Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 21. Sept. 2017 - 5 Sa 40/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0921.5Sa40.17.00
bei uns veröffentlicht am21.09.2017

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Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 29. November 2016, Az. 8 Ca 969/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit.

2

Die 1970 geborene Klägerin ist seit 2003 bei den US-amerikanischen Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Sie wird als Polizeiangestellte auf dem Flugplatz R. eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II) Anwendung.

3

In den Allgemeinen Bestimmungen des TVAL II ist ua. eine regelmäßige Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Arbeitswoche geregelt (§ 9 Ziff. 1). Tarifliche Nachtarbeit ist die zwischen 21:00 und 6:00 Uhr geleistete Arbeit (§ 11 Ziff. 1). Der Zeitzuschlag für Nachtarbeit beträgt nach § 20 Ziff. 1b TVAL II 25% der auf die Stunde entfallenden Grundvergütung. Im Besonderen Teil des TVAL II sind für bestimmte Personengruppen Sonderbestimmungen vereinbart. So sieht bspw. der Anhang P Sonderbestimmungen für Feuerwehrpersonal vor. Der Anhang Z enthält Sonderbestimmungen ua. für Polizeipersonal. Die Sonderbestimmungen verdrängen oder ergänzen die dort im Einzelnen genannten Allgemeinen Bestimmungen (§ 3 Ziff. 1a TVAL II). Die Sonderbestimmungen im Anhang Z lauten - auszugsweise - wie folgt:

4

"I.
Mantelbestimmungen

5


3. Zu § 9 Regelmäßige Arbeitszeit

6

a) Ziffer 1 wird wie folgt ergänzt:

7

(4) für Polizeipersonal (Anhang Z Ziff. II. 5b)

8

(a) die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 43 Stunden
in der Arbeitswoche oder 86 Stunden
innerhalb von zwei aufeinanderfolgenden Arbeitswochen.

9

10

8. Zu § 20 Zeitzuschläge

11

a) Ziffer 1 entfällt für

12

(1) … Polizeipersonal (Anhang Z Ziff. II. 5b)
für alle vom Arbeitnehmer im Rahmen seiner festgesetzten regelmäßigen Arbeitszeit geleisteten Arbeitsstunden. …

13

14

9. Zu § 21 Sonstige Zulagen

15


b) Ziffer 2 (Funktionszulage) wird wie folgt ergänzt:
Polizeipersonal, das überwiegend im Polizeivollzugsdienst tätig ist, erhält eine pauschale Polizeizulage in Höhe von 121,63 Euro pro Monat.

16

II.
Bestimmungen über die Eingruppierung und Einstufung

17

...
5. Zu § 58 Gehaltsgruppen

18

Die Gehaltsgruppeneinteilung des § 58 entfällt. Es gelten folgende Gehaltsgruppeneinteilungen:

a)

19

Angestellte

20

Gehaltsgruppeneinteilung ZB

21


Gehaltsgruppe ZB 3

22

Angestellte, die unter unmittelbarer oder allgemeiner Aufsicht Arbeiten mäßigen Schwierigkeitsgrades verrichten, für die eine Berufsausbildung oder eine gute Spezialausbildung erforderlich ist.

23

Beispiele: … Polizeiangestellte (nicht im Wechselschichtdienst)

24

Gehaltsgruppe ZB 4

25

Angestellte, die unter unmittelbarer oder allgemeiner Aufsicht Arbeiten verrichten, die gute Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern, die im allgemeinen durch eine Berufsausbildung oder in einzelnen Fällen durch langjährige Erfahrung erworben sind.

26

Beispiele: … Polizeiangestellte (nicht im Wechselschichtdienst)

b)

27

Polizeipersonal

28

im Wechselschichtdienst

29

Gehaltsgruppeneinteilung ZP

30

Gehaltsgruppe ZP 1

31

Polizeiangestellte/r in der betriebsinternen Ausbildung (in der Regel 3 Monate)

32

Gehaltsgruppe ZP 2

33

Polizeiangestellte/r unter unmittelbarer Aufsicht nach abgeschlossener betriebsinterner Ausbildung oder mit abgeschlossener Berufsausbildung oder mittlerem Bildungsabschluss oder mit tätigkeitsrelevanter Erfahrung (zum Beispiel Bundeswehr, Werksschutz, etc.)

34

Gehaltsgruppe ZP 3

35

Polizeiangestellte/r unter allgemeiner Aufsicht und mindestens 6 Monaten Tätigkeit in der Gehaltsgruppe ZP 2

36

Gehaltsgruppe ZP 4

37

Polizeiangestellte/r unter allgemeiner Aufsicht in Tätigkeiten, die zusätzliche Weiterbildungsmaßnahmen oder Qualifikationen erfordern (zum Bespiel Streifendienstausbildung)

38

Gehaltsgruppe ZP 5

39

Polizeiangestellte/r in Tätigkeiten gemäß ZP 4 in der Funktion als Teamleiter

III.

40

Lohntarif Z, Gehaltstarif Z

41

42

4. Zu § 63 Gehaltstabelle C

43

Der § 63 entfällt. Stattdessen ist vereinbart:

a)

44

Gehaltstabelle ZB

45

für Angestellte

46

(Anhang Z Ziffern II.5a, 3b (2))

47

Monatliche Vergütungssätze

48

für eine regelmäßige Arbeitszeit von wöchentlich 38,5 Stunden
Gütig ab 1. September 2016 Beträge in Euro

49

Gehaltsgruppe

Stufen 1

2

3     

4     

5     

6     

Endstufe

                                                              

ZB 3

                                                     

2536,38

ZB 4

                                                     

2709,10

                                                              

b)

50

Gehaltstabelle ZP
für Polizeipersonal im Wechselschichtdienst

51

(Anhang Z Ziffer II.5b)

52

Monatspauschalgehälter

53

für eine regelmäßige Arbeitszeit von wöchentlich 43 Stunden

54

Gütig ab 1. September 2016 Beträge in Euro

55

Gehaltsgruppe

Stufen 1

2     

3     

4     

5     

6     

Endstufe

                                                              

ZP 4

                                                     

3044,41

ZP 5

                                                     

3447,07

56

Die Klägerin übt die Funktion einer Teamleiterin aus. Ihr Monatspauschalgehalt für eine wöchentliche Arbeitszeit von 43 Stunden beträgt nach Gehaltsgruppe ZP 5 (Endstufe) seit dem 01.09.2016 € 3.447,07 brutto. Außerdem wird ihr eine feste Polizeizulage iHv. € 119,23 brutto gewährt. Die Klägerin arbeitet permanent im Wechselschichtdienst und wird zeitlich überwiegend in der Nachtschicht eingesetzt.

57

Sie ist der Ansicht, der TVAL II sehe für Polizeipersonal im Wechselschichtdienst keinen angemessenen Ausgleich für Nachtarbeit vor, so dass sie nach § 6 Abs. 5 ArbZG für geleistete Nachtarbeitsstunden einen Zuschlag beanspruchen könne.

58

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

59

festzustellen, dass ihr im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses mit den US-Stationierungsstreitkräften in Ansehung der von ihr geleisteten Nachtarbeit gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG ein Ausgleichsanspruch zusteht, der arbeitgeberseitig alternativ durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem im Umfang von 25% des jeweiligen Bruttostundenlohns bzw. durch Gewährung eines entsprechenden Freizeitausgleichs zu erfüllen ist.

60

Die beklagte Bundesrepublik hat beantragt,

61

die Klage abzuweisen.

62

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Klage mit Urteil vom 29.11.2016 abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die Klägerin habe keinen gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG für geleistete Nachtarbeit. Der Anhang Z zum TVAL II regle für das Polizeipersonal im Wechselschichtdienst "Monatspauschalgehälter". Die Zahlung von tariflichen Nachtzuschlägen sei für dieses Personal ausdrücklich ausgeschlossen worden. Die Nachtzuschläge seien nach dem Willen der Tarifvertragsparteien in der Pauschalvergütung enthalten. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 29.11.2016 Bezug genommen.

63

Die Klägerin hat gegen das am 06.01.2017 zugestellte Urteil mit am 31.01.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 06.04.2017 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 06.04.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

64

Sie macht geltend, der TVAL II enthalte für Polizeipersonal im Wechselschichtdienst entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts keinen angemessenen Ausgleich für Nachtarbeit in pauschalierter Form. Insbesondere komme dies im Tarifwortlaut nicht dadurch zum Ausdruck, dass der Begriff "Pauschalvergütung" benutzt werde. Aus der Verwendung dieses Begriffs gehe nicht hervor, dass sämtliche Zulagen abgegolten seien. Der TVAL II regele für Polizeipersonal in der Gehaltsgruppeneinteilung ZP keine Pauschalvergütung. Dies gehe aus den einschlägigen Vergütungsrichtlinien (Anhang Z Ziff. II.5b zum TVAL II) nicht hervor. Lediglich im Anhang Z Ziff. III.4b sei die Rede von "Monatspauschalgehälter". Jedoch sei nur über der eigentlichen Tabelle in der zu § 58 (Gehaltsgruppen) gehörenden Erläuterung im Anhang Z Ziff. II.5b die Rede von Gehaltsgruppeneinteilung ZP und Gehaltsgruppen ZP 1 bis ZP 5. Die Bezeichnung "Monatspauschalgehälter", die lediglich über der Gehaltstabelle ZP stehe, beziehe sich ausschließlich und ausdrücklich nur auf die Tatsache, dass das im Wechselschichtdienst tätige Polizeipersonal je nach Anzahl der in einen Monat fallenden Arbeitstage und/oder Arbeitsschichten in den einzelnen Monaten unterschiedlich lange arbeiten müssen, gleichwohl jedoch monatlich als verstetigtes Gehalt, die in der Gehaltstabelle festgelegten "Monatspauschalgehälter" beziehen solle. Mit der Kompensation der ausdrücklich nicht geschuldeten Zulage für Nachtarbeit habe dies nichts zu tun. Dies werde auch dadurch deutlich, wenn man sich die Regelungen im Anhang P für Feuerwehrpersonal betrachte. Dort sei unter Ziff. III. von "Monatspauschalen" die Rede. Dieser Begriff werde dort nicht nur in den Überschriften benutzt, sondern in den einzelnen Vorschriften sei immer wieder die Rede von "monatlichen Pauschalsätzen", "vereinbarten monatlichen Pauschalsätzen". Auch die Gehaltstabelle P sehe "monatlich Pauschalsätze" vor. Im Anhang Z sei nur einmalig über der Gehaltstabelle die Rede von "Monatspauschalgehälter". Zudem seien die Tarifgehälter des im Wechselschichtdienst eingesetzten Polizeipersonals nicht höher als die für vergleichbare - nicht im Wechselschichtdienst - eingesetzte Mitarbeiter. Im Hinblick auf die Gehaltsgruppe ZB 4, deren Mitarbeiter normalerweise nicht im Wechselschichtdienst eingesetzt werden, ergebe sich, dass das Gehalt nach ZP 4 Endstufe - heruntergerechnet auf eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden - € 2.669,74 betrage, wohingegen der nicht im Wechselschichtdienst eingesetzte Polizeiangestellte nach der Gehaltsgruppe ZB 4 Endstufe ein Monatsgehalt iHv. € 2.653,38 beziehe, der jedoch, sollte er in der Nacht einsetzt werden, einen tariflichen Nachtzuschlag von 25% erhalte. Hierin werde deutlich, wie falsch die Annahme des Arbeitsgerichts sei. Hinzu komme, dass im Anhang P für das Feuerwehrpersonal unter Ziff. I.10e expressis verbis geregelt sei, dass in den Lohn-/Gehaltstabellen der Ziff. P II.2 die Zuschläge für Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit grundsätzlich bereits berücksichtigt seien. Hier werde deutlich, dass die Tarifvertragsparteien, anders als im Anhang P für das Feuerwehrpersonal, im Anhang Z für das Polizeipersonal in der Gruppeneinteilung ZP gerade nicht regeln wollten, dass sämtliche Zuschläge mit der Pauschalvergütung abgegolten seien, sondern dass lediglich der vom Tarifvertrag ansonsten vorgesehene pauschale Nachtzuschlag von 25% nicht zur Anwendung kommen soll. Aus der Unterscheidung zum Anhang P gehe hervor, dass ein Ausschluss der gesetzlichen Vorschriften - Nachtzuschlag im Arbeitszeitgesetz - nicht erfolgen sollte. Somit sei das Argument des Arbeitsgerichts, die Tatsache, dass die Tarifvertragsparteien ausdrücklich die Anwendung der Nachtzuschläge auf das Polizeipersonal ausgeschlossen hätten, ein starkes Indiz dafür sei, dass - in welchem Umfang auch immer - die Nachtzuschläge in der Pauschalvergütung enthalten seien, nicht zutreffend. Nach den Sonderbestimmungen im Anhang Z sei ausdrücklich kein Nachtzuschlag zu zahlen. Damit stehe gleichzeitig fest, dass der Tarifvertrag keinen Belastungsausgleich für Nachtarbeit vorsehe. Ansonsten fehle im Tarifvertrag jeder - auch nur andeutungsweise - Hinweis darauf, dass und wie die im Rahmen der Sonderbestimmungen Z erfolgte Festlegung der dem Polizeipersonal zustehenden Vergütung ein die Belastung durch die Nachtarbeit kompensierender Zuschlag beinhalte.

65

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

66

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 29.11.2016, Az. 8 Ca 969/16, abzuändern und festzustellen, dass ihr im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses mit den US-Stationierungsstreitkräften in Ansehung der von ihr geleisteten Nachtarbeit gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG ein Ausgleichsanspruch zusteht, der arbeitgeberseitig alternativ durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem im Umfang von 25% des jeweiligen Bruttostundenlohns bzw. durch Gewährung eines entsprechenden Freizeitausgleichs zu erfüllen ist.

67

Die beklagte Bundesrepublik beantragt,

68

die Berufung zurückzuweisen.

69

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

70

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die ge-wechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

71

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet worden.

II.

72

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

73

1. Die Klage ist zulässig.

74

a) Die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ist gemäß Art. 56 Abs. 8 S. 1 ZA-NTS gegeben. Die Klägerin ist zivile Beschäftigte bei den US-amerikanischen Stationierungsstreitkräften. Die Klage richtet sich gemäß Art. 56 Abs. 8 S. 2 ZA-NTS gegen die beklagte Bundesrepublik, die in Prozessstandschaft für den Entsendestaat - hier die Vereinigten Staaten von Amerika - auftritt.

75

b) Der von der Klägerin gewählte Feststellungsantrag ist zulässig. Gegenstand der erhobenen Feststellungsklage ist ein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Eine Feststellungsklage muss sich nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang der Leistungspflicht beschränken (BAG 27.08.2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 13-15 mwN).

76

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass ihr gem. § 6 Abs. 5 ArbZG ein Ausgleichsanspruch für die von ihr im Polizeidienst geleistete Nachtarbeit zusteht, bezieht sich hinreichend bestimmt auf den Umfang der Leistungspflicht der US-Streitkräfte und ist damit zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage. Nachdem zwischen den Parteien streitig ist, ob die US-Streitkräfte verpflichtet sind, der Klägerin zusätzlich zum Monatspauschalgehalt und der pauschalen Polizeizulage für geleistete Nachtarbeit einen Ausgleich zu gewähren, besteht auch ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Die von der Klägerin beantragte Feststellung ist des Weiteren geeignet, den zwischen den Parteien bestehenden Streit über den Ausgleich für Nachtarbeit beizulegen und das Rechtsverhältnis insoweit abschließend zu klären. Die Klägerin ist daher nicht auf eine Leistungsklage zu verweisen.

77

2. Die Klage ist unbegründet.

78

Die US-amerikanischen Stationierungsstreitkräfte sind nicht verpflichtet, der Klägerin zusätzlich zu ihrem tariflichen Monatspauschalgehalt nach der Gehaltstabelle ZP für Polizeipersonal im Wechselschichtdienst gem. § 6 Abs. 5 ArbZG einen Ausgleich für Nachtarbeit zu gewähren. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Entgegen der Ansicht der Berufung besteht eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung.

79

a) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG, auf den die Klägerin den geltend gemachten Anspruch ausschließlich stützt, hat der Arbeitgeber, soweit eine tarifliche Ausgleichsregelung nicht besteht, dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. In Bezug auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch des § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber frei wählen, ob er ihn durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt (BAG 13.01.2016 - 10 AZR 792/14 - Rn. 34 mwN).

80

b) § 6 Abs. 5 ArbZG überlässt die Ausgestaltung des Ausgleichs für Nachtarbeit wegen der größeren Sachnähe den Tarifvertragsparteien und schafft nur subsidiär einen gesetzlichen Anspruch. Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich frei darin, wie sie den Ausgleich regeln. Um den gesetzlichen Anspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG zu ersetzen, muss die tarifliche Regelung eine Kompensation für die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen vorsehen. Dies folgt aus dem Wortsinn des Begriffs „Ausgleichsregelung“ und entspricht Sinn und Zweck des dem Gesundheitsschutz dienenden § 6 Abs. 5 ArbZG. Der tarifliche Ausgleich kann nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend geregelt sein. Den allgemeinen tariflichen Arbeitsbedingungen kann eine stillschweigende Ausgleichsregelung aber nur entnommen werden, wenn entweder der Tarifvertrag selbst entsprechende Hinweise enthält oder sich dafür aus der Tarifgeschichte oder aus Besonderheiten des Geltungsbereichs Anhaltspunkte ergeben (BAG 18.05.2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 18 mwN).

81

c) Entgegen der Ansicht der Berufung enthalten die Sonderbestimmungen im Anhang Z zum TVAL II, insbesondere die Gehaltstabelle ZP für Polizeipersonal im Wechselschichtdienst, nach der die Klägerin zu vergüten ist, als "Gesamtpaket" eine Ausgleichsregelung für die Belastungen durch Nachtarbeit. Das ergibt die Auslegung der tarifvertraglichen Vorschriften.

82

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (zu den Kriterien der Auslegung zB. BAG 26.04.2017 - 10 AZR 589/15 - Rn. 13-15 mwN).

83

bb) Der von den Tarifvertragsparteien verwendete Begriff "Monatspauschalgehälter" in der Gehaltstabelle ZP für Polizeipersonal im Wechselschichtdienst ist nach allgemeinem Sprachgebrauch dahin zu verstehen, dass mit der Zahlung der Pauschalgehälter alle Belastungen durch die Wechselschichtarbeit, also auch die anfallende Nachtarbeit, abgegolten sein sollen. Eine "Pauschale" ist ein Geldbetrag, der mehrere Teilsummen zusammenfasst, die nicht einzeln abgerechnet, sondern durch überschlägige Schätzung ermittelt werden. Die Verwendung des Begriffs "Pauschale" bringt einen Rundungsvorgang zum Ausdruck, bei dem von Einzelheiten abstrahiert und sehr stark verallgemeinert wird (BAG 17.06.1997 -1 AZR 674/96 - Rn. 19).

84

Der tarifliche Gesamtzusammenhang bestätigt das Ergebnis der Wortlautauslegung. Die Tarifvertragsparteien des TVAL II haben im Anhang Z Sonderbestimmungen ua. für Polizeipersonal vereinbart, die die Regelungen im Allgemeinen Teil verdrängen oder ergänzen (§ 3 Ziff. 1 TVAL II). In den Allgemeinen Bestimmungen ist geregelt, dass den Angestellten bei den Stationierungsstreitkräften ein Brutto-Arbeitsverdienst zu zahlen ist, der sich aus einer Grundvergütung (Tabellengehalt) sowie aus Zeitzuschlägen zur Grundvergütung (§ 20 Ziff. 1 TVAL II ua. für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit) sowie sonstigen Entlohnungsbestandteilen (ua. Schicht- oder Wechselschichtzulagen) zusammensetzt. Im Anhang Z ist für Polizeipersonal im Wechselschichtdienst (Anhang Z Ziff. II.5b) - abweichend hiervon - geregelt worden, dass sie "Monatspauschalgehälter" erhalten, jedoch keine Zeitzuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit (Anhang Z Ziff. I.8a(1)) und keine Wechselschichtzulage (Anhang Z Ziff. I.9d(2)). Daraus wird ausreichend deutlich, dass mit den "Monatspauschalgehältern" von den Tarifvertragsparteien auch die besonderen Belastungen der Nachtarbeit, denen das Polizeipersonal im Wechselschichtdienst ausgesetzt ist, bei der Bemessung des Arbeitsverdienstes "pauschal" berücksichtigt wurden. Dieses Ergebnis entspricht auch dem erkennbaren Zweck der Tarifbestimmungen über die Pauschalierung der monatlichen Vergütung.

85

cc) Entgegen der Ansicht der Berufung ergibt sich aus einem Vergleich zwischen den Vergütungssätzen der Gehaltstabelle ZB und den Pauschalgehältern der Gehaltstabelle ZP (konkret ZB 4/E und ZP 4/E) im Anhang Z nicht, dass die Gehaltstabelle ZP keine Kompensation für die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen enthielte. Die Eingruppierungsbestimmungen der Gehaltsgruppeneinteilungen ZB und ZP sind nicht miteinander vergleichbar. Insbesondere geht die Annahme der Berufung fehl, dass Polizeiangestellte der Gehaltsgruppe ZP 4, wenn sie nicht im Wechselschichtdienst arbeiten sollten, in die Gehaltsgruppe ZB 4 einzugruppieren seien. Die Gehaltsgruppe ZB 4 stellt fachlich höhere Anforderungen an die Polizeiangestellten.

86

Auch die sonstigen Modellrechnungen der Klägerin verhelfen der Berufung nicht zum Erfolg. Polizeipersonal nach Gehaltsgruppe ZP 5 wäre insbesondere nicht nach Gehaltsgruppe 5 der allgemeinen Gehaltsgruppeneinteilung C für Angestellte (§ 58 TVAL II) zu vergüten, wenn keine Sonderbestimmungen bestünden. Die Tätigkeitsarten sind unter den für sie normierten verschiedenen Bewertungsmerkmalen nicht miteinander vergleichbar.

87

Schließlich verfängt auch der von der Klägerin angestellte Vergleich mit den Formulierungen im Anhang P für Feuerwehrpersonal nicht. Im Angang P ist unter Ziff. I.10e ausdrücklich geregelt worden, dass "in den Lohn-/Gehaltstabellen der Ziff. P-III.2 [...] die Zuschläge für Nachtarbeit, Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit grundsätzlich bereits berücksichtigt [sind]". Diese Regelung rechtfertigt jedoch nicht den Umkehrschluss, dass beim Polizeipersonal im Wechselschichtdienst in den dort geregelten Monatspauschalgehältern nach Gehaltstabelle ZP die Zuschläge nicht enthalten seien.

III.

88

Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

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(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 14. Oktober 2014 - 2 Sa 135/14 - aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 13. März 2014 - 5 Ca 1852 c/13 - hinsichtlich des erstinstanzlichen Antrags zu 4. (Wechselschichtzulage) zurückgewiesen hat.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 13. März 2014 - 5 Ca 1852 c/13 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.575,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. November 2013 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

4. Der Kläger hat 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger ist bei der Beklagten als ziviler Angestellter im Bereich der Bundeswehr auf dem Trossschiff „F“ beschäftigt, das vom 7. Mai 2012 bis zum 17. Oktober 2013 für Wartungsarbeiten in einer Werft in W lag. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung.

2

Während der Werftliegezeit der „F“ arbeitete der Kläger im sog. Hafendienst und wurde zu Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten sowie zu militärischen und nautischen Sicherheitsdiensten eingesetzt. Im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 richtete sich der Hafendienst nach einem Dienstplan, der die Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden auf die vier Tage von Montag bis Donnerstag vorsah, und den folgenden Hinweis enthielt:

        

„Infolge anstehender/durchzuführender Werftarbeiten bzw. dessen Kontrolle/Begleitung/Unterstützung können einzelne Arbeitnehmer auch zur Arbeit am Freitag, Samstag und Sonntag innerhalb der Höchstarbeitszeitgrenzen gemäß ArbZG herangezogen werden.“

3

Neben dem Hafendienst fand an allen sieben Tagen der Woche rund um die Uhr der sog. Hafenwachdienst zur Gewährleistung der militärischen und nautischen Sicherheit der „F“ statt. Das diesbezüglich von der Beklagten angeordnete Wachschema sah von montags bis donnerstags täglich drei im aktiven Dienst zu leistende Wachschichten vor. Wachschicht 1 dauerte von 00:00 Uhr bis 10:00 Uhr, Wachschicht 3 von 14:00 Uhr bis 24:00 Uhr. Zur Wachschicht 2 (10:00 Uhr bis 14:00 Uhr) war in der Anordnung vermerkt, sie werde komplett „aus dem Tagesdienst abgedeckt“. Von freitags bis sonntags sowie an gesetzlichen Feiertagen waren je zwei zwölfstündige Hafenwachschichten von 00:00 Uhr bis 12:00 Uhr und von 12:00 Uhr bis 24:00 Uhr vorgesehen, für die jeweils drei Wachgänger eingeteilt waren, die acht Stunden aktiven Dienst (inklusive Gangwaypostenzeit) und vier Stunden am Stück inaktiven Dienst (Bereitschaft) zu leisten hatten. Während des Bereitschaftsdienstes musste sich der Wachgänger an Bord aufhalten. Der Dienstplan sah vor, dass jeweils zwei Wachgänger aktiven Dienst leisteten, wenn der dritte im Bereitschaftsdienst war. In der Zeit vom 1. Juni bis zum 2. September 2012 galt ein davon geringfügig abweichendes Wachschema.

4

Im gesamten Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 wurde der Kläger zusätzlich zum Hafendienst in unterschiedlicher Häufigkeit auch zu den drei Hafenwachschichten herangezogen.

5

Die für die Besatzungen von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung maßgeblichen Regelungen in § 46 TVöD-BT-V (Bund) lauten auszugsweise:

        

Nr. 11 zu § 7 - Sonderformen der Arbeit -

        

…       

        

(3) 1Für Beschäftigte, die über 10 Stunden hinaus zum Wachdienst herangezogen werden, können Wachschichten bis zwölf Stunden festgesetzt werden, wenn in den Wachdienst in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Arbeitszeitgesetz fällt. 2Für die Bemessung des Entgelts während der Wachdienste gelten folgende Vorschriften:

        

1.    

Bei folgenden Wachschichten wird für jede Wachstunde das volle Entgelt gezahlt:

                 

a)    

Durchgehende Wachdienste, bei denen Pausen oder inaktive Zeiten während des Bereitschaftsdienstes weniger als ein Drittel der Gesamtwachzeit ausmachen.

                 

b)    

Wachdienste, die ausschließlich im Freien abgeleistet werden oder bei denen auf Anordnung oder infolge besonderer Umstände eine Bindung an einen vorgeschriebenen Platz besteht (z. B. Decks-, Maschinen-, Brücken- oder Ankerwachen).

        

2.    

Anwesenheitswachdienste, die nicht den in Nr. 1 genannten Einschränkungen unterliegen, werden wie folgt bewertet:

                 

a)    

Bei einer Tageswachschicht wird je eineinhalb Wachstunden das Entgelt für eine Arbeitsstunde gezahlt.

                 

b)    

1Bei einer Nachtwachschicht bis zu zwölf Stunden wird eine Stundengarantie von drei Arbeitsstunden angesetzt, wenn beim Wachdienst nur Anwesenheit verlangt und eine Schlafgelegenheit gestellt wird. 2Soweit die Voraussetzungen nach Satz 1 nicht vorliegen, gilt Buchstabe a entsprechend.

        

…       

        

Nr. 12 zu § 8 - Ausgleich für Sonderformen der Arbeit -

        

…       

        

(6) Bei allen Formen des Wachdienstes im Sinne der Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 wird der Zeitzuschlag nach § 8 Abs. 1 Buchst. b und Buchst. f nicht gezahlt.“

6

Mit mehreren Schreiben vom 24. Oktober 2012 beantragte der Kläger rückwirkend ab dem 1. Mai 2012 unter anderem die Bezahlung „der geforderten regelmäßigen Arbeitszeit“, von Bereitschaftsstunden, einer „Schichtzulage … laut TVöD § 8“ sowie von Überstunden- und Nachtzuschlägen. Mit weiteren Schreiben vom 20. März 2013 und vom 11. September 2013 wiederholte er seine Forderungen und erweiterte sie für den Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August 2013.

7

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - gemeint, für 172 Stunden Bereitschaftsdienst, die er im Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 - unstreitig - im Rahmen von 43 näher bezeichneten zwölfstündigen Hafenwachschichten geleistet habe, stehe ihm das Entgelt für insgesamt 114,67 Stunden in - rechnerisch unbestrittener - Höhe von 1.789,68 Euro zu. Der Bereitschaftsdienst sei gemäß § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b Satz 2 iVm. Nr. 2 Buchst. a TVöD-BT-V im Verhältnis von 1,5 : 1 faktorisiert als Arbeitszeit zu bezahlen; hinzu kämen nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-AT auch Überstundenzuschläge in - rechnerisch unumstrittener - Höhe von insgesamt 485,27 Euro. Da er in dem 15 Kalendermonate umfassenden Streitzeitraum ständig Wechselschicht geleistet habe, stehe ihm nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT eine monatliche Wechselschichtzulage in Höhe von insgesamt 1.575,00 Euro zu. Darüber hinaus habe er Anspruch auf Ausgleich für insgesamt 210 im Streitzeitraum geleistete Nachtarbeitsstunden.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013

        

1.    

Vergütung für insgesamt 114,6 Bereitschaftsstunden in Höhe von 1.789,68 Euro brutto,

        

2.    

Zeitzuschläge für insgesamt 114,6 Überstunden in Höhe von 485,27 Euro brutto,

        

3.    

Zulagen für ständige Wechselschichtarbeit in Höhe von insgesamt 1.575,00 Euro brutto sowie

        

4.    

Zeitzuschläge für insgesamt 210 Stunden Nachtarbeit in Höhe von 608,40 Euro brutto

        

jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und gemeint, Bereitschaftsdienststunden während eines Anwesenheitswachdienstes iSv. § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 TVöD-BT-V seien nicht gesondert zu vergüten, weshalb auch keine Überstundenzuschläge nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-AT zu zahlen seien. Wechselschichtzulagen nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT stünden dem Kläger nicht zu, da er mehrheitlich innerhalb seiner regulären Arbeitszeit eingesetzt gewesen sei und nicht „rund um die Uhr“ in Wechselschicht gearbeitet habe. Im Übrigen seien die Zahlungsansprüche größtenteils gemäß § 37 TVöD-AT verfallen, weil sie erst mit der Klageschrift vom 30. Oktober 2013 geltend gemacht worden seien. Die Schreiben des Klägers vom 24. Oktober 2012 genügten nicht den Anforderungen an eine Geltendmachung.

10

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen aus § 6 Abs. 5 ArbZG zur Zahlung von 739,70 Euro brutto verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage auf die Berufung der Beklagten unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils auch im Übrigen abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche in geringfügig vermindertem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen. Die Klage ist zum Teil begründet. Der Kläger hat nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT Anspruch auf Wechselschichtzulagen für ständige Wechselschichtarbeit für den 15 Kalendermonate umfassenden Streitzeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 in Höhe von insgesamt 1.575,00 Euro brutto nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

12

I. Die Beklagte ist nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT verpflichtet, an den Kläger für ständige Wechselschichtarbeit in dem Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 eine monatliche Wechselschichtzulage in Höhe von 105,00 Euro, dh. insgesamt 1.575,00 Euro brutto zu zahlen.

13

1. Der TVöD findet kraft beiderseitiger Tarifbindung auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis Anwendung.

14

2. Nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT erhalten Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, eine Wechselschichtzulage von 105,00 Euro monatlich. Die für die im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung beschäftigten Besatzungen von Binnen- und Seefahrzeugen und schwimmenden Geräten maßgeblichen Sonderregelungen in § 46 Nr. 12 TVöD-BT-V lassen diese Regelung unberührt.

15

3. Der Kläger hat in dem 15 Kalendermonate umfassenden streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 ständig Wechselschichtarbeit im Tarifsinn geleistet.

16

a) Ständige Wechselschichtarbeit iSv. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT setzt nach der in § 7 Abs. 1 TVöD-AT enthaltenen Definition voraus, dass in dem Arbeitsbereich, in dem der Beschäftigte tätig ist, nach einem Schichtplan an allen Kalendertagen ununterbrochen „rund um die Uhr“ 24 Stunden gearbeitet wird. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn beispielsweise an Sonn- und Feiertagen in aller Regel keine Schichtarbeit anfällt oder die tägliche Arbeit im Betrieb, sei es auch nur in geringfügiger Form, unterbrochen wird. Unerheblich ist, in wie viele Schichten der 24-Stunden-Tag aufgeteilt wird oder ob in allen Schichten der Arbeitsanfall gleich groß ist und deshalb in jeder Schicht die gleiche Anzahl von Arbeitnehmern arbeitet. Die Arbeit muss nach einem Dienst- oder Schichtplan erfolgen, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten im genannten Sinn vorsieht. Der Beschäftigte muss zur Arbeit in allen Schichtarten eingesetzt und durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 351/11 - Rn. 13 f. mwN, BAGE 142, 55). Dabei kann regelmäßig auf einen Zeitraum von zwölf Kalendermonaten abgestellt werden, solange sich nicht aus betrieblichen Regelungen Anhaltspunkte für einen anderen Zeitraum ergeben (BAG 16. Oktober 2013 - 10 AZR 1053/12 - Rn. 52). Ständig iSv. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT ist die Wechselschichtarbeit, wenn dem Beschäftigten diese Art von Tätigkeit kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung oder kraft Direktionsrechts dauerhaft und nicht lediglich vertretungsweise zugewiesen ist(BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 351/11 - Rn. 17 mwN, aaO).

17

b) Nach diesen Maßgaben wurde im Arbeitsbereich des Klägers im Streitzeitraum ständig Wechselschichtarbeit iSv. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT geleistet.

18

aa) Arbeitsbereich des Klägers war im streitgegenständlichen Zeitraum das Trossschiff „F“. Auf diesem hat der Kläger während der Werftliegezeit sowohl Hafendienst als auch Hafenwachdienst nach einem Schichtplan iSd. § 7 Abs. 1 TVöD-AT geleistet. Aus dem Hinweis im Dienstplan für den Hafendienst über die Zulässigkeit der Heranziehung zur Arbeit am Freitag, Samstag und Sonntag, aus der Anordnung im Wachschema zur Abdeckung der „Wachschicht 2“ und aus dem Umstand, dass der Hafendienst sich ebenso wie der Hafenwachdienst auf den gesamten Bordbereich der „F“ bezogen hat, ergibt sich, dass der Hafendienst und der Hafenwachdienst im Streitzeitraum weder räumlich noch funktional noch personell in verschiedene Arbeitsbereiche aufgeteilt waren.

19

bb) Die Bewachung der „F“ fiel über einen erheblich längeren Zeitraum als die Arbeitszeit der einzelnen Beschäftigten hinaus an und wurde daher von mehreren Beschäftigten in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge, teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit, erbracht. Es arbeiteten nicht sämtliche Beschäftigten zur gleichen Zeit, sondern ein Teil arbeitete, während der andere Teil arbeitsfreie Zeit hatte.

20

cc) Die Arbeit erfolgte nach einem Schichtplan iSd. § 7 Abs. 1 TVöD-AT. Danach galten der Dienstplan für den Hafendienst und das Wachschema für den Hafenwachdienst, die funktional und personell aufeinander abgestimmt waren und sich insoweit ergänzten, als die „Wachschicht 2“ von montags bis donnerstags komplett durch den Hafendienst abgedeckt wurde. Die Verkörperung in einem gemeinsamen „Schichtplan“ war nicht erforderlich. Nach der Rechtsprechung des Senats ist insoweit entscheidend, ob nach der beim Arbeitgeber geltenden Organisation die Arbeit nur in einer die Arbeitszeit des Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmergruppe übersteigenden Zeit erfüllt werden kann und die Arbeitsaufgabe eine Regelung erforderlich macht, nach der die Arbeitnehmer in wechselnden Arbeitsschichten eingesetzt werden (vgl. BAG 23. Juni 2010 - 10 AZR 548/09 - Rn. 16 mwN). Dies war in Bezug auf die Bewachung der „F“ im gesamten Streitzeitraum der Fall.

21

dd) Auf der „F“ wurde im Streitzeitraum in wechselnden Arbeitsschichten ununterbrochen „rund um die Uhr“ iSd. § 7 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT Volldienst geleistet. Im Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 2. September 2012 war nach dem Wachschema für den Hafenwachdienst, der sich teilweise mit dem Dienstplan für den Hafendienst überlappte, keine Wechselschichtarbeit ausschließende Unterbrechung durch einen im Dienstplan ausgewiesenen Bereitschaftsdienst vorgesehen. Auch in der Zeit danach war auf dem Trossschiff „F“ zu keinem Zeitpunkt einheitlich für alle Beschäftigten Bereitschaftsdienst angewiesen (zu einem derartigen Fall vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 480/13 - Rn. 18).

22

ee) Nach den von ihm vorgelegten Einsatzplänen hat der Kläger im Streitzeitraum alle geforderten Schichtarten „rund um die Uhr“ tatsächlich erbracht. Bereits aus dem Hinweis im Dienstplan für den Hafendienst über die Zulässigkeit der Heranziehung zur Arbeit am Freitag, Samstag und Sonntag ergibt sich, dass ihm während der Werftliegezeit der „F“ auch die Arbeit im Hafenwachdienst dauerhaft und nicht nur vertretungsweise zugewiesen war. Dass der Kläger nicht ausschließlich zum Hafenwachdienst eingesetzt wurde, sondern vorrangig Hafendienst geleistet hat, ist unerheblich. Ein auch nur annähernd gleichmäßiger Einsatz in den verschiedenen, grundsätzlich „rund um die Uhr“ im monatlichen Wechsel stattfindenden Arbeitsschichten ist nach § 7 Abs. 1 TVöD-AT nicht erforderlich. Ebenso wenig muss die Wechselschichtarbeit durchgängig einen Monat geleistet werden (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 351/11 - Rn. 27, BAGE 142, 55).

23

ff) Der Kläger wurde im Streitzeitraum in allen Schichtarten im Wechsel eingesetzt. Dabei wurde er in jedem der 15 Kalendermonate von Juni 2012 bis August 2013 mehrmals zu Schichten herangezogen, die mindestens zwei Stunden Nachtarbeit umfassten (§ 7 Abs. 1 Satz 3 TVöD-AT). Da lediglich zwischen den Einsätzen am 9. August 2012 und am 11. September 2012 sowie am 7. Mai 2013 und am 11. Juni 2013 mehr als ein Monat lag, während die Abstände zwischen allen übrigen Einsätzen zwischen einem und maximal 27 Tagen betrugen, wurde er im Streitzeitraum durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT; vgl. dazu BAG 16. Oktober 2013 - 10 AZR 1053/12 - Rn. 50 ff.).

24

4. Der Kläger hat die Zahlungsansprüche rechtzeitig iSd. § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT geltend gemacht.

25

a) Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen setzt im Regelfall voraus, dass der Anspruchsinhaber die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs auffordert. Er muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Dabei ist der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich zu bezeichnen und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich zu machen; die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen zu erkennen sein, während eine Bezifferung nicht stets erforderlich ist (BAG 19. August 2015 - 5 AZR 1000/13 - Rn. 24 mwN). Ist der Anspruch in diesem Sinne wirksam geltend gemacht, bedarf es gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT für später fällig werdende Leistungen keiner erneuten Geltendmachung, sofern ihnen derselbe Sachverhalt zugrunde liegt. Ein solcher liegt vor, wenn bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage aus einem bestimmten Tatbestand Ansprüche herzuleiten sind (vgl. BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 31 mwN, BAGE 144, 210).

26

b) Diesen Voraussetzungen genügten die Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 24. Oktober 2012. Darin hat er rückwirkend ab 1. Mai 2012 unter anderem die Bezahlung einer „Schichtzulage … laut TVöD § 8“ begehrt. Das Antwortschreiben der Beklagten vom 26. Oktober 2012 belegt, dass sie dieses Schreiben zur Kenntnis genommen und das Begehren des Klägers auch inhaltlich verstanden hat. Da der Beschäftigungsdienststelle alle Beschäftigungsnachweise vorlagen, konnte die Beklagte den Umfang der geltend gemachten Ansprüche und ihre Berechtigung überprüfen. Aufgrund ihrer besonderen Sachkenntnis war sie dazu aufgrund der ihr vorliegenden Unterlagen sogar besser in der Lage als der Kläger selbst (vgl. BAG 16. Oktober 2013 - 10 AZR 1053/12 - Rn. 59). Bis zum 26. Oktober 2012 war für keine der bis dahin fällig gewordenen monatlichen Wechselschichtzulagen die sechsmonatige Ausschlussfrist abgelaufen.

27

5. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 291 BGB.

28

II. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

29

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 1.789,68 Euro brutto als Vergütung für insgesamt 114,67 faktorisierte Stunden Bereitschaftsdienst, die er während der zwölfstündigen Wachschichten im Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 geleistet hat. Er hat in dieser Zeit Anwesenheitswachdienste geleistet, für die er nach § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a TVöD-BT-V für je eineinhalb Wachstunden das Entgelt für eine Arbeitsstunde erhalten hat.

30

a) Ausgehend von dem Grundverständnis der Regelungen in § 46 Nr. 11 Abs. 3 TVöD-BT-V zur Vergütung von Wachdiensten ist ein während einer zwölfstündigen Wachschicht geleisteter Anwesenheitswachdienst, der aus acht Stunden aktivem und vier Stunden inaktivem Dienst (Bereitschaft) besteht, gemäß § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a TVöD-BT-V einheitlich zu faktorisieren und wie acht Arbeitsstunden zu vergüten (BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 451/14 - Rn. 14). Eine Aufspaltung der Vergütung nach unterschiedlichen Faktorisierungsstufen scheidet aus (BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 451/14 - Rn. 11). Der Bereitschaftsdienst ist notwendiger Teil aller Formen des Wachdienstes, deren Entgelt nach § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 TVöD-BT-V zu bemessen ist(BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 451/14 - Rn. 15).

31

b) Bei den vom Kläger geleisteten zwölfstündigen Wachdiensten handelte es sich um Anwesenheitswachdienste iSv. § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 TVöD-BT-V. Er hat weder Wachdienste iSv. § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a TVöD-BT-V noch Wachdienste ausschließlich im Freien (§ 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b Alt. 1 TVöD-BT-V) geleistet. Ebenso wenig hat der Kläger Wachdienste iSv. § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b Alt. 2 TVöD-BT-V absolviert. Es bestand nicht während des gesamten Wachdienstes eine Bindung an einen vorgeschriebenen Platz, weil der Kläger im aktiven Dienst unstreitig jeweils vier Stunden Stellingwache und vier Stunden Raumkontrollen zu leisten hatte.

32

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Zeitzuschlägen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a TVöD-AT in Höhe von 485,27 Euro brutto für die von ihm geleisteten Bereitschaftsdienststunden. Es handelte sich dabei nicht um Überstunden iSd. § 7 Abs. 7 TVöD-AT, weil er während des Bereitschaftsdienstes keine „tatsächliche Arbeitsleistung“ iSv. § 8 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT erbracht hat(vgl. BAG 16. Oktober 2013 - 10 AZR 9/13 - Rn. 55 [zu § 11 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TV-Ärzte/VKA]).

33

3. Der Kläger kann auch nicht aus § 6 Abs. 5 ArbZG die Zahlung eines Zuschlags in Höhe von insgesamt 608,40 Euro brutto als Ausgleich für während der Nachtzeit geleistete Arbeitsstunden verlangen. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht erkannt.

34

a) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG, auf den der Kläger den geltend gemachten Anspruch im Revisionsverfahren ausschließlich stützt, hat der Arbeitgeber, soweit eine tarifliche Ausgleichsregelung nicht besteht, dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. In Bezug auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch des § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber frei wählen, ob er ihn durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 15).

35

b) Ob § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 TVöD-BT-V, wie es das Landesarbeitsgerichts angenommen hat, als „Gesamtpaket“ stillschweigend zugleich eine Ausgleichsregelung für Nachtarbeit enthält(dazu BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 18), kann vorliegend ebenso dahinstehen wie die Frage, ob es - wie die Revision meint - zu Unrecht die Nachtarbeitnehmereigenschaft des Klägers verneint hat. Der Kläger kann jedenfalls aus § 6 Abs. 5 ArbZG keinen Anspruch auf Ausgleich der Nachtarbeit durch Zahlung eines Zuschlags gegen die Beklagte herleiten, weil diese bislang keine dementsprechende Wahl getroffen hat. Mit der Zahlung von Zeitzuschlägen für Nachtarbeit nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TVöD-AT in den Fällen, in denen dies nicht nach § 46 Nr. 12 Abs. 6 TVöD-BT-V ausgeschlossen war, hat die Beklagte das ihr nach § 6 Abs. 5 ArbZG zustehende Wahlrecht nicht ausgeübt, sondern lediglich eine tarifvertraglich bestehende Verpflichtung erfüllt. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbesteht, kann die Beklagte den Kläger zum Ausgleich der Nachtarbeit weiterhin bezahlt von der Arbeitspflicht freistellen (vgl. BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 18). Der Kläger hätte deshalb eine Alternativklage erheben müssen (st. Rspr., vgl. BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 31 mwN).

36

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Brune    

        

        

        

    D. Kiel    

        

    Züfle    

                 

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. April 2010 - 10 Sa 276/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit.

2

Die Beklagte ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der DBAutoZug GmbH. Sie erbringt Serviceleistungen für Zugreisende im Nachtreiseverkehr („City Night Line“) sowie in Autozügen. Sie ist im Jahr 2002 aus dem Teilbereich Nachtreiseverkehr des Geschäftsbereichs „Service im Zug“ (SiZ) der MITROPA AG entstanden und beschäftigt ca. 45 Mitarbeiter im stationären Dienst sowie - saisonabhängig - ca. 650 Mitarbeiter im Fahrdienst.

3

Die Klägerin ist seit 1997 für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin als „Stewardess mit Zugschaffnerfunktion“ tätig. Sie betreut die Kunden in Schlaf- und Liegewagen und versorgt sie mit gastronomischen Leistungen. Als Zugschaffnerin kontrolliert und verkauft sie Fahrausweise, sammelt Reisedokumente ein und unterstützt den Zugführer.

4

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Firmentarifverträge der Beklagten aufgrund Verbandszugehörigkeit der Klägerin Anwendung. Nach einer Vereinbarung mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) im Zuge der Überleitung der Arbeitsverhältnisse von der MITROPA AG zur Beklagten gelten bestimmte für den Geschäftsbereich SiZ der MITROPA AG am 30. Juni 2002 geltende Tarifverträge fort, so der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden der MITROPA AG vom 27. Juni 1997 (MTV) und der Ergänzungstarifvertrag über spezifische Regelungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Geschäftsbereichs SiZ - Service im Zug/Ost vom 27. Juni 1997 (ErgTV SiZ/Ost).

5

Der MTV regelt ua. Folgendes:

        

§ 5   

        

Zuschlagspflichtige Tätigkeiten

        

…       

        

3. Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit - Zuschläge      

        

Entsprechend dem besonderen Charakter des Gaststättengewerbes gelten die Sonntage als zuschlagsfreie Arbeitstage/Arbeitszeit. Davon kann nur einzelvertraglich im Rahmen der jeweils geltenden steuerlichen Bestimmungen abgewichen werden.

        

Die Entlohnung der Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit richtet sich ausschließlich nach den Bestimmungen dieses Tarifvertrages. Soweit tariflich eine Öffnungsklausel vorhanden ist, kann einzelvertraglich vom Tarifvertrag nach dem Günstigkeitsprinzip abgewichen werden. Grundlohn im Sinne des Einkommenssteuergesetzes ist der jeweils geltende tarifliche Stundenlohn.

        

…       

        

5. Nachtarbeit      

        

Die Arbeit in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr gilt als Nachtarbeit.

        

Im regelmäßigen Schichtdienst beschäftigte Arbeitnehmer/innen erhalten für Nachtarbeit 15 % Zuschlag zum Tarifentgelt je Arbeitsstunde in dieser Zeit.“

6

Der ErgTV SiZ/Ost lautet auszugsweise:

        

„§ 2   

        

Anwendung des Tarifvertrages

        

Nachfolgende Regelungen ersetzen, ergänzen oder verändern die entsprechenden Regelungsgegenstände in dem jeweils gültigen MITROPA-Entgelttarifvertrag und MITROPA-Manteltarifvertrag. Die nachfolgenden Vorschriften haben Tarifvorrang.

        

§ 3     

        

Regelungsgegenstände

        

…       

        

4.    

Zuschlagspflichtige Tätigkeiten

        

…       

        

4.3     

Nachtarbeit

                 

Die Arbeit in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr gilt als Nachtarbeit. Stationär beschäftigte Arbeitnehmer/innen erhalten für Nachtarbeit 15 % Zuschlag zum Tarifentgelt je Arbeitsstunde in dieser Zeit.

        

...     

        
        

§ 5     

        

Eingruppierung und Entlohnung

        

1.    

Eingruppierung

                 

…       

        

1.1     

Arbeitnehmer/innen im stationären Dienst erhalten Tarifentgelt der Staffel I sowie Feiertags-, Mehrarbeits- und Nachtzuschläge.

        

1.2     

Arbeitnehmer/innen im Fahrdienst erhalten Tarifentgelt der Staffel II (85 % von Staffel I) und einen umsatzabhängigen Provisionslohn sowie Feiertags- und Mehrarbeitszuschläge.

        

...     

        

§ 7     

        

Tätigkeitsbeispiele

        

1.    

In Ergänzung des § 2 ETV-MITROPA werden bis zur Vereinbarung eines unternehmensweiten Eingruppierungsrasters den einzelnen Tarifgruppen unter Beachtung der Besonderheiten des GB Service im Zug insbesondere hinsichtlich der Verantwortung und der physischen Belastung folgende Tätigkeitsbeispiele zugeordnet:

                 

…       

                 

Tarifgruppe 5:

                 

-       

Kellner/in/Steward/ess

                 

-       

Bufettier/euse/Bistrosteward/ess

                 

-       

Schlafwagenschaffner/in/Nachtsteward/ess

                 

-       

Kraftfahrer/in LkW mit Be- und Entladetätigkeit

                 

-       

Arbeitnehmer/in im stationären Bereich mit erhöhten Anforderungen

                 

-       

Einkäufer/in

                 

…“    

        
7

Die Klägerin ist eingruppiert in die Tarifgruppe 5. Ihre tarifliche Stundenvergütung belief sich auf 7,52 Euro brutto; seit dem 1. Oktober 2008 beträgt sie 7,86 Euro brutto. Sie erhält für jede Einsatzstunde als Zugschaffnerin zusätzlich eine Zulage von 0,50 Euro brutto und für jede Einsatzstunde mit einem „mobilen Terminal“ (Fahrscheinverkaufsgerät) eine Zulage von 0,38 Euro.

8

Die Lage der Arbeitszeiten der im Fahrdienst beschäftigten Mitarbeiter richtet sich nach den Verkehrszeiten der von der Beklagten betreuten und bewirtschafteten Züge. Die Dienstzeiten beschränken sich nicht auf die Nachtzeit. Bei Nachtreisezügen liegt der Dienstbeginn im Regelfall zwischen 19:30 Uhr und 22:00 Uhr und das Dienstende zwischen 7:30 Uhr und 10:00 Uhr des Folgetags. Bei internationalen Autoreisezügen kann der Dienst um 12:00 Uhr beginnen und um 16:00 Uhr des Folgetags enden.

9

Mit der Klage begehrt die Klägerin einen Ausgleich für 214,75 Nachtarbeitsstunden im Zeitraum vom 1. Februar bis 30. April 2008 sowie für weitere 264,5 Nachtarbeitsstunden im Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis 31. Januar 2009. Als angemessenen Ausgleich für diese Nachtarbeit habe die Beklagte nach § 6 Abs. 5 ArbZG wahlweise einen Zuschlag von 25 % des Tariflohns oder einen freien bezahlten Arbeitstag für jeweils 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zu gewähren.

10

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 923,47 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 403,77 Euro, 497,26 Euro und 22,48 Euro jeweils ab Rechtshängigkeit zu zahlen oder ihr fünf bezahlte freie Tage zu gewähren;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab dem 1. Februar 2009 für die von der Klägerin geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Tariflohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 6:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder der Klägerin für jeweils 90 zwischen 23:00 Uhr und 6:00 Uhr geleistete Arbeitsstunden einen bezahlten freien Tag zu gewähren.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Ausgleich für Nachtarbeit sei in der Tarifvergütung des Fahrdienstes enthalten. Die Tarifvertragsparteien hätten bei der Bemessung des Tarifentgelts berücksichtigt, dass die Tätigkeit im Fahrdienst durch Nachtarbeit und nächtliche Arbeitsbereitschaft geprägt sei.

12

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Klage nicht abgewiesen werden. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Die Revision führt deshalb zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

14

I. Die Klägerin hat für die im Streitzeitraum (Antrag zu 1.) sowie nachfolgend (Feststellungsantrag zu 2.) geleistete Nachtarbeit gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf Gewährung eines angemessenen Ausgleichs.

15

1. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG hat der Arbeitgeber, soweit eine tarifliche Ausgleichsregelung nicht besteht, dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch des § 6 Abs. 5 ArbZG durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt(BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 15, NZA 2006, 494). Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 1 der Gründe, BAGE 102, 309).

16

2. Die Klägerin ist Nachtarbeitnehmerin iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 2 iVm. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG. Sie leistet an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr umfasst.

17

3. Eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht nicht. Weder der MTV noch der ErgTV SiZ/Ost sehen einen Ausgleich für die im Fahrdienst geleistete Nachtarbeit vor.

18

a) § 6 Abs. 5 ArbZG überlässt die Ausgestaltung des Ausgleichs für Nachtarbeit wegen der größeren Sachnähe den Tarifvertragsparteien und schafft nur subsidiär einen gesetzlichen Anspruch(BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb (1) (a) (aa) der Gründe, BAGE 114, 272; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 86, 249). Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich frei darin, wie sie den Ausgleich regeln. Um den gesetzlichen Anspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG zu ersetzen, muss die tarifliche Regelung eine Kompensation für die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen vorsehen. Dies folgt aus dem Wortsinn des Begriffs „Ausgleichsregelung“ und entspricht Sinn und Zweck des dem Gesundheitsschutz dienenden § 6 Abs. 5 ArbZG. Der tarifliche Ausgleich kann nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend geregelt sein. Den allgemeinen tariflichen Arbeitsbedingungen kann eine stillschweigende Ausgleichsregelung aber nur entnommen werden, wenn entweder der Tarifvertrag selbst entsprechende Hinweise enthält oder sich dafür aus der Tarifgeschichte oder aus Besonderheiten des Geltungsbereichs Anhaltspunkte ergeben (BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb (1) (a) (aa) der Gründe, aaO; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 1 b aa der Gründe, aaO).

19

b) Nach § 5 Ziff. 5 Satz 2 MTV erhalten Beschäftigte im regelmäßigen Schichtdienst und nach § 3 Ziff. 4.3 Satz 2 ErgTV SiZ/Ost die bei der Beklagten stationär Beschäftigten für Nachtarbeit 15 % Zuschlag. Für den Fahrdienst ist ein Nachtzuschlag nicht geregelt.

20

c) Ausreichende Hinweise darauf, dass die Belastungen durch Nachtarbeit im Fahrdienst bei der Bemessung des tariflichen Grundentgelts berücksichtigt wurden, bestehen nicht.

21

aa) Es hätte nahe gelegen, einen solchen Regelungswillen in § 5 ErgTV SiZ/Ost(Eingruppierung und Entlohnung) zum Ausdruck zu bringen. § 5 Ziff. 1 ErgTV SiZ/Ost stellt die Vergütungsbestandteile der Arbeitnehmer im stationären Dienst denen der Arbeitnehmer im Fahrdienst gegenüber. Nachtarbeitszuschläge sind nach Ziff. 1.1 dieser Vorschrift nur im stationären Dienst Bestandteil der Vergütung, nach Ziff. 1.2 nicht im Fahrdienst. Daraus folgt, dass die Tarifvertragsparteien in Bezug auf Nachtzuschläge zwischen den beiden Gruppen unterscheiden wollten. Dass die Nachtarbeit im Fahrdienst bei der Bemessung der Grundvergütung berücksichtigt wurde, ergibt sich daraus aber nicht.

22

bb) Anhaltspunkte dafür lassen sich auch den Tätigkeitsbeispielen zu den Tarifgruppen (§ 7 ErgTV SiZ/Ost) nicht entnehmen. Zwar werden Schlafwagenschaffner und Nachtstewards in den Tätigkeitsbeispielen der Tarifgruppe 5 genannt. Dies kann bei ständiger oder nahezu ausschließlicher Nachtarbeit (zB Nachtwächter) ein Hinweis darauf sein, dass ein Nachtarbeitszuschlag bei der Höhe der tariflichen Grundvergütung berücksichtigt ist (vgl. BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 86, 249). Die Tarifgruppe 5 differenziert aber nicht zwischen vergleichbaren nachtarbeits- und nicht nachtarbeitsgeprägten Tätigkeiten. Kellner/innen und Steward/essen sind dieser Tarifgruppe auch zugeordnet und beziehen eine identische Vergütung, ohne den Belastungen durch Nachtarbeit ausgesetzt zu sein. Auch die Tätigkeit der Klägerin als Stewardess mit Zugschaffnerfunktion im Nachtreiseverkehr und in Autozügen findet nicht weit überwiegend oder ausschließlich nachts statt. Die Arbeitszeiten im Fahrdienst richten sich nach den Verkehrszeiten der von der Beklagten betreuten und bewirtschafteten Züge und beinhalten in erheblichem Umfang Dienstzeiten außerhalb der Nachtzeiten. Eine Regelung, die unabhängig von der tatsächlichen Heranziehung zur Nachtarbeit für alle Arbeitnehmer im Fahrdienst als pauschalen Ausgleich für Nachtarbeit dieselbe Grundvergütung vorsähe, sähe sich nach Art. 3 Abs. 1 GG auch verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt(vgl. BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb (1) (a) (bb) der Gründe, BAGE 114, 272; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 86, 249).

23

cc) Soweit nach § 5 Ziff. 3 Satz 3 MTV die Entlohnung der Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit sich „ausschließlich nach den Bestimmungen dieses Tarifvertrages“ richtet, ergibt sich auch daraus nicht, dass für den Fahrdienst ein tariflicher Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen vorgesehen ist. Im Zusammenhang mit den weiteren tariflichen Bestimmungen zur Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags im regelmäßigen Schichtdienst und im stationären Dienst der Beklagten gibt dies im Gegenteil einen Hinweis darauf, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien für Nachtarbeit im Fahrdienst weder eine zusätzliche Vergütung noch ein bezahlter Freizeitausgleich gewährt werden sollte. Um den gesetzlichen Ausgleichsanspruch aus § 6 Abs. 5 ArbZG zu ersetzen, muss eine tarifliche Regelung aber eine Kompensation für die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen vorsehen(BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb (1) (a) (aa) der Gründe, BAGE 114, 272). Daran fehlt es.

24

4. Der Anspruch auf Gewährung eines angemessenen Ausgleichs für geleistete Nachtarbeit nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist nicht nach § 16 MTV oder nach § 8 ErgTV SiZ/Ost verfallen. Der Anwendungsbereich beider Tarifnormen bezieht sich lediglich auf „Ansprüche aus den Tarifverträgen der MITROPA AG“ bzw. auf „Ansprüche aus diesem Ergänzungstarifvertrag“. Die Klägerin verfolgt einen gesetzlichen Anspruch.

25

II. In welcher Höhe ein Ausgleich für die im Streitzeitraum des Antrags zu 1. bzw. für die ab diesem Zeitpunkt geleisteten Nachtarbeitsstunden nach § 6 Abs. 5 ArbZG „angemessen“ ist, kann der Senat nicht entscheiden. Bei der Anwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs kommt dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zu, der durch das Revisionsgericht nur beschränkt überprüfbar ist. Das Landesarbeitsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - eine Beurteilung der Angemessenheit des gesetzlichen Ausgleichs für die geleistete Nachtarbeit nicht vorgenommen. Es hat auch die zur Vornahme der Beurteilung erforderlichen Feststellungen nicht getroffen. Dies wird nachzuholen sein. Anhaltspunkt kann der in § 3 Ziff. 4.3 ErgTV SiZ/Ost bestimmte Nachtarbeitszuschlag von 15 % zum Tarifentgelt sein. Zwingend ist dies jedoch nicht. Die Höhe des angemessenen Ausgleichs für Nachtarbeit richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist. Ein geringerer Ausgleich kann erforderlich sein, wenn in die Nachtarbeit Arbeitsbereitschaft fällt. Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern, zum Tragen kommen muss (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12, AP ArbZG § 6 Nr. 9; 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 a der Gründe, BAGE 115, 372).

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Walter Huber    

        

    D. Kiel    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 27. August 2015 - 5 Sa 87/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung tarifvertraglicher Mehrarbeitszuschläge für von ihr über die vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung hinaus geleistete Arbeitsstunden.

2

Die Klägerin arbeitet bei der Beklagten, einem Cateringunternehmen, als Verkäuferin. Ihre monatliche Arbeitszeit beträgt 97,6 Stunden. Sie erhält eine Vergütung von 9,49 Euro brutto pro Stunde. Bei der Beklagten werden zusätzlich geleistete Arbeitsstunden einschließlich etwaig anfallender Mehrarbeitszuschläge stets am Ende des Folgemonats abgerechnet und ausgezahlt. Ein Arbeitszeitkonto wird für die Arbeitnehmer nicht geführt.

3

Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten abgeschlossenen Haustarifverträge Anwendung, insbesondere der Manteltarifvertrag vom 15. Juni 2013 (MTV). Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

        

§ 3 – Arbeitszeit, Pausen und Ruhezeiten

        

1.    

Arbeitszeit (bis 31.12.2014)

                 

Die durchschnittliche Arbeitszeit, ausschließlich der Pausen, beträgt bis zum 31.12.2014 wöchentlich 40 Stunden. Diese sind an 5 Arbeitstagen innerhalb der Woche von Montag (0.00 Uhr) bis Sonntag (24.00 Uhr) abzuleisten. Dabei sind folgende Ober- und Untergrenzen für Vollzeitkräfte zu berücksichtigen:

                 

1.    

Die tägliche Arbeitszeit darf 5 Stunden nicht unter- und 10 Stunden nicht überschreiten.

                 

2.    

Die wöchentliche Arbeitszeit darf 28 Stunden nicht unter- und 48 Stunden nicht überschreiten.

                 

3.    

Die monatliche Arbeitszeit darf 139 Stunden nicht unter- und 200 Stunden nicht überschreiten.

                 

Für Teilzeitkräfte gelten die obigen Arbeitszeitgrenzen entsprechend des Verhältnisses der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur Vollzeitarbeit. Davon abweichende Ober- und Untergrenzen können gelten, sofern der/die Arbeitnehmer/in ausdrücklich sein/ihr Einverständnis erklären.

                 

…       

        

§ 4 – Zuschlagspflichtige Tätigkeiten

        

1.    

Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit ist zu vermeiden.

                 

Die über die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit, die nicht innerhalb des Quartals mit Freizeit ausgeglichen wurde, ist Mehrarbeit. Diese ist mit dem tariflichen Stundenlohn, zuzüglich 25 % Zuschlag, zu vergüten.

                 

Mehrarbeit kann im Folgequartal in Freizeit oder in Geld abgegolten werden. Hierüber ist eine einvernehmliche Lösung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin in jedem Einzelfall herzustellen. Freizeit wird im Verhältnis 1:1 gewährt. Die anfallenden Mehrarbeitszuschläge von 25 % werden in Geld bezahlt.“

4

In § 13 MTV ist eine zweistufige Ausschlussfrist geregelt. Danach müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ua. innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

5

Die Klägerin leistete von April bis September 2014 über ihre vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung von monatlich 97,6 Stunden hinaus folgende weitere Arbeitsstunden:

        

April:

98,41 Stunden

        

Mai:   

64,41 Stunden

        

Juni: 

57,41 Stunden

        

Juli: 

86,41 Stunden

        

August:

63,20 Stunden

        

September:

82,41 Stunden

6

Die Beklagte vergütete diese zusätzlichen Arbeitsstunden mit dem vereinbarten Stundenlohn. Einen Mehrarbeitszuschlag von 25 % zahlte die Beklagte jedenfalls für die Monate Mai, Juni und August 2014 nicht. Ob die Beklagte an die Klägerin für die Monate April und Juli 2014 für 22,5 bzw. 10,5 Stunden Mehrarbeitszuschläge gezahlt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Für den Monat September 2014 zahlte die Beklagte an die Klägerin einen Mehrarbeitszuschlag für 6,5 Arbeitsstunden.

7

Mit Schreiben vom 29. August 2014, welches der Beklagten am 8. September 2014 zugegangen ist, beanspruchte die Klägerin tarifvertragliche Mehrarbeitszuschläge für alle von April bis Juni 2014 über ihre vereinbarte Teilzeitbeschäftigung hinausgehenden Arbeitsstunden. Mit ihrer im November 2014 erhobenen Klage begehrt die Klägerin tarifliche Mehrarbeitszuschläge für die von ihr im Zeitraum April bis September 2014 geleisteten zusätzlichen Arbeitsstunden abzüglich der bereits für September gezahlten Zuschläge für 6,5 Stunden.

8

Die Klägerin hat gemeint, der tarifvertragliche Mehrarbeitszuschlag sei für jede Arbeitsstunde, die sie über ihre individuell vereinbarte Teilzeitbeschäftigung von monatlich 97,6 Stunden hinaus leiste, zu zahlen. Außer für 6,5 Stunden im September 2014 habe die Beklagte keine Mehrarbeitszuschläge an sie gezahlt. Die Mehrarbeitszuschläge für April 2014 seien nicht verfallen, da diese nach der tarifvertraglichen Regelung erst nach Ablauf des Quartals fällig gewesen seien.

9

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.057,55 Euro brutto zuzüglich Verzugszinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2014 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, eine Auslegung des MTV ergebe, dass Mehrarbeitszuschläge nur für die Arbeitsstunden zu zahlen seien, die die tarifvertragliche monatliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers von 173,5 Stunden überstiegen. Die danach begründeten Mehrarbeitszuschläge für die Monate April, Juli und September 2014 habe die Beklagte an die Klägerin ausgezahlt. Der von der Klägerin für den Monat April 2014 geforderte Mehrarbeitszuschlag sei Ende Mai 2014 zur Zahlung fällig gewesen und mangels rechtzeitiger Geltendmachung verfallen.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen und die Beklagte lediglich zur Zahlung von 24,91 Euro brutto zuzüglich Zinsen als Zuschlag für 10,5 Mehrarbeitsstunden im Juli 2014 verurteilt. Hinsichtlich dieses Teils ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts rechtskräftig. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die vollständige Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage, soweit sie Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrten tarifvertraglichen Mehrarbeitszuschläge für Arbeitsstunden, die nur ihre individuell vereinbarte monatliche Arbeitszeit übersteigen. Dies ergibt eine Auslegung von § 4 Nr. 1 MTV(dazu I.). Mehrarbeitszuschläge für Arbeitsstunden der Klägerin im April 2014, die die Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers übersteigen, sind mangels rechtzeitiger Geltendmachung gemäß § 13 Nr. 1 MTV verfallen(dazu II.).

13

I. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln.

14

1. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. Die Auslegung eines Tarifvertrags durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 2. November 2016 - 10 AZR 615/15 - Rn. 14 mwN).

15

2. Bei der Wortlautauslegung ist, wenn die Tarifvertragsparteien einen Begriff nicht eigenständig definieren, erläutern oder einen feststehenden Rechtsbegriff verwenden, vom allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen. Wird ein Fachbegriff verwendet, der in allgemeinen oder in fachlichen Kreisen eine bestimmte Bedeutung hat, ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien mit diesem Begriff den allgemein üblichen Sinn verbinden wollten, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind, die aus dem Tarifwortlaut oder anderen aus dem Tarifvertrag selbst ersichtlichen Gründen erkennbar sein müssen. Wird ein bestimmter Begriff mehrfach in einem Tarifvertrag verwendet, ist im Zweifel weiter davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dem Begriff im Geltungsbereich dieses Tarifvertrags stets die gleiche Bedeutung beimessen wollen (BAG 2. November 2016 - 10 AZR 615/15 - Rn. 15 mwN).

16

3. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs sind Mehrarbeitszuschläge nach § 4 Nr. 1 MTV nur für Arbeitsstunden zu zahlen, die die tarifvertraglich geregelte Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers übersteigen, nicht aber schon für Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung der Klägerin hinausgehen.

17

a) Der Begriff „Mehrarbeit“ der tarifvertraglichen Regelung hat für sich betrachtet keinen hinreichend konkreten Regelungsgehalt. Soweit man aus dem Wortlaut etwas ableiten kann, spricht dies allerdings eher für ein Verständnis, wonach „Mehrarbeit“ nur die Arbeitsstunden betrifft, die über die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehen.

18

aa) Nach § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 MTV ist „Mehrarbeit“ die „über die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit, die nicht innerhalb des Quartals mit Freizeit ausgeglichen wurde“. Diese Definition lässt offen, ob die „regelmäßige“ Arbeitszeit individuell oder betrieblich zu verstehen ist. Zwar kann die Bezeichnung von Arbeitszeit als „regelmäßig“ in einem Tarifvertrag darauf hindeuten, dass es um die dort geregelte Arbeitszeit geht, die Vollzeitarbeitnehmer betrifft. Allerdings folgt auch die einzelvertraglich vereinbarte Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten „Regelungen“, wie sie die Vertragsparteien getroffen haben.

19

bb) Der Begriff der „Mehrarbeit“ wird weder im allgemeinen Sprachgebrauch noch im juristischen Bereich in klarer Abgrenzung gegenüber dem Begriff der „Überstunden“ verwendet. Ein allgemein gültiges Begriffsverständnis des Inhalts, dass mit „Mehrarbeit“ stets nur Arbeitsstunden bezeichnet werden, die über die im Betrieb übliche Arbeitszeit hinaus geleistet werden, während sich „Überstunden“ auf das Überschreiten der individuellen Arbeitszeit beziehen, besteht nicht.

20

(1) Dies zeigen schon § 7 Abs. 6 und 7 TVöD-AT bzw. TV-L. Dort wird der Begriff „Mehrarbeit“ gerade umgekehrt auf ein Überschreiten der individuellen Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten bezogen und der Begriff „Überstunden“ an der Arbeitszeit von Vollbeschäftigten gemessen. Auch in dem von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag wird in § 3 Abs. 4 betreffend das Weisungsrecht von Vorgesetzten der Begriff „Mehrarbeit“ offenkundig mit dem Überschreiten der individuellen Arbeitszeit in Verbindung gebracht.

21

(2) Demgegenüber wird in der Rechtsprechung verschiedentlich Mehrarbeit „nach dem arbeitsrechtlichen Sprachgebrauch“ bzw. „nach der herkömmlichen arbeitsrechtlichen Begriffsverwendung“ nicht auf individuelle Vereinbarungen bezogen, sondern als die Arbeit angesehen, die über die gesetzliche Arbeitszeit hinausgeht (vgl. BAG 21. November 2006 - 9 AZR 176/06 - Rn. 21; 3. Dezember 2002 - 9 AZR 462/01 - zu A II 1 b aa (1) der Gründe, BAGE 104, 73). Aber selbst im arbeitsrechtlichen Schrifttum werden die Begriffe „Mehrarbeit“ und „Überstunden“ nicht klar voneinander getrennt (vgl. ErfK/Wank 17. Aufl. § 3 ArbZG Rn. 23).

22

(3) Soweit der Begriff „Mehrarbeit“ in gesetzlichen Regelungen verwendet wird, bezieht er sich allerdings durchweg nicht auf das Überschreiten einer individuell vereinbarten Arbeitszeit, sondern auf die regelmäßige betriebliche oder gesetzlich höchstzulässige Arbeitszeit (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 MuSchG, § 21 Abs. 2 iVm. § 8 JArbSchG sowie den bis 30. Juni 1994 geltenden § 15 AZO). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch für den in § 124 SGB IX(vgl. 3. Dezember 2002 - 9 AZR 462/01 - zu A II 1 b aa der Gründe, BAGE 104, 73) und in § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG (vgl. BAG 7. Februar 1985 - 6 AZR 370/82 -) verwendeten Begriff „Mehrarbeit“.

23

b) Der Begriff „regelmäßige Arbeitszeit“ spricht nach Wortlaut und seiner systematischen Verwendung im MTV bereits deutlich für eine Auslegung, wonach „Mehrarbeit“ nur die Arbeitsstunden betrifft, die über die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehen.

24

Zwar ist in § 3 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 MTV, der die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten regelt, von der „durchschnittlichen Arbeitszeit“ die Rede und nicht - wie in § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 MTV, der zuschlagpflichtige Mehrarbeit betrifft - von der „regelmäßigen Arbeitszeit“. Darin liegt aber kein inhaltlicher Unterschied. Die Begriffe „durchschnittlich“ und „regelmäßig“ werden im MTV synonym verwendet. Dies zeigt § 3 Nr. 3 Abs. 1 Satz 2 MTV, der von einer „regelmäßigen 40-Stunden-Woche“ spricht. Die dort geregelte Arbeitszeitverkürzung wird für Teilzeitbeschäftigte in § 3 Nr. 3 Abs. 1 Satz 6 MTV aus einer Gegenüberstellung der „tatsächlich geleisteten, mindestens aber der vereinbarten Arbeitszeit“ eines Teilzeitbeschäftigten mit der „regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit“ gebildet. Dies spricht für das Verständnis, wonach mit „regelmäßiger Arbeitszeit“ - auch im Sinne von § 4 Nr. 1 MTV - die betriebliche Arbeitszeit (eines Vollzeitbeschäftigten) gemäß § 3 MTV gemeint ist.

25

c) Die übrige Systematik der tarifvertraglichen Regelung macht deutlich, dass die „regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit“ iSv. § 4 Nr. 1 MTV die betriebliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers meint und nicht die individuelle Arbeitszeit eines Teilzeitarbeitnehmers.

26

Der MTV beinhaltet eine Reihe von Sonderregelungen für Teilzeitbeschäftigte (vgl. § 3 Nr. 1 Abs. 3 MTV (durchschnittliche Arbeitszeit bis 31. Dezember 2014), § 3 Nr. 2 Abs. 3 MTV (durchschnittliche Arbeitszeit ab 1. Januar 2015), § 3 Nr. 3 Abs. 1 Satz 6 MTV (Arbeitszeitverkürzung für Teilzeitbeschäftigte), § 5 Nr. 4 Abs. 2 MTV (Entgeltfortzahlung), § 5 Nr. 5 Abs. 2 MTV (regelmäßiges Monatseinkommen), § 8 Nr. 13 Abs. 3 Satz 2 MTV (zusätzliches Urlaubsgeld), § 10 Abs. 2 MTV (Jahressonderzuwendung)). Bezüglich der Zuschlagpflicht von Mehrarbeit gemäß § 4 Nr. 1 MTV fehlt eine solche Sonderregel für Teilzeitbeschäftigte. Dies zeigt, dass die Tarifvertragsparteien, die die besondere Stellung von Teilzeitarbeitnehmern im Übrigen vielfältig bedacht haben, für die Zuschlagpflicht von Mehrarbeitsstunden keine Veranlassung sahen, eine Stundengrenze abweichend von der für Vollzeitarbeitnehmer zu schaffen. Soweit im MTV besondere Regelungen für Teilzeitarbeitnehmer getroffen sind, wird dort ferner durchweg von der „vereinbarten“ oder der „tatsächlich geleisteten, mindestens aber der vereinbarten“ Arbeitszeit gesprochen. Diese Systematik unterstreicht, dass der Wortlaut von § 4 Nr. 1 MTV („regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit“) nicht auf die mit Teilzeitbeschäftigten vereinbarte Arbeitszeit bezogen ist.

27

d) Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung bestätigen dieses Auslegungsergebnis.

28

aa) Eine tarifvertragliche Bestimmung, die den Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge allein davon abhängig macht, dass über ein bestimmtes Tages- oder Wochenarbeitsvolumen oder das Monatssoll hinaus gearbeitet wurde, bezweckt regelmäßig, eine grundsätzlich zu vermeidende besondere Arbeitsbelastung durch ein zusätzliches Entgelt auszugleichen (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 358/10 - Rn. 26; 27. August 2008 - 5 AZR 647/07 - Rn. 12 mwN). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Tarifvertrag selbst Anhaltspunkte dafür enthält, dass andere Regelungszwecke im Vordergrund stehen. Ohne solche Anhaltspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, dass es den Tarifvertragsparteien darum geht, durch Verteuerung der über die individuell geschuldete Arbeitsleistung hinausgehenden Arbeitszeiten den individuellen Freizeitbereich zu schützen (BAG 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu III 1 der Gründe; 20. Juni 1995 - 3 AZR 684/93 - zu II 2 b der Gründe). Auf die Frage, welcher Zweck typischerweise mit einer Tarifregelung verfolgt wird, kann es jedoch nicht ankommen, wenn bei mehreren denkbaren Zwecken der von den Tarifvertragsparteien gewollte Zweck durch Tarifauslegung ermittelt werden kann. Dann ist allein dieser Zweck maßgebend, weil er Inhalt der durch die Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) geschützten kollektiven Regelung geworden ist (BAG 25. Juli 1996 - 6 AZR 138/94 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 83, 327).

29

bb) Die tarifvertragliche Regelung benennt selbst nicht unmittelbar den Zweck der Mehrarbeitszuschläge. Zwar kann § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 MTV - wonach Mehrarbeit zu vermeiden ist - für das häufig von Gewerkschaftsseite verfolgte arbeitsmarktpolitische Ziel der Verteilung der Arbeit auf Arbeitslose und der Sicherung von Arbeitsplätzen sprechen. Dies könnte darauf hindeuten, dass Regelungszweck die Zuschlagpflicht für alle Arbeitsstunden ist, die die individuell vereinbarte Arbeitszeit übersteigen. Die Bestimmung kann aber auch so verstanden werden, dass Mehrarbeit wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Belastungen zu vermeiden ist. Insoweit würde ein systematischer Zusammenhang mit der Regelung von Zuschlägen für Nachtarbeit in § 4 Nr. 2 MTV bestehen, die eine vom Gesetzgeber als gesundheitlich belastende Tätigkeit betrifft(vgl. § 1 Nr. 1 iVm. § 6 ArbZG). Dann wäre Anknüpfungspunkt der Zuschläge das Übersteigen einer bestimmten Arbeitszeitdauer, die für Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte nicht unterschiedlich zu beurteilen wäre. Demgegenüber könnten die ebenfalls in § 4 MTV geregelten Zuschläge für Arbeit an Feiertagen(§ 4 Nr. 3 MTV)und an Sonntagen (§ 4 Nr. 4 MTV) für den Schutz des individuellen Freizeitbereichs sprechen, wenngleich sie aber auch den Ausgleich von Erschwernissen für Arbeit zu ungünstigen Zeiten betreffen (vgl. BAG 17. Juni 2015 - 10 AZR 518/14 - Rn. 28).

30

cc) Die quartalsbezogene Betrachtung und Ausgleichsmöglichkeit in § 4 Nr. 1 MTV zeigt aber deutlich, dass die tarifvertragliche Regelung nicht den Schutz des individuellen Freizeitbereichs bezweckt. Eingriffe des Arbeitgebers in den individuellen Freizeitbereich des Arbeitnehmers können ggfs. ohne Mehrarbeitszuschläge dadurch kompensiert werden, dass der Arbeitnehmer in anderen Zeiträumen Freizeit erhält, ohne darüber selbst - etwa im Rahmen eines Arbeitszeitkontos - bestimmen zu können. Damit verbleibt es bei dem regelmäßigen Zweck eines Mehrarbeitszuschlags, durch das zusätzliche Entgelt eine besondere Arbeitsbelastung auszugleichen. Dieser Zweck verlangt einen finanziellen Ausgleich erst dann, wenn die Arbeitszeit Vollzeitbeschäftigter überschritten wird.

31

dd) Soweit die Klägerin meint, mit dem Zuschlag könne kein Ausgleich für die besondere mit der Mehrarbeit verbundene Arbeitsbelastung bezweckt werden, da in § 4 Nr. 1 MTV an das Quartal und nicht die arbeitstägliche Arbeitszeit oder die Wochenarbeitszeit angeknüpft werde, trifft dies nicht zu. Das Bundesarbeitsgericht hat auch bei einem Ausgleichszeitraum von einem Monat als Ausgleichszweck eines Mehrarbeitszuschlags die erhöhten Arbeitsbelastungen durch die Mehrarbeit angesehen (vgl. BAG 11. Juni 2008 - 5 AZR 389/07 - Rn. 12; 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu III 2 e der Gründe). Auch mit § 4 Nr. 1 MTV soll eine Dauerbelastung im Zeitraum eines Quartals ausgeglichen werden. Belastungen innerhalb des Quartals, die über die flexible Arbeitszeitgestaltung ausgeglichen werden, sollen demgegenüber nicht zuschlagpflichtig sein. Diese Annahme liegt in der Einschätzungsprärogative und dem Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien. Ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste oder zweckmäßigste Lösung gefunden haben, unterliegt nicht der gerichtlichen Kontrolle. Das Abstellen auf längere Ausgleichszeiträume ist im Übrigen auch dem ArbZG nicht fremd (vgl. bspw. § 3 Satz 2 ArbZG).

32

e) Angesichts des nach Systematik und Zweck der tarifvertraglichen Regelung klaren Auslegungsergebnisses kommt es auf die Entstehungsgeschichte, die dieses bestätigen würde, nicht weiter an. Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, die tarifvertragsschließende Gewerkschaft habe bei den letzten Tarifvertragsverhandlungen im Dezember 2011 ohne Erfolg gefordert, dass künftig durch eine neue Formulierung Mehrarbeitszuschläge bei Teilzeitarbeitnehmern schon ab Überschreiten der individuell vereinbarten Arbeitszeit gezahlt werden sollen.

33

4. Das vorstehende Auslegungsergebnis verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfG(vgl. BAG 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 -; EuGH 15. Dezember 1994 - C-399/92 -). Eine Ungleichbehandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten ist nicht gegeben. Für die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden wird für Teilzeit- und Vollzeitarbeitnehmer die gleiche Gesamtvergütung geschuldet.

34

II. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung weiterer Mehrarbeitszuschläge für Arbeitsstunden zu, die im streitgegenständlichen Zeitraum die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten übersteigen.

35

1. Die Klägerin hat im streitgegenständlichen Zeitraum nur in den Monaten April, Juli und September 2014 die tarifvertragliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers überschritten, nicht aber in den Monaten Mai, Juni und August 2014. Den insoweit für 6,5 Mehrarbeitsstunden im September 2014 geschuldeten und nicht Gegenstand der Klage gewesenen Zuschlag hat die Beklagte an die Klägerin gezahlt. Zur Zahlung eines Zuschlags für 10,5 Mehrarbeitsstunden im Juli 2014 ist die Beklagte vom Landesarbeitsgericht rechtskräftig verurteilt worden.

36

2. Betreffend 22,5 Mehrarbeitsstunden im April 2014 ist die Klage auf Zahlung eines Zuschlags unbegründet. Der diesbezügliche Anspruch der Klägerin ist mangels rechtzeitiger schriftlicher Geltendmachung gemäß § 13 Nr. 1 MTV verfallen.

37

a) Nach § 13 Nr. 1 MTV müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, anderenfalls sind sie ausgeschlossen.

38

b) Das Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 29. August 2014, welches auch Mehrarbeitszuschläge für April 2014 betraf, ist erst am 8. September 2014 bei der Beklagten eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war die dreimonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs bereits abgelaufen, da der Anspruch bereits Ende Mai 2014 zur Zahlung fällig war.

39

aa) Allerdings sieht die Regelung in § 4 Nr. 1 MTV eine quartalsmäßige Betrachtung und Bezahlung von Mehrarbeit vor. In diesem Fall wäre die schriftliche Geltendmachung rechtzeitig gewesen.

40

bb) Vorliegend haben sich die Parteien aber auf eine von § 4 Nr. 1 MTV abweichende Fälligkeit geeinigt. Mehrarbeitsstunden und deren Zuschläge werden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der Beklagten stets am Ende des Folgemonats abgerechnet und ausgezahlt. Der entsprechenden Handhabung der Beklagten hat die Klägerin konkludent zugestimmt, wie ihre eigene auf die einzelnen Monate bezogene Berechnung zeigt. Da der MTV nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme gilt, konnten die Parteien durch konkludente Vereinbarung von einer quartalsmäßigen Betrachtung und Bezahlung absehen. Die einfache Schriftformklausel in § 9 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags steht dem nicht entgegen(vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 17, BAGE 139, 156).

41

cc) Selbst bei unterstellter beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien und normativer Geltung des MTV würde sich nichts anderes ergeben. Die monatliche Betrachtung der Mehrarbeit und die Fälligkeit der Zuschläge am Ende des Folgemonats stellen im Rahmen des gebotenen Sachgruppenvergleichs (vgl. BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 27 ff. mwN, BAGE 151, 221) eine Regelung zugunsten der Klägerin iSv. § 4 Abs. 3 TVG dar. Mehrarbeitsstunden eines Monats können - anders als von § 4 Nr. 1 Abs. 1 MTV vorgesehen - nicht mit Freizeit in einem anderen Monat des Quartals unter Fortfall der Zuschläge ausgeglichen werden. Die Klägerin hätte bei einer quartalsmäßigen Betrachtung bspw. im zweiten Quartal 2014 keinerlei Mehrarbeitszuschläge zu beanspruchen, da die von ihr geleisteten 513,03 Arbeitsstunden die Mehrarbeitsgrenze von 520,5 Stunden (3 x 173,5 Stunden) nicht überschritten haben. Ferner führt die monatliche Betrachtungsweise zu einer durchweg früheren Fälligkeit der Ansprüche, was ebenfalls für die Klägerin günstiger ist. Die Ausschlussfrist des § 13 Nr. 1 MTV knüpft allein an die Fälligkeit des Anspruchs an, so dass eine frühere Fälligkeit nur zu einer Verschiebung, nicht aber zu einer Verkürzung der Ausschlussfrist führt. Dabei kann die Klägerin bei der monatlichen Betrachtungsweise in dem Maße, wie die Fälligkeit früher eintritt, auch früher feststellen, ob ihr ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge zusteht.

42

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    Schlünder    

        

        

        

    R. Bicknase    

        

    Rudolph    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.