Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Apr. 2016 - 2 Sa 486/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:0407.2SA486.15.0A
bei uns veröffentlicht am07.04.2016

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 03.09.2015 - 5 Ca 394/15 - wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger war in der Zeit vom 25. April 1983 bis 31. Dezember 2009 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen im Betrieb in B-Stadt zuletzt als Abteilungsleiter der Abteilung F. beschäftigt.

2

Aufgrund einer von der Beklagten initiierten Outsourcing-Maßnahme wurde der Bereich F. Management zum 01. Januar 2010 auf die O. GmbH übertragen, die im Rahmen eines mit der Beklagten geschlossenen, zeitlich auf fünf Jahre befristeten Dienstleistungsvertrages das F. Management u.a. auch am Standort B-Stadt übernahm. Die Beklagte und die O. GmbH schlossen am 21. Oktober 2009 vertragliche Vereinbarungen, insbesondere über den Umgang mit Mitarbeitern für den Fall, dass der Dienstleistungsvertrag nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit von fünf Jahren beendet wird, in dem sog. Master Agreement und Site Contract (Original in englischer Sprache). Darin ist u.a. Folgendes geregelt (Ziff. 15.3 Master Agreement und Ziff. 20.5 Site Contract):

3

Sollte dieser Rahmen-(oder Mantel-)Vertrag auslaufen oder aus anderen Gründen beendet werden und sich C. in diesem Fall dazu entscheiden

4

a) den (zuvor outgesourcten) Service in das eigene Unternehmen einzugliedern oder
b) einen anderen Dienstleister einzusetzen,

5

dann soll C.

6

a) im Falle der Wiedereingliederung des Service das outgesourcte Personal (wieder) übernehmen gemäß den lokalen Gesetzen
b) im Fall der Einsetzung eines anderen Dienstleisters soll C. vom neuen Dienstleister die Übernahme des Personals verlangen.

7

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2009 unterrichteten die Beklagte und die O. GmbH den Kläger "über den bevorstehenden Übergang des Geschäftsbereichs Total F. Management gemäß § 613 a BGB". Unter dem 18. Dezember 2009 wurde zwischen der Beklagten sowie der O. GmbH und dem bei der Beklagten gebildeten Gesamtbetriebsrat ein Interessenausgleich geschlossen, der unter Ziffer 2.1 vorsieht, dass den von der Auslagerung des F. Managements betroffenen Mitarbeitern unter Anwendung des § 613 a BGB eine Weiterbeschäftigung bei O. angeboten wird.

8

Der Kläger übte seit dem 01. Januar 2010 seine bisherige Tätigkeit für die O. GmbH aus, die dann ca. zwei Jahre später in der V. F. GmbH aufgegangen ist. Zum 31. Dezember 2014 lief der Dienstleistungsvertrag der Beklagten mit der V. F. GmbH aus. Seit 2015 werden die F. Management Dienstleistungen von der Firma S. durchgeführt.

9

Die V. F. GmbH kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers betriebsbedingt. In dem daraufhin vor dem Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - unter dem Aktenzeichen 6 Ca 781/14 geführten Kündigungsschutzverfahren schlossen der Kläger und die V. F. GmbH am 12. März 2015 einen Vergleich, nach dem das Arbeitsverhältnis durch ordentliche betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung vom 24. November 2014 zum 30. Juni 2015 sein Ende gefunden hat und die Firma V. F. GmbH sich verpflichtet, an den Kläger als Abgeltung für den Verlust des Arbeitsplatzes entsprechend den §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 20.400,00 EUR brutto zu zahlen.

10

Mit Schreiben vom 14. April 2015 widersprach der Kläger in Reaktion auf das Unterrichtungsschreiben vom 17. Dezember 2009 einem Betriebsübergang gegenüber der Beklagten.

11

Unter dem 19. April 2013 war zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft IG Metall ein "Sozialtarifvertrag C. B-Stadt" für den Betrieb der Beklagten in B-Stadt vereinbart worden, der u.a. folgende Regelungen enthält:

12

"§ 1 Geltungsbereich

13

Dieser Tarifvertrag gilt gem. § 3 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz für die Mitglieder der IG Metall, die am Stichtag 25. März 2013 Mitglied der Tarifvertragspartei IG Metall waren

14

- Persönlich für alle Beschäftigten. Dazu gehören alle Arbeitnehmer einschließlich der Arbeiter, Angestellte, außertarifliche Arbeitnehmer, Auszubildenden, sowie die über 6 Monate im Betrieb B-Stadt beschäftigten Leiharbeitnehmer. Der Tarifvertrag gilt nicht für leitende Angestellte gem. § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG
- Räumlich für den Betrieb C. B-Stadt

15

§ 2 Grundsätze und Ausgangslage

16

C. verpflichtet sich ihre unternehmerische Entscheidung, den Produktionsstandort B-Stadt 2013 zu schließen, mit in Krafttreten dieses Tarifvertrages zurückzunehmen. C. verpflichtet sich entsprechend den Regelungen dieses Tarifvertrages den Produktionsstandort B-Stadt nicht vor 2015 zu schließen und den Entwicklungsstandort einschließlich der Ausbildungsplätze bis 2016 am Standort B-Stadt zu erhalten. (…)

17

§ 3 Tarifliche Erweiterung der Mitbestimmung / Mindestpersonalbemessung am Standort B-Stadt

18

3.1. Garantie Produktionsstandort B-Stadt

19

Während der Laufzeit dieses Vertrages sind betriebsbedingte Kündigungen von Beschäftigten, die Mitglied der IG Metall sind und in der Produktion beschäftigt, die das Arbeitsverhältnis vor dem 31.12.2014 beenden, ausgeschlossen. Abweichungen sind nur mit Zustimmung der IG Metall zulässig. Ab dem 01.01.2015 wechseln die letzten Beschäftigten in die Transfergesellschaft mit der Folge, dass diese nicht vor dem 01.01.2016 arbeitslos werden. (…)

20

§ 5 Sozialtarifvertrag Transfer PLUS Lösung:

21

Tarifliche Abfindung und Transfermaßnahmen gem. §§ 110, 111 SGB II

22

5.1. Alle Beschäftigten, die unter den Geltungsbereich dieses Sozialtarifvertrages fallen, erhalten eine Abfindung als sozialen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes aus dringenden betrieblichen Erfordernissen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

23

Die tarifliche Abfindung errechnet sich nach folgender Formel:

24

Bruttomonatsentgelt x Beschäftigungsjahre x 1,35

25

(…) 5.1.4. Die Abfindungssumme ist auf € 220.000,00 brutto begrenzt. (…)

26

5.2. Transfermaßnahmen gem. §§ 110/111 SGB III

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Zur Meidung betriebsbedingter Kündigungen und zur Gestaltung einer sozialverträglichen Lösung einigen sich die Tarifvertragsparteien zusätzlich zu den tariflichen Abfindungen gem. 5.1. im Rahmen einer Transfer PLUS Lösung zur Durchführung von Transfermaßnahmen gem. § 110/111 SGB III. (…)

28

§ 8 Regelung für Leiharbeitsbeschäftigte und Sonstige

29

8.1. C. zahlt an Leiharbeitnehmer der Firma T., die zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Tarifvertrages länger als 6 Monate bei C. eingesetzt einen Betrag in Höhe von € 1.000,00 netto als Schadensersatz.

30

8.2. Für Leiharbeitnehmer, die länger als 24 Monate bei C. eingesetzt waren erhöht sich dieser Betrag auf € 5.000,00 netto.

31

8.3. Der Betrag wird zur Auszahlung fällig, wenn die Leiharbeitnehmer eine Ausgleichsquittung zur Freistellung von C. von allen Ansprüchen unterschreiben

32

Anlage 3, Ausgleichsquittung

33

8.4. Die befristet Beschäftigten, die zum 31.12.2013 ausscheiden erhalten jeweils € 1.000,00 brutto für netto. Gleiches gilt für die 3 Mitarbeiter der Firma V., ehemals Delphi. (…)"

34

Weiterhin hatte die Beklagte unter dem 19. April 2013 mit dem für den Standort B-Stadt gebildeten Betriebsrat einen Interessenausgleich geschlossen, der für alle Arbeitnehmer der Beklagten am Standort B-Stadt mit Ausnahme der leitenden Angestellten gilt und die im Rahmen des Sozialtarifvertrages vom 19. April 2013 zwischen der IG Metall und der Beklagten vereinbarten Regelungen konkretisieren soll.

35

Mit seiner am 08. Mai 2015 beim Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - eingegangenen Klage hat der Kläger die Zahlung eines Betrages von 220.000,-- EUR brutto (Antrag zu 1.) geltend gemacht und zur Begründung ausgeführt, dass ihm ein Anspruch auf eine Abfindung in dieser Höhe zustehe und zwar entweder "als Mitarbeiter der Beklagten direkt aus dem Sozialtarifvertrag/Sozialplan" oder aber "indirekt in Form von Schadensersatz". Den von ihm geltend gemachten Abfindungsanspruch hat er damit begründet, dass er zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Sozialtarifvertrages/Sozialplans nach wie vor Mitarbeiter der Beklagten gewesen sei, weil es sich beim "Outsourcing" des F. Managements nicht um einen Betriebsübergang gehandelt habe. Selbst im Falle eines Betriebsübergangs genüge die mit Schreiben vom 17. Dezember 2009 erfolgte Unterrichtung nicht den Anforderungen des § 613 a Abs. 5 BGB, so dass er sein nicht erloschenes Widerspruchsrecht mit seinem Schreiben vom 14. April 2015 wirksam ausgeübt habe. Mithin sei er als Mitarbeiter der Beklagten nach dem Sozialtarifvertrag/Sozialplan abfindungsberechtigt. Weiterhin würden die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der O. GmbH als Verträge mit Schutzwirkung für Dritte unmittelbare Auswirkungen auf ihn entfalten, so dass der Verstoß gegen die darin enthaltenen Verpflichtungen durch die Beklagte Schadensersatzansprüche begründe. Nachdem das F. Management für den Standort B-Stadt bereits ab dem 01. Januar 2015 an die Firma S. übertragen worden sei, ohne ihn dabei zu berücksichtigen, sei er somit den ehemaligen Mitarbeitern im Werk der Beklagten in B-Stadt gleichzustellen, die aufgrund des Verlustes ihrer Arbeitsplätze eine Abfindung nach den Vorgaben des Sozialtarifvertrages/Sozialplans erhalten hätten. Weiterhin hat er die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihn ab dem 01. Juli 2015 bis zum 31. Dezember 2015 in ihrer Transfergesellschaft zu beschäftigen (Antrag zu 2.).

36

Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 03. September 2015 - 5 Ca 394/15 - und ergänzend auf die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

37

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

38

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 220.000,-- EUR brutto zu zahlen,

39

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab dem 01. Juli 2015 bis zum 31. Dezember 2015 in ihrer Transfergesellschaft gemäß Ziffer 5.2 des Sozialtarifvertrages vom 19. April 2013 in Verbindung mit dem Interessenausgleich vom 19. April 2013 gegen Zahlung von 80% seiner für die Berechnung der Abfindung nach dem Sozialtarifvertrag maßgeblichen Bezüge zu beschäftigen.

40

Die Beklagte hat beantragt,

41

die Klage abzuweisen.

42

Das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - hat mit seinem Urteil vom 03. September 2015 - 5 Ca 394/15 - die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger weder eine Sozialplanabfindung in Höhe von 220.000,-- EUR brutto noch eine Verpflichtung der Beklagten, ihn in einer Transfergesellschaft zu beschäftigen, verlangen könne. Der Kläger könne weder entsprechende Ansprüche aus dem Sozialtarifvertrag noch als Schadensersatzanspruch wegen Vertragsverletzung für sich herleiten. Der Kläger falle nicht in den Anwendungsbereich des § 5 des Sozialtarifvertrages. Der Kläger sei weder ein Arbeitnehmer der Beklagten (sondern Leiharbeitnehmer) noch ein Arbeitnehmer der im Interessenausgleich vom 19. April 2013 dargestellten sozialplanpflichtigen Maßnahmen. Der Kläger sei vielmehr als Leiharbeitnehmer im F. Management eingesetzt gewesen. Es lägen keine Hinweise dafür vor, dass dieser Bereich zur Produktion oder zum Entwicklungszentrum gezählt werde, zumal dieselben Betriebsparteien bereits im Interessenausgleich vom 18. Dezember 2009 von einem Betriebsteil F. Management ausgegangen seien, der abgespaltet sowie auf die O. GmbH übertragen und diesbezüglich in der Anlage 1 insbesondere der Kläger als hiervon betroffener Arbeitnehmer ausdrücklich benannt werde. Sinn des Sozialtarifvertrages vom 19. April 2013 sei aber, die sozialen Nachteile der hiervon betroffenen Mitarbeiter der Beklagten abzumildern, zu denen der Kläger somit nicht zähle. Unabhängig von der Frage, ob der Kläger Arbeitnehmer der Beklagten sei, wäre er jedenfalls nicht Arbeitnehmer für die Bereiche geworden, für die der Sozialtarifvertrag vom 19. April 2013 in Verbindung mit dem Interessenausgleich vom 19. April 2013 die vom Kläger begehrten Ansprüche regele. Dem Kläger stünden auch keine Schadensersatzansprüche zu, die zur Rechtsfolge hätten, dass der Kläger die begehrte Abfindung und Übernahme in eine Transfermaßnahme erreichen könnte. Auch wenn man die angeführten Vereinbarungen als Vertrag zu Gunsten Dritter ansehen würde und ggf. eine Pflichtverletzung der Beklagten darin erkennen würde, dass sie entweder die Tätigkeit des Klägers an ihren Mitarbeiter, Herrn K., vergeben hätte, oder sie nicht den Einsatz des Klägers bei dem Nachfolger des Dienstleistungsauftrages, der Firma S., verlangt hätte, könnte diese unterstellte Pflichtverletzung nur zur Folge haben, dass der Kläger so gestellt werde, wie er gestanden hätte, wenn die Beklagte diese Pflichtverletzung nicht begangen hätte. Hätte die Beklagte eine unterstellte Pflichtverletzung nicht begangen, hätte sie entweder den Kläger beschäftigen müssen, was sie aber unstreitig nicht mache. Der Kläger hätte dann einen Schadensersatzanspruch, der auf die Vergütung der Monate zu richten wäre, in denen er nicht durch die Beklagte beschäftigt worden sei bzw. werde. Hätte sich die Beklagte für den Kläger bei der Firma S. einsetzen müssen und dies vorwerfbar unterlassen, hätte der Kläger auch nur Schadenersatzansprüche im Hinblick auf die möglicherweise bei der Firma S. zu erzielende Vergütung geltend machen können. Diese unterstellten Schäden seien jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

43

Gegen das ihm am 02. Oktober 2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 02. November 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zum gleichen Tag zugegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 20. November 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 26. November 2015 eingegangen, begründet. Mit seinen Berufungsanträgen aus der Berufungsbegründung vom 20. November 2015 hat der Kläger die Zahlung von 6.871,68 EUR brutto als Verdienstausfall in der Zeit vom 01. Juli 2015 bis zum 31. Dezember 2015 (Antrag zu 1.) geltend gemacht (6 Monate x 1.145,28 EUR brutto) und die Feststellungen (Anträge zu 2. und 3.) begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm den durch den Arbeitsplatzwechsel zur Wohnbau entstandenen Verdienstausfall und Rentenverlust zu ersetzen. Mit Schriftsatz vom 01. April 2016 hat er den beanspruchten Verdienstausfall für den nunmehr zurückliegenden Zeitraum vom 01. Juli 2015 bis 31. März 2016 auf 10.307,52 EUR brutto erhöht (9 Monate x 1.145,28 EUR brutto) und seine Anträge entsprechend umgestellt.

44

Er trägt vor, die Beklagte hätte ihn in seinem ursprünglichen Bereich beschäftigen oder aber für eine Übernahme durch die Firma S. sorgen müssen. Die Beklagte habe es aber vorgezogen, auf einen zuvor mit anderen Aufgaben betrauten eigenen Mitarbeiter im Werk B-Stadt zurückzugreifen, anstatt in Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen den ursprünglichen Stelleninhaber zu verwenden. Die Beklagte habe in Kenntnis der Umstände seine Stelle durch Herrn K. besetzt und sich damit schadensersatzpflichtig gemacht. Weil seine Stelle besetzt sei, scheide eine Naturalrestitution als Schadensersatz aus, so dass er in Geld zu entschädigen sei. Insoweit hätte seinem ursprünglichen Klageantrag zu 1. zumindest teilweise entsprochen werden müssen. Er habe mit seinem Klageantrag zu 1. die Zahlung von Geld verlangt und in den Antrag nicht aufgenommen, dass dieser sich nur auf die Abfindung beziehe. Aus seinem Sachvortrag habe sich ergeben, dass es auch um Schadensersatzansprüche gehe. Diese seien mithin auch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gewesen. Die Schadensersatzansprüche seien ausdrücklich in seinem Schriftsatz vom 24. Juli 2015 unter Ziffer 2. angesprochen worden. Das Arbeitsgericht hätte den Vortrag unter allen rechtlichen Gesichtspunkten würdigen müssen, was nicht ausreichend geschehen sei. Er hätte bei der Firma V. und erst recht bei der Beklagten selbst einen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 5.079,17 EUR gehabt. Bei seinem jetzigen Arbeitgeber erziele er nur einen Verdienst in Höhe von 3.933,89 EUR brutto, so dass sich ein monatlicher Verlust von 1.145,28 EUR errechne. Im Übrigen müsse der zukünftige Verdienstausfall im Rahmen der begehrten Feststellung erfolgen. Entsprechendes gelte für seinen Rentenverlust. Aufgrund des geringeren Verdienstes werde weniger in die Rentenversicherung einbezahlt, was naturgemäß zukünftig zu geringeren Rentenansprüchen führe. Die in der Berufungsbegründung gestellten Anträge seien nicht als Klageänderung i.S.v. § 263 ZPO zu bewerten, weil damit lediglich die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen aus der ersten Instanz ergänzt würden (§ 264 Nr. 1 ZPO). Sowohl in der Klageschrift vom 08. Mai 2015 als auch ausdrücklich im Schriftsatz vom 24. Juli 2015 würden die geltend gemachten Ansprüche nicht lediglich auf den Sozialplan, sondern auch mit entsprechender Begründung auf die in Ziffer 20.5 enthaltenen Regelungen des Site Contract bzw. Ziffer 15.3 des Master Agreement gestützt. Diesbezüglich verkenne das angefochtene Urteil, dass daraus nicht nur ein Beschäftigungsanspruch gegenüber der Beklagten abgeleitet werden könne, sondern auch Zahlungsansprüche, weil sein bisheriger Aufgabenbereich bereits an den Beschäftigten K. vergeben worden sei. Ungeachtet dessen wäre im vorliegenden Fall selbst eine Klageänderung sachdienlich, weil damit eine nochmalige Befassung der ersten Instanz mit dem gleichen Lebenssachverhalt vermieden werden könne, was der Prozessökonomie diene. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Klägers wird auf die Berufungsbegründung vom 20. November 2015 und seinen Schriftsatz vom 01. April 2016 verwiesen.

45

Der Kläger beantragt zuletzt,

46

1. die Beklagte unter Abänderung des am 03. September 2015 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - Az. 5 Ca 394/15 - zu verurteilen, an ihn 10.307,52 EUR brutto für den Zeitraum vom 01. Juli 2015 bis 31. März 2016 zu zahlen,

47

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den sich ab 01. April 2016 ergebenden Verdienstausfall in Höhe von 1.145,28 EUR monatlich zu ersetzen,

48

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den durch den Arbeitsplatzwechsel zur Wohnbau entstandenen Rentenverlust zu ersetzen.

49

Die Beklagte beantragt,

50

die Berufung als unzulässig zu verwerfen bzw. zurückzuweisen.

51

Sie erwidert, die Berufung sei bereits unzulässig, weil ein klageändernder Austausch des Streitgegenstandes vorliege. Es seien nicht die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt worden. Vielmehr habe der Kläger den Klageantrag und die Klagebegründung komplett austauscht. Die nunmehr vom Kläger geltend gemachte Lohndifferenz bzw. die Feststellungsanträge hätten in Bezug auf die mit seiner Klage aus 1. Instanz geltend gemachte Abfindungsforderung keine Gemeinsamkeit. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung der Beklagten wird auf ihre Schriftsätze vom 18. Dezember 2015 und 5. April 2016 verwiesen.

52

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

53

Die Berufung des Klägers ist unzulässig.

54

1. Eine zulässige Klageänderung in der Berufungsinstanz setzt die Zulässigkeit des Rechtsmittels voraus. Das ist nur dann der Fall, wenn der Berufungskläger die aus dem erstinstanzlichen Urteil folgende Beschwer beseitigen will. Eine Berufung ist danach unzulässig, wenn sie den im ersten Rechtszug erhobenen Anspruch nicht wenigstens teilweise weiterverfolgt, also die erstinstanzliche Klageabweisung gar nicht in Zweifel zieht, sondern lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen, bisher nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt. Die bloße Erweiterung oder Änderung der Klage in zweiter Instanz kann nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein; vielmehr setzt ein derartiges Prozessziel eine zulässige Berufung voraus (BAG 10. Februar 2005 - 6 AZR 183/04 - Rn. 14, NZA 2005, 597).

55

2. Danach ist die Berufung des Klägers unzulässig. Der Kläger hat mit seiner Berufung den im ersten Rechtszug erhobenen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung entweder aus dem Sozialtarifvertrag oder als Schadensersatz und die begehrte Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zu seiner Beschäftigung in ihrer Transfergesellschaft ab dem 01. Juli 2015 bis zum 31. Dezember 2015 nicht mehr weiterverfolgt, sondern lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen, bisher nicht geltend gemachten Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall bzw. Rentenverlusten aufgrund seines Arbeitsplatzwechsels zur Wohnbau ab dem 01. Juli 2015 zur Entscheidung gestellt.

56

Entgegen der Ansicht des Klägers waren die mit der Berufung geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht vom Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens erfasst.

57

a) Nach dem für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den dort gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt. Der Streitgegenstand erfasst alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht unterbreitet hat. Bei Schadensersatzansprüchen liegt ein einheitlicher Streitgegenstand vor, wenn das schadensverursachende Verhalten bei natürlicher Betrachtung eine Einheit bildet, wenn es sich mithin um dieselbe Pflichtverletzung handelt, sich die einzelnen, in eine Gesamtforderung eingestellten Rechnungspositionen also auf dieselben Anspruchsvoraussetzungen gründen lassen, deren Vorliegen sich aus demselben Lebenssachverhalt ergibt und hieraus ein Schaden folgt, der sich nicht in unterschiedliche Schadenspositionen und erst recht nicht in unterschiedliche Schadensarten (z. B. Sachschaden, Verdienstausfall, Schmerzensgeld) aufteilen lässt (BAG 17. Dezember 2015 - 8 AZR 54/14 - Rn. 16 und 17, juris).

58

b) Der Kläger hat mit seiner erstinstanzlich erhobenen Klage mit dem Antrag zu 1. nach der Begründung in der Klageschrift einen Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 220.000,-- EUR brutto geltend gemacht. Zur Begründung hat er in der Klageschrift ausgeführt, dass ihm ein Anspruch auf die nach dem Sozialtarifvertrag/Sozialplan auf 220.000,-- EUR gedeckelte Abfindung zustehe, und zwar entweder als Mitarbeiter der Beklagten direkt aus dem Sozialtarifvertrag/Sozialplan oder aber "indirekt" in Form von Schadensersatz. Zum einen sei er zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Sozialtarifvertrages/Sozialplans nach wie vor Mitarbeiter der Beklagten gewesen, weil es sich beim "Outsourcing" des F. Managements nicht um einen Betriebsübergang gehandelt habe und er jedenfalls mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung sein Widerspruchsrecht wirksam ausgeübt habe. Zum anderen würden die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der O. GmbH als Verträge mit Schutzwirkung für Dritte unmittelbare Auswirkungen für ihn entfalten, so dass der Verstoß gegen die darin enthaltenen Verpflichtungen durch die Beklagte Schadensersatzansprüche begründe. Nach der Übernahme des F. Managements durch die Firma S. würden seine Aufgaben von einem dort beschäftigten Mitarbeiter der Beklagten, Herrn K., wahrgenommen. Nachdem das F. Management für den Standort B-Stadt bereits ab dem 01. Januar 2015 an die Firma S. übertragen worden sei, ohne ihn dabei zu berücksichtigen, sei er somit den ehemaligen Mitarbeitern im Werk der Beklagten in B-Stadt gleichzustellen, die aufgrund des Verlustes ihrer Arbeitsplätze eine Abfindung nach den Vorgaben des Sozialtarifvertrages/Sozialplans erhalten hätten. Auch in seinem Schriftsatz vom 24. Juli 2015 hat der Kläger den angeführten Anspruch auf Schadensersatz, der sich der Höhe nach auf die ihm nach dem Sozialtarifvertrag zustehende Abfindung belaufe, darauf gestützt, dass er durch die Pflichtverletzung der Beklagten aus deren Unternehmen ausgeschieden sei und damit so gestellt werden müsse, wie die anderen Mitarbeiter der Beklagten am Standort B-Stadt, deren Arbeitsplatz weggefallen sei.

59

Bei dem nunmehr mit der Berufung geltend gemachten Anspruch auf Ersatz eines ab dem 01. Juli 2015 eingetretenen Verdienstausfalls handelt es sich um einen anderen prozessualen Anspruch. Während der Kläger erstinstanzlichen den erhobenen Anspruch auf die begehrte Abfindung als Schadensersatz darauf gestützt hat, dass er den ehemaligen Mitarbeitern im Werk der Beklagten in B-Stadt gleichzustellen sei, die aufgrund des Verlustes ihres Arbeitsplatzes eine Abfindung erhalten hätten, hat er den mit seiner Berufung geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf einen anderen Lebenssachverhalt gestützt, nämlich auf einen ihm durch seinen Arbeitsplatzwechsel zur Wohnbau ab 01. Juli 2015 entstandenen Verdienstausfall, der nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war. Im Hinblick darauf, dass es sich bei der erstinstanzlich als Schadensersatz begehrten Abfindung und dem zweitinstanzlich verlangten Ersatz eines durch seinen Arbeitsplatzwechsel zur Wohnbau entstandenen Verdienstausfalls um völlig unterschiedliche Schadenspositionen mit unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen handelt, deren Vorliegen sich auch nicht aus demselben Lebenssachverhalt ergibt, liegt kein einheitlicher Streitgegenstand vor. Vielmehr hat der Kläger mit seiner Berufung einen neuen, bisher nicht geltend gemachten prozessualen Anspruch zur Entscheidung gestellt und damit die erstinstanzliche Abweisung des Anspruchs auf Zahlung einer Abfindung (entweder aus dem Sozialtarifvertrag/Sozialplan oder "indirekt" in Form von Schadensersatz) und der beantragten Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zu seiner Beschäftigung in ihrer Transfergesellschaft vom 01.Juli bis 31. Dezember 2015 nicht in Zweifel gezogen. Mithin ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts bereits unzulässig.

60

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

61

Die Zulassung der Berufung war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 10 Höhe der Abfindung


(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen. (2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsver

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Dez. 2015 - 8 AZR 54/14

bei uns veröffentlicht am 17.12.2015

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18. Dezember 2013 - 7 Sa 343/13 - aufgehoben.

Referenzen

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18. Dezember 2013 - 7 Sa 343/13 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über einen von der Beklagten im Wege der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzanspruch in Höhe eines Teilbetrages von 1 Mio. Euro aus einem Gesamtbetrag iHv. 16.880.392,00 Euro.

2

Der Kläger war seit dem 1. Juni 2010 bei der Beklagten, einem Energiehandelsunternehmen für Strom, Gas, Kohle, Öl und Emissionszertifikate im E-Konzern als Senior Power Trader (Stromhändler) beschäftigt. Seine Aufgabe war es, auf osteuropäischen Strommärkten, insbesondere Ungarn, Rumänien und Polen mit Strom zu handeln. Zu diesem Zweck kaufte und verkaufte er bestimmte Strommengen in verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Die Geschäfte wurden zum Zweck des Eigenhandels der Beklagten durchgeführt, die hiermit Margengewinne erzielen wollte.

3

Der Kläger hatte die Daten der getätigten Handelsgeschäfte (sog. Positionen) in das elektronische Handelssystem der Beklagten, das sog. Xenon-System einzugeben, und zwar ua. unter Angabe des Vertragspartners, des relevanten Marktes, der gehandelten Strommenge, des vereinbarten Preises und der Daten zur Lieferperiode (Anfangs- und Enddatum). Für jeden Verkauf von Strommengen zu einem bestimmten Zeitpunkt - sog. „offene Position“ - mussten jeweils zu demselben Termin Deckungsgeschäfte durch den Ankauf von Strom abgeschlossen werden. Andernfalls hätte das Risiko bestanden, dass später kurzfristig Strommengen zu einem höheren Preis hätten eingekauft werden müssen, um die eingegangen Verpflichtungen erfüllen zu können. Der Kläger durfte bei seiner Tätigkeit ein Verlustrisiko von 5 Mio. Euro nicht überschreiten. War diese „Stopp-Loss-Grenze“ erreicht, durfte er keine weiteren neuen Positionen öffnen und hatte offene Positionen umgehend zu schließen.

4

Im Zeitraum von Juni 2011 bis April 2012 gab der Kläger für den rumänischen und polnischen Markt insgesamt 43 Kauf- und Verkaufsverträge, die tatsächlich nicht abgeschlossen waren, in das Xenon-System der Beklagten ein und änderte diese Eingaben teilweise später (mehrfach) ab. Durch diese fiktiven Geschäftsvorgänge spiegelte er den Kontrollgremien der Beklagten vor, er habe Deckungsgeschäfte abgeschlossen, mit denen er die Risiken getätigter oder geplanter Stromkäufe und -verkäufe reduziert habe. Außerdem täuschte er auf diese Weise Gewinne vor, die tatsächlich nicht generiert worden waren. Damit gelang es ihm, die „Stopp-Loss-Grenze“ zu überschreiten, ohne dass dies aus dem Xenon-System ersichtlich war.

5

Nachdem die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, kündigte sie das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis am 30. Mai 2012 fristlos und machte gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 7. November 2012 einen Schadensersatzanspruch iHv. 17.118.752,00 Euro geltend. Der Kläger hat gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben und die Beklagte auf Zahlung ausstehenden Entgelts sowie einer Einmalleistung in Anspruch genommen. Die Beklagte hat vom Kläger widerklagend im Wege der Teilklage die Zahlung von 1 Mio. Euro verlangt.

6

Die Beklagte hat insoweit behauptet, ihr sei infolge des Fehlverhaltens des Klägers ein Schaden iHv. insgesamt 16.880.392,00 Euro entstanden. Bei einer Bewertung des Portfolios des Klägers am 11. Mai 2012 habe sie festgestellt, dass der Kläger einen Wert iHv. 13,8 Mio. Euro vorgespiegelt habe. Nach dem „Ausbuchen“ der fiktiven Geschäfte habe sich der Wert des Portfolios tatsächlich auf minus 6,9 Mio. Euro belaufen. Dieser Wert sei von ihr auf der Basis der am 11. Mai 2012 geltenden rechnerischen Preise ermittelt worden. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, die hochspekulativen Geschäfte des Klägers weiter aufrecht zu erhalten, sondern vielmehr berechtigt gewesen, das gesamte Handelsportfolio des Klägers durch entsprechende Deckungsgeschäfte zu schließen. Ihr sei es in der Folgezeit gelungen, für sämtliche offenen Positionen - teilweise mit Verlust, teilweise auch mit Gewinn - die erforderlichen Deckungsgeschäfte abzuschließen. Für den polnischen Markt habe sie in der Zeit vom 21. Mai 2012 bis zum 26. Juni 2012 insgesamt 29 Deckungsgeschäfte vornehmen müssen, um die begründeten Verpflichtungen erfüllen zu können. Die Geschäfte auf dem rumänischen Markt hätten wegen der großen Short-Position (Verkäuferposition) und der eingeschränkten Liquidität des Handelsplatzes erst zum 5. September 2012 geschlossen werden können. Insoweit habe sie in der Zeit vom 29. Mai 2012 bis zum 5. September 2012 insgesamt 57 Deckungsgeschäfte abschließen müssen, um die begründeten Verpflichtungen erfüllen zu können. Nach Abschluss aller Deckungsgeschäfte habe sich für den Markt in Polen ein Verlust iHv. 431.359,00 Euro und für den Markt in Rumänien ein Verlust iHv. 16.449.033,00 Euro ergeben. Nach Verrechnung aller Verluste und Gewinne belaufe sich der Schaden, der ihr infolge der erforderlichen Schließung des Portfolios des Klägers für den rumänischen und den polnischen Markt entstanden sei, auf insgesamt 16.880.392,00 Euro. Von diesem Gesamtbetrag mache sie zulässigerweise im Wege der Teilklage einen Teilbetrag iHv. 1 Mio. Euro geltend. Bei ihrem Schadensersatzanspruch handele es sich um einen einheitlichen prozessualen Anspruch. Die einzelnen von ihr abgeschlossenen Deckungsgeschäfte seien dabei allenfalls unselbständige Schadensminderungshandlungen.

7

Die Beklagte hat zuletzt widerklagend beantragt,

        

den Kläger zu verurteilen, an sie einen Betrag iHv. 1 Mio. Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.

8

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen und geltend gemacht, die Widerklage sei unzulässig, weil nicht klar sei, welcher Teil des Schadens hiermit geltend gemacht werde. Außerdem sei durch sein Verhalten kein Schaden verursacht worden. Dieser sei erst dadurch eingetreten, dass die Beklagte zu einem falschen Zeitpunkt am Strommarkt gehandelt und so die hohen Verluste realisiert habe.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Widerklage hat es als unzulässig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihren Widerklageantrag weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Widerklage nicht als unzulässig abgewiesen werden. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht aus einem anderen Grunde als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Ob die zulässige Klage begründet ist, kann vom Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

A. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Widerklage nicht als unzulässig abgewiesen werden.

12

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Teilklage sei unzulässig, da der Widerklageantrag nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sei. Es könne nicht festgestellt werden, über welche der prozessualen Teilansprüche das Gericht entscheiden solle. Streitgegenstand sei der Anspruch auf Ersatz eines aus 86 Positionen (Deckungsgeschäften) bestehenden Schadens, der aus 43 vom Kläger vorgenommenen fiktiven Geschäftsvorgängen entstanden sein soll. Die Beklagte stütze ihren Anspruch nicht auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt, in dem die einzelnen Schadensersatzpositionen lediglich Rechnungsposten seien; vielmehr handele es sich um 43 Einzelansprüche. Der Annahme eines einheitlichen Lebenssachverhalts stehe nicht nur entgegen, dass der Kläger die schadensbegründenden Einzelhandlungen über einen Zeitraum von zehn Monaten vorgenommen haben soll. Er habe in diesem Zeitraum zudem - abhängig vom Stand seines Portfolios - jeweils gesondert entschieden, ob, in welcher Höhe und in welcher Weise er ein fiktives Geschäft in das Xenon-System eingegeben habe. Damit habe der Kläger nicht ein einziges Schadensereignis geschaffen, also einen „Brand“ gelegt, sondern 43 „Brände“, aus denen jeweils mehr als eine Schadensposition entstanden sei. Deshalb hätte die Beklagte darlegen müssen, aus welchem fiktivem Geschäft welcher Schaden entstanden sei, um dann darzutun, in welcher Reihenfolge aus welchem Klagegrund in welcher Höhe Teilbeträge eingeklagt werden.

13

II. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Teilklage sei nicht hinreichend bestimmt und deshalb unzulässig, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

14

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Dabei ist der Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung gemäß § 322 ZPO zwischen den Parteien entschieden werden kann. Bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbständige Ansprüche geltend gemacht werden, bedarf es einer näheren Spezifizierung, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche bis zu der geltend gemachten Gesamtsumme zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen. Andernfalls ist der Streitgegenstand nicht hinreichend bestimmt und die Klage ist unzulässig (vgl. BAG 24. September 2014 - 5 AZR 593/12 - Rn. 18, BAGE 149, 169; 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 11; 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11; BGH 17. Juli 2008 - IX ZR 96/06 - Rn. 7 mwN; 12. Januar 2006 - III ZR 138/05 - zu II 1 a der Gründe mwN). Dies gilt jedoch nicht für bloße unselbständige Rechnungsposten (vgl. BGH 6. Mai 2014 - II ZR 217/13 - Rn. 15; 13. März 2003 - VII ZR 418/01 - zu II 3 der Gründe; 19. Juni 2000 - II ZR 319/98 - zu C I 2 b der Gründe) und bei einem Schlussrechnungssaldo (vgl. BGH 24. Januar 2008 - VII ZR 43/07 - Rn. 4).

15

2. Die Beklagte macht mit der Widerklage nicht einen Teilbetrag iHv. 1 Mio. Euro aus einer sich aus einer Vielzahl von Einzelforderungen zusammensetzenden Gesamtforderung iHv. 16.880.392,00 Euro, sondern einen einheitlichen Schadensersatzanspruch geltend, in dessen Rahmen sich die aus den einzelnen von ihr getätigten Deckungsgeschäften folgenden Ergebnisse nur als unselbständige Rechnungspositionen darstellen. Sie musste deshalb - entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts - weder dartun, aus welchem der 43 fiktiven Geschäfte des Klägers ihr welcher Schaden entstanden war, noch musste sie darlegen, in welcher Reihenfolge aus welchem von ihr getätigten Deckungsgeschäft in welcher Höhe Teilbeträge eingeklagt werden.

16

a) Nach dem für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den dort gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt. Der Streitgegenstand erfasst alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht unterbreitet hat (BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 13; 26. Juni 2013 - 5 AZR 428/12 - Rn. 16).

17

Bei Schadensersatzansprüchen liegt ein einheitlicher Streitgegenstand vor, wenn das schadensverursachende Verhalten bei natürlicher Betrachtung eine Einheit bildet, wenn es sich mithin um dieselbe Pflichtverletzung handelt, sich die einzelnen in eine Gesamtforderung eingestellten Rechnungspositionen also auf dieselben Anspruchsvoraussetzungen gründen lassen, deren Vorliegen sich aus demselben Lebenssachverhalt ergibt und hieraus ein Schaden folgt, der sich nicht in unterschiedliche Schadenspositionen und erst recht nicht in unterschiedliche Schadensarten (zB Sachschaden, Verdienstausfall, Schmerzensgeld) aufteilen lässt (vgl. BGH 24. Januar 2008 - VII ZR 46/07 - Rn. 19; 9. November 2006 - VII ZR 151/05 - Rn. 14; 4. Dezember 1997 - IX ZR 247/96 - zu II 1 der Gründe; 7. Dezember 1995 - VII ZR 112/95 - zu II 2 a der Gründe).

18

b) Danach sind Gegenstand der Widerklage nicht mehrere prozessuale Ansprüche, sondern ein einheitlicher Schadensersatzanspruch, der sich auch nicht in unterschiedliche Schadenspositionen aufteilen lässt. Vielmehr stellen sich die aus den einzelnen Deckungsgeschäften der Beklagten folgenden Ergebnisse nur als unselbständige Rechnungspositionen dar.

19

aa) Bereits bei dem vertragswidrigen Verhalten, an das die Beklagte ihren Anspruch auf Schadensersatz anknüpft, handelt es sich um einen einheitlichen Tatsachenkomplex. Die Beklagte stützt ihren Anspruch nicht darauf, dass ihr unmittelbar aus den einzelnen vom Kläger vorgespiegelten Geschäften ein Schaden entstanden sei. Zwar wirft sie dem Kläger vor, dieser habe nicht nur mehrfach die sog. „Stopp-Loss-Grenze“ überschritten, sondern auch ein Eingreifen des Arbeitgebers verhindert, indem er das Überschreiten dieser Grenze durch die Eingabe fiktiver Geschäfte verschleiert habe. Auch erstreckt sich das vertragswidrige Verhalten des Klägers über einen nicht unerheblichen Zeitraum und besteht aus einer Vielzahl einzelner tatsächlicher und vorgetäuschter Geschäftsabschlüsse. Dies ändert aber nichts daran, dass die Beklagte den von ihr geltend gemachten Schaden nicht einzelnen Handlungen des Klägers, sondern dessen Gesamtverhalten zuordnet, wie es in dem tatsächlichen Stand seines Portfolios am 11. Mai 2012 seinen Niederschlag gefunden habe. Insoweit macht sie geltend, dass sich der Wert des Portfolios des Klägers nach dem Herausrechnen der fiktiven Geschäfte tatsächlich auf minus 6,9 Mio. Euro belaufen habe.

20

bb) Es kommt hinzu, dass der von der Beklagten geltend gemachte Schaden letztlich darauf zurückzuführen ist, dass diese sich entschlossen hatte, die hochspekulativen Geschäfte des Klägers nicht weiter aufrecht zu erhalten, sondern dessen Portfolio schnellstmöglich durch entsprechende Deckungsgeschäfte vollständig zu schließen, dh. unter Außerachtlassung der „Stopp-Loss-Grenze“ auf „Null“ zu stellen. Hierdurch werden die Vertragsverstöße des Klägers und die von der Beklagten getätigten Deckungsgeschäfte zu einer Einheit verbunden. Bereits aus diesem Grund kann der Kläger aus dem von ihm angezogenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Juli 2012 (- VI ZR 341/10 - Rn. 36, 38, BGHZ 194, 26) nichts zu seinen Gunsten ableiten. Anders als bei dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt resultiert der von der Beklagten im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Schaden nicht aus den Scheingeschäften des Klägers, sondern aus dessen vertragswidrigem Gesamtverhalten, aufgrund dessen sich die Beklagte veranlasst sah, das Portfolio des Klägers durch entsprechende Deckungsgeschäfte vollständig zu schließen.

21

Ob das vertragswidrige Verhalten des Klägers für den von der Beklagten geltend gemachten Schaden ursächlich war, dh. ob und ggf. in welcher Höhe der Kläger es sich zurechnen lassen muss, dass die Beklagte eingeschritten war und sein Portfolio durch den Abschluss entsprechender Deckungsgeschäfte vollständig geschlossen hatte oder ob eine Zurechnung ausscheidet, weil die Beklagte ggf. in ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den Geschehensablauf eingegriffen und eine weitere Ursache gesetzt hatte, die den Schaden erst endgültig herbeigeführt hat (vgl. etwa BGH 7. Januar 1988 - IX ZR 7/87 - zu III 2 der Gründe mwN), betrifft nicht die Zulässigkeit der Klage, sondern ausschließlich deren Begründetheit.

22

cc) Aus den von der Beklagten abgeschlossenen einzelnen Deckungsgeschäften ergeben sich auch keine unterschiedlichen Schadenspositionen. Die Beklagte hat nach ihrem Vorbringen nicht alle Deckungsgeschäfte mit Verlust abgeschlossen und diese Verluste zu einem Gesamtschaden addiert; sie hat mit den Deckungsgeschäften zum Teil auch Gewinne generiert. Erst die sich nach Saldierung der aus den einzelnen Deckungsgeschäften realisierten Gewinne und Verluste ergebenden Gesamtverluste stellen den Schaden dar, der der Beklagten nach ihrem Vorbringen insgesamt entstanden ist. Damit handelt es sich bei den Ergebnissen, die die Beklagte aus den einzelnen Deckungsgeschäften erzielt hat, nur um unselbständige Rechnungspositionen innerhalb des von ihr geltend gemachten Gesamtschadens.

23

Eine andere Bewertung ist auch nicht deshalb geboten, weil die Beklagte für den polnischen und den rumänischen Markt jeweils getrennte Salden ermittelt hat. Diesem Umstand könnte vielmehr in entsprechender Anwendung von § 366 Abs. 2 BGB Rechnung getragen werden, weshalb zunächst zu prüfen wäre, ob der Kläger im Wege des Schadensersatzes zum Ausgleich der sich aus den von der Beklagten für den polnischen Markt getätigten Deckungsgeschäften insgesamt ergebenden Verluste iHv. 431.359,00 Euro verpflichtet ist. Aus diesem Grund war die Beklagte auch nicht gehalten, im Hinblick auf die Gesamtverluste, die ihr durch die Deckungsgeschäfte für den polnischen und den rumänischen Markt jeweils entstanden waren, ausdrücklich eine Reihenfolge zu bestimmen (vgl. zur Rechtslage bei der Aufrechnung etwa BGH 22. Dezember 2011 - VIII ZB 30/11 - Rn. 12 mwN).

24

B. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klage sei unzulässig, stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Ob die zulässige Klage begründet ist, kann der Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen allerdings nicht entscheiden. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO)und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Umfug    

        

    Wankel    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.