeben, die Einstellung der Erzieherin D B zum 26. Juni 2008 und die Versetzung des Gruppenleiters/Erziehers W I in das Wohnheim A aufzuheben.

10

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

11

Das Arbeitsgericht hat die ursprünglichen Hauptanträge des Betriebsrats, die auf die Feststellung seines Mitbestimmungsrechts bei einzelnen personellen Maßnahmen und hilfsweise auf deren Aufhebung gerichtet waren, abgewiesen. Dagegen hat der Betriebsrat Beschwerde eingelegt und seine Feststellungsanträge hilfsweise um einen auf die Einstellung und Versetzung von pädagogischen Mitarbeitern in Wohnheimen sowie von Gruppenleitern bezogenen Feststellungsantrag erweitert. Das Landesarbeitsgericht hat diesem Antrag unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde entsprochen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin, mit der diese die vollständige Abweisung der Anträge begehrt.

12

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Der Feststellungsantrag des Betriebsrats ist unzulässig, während sein in der Rechtsbeschwerdeinstanz angefallener Aufhebungsantrag unbegründet ist.

13

I. Der Feststellungsantrag ist unzulässig, weil es an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen rechtlichen Interesse an alsbaldiger gerichtlicher Feststellung fehlt.

14

1. Mit dem Hauptantrag möchte der Betriebsrat das Bestehen seines Mitbestimmungsrechts bei der Einstellung und der Versetzung festgestellt wissen, wenn diese Maßnahmen in Wohnheimen beschäftigte pädagogische Mitarbeiter oder die dort eingesetzten Gruppenleiter betreffen, die auf der Grundlage der Stellenbeschreibungen „Pädagogischer Mitarbeiter Wohnen“ sowie „Gruppenleiter Wohnen“ vom 5. September 2002 beschäftigt werden. Mit diesem Inhalt hat das Landesarbeitsgericht den Antrag auch beschieden.

15

2. Bei diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Maßnahme, an welcher der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG festgestellt wissen will, ist im Antrag hinreichend beschrieben. Dabei kann zu Gunsten des Betriebsrats unterstellt werden, dass die im Antrag verwandte Einschränkung „wesentliche Aufstockung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit“ entsprechend der Senatsrechtsprechung (9. Dezember 2008 - 1 ABR 74/07 - Rn. 19, BAGE 128, 351) die Erhöhung der Arbeitszeit über die in § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG genannte Grenze von zehn Wochenstunden hinaus bezeichnet.

16

3. Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, dass er auf einer im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Antragsänderung beruht. Der in der ersten Instanz unterlegene Betriebsrat hat den Feststellungsantrag im Wege der Antragserweiterung (§ 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2, § 81 Abs. 3 ArbGG, § 533 ZPO) ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt. Das Landesarbeitsgericht hat ihn als sachdienlich angesehen und zugelassen. Im Übrigen hat sich die Arbeitgeberin auf den geänderten Antrag rügelos eingelassen.

17

4. Dem Antrag fehlt jedoch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

18

a) Nach dem auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO ist für die Zulässigkeit eines Feststellungsbegehrens ein besonderes rechtliches Interesse daran erforderlich, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Für eine nur auf die Vergangenheit gerichtete Feststellung, aus der sich keinerlei Rechtsfolgen für die Zukunft mehr ergeben, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig nicht. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, einem Beteiligten zu bescheinigen, dass er im Recht war, oder eine die Verfahrensbeteiligten interessierende Rechtsfrage gutachterlich zu klären. Allerdings kann ein in der Vergangenheit liegender Streitfall Anlass sein, das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts für die Zukunft feststellen zu lassen. Der Inhalt oder der Umfang von Beteiligungsrechten können im Beschlussverfahren losgelöst von einem konkreten Ausgangsfall geklärt werden, wenn die Maßnahme, für die ein Beteiligungsrecht in Anspruch genommen wird, häufiger im Betrieb auftritt und sich auch künftig jederzeit wiederholen kann (BAG 15. April 2008 - 1 ABR 14/07 - Rn. 17 mwN, AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 54; 13. Februar 2007 - 1 ABR 14/06 - Rn. 10, BAGE 121, 139).

19

b) Hiernach hat der Betriebsrat kein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, da diese in der Vergangenheit liegende Vorgänge betrifft.

20

aa) Das Landesarbeitsgericht hat dem Hauptantrag entsprochen und ein Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung und Versetzung der in den Wohnheimen eingesetzten pädagogischen Mitarbeiter bejaht. Seine Entscheidung hat es auf der Grundlage der Stellenbeschreibung vom 5. September 2002 getroffen, die von der Arbeitgeberin mit ihrem Schriftsatz vom 13. Februar 2008 in das Verfahren eingeführt worden ist. Dem Senat ist jedoch aus dem am 14. September 2010 entschiedenen Verfahren - 1 ABR 29/09 -, in dem die Beteiligten gleichermaßen um die Beteiligung des Betriebsrats bei der Einstellung und der Versetzung von pädagogischen Mitarbeitern in Wohnheimen für behinderte Menschen gestritten haben, bekannt, dass sich deren Tätigkeit nicht mehr nach der Stellenbeschreibung vom 5. September 2002, sondern nach einer unter dem 15. Dezember 2006 erstellten Stellenbeschreibung richtet. Diese hat das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigen können, weil weder der Betriebsrat noch die Arbeitgeberin entsprechenden Vortrag gehalten haben. Da die Tätigkeitsbeschreibung vom 5. September 2002 für die Einstellung und die Versetzung der in den Wohnheimen beschäftigten pädagogischen Mitarbeiter nicht mehr von Bedeutung ist, bedarf es keiner zukunftsbezogenen gerichtlichen Entscheidung über die Einstellung und Versetzung der auf ihrer Grundlage beschäftigten pädagogischen Mitarbeiter. Der Betriebsrat benötigt die begehrte Feststellung auch nicht etwa, um künftige Streitigkeiten über seine Mitbestimmung bei gleichartigen personellen Maßnahmen zu vermeiden. Die von den pädagogischen Mitarbeitern nach der Stellenbeschreibung vom 15. Dezember 2006 auszuübenden Tätigkeiten entsprechen nicht den ihnen zuvor übertragenen Aufgaben, so dass sich die Rechtskraftwirkung einer gerichtlichen Entscheidung auf der Grundlage der Stellenbeschreibung vom 5. September 2002 nicht auf die zukünftig von der Arbeitgeberin durchzuführenden Einstellungen und Versetzungen erstrecken würde.

21

bb) Dem Hauptantrag fehlt es gleichermaßen an einem Feststellungsinteresse, soweit er sich auf die in den Wohnheimen eingesetzten Gruppenleiter bezieht. Deren Tätigkeit richtet sich zwar nach wie vor nach der Stellenbeschreibung vom 5. September 2002. In dieser wird jedoch ausdrücklich auf die für pädagogische Mitarbeiter in Wohnheimen geltende Arbeitsplatzbeschreibung Bezug genommen und diese zum Bestandteil der Arbeitsinhalte eines Gruppenleiters gemacht. Hiervon ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen. Damit hängt auch das Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung und Versetzung von Gruppenleitern von der rechtlichen Beurteilung der für pädagogische Mitarbeiter in Wohnheimen geltenden Stellenbeschreibung vom 15. Dezember 2006 ab.

22

II. Der danach dem Senat zur Entscheidung angefallene Hilfsantrag ist unbegründet. Bei dem Antrag auf Aufhebung einer personellen Einzelmaßnahme nach § 101 BetrVG handelt es sich um einen Leistungsantrag, für den es zwar der Darlegung eines besonderen Rechtsschutzinteresses nicht bedarf. Der Antrag wird jedoch unbegründet, wenn die im Antrag bezeichnete personelle Einzelmaßnahme durch Zeitablauf geendet hat. Dies ist vorliegend der Fall. Sowohl die bis zum 31. Juli 2009 befristete Einstellung von Frau B wie auch die bis zum 31. Dezember 2008 durchgeführte Versetzung von Herrn I sind beendet.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Platow    

                 

(1) Der Betriebsrat hat bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen.

(2) Der Betriebsrat kann der Bestellung einer mit der Durchführung der betrieblichen Berufsbildung beauftragten Person widersprechen oder ihre Abberufung verlangen, wenn diese die persönliche oder fachliche, insbesondere die berufs- und arbeitspädagogische Eignung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes nicht besitzt oder ihre Aufgaben vernachlässigt.

(3) Führt der Arbeitgeber betriebliche Maßnahmen der Berufsbildung durch oder stellt er für außerbetriebliche Maßnahmen der Berufsbildung Arbeitnehmer frei oder trägt er die durch die Teilnahme von Arbeitnehmern an solchen Maßnahmen entstehenden Kosten ganz oder teilweise, so kann der Betriebsrat Vorschläge für die Teilnahme von Arbeitnehmern oder Gruppen von Arbeitnehmern des Betriebs an diesen Maßnahmen der beruflichen Bildung machen.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 1 oder über die nach Absatz 3 vom Betriebsrat vorgeschlagenen Teilnehmer eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Kommt im Fall des Absatzes 2 eine Einigung nicht zustande, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Bestellung zu unterlassen oder die Abberufung durchzuführen. Führt der Arbeitgeber die Bestellung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider durch, so ist er auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht wegen der Bestellung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen; das Höchstmaß des Ordnungsgeldes beträgt 10.000 Euro. Führt der Arbeitgeber die Abberufung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider nicht durch, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass der Arbeitgeber zur Abberufung durch Zwangsgeld anzuhalten sei; das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro. Die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes über die Ordnung der Berufsbildung bleiben unberührt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend, wenn der Arbeitgeber sonstige Bildungsmaßnahmen im Betrieb durchführt.

(1) Berufsbildung im Sinne dieses Gesetzes sind die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung.

(2) Die Berufsausbildungsvorbereitung dient dem Ziel, durch die Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf heranzuführen.

(3) Die Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen.

(4) Die berufliche Fortbildung soll es ermöglichen,

1.
die berufliche Handlungsfähigkeit durch eine Anpassungsfortbildung zu erhalten und anzupassen oder
2.
die berufliche Handlungsfähigkeit durch eine Fortbildung der höherqualifizierenden Berufsbildung zu erweitern und beruflich aufzusteigen.

(5) Die berufliche Umschulung soll zu einer anderen beruflichen Tätigkeit befähigen.

(1) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über dessen Aufgabe und Verantwortung sowie über die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs zu unterrichten. Er hat den Arbeitnehmer vor Beginn der Beschäftigung über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen dieser bei der Beschäftigung ausgesetzt ist, sowie über die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren und die nach § 10 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes getroffenen Maßnahmen zu belehren.

(2) Über Veränderungen in seinem Arbeitsbereich ist der Arbeitnehmer rechtzeitig zu unterrichten. Absatz 1 gilt entsprechend.

(3) In Betrieben, in denen kein Betriebsrat besteht, hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zu allen Maßnahmen zu hören, die Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer haben können.

(4) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die aufgrund einer Planung von technischen Anlagen, von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder der Arbeitsplätze vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz, die Arbeitsumgebung sowie auf Inhalt und Art seiner Tätigkeit zu unterrichten. Sobald feststeht, dass sich die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändern wird und seine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht ausreichen, hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer zu erörtern, wie dessen berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten den künftigen Anforderungen angepasst werden können. Der Arbeitnehmer kann bei der Erörterung ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 26. März 2014 - 1 TaBV 9/12 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob der Betriebsrat bei einem Einsatz von Arbeitnehmern eines ausländischen Tochterunternehmens im Betrieb der Arbeitgeberin, dem herrschenden Unternehmen, zu Schulungs- und Fortbildungszwecken unter dem Gesichtspunkt der Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen mitzubestimmen hat.

2

Die Arbeitgeberin liefert ua. Hydraulikzubehör. In ihrem Betrieb in S ist der beteiligte Betriebsrat gebildet. Anlass für das von ihr eingeleitete Beschlussverfahren war der mittlerweile beendete Einsatz der bei ihrem slowakischen Tochterunternehmen H s.r.o. angestellten Arbeitnehmerin T zur - so die Angaben in dem entsprechenden Auslandsentsendevertrag - „Einarbeitung im Stammhaus H GMBH in S“, um ein „Trainings- und Ausbildungsprogramm im Bereich Logistik“ zu absolvieren und „das Team bei der Abwicklung von Logistikarbeiten“ zu unterstützen, wobei „während der Tätigkeit in S … die dortigen Arbeitszeit- und Feiertagsregelungen“ gelten. Diesem Einsatz verweigerte der Betriebsrat die von der Arbeitgeberin zunächst erbetene Zustimmung, weil „keine gültige Verleiherlaubnis entsprechend AÜG“ vorliege. Darüber hinaus sei weder die vorgesehene Vergütung angegeben noch eine Ausschreibung entsprechend § 93 BetrVG erfolgt.

3

Die Arbeitgeberin hat in dem Beschlussverfahren zunächst im Wesentlichen die Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung der Arbeitnehmerin T und später hauptsächlich die Feststellung begehrt, es handele sich bei der Schulung nicht um eine mitbestimmte personelle Maßnahme iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG. Sie erklärte, dass „seit September 2012 bis voraussichtlich September 2013 … eine weitere Arbeitnehmerin des Unternehmens in der Slowakei … - Frau H - … im Betrieb“ in S eingesetzt“ werde. Diese werde allerdings nicht ausschließlich geschult, sondern sei (auch) in den betrieblichen Arbeitsprozess eingegliedert. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass künftig Arbeitnehmer des slowakischen Tochterunternehmens zu Ausbildungszwecken bei ihr eingesetzt würden.

4

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, bei dem Einsatz handele es sich um eine erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung. Das - ohnehin nicht unionsrechtskonforme - Konzernprivileg des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG sei vorliegend ebenso wenig einschlägig wie die Bereichsausnahme nach § 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG. Die Arbeitgeberin habe nicht darauf hingewiesen, dass es sich bei Frau T um eine Auszubildende gehandelt habe. Es hätte mindestens der Vorlage des von der Arbeitgeberin und der H s.r.o. geschlossenen Ausbildungs- bzw. Kooperationsvertrags bedurft. Jedenfalls seien bei der Maßnahme Mitbestimmungsrechte nach § 98 und § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG nicht beachtet worden. Leiharbeitnehmer seien auch bei der Mitbestimmung nach § 98 BetrVG wie Arbeitnehmer des Betriebs anzusehen.

5

Der Betriebsrat hat im Wege von Wideranträgen - soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - zuletzt verlangt

        

1.    

festzustellen, dass ihm ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 98 Abs. 1 BetrVG beim Abschluss eines Kooperationsvertrags zwischen der Arbeitgeberin und der H s.r.o. über generell-abstrakte Maßnahmen hinsichtlich Zeit, Inhalt, Umfang und Methoden der Vermittlung von Kenntnissen der Durchführung von Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen von durch die H s.r.o. in den Betrieb der Arbeitgeberin entsandten Leiharbeitnehmern - hilfsweise von zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten - zusteht;

        

2.    

festzustellen, dass ihm ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 98 Abs. 1 BetrVG bezüglich generell-abstrakter Maßnahmen hinsichtlich Zeit, Inhalt, Umfang und Methoden der Vermittlung von Kenntnissen durch Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen von durch die H s.r.o. in den Betrieb der Arbeitgeberin entsandten Leiharbeitnehmern - hilfsweise von zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten - zusteht, soweit diese nicht bereits durch den unter Einhaltung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats abgeschlossenen Kooperationsvertrag - hilfsweise durch den Kooperationsvertrag - mit der H s.r.o. festgelegt worden sind;

        

3.    

festzustellen, dass ihm hinsichtlich der allgemeinen Grundsätze der zeitlichen Lage von Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen von durch die H s.r.o. in den Betrieb der Arbeitgeberin entsandten Leiharbeitnehmern - hilfsweise von zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten - ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 98 Abs. 1 BetrVG und/oder § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG zusteht, soweit diese nicht bereits durch den unter Einhaltung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats abgeschlossenen Kooperationsvertrag - hilfsweise durch den Kooperationsvertrag - mit der H s.r.o. festgelegt worden sind;

        

4.    

hilfsweise für den Fall, dass es sich bei Frau T um eine zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte handelt, der Arbeitgeberin aufzugeben, die Einstellung und Beschäftigung von zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten zu unterlassen, ohne dass dem Betriebsrat die Art ihrer Beschäftigung mitgeteilt worden ist;

        

5.    

hilfsweise zu 4. festzustellen, dass dem Betriebsrat bei der Einstellung von zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten die Art ihrer Beschäftigung mitzuteilen ist.

6

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Wideranträge abzuweisen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Wideranträge des Betriebsrats abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde beschränkt auf diejenigen Wideranträge zugelassen, die der Betriebsrat mit seiner Rechtsbeschwerde weiter verfolgt.

8

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die angefallenen Wideranträge zu 1. bis 3. des Betriebsrats abgewiesen. Die Wideranträge zu 4. und 5. fallen nicht zur Entscheidung an.

9

I. Der Widerantrag zu 1. unzulässig.

10

1. Der Antrag bedarf der Auslegung.

11

a) Sein Gegenstand ist - nach der wörtlichen Antragsfassung - ein vom Betriebsrat reklamiertes Mitbestimmungsrecht beim „Abschluss eines Kooperationsvertrags zwischen der Arbeitgeberin und der H s.r.o.“ über bestimmte, im Antrag näher aufgeführte Aspekte. Wie der Anlassfall - der Einsatz der Arbeitnehmerin T - und das schriftsätzliche Vorbringen des Betriebsrats zeigen, sieht dieser die mitbestimmungspflichtige Maßnahme darin, dass die Arbeitgeberin bei der H s.r.o. angestellte Arbeitnehmer für einen befristeten Zeitraum in ihrem Betrieb einarbeitet und schult. Nur auf diesen Sachverhalt, also die Durchführung von Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen in der Art und Weise, wie sie die Arbeitnehmerin T durchlaufen hat, bezieht der Betriebsrat sein Begehren. Zum anderen konkretisiert er mit dem Widerantrag zu 1. die beanspruchte Mitbestimmung auf den Abschluss „eines Kooperationsvertrags“. Der Betriebsrat meint den Abschluss jeglicher Vereinbarung zwischen der Arbeitgeberin und ihrem slowakischen Tochterunternehmen, welche die im Antrag näher angeführten Inhalte aufweist. Gegenstand des Widerantrags zu 1. ist damit der aus Sicht des Betriebsrats mitzubestimmende Abschluss einer Vereinbarung zwischen der Arbeitgeberin und der H s.r.o. über generell-abstrakte Maßnahmen hinsichtlich Zeit, Inhalt, Umfang und Methoden der Vermittlung von Kenntnissen der Durchführung von Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen von durch die H s.r.o. in den Betrieb der Arbeitgeberin entsandten Arbeitnehmern.

12

b) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat mit dem Antrag kein Haupt- und Hilfsfeststellungsbegehren zur Entscheidung gestellt, je nachdem, ob es sich bei den entsandten Arbeitnehmern um Leiharbeitarbeitnehmer oder (hilfsweise) um zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte handelt. Vielmehr wird für einen Vorgang eine Mitbestimmung beansprucht, die der Betriebsrat bei seiner Antragsformulierung allerdings - und insoweit unbeachtlich - einer rechtlichen Begründung unterzieht. Der Antragsteller kann nicht bindend vorgeben, anhand welcher Rechtsnormen sein Antragsbegehren gerichtlich geprüft werden möge. Der Verfahrensgegenstand wird auf der Grundlage eines bestimmten Lebenssachverhalts und der bestehenden Rechtslage durch den Inhalt des vom Antragsteller reklamierten Rechts oder Anspruchs konstituiert (BAG 15. April 2008 - 1 ABR 44/07 - Rn. 14).

13

2. Für den nach der gebotenen Auslegung trotz der Verwendung der Rechtsbegriffe „entsandte Leiharbeitnehmer“ und (hilfsweise) „zu ihrer Berufsbildung Beschäftigte“ iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmten Antrag fehlt es an dem Interesse an einer alsbaldigen Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Die erstrebte Feststellung betrifft keine bereits getroffene oder jedenfalls konkret bevorstehende Maßnahme, die sich wiederholen könnte. Für einen auch nur beabsichtigten Vertragsabschluss fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten. Er wird weder vom Betriebsrat behauptet noch hat das Landesarbeitsgericht hierzu Feststellungen getroffen. Vielmehr hat der Betriebsrat seine Antragstellung erkennbar an der Senatsentscheidung vom 18. April 2000 (- 1 ABR 28/99 - BAGE 94, 245) ausgerichtet, in der in entsprechender Anwendung von § 98 Abs. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht beim Abschluss einer Vereinbarung über die Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber insoweit bejaht worden ist, als Regelungen über die Durchführung von Bildungsmaßnahmen - ein sog. „Kooperationsvertrag“ - getroffen waren. Daran fehlt es vorliegend.

14

II. Der zulässige Widerantrag zu 2. ist unbegründet.

15

1. Nach gebotener Auslegung bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags.

16

a) Auch der Widerantrag zu 2. bedarf der Auslegung. Mit ihm reklamiert der Betriebsrat eine Beteiligung an den im Antrag beschriebenen Maßnahmen. Diese beziehen sich auf Ausbildung, Schulung und Qualifikation von bei der H s.r.o. angestellten Arbeitnehmern für ihre dortige Tätigkeit durch die Arbeitgeberin, in deren Betrieb sie befristet entsendet werden.

17

b) Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig.

18

aa) Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es ist nicht zweifelhaft, an welchen Maßnahmen der Betriebsrat beteiligt werden soll. Auch die näher beschriebene und von der Feststellung ausgenommene Konstellation ist ausreichend klar. Der Betriebsrat beansprucht nur dann eine Mitbestimmung, soweit er nicht bei einer geschlossenen oder zu schließenden Vereinbarung der Arbeitgeberin und der H s.r.o. über Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen gleich derer, die die Arbeitnehmerin T durchlaufen hat, mitbestimmt hat.

19

bb) Dem Antrag kommt das erforderliche Feststellungsinteresse zu, § 256 Abs. 1 ZPO. Die Arbeitgeberin stellt die verfahrensgegenständliche Mitbestimmung in Abrede und schließt es nach ihrem eigenen Vorbringen nicht aus, in ihrem Betrieb künftig Arbeitnehmer der H s.r.o. in gleicher Weise wie die Arbeitnehmerin T einzusetzen.

20

2. Der Antrag ist unbegründet. Die streitbefangene Angelegenheit unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 98 BetrVG, weil sie keine Maßnahme im Sinn dieser Vorschrift darstellt.

21

a) Nach § 98 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen. Der Begriff der betrieblichen Berufsbildung ist weit auszulegen. Er umfasst alle Maßnahmen der Berufsbildung iSd. § 1 Abs. 1 BBiG und damit ua. solche der Berufsausbildung, der beruflichen Fortbildung und der beruflichen Umschulung. Hierzu gehören alle Maßnahmen, die über die - mitbestimmungsfreie - Unterrichtung des Arbeitnehmers über seine Aufgaben und Verantwortung, die Art seiner Tätigkeit und ihrer Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs sowie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren und die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren iSd. § 81 BetrVG hinausgehen, indem sie dem Arbeitnehmer gezielt Kenntnisse und Erfahrungen vermitteln, die ihn zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit erst befähigen. Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung sind auch Lehrgänge, die dem Arbeitnehmer die für die Ausfüllung seines Arbeitsplatzes und seiner beruflichen Tätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verschaffen sollen (BAG 5. März 2013 - 1 ABR 11/12 - Rn. 12 mwN).

22

b) Das Mitbestimmungsrecht besteht nur bei Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung. Dies ist funktional zu verstehen. Eine Berufsbildungsmaßnahme ist eine betriebliche, wenn der Arbeitgeber Träger bzw. Veranstalter der Bildungsmaßnahme ist und die Berufsbildungsmaßnahme für bei ihm angestellte Arbeitnehmer durchgeführt wird (BAG 18. April 2000 - 1 ABR 28/99 - zu B I 2 a bb der Gründe mwN, BAGE 94, 245). Dabei muss die Maßnahme regelmäßig für die „eigenen“ Arbeitnehmer durchgeführt werden; zumindest müssen sie bei der Beteiligung Vorrang haben (BAG 4. Dezember 1990 - 1 ABR 10/90 - zu B II 4 der Gründe, BAGE 66, 292).

23

c) Hiervon ausgehend ist der streitbefangene Vorgang keine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme iSv. § 98 Abs. 1 BetrVG.

24

aa) Zwar ist die Qualifikation, wie sie Frau T absolviert hat, eine Berufsbildungsmaßnahme. Sie soll, wie die Arbeitgeberin selbst angibt, diejenigen Kenntnisse und Erfahrungen vermitteln, die der Ausfüllung ihres Arbeitsplatzes und ihrer beruflichen Tätigkeit dienen.

25

bb) Die verfahrensgegenständliche Berufsbildungsmaßnahme, die nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts allein die Konstellation erfasst, dass in den Betrieb der Arbeitgeberin entsandte Arbeitnehmer der H s.r.o. für eine Tätigkeit bei ihr geschult und qualifiziert werden, ist aber keine „betriebliche“ iSd. § 98 BetrVG. Ausschließlich externe Arbeitnehmer betreffende Schulungen und Fortbildungen finden nicht für den Betrieb der Arbeitgeberin statt. Es fehlt damit an der für die Mitbestimmung nach § 98 BetrVG erforderlichen funktionellen Betriebsbezogenheit der Maßnahme. Dabei ist es - anders als der Betriebsrat meint - ohne Belang, ob die Entsendung der zu schulenden Arbeitnehmer dem AÜG unterfällt.

26

(1) Die Mitbestimmungstatbestände der §§ 96 ff. BetrVG heben - nach dem Willen des Gesetzgebers - auf die „bedeutsame Rolle der Berufsbildung“ ab. Diese wird bereits in der Gesetzesbegründung zum BetrVG 1972, wonach die Beteiligung des Betriebsrats erstmals in einem eigenständigen Unterabschnitt bei den personellen Angelegenheiten geregelt worden ist, betont (vgl. BT-Drs. VI/1786 S. 51) und in den Gesetzesmaterialien zum BetrVerf-ReformG vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) unterstrichen (vgl. BT-Drs. 14/5741 S. 49 f.). Entsprechend will § 98 Abs. 1 BetrVG - wenn sich der Arbeitgeber für die Einführung einer Berufsbildungsmaßnahme entschieden hat - durch die gleichberechtigte Beteiligung des Betriebsrats an der Durchführung der Maßnahme sicherstellen, dass das berechtigte Interesse der Betroffenen an einer ihren Belangen entsprechenden Aus- oder Fortbildung gewahrt wird(BAG 24. August 2004 - 1 ABR 28/03 - zu B II 3 b aa der Gründe, BAGE 111, 350). Dem Betriebsrat sind etwa Beteiligungsrechte bei der Auswahl der teilnehmenden Arbeitnehmer nach Maßgabe des § 98 Abs. 3 und Abs. 4 BetrVG deshalb eingeräumt, weil dadurch gewichtige Arbeitnehmerinteressen berührt sein können. Die Teilnahme an der betrieblichen Berufsbildung kann sich auf den einen beruflichen Aufstieg oder gar den Arbeitsplatzerhalt auswirken (BAG 8. Dezember 1987 - 1 ABR 32/86 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 57, 114). Es soll gewährleistet werden, dass einzelnen Arbeitnehmern eine Qualifizierung nicht aus sachwidrigen Gründen vorenthalten wird.

27

(2) Diese Intentionen des Mitbestimmungsrechts sind erkennbar verknüpft mit der Stellung des qualifizierenden Arbeitgebers als Vertragspartei des Arbeitnehmers und seinem Interesse an dessen Qualifikation oder zumindest eines solchen Arbeitnehmers, dessen Arbeitsleistung er selbst beanspruchen kann. Sie greifen nicht, wenn es ausschließlich um Schulung, Fort- oder Ausbildung von entsandten Arbeitnehmern für deren Beschäftigung bei dem entsendenden Vertragsarbeitgeber geht.

28

(3) In der Folge kommt dabei nicht darauf an, ob diejenigen Arbeitnehmer der H s.r.o., die in gleicher Weise wie die Arbeitnehmerin T zu Schulungszwecken bei der Arbeitgeberin eingesetzt werden, als Leiharbeitnehmer zu qualifizieren sind. Deshalb ist die von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge zu den Erwägungen des Landesarbeitsgerichts über eine grenzüberschreitende Anwendung des § 18 AktG iSd. § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG als überraschender rechtlicher Gesichtspunkt ohne Erfolg.

29

cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde widerspricht das vorstehende Ergebnis nicht der Entscheidung des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 24. August 2011 zum Teilnahmerecht von Auszubildenden eines reinen Ausbildungsbetriebs an Betriebsversammlungen des Einsatzbetriebs.

30

(1) Nach dieser Rechtsprechung sind die einem Einsatzarbeitgeber zur praktischen Ausbildung zugewiesenen Auszubildenden berechtigt, an den von den jeweils für ihren Standort zuständigen Betriebsräten einberufenen Betriebsversammlungen teilzunehmen, weil die §§ 42, 44 BetrVG insoweit eine unbewusste gesetzliche Regelungslücke enthalten(BAG 24. August 2011 - 7 ABR 8/10 - Rn. 29 ff., BAGE 139, 127).

31

(2) Ausgehend von Sinn und Zweck der Beteiligung des Betriebsrats nach §§ 96 ff. BetrVG fehlt es vorliegend an einer planwidrigen Regelungslücke. Es besteht keine vergleichbare Interessenlage bei Berufsbildungsmaßnahmen, die im qualifizierenden Unternehmen beschäftigte Arbeitnehmer betreffen, und solchen, die entsendete Arbeitnehmer für die Tätigkeit bei ihrem Vertragsarbeitgeber durchlaufen.

32

dd) Nichts anderes folgt entgegen der Ansicht des Betriebsrats aus unionsrechtlichen Gründen. Soweit es sich bei der vorliegenden Entsendung von bei der H s.r.o. angestellten Arbeitnehmern in den Betrieb der Arbeitgeberin um eine Arbeitnehmerüberlassung handeln sollte, würde der von der Rechtsbeschwerde herangezogene Gleichbehandlungsgrundsatz von Leiharbeitnehmern nach Art. 6 Abs. 5 Buchst. b der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (RL 2008/104/EG) nicht dazu führen, den nationalen Mitbestimmungstatbestand im Wege der richtlinienkonformen Auslegung auf eine ausschließlich Leiharbeitnehmer betreffende Maßnahme zu erstrecken, die diese nicht für eine beim Entleiher zu erbringende Arbeitsleistung qualifiziert. Zwar haben nach Art. 6 Abs. 5 Buchst. b RL 2008/104/EG die Mitgliedstaaten ua. geeignete Maßnahmen zu treffen, den Zugang der Leiharbeitnehmer zu den Fort- und Weiterbildungsangeboten für die Arbeitnehmer der entleihenden Unternehmen zu verbessern. Im Streitfall geht es aber nicht um eine gleichberechtigte Teilhabe an Fort- und Weiterbildungsangeboten, die für die Arbeitnehmer eines Entleihers durchgeführt werden, sondern um eine nur die entsandten Mitarbeiter betreffende Maßnahme und ein etwaiges darauf bezogenes Mitbestimmungsrecht.

33

III. Der Widerantrag zu 3. ist mangels des nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses unzulässig.

34

1. Mit ihm reklamiert der Betriebsrat, wie seine Antragsbegründung zeigt, ausgehend von dem Anlassfall des Einsatzes von Frau T ein Mitbestimmungsrecht bei den allgemeinen Grundsätzen der zeitlichen Lage von Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen dieser Art. Soweit der Betriebsrat festgestellt wissen möchte, er könne ein Mitbestimmungsrecht alternativ oder kumulativ aus den im Antragstext genannten Vorschriften herleiten, ist dieses auf eine bestimmte rechtliche Begründung gerichtete Begehren ebenso unbeachtlich(vgl. BAG 15. April 2008 - 1 ABR 44/07 - Rn. 15) wie die rechtliche Bewertung der Stellung der entsandten Beschäftigten.

35

2. Der auch hinsichtlich der Beschränkung hinreichend bestimmte Antrag erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO. Es fehlt an einem besonderen Feststellungsinteresse.

36

a) Die allgemeinen Grundsätze der zeitlichen Lage von Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen sind schon in dem mit dem Antrag zu 2. allgemein beanspruchten Mitbestimmungstatbestand enthalten. Die zeitliche Ausgestaltung von Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen ist ein Aspekt der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung iSv. § 98 Abs. 1 BetrVG. Ein über das mit dem Antrag zu 2. verfolgtes, darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse vermochte der Betriebsrat auch nicht im Anhörungstermin vor dem Senat zu verdeutlichen.

37

b) Für eine ggf. zu beanstandende Verletzung einer Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG fehlt es an dem notwendigen Anlassfall, der darauf schließen lassen könnte, die Arbeitgeberin stelle eine entsprechende Beteiligung des Betriebsrats in Abrede. Der Betriebsrat hat weder behauptet noch finden sich Anhaltspunkte dafür, dass die beiden entsandten Arbeitnehmerinnen im Betrieb der Arbeitgeberin abweichend von einem mitbestimmten Arbeitszeitregime qualifiziert wurden. Dies hat bereits das Landesarbeitsgericht angenommen. Dem ist die Rechtsbeschwerde nicht entgegengetreten.

38

IV. Der Unterlassungswiderantrag zu 4. und der hierzu hilfsweise verfolgte Widerfeststellungsantrag zu 5. fallen nicht zur Entscheidung an.

39

1. Beide Anträge stehen unter der Bedingung, dass es sich bei der von den Antragstellungen erfassten Maßnahme um eine solche handelt, die der Mitbestimmung nach § 98 BetrVG unterliegt. Mit der Rechtsbeschwerdebegründung hat der Betriebsrat ausdrücklich klargestellt, dass der Leistungsantrag ebenso wie der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag auf den Fall beschränkt ist, bei Frau T handele es sich rechtlich um eine zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte und dementsprechend stehe dem Betriebsrat „gegebenenfalls … das Mitbestimmungsrecht nach § 98 Abs. 1 BetrVG zu“, das den Arbeitgeber ua. verpflichte, „über die Art der Beschäftigung zu unterrichten“.

40

2. Ungeachtet der Zulässigkeit eines solcherart verfassten rechtlichen Vorbehalts für einen im Beschlussverfahren gestellten Antrag (vgl. für das Urteilsverfahren BAG 21. November 2013 - 2 AZR 474/12 - Rn. 13, BAGE 146, 333) ist jedenfalls die vom Betriebsrat formulierte Bedingung für beide Anträge nicht eingetreten. Die Frau T betreffende Maßnahme unterlag nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 98 BetrVG.

        

    Schmidt    

        

    Treber    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Berg    

        

    Schmidt    

                 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Personalvertretung wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Dezember 2011 - 10 TaBV 21/11 - aufgehoben.

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 16. September 2010 - 6 BV 250/09 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Mitbestimmung der Personalvertretung Cockpit bei der Bestellung eines „Managers Flight Training“ und eines „Managers Ground Training“ durch die Arbeitgeberin.

2

Diese betreibt ein Luftfahrtunternehmen. Für das Cockpitpersonal besteht eine Personalvertretung, die gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG nach Maßgabe des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 zwischen der Arbeitgeberin und der Vereinigung Cockpit e.V. vom 25. Juli 2007 (TV-PV) gebildet wurde. Gemäß § 1 Abs. 3 TV-PV findet das Betriebsverfassungsgesetz in der jeweils gültigen Fassung Anwendung, soweit der Tarifvertrag nichts anderes bestimmt.

3

Die Arbeitgeberin unterhält eine Trainingsabteilung, in der die dort beschäftigten Arbeitnehmer sowohl das Cockpitpersonal als auch das Kabinen- und Bodenpersonal aus- und fortbilden. Die Positionen des „Managers Flight Training“ und die des „Managers Ground Training“ übertrug die Arbeitgeberin ohne vorherige Beteiligung der Personalvertretung zwei Mitarbeitern, die auch für die Schulung und Ausbildung des Cockpitpersonals zuständig sind.

4

Die Personalvertretung hat geltend gemacht, ihr stehe nach § 1 Abs. 3 TV-PV iVm. § 98 Abs. 2 BetrVG bei der Bestellung der beiden Manager ein Beteiligungsrecht zu, da diese auch für die berufliche Weiterbildung der Mitarbeiter des Cockpits zuständig seien. Die Personalvertretung hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, sie vor der Bestellung eines Ausbildungsleiters „Manager Flight Training“ in ihrem Betrieb zu beteiligen, dh. rechtzeitig und umfassend zu informieren;

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass ihr ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 98 Abs. 2 und Abs. 5 BetrVG zusteht, soweit im Betrieb der Arbeitgeberin die Position eines Ausbildungsleiters „Manager Flight Training“ vergeben wird;

        

3.    

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, sie vor der Bestellung eines Ausbildungsleiters „Manager Ground Training/Chief Ground Instructor“ in ihrem Betrieb zu beteiligen, dh. rechtzeitig und umfassend zu informieren;

        

4.    

hilfsweise festzustellen, dass ihr ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 98 Abs. 2 und Abs. 5 BetrVG zusteht, soweit im Betrieb der Arbeitgeberin die Position eines Ausbildungsleiters „Manager Ground Training/Chief Ground Instructor“ vergeben wird.

5

Die Arbeitgeberin hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags darauf abgestellt, dass die beiden Manager nicht dem Flugbetrieb zuzuordnen seien und deshalb die Personalvertretung Cockpit nicht zu beteiligen sei.

6

Das Arbeitsgericht hat den Feststellungsanträgen zu 1. und 3. entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Beschwerde der Arbeitgeberin die Anträge abgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Personalvertretung ihre Feststellungsanträge weiter.

7

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Personalvertretung ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

8

I. Die Anträge zu 1. und 3. sind zulässig.

9

1. Nach der gebotenen Auslegung unter Berücksichtigung der Antragsbegründung sind die Anträge der Personalvertretung so zu verstehen, dass diese ein Mitbestimmungsrecht des nach § 1 Abs. 3 TV-PV anwendbaren § 98 BetrVG nur in Bezug auf Ausbilder in Anspruch nimmt, die auch das fliegende Personal ausbilden. Die Personalvertretung verlangt erkennbar keine Mitbestimmung bei der Bestellung von Personen, die nicht mit der Schulung des fliegenden Personals befasst sind. Mit der im Antrag zu 3. enthaltenen zusätzlichen Bezeichnung „Chief Ground Instructor“ neben „Manager Ground Training“ ist keine andere oder zusätzliche Stelle gemeint, sondern nur die in der Stellenausschreibung mit „Manager Ground Training“ bezeichnete näher konkretisiert.

10

2. Mit den Anträgen zu 1. und 3. begehrt die Personalvertretung jeweils die Feststellung eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, da Gegenstand der Anträge ein Streit der Betriebsparteien über das Bestehen und den Umfang eines Mitbestimmungsrechts ist(dazu BAG 21. Juli 2009 - 1 ABR 42/08 - Rn. 16, BAGE 131, 225).

11

II. Die Anträge zu 1. und 3. sind begründet. Der Personalvertretung steht ein Beteiligungsrecht nach § 1 Abs. 3 TV-PV iVm. § 98 Abs. 2 BetrVG bei der Bestellung des „Managers Flight Training“ und des „Managers Ground Training“ zu. Die Arbeitgeberin ist daher verpflichtet, die Personalvertretung vor deren Bestellung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten.

12

1. Nach der Senatsrechtsprechung ist der Begriff der betrieblichen Berufsbildung in § 98 BetrVG weit auszulegen. Er umfasst alle Maßnahmen der Berufsbildung iSd. § 1 Abs. 1 BBiG und damit solche der Berufsausbildung, der beruflichen Fortbildung und der beruflichen Umschulung. Hierzu gehören alle Maßnahmen, die über die - mitbestimmungsfreie - Unterrichtung des Arbeitnehmers über seine Aufgaben und Verantwortung, die Art seiner Tätigkeit und ihrer Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs sowie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren und die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren iSd. § 81 BetrVG hinausgehen, indem sie dem Arbeitnehmer gezielt Kenntnisse und Erfahrungen vermitteln, die ihn zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit erst befähigen(BAG 23. April 1991 - 1 ABR 49/90 - zu B II 2 a der Gründe). Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung sind auch Lehrgänge, die dem Arbeitnehmer die für die Ausfüllung seines Arbeitsplatzes und seiner beruflichen Tätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verschaffen sollen (BAG 10. Februar 1988 - 1 ABR 39/86 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 57, 295).

13

2. Hiernach betreffen die Lehrgänge, die von den in den Anträgen bezeichneten Ausbildern durchgeführt werden, Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung iSd. § 98 BetrVG.

14

a) Gegenstand der Fortbildungsveranstaltungen ist die berufliche Fortbildung des fliegenden Personals. Die in den Anträgen benannten Personen haben nach der vorgelegten Aufgabenbeschreibung ua. das Flugtraining am Simulator zu planen und Programme für Wiederholungsschulungen und Eignungsüberprüfungen des Flugpersonals zu entwickeln. Sie haben auf der Grundlage gesetzlicher Bestimmungen Schulungsmethoden zu verbessern und eine sichere, wirtschaftliche und effiziente Schulung zu gewährleisten. Des Weiteren haben sie ein Kommunikationssystem zu erstellen, das den problemlosen Austausch von Informationen zwischen den Abteilungen Schulung, Kabine und Flugbetrieb in allen Fragen des Bodentrainings sicherstellt. Sie haben die Planungsorganisation und Implementierung des typenspezifischen Bodentrainings für das Flug- und Kabinenpersonal im Rahmen der Grundausbildung zu erarbeiten, Schulungsunterlagen zu standardisieren, die Lehrgänge, Lehrgangsinhalte und Lernunterlagen zu bewerten und zu verbessern. Derartige Ausbildungsinhalte gehen weit über die mitbestimmungsfreie Einweisung der Arbeitnehmer in ihren Arbeitsbereich iSd. § 81 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hinaus.

15

b) Die Fortbildung erfolgt innerbetrieblich. Der Begriff der betrieblichen Berufsbildung ist funktional zu verstehen. Demnach ist eine Berufsbildungsmaßnahme immer dann eine betriebliche, wenn der Arbeitgeber Träger oder Veranstalter der Bildungsmaßnahme ist und die Berufsbildungsmaßnahme für die Arbeitnehmer des Arbeitgebers durchgeführt wird (BAG 18. April 2000 - 1 ABR 28/99 - zu B I 2 a bb der Gründe, BAGE 94, 245). Das ist hier der Fall. Die Arbeitgeberin hat rechtlich und tatsächlich beherrschenden Einfluss auf die Durchführung der Fortbildung. Sie bestimmt, wie die Weiterbildung durchgeführt und wer beauftragt wird. Sie betreibt das Trainings- und Schulungszentrum selbst und ist damit Veranstalter und Träger der Maßnahme.

16

c) Die in den Anträgen bezeichneten Stelleninhaber sind mit der Durchführung der betrieblichen Berufsbildung beauftragte Personen. Beide Manager sind nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts für die Schulung und Ausbildung des Cockpitpersonals persönlich zuständig und führen sie auch durch. Sie haben nach den Stellenbeschreibungen einen maßgeblichen, verantwortlichen und gestaltenden Einfluss auf die Ausbildung auch des fliegerischen Personals. Beide Manager sind mit der Ausbildung persönlich betraut.

17

d) Für die Anwendung des durch § 1 Abs. 3 TV-PV in Bezug genommenen § 98 Abs. 2 BetrVG kommt es nicht darauf an, ob die Ausbilder dem persönlichen Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes oder des TV-PV unterfallen. Dies ergibt sich aus dem Zweck des Beteiligungsrechts aus § 98 Abs. 2 BetrVG. Dieser besteht im Schutz der Arbeitnehmer vor unqualifizierter Fort- und Weiterbildung. Die Beteiligung des Betriebsrats/der Personalvertretung bei der Bestellung der Ausbilder soll eine an den Interessen der Arbeitnehmer orientierte Ausfüllung von Gestaltungsspielräumen bei der betrieblichen Berufsbildung gewährleisten (BAG 24. August 2004  - 1 ABR 28/03 - zu B II 4 b der Gründe, BAGE 111, 350). Auf die Rechtsbeziehung der Ausbilder zum Arbeitgeber kommt es deshalb nicht an.

18

e) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin führt dieses Normverständnis nicht zu einer unzulässigen Ausweitung des Anwendungsbereichs des TV-PV. Der Ausbilder iSd. § 98 Abs. 2 BetrVG wird hierdurch nicht in den in § 2 TV-PV bestimmten persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags TV-PV einbezogen, vielmehr werden lediglich die hiervon erfassten Arbeitnehmer durch das Mitbestimmungsrecht aus § 98 Abs. 2 BetrVG geschützt. Die Auswirkungen auf

die Person des Ausbilders und das Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Arbeitgeber sind nur mittelbarer Natur und erweitern nicht den persönlichen Geltungsbereich des TV-PV.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Berg    

                 

(1) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über dessen Aufgabe und Verantwortung sowie über die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs zu unterrichten. Er hat den Arbeitnehmer vor Beginn der Beschäftigung über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen dieser bei der Beschäftigung ausgesetzt ist, sowie über die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren und die nach § 10 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes getroffenen Maßnahmen zu belehren.

(2) Über Veränderungen in seinem Arbeitsbereich ist der Arbeitnehmer rechtzeitig zu unterrichten. Absatz 1 gilt entsprechend.

(3) In Betrieben, in denen kein Betriebsrat besteht, hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zu allen Maßnahmen zu hören, die Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer haben können.

(4) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die aufgrund einer Planung von technischen Anlagen, von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder der Arbeitsplätze vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz, die Arbeitsumgebung sowie auf Inhalt und Art seiner Tätigkeit zu unterrichten. Sobald feststeht, dass sich die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändern wird und seine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht ausreichen, hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer zu erörtern, wie dessen berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten den künftigen Anforderungen angepasst werden können. Der Arbeitnehmer kann bei der Erörterung ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen.

(1) Der Betriebsrat hat bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen.

(2) Der Betriebsrat kann der Bestellung einer mit der Durchführung der betrieblichen Berufsbildung beauftragten Person widersprechen oder ihre Abberufung verlangen, wenn diese die persönliche oder fachliche, insbesondere die berufs- und arbeitspädagogische Eignung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes nicht besitzt oder ihre Aufgaben vernachlässigt.

(3) Führt der Arbeitgeber betriebliche Maßnahmen der Berufsbildung durch oder stellt er für außerbetriebliche Maßnahmen der Berufsbildung Arbeitnehmer frei oder trägt er die durch die Teilnahme von Arbeitnehmern an solchen Maßnahmen entstehenden Kosten ganz oder teilweise, so kann der Betriebsrat Vorschläge für die Teilnahme von Arbeitnehmern oder Gruppen von Arbeitnehmern des Betriebs an diesen Maßnahmen der beruflichen Bildung machen.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 1 oder über die nach Absatz 3 vom Betriebsrat vorgeschlagenen Teilnehmer eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Kommt im Fall des Absatzes 2 eine Einigung nicht zustande, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Bestellung zu unterlassen oder die Abberufung durchzuführen. Führt der Arbeitgeber die Bestellung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider durch, so ist er auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht wegen der Bestellung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen; das Höchstmaß des Ordnungsgeldes beträgt 10.000 Euro. Führt der Arbeitgeber die Abberufung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider nicht durch, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass der Arbeitgeber zur Abberufung durch Zwangsgeld anzuhalten sei; das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro. Die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes über die Ordnung der Berufsbildung bleiben unberührt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend, wenn der Arbeitgeber sonstige Bildungsmaßnahmen im Betrieb durchführt.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.