Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 23. Apr. 2015 - 2 TaBVGa 1/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2015:0423.2TABVGA1.15.0A
bei uns veröffentlicht am23.04.2015

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Tenor

Die Beschwerde der zu 1) - 5) beteiligten Antragsteller gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 15. April 2015 - 8 BVGa 2/15 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um den Abbruch einer Betriebsratswahl.

2

Der zu 1) beteiligte Antragsteller ist der bei der zu 6) beteiligten K. gebildete 11-köpfige Betriebsrat, der in der Wahl vom 04./05. März 2014 gewählt wurde. Diese Wahl wurde angefochten und erstinstanzlich für unwirksam erklärt; derzeit ist das Wahlanfechtungsverfahren beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz anhängig (Az.: 2 TaBV 28/14). Die zu 2) bis 5) beteiligten Antragsteller sind Fahrer der K. und Mitglieder bzw. Ersatzmitglied des zu 1) beteiligten Betriebsrates.

3

Bei der zu 8) beteiligten C. A. GmbH wurde im Jahr 2014 ein Betriebsrat gewählt, der nach dem von ihm beschlossenen Rücktritt noch geschäftsführend im Amt ist. Dieser bestellte den zu 7) beteiligten Wahlvorstand, der mit Wahlausschreiben vom 09. März 2015 "die Wahl des Betriebsrats des Gemeinschaftsbetriebs Fahrdienst der C.A. GmbH und der K." in der Zeit vom 22. bis 24. April 2015 einleitete.

4

Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehren die Antragsteller den Abbruch dieser Betriebsratswahl.

5

Sie haben erstinstanzlich vorgetragen, die von dem zu 7) beteiligten Wahlvorstand eingeleitete Wahl wäre im Falle ihrer Durchführung aus mehreren Gründen nichtig. Entgegen der Darstellung der Arbeitgeberinnen bilde das Fahrpersonal ihrer beiden Unternehmen keinen gemeinsamen Betrieb. Auch wenn die Herren L. und H. als "Fahrdienstleiter" bezeichnet würden, seien ihnen die damit zu verbindenden Kompetenzen, nämlich die eigenverantwortliche Führung des Fahrdienstes, nicht eingeräumt worden. Eine einheitliche Leitung des Fahrdienstes liege nicht vor. Vielmehr obliege die Leitung des Fahrdienstes ausweislich der vorgelegten Organigramme bei der K. der Abteilung V. und bei der C.A. der Abteilung C.A. 30. Allein der Umstand, dass Positionen innerhalb der Organisationsstrukturen in Personalunion wahrgenommen würden, bedeute nicht, dass auch eine einheitliche Leitung vorliege. Die personellen und sozialen Angelegenheiten für die Arbeitnehmer der K. würden in deren Personalreferat VPR behandelt, während dies bei der C.A. in deren Personalreferat C.A. 10 erfolge. Im Hinblick darauf, dass es keine institutionalisierte einheitliche Leitung beider Unternehmen gebe und die personellen und sozialen Angelegenheiten bei den jeweiligen Unternehmen in den voneinander unabhängigen Abteilungen entschieden würden, liege ein "Gemeinschaftsbetrieb Fahrdienst" nicht vor. Danach wäre die eingeleitete Wahl bereits deshalb nichtig, weil für die Fahrer der K. bereits ein weiterhin im Amt befindlicher Betriebsrat existiere, so dass für diesen Betriebsteil kein weiterer Betriebsrat gewählt werden könne. Die Wahl wäre auch deshalb nichtig, weil der Wahlvorstand willkürlich Betriebsteile zu einem angeblichen Gemeinschaftsbetrieb Fahrdienst zusammenfasse und dabei ohne jede sachliche Rechtfertigung die Fahrer der Ks. GmbH, die von der gleichen "Fahrdienstleitung" geführt würden, nicht berücksichtige. Zudem verstoße der Wahlvorstand mit der Wahl zu einem angeblichen Gemeinschaftsbetrieb gegen den bindenden Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 05. August 2010 - 9 BV 61/09 -, mit welchem rechtskräftig entschieden worden sei, dass zwischen den Arbeitgeberinnen kein Gemeinschaftsbetrieb vorliege. Die Wahl sei daher wegen zu erwartender Nichtigkeit abzubrechen. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Antragsteller wird auf ihre erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

6

Die Antragsteller haben erstinstanzlich beantragt,

7

1. im Wege der einstweiligen Verfügung die vom Beteiligten zu 7) mit Wahlausschreiben vom 09.03.2015 eingeleitete und auf den 22.04.2015 bis 24.04.2015 terminierte Betriebsratswahl zum "Gemeinschaftsbetrieb Fahrdienst" abzubrechen,

8

2. dem Beteiligten zu 7) aufzugeben, unverzüglich ein neues, ordnungsgemäßes Wahlverfahren einzuleiten,

9

3. hilfsweise:

10

den Beteiligten zu 7) zu verpflichten, das auf Grundlage des Wahlausschreibens vom 09.03.2015 eingeleitete Wahlverfahren im Betrieb der Beteiligten zu 6) und 8) einstweilen auszusetzen,

11

4. für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziff. 1 und 2 dem Beteiligten zu 7) bezogen auf jeden Tag der Fortsetzung des Wahlverfahrens ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,00 €, zu vollstrecken am Vorsitzenden des Wahlvorstandes, anzudrohen.

12

Die weiteren Beteiligten haben beantragt,

13

die Anträge zurückzuweisen.

14

Sie haben erwidert, die Geschäftsleitungen der C.A. und der K. hätten am 01. Juli 2014 die von ihnen dargestellte Umstrukturierung beschlossen, wonach die Fahrdienste der beiden Unternehmen unter eine einheitliche Leitung gestellt worden seien. Die in den vorgelegten Schreiben und den darin angeführten Informationsveranstaltungen beschriebene organisatorische Änderung im Fahrdienst mit der neuen Fahrdienstleitung, bestehend aus Herrn H. und Herrn L., sei gemäß den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen zum 01. Juli 2014 auch tatsächlich durchgeführt worden. Seit diesem Zeitpunkt würden die im Fahrdienst beschäftigten Arbeitnehmer der beiden Gesellschaften durch die neue Fahrdienstleitung sowohl hinsichtlich der entsprechenden arbeitsrechtlichen Weisungen als auch der personellen Maßnahmen einheitlich geführt. Hierdurch sei ein unternehmensübergreifender Gemeinschaftsbetrieb bezogen auf die im Fahrdienst beschäftigten Arbeitnehmer entstanden. Durch die zum 01. Juli 2014 erfolgte Zusammenfassung der zum Fahrpersonal gehörenden Mitarbeiter unter eine einheitliche personelle Leitung sei ein neuer Gemeinschaftsbetrieb mit den Folgen des § 21 a BetrVG gebildet worden. Das danach für den zu 1) beteiligten Betriebsrat entstandene Übergangsmandat habe mit Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 21 a Abs. 1 Satz 3 BetrVG geendet, so dass kein Betriebsrat für die von der einheitlichen Leitung betroffenen Arbeitnehmer des neu gebildeten Fahrbetriebs mehr bestehe. Im Hinblick darauf, dass für den neu gebildeten Gemeinschaftsbetrieb bislang kein Betriebsrat bestehe, finde auch keine Wahl unter Verkennung des Betriebsbegriffes statt. Unabhängig davon würde auch eine Verkennung des Betriebsbegriffs nicht zur Nichtigkeit der Wahl führen, sondern berechtige allein zu deren Anfechtung nach § 19 BetrVG. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten zu 6) bis 8) wird auf deren erstinstanzlich eingereichte Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

15

Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Beschluss vom 17. April 2015 - 8 BVGa 2/15 - den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Gründe seines Beschlusses verwiesen.

16

Gegen den ihnen am 20. April 2015 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 21. April 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

17

Sie tragen vor, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass lediglich eine Verkennung des Betriebsbegriffs durch den Wahlvorstand vorliege. Vielmehr gehe es hier um die Durchführung einer Wahl in einem Betriebsteil, für den bereits ein Betriebsrat im Amt sei, was nach der dargestellten Rechtsprechung zur Nichtigkeit der Wahl führe. Für den Betriebsteil des K.-Fahrdienstes existiere bereits ein gewählter Betriebsrat, ohne dass die Voraussetzungen für eine Neuwahl gegeben seien. Das Arbeitsgericht habe die drohende Gefahr einer Doppelvertretung sowie deren gravierende Folgen verkannt. Dabei könne es keine Rolle spielen, in welchem Verfahrensstadium sich das Wahlanfechtungsverfahren befinde. Maßgeblich sei vielmehr, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine rechtskräftige Entscheidung hinsichtlich der Wahlanfechtung vorliege und damit weiterhin für den Fahrdienst der K. bereits ein Betriebsrat im Amt sei. Die Argumentation des Arbeitsgerichts würde bedeuten, dass für den Zeitraum bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung zwei Betriebsräte für die gleiche Belegschaft zuständig wären, was vom Betriebsverfassungsgesetz nicht vorgesehen sei und zur Nichtigkeit der Wahl führe. Weiterhin habe der Wahlvorstand in willkürlicher Entscheidung das Fahrpersonal der Ks. bei der Wahl nicht berücksichtigt. Obwohl dem Wahlvorstand ausdrücklich mitgeteilt worden sei, dass der "Fahrdienst" aus den Fahrern der K., der C.A. und der Ks. bestehen würde, habe dieser aus nicht nachvollziehbaren Gründen die Fahrer der Ks. aus dem vermeintlichen "Gemeinschaftsbetrieb" herausgenommen. Es liege somit eine willkürliche Zusammenstellung des "Gemeinschaftsbetriebes" durch den Wahlvorstand vor, was ebenso die Nichtigkeit der angesetzten Wahl zur Folge habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens der Antragsteller wird auf ihren Schriftsatz vom 21. April 2015 verwiesen.

18

Die Antragsteller beantragen,

19

den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 17. April 2015 - 8 BVGa 2/15 - abzuändern und

20

1. im Wege der einstweiligen Verfügung die vom Beteiligten zu 7) mit Wahlausschreiben vom 09. März 2015 eingeleitete und auf den 22. April 2015 bis 24. April 2015 terminierte Betriebsratswahl zum "Gemeinschaftsbetrieb Fahrdienst" abzubrechen,

21

2. dem Beteiligten zu 7) aufzugeben, unverzüglich ein neues, ordnungsgemäßes Wahlverfahren einzuleiten,

22

3. hilfsweise: den Beteiligten zu 7) zu verpflichten, das auf Grundlage des Wahlausschreibens vom 09. März 2015 eingeleitete Wahlverfahren im Betrieb der Beteiligten zu 6) und 8) einstweilen auszusetzen,

23

4. für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziff. 1 und 2 dem Beteiligten zu 7) bezogen auf jeden Tag der Fortsetzung des Wahlverfahrens ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,00 €, zu vollstrecken am Vorsitzenden des Wahlvorstandes, anzudrohen.

24

Die Beteiligten zu 6) bis 8) beantragen,

25

die Beschwerde zurückzuweisen.

26

Hinsichtlich ihrer Erwiderung wird auf ihre Schriftsätze vom 22. April 2015 verwiesen.

II.

27

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist unbegründet.

28

Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

29

Allerdings ist der geschäftsführend amtierende Betriebsrat der C.A. GmbH nicht Beteiligter des vorliegenden Beschlussverfahrens, weil er durch die von den Antragstellern begehrte Entscheidung in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung nicht unmittelbar betroffen wird (vgl. LAG Baden-Württemberg 13. April 1994 - 9 TaBV 4/94 - zu II. 1. der Gründe, AiB 1994, 420; Schwab/Weth ArbGG 4. Aufl. § 83 Rn. 73). Dementsprechend ist der geschäftsführend amtierende Betriebsrat der C. A. Mainz GmbH im Beschwerdeverfahren nicht mehr beteiligt worden (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG 8. Aufl. § 83 Rn. 32).

30

Ein Abbruch oder eine vorläufige Aussetzung der Wahl aufgrund einstweiliger Verfügung ist nur dann ausnahmsweise möglich, wenn die Mängel des Wahlverfahrens derart schwerwiegend sind, dass sie mit Sicherheit zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führen (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Koch 15. Aufl. § 18 BetrVG Rn. 7). Das kann nach dem Erkenntnisstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht angenommen werden.

31

1. Der gerichtliche Abbruch einer Betriebsratswahl aufgrund von Mängeln des Wahlverfahrens kommt nur in Betracht, wenn die Wahl voraussichtlich nichtig wäre; die bloße Anfechtbarkeit genügt nicht (BAG 27. Juli 2011 - 7 ABR 61/10 - Rn. 25 und 31, NZA 2012, 345; LAG Köln 08. April 2014 - 7 Ta 101/14 - Rn. 15, juris). Eine Betriebsratswahl ist nur nichtig bei groben und offensichtlichen Verstößen gegen wesentliche Grundsätze des gesetzlichen Wahlrechts, die so schwerwiegend sind, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Wegen der schwerwiegenden Folgen einer von Anfang unwirksamen Betriebsratswahl kann deren jederzeit feststellbare Nichtigkeit nur bei besonders krassen Wahlverstößen angenommen werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Mangel offenkundig ist und deshalb ein Vertrauensschutz in die Gültigkeit der Wahl zu versagen ist. Die Betriebsratswahl muss "den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen". Dies ist bei einer Betriebsratswahl, die unter Verkennung des Betriebsbegriffs durchgeführt würde, grundsätzlich nicht der Fall. Die Verkennung des Betriebsbegriffs hat in der Regel nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit der darauf beruhenden Betriebsratswahl zur Folge. Bei der Bestimmung des Betriebsbegriffs und seiner Anwendung auf die konkrete betriebliche Organisation ist eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten, die eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Entscheidung erfordern. Unterlaufen dabei Fehler, sind diese in der Regel nicht so grob und offensichtlich, dass der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht besteht (BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - Rn. 18, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55).

32

2. Nach dem Erkenntnisstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens kann nicht angenommen werden, dass die eingeleitete Wahl mit Sicherheit als nichtig anzusehen ist.

33

a) Soweit die Antragsteller angeführt haben, dass der Wahlvorstand mit der von ihm eingeleiteten Wahl gegen die bindende Entscheidung des Arbeitsgerichts Mainz vom 05. August 2010 - 9 BV 61/09 - verstoße, vermag dies im Hinblick auf die bekannt gegebene Organisationsänderung zum 1. Juli 2014 keine Nichtigkeit der Wahl zu begründen.

34

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 05. August 2010 - 9 BV 61/09 - konnte im Zeitpunkt der vom Wahlvorstand eingeleiteten Betriebsratswahl keine Bindungswirkung entfalten, weil sich die für die rechtliche Würdigung maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse in der Zwischenzeit geändert hatten.

35

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass zum damaligen Entscheidungszeitpunkt nicht von einem Gemeinschaftsbetrieb der K. und der C.A. ausgegangen werden könne, weil - abweichend von der früheren Praxis einer zentralen Zuteilung von Diensten - nach der Neustrukturierung der Verantwortlichkeit im Bereich der Personalabteilung(en) institutionell die Ausübung des Direktionsrechts nicht mehr einheitlich für beide Unternehmen vorgesehen sei. Damit sei die Zuständigkeit für den Personaleinsatz und die maßgeblichen sich aus dem Direktionsrecht ergebenden Weisungsbefugnisse nicht unternehmensübergreifend angesiedelt und zur gemeinsamen Ausübung vorgesehen.

36

Die Leitungsstruktur wurde jedoch im Fahrdienst nach den vorgelegten Schreiben organisatorisch mit Wirkung zum 01. Juli 2014 dahingehend geändert, dass die Fahrdienste der beiden Unternehmen nunmehr unter eine einheitliche Leitung, bestehend aus Herrn H. und Herrn L., gestellt worden sind. Damit könnte der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 05. August 2010 - 9 BV 61/09 - seine Bindungswirkung verloren haben (vgl. BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55). Im Hinblick darauf durfte der Wahlvorstand unter Berücksichtigung der bekannt gegebenen organisatorischen Änderung darüber befinden, ob nunmehr der unter einer einheitlichen Leitung gestellte Fahrdienst als Gemeinschaftsbetrieb der beteiligten Unternehmen anzusehen ist. Selbst wenn bei dieser Beurteilung der Betriebsbegriff verkannt worden sein sollte, wäre dies jedenfalls nicht als grob fehlerhaft anzusehen.

37

b) Gleiches gilt, soweit der Wahlvorstand Mitarbeiter der Ks. GmbH bei der von ihm eingeleiteten Wahl nicht berücksichtigt haben sollte.

38

Das Arbeitsgericht Mainz hat in seinem Beschluss vom 05. August 2010 - 9 BV 61/09 - einen Gemeinschaftsbetrieb aller drei Unternehmen (K., C.A., Ks.) mit einer eigenständigen Begründung verneint. Ob und ggf. welche Arbeitnehmer der Ks. GmbH im Hinblick auf die zum 01. Juli 2014 bekannt gegebene organisatorische Änderung im Fahrdienst nunmehr im Rahmen eines neu gebildeten Gemeinschaftsbetriebes einzubeziehen und vom Wahlvorstand zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sind, ist im vorliegenden Eilverfahren nicht zu entscheiden. Im Hinblick darauf, dass bei der Bestimmung des Betriebsbegriffs und seiner Anwendung auf die konkrete betriebliche Organisation eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten ist, sind etwaige Fehler, die dem Wahlvorstand dabei unterlaufen sein mögen, jedenfalls nicht so grob und offensichtlich, dass der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht besteht.

39

c) Zwar kann die Nichtigkeit einer Wahl anzunehmen sein, wenn während der Amtszeit eines ordnungsgemäß gewählten Betriebsrats, dessen Wahl nicht angefochten worden ist, für denselben Betrieb oder Betriebsteil ohne begründeten Anlass ein weiterer Betriebsrat mit dem Ziel gewählt wird, den amtierenden Betriebsrat abzuwählen (BAG 11. April 1978 - 6 ABR 22/77 - Rn. 8 ff., AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 8; BAG 21. Juli 2004 - 7 ABR 57/03 - Rn. 35, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 15; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 19 Rn. 5). So liegt der Fall hier aber nicht.

40

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner vorgenannten Entscheidung vom 11. April 1978, auf die es in seiner späteren Entscheidung vom 21. Juli 2004 verwiesen hat, zur Begründung des von ihm angenommenen Ausnahmefalls einer nichtigen Betriebsratswahl darauf abgestellt, dass die Wahl eines einheitlichen Betriebsrats für mehrere Betriebsteile nicht angefochten und gleichwohl dann für einen Betriebsteil ein eigener Betriebsrat gewählt worden sei, ohne dass sich an der betrieblichen Organisation etwas geändert hätte. Anders als in der vorgenannten Entscheidung ist die Wahl des zu 1) beteiligten Betriebsrats der K. angefochten und bereits erstinstanzlich für unwirksam erklärt worden. Zudem ist nach der angefochtenen Wahl vom 04./05. März 2014 auch noch die betriebliche Organisation mit Wirkung zum 01. Juli 2014 geändert worden. Die zu 6) beteiligte Arbeitgeberin hat mit den von ihr vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen glaubhaft gemacht, dass die von ihr dargestellte Organisationsänderung zum 01. Juli 2014 auch tatsächlich durchgeführt worden ist. Dabei ist unerheblich, dass Herrn H. und Herrn L. von der K. lediglich Gesamtprokura mit einem ihrer Geschäftsführer erteilt worden ist, weil bei der K. und der C.A. Personenidentität hinsichtlich eines Geschäftsführers (Herr R.) besteht und organisatorisch eine einheitliche Leitung gleichwohl möglich ist. Auch aus den vorgelegten Organigrammen lässt sich nicht herleiten, dass im Hinblick auf die darin aufgeführten Abteilungen die von den Arbeitgeberinnen dargestellte einheitliche Leitung tatsächlich nicht besteht. Im Hinblick darauf, dass die Wahl des zu 1) beteiligten Betriebsrats angefochten und erstinstanzlich für unwirksam erklärt worden ist und sich nach der angefochtenen Wahl die betriebliche Organisation durch die Bildung einer einheitlichen Leitung für den Fahrdienst geändert hat, kann im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass die vom Wahlvorstand eingeleitete Wahl nichtig ist. Vielmehr bestand angesichts der bekannt gegebenen organisatorischen Änderung zum 01. Juli 2014 für den Wahlvorstand ein hinreichender Anlass, unter Berücksichtigung der eingetretenen Änderung darüber zu befinden, ob der einheitlich geleitete Fahrdienst der beiden Unternehmen nunmehr als neu gebildeter Gemeinschaftsbetrieb anzusehen ist. Sollte bei dieser Beurteilung der Betriebsbegriff verkannt worden sein, begründet dies noch keine Nichtigkeit der vom Wahlvorstand eingeleiteten Betriebsratswahl. Nach dem Erkenntnisstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens lässt sich nicht feststellen, dass die angeführten Mängel des Wahlverfahrens derart schwerwiegend sind, dass sie mit Sicherheit zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führen, so dass ein Abbruch der eingeleiteten Wahl von den Antragstellern nicht verlangt werden kann.

41

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG).

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Tenor

I. Die Beschwerde des zu 2) beteiligten Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.09.2014 - 10 BV 10/14 - wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der im Betrieb der zu 1) beteiligten Arbeitgeberin am 04. und 05. März 2014 durchgeführten Betriebsratswahl, aus der der zu 2) beteiligte Betriebsrat hervorging.

2

Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt als Verkehrsunternehmen Busse und Straßenbahnen in A-Stadt und Umgebung. Auf den ihr gehörenden Fahrzeugen werden auch Fahrer ihrer Tochtergesellschaften A-Stadt V.-Service GmbH und Bus A-Stadt GmbH eingesetzt. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Mitarbeiter der V. und B. in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert und deshalb als Leiharbeitnehmer anzusehen sind. Seit dem Jahr 2002 werden bei der Arbeitgeberin ausscheidende Mitarbeiter des Fahrpersonals nicht durch arbeitsvertraglich an sie angebundene neu eingestellte Mitarbeiter ersetzt.

3

Zur Erstellung der Wählerliste für die Betriebsratswahl 2014 bat der Wahlvorstand mit Schreiben vom 06. Dezember 2013 (Bl. 145 - 147 d. A.) die Arbeitgeberin um Übergabe der darin abgefragten tabellarischen Aufstellungen der Arbeitnehmer(gruppen) mit den jeweils bezeichneten Angaben; wegen der Einzelheiten der erbetenen Informationen wird auf das Schreiben des Wahlvorstands vom 06. Dezember 2013 verwiesen. Daraufhin überließ die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 (Bl. 150 d. A.) dem Wahlvorstand eine von ihr erstellte Liste (Stand: 01. Januar 2014), in der als "Mitarbeiter über 18 männlich" 334 Personen, "Mitarbeiter über 18 weiblich" 49 Personen, "Mitarbeiter unter 18 männlich" 5 Personen, "Leitende Angestellte männlich und weiblich" 5 Personen, "Mitarbeiter Altersteilzeit Freizeitphase - männlich und weiblich" 10 Personen sowie "Mitarbeiter AÜ männlich" 1 Person (Leiharbeitnehmer P. C.) namentlich mit Angabe des Geschlechtes und des Geburtsdatums aufgeführt waren. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 (Bl. 148, 149 d. A.) bat der Wahlvorstand um weitere Angaben (Datum des Eintritts in das Unternehmen; Befristet beschäftigt bis bzw. Austritt am; Betriebsteil; Organisationsbereich/Beschäftigungsart; Angabe der voraussichtlich am Wahltag nicht im Betrieb anwesenden Arbeitnehmer sowie deren Postanschrift zur Zusendung der Briefwahlunterlagen). Mit Schreiben vom 03. Januar 2014 (Bl. 151 d. A.) verwies die Arbeitgeberin darauf, dass sie alle erforderlichen Daten zum Stichtag 01. Januar 2014 zur Verfügung gestellt habe und sie ergänzend eine Liste der Mitarbeiter (Bl. 267 d. A.) beifüge, die zum Zeitpunkt der Wahl noch keine sechs Monate im Betrieb seien.

4

Auf ein zunächst vom Wahlvorstand erstelltes Wahlausschreiben vom 13. Januar 2014 wies die Arbeitgeberin den Wahlvorstand mit Schreiben vom 16. Januar 2014 (Bl. 152, 153 d. A.) auf Folgendes hin:

5

Wahlausschreiben vom 13.01.2014

6

Sehr geehrter Herr C.,
sehr geehrte Damen und Herren,

7

gemäß § 2 Absatz 2 Wahlordnung gilt, dass der Arbeitgeber dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen hat und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen hat. Er hat den Wahlvorstand insbesondere bei Feststellung der in § 5 Abs. 3 des Gesetzes genannten Personen zu unterstützen.

8

Wir haben Ihnen daher mit Schreiben vom 23.12.2013 und 03.01.2014 alle erforderlichen Unterlagen zur Ermittlung der Zahl der Betriebsratsmitglieder gemäß § 9 BetrVG zur Verfügung gestellt.

9

Auch wenn durch das Gesetz für die Betriebsratsgröße allgemein auf die Zahl der regelmäßig im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer abstellt, sind weder die in § 5 Absatz 2 BetrVG genannten Personen noch die leitenden Angestellten nach § 5 Absatz 3 BetrVG bei der Betriebsratsgröße mitzuzählen. Bei der A. sind zum Stichtag 01.01.2014 insgesamt zwei Geschäftsführer und drei Prokuristen beschäftigt.

10

Arbeitnehmer, die sich für die Altersteilzeit im Blockmodell entschieden haben, bleiben wegen fehlender Betriebszugehörigkeit in der Freizeitphase unberücksichtigt (BAG-Urteil 7 ABR 53/02 vom 16.04.2003), da sie mit Beginn der Freizeitphase aus dem Betrieb ausscheiden.

11

Bei der A. sind zum Stichtag 01.01.2014 insgesamt 10 Arbeitnehmer in der Altersteilzeitfreizeitphase.

12

Konzernarbeitnehmer, die im Wege der Konzernleihe vorrübergehend einem anderen Konzernunternehmen zur Arbeitsleistung überlassen werden, zählen nur dann mit, wenn sie regelmäßig beschäftigt werden. Hinzu kommt, dass Leiharbeitnehmer nicht in einer arbeitsvertraglichen Beziehung zu dem Entleiher stehen. Die Voraussetzung ist somit nicht erfüllt.

13

Bei der A. ist zum Stichtag 01.01.2014 ein Arbeitnehmer befristet bis 31.03.2014 ausgeliehen, der Arbeitsplatz wird nur vorübergehend benötigt.

14

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien beschäftigt die A. zum Stichtag 01.01.2014 insgesamt 388 Arbeitnehmer.

15

Daraus resultiert eine Betriebsratsgröße von neun Mitgliedern.

16

Maßgebend für die anstehende Betriebsratswahl ist die Zahl der in der Regel tätigen Arbeitnehmer. Der Wahlvorstand hat bei der Ermittlung der für die Betriebsratsgröße maßgeblichen Arbeitnehmerzahl zwar einen Rückblick auf die Vergangenheit zu werfen, jedoch kommt der vergangenen Entwicklung also nur eine nachgeordnete Bedeutung zu, da der Betriebsrat für die Zukunft gewählt wird. Ebenso hat der Wahlvorstand auch die künftige, auf Grund konkreter Entscheidung des Arbeitgebers zu erwartende Entwicklung des Beschäftigungsstandes des Betriebes zu berücksichtigen (Urteil BAG 16.04.2003). So werden seit dem Jahr 2002 ausscheidende Fahrbedienstete nicht mehr ersetzt. Bei der A. scheiden im Kalenderjahr 2014 ca. 5 Fahrbedienstete in Folge der Inanspruchnahme von Altersrente aus. Im weiteren Verlauf der Wahlperiode, also die Jahre 2015 bis 2018 scheiden ca. 50 weitere Fahrbedienstete aus.

17

Dem maßgeblichen Schwellenwert von 400 Beschäftigten, für die Rechtfertigung einer Betriebsratsgröße von 11 Mitgliedern, wird sich folglich in der nahen Zukunft immer weiter entfernt.

18

Gemäß § 24 Absatz 2WO erhalten Wahlberechtigte, von denen dem Wahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden, automatisch die schriftlichen Wahlunterlagen zugeschickt. Dies ist für unsere Fahrbediensteten, welche auf Grund des Schichtturnus an beiden Wahltagen nicht im Betrieb sein werden, von maßgeblicher Bedeutung.

19

Im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit machen wir den Wahlvorstand rechtzeitig auf die nach unserem Ermessen heilbaren Mängel im Wahlausschreiben aufmerksam.

20

Wir bitten um entsprechende Prüfung sowie Stellungnahme zu unserer Rechtsauffassung bis 23.01.2014.

21

Für ein persönliches Gespräch stehen wir gerne zur Verfügung.

22

Sodann erließ der Wahlvorstand am 16. Januar 2014 das zuletzt erstellte Wahlausschreiben (Bl. 330, 331 d. A.), in dem es u. a. heißt:

23

ACHTUNG neues Wahlausschreiben

24

Aushang am 16.01.2014 um 12:00 Uhr
Ende des Aushangs am 05.03.2014 um 14:00 Uhr

25

Wahlausschreiben für die Wahl des Betriebsrats im Betrieb

A.

26

In unserem Betrieb A. soll nach den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ein Betriebsrat gewählt werden. Das hierzu notwendige Wahlverfahren wird mit Erlass dieses Wahlausschreibens am heutigen Tag, dem 16.01.2014 eingeleitet (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Wahlordnung-WO).

27

Die Wahl des Betriebsrats findet am 04.03.2014 in der Zeit von 03:00 bis 22:00 Uhr und am 05.03.2014 von 03:00 bis 14:00 Uhr statt.

28

Das Wahllokal befindet sich im Ruheraum, K.-K.-R., Zwischenetage.

29

Der zu wählende Betriebsrat besteht insgesamt aus 11 Mitgliedern.

30

Da im Betrieb 52 Frauen und 352 Männer beschäftigt sind, ist die Gruppe der Frauen in der Minderheit. Nach § 15 Abs. 2 BetrVG muss das in der Minderheit befindliche Geschlecht im Betriebsrat mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein, wenn der Betriebsrat aus mindestens 3 Mitgliedern besteht. Daher muss mindestens 1 Betriebsratssitz durch eine Frau besetzt werden.

31

(…)

32

Unter Bezugnahme auf das am 24. Januar 2014 geführte Gespräch teilte die Arbeitgeberin dem Wahlvorstand mit Schreiben vom 29. Januar 2014 (Bl. 155, 156 d. A.) Folgendes mit:

33

Sehr geehrter Herr C.,
sehr geehrte Damen und Herren,

34

in unserem gemeinsamen Gespräch am 24.01.2014 zwischen dem Wahlvorstand und der Geschäftsführung der A. - vertreten durch Herrn G. R. - sowie dem Personalreferat - vertreten durch Frau M. - haben wir uns über die Größe des zu wählenden Betriebsrats bei der A. ausgetauscht.

35

Die Geschäftsführung der A. hat rechtlich prüfen lassen, ob Mitarbeiter/innen aus anderen Unternehmen bei der Betriebsratsgröße einzubeziehen sind.

36

Wie am 24.01.2014 besprochen, stellen wir Ihnen die entsprechenden Zahlen zur Verfügung.

37

Mit Stand 01.01.2014 bei der beschäftigte Mitarbeiterinnen

        

und Mitarbeiter

404

Davon sind bei der Betriebsratsgröße nicht zu berücksichtigen

        

     - Mitarbeiter/-innen in Freizeitphase der

        

       Altersteilzeit

 10

     - Leitende Angestellte (Geschäftsführung/

        

       Prokuristen)

 5

     - Austritte vor der Betriebsratswahl

 4

                 

Zwischensumme

385

                 

Zuzüglich folgender Mitarbeiter/-innen

        

     - Eintritt vor der Betriebsratswahl

 2

     - Mitarbeiter/-innen Arbeitnehmerüberlassung

 1

     - Mitarbeiter/-innen anderer Unternehmen

 8

                 

Summe 

396

38

Die A. wird in naher Zukunft den maßgeblichen Schwellenwert von 400 Beschäftigten nicht erreichen. Daraus resultiert eindeutig eine Betriebsratsgröße von neun Mitgliedern.

39

Unberücksichtigt sind weiterhin eventuelle Austritt auf Grund der zu erwartenden Gesetzesänderung "Rente mit 63".

40

Ergänzend hierzu erhielt der Wahlvorstand ein weiteres Schreiben der Arbeitgeberin vom 29. Januar 2014 (Bl. 157 d. A.) mit folgendem Inhalt:

41

Sehr geehrter Herr C.,
sehr geehrte Damen und Herren,

42

ergänzend zu unserem heutigen Schreiben teilen wir Ihnen folgenden Namen mit.

43

A., A.
B., E.
E., A.
G., R.
J., T.
M., W.
Sch., M.
U., F.

44

Diese Mitarbeiter/-innen anderer Unternehmen sind nach Prüfung des Einzelfalls bei der Betriebsratsgröße mitzuzählen.

45

Unter dem 30. Januar 2014 legte Frau R. H. beim Wahlvorstand Einspruch gegen die Wählerliste mit der Begründung ein, dass die von ihr aufgeführten Wahlberechtigten, die bis auf Herrn M. Sch. den von der Arbeitgeberin ergänzend mit Schreiben vom 29. Januar 2014 mitgeteilten Namen entsprechen, fehlen würden (Bl. 158 d. A.).

46

Am 31. Januar 2014 hielt der Wahlvorstand eine Sitzung ab, in der nach dem Protokoll vom 31. Januar 2014 (Bl. 160, 161 d. A.) folgende Themen behandelt bzw. Beschlüsse gefasst wurden:

47

Betriebsratswahl 2014

48

Der Wahlvorstand geht davon aus, dass es noch weitere Mitarbeiter gibt, die zu den Arbeitnehmern zu zählen sind.

49

Als Beispiel wurden die Namen:

50

A. B.
M. P.
H. P.
1 Praktikant bei V.

51

Des weiteren

52

H. P.
H. D. (A. Botschafter)

53

aufgeführt.

54

Nach anschließender Beratung beschließt der Wahlvorstand, die Wahl mit der Ausschreibung von 11 Betriebsratsmitgliedern fort zuführen.

55

Abstimmung: JA: 3 NEIN: 0 ENTHALTUNG: 0

56

Einspruch gegen die Wählerliste

57

Am 30.01.2014 ist ein Einspruch gegen die Wählerliste eingegangen.

58

Der Wahlvorstand hat beschlossen, dass der Einspruch berechtigt ist. Die Wählerliste wurde, wie beantragt korrigiert.

59

Die aufgeführten Personen des Schreibens vom 30.01.2014 wurden der Wählerliste hinzugefügt.

60

Abstimmung: JA: 3 NEIN: 0 ENTHALTUNG:

61

(…)

62

Die vom Wahlvorstand abschließend erstellte und ausgehängte Wählerliste (Bl. 67 - 77 d. A.) enthält eine "Wählerliste Frauen" mit 53 Arbeitnehmerinnen und eine "Wählerliste Männer" mit 342 Arbeitnehmern, wobei Herr H.-G. D. unter Nr. 59 und 60 doppelt aufgeführt ist. In der "Wählerliste Frauen" sind auch Frau H. Z. und K. H.-L. sowie in der "Wählerliste Männer" auch Herr W. D. und G. U. aufgeführt, die - gemäß dem der Wählerliste beigefügten Vermerk über die vorgenommenen Änderungen (Bl. 77 d. A.) - jeweils vor dem angesetzten Wahltermin aus dem Arbeitsverhältnis zur Arbeitsgeberin ausgeschieden sind. Weiterhin sind in der Wählerliste nach dem Änderungsvermerk die von der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 29. Januar 2014 genannten acht Mitarbeiter anderer Unternehmen als wahlberechtigte, aber nicht wählbare Arbeitnehmer aufgeführt. Zudem sind nach dem Änderungsvermerk Frau R. B. und Herr E. R. als neu eingestellte Mitarbeiter in die Wählerliste aufgenommen worden. Hingegen wurden die nach dem Beschluss des Wahlvorstandes vom 30. Januar 2014 als Arbeitnehmer zu zählenden Mitarbeiter A. B., M. P., H. P., ein Praktikant bei A., H. P. und H. D. nicht in die Wählerliste aufgenommen.

63

Bei der am 04./05. März 2014 durchgeführten Betriebsratswahl wurden elf Betriebsratsmitglieder gewählt. Das Wahlergebnis wurde am 05. März 2014 bekannt gemacht; wegen der Einzelheiten wird auf die "Bekanntmachung der Gewählten gemäß § 18 Wahlordnung" vom 05. März 2014 (Bl. 270, 271 d. A.) Bezug genommen.

64

Mit ihrem am 19. März 2014 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Antrag hat die Arbeitgeberin die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl vom 04./05. März 2014 geltend gemacht und zur Begründung insbesondere angeführt, es hätten nur neun Betriebsratsmitglieder gewählt werden dürfen, weil in ihrem Betrieb nicht mehr als 400 Mitarbeiter im Sinne des § 9 BetrVG beschäftigt seien.

65

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Beteiligten erster Instanz wird Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. September 2014 - 10 BV 10/14 - (Ziffer I. der Gründe = Bl. 337 - 356 d. A.).

66

Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich beantragt

67

festzustellen, dass die Betriebsratswahl vom 05. März 2014 unwirksam ist.

68

Der Betriebsrat hat beantragt,

69

den Antrag zurückzuweisen.

70

Mit seinem Beschluss vom 10. September 2014 - 10 BV 10/14 - hat das Arbeitsgericht Mainz die Betriebsratswahl vom 04./05. März 2014 für unwirksam erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Wahl vom 04. März 2014 sei ohne Berücksichtigung der vom Wahlvorstand zur Begründung der Betriebsgröße herangezogenen Mitarbeiter der V. und B. wegen Verstoßes gegen § 9 BetrVG unwirksam, weil die Arbeitgeberin dann in der Regel nicht mehr als 400 Arbeitnehmer im Sinne des § 9 BetrVG beschäftige. In der Wählerliste, die der Wahlvorstand nach Korrektur der Wahl zugrunde gelegt habe, seien insgesamt 394 Personen aufgeführt. Davon seien die Mitarbeiter U. und D. sowie die Mitarbeiterinnen Z. und H.-L. abzuziehen, weil sie vor der Betriebsratswahl endgültig aus dem Betrieb ausgeschieden seien und Mitarbeiter des Fahrdienstes unstreitig nicht ersetzt würden. Vom Ausscheiden der Mitarbeiter H.-L., Z. und D. sowie U. habe der Wahlvorstand bei Erlass des Wahlausschreibens Kenntnis gehabt. Das Ausscheiden der vier besagten Mitarbeiter und die Tatsache, dass das Fuhrpersonal nicht wiederbesetzt werde, hätte der Wahlvorstand bei der Bestimmung der Betriebsgröße nach § 9 BetrVG berücksichtigen müssen. Zu den danach verbleibenden 390 Mitarbeitern seien die fünf Auszubildenden hinzuzurechnen, so dass sich 395 Mitarbeiter ergeben würden. Selbst wenn man die zwischen den Beteiligten noch streitigen Mitarbeiter P., D., B. und den Praktikanten berücksichtigen würde, wären dies nur 399 Mitarbeiter, so dass die Grenze von 400 Arbeitnehmern im Sinne des § 9 BetrVG auch unter Berücksichtigung eines Beurteilungsspielraumes des Wahlvorstandes nicht überschritten würde. Aber auch in dem Falle, dass die Mitarbeiter der V. bzw. der B. gemäß der Ansicht des Betriebsrates bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen seien, wäre die Wahl unwirksam. In diesem Fall hätte der Wahlvorstand diese Mitarbeiter aufgrund ihrer dann bestehenden aktiven Wahlberechtigung nach § 7 S. 2 BetrVG in die Wählerliste aufnehmen müssen. Im Falle der Durchführung einer Verhältniswahl hätte eine Änderung der Zahl der abgegebenen Stimmen ab einer Mehrstimmenzahl für Liste 3 von vier Personen schon zu einem anderen Wahlergebnis geführt, so dass bereits bei Berücksichtigung der 21 namentlich benannten Mitarbeiter der Firma V. der Mangel das Wahlergebnis beeinflusst habe und die Wahl aufgrund Verstoßes gegen § 7 BetrVG, § 4 Abs. 3 WO ebenfalls unwirksam sei. Der Wahlvorstand könne sich nicht darauf zurückziehen, er sei sich unsicher in der Beurteilung gewesen, ob die Mitarbeiter der V. und B. auf die Wählerliste hätten gestellt werden müssen. Soweit der Wahlvorstand meine, diese Mitarbeiter nur bei der Betriebsgröße, nicht aber bei der Wahlberechtigung berücksichtigen zu müssen, sei dies widersprüchlich. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf Ziffer II. der Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

71

Gegen den ihm am 06. November 2014 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 06. November 2014, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 10. November 2014 eingegangen, Beschwerde eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 03. Februar 2015 mit Schriftsatz vom 03. Februar 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

72

Er trägt vor, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass bei der Arbeitgeberin ein zu großer Betriebsrat gewählt worden sei. Bei der Berechnung der Betriebsgröße ohne Heranziehung der Mitarbeiter der V. und der B. sei das Arbeitsgericht zwar zutreffend von 394 Arbeitnehmern ausgegangen. Es habe jedoch dann rechtsfehlerhaft die Arbeitnehmer U. und D. sowie die Arbeitnehmerinnen Z. und H.-L. in Abzug gebracht. Für die Mitgliederzahl des zu wählenden Betriebsrates sei von der Zahl der bei Erlass des Wahlausschreibens "in der Regel" beschäftigten Arbeitnehmer auszugehen, so dass für die Betriebsratsgröße unerheblich sei, dass die vorgenannten vier Arbeitnehmer nach Erlass des Wahlausschreibens aus dem Betrieb der Arbeitgeberin ausgeschieden seien. Danach hätte das Arbeitsgericht nicht offen lassen dürfen, ob der gekündigte Mitarbeiter B. sowie der bei der Arbeitgeberin beschäftigte Praktikant B. zur Bestimmung der Betriebsratsgröße hätte herangezogen werden müssen. Im Hinblick darauf, dass das Arbeitsverhältnis des Herrn B. nach dem abgeschlossenen Vergleich bis zum 30. Juni 2014 bestanden habe, sei er auch bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen. Gleiches gelte für den Praktikanten B. Der Wahlvorstand habe davon ausgehen müssen, dass es sich bei dem Praktikum um eine privatrechtliche Beziehung zur Arbeitgeberin handele, weil bei dieser in der Vergangenheit ausschließlich Praktikanten auf Basis eines entsprechenden Praktikumsvertrages eingesetzt worden seien. Mithin ergebe sich eine Betriebsgröße von 401 Arbeitnehmern. Der Wahlvorstand sei auch nicht gehalten gewesen, zukünftige Personalrückgänge zu berücksichtigen. Auch wenn bei der Arbeitgeberin unstreitig der Beschluss der Geschäftsführung vorliege, dass frei werdende Stellen im Bereich der Abteilung Fahrdienst nicht mehr durch Neueinstellungen bei der Arbeitgeberin besetzt werden sollten, bedeute dies jedoch nicht, dass der Betrieb schrumpfe. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich das Fahrangebot der Arbeitgeberin nicht verringere, sondern der Bus- und Straßenbahnverkehr in gleichbleibender Frequenz aufrechterhalten werde. Ein echter Wegfall von Arbeitsplätzen wäre nur dann anzunehmen, wenn die frei werdenden Stellen ersatzlos gestrichen würden, was jedoch hier gerade nicht der Fall sei. Vielmehr würden die Fahrerstellen mit Arbeitnehmern der Tochtergesellschaften V. und B. nachbesetzt, indem diese in den Fahrzeugen der Arbeitgeberin in deren Namen ihren Dienst versehen würden. Gemäß der zutreffenden Auffassung des Arbeitsgerichts erfülle dies die Voraussetzungen des § 7 S. 2 BetrVG, wonach diese Mitarbeiter als Leiharbeitnehmer bei der Bestimmung der Betriebsgröße zu berücksichtigen seien. Auch wenn bei der Arbeitgeberin zwar ein Rückgang des eigenen Fahrpersonals zu verzeichnen sei, würden diese frei werdenden Stellen jedoch durch Leiharbeitnehmer der Tochtergesellschaften wiederbesetzt, die dann wiederum als Leiharbeitnehmer bei der Bestimmung der Betriebsratsgröße zu berücksichtigen seien. Demzufolge sei auch die Annahme des Arbeitsgerichts falsch, dass der Wahlvorstand den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht ordnungsgemäß ausgeübt haben solle. Vielmehr habe das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft die gerichtliche Überprüfung des Beurteilungsspielraums des Wahlvorstandes unzulässig ausgedehnt, indem es auf die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vorliegenden Umstände abgestellt und damit eine volle gerichtliche Überprüfung dieser Beurteilung vorgenommen habe. Das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Betriebsratswahl auch unter Berücksichtigung der Mitarbeiter der V. und der B. als unwirksam anzusehen sei. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts habe der Wahlvorstand keine sichere Kenntnis darüber gehabt, dass weitere 21 Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen seien. Vielmehr sei lediglich argumentativ ausgeführt worden, dass es neben den 401 Mitarbeitern noch weitere Arbeitnehmer gebe, deren Status unbekannt gewesen sei, die jedoch für die interne Willensbildung des Wahlvorstandes indiziell herangezogen worden seien, um die Beurteilung einer Betriebsgröße von 401 oder mehr zu untermauern. Die Auffassung des Wahlvorstandes habe folglich nur interne Bedeutung gehabt, während keinesfalls hierdurch Entscheidungen über den Status einzelner Arbeitnehmer hätten getroffen werden sollen. Hierüber habe der Wahlvorstand keine Informationen erhalten, so dass ihm im Zeitpunkt des Wahlausschreibens auch keine "tatsächlichen Informationen" vorgelegen hätten. Entgegen der Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts sei die Wählerliste des Wahlvorstandes nicht fehlerhaft, sondern basiere auf den Informationen, die dem Wahlvorstand zur Verfügung gestanden hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens des Betriebsrats wird auf die Beschwerdebegründung vom 03. Februar 2015 verwiesen.

73

Der Betriebsrat beantragt,

74

den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. September 2014 - 10 BV 10/14 - abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

75

Die Arbeitgeberin beantragt,

76

die Beschwerde zurückzuweisen.

77

Sie erwidert, das Arbeitsgericht sei zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass die Wahl alternativ wegen Verstoßes gegen § 9 BetrVG aufgrund fehlerhafter Bestimmung der Größe des zu wählenden Betriebsrats oder wegen Zugrundelegung einer fehlerhaften Wählerliste unwirksam sei. Im Hinblick darauf, dass die Zahl der Arbeitnehmer in der Regel nicht mehr als 400 im Sinne des § 9 BetrVG betragen habe, wäre ein neunköpfiger Betriebsrat zu wählen gewesen. Der Wahlvorstand hätte das Ausscheiden der Arbeitnehmer U., D., Z. und H.-L. vor der Betriebsratswahl berücksichtigen können und müssen. Dementsprechend habe das Arbeitsgericht die weiteren Mitarbeiter P., D., B. und den Praktikanten außer Acht lassen können, weil die Schranke von 400 nicht überschritten worden sei. Tatsächlich gehe auch der Betriebsrat nicht davon aus, dass die Mitarbeiter P. und D. zu berücksichtigen gewesen wären, weil zu diesen beiden Mitarbeitern zweitinstanzlich nichts vorgetragen worden sei. Herr B. sei aufgrund seiner außerordentlichen Kündigung vom 29. November 2013 zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens und der Betriebsratswahl nicht Beschäftigter bei ihr gewesen. Der Praktikant B. habe in der Zeit vom 17. Februar bis 16. Mai 2014 im Rahmen seines Studiums sein Pflichtzwischenpraktikum absolviert, so dass er für die Frage der regelmäßig Beschäftigten nicht relevant sei. Insgesamt sei das Arbeitsgericht zu dem richtigen Ergebnis gekommen, dass für den Fall, dass die Mitarbeiter der V. und B. bei der Betriebsgröße nicht zu berücksichtigen gewesen wären, der Beurteilungsspielraum des Wahlvorstandes falsch ausgeübt worden sei. Falls die Mitarbeiter der V. bei der Betriebsgröße mit zu berücksichtigen gewesen wären, hätten diese aber auch in die Wählerliste aufgenommen werden müssen, so dass die eigene Argumentation des Betriebsrates unmittelbar zu einem weiteren Unwirksamkeitstatbestand führe. Entweder gehörten diese Mitarbeiter dazu, dann hätten sie auf die Wählerliste gehört, oder sie gehörten nicht dazu, dann seien sie auch bei der Betriebsgröße nicht zu berücksichtigen. Der Betriebsrat hätte sich daher in seiner Argumentation entscheiden müssen. Daraus ergebe sich, dass nach dem eigenen Vortrag des Betriebsrates eine unwirksame Betriebsratswahl vorliege, und zwar egal welcher Argumentation man folge.

78

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

79

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht dem Wahlanfechtungsantrag stattgegeben. Die Betriebsratswahl ist nach § 19 Abs. 1 BetrVG unwirksam, weil gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens verstoßen wurde.

80

Nach § 19 BetrVG kann die Betriebsratswahl vom Arbeitgeber angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen liegen vor.

81

Das Arbeitsgericht hat zu Recht offen gelassen, ob die bei der A-Stadt V. und/oder der Bus A-Stadt GmbH beschäftigten Arbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt sind oder nicht, weil die Wahl in beiden Alternativen entweder wegen Verstoßes gegen § 9 BetrVG oder gegen § 7 S. 2 BetrVG unwirksam ist.

82

1. Der Wahlvorstand hat die bei der V. und bei der B. beschäftigten Arbeitnehmer bei der Betriebsratswahl nicht als im Betrieb der Arbeitgeberin nach § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigt behandelt und sie nicht in die Wählerliste aufgenommen. Ohne Berücksichtigung dieser Arbeitnehmer sind nach den maßgebenden Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens im Betrieb der Arbeitgeberin nicht mehr als 400 Arbeitnehmer in der Regel beschäftigt, so dass nicht elf, sondern nur neun Betriebsratsmitglieder hätten gewählt werden dürfen.

83

a) Die Betriebsgröße knüpft an die Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer an. Dabei kommt es - entgegen der Ansicht des Betriebsrats - nicht auf die Belegschaftsstärke an einem bestimmten Stichtag, z. B. am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens oder am Tag der Betriebsratswahl, an, sondern auf die Anzahl der "in der Regel" Beschäftigten (BAG 12. September 2012 - 7 ABR 37/11 - Rn. 12, NZA-RR 2013, 197). Der Wahlvorstand hat für die Feststellung der Arbeitnehmerzahl nicht nur den Personalbestand in der Vergangenheit zugrunde zu legen, sondern auch die künftige, aufgrund konkreter Entscheidungen des Arbeitgebers zu erwartende Entwicklung des Beschäftigungsstandes einzubeziehen; dabei sind die Verhältnisse bei Erlass des Wahlausschreibens maßgebend (BAG 15. März 2006 - 7 ABR 39/05 - Rn. 13, juris). § 9 BetrVG ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht. Wird ein Betriebsrat mit zu hoher Mitgliederzahl gewählt, so kann das Wahlergebnis nicht berichtigt werden; eine auf diesem Fehler beruhende Wahl ist insgesamt für unwirksam zu erklären (BAG 12. September 2012 - 7 ABR 37/11 - Rn. 12, NZA-RR 2013, 197).

84

b) Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird ohne Berücksichtigung der bei der V. und B. beschäftigten Arbeitnehmer die für eine Wahl von elf Betriebsratsmitgliedern nach § 9 BetrVG erforderliche Betriebsgröße nicht erreicht.

85

Bei Zugrundelegung der vom Wahlvorstand erstellten Wählerliste sind darin insgesamt 394 Arbeitnehmer aufgeführt, wovon auch der Betriebsrat selbst ausgeht. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht hiervon zu Recht die vier bereits vor der Betriebsratswahl ausgeschiedenen Arbeitnehmer in Abzug gebracht. Nach dem Beschluss der Geschäftsführung der Arbeitgeberin werden seit dem Jahr 2002 unstreitig die frei werdenden Stellen im Bereich der Abteilung Fahrdienst nicht mehr durch Neueinstellungen bei der Arbeitgeberin besetzt. Das Arbeitsgericht hat in seinem Beschluss (S. 25 unten) festgestellt, dass der Wahlvorstand vom Ausscheiden der Arbeitnehmer H.-L., Z., D. und U. bei Erlass des Wahlausschreibens Kenntnis hatte. Im Übrigen hatte die Arbeitgeberin den Wahlvorstand in ihrem Schreiben vom 16. Januar 2014 (Bl. 152, 153 d. A.) vor dem zuletzt ausgehängten Wahlausschreiben vom 16. Januar 2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seit dem Jahr 2002 ausscheidende Fahrbedienstete nicht mehr ersetzt würden und bereits im Kalenderjahr 2014 ca. fünf Fahrbedienstete infolge der Inanspruchnahme von Altersrente ausscheiden würden, so dass der maßgebliche Schwellenwert von 400 Beschäftigten nicht erreicht werde, sondern sich die Betriebsgröße künftig weiter verringere. Auch wenn die Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens maßgebend sind, hätte der Wahlvorstand nicht nur den Personalbestand im Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens zugrunde legen dürfen, sondern auch die künftige, aufgrund des Beschlusses der Geschäftsführung der Arbeitgeberin zu erwartende Entwicklung des Beschäftigtenstands einbeziehen müssen. Danach sind jedenfalls die bereits vor der Betriebsratswahl ausgeschiedenen vier Arbeitnehmer, deren Stellen bei der Arbeitgeberin nach dem Beschluss ihrer Geschäftsführung nicht wiederbesetzt werden, in Abzug zu bringen. Zu den danach verbleibenden 390 Arbeitnehmern auf der Wählerliste sind gemäß der Berechnung des Arbeitsgerichts die fünf Auszubildenden hinzuzurechnen, so dass sich 395 für die Betriebsgröße berücksichtigungsfähige Arbeitnehmer ergeben. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht zu Recht offen gelassen, ob die zwischen den Beteiligten streitigen Mitarbeiter (Herr B. und der Praktikant B. sowie die zweitinstanzlich nicht mehr angeführten Mitarbeiter P. und D.) hätten berücksichtigt werden müssen, weil auch dann mit 399 Arbeitnehmern die Grenze von 400 in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer nicht überschritten würde. Auch wenn man dem Wahlvorstand bei der Beurteilung der Betriebsgröße einen Beurteilungsspielraum einräumt, sind gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts - ohne Berücksichtigung der bei der V. und B. beschäftigten Arbeitnehmer -jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass künftig eine Betriebsgröße von mehr als 400 in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer erreicht werden könnte.

86

2. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Arbeitnehmer bei der V. und/oder der B als gemäß § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigte Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind, liegt in der Nichtzulassung dieser wahlberechtigten Arbeitnehmer zur Betriebsratswahl ein Verstoß gegen § 7 S. 2 BetrVG, der ebenfalls zur Unwirksamkeit der Wahl führt.

87

Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden (§ 7 S. 2 BetrVG). Diese nach § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigten Arbeitnehmer sind dann auch bei der Größe des Betriebsrats zu berücksichtigen (BAG 13. März 2013 - 7 ABR 69/11 - NZA 2013, 789). Im Hinblick darauf, dass die Wahlberechtigung der Arbeitnehmer nach § 7 S. 2 BetrVG und deren Berücksichtigung bei der Betriebsgröße nach § 9 BetrVG nicht unterschiedlich beurteilt werden kann, hätte sich der Wahlvorstand entscheiden müssen, ob er diese Arbeitnehmer bei der Wahl berücksichtigen will oder nicht. Seine Entscheidung, die bei einem anderen Unternehmen (V. oder B.) beschäftigten Arbeitnehmer bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen, bei der Wahlberechtigung hingegen nicht, ist gemäß der zutreffenden Bewertung des Arbeitsgerichts in sich widersprüchlich. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats ist unerheblich, dass die Arbeitnehmer der V. und B. auf den von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Listen nicht aufgeführt waren und der Wahlvorstand in seiner rechtlichen Beurteilung hinsichtlich einer Berücksichtigung dieser Arbeitnehmer unsicher war. Zwar hat der Arbeitgeber dem Wahlvorstand nach § 2 Abs. 2 WO alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Feststellung, welche Arbeitnehmer wahlberechtigt sind, obliegt aber nicht der Arbeitgeberin, sondern zunächst dem Wahlvorstand. Soweit nach der Auffassung des Wahlvorstands Arbeitnehmer anderer Unternehmen als gemäß § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigte Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind, hat er ggf. die für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte beim Arbeitgeber einzuholen bzw. gerichtlich durchzusetzen. Gelangt der Wahlvorstand zu der Einschätzung, dass die Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens als Leiharbeitnehmer bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen sind, muss er sie auch als wahlberechtigte Arbeitnehmer in die Wählerliste aufnehmen. Im Zusammenhang mit der Betriebsratswahl obliegt die Entscheidung über die Wahlberechtigung eines Arbeitnehmers zunächst dem Wahlvorstand (§§ 2, 4 Abs. 2 WO); dessen Entscheidung ist im Beschlussverfahren überprüfbar (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Koch 14. Aufl. § 7 BetrVG, Rn. 10; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 7 Rn. 96). Das Wahlanfechtungsrecht des Arbeitgebers hängt dabei nicht davon ab, dass Arbeitnehmer zuvor Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt haben (Fitting BetrVG 27. Aufl. § 19 Rn. 14 und § 4 WO Rn. 5). Der selbst nicht einspruchsberechtigte Arbeitgeber kann bei Unrichtigkeit der Wählerliste nach Ablauf der Wahl eine Wahlanfechtung durchführen (Fitting BetrVG 27. Aufl. § 4 WO Rn. 3). Werden nach § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigte Arbeitnehmer nicht zur Wahl zugelassen, liegt darin ein die Anfechtung begründender Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift (Fitting BetrVG 27. Aufl. § 19 Rn. 11).

88

Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts beeinflusst ein Verstoß gegen § 7 S. 2 BetrVG vorliegend auch das Wahlergebnis, weil eine Änderung der Zahl der abgegebenen Stimmen ab einer Mehrstimmenzahl für Liste 3 von vier Personen unstreitig schon zu einem anderen Wahlergebnis geführt hätte.

89

Im Hinblick darauf, dass die Wahl vom 04./05. März 2015 gemäß der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts alternativ wegen Verstoßes gegen § 9 BetrVG oder gegen § 7 BetrVG unwirksam ist, kann offen bleiben, ob weitere der gerügten Wahlmängel vorliegen.

90

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 92 Abs. 1 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Wahlvorstands wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. September 2010 - 16 TaBV 57/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die im Jahr 2010 eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen und dem Wahlvorstand zu untersagen ist, die Wahl erneut einzuleiten.

2

Die antragstellende Arbeitgeberin ist ein Unternehmen, das Gebäudereinigungsarbeiten und sonstige Dienstleistungen für gewerbliche Kunden ausführt. Sie beschäftigt ca. 827 Arbeitnehmer in etwa 350 Objekten. Im Jahr 2008 wurde bei ihr ein dreizehnköpfiger Betriebsrat gewählt. Eines der Betriebsratsmitglieder war der Leiter der Lohnbuchhaltung der Arbeitgeberin M. Das frühere Betriebsratsmitglied S ist der Schwiegervater des Geschäftsführers der Arbeitgeberin.

3

In der Zeit vom 1. März 2010 bis 31. Mai 2010 sollten die regelmäßigen Betriebsratswahlen stattfinden. Die Betriebsratsvorsitzende V lud mit Schreiben vom 26. März 2010 zu einer Betriebsratssitzung am 30. März 2010, 9:00 Uhr, in das DGB-Haus in D, W-Saal, ein. Ersatzmitglieder wurden nicht geladen. In der Tagesordnung waren ua. die Themen genannt:

        

„5.     

Aufnahme von der BR-Sitzung am 29.01.2010 (Handy) - Ausschluss von der Sitzung am 30.03.2010 von Herrn M und Herrn S mit Beschlussfassung

        

…       

        
        

9.    

Wahl mit anschließendem Beschluss eines Wahlvorstandes für die kommende BR-Neuwahl“

4

Am 30. März 2010 erschienen alle 13 Mitglieder zu der Betriebsratssitzung. Auch die Gewerkschaftssekretärin der IG Bauen-Agrar-Umwelt B war anwesend. Als über den Tagesordnungspunkt 5 beraten werden sollte, verlangte die Vorsitzende, dass die Betriebsratsmitglieder M und S den Sitzungssaal verlassen sollten. Beide kamen dem nicht nach. Es folgte ein Streitgespräch. Die Vorsitzende sowie die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U verließen den W-Saal, um in einem anderen Raum über den Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S zu beraten. Zuvor hatte die Vorsitzende die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z aufgefordert, den Betriebsratsmitgliedern zu folgen, die den Saal verließen. Die fünf aufgeforderten Betriebsratsmitglieder hatten das abgelehnt. Nach den Angaben des Wahlvorstands wurde in dem anderen Sitzungssaal beschlossen, die Betriebsratsmitglieder M und S von der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 auszuschließen.

5

Die Vorsitzende und die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U kehrten danach in den W-Saal zurück und teilten den übrigen Betriebsratsmitgliedern mit, die Betriebsratsmitglieder M und S seien mit sechs Jastimmen und fünf Enthaltungen von der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 ausgeschlossen worden. Dieser Beschluss ist in Nr. 3 eines handschriftlichen Protokolls festgehalten, das von der Vorsitzenden und der Schriftführerin O unterzeichnet wurde. Die Vorsitzende forderte die Betriebsratsmitglieder M und S auf, nun den W-Saal zu verlassen, damit die Betriebsratssitzung fortgeführt werden könne. Die beiden Betriebsratsmitglieder lehnten das ab. Die Vorsitzende sowie die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U verließen daraufhin erneut den W-Saal, um die Sitzung in einem anderen Raum fortzusetzen. Zuvor hatten sie die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z erneut erfolglos aufgefordert, sie zu begleiten. Die Sitzung wurde von der Vorsitzenden sowie den Betriebsratsmitgliedern A, E, I, O und U in dem anderen Sitzungssaal fortgeführt. Auch auf diesen Teil der Betriebsratssitzung geht das handschriftliche Protokoll der Vorsitzenden und der Schriftführerin ein. Die Niederschrift behandelt die Bestellung eines Wahlvorstands nicht. Über die Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 wurde ein weiteres Protokoll verfasst, das von den Betriebsratsmitgliedern M und Z unterschrieben wurde.

6

Mit Schreiben vom 30. März 2010 verlangte der Wahlvorstand von der Arbeitgeberin die erforderlichen Auskünfte, um eine Wählerliste zu erstellen. Die Arbeitgeberin weigerte sich mit der Begründung, ein Wahlvorstand sei nicht ordnungsgemäß gebildet worden. Unter dem 1. April 2010 erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben, mit dem die Betriebsratswahl für alle Arbeitnehmer der von der Arbeitgeberin betreuten Objekte eingeleitet wurde.

7

Die Arbeitgeberin hat in dem von ihr am 12. April 2010 eingeleiteten Beschlussverfahren verlangt, die eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen, weil der Wahlvorstand nicht wirksam errichtet sei. Der Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S aus dem Betriebsrat sei unwirksam. Als die Vorsitzende und die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U den W-Saal zum zweiten Mal verlassen hätten, sei zuvor nicht mitgeteilt worden, in welchem Raum die Sitzung fortgesetzt und dass dort über die Bestellung eines Wahlvorstands abgestimmt werden solle. Die Betriebsratsmitglieder F, K, M, R, H, S und Z hätten gegen einen Wahlvorstand in der jetzigen Besetzung gestimmt, wenn die Betriebsratssitzung am 30. März 2010 mit den Betriebsratsmitgliedern M und S im W-Saal fortgesetzt worden wäre. Die Wahl sei auch deshalb abzubrechen, weil das Unternehmen der Arbeitgeberin aufgrund einer Umstrukturierung vom 28. Oktober 2009 in zehn einzelne Betriebe aufgespalten worden sei.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

       

dem Wahlvorstand aufzugeben, das eingeleitete Verfahren zur Durchführung der Wahl eines Betriebsrats abzubrechen und nicht fortzuführen und auch nicht neu einzuleiten.

9

Der Wahlvorstand hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat behauptet, er sei in der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 bestellt worden, nachdem die sechs Betriebsratsmitglieder zum zweiten Mal den W-Saal verlassen hätten. Der Wahlvorstand bestehe aus der Betriebsratsvorsitzenden V sowie den Betriebsratsmitgliedern A, E, I und O. Das Betriebsratsmitglied S habe die Sitzung vom 30. März 2010 von Beginn an gestört. Herr S habe unter Hinweis auf die Arbeitsunfähigkeit der Betriebsratsvorsitzenden bezweifelt, dass sie aufgrund ihres Tablettenkonsums in der Lage sei, die Tragweite ihres Handelns zu erkennen. Dem hätten sich die anderen, dem Arbeitgeber nahestehenden Betriebsratsmitglieder und vor allem das Betriebsratsmitglied M angeschlossen. Sie hätten die Betriebsratsvorsitzende immer wieder unterbrochen. Die Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 habe wegen der Störungen in einen anderen Saal verlegt werden müssen, um die Sitzung ohne die Betriebsratsmitglieder M und S fortzusetzen. Da die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z dem nicht nachgekommen seien, habe ihr Verhalten als Stimmenthaltung gewertet werden müssen. Die Fortführung einer Betriebsratswahl dürfe nur dann untersagt werden, wenn die Wahl nichtig und nicht nur anfechtbar sei. Die durchzuführende Wahl sei weder nichtig noch „sicher anfechtbar“.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Wahlvorstands zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verlangt der Wahlvorstand weiter die Abweisung des Antrags der Arbeitgeberin.

11

B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Für eine abschließende Entscheidung fehlen erforderliche Tatsachenfeststellungen. Die Sache ist deshalb zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

12

I. Neben der Arbeitgeberin ist nur der Wahlvorstand am Verfahren beteiligt. Die Wahlvorstandsmitglieder sind keine Beteiligten.

13

1. Der Wahlvorstand ist selbst dann am Verfahren beteiligt, wenn seine Bestellung nichtig ist, wie es das Landesarbeitsgericht angenommen hat.

14

a) Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist (für die st. Rspr. BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 3/10 - Rn. 10).

15

b) Der Wahlvorstand ist danach am Verfahren beteiligt. Die von der Arbeitgeberin erstrebte Entscheidung betrifft unmittelbar seine Existenz und seine betriebsverfassungsrechtlichen Rechte.

16

2. Die einzelnen Wahlvorstandsmitglieder sind keine Beteiligten des Verfahrens. Es geht nicht um die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte der einzelnen Wahlvorstandsmitglieder, sondern um die Existenz und die Rechte des Gremiums.

17

II. Die Rechtsbeschwerde des Wahlvorstands ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Ob er begründet ist, lässt sich erst beurteilen, wenn weitere Tatsachenfeststellungen getroffen sind.

18

1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig.

19

a) Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist das Begehren der Arbeitgeberin als einheitlicher Unterlassungsantrag zu verstehen. Er ist darauf gerichtet, dem Wahlvorstand jede weitere Handlung zu untersagen, die auf die Durchführung der Wahl gerichtet ist. Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

20

b) Die Arbeitgeberin ist antragsbefugt. Sie kann sich mit einem Unterlassungsantrag dagegen wenden, dass der nach ihrer Auffassung nicht wirksam errichtete Wahlvorstand tätig wird (vgl. schon BAG 3. Juni 1975 - 1 ABR 98/74 - zu II 2 der Gründe, BAGE 27, 163). Ihre Antragsbefugnis entspricht dem Recht, die spätere Betriebsratswahl nach § 19 Abs. 2 BetrVG anzufechten.

21

c) Der Wahlvorstand ist beteiligtenfähig iSv. § 10 Satz 1 Halbs. 2 ArbGG. Das gilt selbst dann, wenn seine Bestellung nichtig ist. Der Wahlvorstand hält sich für existent. Für das Verfahren, in dem mittelbar über die Nichtigkeit seiner Bestellung gestritten wird, ist er als bestehend zu behandeln und damit beteiligtenfähig.

22

d) Das Verfahren ist nicht erledigt. Im Betrieb der Arbeitgeberin ist weiter ein Betriebsrat zu wählen.

23

2. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob der Antrag der Arbeitgeberin begründet ist. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann dem Unterlassungsantrag nicht stattgegeben werden. Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Ergebnis zu Recht erkannt, dass einem in nichtiger Weise errichteten Wahlvorstand untersagt werden kann, weiter tätig zu werden. Die getroffenen Feststellungen lassen aber nicht die Würdigung zu, dass die Errichtung des Wahlvorstands nichtig ist. Es fehlen Feststellungen zu der Frage, ob die sechs Betriebsratsmitglieder, die am 30. März 2010 zweimal den W-Saal verließen, bei ihrem zweiten Aufenthalt in dem anderen Saal des DGB-Hauses in D überhaupt einen Wahlvorstand bestellten.

24

a) Ein Anspruch des Arbeitgebers darauf, die von einem Wahlvorstand eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen, kann sich zum einen aus der zu erwartenden Nichtigkeit der Betriebsratswahl ergeben. Die bloße Anfechtbarkeit genügt nicht. Ein Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers besteht zum anderen, wenn das Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht oder in nichtiger Weise bestellt wurde.

25

aa) Der gerichtliche Abbruch einer Betriebsratswahl aufgrund von Mängeln des Wahlverfahrens kommt nur in Betracht, wenn die Wahl voraussichtlich nichtig wäre.

26

(1) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Wahlvorstand untersagt werden kann, eine von ihm eingeleitete Betriebsratswahl weiter durchzuführen, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Das Bundesarbeitsgericht konnte die Frage bisher nicht klären, weil diese Streitigkeiten regelmäßig in einstweiligen Verfügungsverfahren ausgetragen werden, deren Rechtszüge vor dem Landesarbeitsgericht enden (§ 92 Abs. 1 Satz 3 iVm. § 85 Abs. 2 ArbGG).

27

(a) Ein Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur nimmt an, im Allgemeinen könne der Abbruch einer laufenden Betriebsratswahl durch einstweilige Verfügung nur angeordnet werden, wenn die eingeleitete Wahl mit Sicherheit als nichtig anzusehen sei (vgl. beispielhaft aus der Instanzrechtsprechung Sächsisches LAG 22. April 2010 - 2 TaBVGa 2/10 - zu II 1 der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 16 - 19; LAG Baden-Württemberg 9. März 2010 - 15 TaBVGa 1/10 - zu II 3 der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 12 - 15; grundlegend LAG Baden-Württemberg 20. Mai 1998 - 8 Ta 9/98 - AiB 1998, 401; aus dem Schrifttum zB ErfK/Koch 11. Aufl. § 18 BetrVG Rn. 7; wohl auch Richardi/Thüsing BetrVG 12. Aufl. § 18 Rn. 21).

28

(b) Die noch immer überwiegende Ansicht lässt dagegen bereits die sichere Anfechtbarkeit der Wahl genügen (vgl. bspw. LAG Schleswig-Holstein 7. April 2011 - 4 TaBVGa 1/11 - zu II 2 a aa aE der Gründe; LAG Hamburg 19. April 2010 - 7 TaBVGa 2/10 - zu II 2 b der Gründe, NZA-RR 2010, 585; Hessisches LAG 7. August 2008 - 9 TaBVGa 188/08 - zu II der Gründe; im Schrifttum zB Dzida/Hohenstatt BB-Special 14 Heft 50, 1, 2 bis 4; Fitting 25. Aufl. § 18 Rn. 42; DKKW/Schneider/Homburg 12. Aufl. § 18 Rn. 6; GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 18 Rn. 79 f. mwN; Rieble/Triskatis NZA 2006, 233, 234 bis 236; Veit/Wichert DB 2006, 390, 391; wohl auch Bram FA 2006, 66 ff.; siehe zu weiter differenzierenden Ansichten auch die Übersicht in LAG Baden-Württemberg 9. März 2010 - 15 TaBVGa 1/10 - zu II 2 b der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 12 - 15).

29

(2) Das Betriebsverfassungsgesetz regelt nicht ausdrücklich, ob und unter welchen Voraussetzungen eine eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen ist und wer hierfür anspruchsberechtigt ist. Ausdrücklich geregelt ist in § 19 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG nur die Anfechtung einer durchgeführten Wahl. Obwohl eine ausdrückliche gesetzliche Anspruchsgrundlage fehlt, ergibt sich aus dem gesetzlichen Gesamtzusammenhang, dass jedenfalls der Arbeitgeber es unterbinden kann, wenn in seinem Betrieb eine nichtige Betriebsratswahl durchgeführt wird. Er kann verlangen, die nichtige Wahl zu unterlassen. Die voraussichtliche Anfechtbarkeit der Wahl genügt für den Unterlassungsanspruch dagegen nicht.

30

(a) Der Arbeitgeber hat Anspruch darauf, dass eine nichtige Betriebsratswahl nicht durchgeführt wird. Die mit der Durchführung einer Betriebsratswahl verbundenen Maßnahmen berühren den Arbeitgeber als Betriebsinhaber unmittelbar in seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Zugleich werden ihm im Zusammenhang mit der Wahl Pflichten auferlegt (vgl. zB § 2 Abs. 2 Satz 1 WO). Ferner hat er nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die Kosten der Wahl zu tragen. Schon daraus ergibt sich, dass der Arbeitgeber in seinem Betrieb verlangen kann, eine nichtige Betriebsratswahl nicht durchzuführen. Der Fall verlangt keine Entscheidung darüber, ob das in gleicher Weise für die weiteren in § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG genannten Anfechtungsberechtigten gilt.

31

(b) Die voraussichtliche Anfechtbarkeit der Wahl genügt für einen Anspruch auf Abbruch der Wahl demgegenüber nicht.

32

(aa) Der Antragsteller könnte sonst mit dem gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehenen Unterlassungsantrag mehr erreichen als mit der gesetzlich vorgesehenen Wahlanfechtung. Eine erfolgreiche Wahlanfechtung hat nach § 19 Abs. 1 BetrVG keine rückwirkende Kraft, sondern wirkt nur für die Zukunft. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Wahlanfechtungsverfahrens bleibt auch ein nicht ordnungsgemäß gewählter Betriebsrat mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt.

33

(bb) Würde schon im Fall der voraussichtlich sicheren Anfechtbarkeit der bevorstehenden Wahl ein Abbruch zugelassen, würde verhindert, dass zumindest vorläufig ein Betriebsrat zustande kommt, wie es das Betriebsverfassungsgesetz vorsieht. Damit würde ein betriebsratsloser Zustand aufrechterhalten, der nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes lediglich bei einer nichtigen Wahl eintreten darf. Das Betriebsverfassungsgesetz will betriebsratslose Zustände möglichst vermeiden (vgl. BAG 31. Mai 2000 - 7 ABR 78/98 - zu B IV 3 a der Gründe, BAGE 95, 15). Das zeigen nicht nur die gesetzlichen Regelungen des Übergangs- und des Restmandats in §§ 21a und 21b BetrVG sowie der Weiterführung der Geschäfte des Betriebsrats nach § 22 BetrVG. Der Gesetzeszweck kommt auch in § 1 BetrVG zum Ausdruck. Die Bestimmung lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, dass möglichst in jedem betriebsratsfähigen Betrieb ein Betriebsrat besteht. Die Vorschriften, die die Betriebsratswahl regeln, sind daher so auszulegen, dass der Gesetzeszweck, Betriebsräte zu bilden, möglichst erreicht wird (vgl. schon BAG 14. Dezember 1965 - 1 ABR 6/65 - zu 5 a der Gründe, BAGE 18, 41).

34

(cc) Die Möglichkeit des vorzeitigen Abbruchs einer voraussichtlich nur anfechtbaren Wahl würde auch der Konzeption nicht gerecht, die in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG zum Ausdruck kommt. Danach ist die Wahlanfechtung nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig. Macht innerhalb dieser Frist keiner der Anfechtungsberechtigten von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch, können Fehler bei der Wahl des Betriebsrats - mit Ausnahme der Nichtigkeit der Wahl - nicht mehr geltend gemacht werden. Durch den vorzeitigen Abbruch der Wahl würde dem Anfechtungsberechtigten von vornherein die Möglichkeit genommen, die Frist verstreichen und die Wahl unangefochten zu lassen.

35

(dd) Auch die Grundsätze, die für politische Wahlen gelten, sprechen dafür, den Abbruch der Wahl auf Fälle der Nichtigkeit zu beschränken. Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren zum Deutschen Bundestag beziehen, können nach § 49 BWahlG nur mit den im Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlordnung vorgesehenen Rechtsbehelfen sowie im Wahlprüfungsverfahren angefochten werden. Gegen interne Entscheidungen des Wahlorgans kann außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens, das nach Abschluss des Wahlverfahrens erfolgt, kein gerichtlicher Rechtsschutz erlangt werden (vgl. nur BVerfG 1. September 2009 - 2 BvR 1928/09, 2 BvR 2 BvR 1937/09 - Rn. 3 bis 14 mwN; s. auch Nießen Fehlerhafte Betriebsratswahlen S. 374 f., der auf S. 377 ff. eine - vollständige - Übertragung der Grundsätze politischer Wahlen auf Betriebsratswahlen ablehnt). Betriebsratswahlen sind zwar nicht so komplex wie Bundestagswahlen (vgl. dazu BVerfG 1. September 2009 - 2 BvR 1928/09, 2 BvR 2 BvR 1937/09 - Rn. 4). Bei § 49 BWahlG handelt es sich gleichwohl um die Konkretisierung eines allgemeinen für Wahlrechtsangelegenheiten geltenden Grundsatzes(vgl. für eine Landtagswahl BVerfG 15. Mai 1963 - 2 BvR 194/63 - BVerfGE 16, 128; für eine Stadtratswahl BVerfG 20. Oktober 1960 - 2 BvQ 6/60 - BVerfGE 11, 329).

36

bb) Der Arbeitgeber kann zudem verlangen, dass die weitere Durchführung der Wahl unterlassen wird, wenn das Gremium, das sich als Wahlvorstand geriert, in dieser Funktion überhaupt nicht bestellt wurde oder seine Bestellung nichtig ist. Handlungen eines inexistenten Wahlvorstands muss der Arbeitgeber in seinem Betrieb nicht hinnehmen.

37

b) Hier sind die von der Arbeitgeberin geltend gemachten Mängel - bis auf die Frage der wirksamen Bestellung des Wahlvorstands - nicht so schwer-wiegend, dass sie die Nichtigkeit der Wahl begründen könnten. Auch die bislang feststellbaren Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht derart gewichtig, dass sie die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zur Folge hätten. Der Senat kann aber nicht abschließend beurteilen, ob der Wahlvorstand überhaupt bestellt wurde. Sollte das nicht der Fall sein, wäre dem Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, zu untersagen, die Wahl durchzuführen.

38

aa) Die Betriebsratswahl ist im Entscheidungsfall voraussichtlich nicht nichtig.

39

(1) Eine Betriebsratswahl ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig. Voraussetzung dafür ist, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maß verstoßen wird, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen Wahlvorschriften handeln (vgl. für die st. Rspr. BAG 21. Juli 2004 - 7 ABR 57/03 - zu B II 1 b bb (1) der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 15 = EzA BetrVG 2001 § 4 Nr. 1).

40

(2) Diesen hohen Anforderungen ist nicht genügt. Sollte der Betriebsbegriff mit Blick auf die von der Arbeitgeberin behauptete Betriebsaufspaltung vom 28. Oktober 2009 verkannt sein, führt dieser Mangel nicht dazu, dass die eingeleitete Betriebsratswahl sicher nichtig ist. Auch die Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht so schwerwiegend, dass sie die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zur Folge hätten.

41

(a) Die mögliche Verkennung des Betriebsbegriffs führt nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl.

42

(aa) Der Ausnahmefall einer von Anfang an unwirksamen Betriebsratswahl ist bei einer Wahl, die unter Verkennung des Betriebsbegriffs durchgeführt wird, grundsätzlich nicht anzunehmen. Die Verkennung des Betriebsbegriffs hat in der Regel nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit der darauf beruhenden Betriebsratswahl zur Folge. Bei der Bestimmung des Betriebsbegriffs und seiner Anwendung auf die konkrete betriebliche Organisation ist eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten. Das erfordert eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Entscheidung. Kommt es bei diesem Prozess zu Fehlern, sind sie regelmäßig nicht derart grob und offensichtlich, dass der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht besteht (vgl. etwa BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 1 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 1).

43

(bb) Die Tatsachengrundlage einer möglichen Aufspaltung des ursprünglich einheitlichen Betriebs in zehn selbständige Betriebe aufgrund der von der Arbeitgeberin behaupteten Umstrukturierung vom 28. Oktober 2009 war zwischen der Arbeitgeberin und einem Teil der Mitglieder des früheren Betriebsrats umstritten. In einem solchen Fall kann wegen der stets nötigen Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände nicht von einem derart groben und evidenten Verstoß ausgegangen werden, der selbst den Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Betriebsratswahl ausschlösse.

44

(b) Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtfertigen es nicht anzunehmen, die Betriebsratswahl sei voraussichtlich deshalb nichtig, weil der Wahlvorstand wegen gravierender Fehler bei seiner Bestellung rechtlich inexistent sei. Dabei kann offenbleiben, ob die nichtige Bestellung des Wahlvorstands stets zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führt. Die bislang festgestellten Mängel bei der Bestellung des Wahlvorstands sind hier jedenfalls nicht so gewichtig, dass sie die Nichtigkeit der Bestellung zur Folge hätten.

45

(aa) Auch die Frage der zwingenden Folge der Nichtigkeit einer eingeleiteten Betriebsratswahl aufgrund der nichtigen Bestellung des Wahlvorstands wird in Rechtsprechung und Schrifttum kontrovers diskutiert. Ein Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur nimmt die Nichtigkeit der Betriebsratswahl infolge einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstands an (vgl. zB LAG Köln 10. März 2000 - 13 TaBV 9/00 - zu II 3 der Gründe, LAGE BetrVG 1972 § 3 Nr. 6; GK-BetrVG/Kreutz § 16 Rn. 5; grundlegend Nießen S. 137 ff., 141 ff. mwN). Ein anderer Teil der Instanzrechtsprechung und des Schrifttums verlangt über die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands hinaus zusätzliche Umstände, um die Nichtigkeit der eingeleiteten Betriebsratswahl annehmen zu können (vgl. zB LAG Berlin 8. April 2003 - 5 TaBV 1990/02 - zu II 3 c der Gründe, NZA-RR 2003, 587; LAG Nürnberg 29. Juli 1998 - 4 TaBV 12/97 - zu II der Gründe; Fitting § 19 Rn. 5; grundlegend Jacobs Die Wahlvorstände S. 124 ff. mwN). Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage bisher offengelassen (vgl. BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 3 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 1). Auch dieser Fall verlangt nicht, die Frage abschließend zu beantworten.

46

(bb) Die bislang festgestellten Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht so schwerwiegend, dass sie zur Nichtigkeit der Bestellung führten.

47

(aaa) Zwischen der nur fehlerhaften und der darüber hinaus nichtigen Bestellung des Wahlvorstands ist sorgfältig zu unterscheiden. Im Fall eines (einfachen) Errichtungsfehlers bleibt die Bestellung des Wahlvorstands wirksam. Die von ihm durchgeführte Betriebsratswahl kann dann zwar anfechtbar sein, sie ist aber nicht nichtig. Die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands ist auf ausgesprochen schwerwiegende Errichtungsfehler beschränkt, die dazu führen, dass das Gremium rechtlich inexistent ist. Eine nur fehlerhafte Bestellung genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Errichtung in so hohem Maß verstoßen wurde, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands nicht mehr besteht. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen die Bestellungsvorschriften der §§ 16 bis 17a BetrVG handeln. Für die Beschränkung der nichtigen Bestellung auf ungewöhnliche Ausnahmefälle spricht vor allem das vom Betriebsverfassungsgesetz geschützte Interesse daran, betriebsratslose Zustände zu vermeiden, das insbesondere in §§ 1, 21a, 21b und 22 BetrVG zum Ausdruck kommt. Maßnahmen, die eine Betriebsratswahl vorbereiten sollen, dürfen nicht unnötig erschwert werden. Das gilt für die Bestellung des Wahlvorstands umso mehr, als dessen Kompetenzen nach §§ 18 und 18a BetrVG eng begrenzt sind. Seine Pflichten werden durch das Betriebsverfassungsgesetz und die Wahlordnung genau umrissen (vgl. bereits BAG 14. Dezember 1965 - 1 ABR 6/65 - zu 5 a der Gründe, BAGE 18, 41).

48

(bbb) Nach diesen Grundsätzen rechtfertigen die bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht die Beurteilung, dass die Bestellung des Wahlvorstands nichtig ist.

49

(aaaa) Aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist allerdings davon auszugehen, dass der Wahlvorstand nicht mit der nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erforderlichen Mehrheit der Stimmen der anwesenden Betriebsratsmitglieder bestellt wurde. Der frühere Betriebsrat hat zum einen verkannt, dass der vollständige Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S aus dem Betriebsrat ein Ausschlussverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG voraussetzt. Er hat zum anderen nicht beachtet, dass für zeitweilig verhinderte Betriebsratsmitglieder nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG Ersatzmitglieder heranzuziehen sind. Er ist schließlich auch zu Unrecht davon ausgegangen, die im W-Saal verbliebenen weiteren fünf Betriebsratsmitglieder enthielten sich dadurch ihrer Stimme.

50

(bbbb) Die Bestellung eines Wahlvorstands durch die Minderheit der Betriebsratsmitglieder ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen aber kein solch gravierender Verstoß gegen die Bestellungsbestimmungen der §§ 16 bis 17a BetrVG, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands nicht mehr besteht. Die Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands waren hier erheblich. Der ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden und den Betriebsratsmitgliedern, die sie in den anderen Saal begleiteten, ging es jedoch ersichtlich darum, ihrer Pflicht zur Bestellung des Wahlvorstands nachzukommen. Eine andere Beurteilung könnte dann geboten sein, wenn die Bestellung durch die Minderheit der Betriebsratsmitglieder auf dem machttaktischen oder willkürlichen Kalkül beruht hätte, die Mehrheit durch die Minderheit zu majorisieren. Dafür bestehen nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem Vortrag der Arbeitgeberin keine ausreichenden Anhaltspunkte. Der sog. Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S von der Sitzung vom 30. März 2010 war nach Nr. 3 des handschriftlichen Protokolls der Betriebsratsvorsitzenden V und der Schriftführerin O vielmehr insbesondere auf angenommene unbefugte Tonaufnahmen einer Betriebsratssitzung zurückzuführen. Das ergibt sich aus den in Nr. 1 der Niederschrift enthaltenen Gründen für ein angestrebtes Ausschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht. Die sechs Betriebsratsmitglieder verließen den W-Saal, weil sie annahmen, die Betriebsratssitzung wegen der behaupteten erheblichen Störungen der Betriebsratsmitglieder M und S nicht ordnungsgemäß durchführen zu können. Sie forderten die übrigen fünf Betriebsratsmitglieder zudem erfolglos auf, sie in den anderen Saal zu begleiten.

51

bb) Unabhängig von einer voraussichtlichen Nichtigkeit der eingeleiteten Betriebsratswahl hat der Arbeitgeber Anspruch darauf, dass die Durchführung der Wahl unterlassen wird, wenn das Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht bestellt wurde oder seine Bestellung nichtig ist. Von einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstands kann hier aus den genannten Gründen nicht ausgegangen werden. Nicht festgestellt ist aber, ob am 30. März 2010 während des zweiten Aufenthalts der Betriebsratsmitglieder A, E, I, O, U und V in einem anderen Saal als dem W-Saal überhaupt ein Wahlvorstand bestellt wurde. Das handschriftliche Protokoll der Betriebsratsvorsitzenden V und der Schriftführerin O über die Betriebsratssitzung, die am 30. März 2010 außerhalb des W-Saal abgehalten wurde, weist keinen Beschluss aus, mit dem ein Wahlvorstand bestellt wurde. Die Verfahrensbevollmächtigte des Wahlvorstands hat in der Anhörung vor dem Senat erklärt, die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O, U und V hätten in Abwesenheit der übrigen Betriebsratsmitglieder durch Beschluss den Wahlvorstand bestellt, nachdem sie den W-Saal zum zweiten Mal verlassen hätten. Die Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeberin konnte dieses Vorbringen nicht unstreitig stellen. Das Landesarbeitsgericht wird den Umstand deshalb aufzuklären haben.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Gallner    

        

        

        

    Schuh    

        

    Hansen    

                 

Tenor

Die als Beschwerde bezeichnete sofortige Beschwerde des Antragsstellers und Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 01.04.2014 in Sachen 6 BVGa 16/14 wird zurückgewiesen.


1 2 4 5 6 7 8 9 10 11 12 14 16 17 19 20 21 23 25 27 29 31 32 33 34 35 36 38

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

(1) Betriebsteile gelten als selbständige Betriebe, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllen und

1.
räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt oder
2.
durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind.
Die Arbeitnehmer eines Betriebsteils, in dem kein eigener Betriebsrat besteht, können mit Stimmenmehrheit formlos beschließen, an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilzunehmen; § 3 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. Die Abstimmung kann auch vom Betriebsrat des Hauptbetriebs veranlasst werden. Der Beschluss ist dem Betriebsrat des Hauptbetriebs spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit mitzuteilen. Für den Widerruf des Beschlusses gelten die Sätze 2 bis 4 entsprechend.

(2) Betriebe, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht erfüllen, sind dem Hauptbetrieb zuzuordnen.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.