Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 09. März 2010 - 5 TaBVGa 6/09

bei uns veröffentlicht am09.03.2010

Tenor

Auf die Beschwerde des antragstellenden Betriebsrats wird unter teilweiser Abänderung des angegriffenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Rostock

1. der beteiligten Arbeitgeberin bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens (derzeit Arbeitsgericht Rostock zum Aktenzeichen 1 BV 34/09) untersagt, an dem Standort S. 10, ... F.

a) in der Mieteinheit 9 in den Arbeitsräumen 2 und 4 jeweils mehr als 3 Arbeitnehmer gleich-zeitig zu beschäftigen,

b) in der Mieteinheit 10 in dem Arbeitsraum 9 mehr als 2 Arbeitnehmer, in dem Arbeitsraum 1 mehr als 4 Arbeitnehmer und in den Arbeitsräumen 3 und 5 jeweils mehr als 7 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

c) in der Mieteinheit 11.1 im Arbeitsraum 1 mehr als 5 Arbeitnehmer und in dem Arbeitsraum 2 mehr als 7 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

d) in der Mieteinheit 12 im Arbeitsraum 1 mehr als 2 Arbeitnehmer und in dem Arbeitsraum 12 mehr als 6 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

e) in der Mieteinheit 13 im Arbeitsraum 1 mehr als 3 Arbeitnehmer und in dem Arbeitsraum 2 mehr als 4 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

f) in der Mieteinheit 14 in den Arbeitsräumen 1 und 2 jeweils mehr als 3 Arbeitnehmer und in dem Arbeitsraum 3 mehr als 4 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

g) in der Mieteinheit 15 in den Arbeitsräumen 1, 6 und 7 jeweils mehr als 2 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

h) in der Mieteinheit 16 in den Arbeitsräumen 3 und 8 jeweils mehr als 2 Arbeitnehmer und in dem Arbeitsraum 2 mehr als 3 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

i) in der Mieteinheit 17 in den Arbeitsräumen 5 und 6 jeweils mehr als 3 Arbeitnehmer, in dem Arbeitsraum 13 mehr als 4 Arbeitnehmer und in dem Arbeitsraum 10 mehr als 5 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

j) in der Mieteinheit 11.2 im Arbeitsraum 1 mehr als 5 Arbeitnehmer und in dem Arbeitsraum 2 mehr als 7 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

k) in der Mieteinheit 18 in den Arbeitsräumen 4, 5, 6, 12, 15 jeweils mehr als 2 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

l) in der Mieteinheit 20 in den Arbeitsräumen 4 und 5 jeweils mehr als 2 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

m) in der Mieteinheit 21 im Arbeitsraum 7 mehr als 4 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

n) in der Mieteinheit 22 im Arbeitsraum 1 mehr als 3 Arbeitnehmer und im Arbeitsraum 3 mehr als 2 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

o) in der Mieteinheit 23 in den Arbeitsräumen 2, 3 und 4 jeweils mehr als 2 Arbeitnehmer und in dem Arbeitsraum 16 mehr als 3 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

p) in der Mieteinheit 25a in dem Arbeitsraum 1 mehr als 4 Arbeitnehmer, in den Arbeitsräumen 4 und 5 jeweils mehr als 5 Arbeitnehmer und in dem Arbeitsraum 7 mehr als 6 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

q) in den Mieteinheiten 26/27 in dem Arbeitsraum 7 mehr als 2 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

r) in der Mieteinheit 33 in den Arbeitsräumen 1, 2 und 4 jeweils mehr als 3 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

s) in der Mieteinheit 34 in dem Arbeitsraum 1 mehr als 2 Arbeitnehmer und in dem Arbeitsraum 2 mehr als 3 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen,

t) in der Mieteinheit 36 in dem Arbeitsraum 1 mehr als 2 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde des Betriebsrats einschließlich der teilweise neu gestellten Hilfsanträge zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die beteiligte Arbeitgeberin hat im Dezember 2009 454 Arbeitsplätze ihres Betriebes aus mehreren Berliner Standorten nach F. verlegt, so dass dort nunmehr 641 Arbeitnehmer (einschließlich Auszubildenden) tätig sind. Am Standort "S. 10" in F. hatte die Arbeitgeberin die Anzahl der eingerichteten Arbeitsplätze deshalb zuvor auf 657 erhöht. Der antragstellende Betriebsrat und die Arbeitgeberin streiten darum, ob die gesetzlichen und betrieblichen Regeln zum Arbeits- und Gesundheitsschutz auf diesen Arbeitsplätzen eingehalten sind.

2

Die beteiligte Arbeitgeberin ist ein Tochterunternehmen der Deutschen Telekom AG mit Sitz in B., das Callcenter-Dienstleistungen erbringt. Die Kundenniederlassung Nordost, in der etwa 1.400 Beschäftigte tätig sind, erstreckt sich über die Bundesländer Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Betriebsverfassungsrechtlich ist die Region Nordost durch einen Tarifvertrag zu einem Betrieb zusammengefasst. Sitz des zuständigen und hier beteiligten Betriebsrats ist R.. Tatsächlich hat der Betriebsrat seine Geschäfte lange Jahre von B. aus betrieben. Nunmehr hat auch er Büroräume in F. zugewiesen bekommen.

3

Streitig ist zwischen den Beteiligten insbesondere die Einhaltung der Vorgaben aus der Betriebsvereinbarung zu Mindestanforderungen an Arbeitsstätten (im Folgenden kurz als "BV Arbeitsstätten" bezeichnet), die durch förmliche Entscheidung der Einigungsstelle vom 28. Februar 2007 zustande gekommen ist. Die beteiligte Arbeitgeberin hat den Spruch der Einigungsstelle innerhalb der Frist aus § 76 Abs. 5 BetrVG gerichtlich angegriffen und hat im Gerichtsverfahren außerdem geltend gemacht, die BV Arbeitsstätten enthalte Regelungen, die nicht der erzwingbaren Mitbestimmung unterliegen. Außerdem sei für die Materie nicht der Betriebsrat, sondern allenfalls der Gesamtbetriebsrat zuständig gewesen. Das Arbeitsgericht Rostock (Beschluss vom 16. April 2008 in Sachen 3 BV 3/07) und das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 25. Februar 2009 in Sachen 3 TaBV 7/08 - Anlage Ast 4 zur Antragsschrift vom 11.11.2009, Blatt 58 ff. d. A.) haben einzelne Regelungen der Betriebsvereinbarung für unwirksam erachtet, die BV Arbeitsstätten jedoch im Übrigen als wirksam angesehen. Aufgrund der zugelassenen Rechtsbeschwerde ist die Angelegenheit derzeit beim Bundesarbeitsgericht anhängig (1 ABR 31/09). - Die Arbeitgeberin hat die BV Arbeitsstätten außerdem mit schriftlicher Erklärung vom 15. Mai 2008 gegenüber dem Betriebsrat gekündigt (Kopie der Kündigungserklärung durch die Arbeitgeberin erstinstanzlich als Anlage 9 überreicht, Blatt 195 d. A.).

4

Die BV Arbeitsstätten hat, soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, auszugsweise den nachstehenden Wortlaut (der gesamte Text ist in der Akte auf Blatt 46 ff wiedergegeben):

5

"2. Geltungsbereich

6

1. Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Beschäftigten der Kundenniederlassung Nordost, soweit sie unter den Geltungsbereich des BetrVG fallen und für alle von der KNL NO betriebenen Arbeitsstätten, Arbeitsräume und Arbeitsplätze.

7

2. Soweit für Arbeitsstätten,

8

a) die am 1. Mai 1976 errichtet waren oder mit deren Errichtung vor diesem Zeitpunkt begonnen worden war oder

9

b) die am 20. Dezember 1996 eingerichtet waren oder mit deren Einrichtung vor diesem Zeitpunkt begonnen worden war und für die zum Zeitpunkt der Einrichtung die Gewerbeordnung keine Anwendung fand,

10

in dieser Betriebsvereinbarung Anforderungen gestellt werden, die umfangreiche Änderungen der Arbeitsstätte, der Betriebseinrichtung, Arbeitsverfahren oder Arbeitsabläufe notwendig machen, genießen diese Arbeitsstätten Bestandsschutz. Umfangreiche Änderungen liegen regelmäßig dann vor, wenn dafür eine baurechtliche Genehmigung erforderlich ist oder sie dem Arbeitgeber wirtschaftlich unzumutbar ist. Soweit diese Arbeitsstätten oder ihre Betriebseinrichtungen erweitert oder umgebaut oder die Arbeitsverfahren oder Arbeitsabläufe wesentlich umgestaltet werden, hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit diese Änderungen, Erweiterungen oder Umgestaltungen mit den Anforderungen dieser Betriebsvereinbarung übereinstimmen.

11

3. Mindestanforderungen an Arbeitsstätten

12

3. Flächenbedarf

13

3.1. Grundfläche je Arbeitsplatz

14

Tätigkeit

Mindestfläche je Arbeitsplatz

Leiter Aufgabengruppe

10 m2

Teamleiter im Einzelbüro

10 m2

Teamleiter im Mehrpersonenbüro

15 m2

Agenten, Senior Agenten, Sachbearbeiter, Ref MES/FM, Key Accounter, Accounter im Einzelbüro

10 m2

Agenten, Senior Agenten, Sachbearbeiter, Ref MES/FM, Key Accounter, Accounter im Mehrpersonenbüro

15 m2

...

15

5. Verkehrsflächen

16

Verkehrsflächen sind Wege und Treppen

17

Für eine ausreichende Breite der Verkehrswege und Treppen ist zu sorgen. Die Maße sind abhängig von der Höchstzahl der Benutzer (bei der Zahl der Benutzer sind Besucher, Kunden, Schichtwechsel usw. einzubeziehen) und dürfen die nachstehenden Mindestbreiten nicht unterschreiten:

18

Anzahl der Benutzer
        
Mindestbreite

<=5
        
0,80 m

> 5 bis < 21
        
0,93 m

> 20 bis < 101
        
1,25 m

>100 bis < 251
        
1,75 m

>250
        
2,25 m

19

Wendeltreppen sind nur als zusätzliche Treppen (nicht notwendige Treppen) zulässig. Dabei muss ihre Drehrichtung im Uhrzeigersinn nach oben führen."

20

Die Verlagerung der Arbeitsplätze von B. nach F. beruht auf der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28. November 2008 über einen Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111, 112 BetrVG zur Umsetzung des Standortkonzepts (Anlage Ast 2 zur Antragsschrift vom 11.11.2009, Blatt 18 ff. d. A). In Berlin nutzte die Arbeitgeberin zuletzt noch fünf Arbeitsstätten, nämlich die in der B. Straße, in der H. Straße, in der K. Allee, in der L. Straße und in der S.straße. Die zuerst genannten vier Standorte sollen aufgegeben werden oder sind bereits aufgegeben, nur am Standort S.straße soll die dortige Betriebsstätte noch fortgeführt wird. Die Beschäftigten der übrigen Arbeitsstätten sind im Dezember 2009 in das bereits seit längerem von der Arbeitgeberin genutzte Gebäude in F., S. 10, umgezogen.

21

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Arbeitsplätze am Standort F. teilweise nicht den Anforderungen der BV Arbeitsstätten genügen. Insbesondere ist die Mindestfläche von 15 m2 für jeden Arbeitsplatz eines Agenten, wenn man darunter die am und um den Schreibtisch zur Verfügung stehende Fläche versteht, nicht eingehalten. Außerdem werden einige Parameter zu den Verkehrsflächen (Fluchtwegen) verfehlt.

22

Im Hauptsacheverfahren (1 BV 34/09 beim Arbeitsgericht Rostock), das der Betriebsrat am 13. Oktober 2009 anhängig gemacht hat, verlangt der Betriebsrat daher die Umgestaltung der Arbeitsplätze in F. entsprechend den Vorgaben der BV Arbeitsstätten bzw. die Untersagung der Beschäftigung von Arbeitnehmern auf den Arbeitsplätzen, für die die Normen der BV Arbeitsstätten nicht einhalten sind. Das Hauptsacheverfahren ist noch beim Arbeitsgericht anhängig. Über die Hauptsache soll nach Auskunft der Beteiligten im März 2010 entschieden werden.

23

Einige Wochen später, nämlich mit Gerichtseingang am 16. November 2009 hat der beteiligte Betriebsrat zusätzlich das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren anhängig gemacht. Im Verfügungsverfahren erstrebt der Betriebsrat im Sinne einer Regelungsverfügung für die Betriebsstätte in F. die Festlegung von Grenzen für die Anzahl der gleichzeitig beschäftigten Arbeitnehmer in einzelnen Büroräumen und für Gruppen von Büroräumen, denen im Brandfalle derselbe Fluchtweg zugeordnet ist. Die verlangten Grenzwerte ergeben sich, wenn man aus der BV Arbeitsstätten die Parameter hinsichtlich der Mindestflächen pro Arbeitsplatz als Limit für die Anzahl der Arbeitsplätze pro Büroraum zu Grunde legt, sowie die Mindestbreiten für die Fluchtwege in Abhängigkeit von der Anzahl der Arbeitsplätze, deren Inhaber den jeweiligen Fluchtweg zu benutzen hätte. Dazu hilfsweise stellt der Betriebsrat Unterlassungsanträge in Anlehnung an seine Anträge im Hauptsacheverfahren.

24

Der beteiligte Betriebsrat hat zur Erläuterung seiner Anträge Planunterlagen für das Bürogebäude vorgelegt (Anlage Ast. 5, Blatt 74 ff. d. A.). Das Gericht übernimmt die sich daraus ergebene Bezeichnung der Mieteinheiten und Arbeitsräume für seine Entscheidung.

25

Die vom Betriebsrat in das Verfahren eingeführten Planunterlagen betreffen 203 Räume mit 603 der insgesamt 657 Arbeitsplätze der Arbeitgeberin in dem Gebäude. Die Mehrzahl der Arbeitsräume (rund 57 Prozent der Arbeitsräume) ist mit jeweils zwei Arbeitsplätzen ausgestattet; hier können knapp 40 Prozent der Belegschaft arbeiten. Die Arbeitsräume mit einem, zwei oder drei Arbeitsplätzen machen rund 73 Prozent der Arbeitsräume aus; in ihnen können etwas mehr als 50 Prozent der Belegschaft beschäftigt werden. Die übrigen rund 27 Prozent der Arbeitsräume sind größer. Im größten Arbeitsraum sind 11 Arbeitsplätze vorgesehen, daneben gibt es auch Arbeitsräume mit zwischen 4 und 10 Arbeitsplätzen. Insgesamt sind hier rund 47 Prozent der Arbeitsplätze untergebracht.

26

Wenn man die Größe der Arbeitsräume durch die Anzahl der dort vorgesehenen Arbeitsplätze teilt, wird derzeit an keinem der 603 Arbeitsplätze, die in den Planunterlagen des Betriebsrats aufgeführt sind, die Norm von 15 m2 aus der BV Arbeitsstätten erfüllt. Die Zahlenwerte schwanken je nach betrachtetem Raum zwischen knapp über 8 m2 und 14 m2; für die Mehrzahl der Arbeitsplätze schwanken die Werte zwischen 9 m2 und 12 m2. Bei der Bewertung muss beachtet werden, dass die vom Betriebsrat nicht erwähnten Räume (für die restlichen rund zehn Prozent der Arbeitsplätze) vermutlich so groß sind, dass die errechenbaren Quadratmeterwerte über 15 liegen.

27

Im Betrieb der beteiligten Arbeitgeberin gibt es nach beiderseits übereinstimmendem Vortrag derzeit eine mittlere Abwesenheitsquote in Höhe von 26 Prozent der Arbeitnehmerschaft. Dabei fallen unstreitig rund 12 Prozent der Ausfallzeiten auf krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeitszeiten. Dieser Wert war schon vor dem Umzug nach F. erreicht und er ist 2009 und 2008 auch nicht sprunghaft angestiegen. Dem Betriebsrat liegt schon seit rund zehn Jahren das Thema Stress durch Lärm am Arbeitsplatz am Herzen. Ausgangspunkt hierfür waren vom Betriebsrat durchgeführte Mitarbeiterbefragungen, die sowohl im Jahre 2000 als auch Jahre später ergeben haben, dass die Mitarbeiter vor allem unter den Lärmbelastungen am Arbeitsplatz leiden. Zwischen den Beteiligten herrscht insoweit Einvernehmen, dass es dabei durchweg allein um die Geräuschkulisse geht, die durch das gleichzeitige Sprechen (Telefonieren) mehrerer Personen in den Arbeitsräumen entsteht.

28

Das Arbeitsgericht hat den Erlass der einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 1. Dezember 2009 abgelehnt. Der Beschluss ist dem beteiligten Betriebsrat am 10. Dezember 2009 zugestellt worden. Die sogleich mit einer Begründung versehene Beschwerde des Betriebsrats vom 14. Dezember 2009 ist beim Landesarbeitsgericht am 18. Dezember 2009 per FAX eingegangen.

29

Der Betriebsrat verfolgt sein Begehren auch im Beschwerderechtszug weiter.

30

Der Betriebsrat ist der Ansicht, die Arbeitgeberin müsse die BV Arbeitsstätten trotz der noch laufenden gerichtlichen Überprüfung einhalten. Daran ändere auch die zwischenzeitlich erfolgte Kündigung der BV Arbeitsstätten nichts. Bis rechtskräftig über die Anfechtung des Spruchs der Einigungsstelle entschieden sei, müsse die beteiligte Arbeitgeberin die BV Arbeitsstätten anwenden.

31

Die geplante Belegung der im Antrag erfassten Arbeitsräume verstoße gegen Nr. 3.1 BV Arbeitsstätten, da die Mindestflächen von 15 m2 pro Agentenarbeitsplatz nicht eingehalten sei. Da die Arbeitsplätze baulich nicht auf Lärmschutz optimiert seien, komme es durch die Verdichtung der Arbeitsplätze zu unzumutbaren Stressbelastungen der Arbeitnehmer in Folge der Lärmeinwirkung durch die gleichzeitig telefonierenden Kollegen. Die Reduzierung der Anzahl der Arbeitsplätze in den betroffenen Arbeitsräumen werde spürbar zu einer Absenkung der Lärmbelastung führen und sei daher zur einstweiligen Regelung des Rechtsverhältnisses geboten.

32

Angesichts der hohen Abwesenheitsquote seien die mit den Vorgabewerten verbundenen wirtschaftlichen Belastungen auch nicht unzumutbar. Dabei müsse auch beachtet werden, dass die Betriebsparteien - was unstreitig ist - Ende Februar 2010 eine Betriebsvereinbarung zum "Desk-Sharing" verabschiedet haben. Nach dieser BV werde die Anzahl der vorzuhaltenden Arbeitsplätze durch die Multiplikation der Anzahl der Arbeitnehmer mit dem Faktor 0,8 ermittelt. Auch daraus lasse sich schließen, dass eine Reduzierung der Anzahl der Arbeitsplätze in den Arbeitsräumen nicht zu unüberwindlichen Problemen in der Arbeitsorganisation führen werde.

33

Des Weiteren seien die Verkehrsflächen (Nr. 3.5 BV Arbeitsstätten) nicht hinreichend breit. Außerdem seien die Vorgaben zu den Fluchtwegen nicht eingehalten, da die teilweise als Fluchtwege vorgesehenen Wendeltreppen dafür untauglich seien.

34

Der Betriebsrat beantragt,

35

den Beschluss des Arbeitsgerichts Rostock vom 1.12.2009 zum Aktenzeichen 1 BVGa 9/09 abzuändern und wie folgt zu entscheiden:

36

1. Der Beteiligten zu 2) zu untersagen, am neuen Standort S. 10, ... F.

37

a) im Erdgeschoss (Mieteinheit 1)

38

- in den Räumen 1, 2, 3, 4, 7, 8, 9, 10 und 11 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

39

- in den Räumen 5 und 6 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen;

40

b) im 1. Obergeschoss (Mieteinheit 9)

41

- in den Räumen 1, 6, 7, 8 und 9 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

42

- in den Räumen 3 und 5 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

43

- in den Räumen 2 und 4 zeitgleich mehr als drei Beschäftigte einzusetzen,

44

c) im 1. Obergeschoss (Mieteinheit 10)

45

- in den Räumen 2, 4, 6 und 8 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

46

- in den Räumen 7 und 9 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

47

- im Raum 1 zeitgleich mehr als vier Beschäftigte einzusetzen,

48

- in den Räumen 3 und 5 zeitgleich mehr als 7 Beschäftigte einzusetzen,

49

d) im 1. Obergeschoss (Mieteinheit 11.1)

50

- im Raum 1 zeitgleich mehr als 5 Beschäftigte einzusetzen,

51

- im Raum 2 zeitgleich mehr als 7 Beschäftigte einzusetzen,

52

e) im 1. Obergeschoss (Mieteinheit 12)

53

- in den Räumen 2, 3, 6, 7, 8, 14 und 15 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

54

- in den Räumen 1, 4, 5, 9,10 und 11 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

55

- im Raum 12 zeitgleich mehr als 6 Beschäftigte einzusetzen,

56

f) im 1. Obergeschoss (Mieteinheit 13)

57

- in den Räumen 3 und 4 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

58

- im Raum 5 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

59

- im Raum 1 zeitgleich mehr als drei Beschäftigte einzusetzen,

60

- im Raum 2 zeitgleich mehr als vier Beschäftigte einzusetzen,

61

g) im 1. Obergeschoss (Mieteinheit 14)

62

- im Raum 4 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

63

- in den Räumen 1 und 2 zeitgleich mehr als 3 Beschäftigte einzusetzen,

64

- im Raum 3 zeitgleich mehr als vier Beschäftigte einzusetzen,

65

h) im 1. Obergeschoss (Mieteinheit 15)

66

- in den Räumen 2, 3 und 4 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

67

- in den Räumen 1, 5, 6 und 7 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

68

i) im 2. Obergeschoss (Mieteinheit 16)

69

- in den Räumen 1, 4, 5, 6, 7, 9,10,11,12 und 13 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

70

- in den Räumen 3 und 8 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

71

- im Raum 2 zeitgleich mehr als 3 Beschäftigte einzusetzen,

72

j) im 2. Obergeschoss (Mieteinheit 17)

73

- in den Räumen 1, 2, 7, 8 und 11 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

74

- in den Räumen 3, 4, 9 und 12 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

75

- in den Räumen 5 und 6 zeitgleich mehr als drei Beschäftigte einzusetzen,

76

- im Raum 13 zeitgleich mehr als vier Beschäftigte einzusetzen,

77

- im Raum 10 zeitgleich mehr als fünf Beschäftigte einzusetzen,

78

k) im 2. Obergeschoss (Mieteinheit 11.2)

79

- im Raum 1 zeitgleich mehr als fünf Beschäftigte einzusetzen,

80

- im Raum 2 zeitgleich mehr als sieben Beschäftigte einzusetzen,

81

l) im 2. Obergeschoss (Mieteinheit 18)

82

- in den Räumen 1, 3, 7, 8, 9, 10, 11, 13 und 14 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen, - in den Räumen 2, 4, 5, 6,12 und 15 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

83

m) im 2. Obergeschoss (Mieteinheit 20)

84

- in den Räumen 1, 2, 3 und 6 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

85

- in den Räumen 4, 5 und 7 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

86

n) im 2. Obergeschoss (Mieteinheit 19)

87

- in den Räumen 1, 2, 3, 5, 7, 8 und 9 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

88

- in den Räumen 4 und 6 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

89

o) im 2. Obergeschoss (Mieteinheit 21)

90

- in den Räumen 2, 3, 4, 5, 6 und 8 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

91

- im Raum 1 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

92

- im Raum 7 zeitgleich mehr als vier Beschäftigte einzusetzen,

93

p) im 3. Obergeschoss (Mieteinheit 22)

94

- Beschäftigte einzusetzen,

95

hilfsweise zu p):

96

- in den Räumen 2, 5 und 6 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

97

- in den Räumen 3, 4 und 7 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

98

- in den Räumen 1 und 8 mehr als drei Beschäftigte einzusetzen,

99

q) im 3. Obergeschoss (Mieteinheit 23)

100

- in den Räumen 1, 5, 6, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14 und 15 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

101

- in den Räumen 2, 3, 4 und 10 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

102

im Raum 16 zeitgleich mehr als 3 Beschäftigte einzusetzen,

103

r) im 3. Obergeschoss (Mieteinheit 25 a)

104

- Beschäftigte einzusetzen,

105

hilfsweise zu r):

106

- in den Räumen 2, 6, 8 und 9 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

107

- im Raum 3 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

108

- im Raum 1 zeitgleich mehr als vier Beschäftigte einzusetzen,

109

- in den Räumen 4 und 5 zeitgleich mehr als fünf Beschäftigte einzusetzen,

110

- im Raum 7 zeitgleich mehr als sechs Beschäftigte einzusetzen,

111

s) im 3. Obergeschoss (Mieteinheiten 26 u. 27)

112

- in den Räumen 1, 3, 4, 5, 6, 8, 9, 10,12, 13, 14, 15 und 16 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

113

- in den Räumen 2, 7 und 11 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

114

t) im 3. Obergeschoss (Mieteinheit 28)

115

- in den Räumen 1, 2, 3, 5, 6, 7, 8, 9 und 10 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

116

- im Raum 4 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

117

u) im 5. Obergeschoss (Mieteinheit 33)

118

- Beschäftigte einzusetzen,

119

hilfsweise zu u):

120

- im Raum 3 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

121

- in den Räumen 1, 2 und 4 zeitgleich mehr als drei Beschäftigte einzusetzen,

122

v) im 5. Obergeschoss (Mieteinheit 34)

123

- im Raum 1 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen,

124

- im Raum 2 zeitgleich mehr als drei Beschäftigte einzusetzen,

125

w) im 5. Obergeschoss (Mieteinheit 35)

126

- in den Räumen 1, 2, 3, 4, 5 und 6 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

127

x) im 5. Obergeschoss (Mieteinheit 36)

128

- in den Räumen 2, 3 und 4 zeitgleich mehr als einen Beschäftigten einzusetzen,

129

- im Raum 1 zeitgleich mehr als zwei Beschäftigte einzusetzen.

130

2. Der Beteiligten zu 2) zu untersagen, am neuen Standort S. 10, ... F. in den Gebäudeteilen mit den Fluchttreppen 1, 2, 3, 4 und 6 zeitgleich jeweils mehr als 20 Beschäftigte einzusetzen.

131

3. Hilfsweise zum Antrag zu 2) der Beteiligten zu 2) zu untersagen, am neuen Standort S. 10, ... F. in den Gebäudeteilen mit den Fluchttreppen 1, 2, 3, 4 und 6 zeitgleich jeweils mehr als 100 Beschäftigte einzusetzen.

132

4. Der Beteiligten zu 2) zu untersagen, am neuen Standort S. 10, ... F. in den Gebäudeteilen mit den Wendeltreppen 5, 7, 8 und 9 Beschäftigte einzusetzen.

133

5. Hilfsweise zum Antrag zu 4) der Beteiligten zu 2) zu untersagen, am neuen Standort S. 10, ... F. in den Gebäudeteilen mit den Wendeltreppen 5, 7, 8 und 9 zeitgleich jeweils mehr als 20 Beschäftigte einzusetzen.

134

6. Hilfsweise zum Antrag zu 1) der Beteiligten zu 2) zu untersagen, Beschäftigte in den Mehrpersonenbüros des neuen Standorts S. 10, ... F. zeitgleich einzusetzen, ohne dass jedem Beschäftigten eine Mindestfläche je Arbeitsplatz von 15 m2 gewährleistet ist.

135

7. Hilfsweise zum Antrag zu 2) der Beteiligten zu 2) zu untersagen, in den Räumen des neuen Standorts S. 10, ... F., die eine innen liegenden Treppe mit einer Breite von weniger als 1,20 m haben, zeitgleich jeweils mehr als 20 Beschäftigten einzusetzen.

136

8. Hilfsweise zum Antrag zu 7) der Beteiligten zu 2) zu untersagen, in den Räumen des neuen Standorts S. 10, ... F., die eine innen liegenden Treppe mit einer Breite von weniger als 1,20 m haben, zeitgleich jeweils mehr als 100 Beschäftigten einzusetzen.

137

9. Hilfsweise zum Antrag zu 4) der Beteiligten zu 2) zu untersagen, in den Gebäudeteilen des neuen Standorts S. 10, ... F. mit einer Wendeltreppe Beschäftigte einzusetzen, ohne dass diese Gebäudeteile über zwei zusätzliche voneinander unabhängige und entgegengesetzt liegende Flucht- und Rettungswege verfügen.

138

10. Hilfsweise zum Antrag zu 9) der Beteiligten zu 2) zu untersagen, in den Gebäudeteilen des neuen Standorts S. 10, ... F. mit einer Wendeltreppe zeitgleich jeweils mehr als 20 Beschäftigte einzusetzen.

139

Die Arbeitgeberin beantragt, die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.

140

Der Betriebsrat habe durch sein zögerliches Handeln vor Erlass der einstweiligen Verfügung schon selber deutlich gemacht, dass kein Eilbedürfnis gegeben sei.

141

Im Übrigen sei der Arbeitgeber nicht an die streitige BV Arbeitsstätten gebunden. Die Betriebsvereinbarung sei gekündigt. Für eine gekündigte Betriebsvereinbarung bestehe keine Durchführungspflicht mehr. Die Durchführungspflicht bestehe jedoch ohnehin nicht, da die Einigungsstelle nicht nur die Grenzen ihres Ermessens überschritten habe, sondern auch Dinge geregelt habe, die nicht der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen. Soweit sie tatsächlich der Beteiligung unterliegen würden, sei aber allein der Gesamtbetriebsrat zuständig, so dass auch aus diesem Gesichtspunkt die BV Arbeitsstätten keine Geltung haben könne.

142

Selbst wenn man hilfsweise die BV Arbeitsstätten für anwendbar halte, ergebe sich kein Verfügungsanspruch, denn die Parameter der Betriebsvereinbarung seien eingehalten. Die Betriebsvereinbarung müsse so gelesen werden, dass die Mindestanzahl von Quadratmetern, die an einem Arbeitsplatz zur Verfügung stehen müsse, sich aus der gesamten Nutzfläche der einzelnen Stockwerke dividiert durch die Anzahl der dort eingerichteten Arbeitsplätze ergebe.

143

Letztlich sei auch kein Verfügungsgrund erkennbar, da jedenfalls alle gesetzlichen Anforderungen des Arbeitsschutzes eingehalten seien.

144

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Anhörung und Erörterung mit den Beteiligten verwiesen.

II.

145

Die Beschwerde ist zu einem kleinen Teil begründet, im Übrigen kommt der Erlass der begehrten Verfügung nicht in Betracht.

1.

146

Soweit das Gericht die beantragte Verfügung erlassen hat, wird es der Arbeitgeberin bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens untersagt, in den großen Büroräumen am Standort S. in F., in denen sie vier oder mehr Arbeitsplätze eingerichtet hat, gleichzeitig so viele Agenten an den Arbeitsplätzen zu beschäftigen, dass der Quotient aus der Grundfläche des Arbeitsraums und der Anzahl der gleichzeitig beschäftigten Agenten unter 15 absinkt. Auf welche Arbeitsräume sich diese Vorgabe auswirkt und welche maximale Belegungsstärke sich daraus für die einzelnen betroffenen Arbeitsräume ergibt, ergibt sich aus dem Tenor der erlassenen Verfügung. Für die Arbeitsräume, für die die Verfügung die Nutzungsmöglichkeiten der Arbeitgeberin einschränkt, hat das Gericht bei der Festsetzung der Maximalbelegung dem Antrag des Betriebsrats in vollem Umfang entsprochen.

147

Grundlage der erlassenen Verfügung sind § 940 ZPO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ArbGG. Danach kann das Gericht eine einstweilige Verfügung zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, sofern diese Regelung insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

148

Zwischen den Beteiligten besteht ein streitiges Rechtsverhältnis, das sich aus dem Streit um die Pflicht der Arbeitgeberin ergibt, die BV Arbeitsstätten auf den Tatbestand der (Wieder-)Einrichtung von über 450 Arbeitsplätzen für Agenten im Callcenter am Standort S. in F. anzuwenden. Dieses streitige Rechtsverhältnis bedarf einer einstweiligen Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Belegschaft, in deren Interesse der beteiligte Betriebsrat tätig wird.

a)

149

Für den Erlass der Regelungsverfügung reicht es aus, wenn sich aus dem streitigen Rechtsverhältnis der von einer Seite reklamierte Anspruch ergeben kann. Das ist hier der Fall. Dass der Betriebsrat im Allgemeinen aus § 77 BetrVG einen Anspruch auf Durchführung der mit dem Arbeitgeber vereinbarten Betriebsvereinbarungen hat, ist zwischen den Beteiligten nicht in Streit und braucht daher hier nicht vertieft begründet zu werden. Dies gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes ausdrücklich auch für Vereinbarungen, die auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Es ist daher möglich, dass der beteiligte Betriebsrat auch hinsichtlich der streitigen BV Arbeitsstätten einen Anspruch gegen den Arbeitgeber hat, die Betriebsvereinbarung durchzuführen, also sich an die dort vereinbarten Normen zu halten.

150

Die Streitbefangenheit der BV Arbeitsstätten in dem Verfahren 1 ABR 31/09 beim Bundesarbeitsgericht ändert daran nichts. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss vom 25. Februar 2009 (3 TaBV 7/08, Vorinstanz zu dem bundesarbeitsgerichtlichen Verfahren), zwar einige Normen der BV für "rechtsunwirksam" angesehen. Davon war aber die hier streitige Norm über die Mindestquadratmeteranzahl, die für einen Agentenarbeitsplatz zu Grunde zu legen ist (Ziffer 3.1 der BV Arbeitsstätten) nicht betroffen. Da die Arbeitgeberin die BV Arbeitsstätten insgesamt angegriffen hatte und das Landesarbeitsgericht den Antrag und die Beschwerde der Arbeitgeberin im Übrigen zurückgewiesen hatte, ist davon auszugehen, dass das Landesarbeitsgericht in jenem Verfahren Ziffer 3.1 der BV Arbeitsstätten für eine wirksame Regelung gehalten hat. An diese Feststellung sieht sich das erkennende Gericht nach § 318 ZPO gebunden. Die Feststellung ist auch zutreffend. Dazu wird ergänzend wird auf die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts in dem erwähnten Beschluss Bezug genommen. Da die streitige Regelung aus der BV Arbeitsstätten wirksam ist, muss die Arbeitgeberin sie auch durchführen, das heißt, sie muss sie bei ihren Maßnahmen und Handlungen beachten.

151

Daran ändert auch die Kündigung der Betriebsvereinbarung nichts, denn sie gilt nach § 77 Abs. 6 BetrVG weiter (Nachgeltung). Dies gilt jedenfalls für die hier streitige Regelung zur Mindestgrundfläche je Arbeitsplatz, da es sich um eine Regelung zur Konkretisierung der ausfüllungsbedürftigen arbeitsschutzrechtlichen Vorgabe zur "ausreichenden Grundfläche" des Arbeitsplatzes nach § 6 Abs. 1 Arbeitsstättenverordnung handelt, die nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG der erzwingbaren Mitbestimmung unterliegt. Die Ausführungen von Kania im Erfurter Kommentar (§ 77 BetrVG RNr. 5), auf die sich die beteiligte Arbeitgeberin beruft, nach denen die Durchführungspflicht des Arbeitgebers mit dem Eintritt der Nachwirkung endet, kann nicht gefolgt werden. Denn diese Auffassung ist offensichtlich dem Tarifrecht entlehnt, das jedoch wegen des Rechts zum Arbeitskampf anderen Strukturprinzipien folgt als das Betriebsverfassungsrecht, das auf dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit aufbaut. Wollte man die Pflicht des Arbeitgebers zur Durchführung von Betriebsvereinbarungen in der Nachgeltungsphase nach § 77 Abs. 6 BetrVG verneinen, könnte der Betriebsrat eine Verbindlichkeit von ihm durchgesetzter Betriebsvereinbarungen nur über den Ausschluss des Kündigungsrechts erreichen. Das wäre nicht sachgerecht.

152

Ziffer 3.1 (Grundfläche je Arbeitsplatz) aus der BV Arbeitsstätten ist auch durch die Art und Weise wie die Arbeitsplätze in dem Objekt S. eingerichtet wurden, tatsächlich verletzt. Die Vorstellung der beteiligten Arbeitgeberin, man müsse die gesamte in einem Stockwerk zur Verfügung stehende Nutzfläche durch die Anzahl der dort eingerichteten Arbeitsplätze teilen, um so die Grundfläche je Arbeitsplatz zu ermitteln, muss als abwegig bezeichnet werden. Die Grundfläche je Arbeitsplatz soll dem Arbeitnehmer an seinem Platz die notwendige Bewegungsfreiheit und die notwendige Distanz zu den Kollegen sichern. Die Grundfläche ist in der BV Arbeitsstätten für die Agenten deshalb so komfortabel hoch angesetzt worden, weil die Agenten in Mehrraumbüros insbesondere dem Sprechlärm der Kollegen, die zeitgleich telefonieren, ausgesetzt sind. Die Grundfläche dient also gleichzeitig dem Lärmschutz durch die Schaffung von Distanz und durch die damit indirekt erfolgte Limitierung der Anzahl der in einem Büroraum unterzubringenden Arbeitsplätze. All diese Funktionen der normierten Grundfläche lassen sich nur dann verwirklichen, wenn man dafür den gegenständlichen Bereich des Arbeitsplatzes - hier den Schreibtisch mit dem Stuhl - zu Grunde legt und darum herum eine Zone bildet, die mindestens 15 m2 groß sein muss, bevor die Zone des benachbarten Arbeitsplatzes beginnt. Berechnet man aber die Grundfläche auf diese Weise, wird Ziffer 3.1 der BV Arbeitsstätten an mindestens 90 Prozent der Arbeitsplätze in dem Gebäude nicht eingehalten. Das Ausmaß der Verfehlung dieser Norm ist hoch. Die Grundfläche je Arbeitsplatz schwankt im Regelfall zwischen 9 m2 und 12 m2, die Norm wird also im Regelfall um 20 bis 40 Prozent unterschritten.

153

Für die Bewertung kommt es nicht darauf an, ob das Bürogebäude S. noch als eine Arbeitsstätte mit Bestandsschutz im Sinne von Ziffer 2 der BV Arbeitsstätten anzusehen ist. Denn es handelt sich bei der Mindestgrundfläche je Arbeitsplatz nach Ziffer 3.1 der BV Arbeitsstätten um eine Anforderung an die in einer Arbeitsstätte einzurichtenden Arbeitsplätze, für die die Betriebsvereinbarung keine bestandsschützenden Regelungen vorsieht. Dabei ist auch zu beachten, dass die beteiligte Arbeitgeberin möglicherweise früher bereits einmal in dem Gebäude Arbeitsplätze eingerichtet hatte, diese jedoch zwischenzeitlich aufgegeben hatte. Für die jetzige abermalige erweiterte Nutzung des Bürogebäudes, wurden die Arbeitsplätze (Möbel und Technik, Raumausstattung) komplett neu eingerichtet, so dass selbst dann der Bestandsschutzgedanke nicht greifen kann, wenn man diesen nicht nur auf Arbeitsstätten als solche, sondern auch auf einzelne dort eingerichtete Arbeitsplätze beziehen würde.

b)

154

Für die erlassene einstweilige Verfügung liegt auch ein Verfügungsgrund vor. Denn das streitige Rechtsverhältnis bedarf einer einstweiligen Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Belegschaft, in deren Interesse der beteiligte Betriebsrat tätig wird.

155

In der Arbeitswissenschaft und in den beteiligten Berufskreisen ist es allgemein anerkannt, dass für den Arbeitsplatz eines Agenten im Callcenter der Lärm, der durch gleichzeitig telefonierende Kollegen entsteht, ein Problem darstellt, das zu Folgen mit Krankheitswert führen kann und regelmäßig und häufig auch zu Folgen mit Krankheitswert führt. Es ist daher ein vorrangiges Ziel des Arbeitsschutzes, die Lärmeinwirkung von Telefongesprächen benachbarter Kollegen einzudämmen. Dabei soll nicht verkannt werden, dass die Einrichtung menschengerechter Arbeitsplätze nicht nur der Abwehr gesundheitlicher Gefahren dient, sondern auch im positiven Sinne der Förderung des Wohlbefindens am Arbeitsplatz. In diesem Spannungsfeld zwischen Gefahrenabwehr und Förderung des Wohlbefindens taxiert das Gericht das Schutzziel der Minimierung der Lärmbelästigung im vorliegenden Betrieb mehr im Bereich der Abwehr von Gefahren für die Gesundheit, denn es ist anerkannt, dass die Lärmbelästigung zu Konzentrationsstörungen und anderen Stressauswirkungen führen kann und ein Übermaß an Stress bei Dauereinwirkung Auswirkungen mit Krankheitswert hervorruft.

156

In diesem Zusammenhang hat das Gericht auch das Ergebnis der Mitarbeiterbefragungen durch den Betriebsrat ergänzend mit herangezogen, aus dem sich trotz des mehrjährigen Abstandes der Befragungen ergeben hat, dass die Lärmbelästigung und ihre gesundheitlichen Folgen aus der Sicht der Belegschaft das Hauptärgernis am Arbeitsplatz darstellt. Das deutet darauf hin, dass die anerkannte Gefahrenquelle Sprechlärm am Callcenterarbeitsplatz im Betrieb der beteiligten Arbeitgeberin auch tatsächlich zu gesundheitlichen Problemen führt. Ergänzend hat das Gericht insoweit auch die erschreckend hohe Krankheitsquote im Betrieb mit herangezogen. Dabei ist dem Gericht klar, dass es keinen monokausalen Zusammenhang zwischen der Krankheitsquote und der Lärmbelästigung am Arbeitsplatz gibt. Dennoch ist die Aussage möglich, dass in einem Betrieb mit einer derartig hohen Krankheitsquote und der durch Mitarbeiterbefragungen dokumentierten Bedeutung des Themas des Sprechlärms, das Schutzziel der Lärmminimierung weniger der Förderung des Wohlbefindens als vielmehr in erster Linie der Abwehr von Gesundheitsgefahren zuzuordnen ist.

157

Die Verfehlung der mit der Zielstellung der Reduzierung des störenden Lärms durch Kollegengespräche komfortable hoch angesetzte Grundfläche je Arbeitsplatz eines Agenten aus der BV Arbeitsstätten hat auch erhebliche Auswirkungen, denn die Entzerrung der Arbeitsplätze, also die Reduzierung der in einem Arbeitsraum gleichzeitig anwesenden sprechenden Arbeitnehmer, ist eine wirkungsvolle Maßnahme zur Reduzierung der Lärmeinwirkungen. Damit dient die hier erlassene einstweilige Verfügung auch der Abwendung wesentlicher Nachteile im Sinne von § 940 ZPO.

158

Der beteiligte Betriebsrat hat sein antragsrecht auch nicht durch die eigene zögerliche Haltung bei der Beantragung der einstweiligen Verfügung verloren. Denn bei der Regelungsverfügung, die auf eine einstweilige Regelung eines laufend fortgeführten streitigen Rechtsverhältnisses gerichtet ist, kann es keine Rügeverlust durch Zeitablauf geben. Vielmehr ist die behauptete Rechtsverletzung hier ein Dauerzustand, der es zu jedem Zeitpunkt rechtfertigen kann, eine einstweilige Regelung vorzunehmen.

c)

159

Wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen der Reduzierung der Arbeitsplätze je Arbeitsraum für die beteiligte Arbeitgeberin, kann die Regelungsverfügung nur soweit erlassen werden, wie die schädliche Lärmeinwirkung besonders evident ist und nur in dem Rahmen, den die Arbeitgeberin durch organisatorische Maßnahmen ohne eine erneute Verlegung von Arbeitsplätzen in andere Betriebsstätten oder durch Anmietung weiterer Flächen am Standort erfüllen kann. Das Gericht hat daher seine Verfügung auf die Arbeitsräume beschränkt, in denen die Arbeitgeberin 4 oder mehr Arbeitsplätze eingerichtet hat.

160

Im Einzelnen ergeben sich durch die Verfügung folgende Beschränkungen.

161

In der Mieteinheit 9 ist der Arbeitsraum 2 mit 5 Arbeitsplätzen und der Arbeitsraum 4 mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet. Die Arbeitgeberin kann nach der Verfügung in beiden Räumen jeweils maximal 3 Arbeitnehmer gleichzeitig zu beschäftigen, sie kann also 3 der dortigen Arbeitsplätze nur noch mit Einschränkungen nutzen.

162

In der Mieteinheit 10 ist der Arbeitsraum 9 mit 4 Arbeitsplätzen ausgerüstet und die Verfügung erlaubt nur die gleichzeitige Beschäftigung von 2 Arbeitnehmer, in dem Arbeitsraum 1 sind 6 Arbeitsplätze eingerichtet und die Verfügung erlaubt nur die Beschäftigung von 4 Arbeitnehmern. Die Arbeitsräume 3 und 5 sind mit jeweils 10 Arbeitsplätzen ausgestattet und die Verfügung begrenzt die gleichzeitige Tätigkeit auf 7 Arbeitnehmer. In Summe können hier also 10 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt genutzt werden.

163

In der Mieteinheit 11.1 ist der Arbeitsraum 1 mit 8 Arbeitsplätzen ausgestattet und die Verfügung beschränkt den zeitgleichen Einsatz auf 5 Arbeitnehmer. Der Arbeitsraum 2 ist mit 11 Arbeitsplätzen ausgestattet und die Verfügung beschränkt den zeitgleichen Einsatz auf 7 Arbeitnehmer. In Summe können in dieser Mieteinheit dadurch 7 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt genutzt werden.

164

In der Mieteinheit 12 ist der Arbeitsraum 1 mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 2 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum 12 ist mit 9 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 6 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 5 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

165

In der Mieteinheit 13 ist der Arbeitsraum 1 mit 5 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 3 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum 2 ist mit 7 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 4 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 5 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

166

In der Mieteinheit 14 ist der Arbeitsraum 1 mit 6 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 3 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum und 2 ist mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 3 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum 3 ist mit 6 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 4 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 6 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

167

In der Mieteinheit 15 sind die Arbeitsräumen1, 6 und 7 jeweils mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf jeweils 2 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 6 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

168

In der Mieteinheit 16 sind die Arbeitsräumen 3 und 8 jeweils mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf jeweils 2 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum 2 ist mit 5 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 3 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 6 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

169

In der Mieteinheit 17 sind der Arbeitsraum 5 mit 5 Arbeitsplätzen und der Arbeitsraum 6 mit 6 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf jeweils 3 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum 13 ist mit 6 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 4 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum 10 ist mit 6 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 5 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 8 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

170

In der Mieteinheit 11.2 ist der Arbeitsraum 1 mit 8 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 5 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum 2 ist mit 11 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 7 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 7 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

171

In der Mieteinheit 18 sind die Arbeitsräume 5, 6, 12 und 15 mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und der Arbeitsraum 4 mit 5 Arbeitsplätzen. Es findet eine Beschränkung auf jeweils 2 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 11 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

172

In der Mieteinheit 20 sind die Arbeitsräumen 4 und 5 mit jeweils 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 2 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 4 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

173

In der Mieteinheit 21 ist der Arbeitsraum 7 mit 6 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 4 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 2 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

174

In der Mieteinheit 22 ist der Arbeitsraum 1 mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 3 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum 3 ist auch mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet. Es findet jedoch eine Beschränkung auf den gleichzeitigen Einsatz von 2 Arbeitnehmern statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 3 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

175

In der Mieteinheit 23 sind Arbeitsräumen die 2, 3 und 4 jeweils mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf jeweils 2 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum 16 ist ebenfalls mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 3 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 7 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

176

In der Mieteinheit 25a ist der Arbeitsraum 1 mit 6 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 4 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum 4 ist mit 6 Arbeitsplätzen ausgestattet und der Arbeitsraum 5 mit 8 Arbeitsplätzen. In beiden Räumen findet eine Beschränkung auf jeweils 5 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum 7 ist mit 10 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 6 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 10 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

177

In den gemeinsam betrachteten Mieteinheiten 26/27 ist der Arbeitsraum 7 mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 2 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in diesen Mieteinheiten daher 2 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

178

In der Mieteinheit 33 ist der Arbeitsraum 1 mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und die Arbeitsräume 2 und 4 jeweils mit 5 Arbeitsplätzen. Für alle Räume findet eine Beschränkung auf jeweils 3 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 5 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

179

In der Mieteinheit 34 ist der Arbeitsraum 1 mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 2 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. Der Arbeitsraum 2 ist mit 6 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 3 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 5 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

180

In der Mieteinheit 36 ist der Arbeitsraum 1 mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet und es findet eine Beschränkung auf 2 gleichzeitig tätige Arbeitnehmer statt. In Summe sind in dieser Mieteinheit daher 2 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar.

181

Insgesamt sind von den 657 eingerichteten Arbeitsplätzen daher aufgrund der erlassenen Verfügung 115 Arbeitsplätze nur noch eingeschränkt nutzbar. Das entspricht einer Quote von etwas über 15 Prozent. Bei der durchschnittlichen Abwesenheitsquote der Arbeitnehmer von über 25 Prozent können die Vorgaben der Verfügung daher allein durch organisatorische Maßnahmen - gegebenenfalls auch unter Ausnutzung der Optionen aus der BV "Desk-Sharing" - umgesetzt werden. Eine Ausweitung der angemieteten Fläche oder gar die notwendige Verlagerung von Arbeitsplätzen an andere Standorte kann damit als Folge der erlassenen Verfügung ausgeschlossen werden.

182

Obwohl Ziffer 3.1 der BV Arbeitsstätten auch in den anderen Arbeitsräumen nicht eingehalten ist, kommt eine Ausweitung der einstweiligen Verfügung auf weitere Arbeitsplätze und Arbeitsräume nicht in Betracht, da sie zu unvertretbaren wirtschaftlichen Belastungen des Arbeitgebers führen würde.

d)

183

Die erlassene Verfügung ist zeitlich begrenzt auf die Zeit der Rechtshängigkeit der Hauptsache. Diese Beschränkung ergibt sich an sich schon aus dem Wesen der Regelungsverfügung. Zur Klarstellung hat das Gericht dies jedoch noch in den Tenor der Verfügung mit aufgenommen.

184

Wenn im Tenor der Verfügung der Begriff Arbeitnehmer verwendet wird, werden darunter sowohl männliche wie weibliche Arbeitnehmer verstanden. Der Begriff umfasst in Anlehnung an § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG auch die der beteiligten Arbeitgeberin zur Arbeitsleistung überlassenen Beamten.

2.

185

Im Übrigen hat die Beschwerde des Betriebsrats keinen Erfolg.

186

Hinsichtlich der Parameter aus der BV Arbeitsstätten zu den Verkehrsflächen und den Fluchtwegen ist das Gericht nach § 318 ZPO an die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bezüglich der Anfechtung des Einigungsstellenspruchs gebunden. Diese Teile der BV müssen daher als unwirksam angesehen werden. Daher liegt schon kein Verfügungsanspruch vor. Damit können auch die insoweit gestellten Hilfsanträge nicht zugesprochen werden.

187

Auch den Hilfsanträgen bezüglich der Verfehlung der Ziffer 3.1 der BV Arbeitsstätten kann nicht stattgegeben werden, da ihre Umsetzung zu unzumutbaren wirtschaftlichen Nachteilen für die beteiligte Arbeitgeberin führen würde. Wegen der Einzelheiten, die zu dieser Bewertung führen, kann auf die Ausführungen zu oben 1. Bezug genommen werden.

III.

188

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung sieht das Gesetz nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 09. März 2010 - 5 TaBVGa 6/09

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Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 87 Mitbestimmungsrechte


(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;2. Beginn und Ende der täglichen A

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 77 Durchführung gemeinsamer Beschlüsse, Betriebsvereinbarungen


(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseit

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan


(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 5 Arbeitnehmer


(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäfti

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 111 Betriebsänderungen


In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben

Zivilprozessordnung - ZPO | § 940 Einstweilige Verfügung zur Regelung eines einstweiligen Zustandes


Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 76 Einigungsstelle


(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet wer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 318 Bindung des Gerichts


Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 85 Zwangsvollstreckung


(1) Soweit sich aus Absatz 2 nichts anderes ergibt, findet aus rechtskräftigen Beschlüssen der Arbeitsgerichte oder gerichtlichen Vergleichen, durch die einem Beteiligten eine Verpflichtung auferlegt wird, die Zwangsvollstreckung statt. Beschlüsse de

Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV 2004 | § 6 Unterweisung der Beschäftigten


(1) Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten ausreichende und angemessene Informationen anhand der Gefährdungsbeurteilung in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zur Verfügung zu stellen über 1. das bestimmungsgemäße Betreiben der

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Tenor 1. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin und unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 25. Feb. 2009 - 3 TaBV 7/08

bei uns veröffentlicht am 25.02.2009

Tenor I. Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes Rostock vom 16.04.2008 teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst: 1. Es wird festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstell

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(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin und unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Februar 2009 - 3 TaBV 7/08 - aufgehoben, soweit es die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen hat.

2. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin und unter Zurückweisung der Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Rostock vom 16. April 2008 - 3 BV 3/07 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der als Betriebsvereinbarung „Mindestanforderungen an Arbeitsstätten“ bezeichnete Einigungsstellenspruch vom 28. Februar 2007 unwirksam ist.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs.

2

Die Arbeitgeberin erbringt Telekommunikationsleistungen. Für ihre Betriebsstätten hat sie Zuordnungstarifverträge nach § 3 BetrVG abgeschlossen. Durch einen solchen Tarifvertrag aus dem Jahr 2006 waren die Standorte der Arbeitgeberin in B, F, R, S und P zum Betrieb „Region 2 (Nord-Ost)“ zusammengefasst. Für diesen Betrieb wurde auf Antrag des Betriebsrats eine Einigungsstelle zu „Mindestanforderungen an Arbeitsstätten auf der Grundlage der Arbeitsstättenverordnung“ eingesetzt. Die Einigungsstelle entschied in ihrer dritten Sitzung am 28. Februar 2007 gegen die Stimmen der Beisitzer der Arbeitgeberin über die Angelegenheit durch einen Spruch.

3

Am 6. März 2007 übersandte die Einigungsstellenvorsitzende den Betriebsparteien im Anhang zu einer E-Mail ua. das Sitzungsprotokoll sowie die Begründung des Einigungsstellenspruchs. Anschließend übermittelte sie in einer weiteren E-Mail als Textdateien den Einigungsstellenspruch sowie ein korrigiertes Protokoll der Einigungsstellensitzung vom 28. Februar 2007. Ein unterzeichnetes Exemplar des Einigungsstellenspruchs erhielten die Betriebsparteien erst im September 2010.

4

Die Arbeitgeberin hat den Einigungsstellenspruch mit der am 19. März 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift, in der der Gesamtbetriebsrat und der Konzernbetriebsrat der Deutschen Telekom AG wegen einer von der Arbeitgeberin angenommenen Regelungskompetenz als Beteiligte aufgeführt waren, angefochten und beantragt

        

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle „Mindestanforderungen an Arbeitsstätten“ vom 28. Februar 2007 in Gestalt der verabschiedeten Betriebsvereinbarung zu „Mindestanforderungen an Arbeitsstätten“ unwirksam ist.

5

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Der Gesamtbetriebsrat und der Konzernbetriebsrat haben keinen Antrag gestellt.

6

Die Vorinstanzen haben dem Antrag teilweise entsprochen und die Unwirksamkeit einzelner Regelungen des Einigungsstellenspruchs festgestellt. Dagegen richten sich die Rechtsbeschwerden der Arbeitgeberin und des Betriebsrats, mit denen diese ihr ursprüngliches Begehren weiterverfolgen. Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens wurde für die Betriebsstätten der Arbeitgeberin ein neuer Zuordnungstarifvertrag (ZTV 2010) abgeschlossen, der bisher dem Betrieb „Region 2 (Nord-Ost)“ zugeordnete Standorte mit weiteren Standorten zum Betrieb „Region 1 (Nord)“ zusammengefasste und auf dessen Grundlage die turnusmäßigen Betriebsratswahlen durchgeführt wurden.

7

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet, während die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats erfolglos bleibt. Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Einigungsstellenspruch vom 28. Februar 2007 ist unwirksam.

8

I. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Sie ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass während des Rechtsbeschwerdeverfahrens das Amt des bisher am Verfahren beteiligten Betriebsrats des Betriebs „Region 2 (Nord-Ost)“ geendet hat. An seine Stelle ist hinsichtlich des vorliegenden Beschlussverfahrens der im Jahr 2010 für den Betrieb „Region 1 (Nord)“ gewählte Betriebsrat getreten.

9

1. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im Einzelfall am Verfahren beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 31/03 (A) - zu B I 1 der Gründe mwN, BAGE 112, 227). Dies ist von Amts wegen noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu prüfen.

10

2. Der Betriebsrat des durch den ZTV 2010 gebildeten Betriebs „Region 1 (Nord)“ ist als Funktionsnachfolger des zuvor für den Betrieb „Region 2 (Nord-Ost)“ errichteten Betriebsrats am Verfahren beteiligt. Der Einigungsstellenspruch vom 28. Februar 2007 gilt für die Betriebsstätten des ehemaligen Betriebs „Region 2 (Nord-Ost)“. Soweit diese durch den ZTV 2010 dem Betrieb „Region 1 (Nord)“ zugeordnet worden sind, ist der dort gewählte Betriebsrat nunmehr der betriebliche Verhandlungspartner der Arbeitgeberin. Dies umfasst auch die Führung von Beschlussverfahren zur Klärung mitbestimmungsrechtlicher Angelegenheiten (BAG 23. Juni 2010 - 7 ABR 3/09 - Rn. 11 mwN, DB 2010, 2511). Hiervon gehen auch alle Beteiligten aus.

11

II. Der Antrag ist zulässig.

12

1. Er ist zutreffend auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichtet. Streiten die Betriebsparteien über die Rechtswirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs nach § 76 Abs. 3 und 5 BetrVG, ist die Feststellung seiner Unwirksamkeit und nicht seine Aufhebung zu beantragen(BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 11, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 135 = EzA BetrVG 2001 § 50 Nr. 7).

13

2. Die Vorinstanzen haben den Gesamtbetriebsrat und den Konzernbetriebsrat der Deutschen Telekom AG zu Recht am Verfahren beteiligt. Beide Arbeitnehmervertretungen sind von der Entscheidung im vorliegenden Verfahren unmittelbar betroffen. Die Beteiligten streiten im Rahmen des Anfechtungsverfahrens ua. um die Zuständigkeit für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Bei einer auf die fehlende Zuständigkeit des Betriebsrats gestützten abweisenden Entscheidung stünde zugleich fest, dass das Mitbestimmungsrecht entweder dem Gesamtbetriebsrat oder dem Konzernbetriebsrat zusteht.

14

III. Die Anfechtung des Einigungsstellenspruchs vom 28. Februar 2007 ist begründet. Der Spruch ist wegen Verstoßes gegen das Formerfordernis in § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG unwirksam.

15

1. Die Zuleitung eines Einigungsstellenspruchs als bloße Textdatei genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.

16

a) Nach § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG sind die Beschlüsse der Einigungsstelle schriftlich niederzulegen, vom Vorsitzenden zu unterschreiben und Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten. Die Vorschrift enthält eine verbindliche Handlungsanleitung für den Vorsitzenden der Einigungsstelle. Bereits der Wortlaut dieser Bestimmung macht deutlich, dass ein Einigungsstellenspruch nur wirksam ist, wenn er schriftlich niedergelegt und mit der Unterschrift des Vorsitzenden versehen beiden Betriebsparteien zugeleitet wird.

17

b) Das dem Wortlaut des § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG folgende Normverständnis wird durch den sich aus dem gesetzlichen Gesamtzusammenhang ergebenden Zweck der Regelung bestätigt. Diese dient in erster Linie der Rechtsklarheit. Die Unterschrift des Vorsitzenden beurkundet und dokumentiert den Willen der Einigungsstellenmitglieder (BAG 29. Januar 2002 - 1 ABR 18/01 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 100, 239). Für die Betriebsparteien und für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer wird damit rechtssicher bestätigt, dass das vom Vorsitzenden unterzeichnete Schriftstück das von der Einigungsstelle beschlossene Regelwerk enthält. Die Beurkundung und Dokumentation ist erforderlich, weil der Einigungsstellenspruch die fehlende Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt (Fitting BetrVG 25. Aufl. § 76 Rn. 93; Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. Bd. II § 76 Rn. 136 f.; Richardi BetrVG 12. Aufl. § 76 Rn. 30) und ihm erst dann die gleiche normative Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) zukommt wie einer von den Betriebsparteien geschlossenen Betriebsvereinbarung. Da der Arbeitgeber gem. § 77 Abs. 2 Satz 3 BetrVG den Spruch an geeigneter Stelle auszulegen hat, können die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer so erkennen, dass das ausgelegte und vom Vorsitzenden unterzeichnete Regelwerk auch tatsächlich von der Einigungsstelle beschlossen wurde und damit auf einer erzwungenen Einigung der Betriebsparteien beruht(BAG 14. September 2010 - 1 ABR 30/09 - Rn. 18, EzA-SD 2010, Nr. 25, 13).

18

c) Die Unterzeichnung des Einigungsstellenspruchs durch den Vorsitzenden kann nach dem Rechtsdanken des § 126 Abs. 3 BGB nicht durch die elektronische Form(§ 126a BGB) und auch nicht durch die Textform (§ 126b BGB) ersetzt werden. § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG ist eine auf dem Normcharakter des Einigungsstellenspruchs beruhende Sonderregelung.

19

2. Die Einhaltung der gesetzlichen Schriftform ist Wirksamkeitsvoraussetzung eines Einigungsstellenspruchs. Den Betriebsparteien muss ein vom Vorsitzenden unterzeichnetes Schriftstück, das den Spruch enthält, zugeleitet werden. Fehlt es hieran, ist der von der Einigungsstelle zuvor beschlossene Spruch wirkungslos. Maßgeblich für die Beurteilung der Formwirksamkeit ist der Zeitpunkt, in dem der Einigungsstellenvorsitzende den Betriebsparteien den Spruch mit der Absicht der Zuleitung iSd. § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG übermittelt hat. In Angelegenheiten, in denen der Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, ist das Einigungsstellenverfahren erst mit dem Eingang des Spruchs bei den Betriebsparteien abgeschlossen. Ab diesem Zeitpunkt entfaltet er Wirkung und ist vom Arbeitgeber nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG durchzuführen.

20

3. Eine nachträgliche, rückwirkende Heilung der Verletzung der in § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG bestimmten Formvorschriften ist nicht möglich. Dagegen spricht bereits die unmittelbare und zwingende Wirkung des Einigungsstellenspruchs, der vom Arbeitgeber ungeachtet einer Anfechtung durchzuführen ist und damit sowohl das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis der Betriebsparteien gestaltet als auch Rechte und Pflichten der normunterworfenen Arbeitnehmer unmittelbar bestimmt. Diese normative Wirkung erfordert aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit grundsätzlich einen von Anfang an formwirksamen Beschluss der Einigungsstelle.

21

4. Der Einigungsstellenspruch vom 28. Februar 2007 genügt nicht den Anforderungen des § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG und ist deshalb unwirksam. Es kann zugunsten des Betriebsrats unterstellt werden, dass die Einigungsstellenvorsitzende ein Exemplar des Spruchs vor der Übermittlung an die Betriebsparteien unterzeichnet und zu ihren Unterlagen genommen hat. Die Unwirksamkeitsfolge ist eingetreten, weil ihnen der Spruch nur als Textdatei und nicht durch ein von der Einigungsstellenvorsitzenden unterzeichnetes Schriftstück übermittelt worden ist. Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine unverzügliche Unterzeichnung des Einigungsstellenspruchs nach seiner Zuleitung an die Betriebsparteien den Formmangel beseitigen kann. Die erst während des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufgrund eines richterlichen Hinweises erfolgte Zuleitung eines von der Vorsitzenden unterzeichneten Einigungsstellenspruchs konnte den Verstoß gegen das Formerfordernis aus § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG jedenfalls nicht mehr heilen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Berg    

        

    Zumpe    

                 

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(1) Soweit sich aus Absatz 2 nichts anderes ergibt, findet aus rechtskräftigen Beschlüssen der Arbeitsgerichte oder gerichtlichen Vergleichen, durch die einem Beteiligten eine Verpflichtung auferlegt wird, die Zwangsvollstreckung statt. Beschlüsse der Arbeitsgerichte in vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind vorläufig vollstreckbar; § 62 Abs. 1 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Für die Zwangsvollstreckung gelten die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozeßordnung entsprechend mit der Maßgabe, daß der nach dem Beschluß Verpflichtete als Schuldner, derjenige, der die Erfüllung der Verpflichtung auf Grund des Beschlusses verlangen kann, als Gläubiger gilt und in den Fällen des § 23 Abs. 3, des § 98 Abs. 5 sowie der §§ 101 und 104 des Betriebsverfassungsgesetzes eine Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangshaft nicht erfolgt.

(2) Der Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozeßordnung über die einstweilige Verfügung entsprechend mit der Maßgabe, daß die Entscheidungen durch Beschluß der Kammer ergehen, erforderliche Zustellungen von Amts wegen erfolgen und ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 945 der Zivilprozeßordnung in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes nicht besteht. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin und unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Februar 2009 - 3 TaBV 7/08 - aufgehoben, soweit es die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen hat.

2. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin und unter Zurückweisung der Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Rostock vom 16. April 2008 - 3 BV 3/07 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der als Betriebsvereinbarung „Mindestanforderungen an Arbeitsstätten“ bezeichnete Einigungsstellenspruch vom 28. Februar 2007 unwirksam ist.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs.

2

Die Arbeitgeberin erbringt Telekommunikationsleistungen. Für ihre Betriebsstätten hat sie Zuordnungstarifverträge nach § 3 BetrVG abgeschlossen. Durch einen solchen Tarifvertrag aus dem Jahr 2006 waren die Standorte der Arbeitgeberin in B, F, R, S und P zum Betrieb „Region 2 (Nord-Ost)“ zusammengefasst. Für diesen Betrieb wurde auf Antrag des Betriebsrats eine Einigungsstelle zu „Mindestanforderungen an Arbeitsstätten auf der Grundlage der Arbeitsstättenverordnung“ eingesetzt. Die Einigungsstelle entschied in ihrer dritten Sitzung am 28. Februar 2007 gegen die Stimmen der Beisitzer der Arbeitgeberin über die Angelegenheit durch einen Spruch.

3

Am 6. März 2007 übersandte die Einigungsstellenvorsitzende den Betriebsparteien im Anhang zu einer E-Mail ua. das Sitzungsprotokoll sowie die Begründung des Einigungsstellenspruchs. Anschließend übermittelte sie in einer weiteren E-Mail als Textdateien den Einigungsstellenspruch sowie ein korrigiertes Protokoll der Einigungsstellensitzung vom 28. Februar 2007. Ein unterzeichnetes Exemplar des Einigungsstellenspruchs erhielten die Betriebsparteien erst im September 2010.

4

Die Arbeitgeberin hat den Einigungsstellenspruch mit der am 19. März 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift, in der der Gesamtbetriebsrat und der Konzernbetriebsrat der Deutschen Telekom AG wegen einer von der Arbeitgeberin angenommenen Regelungskompetenz als Beteiligte aufgeführt waren, angefochten und beantragt

        

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle „Mindestanforderungen an Arbeitsstätten“ vom 28. Februar 2007 in Gestalt der verabschiedeten Betriebsvereinbarung zu „Mindestanforderungen an Arbeitsstätten“ unwirksam ist.

5

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Der Gesamtbetriebsrat und der Konzernbetriebsrat haben keinen Antrag gestellt.

6

Die Vorinstanzen haben dem Antrag teilweise entsprochen und die Unwirksamkeit einzelner Regelungen des Einigungsstellenspruchs festgestellt. Dagegen richten sich die Rechtsbeschwerden der Arbeitgeberin und des Betriebsrats, mit denen diese ihr ursprüngliches Begehren weiterverfolgen. Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens wurde für die Betriebsstätten der Arbeitgeberin ein neuer Zuordnungstarifvertrag (ZTV 2010) abgeschlossen, der bisher dem Betrieb „Region 2 (Nord-Ost)“ zugeordnete Standorte mit weiteren Standorten zum Betrieb „Region 1 (Nord)“ zusammengefasste und auf dessen Grundlage die turnusmäßigen Betriebsratswahlen durchgeführt wurden.

7

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet, während die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats erfolglos bleibt. Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Einigungsstellenspruch vom 28. Februar 2007 ist unwirksam.

8

I. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Sie ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass während des Rechtsbeschwerdeverfahrens das Amt des bisher am Verfahren beteiligten Betriebsrats des Betriebs „Region 2 (Nord-Ost)“ geendet hat. An seine Stelle ist hinsichtlich des vorliegenden Beschlussverfahrens der im Jahr 2010 für den Betrieb „Region 1 (Nord)“ gewählte Betriebsrat getreten.

9

1. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im Einzelfall am Verfahren beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 31/03 (A) - zu B I 1 der Gründe mwN, BAGE 112, 227). Dies ist von Amts wegen noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu prüfen.

10

2. Der Betriebsrat des durch den ZTV 2010 gebildeten Betriebs „Region 1 (Nord)“ ist als Funktionsnachfolger des zuvor für den Betrieb „Region 2 (Nord-Ost)“ errichteten Betriebsrats am Verfahren beteiligt. Der Einigungsstellenspruch vom 28. Februar 2007 gilt für die Betriebsstätten des ehemaligen Betriebs „Region 2 (Nord-Ost)“. Soweit diese durch den ZTV 2010 dem Betrieb „Region 1 (Nord)“ zugeordnet worden sind, ist der dort gewählte Betriebsrat nunmehr der betriebliche Verhandlungspartner der Arbeitgeberin. Dies umfasst auch die Führung von Beschlussverfahren zur Klärung mitbestimmungsrechtlicher Angelegenheiten (BAG 23. Juni 2010 - 7 ABR 3/09 - Rn. 11 mwN, DB 2010, 2511). Hiervon gehen auch alle Beteiligten aus.

11

II. Der Antrag ist zulässig.

12

1. Er ist zutreffend auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichtet. Streiten die Betriebsparteien über die Rechtswirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs nach § 76 Abs. 3 und 5 BetrVG, ist die Feststellung seiner Unwirksamkeit und nicht seine Aufhebung zu beantragen(BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 11, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 135 = EzA BetrVG 2001 § 50 Nr. 7).

13

2. Die Vorinstanzen haben den Gesamtbetriebsrat und den Konzernbetriebsrat der Deutschen Telekom AG zu Recht am Verfahren beteiligt. Beide Arbeitnehmervertretungen sind von der Entscheidung im vorliegenden Verfahren unmittelbar betroffen. Die Beteiligten streiten im Rahmen des Anfechtungsverfahrens ua. um die Zuständigkeit für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Bei einer auf die fehlende Zuständigkeit des Betriebsrats gestützten abweisenden Entscheidung stünde zugleich fest, dass das Mitbestimmungsrecht entweder dem Gesamtbetriebsrat oder dem Konzernbetriebsrat zusteht.

14

III. Die Anfechtung des Einigungsstellenspruchs vom 28. Februar 2007 ist begründet. Der Spruch ist wegen Verstoßes gegen das Formerfordernis in § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG unwirksam.

15

1. Die Zuleitung eines Einigungsstellenspruchs als bloße Textdatei genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.

16

a) Nach § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG sind die Beschlüsse der Einigungsstelle schriftlich niederzulegen, vom Vorsitzenden zu unterschreiben und Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten. Die Vorschrift enthält eine verbindliche Handlungsanleitung für den Vorsitzenden der Einigungsstelle. Bereits der Wortlaut dieser Bestimmung macht deutlich, dass ein Einigungsstellenspruch nur wirksam ist, wenn er schriftlich niedergelegt und mit der Unterschrift des Vorsitzenden versehen beiden Betriebsparteien zugeleitet wird.

17

b) Das dem Wortlaut des § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG folgende Normverständnis wird durch den sich aus dem gesetzlichen Gesamtzusammenhang ergebenden Zweck der Regelung bestätigt. Diese dient in erster Linie der Rechtsklarheit. Die Unterschrift des Vorsitzenden beurkundet und dokumentiert den Willen der Einigungsstellenmitglieder (BAG 29. Januar 2002 - 1 ABR 18/01 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 100, 239). Für die Betriebsparteien und für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer wird damit rechtssicher bestätigt, dass das vom Vorsitzenden unterzeichnete Schriftstück das von der Einigungsstelle beschlossene Regelwerk enthält. Die Beurkundung und Dokumentation ist erforderlich, weil der Einigungsstellenspruch die fehlende Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt (Fitting BetrVG 25. Aufl. § 76 Rn. 93; Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. Bd. II § 76 Rn. 136 f.; Richardi BetrVG 12. Aufl. § 76 Rn. 30) und ihm erst dann die gleiche normative Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) zukommt wie einer von den Betriebsparteien geschlossenen Betriebsvereinbarung. Da der Arbeitgeber gem. § 77 Abs. 2 Satz 3 BetrVG den Spruch an geeigneter Stelle auszulegen hat, können die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer so erkennen, dass das ausgelegte und vom Vorsitzenden unterzeichnete Regelwerk auch tatsächlich von der Einigungsstelle beschlossen wurde und damit auf einer erzwungenen Einigung der Betriebsparteien beruht(BAG 14. September 2010 - 1 ABR 30/09 - Rn. 18, EzA-SD 2010, Nr. 25, 13).

18

c) Die Unterzeichnung des Einigungsstellenspruchs durch den Vorsitzenden kann nach dem Rechtsdanken des § 126 Abs. 3 BGB nicht durch die elektronische Form(§ 126a BGB) und auch nicht durch die Textform (§ 126b BGB) ersetzt werden. § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG ist eine auf dem Normcharakter des Einigungsstellenspruchs beruhende Sonderregelung.

19

2. Die Einhaltung der gesetzlichen Schriftform ist Wirksamkeitsvoraussetzung eines Einigungsstellenspruchs. Den Betriebsparteien muss ein vom Vorsitzenden unterzeichnetes Schriftstück, das den Spruch enthält, zugeleitet werden. Fehlt es hieran, ist der von der Einigungsstelle zuvor beschlossene Spruch wirkungslos. Maßgeblich für die Beurteilung der Formwirksamkeit ist der Zeitpunkt, in dem der Einigungsstellenvorsitzende den Betriebsparteien den Spruch mit der Absicht der Zuleitung iSd. § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG übermittelt hat. In Angelegenheiten, in denen der Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, ist das Einigungsstellenverfahren erst mit dem Eingang des Spruchs bei den Betriebsparteien abgeschlossen. Ab diesem Zeitpunkt entfaltet er Wirkung und ist vom Arbeitgeber nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG durchzuführen.

20

3. Eine nachträgliche, rückwirkende Heilung der Verletzung der in § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG bestimmten Formvorschriften ist nicht möglich. Dagegen spricht bereits die unmittelbare und zwingende Wirkung des Einigungsstellenspruchs, der vom Arbeitgeber ungeachtet einer Anfechtung durchzuführen ist und damit sowohl das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis der Betriebsparteien gestaltet als auch Rechte und Pflichten der normunterworfenen Arbeitnehmer unmittelbar bestimmt. Diese normative Wirkung erfordert aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit grundsätzlich einen von Anfang an formwirksamen Beschluss der Einigungsstelle.

21

4. Der Einigungsstellenspruch vom 28. Februar 2007 genügt nicht den Anforderungen des § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG und ist deshalb unwirksam. Es kann zugunsten des Betriebsrats unterstellt werden, dass die Einigungsstellenvorsitzende ein Exemplar des Spruchs vor der Übermittlung an die Betriebsparteien unterzeichnet und zu ihren Unterlagen genommen hat. Die Unwirksamkeitsfolge ist eingetreten, weil ihnen der Spruch nur als Textdatei und nicht durch ein von der Einigungsstellenvorsitzenden unterzeichnetes Schriftstück übermittelt worden ist. Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine unverzügliche Unterzeichnung des Einigungsstellenspruchs nach seiner Zuleitung an die Betriebsparteien den Formmangel beseitigen kann. Die erst während des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufgrund eines richterlichen Hinweises erfolgte Zuleitung eines von der Vorsitzenden unterzeichneten Einigungsstellenspruchs konnte den Verstoß gegen das Formerfordernis aus § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG jedenfalls nicht mehr heilen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Berg    

        

    Zumpe    

                 

Tenor

I. Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes Rostock vom 16.04.2008 teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstelle "Mindestanforderungen an Arbeitsstätten" vom 28. Februar 2007 in Gestalt der verabschiedeten Betriebsvereinbarung zu "Mindestanforderungen an Arbeitsstätten" in folgenden Punkten rechtsunwirksam ist:

1.2 der Präambel
3.2 Barrierefreiheit
3.5 Verkehrsflächen
3.6 Türen und Tore
3.7 Beschaffenheit von Fußböden, Wänden und Decken
3.8 Beleuchtung und Sichtverbindung nach Außen
3.11 Pausenräume
3.12 Sanitärräume
3.14 Schutz vor Entstehungsbränden
3.15 besondere Anforderungen an Flucht-, Rettungswege und Notausgänge
3.18 Hygiene

2. Im Übrigen wird der Antrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und zu 2 zurückgewiesen.

III. Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten zu 1 und 2 streiten um die Rechtmäßigkeit des Einigungsstellenspruches "Mindestanforderungen an Arbeitsstätten" vom 28.02.2007 in Gestalt der verabschiedeten Betriebsvereinbarung zu "Mindestanforderungen an Arbeitsstätten" (Blatt 258 bis 269 Band II d. A.).

2

Die Beteiligte zu 1 beschäftigt an mehreren Standorten in Berlin, Frankfurt/Oder, Rostock, Schwerin und Potsdam insgesamt ca. 1450 Arbeitnehmer, wobei die genannten Standorte auf der Grundlage eines entsprechenden Zuordnungstarifvertrages einen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes darstellen. Die jeweiligen Gebäude und Räumlichkeiten werden überwiegend nicht nur von Arbeitnehmern des vorbenannten Betriebes, sondern auch von Arbeitnehmern anderer Betriebe bzw. Unternehmen genutzt.

3

Dem hier streitgegenständlichen Beschlussverfahren ging eine Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 über die Einrichtung einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Mindestanforderungen an Arbeitsstätten" voraus, in deren Ergebnis es auf der Grundlage des Beschlusses des Landesarbeitsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern - 3 TaBV 9/06 - zur Einrichtung einer Einigungsstelle "Mindestanforderungen an Arbeitsstätten der PK-Niederlassung Nordost auf der Grundlage der Arbeitsstättenverordnung vom 12.08.2004" kam.

4

Im Rahmen der dritten Sitzung dieser Einigungsstelle wurde ausweislich des Protokolls (Blatt 249 bis 256 Band II d. A.) der hier streitige Beschluss der Einigungsstelle gefasst und der Beteiligten zu 1 sodann per E-Mail am 06.03.2007 bekannt gegeben.

5

Dagegen richtet sich das bei dem Arbeitsgericht Rostock am 19.03.2007 eingegangene Feststellungsbegehren der Beteiligten zu 1.

6

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt,

7

es wird festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstelle "Mindestanforderungen an Arbeitsstätten" vom 28. Februar 2007 in Gestalt der verabschiedeten Betriebsvereinbarung "Mindestanforderungen an Arbeitsstätten" unwirksam ist.

8

Der Beteiligte zu 2 hat beantragt,

9

den Antrag zurückzuweisen.

10

Wegen der weiteren erstinstanzlichen Einzelheiten wird auf die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Rostock vom 16.04.2008 Bezug genommen.

11

Das Arbeitsgericht Rostock hat mit vorbezeichneter Entscheidung die Rechtsunwirksamkeit der Punkte 1.2, 3.2, 3.11, 3.12 sowie 3.13 des Spruches der Einigungsstelle vom 28.02.2007 festgestellt sowie den Antrag der Beteiligten zu 1 im Übrigen zurückgewiesen und dabei im Wesentlichen argumentiert, bezogen auf den konkreten Regelungsgegenstand sei der örtliche und nicht etwa der Gesamtbetriebsrat (Beteiligter zu 4) bzw. der Konzernbetriebsrat (Beteiligter zu 3) zuständig.

12

Gleichwohl sei Ziffer 1.2 des Spruches (Präambel) unwirksam, da hier keine Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten aufgestellt worden seien. Dies gelte ebenso für Ziffer 3.2 des Spruches (Barrierefreiheit), da durch die Anordnung zur Einrichtung aller Arbeitsplätze als barrierefrei unabhängig von der tatsächlichen Beschäftigung schwerbehinderter Menschen die Grenzen der gesetzlichen Mindestanforderungen deutlich überschritten seien. Ziffer 3.11 des Spruches (Teeküchen) sei unwirksam, weil die Einrichtung von Teeküchen nicht dem Tatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG unterfalle. Die Ermessensfehlerhaftigkeit hinsichtlich Ziffer 3.12 des Spruches (Sanitärräume) folge dem Umstand, dass die angeordnete Gestellung von Toilettenräumen ausschließlich für die Beschäftigten der Beteiligten zu 1 ohne Notwendigkeit die gesetzlichen Mindestanforderungen überschreite. Die Festlegungen in Ziffer 3.13 des Spruches (Liegeräume) seien wegen der zeitlich unbefristeten Geltung rechtsfehlerhaft.

13

Im Übrigen lasse sich weder eine Überschreitung des Ermessensspielraumes noch des Gestaltungsspielraumes feststellen.

14

Gegen diese jeweils am 28.04.2008 zugestellte Entscheidung des Arbeitsgerichtes Rostock richtet sich zum einen die am 13.05.2008 bei dem LAG M-V eingegangene Beschwerde der Beteiligten zu 1 und zum anderen die am 27.05.2008 bei dem LAG M-V eingegangene Beschwerde des Beteiligten zu 2.

15

Die Beschwerdebegründung des Beteiligten zu 2 ist am 30.06.2008 (Montag) und die der Beteiligten zu 1 ist - nach gerichtlicher Fristverlängerung - am 30.07.2008 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangen.

16

Die Beteiligte zu 1 ist weiterhin der Auffassung, der hier streitige Spruch der Einigungsstelle sei rechtsunwirksam. Das Arbeitsgericht Rostock habe die Zuständigkeit des Beteiligten zu 2 vorliegend rechtsfehlerhaft bejaht, da jede Regelung, die gemeinsam mit dem Betriebsrat der Kundenniederlassung Nordost getroffen würde, immer auch Arbeitnehmer anderer Betriebe der Beteiligten zu 1 respektive anderer Konzernunternehmen beträfe. Die Festlegungen in Bezug auf die Regelungen zu Flächenbedarf, Lichtreflektion, schallschluckenden Decken und Beleuchtung seien Gegenstand der abschließenden tariflichen Regelungen nach dem Bildschirmtarifvertrag in der Fassung vom 7. Juni 2006. Hinsichtlich der übrigen Regelungen habe keine ausfüllungsbedürftige Rahmenregelung bestanden, so dass ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ebenfalls ausscheide.

17

Aber auch im Übrigen sei der Einigungsstellenspruch zum einen deshalb ermessensfehlerhaft, weil eine Berücksichtigung individueller betrieblicher und räumlicher Gegebenheiten nicht stattgefunden habe. Zum anderen seien lediglich pauschale Regelungen ohne vorhergehende und konkrete Gefährdungsbeurteilung vorgenommen worden. Exemplarisch werde die Unverhältnismäßigkeit und damit die Ermessensfehlerhaftigkeit insbesondere unter Berücksichtigung der einschlägigen Normen an den Festlegungen zum Flächenbedarf (Ziffer 3.3) deutlich. Darüber hinaus seien die Festlegungen zur Raumhöhe in Arbeitsräumen (Ziffer 3.4) bereits deshalb ermessensfehlerhaft, weil die entsprechenden Vorgaben in dem Großteil der von der Beteiligten zu 1 genutzten Räumlichkeiten gar nicht bzw. nur wirtschaftlich unzumutbar umsetzbar seien und mithin auch insoweit Regelungen ohne Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände getroffen worden seien.

18

Die Beteiligte zu 1 beantragt:

19

Der Beschluss des Arbeitsgerichtes Rostock vom 16. April 2008, Aktenzeichen 3 BV 3/07, wird - soweit dadurch der Antrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen wurde - abgeändert.

20

Es wird festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstelle "Mindestanforderungen an Arbeitsstätten" vom 28. Februar in Gestalt der verabschiedeten Betriebsvereinbarung "Mindestanforderungen an Arbeitsstätten" auch im Übrigen - und damit insgesamt - unwirksam ist.

21

Der Beteiligte zu 2 beantragt,

22

die Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurückzuweisen.

23

Er verteidigt insoweit die angefochtene Entscheidung. Ermessensfehler seien hinsichtlich des angefochtenen Einigungsstellenspruches nicht festzustellen. Der Beteiligten zu 1 gehe es darum, "durch die Hintertür" für sie günstige Zweckmäßigkeitserwägungen im Rahmen des angestrengten Beschlussverfahrens durchzusetzen. Dieses Begehren sei aber rechtlich gerade im Rahmen der Überprüfung eines Einigungsstellenspruches von Gesetzes wegen nicht durchsetzbar. Im Gegenteil sei der Antrag der Beteiligten zu 1 insgesamt zurückzuweisen. Auch Ziffer 1.2 der Präambel sei nicht zu beanstanden. Der Arbeitgeber handele durch seine Führungskräfte. Auch diese seien mithin an die einschlägigen Normierungen zu Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit gebunden. Zudem sei Ziffer 3.2 des Spruches rechtlich nicht zu beanstanden. Die vom Arbeitsgericht Rostock vertretene Auffassung sei "zu eng". Die Einigungsstelle sei diesbezüglich auch nicht ausschließlich an die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung vom 12.08.2004 gebunden gewesen. Ziffer 3.11 (Teeküchen) betreffe ebenfalls den Arbeitsschutz. Dieser Umstand folge bereits aus den Vorgaben der Arbeitsstättenrichtlinie (ASR 29/1 bis 4 Nr. 5.3). Ziffer 3.12 (Sanitärräume) des Einigungsstellenspruches sei deshalb nicht ermessensfehlerhaft, weil Toiletten in unmittelbarer Nähe zu den Arbeitsplätzen einzurichten seien und solche Bereiche für Gäste regelmäßig nicht zugänglich seien. Schließlich könne dem Arbeitsgericht Rostock hinsichtlich Ziffer 3.13 (Liegeräume) bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil § 6 Abs. 3 Satz 4 Arbeitsstättenverordnung zeitlich unbeschränkt fortgelte und deshalb auch einer zeitlich uneingeschränkten Konkretisierung bedürfe.

24

Der Beteiligte zu 2 beantragt seinerseits,

25

unter teilweiser Aufhebung des Beschlusses des Arbeitsgerichtes Rostock vom 16.04.2008, Aktenzeichen 3 BV 3/07, wird der Antrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

26

Die Beteiligte zu 1 beantragt,

27

die Beschwerde des Beteiligten zu 2 zurückzuweisen.

28

Die Beteiligte zu 1 verteidigt insoweit die angefochtene Entscheidung.

29

Das erkennende Gericht hat nach Anhörung der Beteiligten die Verbindung der Verfahren 3 TaBV 7/08 und 3 TaBV 8/08 vorgenommen und das Beschlussverfahren zum Aktenzeichen 3 TaBV 7/08 zur führenden Akte bestimmt.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten im Beschwerderechtszug wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

31

Die jeweils zulässigen Beschwerden der Beteiligten zu 1 (A) und des Beteiligten zu 2 (B) sind teilweise begründet.

A

32

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 greift hinsichtlich Ziffer 3.5, 3.6, 3.7, 3.8, 3.11 Absatz 1 und 2 (Pausenräume ohne Teeküchen), 3.14, 3.15 sowie 3.18 des Spruches der Einigungsstelle durch. Im Übrigen ist sie nicht begründet.

33

1. Der Antrag der Beteiligten zu 1 ist zulässig.

34

Die Beteiligte zu 1 hat innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG beim Arbeitsgericht Rostock geltend gemacht, der hier angefochtene Spruch der Einigungsstelle habe die Grenzen des Ermessens überschritten.

35

Die Beteiligtenfähigkeit der Beteiligten zu 3 und 4 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Dies gilt ebenso für die von der Beteiligten zu 1 gewählte Antragsart des Feststellungsantrages. Zur weiteren Begründung kann insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes Rostock in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden, zumal die Beteiligten in der Beschwerdeinstanz diesbezüglich keine Einwendungen erhoben haben.

36

2. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist im oben genannten Umfang teilweise begründet.

37

a) Dieses Ergebnis folgt jedoch - entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 - nicht aus einer Unzuständigkeit des Beteiligten zu 2. Allein der Umstand, dass die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1 überwiegend in Gebäuden untergebracht sind, welche auch durch Arbeitnehmer anderer Betriebe bzw. Unternehmen genutzt werden und in diesem Zusammenhang einem zentralen Gebäudemanagement unterliegen, führt nicht automatisch zur Zuständigkeit des Beteiligten zu 3 bzw. des Beteiligten zu 4. Vielmehr hat das Arbeitsgericht Rostock in der zugrundeliegenden Entscheidung ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1 im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bejaht und insoweit ausgeführt:

38

"Der Beteiligte zu 2 ist für die Mitbestimmung in Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zuständig. Für die Ausübung eines Mitbestimmungsrechts nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist grundsätzlich der von den Arbeitnehmern unmittelbar gewählte Betriebsrat zuständig. Dem Gesamtbetriebsrat ist nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur die Behandlung von Angelegenheiten zugewiesen, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Erforderlich ist, dass es sich zum einen um eine mehrere Betriebe betreffende Angelegenheit handelt und zum anderen objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht. Dieses Erfordernis kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ergeben. Allein der Wunsch des Arbeitgebers nach einer unternehmenseinheitlichen oder betriebsübergreifenden Regelung, Kosten- und Koordinationsinteresse sowie reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte genügen nicht, um in Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zuständigkeit des Ge-samtbetriebsrates zu begründen. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des Unternehmens und der einzelnen Betriebe (BAG Beschluss vom 14.11.2006 - 1 ABR 4/06 -, Rn. 22 m. w. N.). Die zentrale Gebäudewirtschaft des Konzern führt demnach nicht zur Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Unfallverhütungsvorschriften unterliegen trotz der zentralen Gebäudebewirtschaftung dem Mitbestimmungsrecht des jeweiligen örtlichen Betriebsrats. Es ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass in jedem einzelnen Betrieb des Konzern auf Grund der unterschiedlichen Arbeitsaufgaben individuelle Regelungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten getroffen werden müssen. So beschäftigt die Beteiligte zu 1 schwerpunktmäßig Call-Center-Mitarbeiter. Diese Tätigkeit stellt an den Arbeitsschutz andere Anforderungen als beispielsweise ein normaler Büroarbeitsplatz. Dementsprechend müssen die Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten speziell nach dem überwiegend ausgeübten Berufsbild ausgerichtet werden."

39

Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an. Ergänzend ist anzumerken, dass sich die Einigungsstelle konkret mit der vorbenannten Thematik ausweislich des Regelungsgegenstandes ihrer Einrichtung (Mindestanforderungen an Arbeitsstätten der Kundenniederlassung Nordost) sowie Ziffer 1.1 der Präambel ("die jeweils aktuelle Verordnung über Arbeitsstätten dient als Grundlage für die Planung und Gestaltung von Arbeitsstätten bei der Kundenniederlassung Nordost") und Ziffer 2.1 Geltungsbereich ("gilt für alle Beschäftigten der Kundenniederlassung Nordost") auseinandergesetzt hat.

40

b) Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1 ist das Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 2 nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG auch nicht auf Grund des Bildschirmtarifvertrages zu verneinen.

41

Das Arbeitsgericht Rostock führt in diesem Zusammenhang wie folgt aus:

42

"Der Bildschirmtarifvertrag steht der Mitbestimmung des Beteiligten zu 2 nicht entgegen. Der Bildschirmtarifvertrag soll nach seiner Präambel Unfälle bei der Arbeit verhüten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen vermeiden. Die Tarifvertragsparteien wollten mit dem Bildschirmtarifvertrag aber keine abschließende Regelung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG schaffen. Dies macht § 3 des Bildschirmtarifvertrages deutlich, indem er auf die Rechte der örtlichen Betriebsräte verweist und ihnen ausdrücklich die weitere Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen überlässt. Dementsprechend regelt der Bildschirmtarifvertrag im Wesentlichen die Arbeitsgestaltung und -überwachung ohne Anforderungen an die Arbeitsstätten festzuschreiben."

43

Auch diesen Erwägungen schließt sich das erkennende Gericht an. Die Ausführungen der Beteiligten zu 1 in der Beschwerdeinstanz vermögen nicht zu überzeugen. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Bildschirmtarifvertrag selbst wiederum - soweit hier von Bedeutung - ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe verwendet, so dass die Sperrwirkung nach § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorliegend nicht angenommen werden kann. Diesbezüglich ist anerkannt, dass die Sperrwirkung nach § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur dann einsetzen kann, wenn u. a. eine bestehende tarifliche Regelung die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst abschließend und zwingend regelt. So lange eine solche tarifliche Vorgabe jedoch dem Arbeitgeber eine Regelungsmöglichkeit im Sinne einer Bestimmungsmöglichkeit belässt, verbleibt es auch bei dem entsprechenden Mitbestimmungstatbestand (BAG vom 21.09.1993 - 1 ABR 16/93 -, juris; BAG vom 08.06.2004 - 1 ABR 13/03 -, juris).

44

c) Gleichwohl ist die Beschwerde der Beteiligten zu 2 in dem unter Punkt A benannten Umfang begründet, da insoweit eine ermessensfehlerhafte Entscheidung gemäß § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG gegeben ist.

45

Gemäß § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG ist auf entsprechenden Antrag konkret die Überschreitung der Grenzen des Ermessens durch den Spruch einer Einigungsstelle zu überprüfen. Diese unterliegt in diesem Zusammenhang einer uneingeschränkten Rechtskontrolle (BAG vom 21.09.1993 a. a. O.), d. h. die Gerichte für Arbeitssachen haben nach eigenständiger Prüfung der Rechtslage zu entscheiden, ob der streitbefangene Spruch einer Einigungsstelle rechtswirksam ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einigungsstelle gemäß § 76 Abs. 5 BetrVG ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebes und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen zu fassen hat. Ob der Spruch der Einigungsstelle die Grenzen des ihr zustehenden Ermessens eingehalten hat, beurteilt sich danach, ob sich die getroffene Regelung als solche innerhalb dieser Grenzen hält. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die dem Spruch zugrundeliegenden Erwägungen der Einigungsstelle folgerichtig waren und eine erschöpfende Würdigung zum Inhalt haben (BAG vom 21.09.1993 a. a. O., m. w. N.).

46

Dabei ist ausgehend von den festgestellten Belangen des Betriebes und der Arbeitnehmer sowie deren Gewichtigkeit durch die Gerichte für Arbeitssachen zu prüfen, ob die von der Einigungsstelle getroffene Regelung noch als billiger Ausgleich dieser Belange gelten kann. Diesbezüglich kommt es weder auf eine "grobe Ermessensüberschreitung" noch auf eine "offenbare Unbilligkeit" des Spruches an.

47

Andererseits genügen lediglich Zweifel an der Einhaltung der Ermessensgrenzen nicht. Erforderlich ist vielmehr die Überzeugung, dass die Grenzen überschritten sind. Ein Verstoß in diesem Sinne ist etwa dann anzunehmen, wenn der Beschluss der Einigungsstelle deutlich erkennbar keine sachgerechte Interessenabwägung mehr enthält, weil z. B. die Einigungsstelle die Interessen der einen oder der anderen Seite überhaupt nicht berücksichtigt hat oder weil die Regelung nicht nur unzweckmäßig, sondern objektiv ungeeignet ist (BAG vom 21.09.1993 a. a. O., m. w. N.).

48

Gemessen an den benannten Voraussetzungen ist der hier im Streit befindliche Spruch der Einigungsstelle in dem oben benannten Umfang ermessensfehlerhaft.

49

Denn die nach dem Einigungsstellenspruch getroffenen Festlegungen in Ziffer 3.5 (Verkehrsflächen), Ziffer 3.6 (Türen und Tore), Ziffer 3.7 (Beschaffenheit von Fußböden, Wänden und Decken), Ziffer 3.8 (Beleuchtung und Sichtverbindung nach außen), Ziffer 3.11 Absatz 1 und 2 (Pausenräume), Ziffer 3.14 (Schutz vor Entstehungsbränden), Ziffer 3.15 (besondere Anforderungen an Flucht-/Rettungswege und Notausgänge) sowie 3.18 (Hygiene) betreffen allesamt jedenfalls in den nicht nur durch die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1 genutzten Gebäude - und das ist nach dem Vortrag der Beteiligten der Regelfall - auch nicht dem Betrieb der Beteiligten zu 1 angehörige Arbeitnehmer, welche demzufolge nicht an der Wahl des Beteiligten zu 2 beteiligt waren und für die deshalb der Beteiligte zu 2 kein betriebsverfassungsrechtliches Mandat besaß und besitzt.

50

Mit den vorbenannten Regelungen hat der hier im Streit befindliche Spruch der Einigungsstelle mithin ermessensfehlerhaft und damit im o. g. Sinne nach § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG rechtserheblich zum einen den vorgegebenen Regelungsbereich - Mindestanforderungen an Arbeitsstätten der Kundenniederlassung Nordost (Präambel) bezogen auf die unter den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes fallenden Arbeitnehmer der Kundenniederlassung Nordost (Ziffer 2.1 Geltungsbereich) - überschritten und zum anderen damit gleichzeitig - rechtsfehlerhaft - Regelungen auch für solche Arbeitnehmer (außerhalb des Betriebes der Beteiligten zu 1) aufgestellt, für die der Beteiligte zu 2 die notwendige Regelungskompetenz für Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG nicht besetzt.

51

3. Im Übrigen ist die Beschwerde der Beteiligten zu 1 nicht begründet.

52

Die mit der Beschwerde der Beteiligten zu 1 weiterhin angegriffenen Festlegungen in dem hier streitigen Spruch der Einigungsstelle ist der Erfolg zu versagen.

53

a) Wie bereits unter Punkt II. A 2. a) und b) dargelegt, ist der Spruch der Einigungsstelle weder auf Grund fehlender Zuständigkeit des Beteiligten zu 2 noch auf Grund der Vorgaben im Bildschirmtarifvertrag rechtsfehlerhaft.

54

b) Auch lässt sich insoweit eine Ermessensüberschreitung im Sinne des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG (vgl. zu den Einzelheiten oben unter II. A 3.) nicht feststellen.

55

aa) Das erkennende Gericht schließt sich der Rechtsauffassung der Beteiligten zu 1, die Ermessensfehlerhaftigkeit folge aus der Unterlassung der Vornahme einer konkreten Gefährdungsbeurteilung, nicht an.

56

Die Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetzt selbst unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrates (BAG vom 08.06.2004 - 1 ABR 13/03 -, juris). Mithin kann Gegenstand eines Einigungsstellenverfahrens nach § 87 Abs. 2 BetrVG auch die Frage sein, ob und gegebenenfalls auf welche Art und Weise eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen ist, und zwar unabhängig davon, ob bereits eine konkrete Gesundheitsgefahr bestimmbar wäre (BAG vom 08.06.2004 a. a. O.).

57

Es ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, weshalb isoliert betrachtet allein die Nichtvornahme einer Gefährdungsbeurteilung die Annahme einer ermessensfehlerhaften Entscheidung einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand von Festlegungen zum Gesundheitsschutz bzw. zum Arbeitsschutz rechtfertigten soll.

58

bb) Der abstrakten Rüge der Beteiligten zu 1, der Spruch der Einigungsstelle sei bereits wegen mangelnder Berücksichtigung individueller und räumlicher Gegebenheiten ermessensfehlerhaft, vermag sich das erkennende Gericht ebenfalls nicht anzuschließen.

59

Wie bereits unter Punkt II. A 2. c) ausgeführt, kommt es nicht darauf an, ob die dem Spruch zugrundeliegenden Erwägungen der Einigungsstelle folgerichtig waren und eine erschöpfende Würdigung zum Inhalt hatte. Maßgeblich ist allein, ob der Spruch die Grenzen des der Einigungsstelle eingeräumten Ermessens gewahrt hat. Da sich diese Rechtsfolge jedenfalls im Regelfall nicht lediglich nach abstrakten Gesichtspunkten feststellen lässt, ist diesbezüglich eine Einzelfallbetrachtung der jeweilig getroffenen Regelungen erforderlich.

60

Die Beteiligte zu 1 monierte diesbezüglich hinsichtlich Ziffer 3.3.1 (Grundfläche je Arbeitsplatz) sowie Ziffer 3.4 (Raumhöhe) des Spruches der Einigungsstelle im wesentlichen unter dem Stichwort "Ermessensfehlerhaftigkeit im Einzelfall" ergänzend, die getroffenen Festlegungen seien zum einen nicht nachvollziehbar und zum anderen baulich nicht umsetzbar.

61

Auch diese Argumentation führt nach Ansicht der Kammer hinsichtlich der konkret benannten Regelungsbereiche ebenfalls nicht zur Bejahung einer Ermessensüberschreitung im Sinne von § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG. Denn die Interessen der Beteiligten zu 1 sind auch insoweit durch den Spruch - wie auch bereits anläßlich der Anhörung der Beteiligten am 05.12.2008 erörtert - nach Auffassung der Kammer hinreichend berücksichtigt. Dieser Umstand ergibt sich zum einen aus den Festlegungen in Ziffer 2.2 (Geltungsbereich) des hier streitigen Spruches und zum anderen insbesondere durch die Vorgaben in Ziffern 1.1 Satz 1 der Präambel mit folgendem Wortlaut:

62

"Die jeweils aktuelle Verordnung über Arbeitsstätten dient als Grundlage für die Planung und Gestaltung von Arbeitsstätten bei der Kundenniederlassung Nordost."

63

Die vorbenannte Inbezugnahme impliziert jedenfalls die sinngemäße Anwendbarkeit von § 3 Abs. 3 Nr. 2 Arbeitsstättenverordnung vom 12.08.2004. Das heißt, dass die Beteiligten zu 1 und 2 nach dem Spruch der Einigungsstelle im Rahmen eines Mitbestimmungsverfahrens nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG - unabhängig von dem hier streitigen Spruch der Einigungsstelle - jedenfalls die Fälle gesondert zu verhandeln haben werden, in denen die Umsetzung der - rechtswirksamen - Inhalte des Spruches der Einigungsstelle für die Beteiligte zu 1 im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Härte führen würde und im Übrigen die Abweichung selbst mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist.

64

Damit ist im Rahmen der zu berücksichtigen Interessen auf Seiten der Beteiligten zu 1 jedenfalls noch hinreichend gewährleistet, dass die - rechtswirksamen - Festlegungen in dem hier streitigen Spruch der Einigungsstelle keine zwingenden für die Beteiligte zu 1 wirtschaftlich und/oder tatsächlich unzumutbaren und/oder unmöglichen Ansprüche zu Gunsten Dritter begründen.

B

65

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 greift hinsichtlich Ziffer 3.13 (Liegeräume) des Spruches der Einigungsstelle durch. Im Übrigen ist sie nicht begründet.

66

1. Bezüglich Ziffer 3.13 (Liegeräume) vermag sich das erkennende Gericht der Argumentation des Arbeitsgerichts Rostock in der angefochtenen Entscheidung nicht anzuschließen. Selbst wenn man der fehlenden Berücksichtigung der zeitlich begrenzten Geltung der Arbeitsstättenrichtlinie eine entsprechende rechtliche Bedeutung beimessen will, so führt dieser Umstand gleichwohl nicht zu einer Ermessensüberschreitung im Sinne des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG bezogen auf Ziffer 3.13 (Liegeräume) des Spruches der Einigungsstelle. Denn der im Streit befindliche Spruch hat eben diese zeitliche Komponente in Ziffer 4.3 (Schlussbestimmungen) hinreichend berücksichtigt, als dort gerade für den Fall eintretender Änderungen die Aufnahme von neuen Verhandlungen zwischen den Betriebsparteien vorgesehen ist.

67

Auch im Übrigen ist diesbezüglich unter Hinweis auf die Ausführungen zu Punkt II. A 3. dieser Entscheidung eine Ermessensüberschreitung im Sinne von § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG nicht ersichtlich.

68

2. Im Übrigen ist die Beschwerde des Beteiligten zu 2 nicht begründet.

69

a) Ziffer 3.12 (Sanitärräume) betrifft in den nicht nur ausschließlich durch die Beteiligte zu 1 genutzten Gebäuden auch solche Arbeitnehmer anderer Betriebe, die nicht durch den Beteiligten zu 2 vertreten werden. Bereits daraus folgt unter Hinweis auf die Ausführungen zu Punkt II. A 2. c) dieser Entscheidung eine Ermessensüberschreitung des Spruches der Einigungsstelle im Sinne von § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG.

70

b) Die Ziffer 1.2 (Präambel), 3.2 (Barrierefreiheit) sowie 3.11 (Pausenräume; letzter Absatz, Teeküchen) des Spruches der Einigungsstelle sind jeweils wegen Ermessensüberschreitung im Sinne des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG rechtsunwirksam.

71

Zur Begründung wird auf die zutreffende Argumentation des Arbeitsgerichtes Rostock in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, soweit dort wie folgt ausgeführt wird:

72

"Dies ist der Fall, soweit in der Präambel der Entscheidung der Einigungsstelle eine Verantwortung der Führungskräfte während der Planung neuer oder der Veränderung bestehender Arbeitsstätten, Arbeitsräume, Arbeitsplätze usw. begründet wird. Aufgabe des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ist es, Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten zu treffen. Nicht jedoch, neue Verpflichtungen für Führungskräfte zu manifestieren. Hiermit überschreitet die Einigungsstelle den ihr zustehenden Ermessensrahmen."

73

"Ziffer 3.2 (Barrierefreiheit) überschreitet das der Einigungsstelle zustehende Ermessen. Aufgabe der Einigungsstelle ist es, Mindestanforderungen an Arbeitsstätten festzusetzen. In § 3 Abs. 2 der Arbeitsstättenverordnung ist geregelt, "beschäftigt der Arbeitergeber Menschen mit Behinderung, hat er Arbeitsstätten so einzurichten und zu betreiben, dass die besonderen Belange dieser Beschäftigten im Hinblick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz berücksichtigt werden." Dies gilt insbesondere für die Türen, barrierefreie Gestaltung von Arbeitsplätzen sowie von zugehörigen Verkehrswegen, Fluchtwegen, Notausgängen, Treppenorientierungssystem, Waschgelegenheiten, Toilettenräumen. Mit der Regelung in 3.2 der "Mindestanforderungen an Arbeitsstätten " hat die Einigungsstelle beschlossen, dass Arbeitsstätten barrierefrei einzurichten sind. Dabei koppelt die Regelung des Einigungsstättenspruches die Barrierefreiheit von der Frage, ob überhaupt behinderte Mitarbeiter beschäftigt werden, ab. Damit geht die Entscheidung der Einigungsstelle über die Vorgabe der Arbeitsstättenverordnung hinaus und überschreitet den Rahmen des ihr zustehenden Ermessens."

74

"Dagegen ist ist Ziffer 3.11 der Betriebsvereinbarung (Mindestanforderungen an Arbeitsstätten", letzter Absatz ermessensfehlerhaft. Ein Anknüpfungspunkt, aus der sich ein Anspruch auf Schaffung von Teeküchen ergibt, findet sich nicht in der Arbeitsstättenverordnung. Es liegt insoweit eine Ermessensüberschreitung vor. Bei einer Teeküche handelt es sich um eine Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG. Hier unterliegen Form, Ausgestaltung und Verwaltung der Mitbestimmung des Betriebsrates. Hingegen besteht kein Anspruch auf Schaffung einer derartigen Einrichtung. Insoweit ist die Betriebsvereinbarung wegen Ermessensüberschreitung unwirksam."

75

Den zitierten Darlegungen des Arbeitsgerichts Rostock folgt das erkennende Gericht sowohl rechtlich als auch tatsächlich uneingeschränkt, zumal insoweit in der Beschwerdeinstanz neue Erkenntnisse, die eine abweichende rechtliche Bewertung erfordert hätte, nicht zu Tage getreten sind.

C

76

Die festgestellte Teilunwirksamkeit des streitbefangenen Spruches der Einigungsstelle führt vorliegend nicht zur insgesamten Unwirksamkeit, da der verbleibende Teil auch für sich alleine nach Auffassung der Kammer eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung darstellte.

D

77

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde folgt aus § 92 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG. Jedenfalls die aufgeworfene Rechtsfrage nach einer Ermessensüberschreitung im Sinne des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG auf Grund einer unterbliebenen konkreten Gefährdungsbeurteilung ist grundsätzliche Bedeutung beizumessen.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten ausreichende und angemessene Informationen anhand der Gefährdungsbeurteilung in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zur Verfügung zu stellen über

1.
das bestimmungsgemäße Betreiben der Arbeitsstätte,
2.
alle gesundheits- und sicherheitsrelevanten Fragen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit,
3.
Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit der Beschäftigten durchgeführt werden müssen, und
4.
arbeitsplatzspezifische Maßnahmen, insbesondere bei Tätigkeiten auf Baustellen oder an Bildschirmgeräten,
und sie anhand dieser Informationen zu unterweisen.

(2) Die Unterweisung nach Absatz 1 muss sich auf Maßnahmen im Gefahrenfall erstrecken, insbesondere auf

1.
die Bedienung von Sicherheits- und Warneinrichtungen,
2.
die Erste Hilfe und die dazu vorgehaltenen Mittel und Einrichtungen und
3.
den innerbetrieblichen Verkehr.

(3) Die Unterweisung nach Absatz 1 muss sich auf Maßnahmen der Brandverhütung und Verhaltensmaßnahmen im Brandfall erstrecken, insbesondere auf die Nutzung der Fluchtwege und Notausgänge. Diejenigen Beschäftigten, die Aufgaben der Brandbekämpfung übernehmen, hat der Arbeitgeber in der Bedienung der Feuerlöscheinrichtungen zu unterweisen.

(4) Die Unterweisungen müssen vor Aufnahme der Tätigkeit stattfinden. Danach sind sie mindestens jährlich zu wiederholen. Sie haben in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zu erfolgen. Unterweisungen sind unverzüglich zu wiederholen, wenn sich die Tätigkeiten der Beschäftigten, die Arbeitsorganisation, die Arbeits- und Fertigungsverfahren oder die Einrichtungen und Betriebsweisen in der Arbeitsstätte wesentlich verändern und die Veränderung mit zusätzlichen Gefährdungen verbunden ist.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.