Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 21. Jan. 2016 - 6 Ta 254/15
Gericht
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird im Verfahren 2 Ca 1264/15 vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern der Beschluss vom 20. November 2015 aufgehoben und der Beschluss vom 16. November 2015 dahingehend ergänzt, dass sich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch auf den Mehrwert des Vergleichs vom 16. November 2015 erstreckt.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch für einen Mehrvergleich.
- 2
Der seit 01. Oktober 2010 zuletzt zu einer Bruttomonatsvergütung von 1.400,00 Euro bei der Beklagten beschäftigte Kläger hat im Ausgangsverfahren am 06. Oktober 2015 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern Kündigungsschutzklage gegen eine außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses vom 25. September 2015 erhoben, seine vorläufige Weiterbeschäftigung begehrt und zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten gestellt. Im Gütetermin vom 16. November 2015 haben die Parteien den Rechtsstreit durch rechtswirksamen Vergleich beigelegt, nach dem das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Arbeitgeberkündigung zum 31. Oktober 2015 geendet hat, der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt vergütet wird und die Beklagte ihm ein qualifiziertes Arbeitsverhältnis erteilt. Mit verkündetem Beschluss hat das Arbeitsgericht im Gütetermin den Gegenstandswert der Prozessbevollmächtigten für das Verfahren auf 4.200,00 Euro und für den Vergleich auf 5.600 Euro festgesetzt.
- 3
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger nach dem Gütetermin mit formlos übersandtem Beschluss vom 16. November 2015 für die 1. Instanz in vollem Umfang einstweilen ohne Ratenzahlungsbestimmung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt. Mit Schriftsatz vom 18. November 2015 hat der Kläger beantragt, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch auf den in der Verhandlung vom 16. November 2015 geschlossenen Vergleich zu erstrecken.
- 4
Das Arbeitsgericht hat den Antrag vom 18. November 2015 mit Beschluss vom 20. November 2015 mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger habe vor Abschluss des Vergleichs hierfür keine Prozesskostenhilfe beantragt.
- 5
Der Kläger hat gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 25. November 2015 zugestellten Beschluss mit am 27. November 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 26. November 2015 sofortige Beschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, der gesonderte Antrag vom 18. November 2015 sei nicht notwendig gewesen, es seien sämtliche Gebühren entstanden. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 03. Dezember 2015 nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, die für den Vergleich versagte Prozesskostenhilfe betreffe nur den Vergleichsmehrwert für das Zeugnis.
II.
- 6
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig und auch in der Sache erfolgreich. Der Prozesskostenhilfe bewilligende Beschluss des Arbeitsgerichts vom 16. November 2015 war unter Aufhebung des Beschlusses vom 20. November 2015 im Hinblick auf den Mehrvergleich zu ergänzen.
- 7
1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nach §§ 78 S. 1 ArbGG, 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff. ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
- 8
2. Die Beschwerde ist auch begründet.
- 9
2.1. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 18. November 2015 beantragt, die Prozesskostenhilfe „auf den Vergleich“ zu erstrecken. Angesichts der Tatsache, dass das Gericht im Gütetermin vom 16. November 2015 bei der Festsetzung des vorliegend nicht zu überprüfenden Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten einen Mehrwert angenommen hat, kann der Antrag zunächst nur dahingehend verstanden werden, dass der Kläger inhaltlich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch für den Mehrwert des Vergleichs begehrt.
- 10
2.2. Betrachtete man den Antrag des Klägers vom 18. November 2015 als erstmaligen, eigenständigen Antrag auf eine Erweiterung der Prozesskostenhilfe, wäre er nach dem verfahrensbeendenden Vergleich im Gütetermin vom 16. November 2015 und damit nach Abschluss der Instanz gestellt worden. Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach diesem Zeitpunkt kommt - soweit die Voraussetzungen einer rückwirkenden Bewilligung nicht vorliegen - nicht in Betracht, da nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO Prozesskostenhilfe lediglich für die „beabsichtigte“ Rechtsverfolgung gewährt werden kann(vgl. hierzu und zur ausnahmsweise rückwirkenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe BAG 30. April 2014 - 10 AZB - 13/14 - Rn. 9, zitiert nach juris).
- 11
2.3. Der der Auslegung zugängliche Antrag vom 18. November 2015 war jedoch als Antrag auf Ergänzung des Bewilligungsbeschlusses vom 16. November 2015 entsprechend § 321 ZPO zu verstehen, nachdem das Arbeitsgericht den vom Kläger bereits vor Abschluss der Instanz konkludent gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Mehrwert des Vergleichs übergangen hat. Dem Antrag nach § 321 ZPO analog ist in der Sache Erfolg beschieden.
- 12
2.3.1. Der Kläger hat bereits vor der Entscheidung des Arbeitsgerichts über den Prozesskostenhilfeantrag am 16. November 2015 konkludent auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Mehrvergleich beantragt.
- 13
a) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO einen Antrag voraus; eine Bewilligung ohne Antrag scheidet im stark formalisierten Prozesskostenhilfeverfahren aus. Dies schließt aber weder eine konkludente Antragstellung noch - wie bei jeder Prozesshandlung - eine Auslegung des Antrags aus. Das Gericht hat in diesem Rahmen bei Entscheidungs- und Bewilligungsreife zu ermitteln, in welchem Umfang der Antragsteller Prozesskostenhilfe begehrt. Bei Unklarheiten muss es in entsprechender Anwendung des § 139 ZPO nachfragen. Auch bei der Auslegung eines Prozesskostenhilfeantrags ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass Unbemittelten aus verfassungsrechtlichen Gründen die Rechtsverfolgung und -verteidigung im Vergleich zu Bemittelten nicht unverhältnismäßig erschwert werden darf. Der Unbemittelte muss grundsätzlich ebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können wie ein Begüterter. Er muss einem solchen Bemittelten gleichgestellt werden, der seine Aussichten vernünftig abwägt und dabei auch sein Kostenrisiko berücksichtigt. Dies gilt auch für die Anwendung von Formvorschriften (vgl. insgesamt BAG 30. April 2014 - 10 AZB - 13/14 - Rn. 13, mwN, zitiert nach juris).
- 14
b) In Anwendung dieser Grundsätze war zum Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitsgerichts über den Prozesskostenhilfeantrag nach dem Gütetermin vom 16. November 2015 davon auszugehen, dass der Kläger Prozesskostenhilfe auch für den Vergleichsmehrwert begehrt.
- 15
(1) Stellt eine Partei einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung für eine bestimmte Instanz, so bezieht sich dieser regelmäßig nur auf die bereits rechtshängigen Streitgegenstände oder die Streitgegenstände, die gleichzeitig mit der Antragstellung anhängig gemacht werden. Nur für die bereits anhängigen Ansprüche kann das Gericht typischerweise die Erfolgsaussichten von Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung prüfen. Trifft das Gericht in einem solchen Fall eine Entscheidung über die Prozesskostenhilfe, beschränkt sich die Bewilligung auf diese Streitgegenstände, soweit es nicht ausdrücklich etwas anderes ausspricht.Kommt es nach der Bewilligung zu einer Klageerweiterung oder soll Prozesskostenhilfe auch für einen Mehrvergleich bewilligt werden, bedarf es eines neuen Antrags (vgl. BAG 30. April 2014 - 10 AZB - 13/14 - Rn. 13, Rn. 15, zitiert nach juris).
- 16
(2) Ist über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zum Zeitpunkt des Abschlusses eines gerichtlichen Vergleichs, der bisher nicht rechtshängige Ansprüche erfasst, noch nicht entschieden, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 30. April 2014 - 10 AZB - 13/14 - Rn. 17, zitiert nach juris), der sich die Beschwerdekammer unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung ausdrücklich anschließt, regelmäßig davon auszugehen, dass die finanziell unbemittelte Partei Prozesskostenhilfe nicht nur für die bereits rechtshängigen Streitgegenstände begehrt, die durch den Vergleich erledigt werden, sondern auch für die weiteren durch den Vergleich miterledigten Streitpunkte. Für eine gegenteilige Annahme fehlt - von Ausnahmefällen abgesehen - jegliche Grundlage. Es ist nicht erkennbar, warum eine Partei, die nicht in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens über die bereits anhängigen Streitgegenstände zu tragen, in der Lage wäre, die Kosten des Mehrvergleichs zu übernehmen und deshalb hierfür keine Prozesskostenhilfe beantragen will. In einem solchen Fall ist die Beantragung von Prozesskostenhilfe für die Instanz deshalb mangels anderweitiger Anhaltspunkte regelmäßig so zu verstehen, dass sie auch einen Mehrvergleich erfassen soll. Für ein solches Verständnis sprechen im Übrigen auch Gründe der Prozessökonomie: Mit der Erstreckung eines Vergleichs auf weitere, zwischen den Parteien streitige, aber noch nicht rechtshängige Ansprüche werden weitere Rechtsstreitigkeiten und damit gegebenenfalls notwendige weitere Bewilligungen von Prozesskostenhilfe vermieden (so insgesamt BAG 30. April 2014 - 10 AZB - 13/14 - Rn. 17, aaO, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
- 17
(3) Vorliegend bestanden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger ausnahmsweise keine Prozesskostenhilfe im Hinblick auf die im Vergleich vom 16. November 2015 mitgeregelte Zeugniserteilung begehrt hat, für die das Arbeitsgericht einen Vergleichsmehrwert von einem Bruttomonatsgehalt angenommen hat und hinsichtlich derer die Beschwerdekammer daher davon auszugehen hat, dass durch den Vergleichsabschluss ein Streit oder zumindest eine Ungewissheit beseitigt worden ist (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 3 AZB 34/11 - Rn. 17, zitiert nach juris).
- 18
2.3.2. Das Arbeitsgericht hat den vom Kläger konkludent zur Entscheidung gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Mehrvergleich nicht beschieden. Aus dem Beschluss vom 16. November 2015, der sich auf Prozesskostenhilfe für einen Mehrvergleich ausweislich seines Tenors und seiner Begründung und zudem ausweislich des Nichtabhilfebeschlusses vom 03. Dezember 2015 ausdrücklich nicht bezieht, ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen Teilbeschluss. Auch hat das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag nicht teilweise zurückgewiesen.
- 19
2.3.3. Der Antrag des Klägers vom 18. November 2015 zielte auf die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Mehrwert des Vergleichs ab und ist daher als Antrag nach § 321 ZPO analog erfolgreich.
- 20
a) In Fällen - wie dem vorliegenden -, in denen das Arbeitsgericht einen Antrag einer Partei teilweise übergangen hat, ist auch bei Beschlüssen § 321 ZPO entsprechend anwendbar(vgl. BAG 30. April 2014 - 10 AZB 13/14 - Rn. 22, zitiert nach juris). Die nachträgliche Entscheidung muss nach § 321 Abs. 2 ZPO analog binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden. Im Rahmen der entsprechenden Anwendung bedürfen Ergänzungsbeschlüsse keiner mündlichen Verhandlung (Zöller-Vollkommer ZPO 31. Aufl. § 321 ZPO Rn. 10).
- 21
b) Der Kläger hat seinen Antrag am 18. November 2015 und damit unzweifelhaft binnen zwei Wochen nach Zugang des Beschlusses vom 16. November 2015 beim Arbeitsgericht eingereicht. Der Beschluss vom 16. November 2015 war daher entsprechend § 321 ZPO analog im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu ergänzen.
- 22
3. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an einem gesetzlich begründeten Anlass. Dieser Beschluss ist daher nicht anfechtbar (§ 78 Satz 2 ArbGG iVm § 72 Abs. 2 ArbGG, 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)
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Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.
(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.
(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.
Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.