Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 25. Juni 2015 - 2 TaBV 28/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2015:0625.2TABV28.14.0A
25.06.2015

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Tenor

I. Die Beschwerde des zu 2) beteiligten Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.09.2014 - 10 BV 10/14 - wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der im Betrieb der zu 1) beteiligten Arbeitgeberin am 04. und 05. März 2014 durchgeführten Betriebsratswahl, aus der der zu 2) beteiligte Betriebsrat hervorging.

2

Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt als Verkehrsunternehmen Busse und Straßenbahnen in A-Stadt und Umgebung. Auf den ihr gehörenden Fahrzeugen werden auch Fahrer ihrer Tochtergesellschaften A-Stadt V.-Service GmbH und Bus A-Stadt GmbH eingesetzt. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Mitarbeiter der V. und B. in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert und deshalb als Leiharbeitnehmer anzusehen sind. Seit dem Jahr 2002 werden bei der Arbeitgeberin ausscheidende Mitarbeiter des Fahrpersonals nicht durch arbeitsvertraglich an sie angebundene neu eingestellte Mitarbeiter ersetzt.

3

Zur Erstellung der Wählerliste für die Betriebsratswahl 2014 bat der Wahlvorstand mit Schreiben vom 06. Dezember 2013 (Bl. 145 - 147 d. A.) die Arbeitgeberin um Übergabe der darin abgefragten tabellarischen Aufstellungen der Arbeitnehmer(gruppen) mit den jeweils bezeichneten Angaben; wegen der Einzelheiten der erbetenen Informationen wird auf das Schreiben des Wahlvorstands vom 06. Dezember 2013 verwiesen. Daraufhin überließ die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 (Bl. 150 d. A.) dem Wahlvorstand eine von ihr erstellte Liste (Stand: 01. Januar 2014), in der als "Mitarbeiter über 18 männlich" 334 Personen, "Mitarbeiter über 18 weiblich" 49 Personen, "Mitarbeiter unter 18 männlich" 5 Personen, "Leitende Angestellte männlich und weiblich" 5 Personen, "Mitarbeiter Altersteilzeit Freizeitphase - männlich und weiblich" 10 Personen sowie "Mitarbeiter AÜ männlich" 1 Person (Leiharbeitnehmer P. C.) namentlich mit Angabe des Geschlechtes und des Geburtsdatums aufgeführt waren. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 (Bl. 148, 149 d. A.) bat der Wahlvorstand um weitere Angaben (Datum des Eintritts in das Unternehmen; Befristet beschäftigt bis bzw. Austritt am; Betriebsteil; Organisationsbereich/Beschäftigungsart; Angabe der voraussichtlich am Wahltag nicht im Betrieb anwesenden Arbeitnehmer sowie deren Postanschrift zur Zusendung der Briefwahlunterlagen). Mit Schreiben vom 03. Januar 2014 (Bl. 151 d. A.) verwies die Arbeitgeberin darauf, dass sie alle erforderlichen Daten zum Stichtag 01. Januar 2014 zur Verfügung gestellt habe und sie ergänzend eine Liste der Mitarbeiter (Bl. 267 d. A.) beifüge, die zum Zeitpunkt der Wahl noch keine sechs Monate im Betrieb seien.

4

Auf ein zunächst vom Wahlvorstand erstelltes Wahlausschreiben vom 13. Januar 2014 wies die Arbeitgeberin den Wahlvorstand mit Schreiben vom 16. Januar 2014 (Bl. 152, 153 d. A.) auf Folgendes hin:

5

Wahlausschreiben vom 13.01.2014

6

Sehr geehrter Herr C.,
sehr geehrte Damen und Herren,

7

gemäß § 2 Absatz 2 Wahlordnung gilt, dass der Arbeitgeber dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen hat und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen hat. Er hat den Wahlvorstand insbesondere bei Feststellung der in § 5 Abs. 3 des Gesetzes genannten Personen zu unterstützen.

8

Wir haben Ihnen daher mit Schreiben vom 23.12.2013 und 03.01.2014 alle erforderlichen Unterlagen zur Ermittlung der Zahl der Betriebsratsmitglieder gemäß § 9 BetrVG zur Verfügung gestellt.

9

Auch wenn durch das Gesetz für die Betriebsratsgröße allgemein auf die Zahl der regelmäßig im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer abstellt, sind weder die in § 5 Absatz 2 BetrVG genannten Personen noch die leitenden Angestellten nach § 5 Absatz 3 BetrVG bei der Betriebsratsgröße mitzuzählen. Bei der A. sind zum Stichtag 01.01.2014 insgesamt zwei Geschäftsführer und drei Prokuristen beschäftigt.

10

Arbeitnehmer, die sich für die Altersteilzeit im Blockmodell entschieden haben, bleiben wegen fehlender Betriebszugehörigkeit in der Freizeitphase unberücksichtigt (BAG-Urteil 7 ABR 53/02 vom 16.04.2003), da sie mit Beginn der Freizeitphase aus dem Betrieb ausscheiden.

11

Bei der A. sind zum Stichtag 01.01.2014 insgesamt 10 Arbeitnehmer in der Altersteilzeitfreizeitphase.

12

Konzernarbeitnehmer, die im Wege der Konzernleihe vorrübergehend einem anderen Konzernunternehmen zur Arbeitsleistung überlassen werden, zählen nur dann mit, wenn sie regelmäßig beschäftigt werden. Hinzu kommt, dass Leiharbeitnehmer nicht in einer arbeitsvertraglichen Beziehung zu dem Entleiher stehen. Die Voraussetzung ist somit nicht erfüllt.

13

Bei der A. ist zum Stichtag 01.01.2014 ein Arbeitnehmer befristet bis 31.03.2014 ausgeliehen, der Arbeitsplatz wird nur vorübergehend benötigt.

14

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien beschäftigt die A. zum Stichtag 01.01.2014 insgesamt 388 Arbeitnehmer.

15

Daraus resultiert eine Betriebsratsgröße von neun Mitgliedern.

16

Maßgebend für die anstehende Betriebsratswahl ist die Zahl der in der Regel tätigen Arbeitnehmer. Der Wahlvorstand hat bei der Ermittlung der für die Betriebsratsgröße maßgeblichen Arbeitnehmerzahl zwar einen Rückblick auf die Vergangenheit zu werfen, jedoch kommt der vergangenen Entwicklung also nur eine nachgeordnete Bedeutung zu, da der Betriebsrat für die Zukunft gewählt wird. Ebenso hat der Wahlvorstand auch die künftige, auf Grund konkreter Entscheidung des Arbeitgebers zu erwartende Entwicklung des Beschäftigungsstandes des Betriebes zu berücksichtigen (Urteil BAG 16.04.2003). So werden seit dem Jahr 2002 ausscheidende Fahrbedienstete nicht mehr ersetzt. Bei der A. scheiden im Kalenderjahr 2014 ca. 5 Fahrbedienstete in Folge der Inanspruchnahme von Altersrente aus. Im weiteren Verlauf der Wahlperiode, also die Jahre 2015 bis 2018 scheiden ca. 50 weitere Fahrbedienstete aus.

17

Dem maßgeblichen Schwellenwert von 400 Beschäftigten, für die Rechtfertigung einer Betriebsratsgröße von 11 Mitgliedern, wird sich folglich in der nahen Zukunft immer weiter entfernt.

18

Gemäß § 24 Absatz 2WO erhalten Wahlberechtigte, von denen dem Wahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden, automatisch die schriftlichen Wahlunterlagen zugeschickt. Dies ist für unsere Fahrbediensteten, welche auf Grund des Schichtturnus an beiden Wahltagen nicht im Betrieb sein werden, von maßgeblicher Bedeutung.

19

Im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit machen wir den Wahlvorstand rechtzeitig auf die nach unserem Ermessen heilbaren Mängel im Wahlausschreiben aufmerksam.

20

Wir bitten um entsprechende Prüfung sowie Stellungnahme zu unserer Rechtsauffassung bis 23.01.2014.

21

Für ein persönliches Gespräch stehen wir gerne zur Verfügung.

22

Sodann erließ der Wahlvorstand am 16. Januar 2014 das zuletzt erstellte Wahlausschreiben (Bl. 330, 331 d. A.), in dem es u. a. heißt:

23

ACHTUNG neues Wahlausschreiben

24

Aushang am 16.01.2014 um 12:00 Uhr
Ende des Aushangs am 05.03.2014 um 14:00 Uhr

25

Wahlausschreiben für die Wahl des Betriebsrats im Betrieb

A.

26

In unserem Betrieb A. soll nach den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ein Betriebsrat gewählt werden. Das hierzu notwendige Wahlverfahren wird mit Erlass dieses Wahlausschreibens am heutigen Tag, dem 16.01.2014 eingeleitet (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Wahlordnung-WO).

27

Die Wahl des Betriebsrats findet am 04.03.2014 in der Zeit von 03:00 bis 22:00 Uhr und am 05.03.2014 von 03:00 bis 14:00 Uhr statt.

28

Das Wahllokal befindet sich im Ruheraum, K.-K.-R., Zwischenetage.

29

Der zu wählende Betriebsrat besteht insgesamt aus 11 Mitgliedern.

30

Da im Betrieb 52 Frauen und 352 Männer beschäftigt sind, ist die Gruppe der Frauen in der Minderheit. Nach § 15 Abs. 2 BetrVG muss das in der Minderheit befindliche Geschlecht im Betriebsrat mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein, wenn der Betriebsrat aus mindestens 3 Mitgliedern besteht. Daher muss mindestens 1 Betriebsratssitz durch eine Frau besetzt werden.

31

(…)

32

Unter Bezugnahme auf das am 24. Januar 2014 geführte Gespräch teilte die Arbeitgeberin dem Wahlvorstand mit Schreiben vom 29. Januar 2014 (Bl. 155, 156 d. A.) Folgendes mit:

33

Sehr geehrter Herr C.,
sehr geehrte Damen und Herren,

34

in unserem gemeinsamen Gespräch am 24.01.2014 zwischen dem Wahlvorstand und der Geschäftsführung der A. - vertreten durch Herrn G. R. - sowie dem Personalreferat - vertreten durch Frau M. - haben wir uns über die Größe des zu wählenden Betriebsrats bei der A. ausgetauscht.

35

Die Geschäftsführung der A. hat rechtlich prüfen lassen, ob Mitarbeiter/innen aus anderen Unternehmen bei der Betriebsratsgröße einzubeziehen sind.

36

Wie am 24.01.2014 besprochen, stellen wir Ihnen die entsprechenden Zahlen zur Verfügung.

37

Mit Stand 01.01.2014 bei der beschäftigte Mitarbeiterinnen

        

und Mitarbeiter

404

Davon sind bei der Betriebsratsgröße nicht zu berücksichtigen

        

     - Mitarbeiter/-innen in Freizeitphase der

        

       Altersteilzeit

 10

     - Leitende Angestellte (Geschäftsführung/

        

       Prokuristen)

 5

     - Austritte vor der Betriebsratswahl

 4

                 

Zwischensumme

385

                 

Zuzüglich folgender Mitarbeiter/-innen

        

     - Eintritt vor der Betriebsratswahl

 2

     - Mitarbeiter/-innen Arbeitnehmerüberlassung

 1

     - Mitarbeiter/-innen anderer Unternehmen

 8

                 

Summe 

396

38

Die A. wird in naher Zukunft den maßgeblichen Schwellenwert von 400 Beschäftigten nicht erreichen. Daraus resultiert eindeutig eine Betriebsratsgröße von neun Mitgliedern.

39

Unberücksichtigt sind weiterhin eventuelle Austritt auf Grund der zu erwartenden Gesetzesänderung "Rente mit 63".

40

Ergänzend hierzu erhielt der Wahlvorstand ein weiteres Schreiben der Arbeitgeberin vom 29. Januar 2014 (Bl. 157 d. A.) mit folgendem Inhalt:

41

Sehr geehrter Herr C.,
sehr geehrte Damen und Herren,

42

ergänzend zu unserem heutigen Schreiben teilen wir Ihnen folgenden Namen mit.

43

A., A.
B., E.
E., A.
G., R.
J., T.
M., W.
Sch., M.
U., F.

44

Diese Mitarbeiter/-innen anderer Unternehmen sind nach Prüfung des Einzelfalls bei der Betriebsratsgröße mitzuzählen.

45

Unter dem 30. Januar 2014 legte Frau R. H. beim Wahlvorstand Einspruch gegen die Wählerliste mit der Begründung ein, dass die von ihr aufgeführten Wahlberechtigten, die bis auf Herrn M. Sch. den von der Arbeitgeberin ergänzend mit Schreiben vom 29. Januar 2014 mitgeteilten Namen entsprechen, fehlen würden (Bl. 158 d. A.).

46

Am 31. Januar 2014 hielt der Wahlvorstand eine Sitzung ab, in der nach dem Protokoll vom 31. Januar 2014 (Bl. 160, 161 d. A.) folgende Themen behandelt bzw. Beschlüsse gefasst wurden:

47

Betriebsratswahl 2014

48

Der Wahlvorstand geht davon aus, dass es noch weitere Mitarbeiter gibt, die zu den Arbeitnehmern zu zählen sind.

49

Als Beispiel wurden die Namen:

50

A. B.
M. P.
H. P.
1 Praktikant bei V.

51

Des weiteren

52

H. P.
H. D. (A. Botschafter)

53

aufgeführt.

54

Nach anschließender Beratung beschließt der Wahlvorstand, die Wahl mit der Ausschreibung von 11 Betriebsratsmitgliedern fort zuführen.

55

Abstimmung: JA: 3 NEIN: 0 ENTHALTUNG: 0

56

Einspruch gegen die Wählerliste

57

Am 30.01.2014 ist ein Einspruch gegen die Wählerliste eingegangen.

58

Der Wahlvorstand hat beschlossen, dass der Einspruch berechtigt ist. Die Wählerliste wurde, wie beantragt korrigiert.

59

Die aufgeführten Personen des Schreibens vom 30.01.2014 wurden der Wählerliste hinzugefügt.

60

Abstimmung: JA: 3 NEIN: 0 ENTHALTUNG:

61

(…)

62

Die vom Wahlvorstand abschließend erstellte und ausgehängte Wählerliste (Bl. 67 - 77 d. A.) enthält eine "Wählerliste Frauen" mit 53 Arbeitnehmerinnen und eine "Wählerliste Männer" mit 342 Arbeitnehmern, wobei Herr H.-G. D. unter Nr. 59 und 60 doppelt aufgeführt ist. In der "Wählerliste Frauen" sind auch Frau H. Z. und K. H.-L. sowie in der "Wählerliste Männer" auch Herr W. D. und G. U. aufgeführt, die - gemäß dem der Wählerliste beigefügten Vermerk über die vorgenommenen Änderungen (Bl. 77 d. A.) - jeweils vor dem angesetzten Wahltermin aus dem Arbeitsverhältnis zur Arbeitsgeberin ausgeschieden sind. Weiterhin sind in der Wählerliste nach dem Änderungsvermerk die von der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 29. Januar 2014 genannten acht Mitarbeiter anderer Unternehmen als wahlberechtigte, aber nicht wählbare Arbeitnehmer aufgeführt. Zudem sind nach dem Änderungsvermerk Frau R. B. und Herr E. R. als neu eingestellte Mitarbeiter in die Wählerliste aufgenommen worden. Hingegen wurden die nach dem Beschluss des Wahlvorstandes vom 30. Januar 2014 als Arbeitnehmer zu zählenden Mitarbeiter A. B., M. P., H. P., ein Praktikant bei A., H. P. und H. D. nicht in die Wählerliste aufgenommen.

63

Bei der am 04./05. März 2014 durchgeführten Betriebsratswahl wurden elf Betriebsratsmitglieder gewählt. Das Wahlergebnis wurde am 05. März 2014 bekannt gemacht; wegen der Einzelheiten wird auf die "Bekanntmachung der Gewählten gemäß § 18 Wahlordnung" vom 05. März 2014 (Bl. 270, 271 d. A.) Bezug genommen.

64

Mit ihrem am 19. März 2014 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Antrag hat die Arbeitgeberin die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl vom 04./05. März 2014 geltend gemacht und zur Begründung insbesondere angeführt, es hätten nur neun Betriebsratsmitglieder gewählt werden dürfen, weil in ihrem Betrieb nicht mehr als 400 Mitarbeiter im Sinne des § 9 BetrVG beschäftigt seien.

65

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Beteiligten erster Instanz wird Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. September 2014 - 10 BV 10/14 - (Ziffer I. der Gründe = Bl. 337 - 356 d. A.).

66

Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich beantragt

67

festzustellen, dass die Betriebsratswahl vom 05. März 2014 unwirksam ist.

68

Der Betriebsrat hat beantragt,

69

den Antrag zurückzuweisen.

70

Mit seinem Beschluss vom 10. September 2014 - 10 BV 10/14 - hat das Arbeitsgericht Mainz die Betriebsratswahl vom 04./05. März 2014 für unwirksam erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Wahl vom 04. März 2014 sei ohne Berücksichtigung der vom Wahlvorstand zur Begründung der Betriebsgröße herangezogenen Mitarbeiter der V. und B. wegen Verstoßes gegen § 9 BetrVG unwirksam, weil die Arbeitgeberin dann in der Regel nicht mehr als 400 Arbeitnehmer im Sinne des § 9 BetrVG beschäftige. In der Wählerliste, die der Wahlvorstand nach Korrektur der Wahl zugrunde gelegt habe, seien insgesamt 394 Personen aufgeführt. Davon seien die Mitarbeiter U. und D. sowie die Mitarbeiterinnen Z. und H.-L. abzuziehen, weil sie vor der Betriebsratswahl endgültig aus dem Betrieb ausgeschieden seien und Mitarbeiter des Fahrdienstes unstreitig nicht ersetzt würden. Vom Ausscheiden der Mitarbeiter H.-L., Z. und D. sowie U. habe der Wahlvorstand bei Erlass des Wahlausschreibens Kenntnis gehabt. Das Ausscheiden der vier besagten Mitarbeiter und die Tatsache, dass das Fuhrpersonal nicht wiederbesetzt werde, hätte der Wahlvorstand bei der Bestimmung der Betriebsgröße nach § 9 BetrVG berücksichtigen müssen. Zu den danach verbleibenden 390 Mitarbeitern seien die fünf Auszubildenden hinzuzurechnen, so dass sich 395 Mitarbeiter ergeben würden. Selbst wenn man die zwischen den Beteiligten noch streitigen Mitarbeiter P., D., B. und den Praktikanten berücksichtigen würde, wären dies nur 399 Mitarbeiter, so dass die Grenze von 400 Arbeitnehmern im Sinne des § 9 BetrVG auch unter Berücksichtigung eines Beurteilungsspielraumes des Wahlvorstandes nicht überschritten würde. Aber auch in dem Falle, dass die Mitarbeiter der V. bzw. der B. gemäß der Ansicht des Betriebsrates bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen seien, wäre die Wahl unwirksam. In diesem Fall hätte der Wahlvorstand diese Mitarbeiter aufgrund ihrer dann bestehenden aktiven Wahlberechtigung nach § 7 S. 2 BetrVG in die Wählerliste aufnehmen müssen. Im Falle der Durchführung einer Verhältniswahl hätte eine Änderung der Zahl der abgegebenen Stimmen ab einer Mehrstimmenzahl für Liste 3 von vier Personen schon zu einem anderen Wahlergebnis geführt, so dass bereits bei Berücksichtigung der 21 namentlich benannten Mitarbeiter der Firma V. der Mangel das Wahlergebnis beeinflusst habe und die Wahl aufgrund Verstoßes gegen § 7 BetrVG, § 4 Abs. 3 WO ebenfalls unwirksam sei. Der Wahlvorstand könne sich nicht darauf zurückziehen, er sei sich unsicher in der Beurteilung gewesen, ob die Mitarbeiter der V. und B. auf die Wählerliste hätten gestellt werden müssen. Soweit der Wahlvorstand meine, diese Mitarbeiter nur bei der Betriebsgröße, nicht aber bei der Wahlberechtigung berücksichtigen zu müssen, sei dies widersprüchlich. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf Ziffer II. der Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

71

Gegen den ihm am 06. November 2014 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 06. November 2014, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 10. November 2014 eingegangen, Beschwerde eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 03. Februar 2015 mit Schriftsatz vom 03. Februar 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

72

Er trägt vor, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass bei der Arbeitgeberin ein zu großer Betriebsrat gewählt worden sei. Bei der Berechnung der Betriebsgröße ohne Heranziehung der Mitarbeiter der V. und der B. sei das Arbeitsgericht zwar zutreffend von 394 Arbeitnehmern ausgegangen. Es habe jedoch dann rechtsfehlerhaft die Arbeitnehmer U. und D. sowie die Arbeitnehmerinnen Z. und H.-L. in Abzug gebracht. Für die Mitgliederzahl des zu wählenden Betriebsrates sei von der Zahl der bei Erlass des Wahlausschreibens "in der Regel" beschäftigten Arbeitnehmer auszugehen, so dass für die Betriebsratsgröße unerheblich sei, dass die vorgenannten vier Arbeitnehmer nach Erlass des Wahlausschreibens aus dem Betrieb der Arbeitgeberin ausgeschieden seien. Danach hätte das Arbeitsgericht nicht offen lassen dürfen, ob der gekündigte Mitarbeiter B. sowie der bei der Arbeitgeberin beschäftigte Praktikant B. zur Bestimmung der Betriebsratsgröße hätte herangezogen werden müssen. Im Hinblick darauf, dass das Arbeitsverhältnis des Herrn B. nach dem abgeschlossenen Vergleich bis zum 30. Juni 2014 bestanden habe, sei er auch bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen. Gleiches gelte für den Praktikanten B. Der Wahlvorstand habe davon ausgehen müssen, dass es sich bei dem Praktikum um eine privatrechtliche Beziehung zur Arbeitgeberin handele, weil bei dieser in der Vergangenheit ausschließlich Praktikanten auf Basis eines entsprechenden Praktikumsvertrages eingesetzt worden seien. Mithin ergebe sich eine Betriebsgröße von 401 Arbeitnehmern. Der Wahlvorstand sei auch nicht gehalten gewesen, zukünftige Personalrückgänge zu berücksichtigen. Auch wenn bei der Arbeitgeberin unstreitig der Beschluss der Geschäftsführung vorliege, dass frei werdende Stellen im Bereich der Abteilung Fahrdienst nicht mehr durch Neueinstellungen bei der Arbeitgeberin besetzt werden sollten, bedeute dies jedoch nicht, dass der Betrieb schrumpfe. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich das Fahrangebot der Arbeitgeberin nicht verringere, sondern der Bus- und Straßenbahnverkehr in gleichbleibender Frequenz aufrechterhalten werde. Ein echter Wegfall von Arbeitsplätzen wäre nur dann anzunehmen, wenn die frei werdenden Stellen ersatzlos gestrichen würden, was jedoch hier gerade nicht der Fall sei. Vielmehr würden die Fahrerstellen mit Arbeitnehmern der Tochtergesellschaften V. und B. nachbesetzt, indem diese in den Fahrzeugen der Arbeitgeberin in deren Namen ihren Dienst versehen würden. Gemäß der zutreffenden Auffassung des Arbeitsgerichts erfülle dies die Voraussetzungen des § 7 S. 2 BetrVG, wonach diese Mitarbeiter als Leiharbeitnehmer bei der Bestimmung der Betriebsgröße zu berücksichtigen seien. Auch wenn bei der Arbeitgeberin zwar ein Rückgang des eigenen Fahrpersonals zu verzeichnen sei, würden diese frei werdenden Stellen jedoch durch Leiharbeitnehmer der Tochtergesellschaften wiederbesetzt, die dann wiederum als Leiharbeitnehmer bei der Bestimmung der Betriebsratsgröße zu berücksichtigen seien. Demzufolge sei auch die Annahme des Arbeitsgerichts falsch, dass der Wahlvorstand den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht ordnungsgemäß ausgeübt haben solle. Vielmehr habe das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft die gerichtliche Überprüfung des Beurteilungsspielraums des Wahlvorstandes unzulässig ausgedehnt, indem es auf die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vorliegenden Umstände abgestellt und damit eine volle gerichtliche Überprüfung dieser Beurteilung vorgenommen habe. Das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Betriebsratswahl auch unter Berücksichtigung der Mitarbeiter der V. und der B. als unwirksam anzusehen sei. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts habe der Wahlvorstand keine sichere Kenntnis darüber gehabt, dass weitere 21 Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen seien. Vielmehr sei lediglich argumentativ ausgeführt worden, dass es neben den 401 Mitarbeitern noch weitere Arbeitnehmer gebe, deren Status unbekannt gewesen sei, die jedoch für die interne Willensbildung des Wahlvorstandes indiziell herangezogen worden seien, um die Beurteilung einer Betriebsgröße von 401 oder mehr zu untermauern. Die Auffassung des Wahlvorstandes habe folglich nur interne Bedeutung gehabt, während keinesfalls hierdurch Entscheidungen über den Status einzelner Arbeitnehmer hätten getroffen werden sollen. Hierüber habe der Wahlvorstand keine Informationen erhalten, so dass ihm im Zeitpunkt des Wahlausschreibens auch keine "tatsächlichen Informationen" vorgelegen hätten. Entgegen der Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts sei die Wählerliste des Wahlvorstandes nicht fehlerhaft, sondern basiere auf den Informationen, die dem Wahlvorstand zur Verfügung gestanden hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens des Betriebsrats wird auf die Beschwerdebegründung vom 03. Februar 2015 verwiesen.

73

Der Betriebsrat beantragt,

74

den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. September 2014 - 10 BV 10/14 - abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

75

Die Arbeitgeberin beantragt,

76

die Beschwerde zurückzuweisen.

77

Sie erwidert, das Arbeitsgericht sei zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass die Wahl alternativ wegen Verstoßes gegen § 9 BetrVG aufgrund fehlerhafter Bestimmung der Größe des zu wählenden Betriebsrats oder wegen Zugrundelegung einer fehlerhaften Wählerliste unwirksam sei. Im Hinblick darauf, dass die Zahl der Arbeitnehmer in der Regel nicht mehr als 400 im Sinne des § 9 BetrVG betragen habe, wäre ein neunköpfiger Betriebsrat zu wählen gewesen. Der Wahlvorstand hätte das Ausscheiden der Arbeitnehmer U., D., Z. und H.-L. vor der Betriebsratswahl berücksichtigen können und müssen. Dementsprechend habe das Arbeitsgericht die weiteren Mitarbeiter P., D., B. und den Praktikanten außer Acht lassen können, weil die Schranke von 400 nicht überschritten worden sei. Tatsächlich gehe auch der Betriebsrat nicht davon aus, dass die Mitarbeiter P. und D. zu berücksichtigen gewesen wären, weil zu diesen beiden Mitarbeitern zweitinstanzlich nichts vorgetragen worden sei. Herr B. sei aufgrund seiner außerordentlichen Kündigung vom 29. November 2013 zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens und der Betriebsratswahl nicht Beschäftigter bei ihr gewesen. Der Praktikant B. habe in der Zeit vom 17. Februar bis 16. Mai 2014 im Rahmen seines Studiums sein Pflichtzwischenpraktikum absolviert, so dass er für die Frage der regelmäßig Beschäftigten nicht relevant sei. Insgesamt sei das Arbeitsgericht zu dem richtigen Ergebnis gekommen, dass für den Fall, dass die Mitarbeiter der V. und B. bei der Betriebsgröße nicht zu berücksichtigen gewesen wären, der Beurteilungsspielraum des Wahlvorstandes falsch ausgeübt worden sei. Falls die Mitarbeiter der V. bei der Betriebsgröße mit zu berücksichtigen gewesen wären, hätten diese aber auch in die Wählerliste aufgenommen werden müssen, so dass die eigene Argumentation des Betriebsrates unmittelbar zu einem weiteren Unwirksamkeitstatbestand führe. Entweder gehörten diese Mitarbeiter dazu, dann hätten sie auf die Wählerliste gehört, oder sie gehörten nicht dazu, dann seien sie auch bei der Betriebsgröße nicht zu berücksichtigen. Der Betriebsrat hätte sich daher in seiner Argumentation entscheiden müssen. Daraus ergebe sich, dass nach dem eigenen Vortrag des Betriebsrates eine unwirksame Betriebsratswahl vorliege, und zwar egal welcher Argumentation man folge.

78

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

79

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht dem Wahlanfechtungsantrag stattgegeben. Die Betriebsratswahl ist nach § 19 Abs. 1 BetrVG unwirksam, weil gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens verstoßen wurde.

80

Nach § 19 BetrVG kann die Betriebsratswahl vom Arbeitgeber angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen liegen vor.

81

Das Arbeitsgericht hat zu Recht offen gelassen, ob die bei der A-Stadt V. und/oder der Bus A-Stadt GmbH beschäftigten Arbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt sind oder nicht, weil die Wahl in beiden Alternativen entweder wegen Verstoßes gegen § 9 BetrVG oder gegen § 7 S. 2 BetrVG unwirksam ist.

82

1. Der Wahlvorstand hat die bei der V. und bei der B. beschäftigten Arbeitnehmer bei der Betriebsratswahl nicht als im Betrieb der Arbeitgeberin nach § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigt behandelt und sie nicht in die Wählerliste aufgenommen. Ohne Berücksichtigung dieser Arbeitnehmer sind nach den maßgebenden Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens im Betrieb der Arbeitgeberin nicht mehr als 400 Arbeitnehmer in der Regel beschäftigt, so dass nicht elf, sondern nur neun Betriebsratsmitglieder hätten gewählt werden dürfen.

83

a) Die Betriebsgröße knüpft an die Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer an. Dabei kommt es - entgegen der Ansicht des Betriebsrats - nicht auf die Belegschaftsstärke an einem bestimmten Stichtag, z. B. am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens oder am Tag der Betriebsratswahl, an, sondern auf die Anzahl der "in der Regel" Beschäftigten (BAG 12. September 2012 - 7 ABR 37/11 - Rn. 12, NZA-RR 2013, 197). Der Wahlvorstand hat für die Feststellung der Arbeitnehmerzahl nicht nur den Personalbestand in der Vergangenheit zugrunde zu legen, sondern auch die künftige, aufgrund konkreter Entscheidungen des Arbeitgebers zu erwartende Entwicklung des Beschäftigungsstandes einzubeziehen; dabei sind die Verhältnisse bei Erlass des Wahlausschreibens maßgebend (BAG 15. März 2006 - 7 ABR 39/05 - Rn. 13, juris). § 9 BetrVG ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht. Wird ein Betriebsrat mit zu hoher Mitgliederzahl gewählt, so kann das Wahlergebnis nicht berichtigt werden; eine auf diesem Fehler beruhende Wahl ist insgesamt für unwirksam zu erklären (BAG 12. September 2012 - 7 ABR 37/11 - Rn. 12, NZA-RR 2013, 197).

84

b) Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird ohne Berücksichtigung der bei der V. und B. beschäftigten Arbeitnehmer die für eine Wahl von elf Betriebsratsmitgliedern nach § 9 BetrVG erforderliche Betriebsgröße nicht erreicht.

85

Bei Zugrundelegung der vom Wahlvorstand erstellten Wählerliste sind darin insgesamt 394 Arbeitnehmer aufgeführt, wovon auch der Betriebsrat selbst ausgeht. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht hiervon zu Recht die vier bereits vor der Betriebsratswahl ausgeschiedenen Arbeitnehmer in Abzug gebracht. Nach dem Beschluss der Geschäftsführung der Arbeitgeberin werden seit dem Jahr 2002 unstreitig die frei werdenden Stellen im Bereich der Abteilung Fahrdienst nicht mehr durch Neueinstellungen bei der Arbeitgeberin besetzt. Das Arbeitsgericht hat in seinem Beschluss (S. 25 unten) festgestellt, dass der Wahlvorstand vom Ausscheiden der Arbeitnehmer H.-L., Z., D. und U. bei Erlass des Wahlausschreibens Kenntnis hatte. Im Übrigen hatte die Arbeitgeberin den Wahlvorstand in ihrem Schreiben vom 16. Januar 2014 (Bl. 152, 153 d. A.) vor dem zuletzt ausgehängten Wahlausschreiben vom 16. Januar 2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seit dem Jahr 2002 ausscheidende Fahrbedienstete nicht mehr ersetzt würden und bereits im Kalenderjahr 2014 ca. fünf Fahrbedienstete infolge der Inanspruchnahme von Altersrente ausscheiden würden, so dass der maßgebliche Schwellenwert von 400 Beschäftigten nicht erreicht werde, sondern sich die Betriebsgröße künftig weiter verringere. Auch wenn die Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens maßgebend sind, hätte der Wahlvorstand nicht nur den Personalbestand im Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens zugrunde legen dürfen, sondern auch die künftige, aufgrund des Beschlusses der Geschäftsführung der Arbeitgeberin zu erwartende Entwicklung des Beschäftigtenstands einbeziehen müssen. Danach sind jedenfalls die bereits vor der Betriebsratswahl ausgeschiedenen vier Arbeitnehmer, deren Stellen bei der Arbeitgeberin nach dem Beschluss ihrer Geschäftsführung nicht wiederbesetzt werden, in Abzug zu bringen. Zu den danach verbleibenden 390 Arbeitnehmern auf der Wählerliste sind gemäß der Berechnung des Arbeitsgerichts die fünf Auszubildenden hinzuzurechnen, so dass sich 395 für die Betriebsgröße berücksichtigungsfähige Arbeitnehmer ergeben. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht zu Recht offen gelassen, ob die zwischen den Beteiligten streitigen Mitarbeiter (Herr B. und der Praktikant B. sowie die zweitinstanzlich nicht mehr angeführten Mitarbeiter P. und D.) hätten berücksichtigt werden müssen, weil auch dann mit 399 Arbeitnehmern die Grenze von 400 in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer nicht überschritten würde. Auch wenn man dem Wahlvorstand bei der Beurteilung der Betriebsgröße einen Beurteilungsspielraum einräumt, sind gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts - ohne Berücksichtigung der bei der V. und B. beschäftigten Arbeitnehmer -jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass künftig eine Betriebsgröße von mehr als 400 in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer erreicht werden könnte.

86

2. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Arbeitnehmer bei der V. und/oder der B als gemäß § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigte Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind, liegt in der Nichtzulassung dieser wahlberechtigten Arbeitnehmer zur Betriebsratswahl ein Verstoß gegen § 7 S. 2 BetrVG, der ebenfalls zur Unwirksamkeit der Wahl führt.

87

Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden (§ 7 S. 2 BetrVG). Diese nach § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigten Arbeitnehmer sind dann auch bei der Größe des Betriebsrats zu berücksichtigen (BAG 13. März 2013 - 7 ABR 69/11 - NZA 2013, 789). Im Hinblick darauf, dass die Wahlberechtigung der Arbeitnehmer nach § 7 S. 2 BetrVG und deren Berücksichtigung bei der Betriebsgröße nach § 9 BetrVG nicht unterschiedlich beurteilt werden kann, hätte sich der Wahlvorstand entscheiden müssen, ob er diese Arbeitnehmer bei der Wahl berücksichtigen will oder nicht. Seine Entscheidung, die bei einem anderen Unternehmen (V. oder B.) beschäftigten Arbeitnehmer bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen, bei der Wahlberechtigung hingegen nicht, ist gemäß der zutreffenden Bewertung des Arbeitsgerichts in sich widersprüchlich. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats ist unerheblich, dass die Arbeitnehmer der V. und B. auf den von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Listen nicht aufgeführt waren und der Wahlvorstand in seiner rechtlichen Beurteilung hinsichtlich einer Berücksichtigung dieser Arbeitnehmer unsicher war. Zwar hat der Arbeitgeber dem Wahlvorstand nach § 2 Abs. 2 WO alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Feststellung, welche Arbeitnehmer wahlberechtigt sind, obliegt aber nicht der Arbeitgeberin, sondern zunächst dem Wahlvorstand. Soweit nach der Auffassung des Wahlvorstands Arbeitnehmer anderer Unternehmen als gemäß § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigte Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind, hat er ggf. die für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte beim Arbeitgeber einzuholen bzw. gerichtlich durchzusetzen. Gelangt der Wahlvorstand zu der Einschätzung, dass die Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens als Leiharbeitnehmer bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen sind, muss er sie auch als wahlberechtigte Arbeitnehmer in die Wählerliste aufnehmen. Im Zusammenhang mit der Betriebsratswahl obliegt die Entscheidung über die Wahlberechtigung eines Arbeitnehmers zunächst dem Wahlvorstand (§§ 2, 4 Abs. 2 WO); dessen Entscheidung ist im Beschlussverfahren überprüfbar (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Koch 14. Aufl. § 7 BetrVG, Rn. 10; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 7 Rn. 96). Das Wahlanfechtungsrecht des Arbeitgebers hängt dabei nicht davon ab, dass Arbeitnehmer zuvor Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt haben (Fitting BetrVG 27. Aufl. § 19 Rn. 14 und § 4 WO Rn. 5). Der selbst nicht einspruchsberechtigte Arbeitgeber kann bei Unrichtigkeit der Wählerliste nach Ablauf der Wahl eine Wahlanfechtung durchführen (Fitting BetrVG 27. Aufl. § 4 WO Rn. 3). Werden nach § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigte Arbeitnehmer nicht zur Wahl zugelassen, liegt darin ein die Anfechtung begründender Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift (Fitting BetrVG 27. Aufl. § 19 Rn. 11).

88

Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts beeinflusst ein Verstoß gegen § 7 S. 2 BetrVG vorliegend auch das Wahlergebnis, weil eine Änderung der Zahl der abgegebenen Stimmen ab einer Mehrstimmenzahl für Liste 3 von vier Personen unstreitig schon zu einem anderen Wahlergebnis geführt hätte.

89

Im Hinblick darauf, dass die Wahl vom 04./05. März 2015 gemäß der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts alternativ wegen Verstoßes gegen § 9 BetrVG oder gegen § 7 BetrVG unwirksam ist, kann offen bleiben, ob weitere der gerügten Wahlmängel vorliegen.

90

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 92 Abs. 1 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 5 Arbeitnehmer


(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäfti

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 92 Rechtsbeschwerdeverfahren, Grundsatz


(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Sa

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 19 Wahlanfechtung


(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 7 Wahlberechtigung


Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb einges

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 9 Zahl der Betriebsratsmitglieder *)


Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel 5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus einer Person, 21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern, 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern, 101

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 15 Zusammensetzung nach Beschäftigungsarten und Geschlechter *)


(1) Der Betriebsrat soll sich möglichst aus Arbeitnehmern der einzelnen Organisationsbereiche und der verschiedenen Beschäftigungsarten der im Betrieb tätigen Arbeitnehmer zusammensetzen. (2) Das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderhe

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Bundesarbeitsgericht Beschluss, 13. März 2013 - 7 ABR 69/11

bei uns veröffentlicht am 13.03.2013

Tenor Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1. bis 14. wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 2. August 2011 - 7 TaBV 66/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 12. Sept. 2012 - 7 ABR 37/11

bei uns veröffentlicht am 12.09.2012

Tenor Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 27. April 2011 - 3 TaBV 36/10 - wird zurückgewiesen.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 25. Juni 2015 - 2 TaBV 28/14.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 23. Apr. 2015 - 2 TaBVGa 1/15

bei uns veröffentlicht am 23.04.2015

Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Die Beschwerde der zu 1) - 5) beteiligten Antragsteller gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 15. April 2015 - 8 BVGa 2/15 - wird zurückgewiesen. Gründe I. 1 Die Beteiligten st

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Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel
5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus einer Person,
21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern,
51 wahlberechtigten Arbeitnehmern
bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern,
101 bis 200 Arbeitnehmern aus 7 Mitgliedern,
201 bis 400 Arbeitnehmern aus 9 Mitgliedern,
401 bis 700 Arbeitnehmern aus 11 Mitgliedern,
701 bis 1.000 Arbeitnehmern aus 13 Mitgliedern,
1.001 bis 1.500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern,
1.501 bis 2.000 Arbeitnehmern aus 17 Mitgliedern,
2.001 bis 2.500 Arbeitnehmern aus 19 Mitgliedern,
2.501 bis 3.000 Arbeitnehmern aus 21 Mitgliedern,
3.001 bis 3.500 Arbeitnehmern aus 23 Mitgliedern,
3.501 bis 4.000 Arbeitnehmern aus 25 Mitgliedern,
4.001 bis 4.500 Arbeitnehmern aus 27 Mitgliedern,
4.501 bis 5.000 Arbeitnehmern aus 29 Mitgliedern,
5.001 bis 6.000 Arbeitnehmern aus 31 Mitgliedern,
6.001 bis 7.000 Arbeitnehmern aus 33 Mitgliedern,
7.001 bis 9.000 Arbeitnehmern aus 35 Mitgliedern.
In Betrieben mit mehr als 9.000 Arbeitnehmern erhöht sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder.
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*)
Gemäß Artikel 14 Satz 2 des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-Reformgesetz) vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) gilt § 9 (Artikel 1 Nr. 8 des BetrVerf-Reformgesetzes) für im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Betriebsräte erst bei deren Neuwahl.

(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

(1) Der Betriebsrat soll sich möglichst aus Arbeitnehmern der einzelnen Organisationsbereiche und der verschiedenen Beschäftigungsarten der im Betrieb tätigen Arbeitnehmer zusammensetzen.

(2) Das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, muss mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein, wenn dieser aus mindestens drei Mitgliedern besteht.
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*)
Gemäß Artikel 14 Satz 2 des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-Reformgesetz) vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) gilt § 15 (Artikel 1 Nr. 13 des BetrVerf-Reformgesetzes) für im Zeitraum des Inkrafftretens bestehende Betriebsräte erst bei deren Neuwahl.

Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel
5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus einer Person,
21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern,
51 wahlberechtigten Arbeitnehmern
bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern,
101 bis 200 Arbeitnehmern aus 7 Mitgliedern,
201 bis 400 Arbeitnehmern aus 9 Mitgliedern,
401 bis 700 Arbeitnehmern aus 11 Mitgliedern,
701 bis 1.000 Arbeitnehmern aus 13 Mitgliedern,
1.001 bis 1.500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern,
1.501 bis 2.000 Arbeitnehmern aus 17 Mitgliedern,
2.001 bis 2.500 Arbeitnehmern aus 19 Mitgliedern,
2.501 bis 3.000 Arbeitnehmern aus 21 Mitgliedern,
3.001 bis 3.500 Arbeitnehmern aus 23 Mitgliedern,
3.501 bis 4.000 Arbeitnehmern aus 25 Mitgliedern,
4.001 bis 4.500 Arbeitnehmern aus 27 Mitgliedern,
4.501 bis 5.000 Arbeitnehmern aus 29 Mitgliedern,
5.001 bis 6.000 Arbeitnehmern aus 31 Mitgliedern,
6.001 bis 7.000 Arbeitnehmern aus 33 Mitgliedern,
7.001 bis 9.000 Arbeitnehmern aus 35 Mitgliedern.
In Betrieben mit mehr als 9.000 Arbeitnehmern erhöht sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder.
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Gemäß Artikel 14 Satz 2 des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-Reformgesetz) vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) gilt § 9 (Artikel 1 Nr. 8 des BetrVerf-Reformgesetzes) für im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Betriebsräte erst bei deren Neuwahl.

Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden.

Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel
5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus einer Person,
21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern,
51 wahlberechtigten Arbeitnehmern
bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern,
101 bis 200 Arbeitnehmern aus 7 Mitgliedern,
201 bis 400 Arbeitnehmern aus 9 Mitgliedern,
401 bis 700 Arbeitnehmern aus 11 Mitgliedern,
701 bis 1.000 Arbeitnehmern aus 13 Mitgliedern,
1.001 bis 1.500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern,
1.501 bis 2.000 Arbeitnehmern aus 17 Mitgliedern,
2.001 bis 2.500 Arbeitnehmern aus 19 Mitgliedern,
2.501 bis 3.000 Arbeitnehmern aus 21 Mitgliedern,
3.001 bis 3.500 Arbeitnehmern aus 23 Mitgliedern,
3.501 bis 4.000 Arbeitnehmern aus 25 Mitgliedern,
4.001 bis 4.500 Arbeitnehmern aus 27 Mitgliedern,
4.501 bis 5.000 Arbeitnehmern aus 29 Mitgliedern,
5.001 bis 6.000 Arbeitnehmern aus 31 Mitgliedern,
6.001 bis 7.000 Arbeitnehmern aus 33 Mitgliedern,
7.001 bis 9.000 Arbeitnehmern aus 35 Mitgliedern.
In Betrieben mit mehr als 9.000 Arbeitnehmern erhöht sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder.
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Gemäß Artikel 14 Satz 2 des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-Reformgesetz) vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) gilt § 9 (Artikel 1 Nr. 8 des BetrVerf-Reformgesetzes) für im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Betriebsräte erst bei deren Neuwahl.

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel
5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus einer Person,
21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern,
51 wahlberechtigten Arbeitnehmern
bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern,
101 bis 200 Arbeitnehmern aus 7 Mitgliedern,
201 bis 400 Arbeitnehmern aus 9 Mitgliedern,
401 bis 700 Arbeitnehmern aus 11 Mitgliedern,
701 bis 1.000 Arbeitnehmern aus 13 Mitgliedern,
1.001 bis 1.500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern,
1.501 bis 2.000 Arbeitnehmern aus 17 Mitgliedern,
2.001 bis 2.500 Arbeitnehmern aus 19 Mitgliedern,
2.501 bis 3.000 Arbeitnehmern aus 21 Mitgliedern,
3.001 bis 3.500 Arbeitnehmern aus 23 Mitgliedern,
3.501 bis 4.000 Arbeitnehmern aus 25 Mitgliedern,
4.001 bis 4.500 Arbeitnehmern aus 27 Mitgliedern,
4.501 bis 5.000 Arbeitnehmern aus 29 Mitgliedern,
5.001 bis 6.000 Arbeitnehmern aus 31 Mitgliedern,
6.001 bis 7.000 Arbeitnehmern aus 33 Mitgliedern,
7.001 bis 9.000 Arbeitnehmern aus 35 Mitgliedern.
In Betrieben mit mehr als 9.000 Arbeitnehmern erhöht sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder.
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Gemäß Artikel 14 Satz 2 des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-Reformgesetz) vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) gilt § 9 (Artikel 1 Nr. 8 des BetrVerf-Reformgesetzes) für im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Betriebsräte erst bei deren Neuwahl.

Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 27. April 2011 - 3 TaBV 36/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

2

Die zu 1. beteiligte Arbeitgeberin ist als privatrechtlich organisierte Gesellschaft im Bereich der Abfallwirtschaft und Abfallbehandlung tätig. Sie gehört - ebenso wie ua. die G S Gesellschaft mbH (G-SG) - zum „G-Unternehmensverbund“. Die Arbeitgeberin beschäftigt 50 Arbeitnehmer, die einen Arbeitsvertrag mit ihr geschlossen haben. Außerdem beschäftigt sie neun Arbeitnehmer der G-SG, die ihr auf der Grundlage eines mit dieser Gesellschaft geschlossenen „Rahmenvertrags zur konzerninternen Überlassung von Arbeitnehmern“ zur Arbeitsleistung überlassen sind. Schließlich setzt sie vor dem Hintergrund eines zwischen ihrer Rechtsvorgängerin und dem Kreis P geschlossenen Personalüberlassungsvertrags vom 28. September 1984 vier beim Kreis P angestellte Arbeitnehmer (Kreisbedienstete) ein. Diesen bei der Arbeitgeberin seit mehreren Jahren tätigen Arbeitnehmern erteilt sie alle fachlichen Weisungen, bestimmt Arbeitszeit und Arbeitsort und entscheidet über Urlaub und Vertretungsbedarf. Der Personalüberlassungsvertrag lautet auszugsweise:

        

㤠1

        

Personenkreis

        

Dieser Vertrag regelt die Rechtsverhältnisse der in der Müllverbrennungsanlage T am Tage des Inkrafttretens dieses Vertrages beschäftigten Kreisbediensteten, die nicht in den unmittelbaren Dienst der GmbH übertreten.

        

§ 2

        

Beschäftigungspflicht

        

(1)     

Die GmbH verpflichtet sich, die in § 1 genannten Kreisbediensteten ihrem Arbeitsvertrag entsprechend unter Wahrung des materiellen Besitzstandes in der Müllverbrennungsanlage zu beschäftigen.

        

(2)     

Die bestehenden Arbeitsverträge gelten im Rahmen der gesetzlichen und tariflichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen auch mit Wirkung gegenüber der GmbH weiter.

        

(3)     

Abgeschlossene und künftig noch abzuschließende Dienstvereinbarungen gelten auch mit Wirkung gegenüber der GmbH.

        

§ 3

        

Dienstherr

        

(1)     

Dienstherr ist der Kreis P.

        

(2)     

Die Personalsachbearbeitung liegt beim Hauptamt des Kreises P. Die GmbH hat dem Hauptamt die für eine ordnungsgemäße und termingerechte Abwicklung der Aufgaben benötigten Daten zu übermitteln.

        

§ 4

        

Fachaufsicht

        

(1)     

Die GmbH nimmt die Fachaufsicht wahr.

        

(2)     

Die Mitarbeiter unterliegen fachbezogen ausschließlich dem Weisungsrecht der GmbH.“

3

Im Frühjahr 2010 wurde im Betrieb der Arbeitgeberin turnusgemäß der zu 2. beteiligte Betriebsrat gewählt. Der Wahlvorstand führte in der am 12. März 2010 von ihm erstellten, am 15. März 2010 nebst dem Wahlausschreiben ausgehängten und am 25. März 2010 aktualisierten Wählerliste die 50 Arbeitnehmer der Arbeitgeberin, die vier Kreisbediensteten und die neun von der G-SG überlassenen Arbeitnehmer nach Geschlechtern getrennt und in alphabetischer Reihenfolge auf. In dem ausgefüllten Wählerlistenformular enthalten die Felder „Bemerkungen“ - in welchen nach der Legende „zwingend zu vermerken ist“, falls ein Arbeitnehmer nur wahlberechtigt, aber nicht wählbar ist - keine Angaben. Am 27. April 2010 fand die Stimmabgabe statt. Nach der Wahlniederschrift des Wahlvorstands vom selben Tag entfielen von 28 gültig abgegebenen Stimmen 18 auf die Liste 1 und zehn auf die Liste 2. Der Wahlvorstand stellte ua. fest, dass „der zu wählende Betriebsrat nach § 9 BetrVG aus fünf Mitgliedern besteht“. Mit Schreiben vom 28. April 2010 teilte der Wahlvorstand der Arbeitgeberin das Ergebnis der Wahl eines aus fünf Mitgliedern bestehenden Betriebsrats mit. Keiner der neun Arbeitnehmer der G-SG wurde in den Betriebsrat gewählt.

4

Mit ihrer am 7. Mai 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift hat die Arbeitgeberin begehrt, die Wahl für unwirksam zu erklären. Sie hat die Auffassung vertreten, es hätte ein aus drei Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt werden müssen, da in ihrem Betrieb regelmäßig nicht mehr als 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt seien. Die Arbeitnehmer des Kreises P und der G-SG zählten bei der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Belegschaftsstärke nicht mit. Auch seien diese Arbeitnehmer in der Wählerliste zu Unrecht als wählbar ausgewiesen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei richtigen Angaben über das Fehlen der passiven Wahlberechtigungen die Wähler ihre Stimmen anders vergeben hätten.

5

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

        

die Betriebsratswahl vom 27. April 2010 für unwirksam zu erklären.

6

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, die 13 gestellten bzw. überlassenen Arbeitnehmer seien bei der Betriebsratsgröße zu berücksichtigen. Dies folge für die vier Arbeitnehmer mit arbeitsvertraglicher Bindung zum Kreis P aus § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Aber auch bei den neun von der G-SG überlassenen Arbeitnehmern handele es sich um bei der Arbeitgeberin „in der Regel“ beschäftigte - weil auf Dauer überlassene - Arbeitnehmer. Jedenfalls die vier Kreisbediensteten seien auch passiv wahlberechtigt. Hinsichtlich der von der G-SG überlassenen neun Arbeitnehmer führte die ggf. fehlerhafte Annahme ihrer passiven Wahlberechtigung nicht zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl, weil keine der abgegebenen Stimmen auf einen dieser Mitarbeiter entfallen sei.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat ihn auf die Beschwerde des Betriebsrats abgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Im Rechtsbeschwerdeverfahren haben die Beteiligten übereinstimmend angegeben, dass die G-SG seit Ende Dezember 2009 über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt und keiner der neun von dieser Gesellschaft der Arbeitgeberin zur Arbeitsleistung überlassenen Arbeitnehmer Wahlbewerber war.

8

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Wahlanfechtungsantrag der Arbeitgeberin zu Recht abgewiesen. Die im Betrieb der Arbeitgeberin am 27. April 2010 durchgeführte Betriebsratswahl ist wirksam. Bei ihr wurde nicht gegen § 9 Satz 1 BetrVG verstoßen. Ein im Hinblick auf die neun bei der Arbeitgeberin eingesetzten Arbeitnehmer der G-SG ggf. anzunehmender Verstoß gegen § 8 BetrVG oder gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 WO kann sich nicht auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben.

9

I. Die förmlichen Voraussetzungen einer zulässigen Wahlanfechtung sind erfüllt. Die Arbeitgeberin ist nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG anfechtungsberechtigt. Sie hat die Wahl, deren Ergebnis nicht vor dem 27. April 2010 iSv. § 18 Satz 1 WO bekannt gemacht sein kann, mit ihrer am 7. Mai 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift fristgerecht - dh. innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG - angefochten.

10

II. Der Antrag ist unbegründet. Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann eine Betriebsratswahl beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen einer begründeten Wahlanfechtung sind nicht erfüllt.

11

1. Der Betriebsrat ist nicht unter Verstoß gegen § 9 Satz 1 BetrVG gewählt worden. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass ein aus fünf Mitgliedern bestehender Betriebsrat zu wählen war.

12

a) Nach § 9 Satz 1 BetrVG besteht der Betriebsrat in Betrieben mit in der Regel 21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus drei Mitgliedern und in Betrieben mit in der Regel 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern bis 100 Arbeitnehmern aus fünf Mitgliedern. Die Betriebsratsgröße knüpft an die Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer an. Dabei kommt es nicht auf die Belegschaftsstärke an einem bestimmten Stichtag, zB am Tag der Betriebsratswahl oder am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens, an, sondern auf die Anzahl der „in der Regel“ Beschäftigten (vgl. zB BAG 12. November 2008 - 7 ABR 73/07 - Rn. 14). § 9 BetrVG ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht(vgl. BAG 16. November 2011 - 7 ABR 48/10 - Rn. 10). Wird ein Betriebsrat mit zu hoher Mitgliederzahl gewählt, so kann das Wahlergebnis nicht berichtigt werden; eine auf diesem Fehler beruhende Wahl ist insgesamt für unwirksam zu erklären (vgl. bereits BAG 29. Mai 1991 - 7 ABR 67/90 - zu B II 4 der Gründe, BAGE 68, 74).

13

b) Vorliegend handelt es sich um einen Betrieb „mit in der Regel 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern bis 100 Arbeitnehmern“ iSv. § 9 Satz 1 BetrVG. Daher ist zutreffend ein fünfköpfiger Betriebsrat gewählt worden.

14

aa) Die Arbeitgeberin beschäftigt regelmäßig 50 Arbeitnehmer, die mit ihr einen Arbeitsvertrag geschlossen haben. Diese Beschäftigten zählen ohne weiteres zu den „wahlberechtigten Arbeitnehmern“ iSv. § 9 Satz 1 BetrVG.

15

bb) Bei der Bemessung der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Belegschaftsstärke sind aber auch die vier Kreisbediensteten zu berücksichtigen, deren „regelmäßige“ Beschäftigung die Arbeitgeberin nicht in Abrede gestellt hat. Es handelt sich um in Privatbetrieben tätige Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Diese Vorschrift ist durch Artikel 9 des Gesetzes zur Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung und zur Änderung und Anpassung weiterer Vorschriften vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2424) mit Wirkung vom 4. August 2009 neu in § 5 Abs. 1 BetrVG eingefügt worden und war damit im Zeitpunkt der Betriebsratswahl in Kraft.

16

(1) Die in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG genannten Beschäftigten sind bei den organisatorischen Schwellenwerten des Betriebsverfassungsgesetzes - so auch bei § 9 BetrVG - zu berücksichtigen(vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 7; abl. Entscheidungsbesprechung Rieble NZA 2012, 485). Dies ergibt eine am Wortlaut, an der Systematik und an Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG orientierte Auslegung, für die ebenso das teleologische Verständnis der in den organisatorischen Bestimmungen festgelegten Schwellenwerte streitet. Die Entstehungsgeschichte von § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG stützt dieses Auslegungsergebnis, gegen das keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen(ausf. BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 21 ff., aaO). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gebietet die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der Leiharbeitnehmer bei der für die Betriebsratsgröße maßgeblichen Belegschaftsstärke grundsätzlich nicht „mitzählten“ (vgl. hierzu [noch vor Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG] BAG 10. März 2004 - 7 ABR 49/03 - BAGE 110, 27 und 22. Oktober 2003 - 7 ABR 3/03 - BAGE 108, 185), kein Verständnis von § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG dahingehend, dass auch die dort genannten Arbeitnehmer bei der Belegschaftsstärke des § 9 Satz 1 BetrVG nicht berücksichtigt werden dürften(vgl. ausf. BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 30, aaO). Die Argumente der Arbeitgeberin, die vier Arbeitnehmer hätten an den Wahlen des bei ihrem Dienstherrn gebildeten Personalrats teilgenommen und außerdem bestehe wegen des Gesetzes über die Mitbestimmung der Personalräte (Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein ) keine „mitbestimmungsrechtliche Schutzlücke“, zwingen ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Beteiligungsrechte des Personalrats und des Betriebsrats sowie ihre Organisationsvorgaben sind verschieden ausgestaltet und schützen unterschiedliche Interessen. Auch hat der Gesetzgeber jedenfalls ein „doppeltes Wahlrecht“ bewusst in Kauf genommen (hierzu BT-Drucks. 16/11608 S. 21 und BT-Drucks. 16/1336 S. 17; vgl. auch BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 28, aaO). Im Übrigen kann die Auslegung von § 9 Satz 1 BetrVG und von § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht von der jeweiligen landesgesetzlichen Ausgestaltung des Personalvertretungsrechts abhängen.

17

(2) Hiernach gehören die vier Arbeitnehmer des Kreises P zu den wahlberechtigten Arbeitnehmern iSv. § 9 Satz 1 iVm. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.

18

(a) Die vier Kreisbediensteten sind „Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes“ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Ihr Dienstherr ist der Kreis P; sie sind mit diesem arbeitsvertraglich verbunden (vgl. auch § 2 Abs. 2 und § 3 des Personalüberlassungsvertrags).

19

(b) Die vier beim Kreis P angestellten Arbeitnehmer sind in einem „Betrieb eines privatrechtlichen Unternehmens“ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG eingesetzt. Die Arbeitgeberin ist in der Rechtsform einer GmbH privatrechtlich organisiert.

20

(c) Die vier Arbeitnehmer sind schließlich auch im Betrieb der Arbeitgeberin „tätig“ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.

21

(aa) Das Tatbestandsmerkmal „Tätigsein“ iSd. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG knüpft an einen tatsächlichen Umstand an. Entscheidend ist nur die Betriebsangehörigkeit (BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - Rn. 31 und - 7 ABR 34/11 - Rn. 35). Betriebsangehörig sind - da es auf ein individualrechtliches Beschäftigungsverhältnis zum Inhaber oder Träger des Einsatzbetriebs nicht ankommt - alle Beschäftigten, die nach den allgemeinen in der Betriebsverfassung geltenden Grundsätzen in die Betriebsorganisation eingegliedert sind (zu diesen Grundsätzen BAG 21. Juli 2004 - 7 ABR 38/03 - zu B I 2 a der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 8 = EzA BetrVG 2001 § 9 Nr. 3).

22

(bb) Hiernach sind die Kreisbediensteten betriebsangehörige Arbeitnehmer der Arbeitgeberin. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und für den Senat bindenden (§ 559 Abs. 2 ZPO) Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind sie in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert; diese erteilt die fachlichen Weisungen, bestimmt Arbeitszeit und Arbeitsort und entscheidet über Urlaub und Vertretungsbedarf. Bestätigt wird dies durch § 4 Abs. 2 des Personalüberlassungsvertrags, nach dem die Mitarbeiter „fachbezogen ausschließlich dem Weisungsrecht der GmbH unterliegen“.

23

cc) Damit kommt es für die Größe des Betriebsrats nicht auf die neun der Arbeitgeberin von der G-SG überlassenen Arbeitnehmer an.

24

2. Zutreffend rügt die Arbeitgeberin, dass sich das Landesarbeitsgericht nicht mit ihrem Argument eines Verstoßes gegen die Bestimmungen über die Wählbarkeit nach § 8 BetrVG auseinandergesetzt habe. Dennoch erweist sich die angefochtene Entscheidung im Ergebnis als zutreffend.

25

a) Neben den 50 „eigenen“ Arbeitnehmern der Arbeitgeberin waren jedenfalls die vier beim Kreis P angestellten Arbeitnehmer passiv wahlberechtigt.

26

aa) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind wählbar alle Wahlberechtigten, die sechs Monate dem Betrieb angehören(oder als in Heimarbeit Beschäftigte in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet haben). Wahlberechtigt sind nach § 7 Satz 1 BetrVG alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

27

(1) Arbeitnehmer iSv. § 7 Satz 1 BetrVG sind solche, die in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen und in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert sind(vgl. zB BAG 10. März 2004 - 7 ABR 49/03 - zu B I 1 a aa der Gründe, BAGE 110, 27). Sie sind - wenn die weiteren Voraussetzungen des § 8 BetrVG vorliegen - damit auch passiv wahlberechtigt.

28

(2) Wählbar sind aber auch in Privatbetrieben tätige Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG gelten sie als Arbeitnehmer. Sie sind im Einsatzbetrieb passiv wahlberechtigt nach § 8 BetrVG, soweit sie die dort genannten weiteren Voraussetzungen erfüllen. Dies hat der Senat in zwei Entscheidungen vom 15. August 2012 (- 7 ABR 24/11 - und - 7 ABR 34/11 -) ausführlich begründet. Für die Wählbarkeit der in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG genannten Beschäftigten sprechen der Wortlaut der Bestimmung, die Gesetzesbegründung, die Entstehungsgeschichte der Norm und insbesondere ihr Zweck. Aus rechtssystematischen Erwägungen und einem Vergleich mit den Bestimmungen über die Wahlberechtigung von Leiharbeitnehmern folgt nichts anderes. Auch verfassungsrechtliche Gründe stehen der Annahme der Wählbarkeit von Arbeitnehmern iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG im Einsatzbetrieb nicht entgegen(ausf. BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - und - 7 ABR 34/11 -).

29

bb) Hiernach waren die vier beim Kreis P angestellten Arbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 7 Satz 1, § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG passiv wahlberechtigt. Sie sind Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, im Betrieb der Arbeitgeberin als einem privatrechtlich organisierten Unternehmen tätig und gehörten dem Betrieb im Zeitpunkt der Betriebsratswahl mehr als sechs Monate an.

30

b) Zugunsten der Arbeitgeberin kann davon ausgegangen werden, dass die neun ihr von der G-SG überlassenen Arbeitnehmer wegen § 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG(ggf. iVm. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG in der bis 30. November 2011 geltenden Fassung: aF) im Betrieb der Arbeitgeberin nicht wählbar waren (vgl. zur Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG aF auch auf die nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ausf. BAG 17. Februar 2010 - 7 ABR 51/08 - Rn. 25 ff., BAGE 133, 202) und dies in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 3 WO in der Wählerliste hätte ausgewiesen werden müssen. Der darin ggf. liegende Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift konnte jedenfalls das Wahlergebnis nicht beeinflussen.

31

aa) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr. vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 d aa der Gründe mwN, BAGE 115, 34).

32

bb) Im vorliegenden Fall kann festgestellt werden, dass die angefochtene Betriebsratswahl weder auf einem (angenommenen) Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG noch gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 WO beruht.

33

(1) Die Verkennung der passiven Wahlberechtigung führt zur Unwirksamkeit der Wahl, wenn die nicht passiv Wahlberechtigten als Betriebsratsmitglieder gewählt wurden (vgl. BAG 16. Januar 2008 - 7 ABR 66/06 - Rn. 28, BAGE 125, 232) oder der Arbeitnehmer, dessen passive Wahlberechtigung im Streit steht, Wahlbewerber war (vgl. zu diesem Aspekt BAG 10. November 2004 - 7 ABR 12/04 - zu B II der Gründe, BAGE 112, 305).

34

(2) Hier ist keiner der neun überlassenen Arbeitnehmer der G-SG in den Betriebsrat gewählt worden. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten im Rechtsbeschwerdeverfahren hat auch keiner dieser Arbeitnehmer für den Betriebsrat kandidiert. Dieses neue Vorbringen in der Rechtsbeschwerdeinstanz kann (ausnahmsweise) berücksichtigt werden, weil es unstreitig ist (vgl. dazu BAG 27. April 2000 - 6 AZR 861/98 - zu II 2 b der Gründe, AP BMT-G II § 14 Nr. 1). Damit ist es ausgeschlossen, dass bei einer Behandlung der neun überlassenen Arbeitnehmer als nicht passiv wahlberechtigt sowie einer entsprechenden Kenntlichmachung in der Wählerliste nach § 2 Abs. 1 Satz 3 WO die wahlberechtigten Arbeitnehmer von ihrem Wahlrecht in anderer Weise Gebrauch gemacht hätten als dies tatsächlich geschehen ist. Allenfalls wenn ein nicht wählbarer, von der GAB-SG überlassener Arbeitnehmer für den Betriebsrat kandidiert hätte, wäre ein anderes Stimmverhalten überhaupt denkbar gewesen. Somit wäre das Wahlergebnis ohne einen Verstoß gegen § 8 BetrVG und gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 WO zwingend dasselbe. Soweit die Arbeitgeberin (ohne nähere Erklärung) vorgebracht hat, „es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Wähler bei richtigen Angaben über die passiven Wahlberechtigungen ihre Stimmen anders vergeben hätten“, bezieht sie sich offensichtlich auf die Ausführungen in der Entscheidung des Senats vom 10. März 2004 (- 7 ABR 49/03 - zu B I 3 b der Gründe, BAGE 110, 27). Diese rechtliche Würdigung betraf aber einen anderen Sachverhalt, nämlich einen unzutreffenden Hinweis in einem Wahlausschreiben über die Mindestsitzzahl für das Minderheitengeschlecht iSv. § 15 Abs. 2 BetrVG iVm. § 3 Abs. 2 Nr. 5 WO.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    R. Gmoser    

        

    Donath    

                 

Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel
5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus einer Person,
21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern,
51 wahlberechtigten Arbeitnehmern
bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern,
101 bis 200 Arbeitnehmern aus 7 Mitgliedern,
201 bis 400 Arbeitnehmern aus 9 Mitgliedern,
401 bis 700 Arbeitnehmern aus 11 Mitgliedern,
701 bis 1.000 Arbeitnehmern aus 13 Mitgliedern,
1.001 bis 1.500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern,
1.501 bis 2.000 Arbeitnehmern aus 17 Mitgliedern,
2.001 bis 2.500 Arbeitnehmern aus 19 Mitgliedern,
2.501 bis 3.000 Arbeitnehmern aus 21 Mitgliedern,
3.001 bis 3.500 Arbeitnehmern aus 23 Mitgliedern,
3.501 bis 4.000 Arbeitnehmern aus 25 Mitgliedern,
4.001 bis 4.500 Arbeitnehmern aus 27 Mitgliedern,
4.501 bis 5.000 Arbeitnehmern aus 29 Mitgliedern,
5.001 bis 6.000 Arbeitnehmern aus 31 Mitgliedern,
6.001 bis 7.000 Arbeitnehmern aus 33 Mitgliedern,
7.001 bis 9.000 Arbeitnehmern aus 35 Mitgliedern.
In Betrieben mit mehr als 9.000 Arbeitnehmern erhöht sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder.
-----

*)
Gemäß Artikel 14 Satz 2 des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-Reformgesetz) vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) gilt § 9 (Artikel 1 Nr. 8 des BetrVerf-Reformgesetzes) für im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Betriebsräte erst bei deren Neuwahl.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 27. April 2011 - 3 TaBV 36/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

2

Die zu 1. beteiligte Arbeitgeberin ist als privatrechtlich organisierte Gesellschaft im Bereich der Abfallwirtschaft und Abfallbehandlung tätig. Sie gehört - ebenso wie ua. die G S Gesellschaft mbH (G-SG) - zum „G-Unternehmensverbund“. Die Arbeitgeberin beschäftigt 50 Arbeitnehmer, die einen Arbeitsvertrag mit ihr geschlossen haben. Außerdem beschäftigt sie neun Arbeitnehmer der G-SG, die ihr auf der Grundlage eines mit dieser Gesellschaft geschlossenen „Rahmenvertrags zur konzerninternen Überlassung von Arbeitnehmern“ zur Arbeitsleistung überlassen sind. Schließlich setzt sie vor dem Hintergrund eines zwischen ihrer Rechtsvorgängerin und dem Kreis P geschlossenen Personalüberlassungsvertrags vom 28. September 1984 vier beim Kreis P angestellte Arbeitnehmer (Kreisbedienstete) ein. Diesen bei der Arbeitgeberin seit mehreren Jahren tätigen Arbeitnehmern erteilt sie alle fachlichen Weisungen, bestimmt Arbeitszeit und Arbeitsort und entscheidet über Urlaub und Vertretungsbedarf. Der Personalüberlassungsvertrag lautet auszugsweise:

        

㤠1

        

Personenkreis

        

Dieser Vertrag regelt die Rechtsverhältnisse der in der Müllverbrennungsanlage T am Tage des Inkrafttretens dieses Vertrages beschäftigten Kreisbediensteten, die nicht in den unmittelbaren Dienst der GmbH übertreten.

        

§ 2

        

Beschäftigungspflicht

        

(1)     

Die GmbH verpflichtet sich, die in § 1 genannten Kreisbediensteten ihrem Arbeitsvertrag entsprechend unter Wahrung des materiellen Besitzstandes in der Müllverbrennungsanlage zu beschäftigen.

        

(2)     

Die bestehenden Arbeitsverträge gelten im Rahmen der gesetzlichen und tariflichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen auch mit Wirkung gegenüber der GmbH weiter.

        

(3)     

Abgeschlossene und künftig noch abzuschließende Dienstvereinbarungen gelten auch mit Wirkung gegenüber der GmbH.

        

§ 3

        

Dienstherr

        

(1)     

Dienstherr ist der Kreis P.

        

(2)     

Die Personalsachbearbeitung liegt beim Hauptamt des Kreises P. Die GmbH hat dem Hauptamt die für eine ordnungsgemäße und termingerechte Abwicklung der Aufgaben benötigten Daten zu übermitteln.

        

§ 4

        

Fachaufsicht

        

(1)     

Die GmbH nimmt die Fachaufsicht wahr.

        

(2)     

Die Mitarbeiter unterliegen fachbezogen ausschließlich dem Weisungsrecht der GmbH.“

3

Im Frühjahr 2010 wurde im Betrieb der Arbeitgeberin turnusgemäß der zu 2. beteiligte Betriebsrat gewählt. Der Wahlvorstand führte in der am 12. März 2010 von ihm erstellten, am 15. März 2010 nebst dem Wahlausschreiben ausgehängten und am 25. März 2010 aktualisierten Wählerliste die 50 Arbeitnehmer der Arbeitgeberin, die vier Kreisbediensteten und die neun von der G-SG überlassenen Arbeitnehmer nach Geschlechtern getrennt und in alphabetischer Reihenfolge auf. In dem ausgefüllten Wählerlistenformular enthalten die Felder „Bemerkungen“ - in welchen nach der Legende „zwingend zu vermerken ist“, falls ein Arbeitnehmer nur wahlberechtigt, aber nicht wählbar ist - keine Angaben. Am 27. April 2010 fand die Stimmabgabe statt. Nach der Wahlniederschrift des Wahlvorstands vom selben Tag entfielen von 28 gültig abgegebenen Stimmen 18 auf die Liste 1 und zehn auf die Liste 2. Der Wahlvorstand stellte ua. fest, dass „der zu wählende Betriebsrat nach § 9 BetrVG aus fünf Mitgliedern besteht“. Mit Schreiben vom 28. April 2010 teilte der Wahlvorstand der Arbeitgeberin das Ergebnis der Wahl eines aus fünf Mitgliedern bestehenden Betriebsrats mit. Keiner der neun Arbeitnehmer der G-SG wurde in den Betriebsrat gewählt.

4

Mit ihrer am 7. Mai 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift hat die Arbeitgeberin begehrt, die Wahl für unwirksam zu erklären. Sie hat die Auffassung vertreten, es hätte ein aus drei Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt werden müssen, da in ihrem Betrieb regelmäßig nicht mehr als 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt seien. Die Arbeitnehmer des Kreises P und der G-SG zählten bei der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Belegschaftsstärke nicht mit. Auch seien diese Arbeitnehmer in der Wählerliste zu Unrecht als wählbar ausgewiesen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei richtigen Angaben über das Fehlen der passiven Wahlberechtigungen die Wähler ihre Stimmen anders vergeben hätten.

5

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

        

die Betriebsratswahl vom 27. April 2010 für unwirksam zu erklären.

6

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, die 13 gestellten bzw. überlassenen Arbeitnehmer seien bei der Betriebsratsgröße zu berücksichtigen. Dies folge für die vier Arbeitnehmer mit arbeitsvertraglicher Bindung zum Kreis P aus § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Aber auch bei den neun von der G-SG überlassenen Arbeitnehmern handele es sich um bei der Arbeitgeberin „in der Regel“ beschäftigte - weil auf Dauer überlassene - Arbeitnehmer. Jedenfalls die vier Kreisbediensteten seien auch passiv wahlberechtigt. Hinsichtlich der von der G-SG überlassenen neun Arbeitnehmer führte die ggf. fehlerhafte Annahme ihrer passiven Wahlberechtigung nicht zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl, weil keine der abgegebenen Stimmen auf einen dieser Mitarbeiter entfallen sei.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat ihn auf die Beschwerde des Betriebsrats abgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Im Rechtsbeschwerdeverfahren haben die Beteiligten übereinstimmend angegeben, dass die G-SG seit Ende Dezember 2009 über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt und keiner der neun von dieser Gesellschaft der Arbeitgeberin zur Arbeitsleistung überlassenen Arbeitnehmer Wahlbewerber war.

8

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Wahlanfechtungsantrag der Arbeitgeberin zu Recht abgewiesen. Die im Betrieb der Arbeitgeberin am 27. April 2010 durchgeführte Betriebsratswahl ist wirksam. Bei ihr wurde nicht gegen § 9 Satz 1 BetrVG verstoßen. Ein im Hinblick auf die neun bei der Arbeitgeberin eingesetzten Arbeitnehmer der G-SG ggf. anzunehmender Verstoß gegen § 8 BetrVG oder gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 WO kann sich nicht auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben.

9

I. Die förmlichen Voraussetzungen einer zulässigen Wahlanfechtung sind erfüllt. Die Arbeitgeberin ist nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG anfechtungsberechtigt. Sie hat die Wahl, deren Ergebnis nicht vor dem 27. April 2010 iSv. § 18 Satz 1 WO bekannt gemacht sein kann, mit ihrer am 7. Mai 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift fristgerecht - dh. innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG - angefochten.

10

II. Der Antrag ist unbegründet. Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann eine Betriebsratswahl beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen einer begründeten Wahlanfechtung sind nicht erfüllt.

11

1. Der Betriebsrat ist nicht unter Verstoß gegen § 9 Satz 1 BetrVG gewählt worden. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass ein aus fünf Mitgliedern bestehender Betriebsrat zu wählen war.

12

a) Nach § 9 Satz 1 BetrVG besteht der Betriebsrat in Betrieben mit in der Regel 21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus drei Mitgliedern und in Betrieben mit in der Regel 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern bis 100 Arbeitnehmern aus fünf Mitgliedern. Die Betriebsratsgröße knüpft an die Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer an. Dabei kommt es nicht auf die Belegschaftsstärke an einem bestimmten Stichtag, zB am Tag der Betriebsratswahl oder am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens, an, sondern auf die Anzahl der „in der Regel“ Beschäftigten (vgl. zB BAG 12. November 2008 - 7 ABR 73/07 - Rn. 14). § 9 BetrVG ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht(vgl. BAG 16. November 2011 - 7 ABR 48/10 - Rn. 10). Wird ein Betriebsrat mit zu hoher Mitgliederzahl gewählt, so kann das Wahlergebnis nicht berichtigt werden; eine auf diesem Fehler beruhende Wahl ist insgesamt für unwirksam zu erklären (vgl. bereits BAG 29. Mai 1991 - 7 ABR 67/90 - zu B II 4 der Gründe, BAGE 68, 74).

13

b) Vorliegend handelt es sich um einen Betrieb „mit in der Regel 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern bis 100 Arbeitnehmern“ iSv. § 9 Satz 1 BetrVG. Daher ist zutreffend ein fünfköpfiger Betriebsrat gewählt worden.

14

aa) Die Arbeitgeberin beschäftigt regelmäßig 50 Arbeitnehmer, die mit ihr einen Arbeitsvertrag geschlossen haben. Diese Beschäftigten zählen ohne weiteres zu den „wahlberechtigten Arbeitnehmern“ iSv. § 9 Satz 1 BetrVG.

15

bb) Bei der Bemessung der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Belegschaftsstärke sind aber auch die vier Kreisbediensteten zu berücksichtigen, deren „regelmäßige“ Beschäftigung die Arbeitgeberin nicht in Abrede gestellt hat. Es handelt sich um in Privatbetrieben tätige Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Diese Vorschrift ist durch Artikel 9 des Gesetzes zur Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung und zur Änderung und Anpassung weiterer Vorschriften vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2424) mit Wirkung vom 4. August 2009 neu in § 5 Abs. 1 BetrVG eingefügt worden und war damit im Zeitpunkt der Betriebsratswahl in Kraft.

16

(1) Die in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG genannten Beschäftigten sind bei den organisatorischen Schwellenwerten des Betriebsverfassungsgesetzes - so auch bei § 9 BetrVG - zu berücksichtigen(vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 7; abl. Entscheidungsbesprechung Rieble NZA 2012, 485). Dies ergibt eine am Wortlaut, an der Systematik und an Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG orientierte Auslegung, für die ebenso das teleologische Verständnis der in den organisatorischen Bestimmungen festgelegten Schwellenwerte streitet. Die Entstehungsgeschichte von § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG stützt dieses Auslegungsergebnis, gegen das keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen(ausf. BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 21 ff., aaO). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gebietet die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der Leiharbeitnehmer bei der für die Betriebsratsgröße maßgeblichen Belegschaftsstärke grundsätzlich nicht „mitzählten“ (vgl. hierzu [noch vor Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG] BAG 10. März 2004 - 7 ABR 49/03 - BAGE 110, 27 und 22. Oktober 2003 - 7 ABR 3/03 - BAGE 108, 185), kein Verständnis von § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG dahingehend, dass auch die dort genannten Arbeitnehmer bei der Belegschaftsstärke des § 9 Satz 1 BetrVG nicht berücksichtigt werden dürften(vgl. ausf. BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 30, aaO). Die Argumente der Arbeitgeberin, die vier Arbeitnehmer hätten an den Wahlen des bei ihrem Dienstherrn gebildeten Personalrats teilgenommen und außerdem bestehe wegen des Gesetzes über die Mitbestimmung der Personalräte (Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein ) keine „mitbestimmungsrechtliche Schutzlücke“, zwingen ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Beteiligungsrechte des Personalrats und des Betriebsrats sowie ihre Organisationsvorgaben sind verschieden ausgestaltet und schützen unterschiedliche Interessen. Auch hat der Gesetzgeber jedenfalls ein „doppeltes Wahlrecht“ bewusst in Kauf genommen (hierzu BT-Drucks. 16/11608 S. 21 und BT-Drucks. 16/1336 S. 17; vgl. auch BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 28, aaO). Im Übrigen kann die Auslegung von § 9 Satz 1 BetrVG und von § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht von der jeweiligen landesgesetzlichen Ausgestaltung des Personalvertretungsrechts abhängen.

17

(2) Hiernach gehören die vier Arbeitnehmer des Kreises P zu den wahlberechtigten Arbeitnehmern iSv. § 9 Satz 1 iVm. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.

18

(a) Die vier Kreisbediensteten sind „Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes“ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Ihr Dienstherr ist der Kreis P; sie sind mit diesem arbeitsvertraglich verbunden (vgl. auch § 2 Abs. 2 und § 3 des Personalüberlassungsvertrags).

19

(b) Die vier beim Kreis P angestellten Arbeitnehmer sind in einem „Betrieb eines privatrechtlichen Unternehmens“ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG eingesetzt. Die Arbeitgeberin ist in der Rechtsform einer GmbH privatrechtlich organisiert.

20

(c) Die vier Arbeitnehmer sind schließlich auch im Betrieb der Arbeitgeberin „tätig“ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.

21

(aa) Das Tatbestandsmerkmal „Tätigsein“ iSd. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG knüpft an einen tatsächlichen Umstand an. Entscheidend ist nur die Betriebsangehörigkeit (BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - Rn. 31 und - 7 ABR 34/11 - Rn. 35). Betriebsangehörig sind - da es auf ein individualrechtliches Beschäftigungsverhältnis zum Inhaber oder Träger des Einsatzbetriebs nicht ankommt - alle Beschäftigten, die nach den allgemeinen in der Betriebsverfassung geltenden Grundsätzen in die Betriebsorganisation eingegliedert sind (zu diesen Grundsätzen BAG 21. Juli 2004 - 7 ABR 38/03 - zu B I 2 a der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 8 = EzA BetrVG 2001 § 9 Nr. 3).

22

(bb) Hiernach sind die Kreisbediensteten betriebsangehörige Arbeitnehmer der Arbeitgeberin. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und für den Senat bindenden (§ 559 Abs. 2 ZPO) Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind sie in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert; diese erteilt die fachlichen Weisungen, bestimmt Arbeitszeit und Arbeitsort und entscheidet über Urlaub und Vertretungsbedarf. Bestätigt wird dies durch § 4 Abs. 2 des Personalüberlassungsvertrags, nach dem die Mitarbeiter „fachbezogen ausschließlich dem Weisungsrecht der GmbH unterliegen“.

23

cc) Damit kommt es für die Größe des Betriebsrats nicht auf die neun der Arbeitgeberin von der G-SG überlassenen Arbeitnehmer an.

24

2. Zutreffend rügt die Arbeitgeberin, dass sich das Landesarbeitsgericht nicht mit ihrem Argument eines Verstoßes gegen die Bestimmungen über die Wählbarkeit nach § 8 BetrVG auseinandergesetzt habe. Dennoch erweist sich die angefochtene Entscheidung im Ergebnis als zutreffend.

25

a) Neben den 50 „eigenen“ Arbeitnehmern der Arbeitgeberin waren jedenfalls die vier beim Kreis P angestellten Arbeitnehmer passiv wahlberechtigt.

26

aa) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind wählbar alle Wahlberechtigten, die sechs Monate dem Betrieb angehören(oder als in Heimarbeit Beschäftigte in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet haben). Wahlberechtigt sind nach § 7 Satz 1 BetrVG alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

27

(1) Arbeitnehmer iSv. § 7 Satz 1 BetrVG sind solche, die in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen und in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert sind(vgl. zB BAG 10. März 2004 - 7 ABR 49/03 - zu B I 1 a aa der Gründe, BAGE 110, 27). Sie sind - wenn die weiteren Voraussetzungen des § 8 BetrVG vorliegen - damit auch passiv wahlberechtigt.

28

(2) Wählbar sind aber auch in Privatbetrieben tätige Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG gelten sie als Arbeitnehmer. Sie sind im Einsatzbetrieb passiv wahlberechtigt nach § 8 BetrVG, soweit sie die dort genannten weiteren Voraussetzungen erfüllen. Dies hat der Senat in zwei Entscheidungen vom 15. August 2012 (- 7 ABR 24/11 - und - 7 ABR 34/11 -) ausführlich begründet. Für die Wählbarkeit der in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG genannten Beschäftigten sprechen der Wortlaut der Bestimmung, die Gesetzesbegründung, die Entstehungsgeschichte der Norm und insbesondere ihr Zweck. Aus rechtssystematischen Erwägungen und einem Vergleich mit den Bestimmungen über die Wahlberechtigung von Leiharbeitnehmern folgt nichts anderes. Auch verfassungsrechtliche Gründe stehen der Annahme der Wählbarkeit von Arbeitnehmern iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG im Einsatzbetrieb nicht entgegen(ausf. BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - und - 7 ABR 34/11 -).

29

bb) Hiernach waren die vier beim Kreis P angestellten Arbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 7 Satz 1, § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG passiv wahlberechtigt. Sie sind Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, im Betrieb der Arbeitgeberin als einem privatrechtlich organisierten Unternehmen tätig und gehörten dem Betrieb im Zeitpunkt der Betriebsratswahl mehr als sechs Monate an.

30

b) Zugunsten der Arbeitgeberin kann davon ausgegangen werden, dass die neun ihr von der G-SG überlassenen Arbeitnehmer wegen § 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG(ggf. iVm. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG in der bis 30. November 2011 geltenden Fassung: aF) im Betrieb der Arbeitgeberin nicht wählbar waren (vgl. zur Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG aF auch auf die nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ausf. BAG 17. Februar 2010 - 7 ABR 51/08 - Rn. 25 ff., BAGE 133, 202) und dies in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 3 WO in der Wählerliste hätte ausgewiesen werden müssen. Der darin ggf. liegende Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift konnte jedenfalls das Wahlergebnis nicht beeinflussen.

31

aa) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr. vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 d aa der Gründe mwN, BAGE 115, 34).

32

bb) Im vorliegenden Fall kann festgestellt werden, dass die angefochtene Betriebsratswahl weder auf einem (angenommenen) Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG noch gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 WO beruht.

33

(1) Die Verkennung der passiven Wahlberechtigung führt zur Unwirksamkeit der Wahl, wenn die nicht passiv Wahlberechtigten als Betriebsratsmitglieder gewählt wurden (vgl. BAG 16. Januar 2008 - 7 ABR 66/06 - Rn. 28, BAGE 125, 232) oder der Arbeitnehmer, dessen passive Wahlberechtigung im Streit steht, Wahlbewerber war (vgl. zu diesem Aspekt BAG 10. November 2004 - 7 ABR 12/04 - zu B II der Gründe, BAGE 112, 305).

34

(2) Hier ist keiner der neun überlassenen Arbeitnehmer der G-SG in den Betriebsrat gewählt worden. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten im Rechtsbeschwerdeverfahren hat auch keiner dieser Arbeitnehmer für den Betriebsrat kandidiert. Dieses neue Vorbringen in der Rechtsbeschwerdeinstanz kann (ausnahmsweise) berücksichtigt werden, weil es unstreitig ist (vgl. dazu BAG 27. April 2000 - 6 AZR 861/98 - zu II 2 b der Gründe, AP BMT-G II § 14 Nr. 1). Damit ist es ausgeschlossen, dass bei einer Behandlung der neun überlassenen Arbeitnehmer als nicht passiv wahlberechtigt sowie einer entsprechenden Kenntlichmachung in der Wählerliste nach § 2 Abs. 1 Satz 3 WO die wahlberechtigten Arbeitnehmer von ihrem Wahlrecht in anderer Weise Gebrauch gemacht hätten als dies tatsächlich geschehen ist. Allenfalls wenn ein nicht wählbarer, von der GAB-SG überlassener Arbeitnehmer für den Betriebsrat kandidiert hätte, wäre ein anderes Stimmverhalten überhaupt denkbar gewesen. Somit wäre das Wahlergebnis ohne einen Verstoß gegen § 8 BetrVG und gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 WO zwingend dasselbe. Soweit die Arbeitgeberin (ohne nähere Erklärung) vorgebracht hat, „es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Wähler bei richtigen Angaben über die passiven Wahlberechtigungen ihre Stimmen anders vergeben hätten“, bezieht sie sich offensichtlich auf die Ausführungen in der Entscheidung des Senats vom 10. März 2004 (- 7 ABR 49/03 - zu B I 3 b der Gründe, BAGE 110, 27). Diese rechtliche Würdigung betraf aber einen anderen Sachverhalt, nämlich einen unzutreffenden Hinweis in einem Wahlausschreiben über die Mindestsitzzahl für das Minderheitengeschlecht iSv. § 15 Abs. 2 BetrVG iVm. § 3 Abs. 2 Nr. 5 WO.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    R. Gmoser    

        

    Donath    

                 

Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel
5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus einer Person,
21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern,
51 wahlberechtigten Arbeitnehmern
bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern,
101 bis 200 Arbeitnehmern aus 7 Mitgliedern,
201 bis 400 Arbeitnehmern aus 9 Mitgliedern,
401 bis 700 Arbeitnehmern aus 11 Mitgliedern,
701 bis 1.000 Arbeitnehmern aus 13 Mitgliedern,
1.001 bis 1.500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern,
1.501 bis 2.000 Arbeitnehmern aus 17 Mitgliedern,
2.001 bis 2.500 Arbeitnehmern aus 19 Mitgliedern,
2.501 bis 3.000 Arbeitnehmern aus 21 Mitgliedern,
3.001 bis 3.500 Arbeitnehmern aus 23 Mitgliedern,
3.501 bis 4.000 Arbeitnehmern aus 25 Mitgliedern,
4.001 bis 4.500 Arbeitnehmern aus 27 Mitgliedern,
4.501 bis 5.000 Arbeitnehmern aus 29 Mitgliedern,
5.001 bis 6.000 Arbeitnehmern aus 31 Mitgliedern,
6.001 bis 7.000 Arbeitnehmern aus 33 Mitgliedern,
7.001 bis 9.000 Arbeitnehmern aus 35 Mitgliedern.
In Betrieben mit mehr als 9.000 Arbeitnehmern erhöht sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder.
-----

*)
Gemäß Artikel 14 Satz 2 des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-Reformgesetz) vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) gilt § 9 (Artikel 1 Nr. 8 des BetrVerf-Reformgesetzes) für im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Betriebsräte erst bei deren Neuwahl.

Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1. bis 14. wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 2. August 2011 - 7 TaBV 66/10 - aufgehoben.

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. bis 14. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 4. November 2010 - 8 BV 81/10 - abgeändert.

Die Wahl des Betriebsrats wird für unwirksam erklärt.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl. Kern der Auseinandersetzung ist, ob die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer bei Anwendung von § 9 Satz 1 BetrVG mitzuzählen sind.

2

Im Betrieb der Arbeitgeberin fand am 29./30. März 2010 eine Betriebsratswahl statt. Bei Erlass des Wahlausschreibens waren in dem Betrieb regelmäßig 879 Stammarbeitnehmer und 292 Leiharbeitnehmer beschäftigt. Der Wahlvorstand hatte unter Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer zunächst die Wahl eines 15-köpfigen Betriebsrats ausgeschrieben. In einem einstweiligen Verfügungsverfahren wurde ihm vom Arbeitsgericht aufgegeben, das Wahlverfahren abzubrechen und die Wahl eines 13-köpfigen Betriebsrats auszuschreiben. Dem kam der Wahlvorstand nach. Das Ergebnis der Wahl wurde am 7. April 2010 bekannt gegeben.

3

Die Antragsteller haben die Wahl am 21. April 2010 mit der Begründung angefochten, es sei kein Gremium von 13, sondern von 15 Betriebsratsmitgliedern zu wählen gewesen. Die Leiharbeitnehmer hätten mitgezählt werden müssen. Der Betriebsrat hat diesen Standpunkt unterstützt.

4

Die Antragsteller haben beantragt,

        

die Wahl des Betriebsrats für unwirksam zu erklären.

5

Die Arbeitgeberinnen haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, Leiharbeitnehmer zählten nicht als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs, an den sie arbeitsvertraglich nicht gebunden seien. Der tatsächlichen Eingliederung der Leiharbeitnehmer in den Entleiherbetrieb habe der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er ihnen dort einzelne betriebsverfassungsrechtliche Rechte zuerkannt habe.

6

Die Vorinstanzen haben den Wahlanfechtungsantrag abgewiesen, den die Antragsteller mit Unterstützung des Betriebsrats im zugelassenen Rechtsbeschwerdeverfahren weiterverfolgen. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

7

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Wahlanfechtungsantrag ist begründet. Bei der Wahl wurde gegen § 9 Satz 1 BetrVG verstoßen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts zählen in der Regel beschäftigte Leiharbeitnehmer bei der Festlegung der Anzahl zu wählender Betriebsratsmitglieder grundsätzlich mit. Seine entgegenstehende Rechtsprechung gibt der Senat auf. Der Verstoß gegen § 9 Satz 1 BetrVG war geeignet, das Ergebnis der Wahl zu beeinflussen. Diese ist daher unwirksam.

8

I. Der Antrag der Beteiligten zu 1. bis 14. ist zulässig.

9

1. Der Wahlanfechtungsantrag ist nicht etwa deshalb unzulässig, weil das Arbeitsgericht im vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren dem Wahlvorstand, der die Größe des zu wählenden Betriebsrats ursprünglich unter Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern auf 15 Mitglieder festgesetzt hatte, aufgegeben hat, das Wahlverfahren abzubrechen und die Betriebsratswahl neu auszuschreiben, ohne dabei die Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen. Der Anfechtung einer daraufhin nach der gerichtlichen Maßgabe durchgeführten Wahl eines 13-köpfigen Betriebsrats steht die Rechtskraft der vom Arbeitsgericht in dem einstweiligen Verfügungsverfahren getroffenen Entscheidung nicht entgegen.

10

a) Allerdings sind Beschlüsse im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren der formellen und materiellen Rechtskraft fähig. Formell rechtskräftig werden sie, wenn sie mit einem ordentlichen Rechtsmittel nicht mehr angefochten werden können. Die von dieser äußeren Rechtskraft abhängige materielle (innere) Rechtskraft bedeutet, dass der Streitgegenstand des Verfahrens durch die Verfahrensbeteiligten bei unverändertem Sachverhalt nicht erneut einer Entscheidung der Gerichte für Arbeitssachen unterbreitet werden kann. Ein Antrag, der den gleichen Streitgegenstand erneut zur Entscheidung stellt, ist unzulässig, weil der Rechtsschutz bereits gewährt wurde (vgl. BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 95, 47). Subjektiv wirkt die materielle Rechtskraft nach § 325 Abs. 1 ZPO grundsätzlich zwischen den Parteien des Vorprozesses, im Beschlussverfahren also zwischen den Beteiligten (BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 2 der Gründe, aaO). Auf die Frage, ob und ggf. wie sich diese Grundsätze auch im Verhältnis von Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu späteren Hauptsacheverfahren auswirken (vgl. dazu BAG 20. November 2012 - 1 AZR 611/11 - Rn. 87 ff. mwN), kommt es vorliegend nicht an.

11

b) Die formelle und materielle Rechtskraft der im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Entscheidung steht der Zulässigkeit des Wahlanfechtungsantrags der Beteiligten zu 1. bis 14. schon deshalb nicht entgegen, weil die Streitgegenstände der Verfahren nicht identisch sind. Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens waren der Abbruch der eingeleiteten sowie die Einleitung einer erneuten Betriebsratswahl. Dagegen geht es im vorliegenden Verfahren um die Wirksamkeit der durchgeführten Wahl. Darüber hinaus sind auch die Beteiligten der beiden Verfahren überwiegend nicht identisch. Während in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Arbeitgeberin und der Wahlvorstand beteiligt waren, sind an vorliegendem Verfahren neben der Arbeitgeberin 14 wahlberechtigte Arbeitnehmer und der Betriebsrat beteiligt.

12

2. Die Antragsteller sind nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zur Wahlanfechtung berechtigt. Die zweiwöchige Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ist gewahrt.

13

II. Der Wahlanfechtungsantrag ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts entspricht die Wahl von 13 Betriebsratsmitgliedern nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 9 Satz 1 BetrVG. Unter Berücksichtigung der ständig beschäftigten Leiharbeitnehmer wäre nach der Staffel des § 9 Satz 1 BetrVG ein Betriebsrat mit 15 Mitgliedern zu wählen gewesen.

14

1. Der Wahlanfechtungsantrag ist nicht schon deshalb unbegründet, weil die Gerichte im Wahlanfechtungsverfahren an die im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangene Entscheidung gebunden wären.

15

a) Allerdings sind formell und materiell rechtskräftige Entscheidungen geeignet, präjudizielle Bindungswirkung für Folgeprozesse zu entfalten, in denen der Streitgegenstand zwar nicht identisch ist, der Streitgegenstand des Vorprozesses aber eine entscheidungserhebliche Vorfrage bildet (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 29. Aufl. vor § 322 Rn. 22 ff.). Das gilt auch für Beschlüsse in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren. Dabei beschränkt sich die Bindungswirkung auf den unmittelbaren Gegenstand der vorangegangenen Entscheidung (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 611/11 - Rn. 89). Inwieweit Entscheidungen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Bindungswirkung für spätere Erkenntnisverfahren entfalten, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu BAG 20. November 2012 - 1 AZR 611/11 - Rn. 87 ff. mwN). Subjektiv tritt die Bindungswirkung grundsätzlich nur zwischen den Beteiligten und ihren Rechtsnachfolgern ein. Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren erfährt dieser Grundsatz allerdings erhebliche Durchbrechungen (vgl. GK-ArbGG/Dörner Stand März 2013 § 84 Rn. 31 ff. mit zahlreichen Nachweisen; Fitting 26. Aufl. nach § 1 Rn. 59; Nottebom RdA 2002, 292). Sofern es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung - wie etwa § 9 TVG - fehlt, ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob eine Erweiterung der Bindungswirkung auf Personen oder Stellen, die am Vorverfahren nicht beteiligt waren, aufgrund materiellen Rechts geboten ist(vgl. GK-ArbGG/Dörner § 84 Rn. 31).

16

b) Hiernach entfaltet die im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangene Entscheidung für das vorliegende Wahlanfechtungsverfahren schon deshalb keine präjudizielle Wirkung, weil eine Erstreckung der Bindungswirkung der zwischen - überwiegend - anderen Beteiligten ergangenen Entscheidung auf die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens aus Gründen materiellen Rechts nicht geboten erscheint. Vielmehr würde es zu einer nicht gerechtfertigten Einschränkung der Rechte der zu einer Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG Berechtigten führen, wären diese an die Entscheidung in einem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren gebunden, an dem sie nicht beteiligt waren.

17

2. Die Wahlanfechtung ist nach § 19 Abs. 1 BetrVG begründet.

18

a) Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann eine Betriebsratswahl angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. § 9 Satz 1 BetrVG ist eine wesentliche Vorschrift des Wahlverfahrens. Danach richtet sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats nach der Anzahl der im Betrieb in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer. In Betrieben mit in der Regel 701 bis 1000 Arbeitnehmern besteht der Betriebsrat aus 13 Mitgliedern, in Betrieben mit in der Regel 1001 bis 1500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern. Hiergegen wurde durch die Wahl eines 13-köpfigen Betriebsrats verstoßen.

19

aa) Allerdings befindet sich die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts, Leiharbeitnehmer seien generell nicht als Arbeitnehmer des Betriebs iSd. § 9 Satz 1 BetrVG anzusehen, im Einklang mit der bisherigen Senatsrechtsprechung. Nach § 9 BetrVG in der bis zum 27. Juli 2001 geltenden Fassung wurden für die Anzahl zu wählender Betriebsratsmitglieder nur betriebsangehörige Arbeitnehmer berücksichtigt (BAG 18. Januar 1989 -  7 ABR 21/88  - BAGE 61, 7 ). Für § 9 BetrVG idF des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) galt nach bisheriger Rechtsprechung nichts anderes. Dies hat der Senat für gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung am 16. April 2003 (-  7 ABR 53/02  - zu II 2 a der Gründe, BAGE 106, 64) und für nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung am 10. März 2004 (- 7 ABR 49/03 - zu B I 1 a der Gründe, BAGE 110, 27) entschieden.

20

bb) Im Schrifttum hat die Rechtsprechung ein uneinheitliches Echo gefunden. Ein erheblicher Teil der Autoren hat sich der Auffassung des Senats angeschlossen (Brose NZA 2005, 797; ErfK/Wank 13. Aufl. § 14 AÜG Rn. 7; Gillen/Vahle BB 2006, 2749, 2750; ErfK/Koch § 9 BetrVG Rn. 2; Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 9 Rn. 6; ders. FS Wissmann S. 364, 365; H/S/W/G/N/R-Nicolai 8. Aufl. § 9 Rn. 6; HWK/Gotthardt 5. Aufl. § 14 AÜG Rn. 10; Konzen RdA 2001, 76, 83 f.; Löwisch BB 2001, 1734, 1737; Maschmann DB 2001, 2446, 2448; Lindemann/Simon NZA 2002, 365, 367 f.; Löwisch/Kaiser BetrVG 6. Aufl. § 9 Rn. 2; Reineke FS Löwisch S. 211, 221 ff.; Thüsing in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 9 Rn. 7; Schirmer FS 50 Jahre BAG S. 1063, 1077; Urban-Crell/Schulz Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung Rn. 1049). Ein anderer Teil des Schrifttums will Leiharbeitnehmer bei den Schwellenwerten der §§ 9, 38 BetrVG berücksichtigen(Brors NZA 2003, 1380, 1382; Hako-BetrVG/Brors 3. Aufl. § 9 Rn. 3; Brors/Schüren BB 2004, 2745, 2751; Däubler ArbuR 2001, 285, 286 und ArbuR 2004, 81, 82; Fitting § 5 Rn. 238 und § 9 Rn. 25; Richardi NZA 2001, 346, 350; DKKW-Homburg 13. Aufl. § 7 Rn. 7 und § 9 Rn. 14; Ratayczak AiB 2004, 212 ff.; Schüren RdA 2004, 184; Wlotzke FS 50 Jahre BAG S. 1149, 1160; ders. distanziert zur Rspr. auch in WPK BetrVG 4. Aufl. § 7 Rn. 30). Differenzierend wird die Auffassung vertreten, Leiharbeitnehmer sollten dann zählen, wenn sie im Entleiherbetrieb auf dauerhaft oder auf regelmäßig besetzten Arbeitsplätzen zum Einsatz kommen (vgl. Hamann in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 14 Rn. 110 f.; vgl. auch ders. Anm. EzA BetrVG 2001 § 9 Nr. 1, S. 16 ff.; ders. Anm. EzA BetrVG 2001 § 9 Nr. 2 S. 17 ff.; Reichold NZA 2001, 857, 861; ders. NZA 2001 Sonderbeilage zu Heft 24 S. 32, 37; Dörner FS Wissmann S. 286, 295 hat dies für den Fall erwogen, dass nach der ab 1. Januar 2004 geltenden Gesetzesfassung dauerhaft überlassene Leiharbeitnehmer nicht mehr nur eine Randbelegschaft bilden).

21

cc) Nachdem der Senat die zum betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff entwickelte sog. „Zwei-Komponenten-Lehre“ für die Fälle des drittbezogenen Personaleinsatzes aufgegeben hat (vgl. dazu im einzelnen BAG 5. Dezember 2012 - 7 ABR 48/11 - Rn. 17 ff.), hält er auch an seiner Rechtsprechung, Leiharbeitnehmer seien im Rahmen von § 9 Satz 1 BetrVG nicht zu berücksichtigen, nicht weiter fest. Bei einer insbesondere am Sinn und Zweck der Schwellenwerte in § 9 BetrVG orientierten Auslegung des Gesetzes sind die in der Regel beschäftigten Leiharbeitnehmer mitzuzählen. In Betrieben mit bis zu 51 Arbeitnehmern kommt es zusätzlich auf die Wahlberechtigung der Arbeitnehmer an. Für Betriebe mit in der Regel mehr als 51 Arbeitnehmern sieht das Gesetz diese Voraussetzung nicht mehr vor.

22

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und allgemeiner Auffassung im Schrifttum geht das Betriebsverfassungsgesetz in § 5 Abs. 1 Satz 1 vom allgemeinen Arbeitnehmerbegriff aus, den es in § 5 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3, Abs. 2 und Abs. 3 erweitert sowie einschränkt. Danach ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (vgl. BAG 5. Dezember 2012 - 7 ABR 48/11 - Rn. 17 mwN). Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen einem Arbeitnehmer und dem Inhaber eines Betriebs genügt allerdings nicht in jedem Fall, um die Beurteilung zu rechtfertigen, der Arbeitnehmer sei auch im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn Arbeitnehmer „des Betriebs“. Erforderlich ist hierzu vielmehr die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung des Arbeitnehmers zu einem bestimmten Betrieb. Diese setzt regelmäßig voraus, dass der Arbeitnehmer in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert ist (vgl. BAG 5. Dezember 2012 - 7 ABR 48/11 - Rn. 18 mwN). Diese sog. „Zwei-Komponenten-Lehre“, nach der zu den konstitutiven Merkmalen der Betriebszugehörigkeit einerseits ein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber, andererseits die tatsächliche Eingliederung in dessen Betriebsorganisation gehört (BAG 10. November 2004 - 7 ABR 12/04 - zu B II 1 der Gründe mwN, BAGE 112, 305), wird regelmäßig ohne Weiteres der „Normalfall-Gestaltung“ gerecht, „die dadurch gekennzeichnet ist, dass ein Arbeitnehmer aufgrund eines wirksamen Arbeitsvertrags in der einzigen Betriebsstätte seines Arbeitgebers unselbständige, fremdbestimmte Arbeit tatsächlich leistet“ (Kreutz/Raab GK-BetrVG § 7 Rn. 20). Schwierigkeiten entstehen aber bei atypischen Fallgestaltungen, insbesondere beim sog. „drittbezogenen Personaleinsatz“, also beim Arbeitseinsatz von Arbeitnehmern in Drittbetrieben (vgl. zu den unterschiedlichen Fallgestaltungen Kreutz/Raab GK-BetrVG § 7 Rn. 39 ff.). Hier führt die reine „Zwei-Komponenten-Lehre“ nicht zu sachgerechten Ergebnissen. Ihre uneingeschränkte Anwendung hätte vielmehr zur Folge, dass der Arbeitnehmer einerseits dem Betrieb seines Vertragsarbeitgebers mangels Eingliederung nicht zugeordnet werden könnte, während es andererseits zum Betriebsarbeitgeber an einem arbeitsvertraglichen Band fehlt. In derartigen Fällen der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung bedarf es daher einer differenzierten Beurteilung der betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung von Arbeitnehmern (BAG 5. Dezember 2012 - 7 ABR 48/11 - Rn. 20). Diese hat zum einen zu beachten, dass der Gesetzgeber die betriebsverfassungsrechtliche Behandlung des drittbezogenen Personaleinsatzes bereits zu einem nicht unbeträchtlichen Umfang teils im Betriebsverfassungsgesetz, teils in anderen Gesetzen geregelt hat (vgl. BAG 5. Dezember 2012 - 7 ABR 48/11 - Rn. 21 bis Rn. 23). Zum anderen gilt es zu berücksichtigen, dass im Betriebsverfassungsgesetz in ganz unterschiedlichem Zusammenhang auf „den“ Arbeitnehmer abgestellt wird (vgl. BAG 5. Dezember 2012 - 7 ABR 48/11 - Rn. 24). Daher sind beim drittbezogenen Personaleinsatz und einer aufgespaltenen Arbeitgeberstellung differenzierende Lösungen geboten, die zum einen die ausdrücklich normierten (spezial-)gesetzlichen Konzepte, zum anderen aber auch die Funktion des Arbeitnehmerbegriffs im jeweiligen betriebsverfassungsrechtlichen Zusammenhang angemessen berücksichtigen (vgl. BAG 5. Dezember 2012 - 7 ABR 48/11 - Rn. 25).

23

(2) Ausgehend von diesem veränderten Verständnis ist der Arbeitnehmerbegriff der „Zwei-Komponenten-Lehre“ nicht geeignet für die Beantwortung der Frage, ob im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer als Arbeitnehmer im Sinne von § 9 BetrVG anzusehen sind. Da es insoweit auch an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt, kommt es entscheidend darauf an, welche Funktion dem Arbeitnehmerbegriff in § 9 BetrVG zukommt.

24

(a) Der reine Wortlaut der Vorschrift ist insoweit nicht weiterführend.

25

(b) Der systematische Kontext der Bestimmung spricht insgesamt eher dafür, Leiharbeitnehmer im Einsatzbetrieb bei der Anwendung von § 9 BetrVG zu berücksichtigen.

26

(aa) Allerdings folgt aus § 14 Abs. 1 AÜG, dass Leiharbeitnehmer während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher weiter dem entsendenden Betrieb des Verleihers angehören. Dies gebietet aber nicht den Schluss, Leiharbeitnehmer könnten im Entleiherbetrieb bei den Schwellenwerten keine Berücksichtigung finden. Dem systematischen Zusammenhang von Betriebsverfassungsgesetz und Arbeitnehmerüberlassungsgesetz lässt sich nicht entnehmen, Leiharbeitnehmer dürften hinsichtlich der Größe des Betriebsrats nur bei einem der beiden Arbeitgeber berücksichtigt werden. Die Situation der Leiharbeitnehmer ist vielmehr gerade durch die Aufspaltung der Arbeitgeberstellung gekennzeichnet.

27

(bb) Für eine Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer im Rahmen von § 9 Satz 1 BetrVG spricht der systematische Zusammenhang zu § 7 Satz 2 BetrVG(anders noch BAG 10. März 2004 - 7 ABR 49/03 - zu B I 1 a bb der Gründe, BAGE 110, 27). Nach dieser durch das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) neu eingefügten Bestimmung sind Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers, die zur Arbeitsleistung überlassen werden, wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate eingesetzt werden. In der Begründung zum Regierungsentwurf heißt es dazu, § 7 Satz 2 BetrVG erkenne für bestimmte Fälle die Zugehörigkeit der Leiharbeitnehmer zum Einsatzbetrieb an, um der Erosion der Stammbelegschaft durch den Einsatz von Arbeitnehmern anderer Arbeitgeber entgegenzuwirken(BT-Drucks. 14/5741 S. 36 zu Nr. 7). Dabei steht dem überlassenen Arbeitnehmer, der länger als drei Monate eingesetzt wird, das aktive Wahlrecht zum Betriebsrat nach der Gesetzesbegründung bereits ab dem ersten Arbeitstag im Einsatzbetrieb zu; sein Wahlrecht im Stammbetrieb bleibt unberührt (BT-Drucks. 14/5741 S. 36 zu Nr. 7). § 9 Satz 1 BetrVG stellt für Betriebe mit bis zu 51 Arbeitnehmern ebenfalls auf deren Wahlberechtigung ab. Daher erschiene es wenig konsistent, die Leiharbeitnehmer zwar nach § 7 Satz 2 BetrVG als im Einsatzbetrieb wahlberechtigt zu behandeln, sie aber nicht als „wahlberechtigte Arbeitnehmer“ iSv. § 9 Satz 1 BetrVG anzusehen. Dass der Gesetzgeber in § 9 Satz 1 BetrVG nur in Betrieben mit bis zu 51 Arbeitnehmern die Wahlberechtigung verlangt und darüber auf dieses Erfordernis verzichtet, hebt den systematischen Zusammenhang zwischen § 7 Satz 2 BetrVG und § 9 Satz 1 BetrVG nicht auf.

28

(c) Für die Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer sprechen entscheidend Sinn und Zweck der Schwellenwerte in § 9 Satz 1 BetrVG.

29

(aa) Durch die in dieser Vorschrift vorgesehene Staffelung soll sichergestellt werden, dass die Zahl der Betriebsratsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der betriebsangehörigen Arbeitnehmer steht, deren Interessen und Rechte der Betriebsrat zu wahren hat (BAG 10. März 2004 - 7 ABR 49/03 - zu B I 1 a bb der Gründe, BAGE 110, 27). Die in den Organisationsvorgaben geregelte Abhängigkeit der Betriebsratsgröße von der Anzahl der in der Regel im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer trägt dem Umstand Rechnung, dass hiervon der Tätigkeitsaufwand des Betriebsrats maßgeblich bestimmt wird. Je mehr Arbeit im Betriebsrat anfällt, desto mehr Mitglieder soll er haben. Eine angemessene Interessenvertretung ist dann gefährdet, wenn die Zahl der regelmäßig im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer deutlich steigt, ohne dass dies bei der Betriebsratsgröße Berücksichtigung findet (vgl. Hamann in Schüren/Hamann AÜG § 14 Rn. 111).

30

(bb) Der Umfang der Betriebsratsarbeit wird durch die im Betrieb regelmäßig tätigen Leiharbeitnehmer auch bei einer nur partiellen Vertretung in erheblichem Umfang beeinflusst. Dies allein hat der Senat allerdings bislang für eine Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer im Rahmen von § 9 Satz 1 BetrVG nicht als ausreichend angesehen(vgl. BAG 10. März 2004 - 7 ABR 49/03 - zu B I 1 a bb der Gründe, BAGE 110, 27). Nach erneuter Prüfung hält der Senat hieran nicht fest. Die Zunahme an Betriebsratsaufgaben, die mit der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern verbunden ist, ist so erheblich, dass ihr durch eine entsprechende Betriebsratsgröße Rechnung zu tragen ist. Für den Betriebsrat ergeben sich durch die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer sowohl in Mitbestimmungsangelegenheiten als auch darüber hinaus in beträchtlichem Umfang Aufgaben und Pflichten.

31

(aaa) So erstreckt sich die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten nach § 87 BetrVG in erheblichem Maße auch auf Leiharbeitnehmer. Insoweit kann beispielhaft verwiesen werden auf die Mitbestimmungsrechte zu Fragen der Ordnung des Betriebs (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG), zur Lage der Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, dazu BAG 15. Dezember 1992 - 1 ABR 38/92 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 72, 107), zur Einführung und Anwendung von Einrichtungen zur Verhaltens- und Leistungskontrolle (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG), zu Regelungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) und zu Grundsätzen der Gruppenarbeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG). Diese Mitbestimmungsrechte betreffen Leiharbeitnehmer in gleicher oder ähnlicher Weise wie die Stammbelegschaft.

32

(bbb) Im Rahmen der personellen Mitbestimmung ist der Betriebsrat bei Einstellungen und Versetzungen von überlassenen Arbeitnehmern zu beteiligen (vgl. dazu BAG 9. März 2011 - 7 ABR 137/09 - Rn. 26, BAGE 137, 194; 23. Januar 2008 - 1 ABR 74/06 - Rn. 22 f. mwN, BAGE 125, 306 ). Erfolgen nacheinander mehrere - noch so kurze - befristete Einsätze, ist jeder von ihnen nach § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG, § 99 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Ebenso wenig wie Dauer und zeitlicher Umfang des Leiharbeitnehmereinsatzes das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Entleiherbetrieb reduzieren, ist es bei einem bloßen personellen Wechsel des eingesetzten Leiharbeitnehmers eingeschränkt. Dies gilt selbst dann, wenn nach den Vereinbarungen zwischen dem entleihenden Arbeitgeber und dem Verleiher die Entscheidung über die konkret-personenbezogene Auswahl der auf Anforderung des Arbeitgebers zum Einsatz kommenden Leiharbeitnehmer nach einer entsprechenden Rahmenvereinbarung allein beim Verleiher liegt (vgl. BAG 9. März 2011 - 7 ABR 137/09 - Rn. 26 f. mwN, aaO). Die bei Leiharbeitnehmern typischerweise häufigere Fluktuation ist für den Betriebsrat hiernach im Bereich der personellen Mitbestimmung sogar eher mit mehr Arbeit verbunden als bei der Stammbelegschaft.

33

(ccc) Auch über die Mitbestimmung hinaus ist der Betriebsrat in erheblichem Umfang für die Leiharbeitnehmer und deren Angelegenheiten zuständig. So sind überlassene Arbeitnehmer nach § 14 Abs. 2 Satz 2 AÜG berechtigt, im Entleiherbetrieb die Sprechstunden der Arbeitnehmervertretungen aufzusuchen und an den Betriebs- und Jugendversammlungen teilzunehmen. Ferner gelten für sie nach § 14 Abs. 2 Satz 3 AÜG im Entleiherbetrieb die §§ 81, 82 Abs. 1 und die §§ 84 bis 86 BetrVG. Danach haben auch Leiharbeitnehmer das Recht, mit Hilfe des Betriebsrats des Entleiherbetriebs eine individuelle Beschwerde bei den zuständigen Stellen im Entleiherbetrieb zu führen, indem sie nach § 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ein Mitglied des Betriebsrats zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen. § 85 BetrVG sieht vor, dass der Betriebsrat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegennimmt und, falls er sie für berechtigt erachtet, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinwirkt.

34

(cc) Soweit die Erhöhung der Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder durch das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes mit der Aufgabenerweiterung begründet wurde, die sich im Zusammenhang mit der Einführung und Anwendung neuer Techniken, moderner Produktions- und Arbeitsmethoden, Qualifizierung, Beschäftigungssicherung sowie Arbeits- und Umweltschutz ergeben habe (BT-Drucks. 14/5741 S. 36 zu Nr. 8), steht dies der Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer im Rahmen von § 9 BetrVG nicht entgegen(anders noch BAG 10. März 2004 - 7 ABR 49/03 - zu B I 1 a bb der Gründe, BAGE 110, 27). Der Arbeitsanfall durch die Erweiterung der Mitbestimmung ist nicht nur hinsichtlich der Stammarbeitskräfte, sondern in beträchtlicher Weise auch hinsichtlich der Leiharbeitnehmer gestiegen. Leiharbeitnehmer sind auch nicht etwa eine regelmäßig nur kleine und bei typisierender Betrachtung zu vernachlässigende Gruppe, sondern bilden des Öfteren einen quantitativ erheblichen, bisweilen sogar den überwiegenden Teil der Belegschaft (vgl. etwa BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 3: von ca. 260 beschäftigten Arbeitnehmern waren 245 Leiharbeitnehmer).

35

b) Hiernach waren entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts die im Betrieb der Arbeitgeberin regelmäßig beschäftigten 292 Leiharbeitnehmer bei der für die Betriebsratsgröße maßgeblichen Arbeitnehmerzahl nach § 9 Satz 1 BetrVG zu berücksichtigen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der Beschäftigung der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts „regelmäßig“ 292 Leiharbeitnehmer um eine nur zum Zeitpunkt der Wahl vorliegende Ausnahmesituation gehandelt habe (vgl. zur Frage der „in der Regel“ Beschäftigten BAG 7. Mai 2008 - 7 ABR 17/07 - Rn. 17), sind weder behauptet noch ersichtlich. Im Zeitpunkt des Wahlausschreibens bestand die regelmäßige Belegschaft damit aus 1.171 Arbeitnehmern. Somit hätte nach § 9 Satz 1 BetrVG statt eines 13-köpfigen ein 15-köpfiger Betriebsrat gewählt werden müssen. Dieser Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift des Wahlverfahrens hat das Wahlergebnis beeinflusst. Eine Korrekturmöglichkeit besteht nicht. Die Betriebsratswahl ist daher unwirksam.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Bea    

        

    Strippelmann    

                 

Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden.

Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel
5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus einer Person,
21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern,
51 wahlberechtigten Arbeitnehmern
bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern,
101 bis 200 Arbeitnehmern aus 7 Mitgliedern,
201 bis 400 Arbeitnehmern aus 9 Mitgliedern,
401 bis 700 Arbeitnehmern aus 11 Mitgliedern,
701 bis 1.000 Arbeitnehmern aus 13 Mitgliedern,
1.001 bis 1.500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern,
1.501 bis 2.000 Arbeitnehmern aus 17 Mitgliedern,
2.001 bis 2.500 Arbeitnehmern aus 19 Mitgliedern,
2.501 bis 3.000 Arbeitnehmern aus 21 Mitgliedern,
3.001 bis 3.500 Arbeitnehmern aus 23 Mitgliedern,
3.501 bis 4.000 Arbeitnehmern aus 25 Mitgliedern,
4.001 bis 4.500 Arbeitnehmern aus 27 Mitgliedern,
4.501 bis 5.000 Arbeitnehmern aus 29 Mitgliedern,
5.001 bis 6.000 Arbeitnehmern aus 31 Mitgliedern,
6.001 bis 7.000 Arbeitnehmern aus 33 Mitgliedern,
7.001 bis 9.000 Arbeitnehmern aus 35 Mitgliedern.
In Betrieben mit mehr als 9.000 Arbeitnehmern erhöht sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder.
-----

*)
Gemäß Artikel 14 Satz 2 des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-Reformgesetz) vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) gilt § 9 (Artikel 1 Nr. 8 des BetrVerf-Reformgesetzes) für im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Betriebsräte erst bei deren Neuwahl.

Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden.

Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel
5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus einer Person,
21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern,
51 wahlberechtigten Arbeitnehmern
bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern,
101 bis 200 Arbeitnehmern aus 7 Mitgliedern,
201 bis 400 Arbeitnehmern aus 9 Mitgliedern,
401 bis 700 Arbeitnehmern aus 11 Mitgliedern,
701 bis 1.000 Arbeitnehmern aus 13 Mitgliedern,
1.001 bis 1.500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern,
1.501 bis 2.000 Arbeitnehmern aus 17 Mitgliedern,
2.001 bis 2.500 Arbeitnehmern aus 19 Mitgliedern,
2.501 bis 3.000 Arbeitnehmern aus 21 Mitgliedern,
3.001 bis 3.500 Arbeitnehmern aus 23 Mitgliedern,
3.501 bis 4.000 Arbeitnehmern aus 25 Mitgliedern,
4.001 bis 4.500 Arbeitnehmern aus 27 Mitgliedern,
4.501 bis 5.000 Arbeitnehmern aus 29 Mitgliedern,
5.001 bis 6.000 Arbeitnehmern aus 31 Mitgliedern,
6.001 bis 7.000 Arbeitnehmern aus 33 Mitgliedern,
7.001 bis 9.000 Arbeitnehmern aus 35 Mitgliedern.
In Betrieben mit mehr als 9.000 Arbeitnehmern erhöht sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder.
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*)
Gemäß Artikel 14 Satz 2 des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-Reformgesetz) vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) gilt § 9 (Artikel 1 Nr. 8 des BetrVerf-Reformgesetzes) für im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Betriebsräte erst bei deren Neuwahl.

Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.