Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 18.11.2014 – 1 Ca 44/14 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Jahressonderzahlung nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, insbesondere über die Wirksamkeit der Stichtagsregelung.

2

Die am 14.05.1990 geborene Klägerin schloss mit der Beklagten am 15.11.2011 einen befristeten Arbeitsvertrag für den Zeitraum vom 16.11.2011 bis 15.11.2012, den die Parteien später um ein weiteres Jahr bis zum 15.11.2013 verlängerten. Die Klägerin arbeitete als Krankenschwester in dem von der Beklagten betriebenen Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie.

3

Nach § 2 des Arbeitsvertrages gelten für das Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (im Folgenden: AVR.DW.EKD) in der jeweils gültigen Fassung.

4

Die ab dem 01.06.2013 geltende Fassung der AVR.DW.EKD hat folgenden Wortlaut:

5

"…

6

§ 14 Die Bestandteile des Entgeltes

7

8

(3) Sonstige Zuwendungen werden nach den Anlagen 12 und 14 der AVR in der jeweils gültigen Fassung gezahlt.

9

10

Anlage 14

11

JAHRESSONDERZAHLUNG

12

(1) Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter, die oder der sich am 01. November eines Jahres in einem Beschäftigungsverhältnis befindet, das mindestens bis zum 31. Dezember des Jahres besteht, erhält eine Jahressonderzahlung.

13

(2) Die Höhe der Jahressonderzahlung errechnet sich aus der Summe der Bezüge gemäß Unterabsatz 3 der Monate Januar bis einschließlich Oktober des Jahres, dividiert durch zehn. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen vertraglich variable Mehrarbeit vereinbart ist, erhöht sich dieser Betrag um die durchschnittliche Vergütung der tatsächlich geleisteten Mehrarbeit.

14

Beginnt das Beschäftigungsverhältnis nach dem 1. Oktober, wird die Jahressonderzahlung auf der Basis der Bezüge für den Monat November, dividiert durch zehn, berechnet.

15

Zu den Bezügen zählt das monatliche Tabellenentgelt, die Kinderzulage, ggf. die Besitzstandszulage, die in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen sowie die Zeitzuschläge gemäß § 20a AVR.

16

(3) Die Jahressonderzahlung wird zur Hälfte im November des laufenden Jahres, die zweite Hälfte im Juni des Folgejahres gezahlt. Sofern das betriebliche Ergebnis des Vorjahres nach Absatz 5 negativ ist, beträgt abweichend von Satz 1 in Einrichtungen der Altenhilfe, Rehabilitation, Jugendhilfe sowie ambulanten Diensten und Beratungsstellen der im November fällige Teil der Jahressonderzahlung 25 v.H. und der im Juni des Folgejahres fällige Teil 75 v.H. Die Höhe der Zahlung im Juni ist vom betrieblichen Ergebnis der Einrichtung abhängig. …

17

(4) Weist die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber nach, dass bei voller Juni-Zahlung der anteiligen Bruttopersonalkosten der Jahressonderzahlung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein negatives betriebliches Ergebnis im Vorjahr (Wirtschaftsjahr der geleisteten Novemberzahlung) vorliegen würde, entfällt der Anspruch auch teilweise in dem Maße, in dem die Reduzierung in Summe zu einem ausgeglichenen Ergebnis führt. Der Nachweis gilt als erbracht, wenn die Dienststellenleitung der Mitarbeitervertretung ein Testat eines vereidigten Wirtschaftsprüfers oder einer Treuhandstelle vorlegt, aus dem sich der Umfang des negativen betrieblichen Ergebnisses und die Summe der regulären betrieblichen Juni-Zahlung ergibt. …

18

…“

19

Für das Jahr 2012 erhielt die Klägerin eine Jahressonderzahlung, nicht jedoch für das Jahr 2013.

20

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie könne die volle Jahressonderzuwendung 2013 beanspruchen. Die Stichtagsregelung, die den Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Jahresende verlange, sei unwirksam. Eine Sonderzahlung, die zumindest auch als Vergütung für erbrachte Arbeitsleistung anzusehen sei, könne in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31.12. des Jahres abhängig gemacht werden. Die Jahressonderzahlung nach den AVR.DW.EKD honoriere nicht nur die Betriebstreue, sondern auch geleistete Arbeit. Das ergebe sich zum einen aus den Berechnungsgrundlagen der Jahressonderzahlung, deren Höhe sich nicht nach dem Bestand des Arbeitsverhältnisses, sondern nach der für die Arbeitsleistung bezogenen Vergütung - ggf. einschließlich der Mehrarbeit - richte. Zum anderen hänge die Jahressonderzahlung vom Betriebsergebnis ab, zu dem die Belegschaft mit ihrer Arbeitsleistung beigetragen habe. Die Stichtagsregelung verletze die Klägerin in ihren Rechten aus Art. 3 GG. Es gebe keinen sachlichen Grund, ihr die Jahressonderzahlung, zu der sie mit ihrer Arbeitsleistung beigetragen habe, vollständig zu entziehen.

21

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

22

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 1.350,41 Bruttoarbeitsentgelt nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen.

23

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Ihrer Auffassung nach könne die Klägerin eine Jahressonderzahlung für 2013 nicht verlangen. Zwar wende das Bundesarbeitsgericht auf die Arbeitsvertragsrichtlinien das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen an, berücksichtige dabei aber auch die Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts. Die auf dem sogenannten Dritten Weg zustande gekommenen Regelungen seien wie Tarifverträge nur daraufhin zu überprüfen, ob ein Verstoß gegen die Verfassung, anderes höherrangiges zwingendes Recht oder gegen die guten Sitten vorliege. Die Stichtagsregelung verstoße nicht gegen Art. 3 GG. In Tarifverträgen, beispielsweise § 20 TVöD, gebe es vergleichbare Stichtage.

24

Abgesehen davon stelle die Jahressonderzahlung keine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung dar, sondern diene ausschließlich der Honorierung der Betriebstreue. Es handele sich nicht, wie die Klägerin meine, um eine Sonderzahlung mit Mischcharakter. Soweit die Zahlung von dem Betriebsergebnis abhänge, gehe es gerade nicht um die Arbeitsleistung der Mitarbeiter, sondern um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Einrichtung, die bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht noch weiter belastet werden solle. Darüber hinaus habe die Klägerin ihren vermeintlichen Anspruch der Höhe nach nicht richtig berechnet. Tatsächlich ergäbe sich allenfalls ein Betrag von € 1.276,13 brutto, der zudem in zwei Raten zahlbar sei, weshalb der im Antrag genannte Verzinsungszeitpunkt nicht zutreffe.

25

Das Arbeitsgericht Stralsund hat die Klage mit Urteil vom 18.11.2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen der Anlage 14 AVR.DW.EKD nicht erfülle. Die Stichtagsregelung sei wirksam. Zwar handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, bei der Prüfung seien jedoch gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Während ein Arbeitgeber in herkömmlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er allein festlege, seine Interessen einseitig durchsetzen könne, sei das bei einem kirchlichen Arbeitgeber nicht möglich. Da die Aufstellung der Arbeitsvertragsrichtlinien in den Händen der Arbeitsrechtlichen Kommission liege, die mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern paritätisch besetzt sei, handele es sich - ähnlich wie bei Tarifverträgen - grundsätzlich um ausgewogene Regelungen, in denen die Interessen der Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt seien. Die Arbeitsvertragsrichtlinien seien demnach nur daraufhin zu überprüfen, ob ein Verstoß gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder gegen die guten Sitten vorliege. Das sei, selbst wenn es sich um eine Sonderzahlung mit Mischcharakter handeln sollte, nicht der Fall.

26

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Das Arbeitsgericht habe das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG fehlerhaft angewandt. Als befristet Beschäftigte habe die Klägerin überhaupt keinen Einfluss auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gehabt, habe sich also gar nicht betriebstreu erweisen können.

27

Die Klägerin beantragt,

28

unter Aufhebung des am 18.11.2014 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Stralsund, Aktenzeichen 1 Ca 44/14, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von € 1.276,13 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen.

29

Die Beklagte beantragt,

30

die Berufung zurückzuweisen.

31

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und verweist nochmals ausdrücklich darauf, dass die Jahressonderzahlung eine Treueprämie sei, weshalb es eben doch einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung von ausscheidenden und weiterbeschäftigten Mitarbeitern gebe.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

33

Die Berufung der Klägerin ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat nach § 14 Abs. 3 i. V. m. Anlage 14 AVR.DW.EKD keinen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung für 2013.

34

Nach Abs. 1 der Anlage 14 zu § 14 Abs. 3 AVR.DW.EKD erhält die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter, die oder der sich am 01. November eines Jahres in einem Beschäftigungsverhältnis befindet, das mindestens bis zum 31. Dezember des Jahres besteht, eine Jahressonderzahlung.

35

Die Klägerin erfüllt zwar noch die erste Anspruchsvoraussetzung, da sie sich am 01.11.2013 noch im Beschäftigungsverhältnis befand. Es fehlt jedoch an der zweiten Bedingung, da ihr Beschäftigungsverhältnis am 15.11.2013 endete, also nicht mehr bis mindestens 31.12.2013 fortbestand.

36

Die Stichtagsregelungen in Abs. 1 der Anlage 14 zu § 14 Abs. 3 AVR.DW.EKD sind wirksam. Sie verstoßen weder gegen § 307 BGB noch gegen Art. 3 GG. Die sich aus den Stichtagen ergebenden Beschränkungen des Anspruchs sind nicht wegen Verstoßes gegen Gesetzesrecht unbeachtlich.

37

Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Das gilt nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).

38

Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, abhängig gemacht werden (BAG, Urteil vom 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 23 - juris = NJW 2014, 1466; BAG, Urteil vom 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 22 - juris = NJW 2012, 1532). Die Stichtagsklausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, weil sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit gegebenenfalls vorenthalten zu können, ist nicht ersichtlich (BAG, Urteil vom 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 23 - juris = NJW 2012, 1532).

39

Dient eine Sonderzuwendung nicht der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen, sondern verfolgt der Arbeitgeber damit sonstige Zwecke, kann eine Klausel, wonach der Anspruch den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag voraussetzt, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten. Eine Sonderzuwendung weicht nicht von der gesetzlichen Grundkonzeption des § 611 BGB ab, wenn sie nicht im Synallagma (Gegenseitigkeitsverhältnis) zur erbrachten Arbeitsleistung steht. Ihre Zahlung kann deshalb grundsätzlich an den Eintritt weiterer Bedingungen geknüpft werden (BAG, Urteil vom 22. Juli 2014 - 9 AZR 981/12 - Rn. 19 - juris = NZA 2014, 1136).

40

Dieser Prüfungsmaßstab gilt jedoch nicht für kirchliche Arbeitsvertragsregelungen, sofern sie auf dem Dritten Weg nach den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurden.

41

Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen haben selbst keine normative Wirkung, sondern können als vom jeweiligen Arbeitgeber gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen lediglich kraft einzelvertraglicher Einbeziehung auf ein Arbeitsverhältnis anzuwenden sein (BAG, Urteil vom 19. April 2012 - 6 AZR 677/10 - Rn. 23 - juris = ZTR 2012, 468).

42

Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen unterliegen seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 grundsätzlich einer Überprüfung nach den §§ 305 ff. BGB (BAG, Urteil vom 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 49 - juris = BB 2011, 186; BAG, Urteil vom 19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - Rn. 10 - juris = NZA 2010, 106; BAG, Urteil vom 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - Rn. 16 - juris = NZA 2006, 872).

43

Bei der Inhaltskontrolle von kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen sind jedoch die im Arbeitrecht geltenden Besonderheiten zu berücksichtigen (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Das Besondere bei kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen liegt darin, dass sie nicht einseitig vom Arbeitgeber selbst aufgestellt werden, sondern von einer paritätisch mit weisungs-unabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden. Die paritätische Besetzung und die Unabhängigkeit der Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission gewährleisten, dass die Arbeitgeberseite ihre Interessen bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen nicht einseitig durchsetzen kann. Diese Besonderheit ist gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen, was in der Weise geschieht, dass die Arbeitsvertragsregelungen nur einer bloßen Rechtskontrolle unterliegen. Maßstab der Rechtskontrolle ist wie bei Tarifverträgen, ob die Regelung gegen die Verfassung, höherrangiges zwingendes Recht oder gegen die guten Sitten verstößt (BAG, Urteil vom 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 71 - juris = NZA 2012, 1440; BAG, Urteil vom 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 31 - juris = NZA 2011, 634; BAG, Urteil vom 19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - Rn. 11 - juris = NZA 2010, 106).

44

Das gilt vor allem dann, aber nicht nur dann, wenn die auf dem Dritten Weg entstandenen Arbeitsvertragsregelungen einschlägige tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernehmen (BAG, Urteil vom 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 32 - juris = NZA 2011, 634). In Tarifverträgen kann eine Jahressonderzahlung vom Bestand des Arbeitsverhältnisses an einem bestimmten Stichtag abhängig gemacht werden. Das gilt auch für Jahressonderzahlungen, die zum einen Vergütungscharakter haben und zum anderen Betriebstreue honorieren sollen (BAG, Urteil vom 12. Dezember 2012 - 10 AZR 718/11 - juris = NZA 2013, 577 zu § 20 TVöD).

45

Die Stichtagsregelungen der Jahressonderzahlung in Abs. 1 der Anlage 14 zu § 14 Abs. 3 AVR.DW.EKD verstoßen nicht gegen die Verfassung, höherrangiges zwingendes Recht oder gegen die guten Sitten (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.12.2014 - 3 Sa 440/14 - juris - zu einer ähnlichen Regelung in den Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes).

46

Sie sind mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der allgemeine Gleichheitssatz ist Ausdruck des Gerechtigkeitsgedankens im Grundgesetz und fundamentales Rechtsprinzip. Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Regelbildung auszuschließen. Den Anforderungen des Gleichheitssatzes wird genügt, wenn bei typisierender Betrachtung der jeweiligen Gruppen sachbezogene Gruppenunterschiede erkennbar sind und deshalb die unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt ist. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG, Urteil vom 19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - Rn. 21 - juris = NZA 2010, 106).

47

Ob die Jahressonderzahlung nach den AVR.DW.EKD ausschließlich den Zweck hat, die Betriebstreue zu fördern, bedarf keiner Entscheidung. Selbst wenn sie zugleich Gegenleistung für die erbrachte Arbeit darstellt, also Mischcharakter hat, ist die unterschiedliche Behandlung der ausscheidenden und der verbleibenden Mitarbeiter nicht zweckwidrig. Insofern genügt es, dass die Jahressonderzahlung jedenfalls auch die Betriebstreue honorieren soll.

48

Dieser Leistungszweck ergibt sich aus der Stichtagsregelung, nach der das Arbeitsverhältnis bei Auszahlung der ersten Hälfte im November bestehen und bis mindestens Ende Dezember fortdauern muss. Eine Stichtagsregelung, die eine Sonderzahlung vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt abhängig macht, hat den Zweck, Betriebstreue zu honorieren (vgl. BAG, Urteil vom 12. Dezember 2012 - 10 AZR 718/11 - Rn. 36 - juris = NZA 2013, 577 zu § 20 TVöD). Ein Stichtag ist jeweils zukunftsorientiert und dient dazu, den Mitarbeiter zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu motivieren und seine Leistungsbereitschaft zu fördern. Die Jahressonderzahlung ist deshalb nicht nur vergangenheitsbezogener Natur, sondern enthält auch ein zukunftsgerichtetes Element.

49

Die Honorierung der Betriebstreue kommt des Weiteren in den unterschiedlichen Zahlungsterminen zum Ausdruck. Die Regelungen sind auf einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ausgerichtet. Während die erste Hälfte der Jahressonderzahlung im November des laufenden Jahres zu zahlen ist, wird die zweite Hälfte erst im Juni des Folgejahres fällig. Zudem ist die Juni-Zahlung vom betrieblichen Ergebnis abhängt, wodurch für die Mitarbeiter ein Anreiz gesetzt wird, durch ihre Arbeitsleistung und Einsatzbereitschaft zu einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung beizutragen. Dieses Ziel kann die Jahressonderzahlung bei ausgeschiedenen Mitarbeitern nicht mehr erreichen. Aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis geendet hat, ist dabei unerheblich. Die Sonderzahlung kann sich im beendeten oder vorzeitig endenden Arbeitsverhältnis nicht oder nicht mehr nachhaltig auf die Motivation des Arbeitnehmers auswirken. Die unterschiedliche Behandlung dieser Mitarbeiter ist sachlich gerechtfertigt, um die mit der Zahlung angestrebten Ziele erreichen zu können. Die Schlechterstellung der ausscheidenden oder ausgeschiedenen Mitarbeiter ist vom Leistungszweck gedeckt und nicht willkürlich.

50

Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Klägerin zu tragen. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

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(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

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2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. April 2012 - 7 Sa 1232/11 - aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juli 2011 - 2 Ca 7935/10 - hinsichtlich des Antrags zu 1. zurückgewiesen hat.

II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juli 2011 - 2 Ca 7935/11 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.299,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Die Kosten der ersten und der zweiten Instanz hat die Beklagte jeweils zu 2/5 und der Kläger jeweils zu 3/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Sonderzahlung für das Jahr 2010.

2

Der Kläger war nach seiner bei der Beklagten absolvierten Berufsausbildung ab Januar 2006 als Controller auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags von Dezember 2005 beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag enthielt unter § 3(Bezüge) ua. folgende Regelung:

„2. Die Zahlung von Gratifikationen und sonstigen Leistungen liegt im freien Ermessen des Verlages und begründet keinen Rechtsanspruch, auch wenn die Zahlung wiederholt ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgte. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Zahlung durch gültigen Tarifvertrag geregelt ist.“

4

Gemäß § 11 des Arbeitsvertrags fanden die Tarifverträge für den Groß- und Außenhandel in Hessen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Der Manteltarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Hessen vom 4. Juli 1997 (MTV) ist ausweislich des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlichten Verzeichnisses der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge (Stand 1. Oktober 2013) ab dem 1. Januar 1997 allgemeinverbindlich mit einer hier nicht interessierenden Einschränkung.

5

Im MTV findet sich unter § 14(Sonderzahlungen) folgende Regelung:

        

„1.     

Arbeitnehmer und Auszubildende, die am 1.12. eines Kalenderjahres dem Betrieb/Unternehmen/Konzern ununterbrochen mindestens 12 Monate angehören, haben kalenderjährlich einen Anspruch auf eine Sonderzahlung in folgender Höhe:

                 

1997   

1998   

1999   

2000   

                 

1115,-

1130,-

1145,-

1160,- [DM]

                 

…       

                          
        

3.    

Wird das Arbeitsverhältnis aufgrund grob treuwidrigen Verhaltens oder Vertragsbruches des Arbeitnehmers beendet, so entfällt der Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung. Gegebenenfalls für das laufende Kalenderjahr gewährte Sonderzahlungen sind als Vorschuss zurückzuzahlen.

        

4.    

Die im laufenden Kalenderjahr erbrachten Sonderzahlungen des Arbeitgebers, wie Jahresabschlussvergütungen, Weihnachtsgeld, Gratifikationen, Jahresergebnisbeteiligungen, Jahresprämien und ähnliches, gelten als Sonderzahlungen im Sinne dieser Vereinbarung und erfüllen den tariflichen Anspruch, soweit sie zusammengerechnet die Höhe der tariflich zu erbringenden Leistungen erreichen.

                 

…       

        

5.    

Wenn dem Anspruchsberechtigten in dem Kalenderjahr keine Ansprüche auf Entgelt oder Zuschüsse zum Krankengeld gemäß § 15 Ziffer 2 - 4 oder zum Mutterschaftsgeld gemäß § 14 Mutterschutzgesetz zustehen, entfällt der Anspruch auf die nach Ziffer 1 garantierte Sonderzahlung. Wenn nur für einen Teil des Kalenderjahres derartige Ansprüche bestehen, ermäßigt sich der Anspruch auf die Sonderzahlung für jeden Kalendermonat ohne derartige Ansprüche um ein Zwölftel.

        

6.    

Arbeitnehmer, die vor dem Stichtag 1.12. wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit oder Erreichung der Altersgrenze aus dem Betrieb ausscheiden, erhalten eine anteilige Leistung.

        

…“    

        
6

Der Kläger erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine jeweils als Gratifikation, ab dem Jahr 2007 zusätzlich auch als Weihnachtsgratifikation bezeichnete Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts. Hierzu übersandte die Beklagte jeweils im Herbst ein Schreiben an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in dem sie „Richtlinien“ für die Auszahlung der Gratifikation aufführte, die im Wesentlichen unverändert blieben.

7

Im Schreiben vom 30. September 2010 hieß es ua.:

        

„Als Dank für Ihren bisherigen persönlichen Einsatz in diesem Jahr und zugleich als ein Stück Motivation für eine weiterhin loyale und wirkungsvolle Zusammenarbeit zahlen wir Ihnen eine Weihnachtsgratifikation aus, deren Höhe im Vergleich zum letzten Jahr unverändert bleibt. Sie wird mit dem November-Gehalt 2010 abgerechnet und auf die Konten überwiesen.

        

Die Gratifikation wird nach folgenden Richtlinien ermittelt:

        

1.    

Die Zahlung erfolgt an Verlagsangehörige, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden.

        

2.    

Die Gratifikation beträgt 100 % des November-Bruttogehaltes/-lohnes bzw. der Ausbildungsvergütung, wenn das Arbeitsverhältnis seit 01.01.2010 besteht und keine unbezahlten Arbeitsbefreiungen zu verzeichnen sind. Bei Arbeitszeitveränderungen im Laufe des Jahres errechnet sich die Gratifikation anteilig.

        

3.    

Verlagsangehörige, die nach dem 01.01.2010 eingetreten sind oder eine unbezahlte Arbeitsbefreiung aufweisen, erhalten für jeden Kalendermonat des bestehenden Arbeitsverhältnisses bzw. der bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des Bruttomonatsgehaltes/-lohnes.

                 

Dabei wird ein angefangener Monat als voller Monat gerechnet, wenn die Betriebszugehörigkeit/bezahlte Arbeitsleistung 15 Kalendertage übersteigt. Auszubildende erhalten in jedem Fall 100 % der Ausbildungsvergütung.

        

4.    

Tariflich zu zahlende Jahresleistungen werden auf diese Zahlungen angerechnet.

        

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Zahlung der Weihnachtsgratifikation eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung des Verlages ist. Auf diese besteht für die Zukunft auch durch wiederholte Zahlung kein Rechtsanspruch.“

8

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund einer vom Kläger ausgesprochenen Kündigung am 30. September 2010.

9

Mit der Klage hat der Kläger - soweit noch von Interesse - unter Berufung auf die Richtlinien Zahlung der anteiligen (9/12 eines Monatsgehalts) Sonderzahlung für das Jahr 2010 verlangt. Er hat gemeint, sein Anspruch ergebe sich aus der Gesamtzusage vom 30. September 2010. Diese stelle gegenüber § 14 MTV eine eigene Rechtsgrundlage für seinen Anspruch dar. Die Stichtagsregelung in der Zusage sei unwirksam. Es handele sich um eine die Kündigung der Arbeitnehmer erschwerende Bedingung. Die Regelung sei sowohl in sich als auch gegenüber der tarifvertraglichen Stichtagsregelung widersprüchlich.

10

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.299,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe das Schreiben vom 30. September 2010 nicht erhalten. Im Übrigen erfülle er wegen seines Ausscheidens zum 30. September 2010 weder die Voraussetzungen der tarifvertraglichen Regelung noch die der Richtlinien. Die dort geregelte Anforderung, dass am 31. Dezember 2010 noch ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestanden haben müsse, sei wirksam.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die von ihm begehrte Zahlung in Höhe von 9/12 eines Monatsgehalts (zu I). Grundlage des Anspruchs ist die von der Beklagten in Gestalt der Richtlinien erteilte Gesamtzusage für das Jahr 2010 (zu I 1). Bei der in den Richtlinien vorgesehenen Leistung handelt es sich um eine Sonderzahlung, die sowohl Gegenleistung für erbrachte Arbeit ist als auch Anreiz zu künftiger Betriebstreue des Arbeitnehmers sein soll („Mischcharakter“, zu I 2). Die in den Richtlinien vorgesehene Klausel, nach der am 31. Dezember des Bezugsjahres ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestehen muss, ist unwirksam. Sie kann nicht in dem Sinne teilweise aufrechterhalten werden, dass sie lediglich den Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember verlangt (zu I 3). Im Übrigen kann eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Gegenleistung für laufend erbrachte Arbeitsleistung darstellt, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zu I 4). Der im Arbeitsvertrag enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt steht dem Anspruch nicht entgegen (zu I 5).

14

I. Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht der von ihm erhobene und der Höhe nach außer Streit stehende Anspruch zu.

15

1. Rechtsgrundlage des Anspruchs ist die von der Beklagten am 30. September 2010 erteilte Gesamtzusage.

16

a) Eine Gesamtzusage liegt vor, wenn ein Arbeitgeber einseitig bekannt gibt, dass er jedem Arbeitnehmer, der die von ihm abstrakt festgelegten Voraussetzungen erfüllt, eine bestimmte Leistung gewährt. Der Arbeitnehmer erwirbt einen einzelvertraglichen Anspruch auf diese Leistung, wenn er die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ohne dass es einer gesonderten Erklärung der Annahme des in der Zusage enthaltenen Angebots bedarf. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 852/09 - Rn. 17).

17

b) Diesen Anforderungen entsprachen die Richtlinien der Beklagten. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen. Die Richtlinien richteten sich an alle Arbeitnehmer der Beklagten und legten die rechtlichen Regeln fest, nach denen Zahlungsansprüche der Arbeitnehmer gegen die Beklagte begründet werden sollten. Auf die Frage, wie die Richtlinien dem Kläger im Jahr 2010 zugegangen sind, kommt es nicht an, weil das Zustandekommen eines vertraglichen Anspruchs aufgrund einer Gesamtzusage nicht vom konkret nachgewiesenen Zugang der Zusage an den einzelnen Arbeitnehmer abhängig ist (BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 31, BAGE 118, 360).

18

2. Nach den Richtlinien dient die Sonderzahlung einerseits der Vergütung erbrachter Arbeitsleistung, andererseits auch dem Anreiz zur Betriebstreue. Anspruchsvoraussetzung soll der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2010 sein. Dies ergibt die Auslegung der Richtlinien, die ein an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtetes Vertragsangebot iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen(vgl. BAG 29. September 2010 - 3 AZR 557/08 - Rn. 24 ff., BAGE 135, 334) und den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Regeln unterliegen.

19

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 20. März 2013 - 10 AZR 636/11 - Rn. 20).

20

b) Die Richtlinien gewähren dem Arbeitnehmer die Sonderzahlung einerseits als Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Es handelt sich nicht um eine reine Gratifikation, deren Zweck allein in der Zuwendung von Geld aus Anlass des Weihnachtsfestes läge. Zwar könnte die in den Richtlinien verwendete Bezeichnung „Weihnachtsgratifikation“ in diese Richtung weisen. Jedoch soll die Zahlung ausdrücklich auch „Dank für ... persönlichen Einsatz“ sein. Außerdem zeigen die Anspruchsvoraussetzungen in Ziff. 2 und Ziff. 3, dass die Zahlung jedenfalls auch eine Gegenleistung für erbrachte Arbeit darstellt. Die Zahlung knüpft nicht an das bloße Bestehen des Arbeitsverhältnisses im Bezugsjahr an. Sie ist abhängig davon, dass entweder Arbeitsleistung erbracht wurde oder doch keine unbezahlten Arbeitsbefreiungen vorlagen. Wie aus Ziff. 3 hervorgeht, erhalten unterjährig eintretende Mitarbeiter und solche mit einer unbezahlten Arbeitsbefreiung eine anteilige Sonderzahlung, und zwar entsprechend der Anzahl der Monate, in denen sie gearbeitet haben.

21

c) Andererseits verlangen die Richtlinien Betriebstreue über das Bezugsjahr hinaus. Die Stichtagsklausel benennt zwar den letzten Tag des Bezugsjahres als den Tag, an dem das Arbeitsverhältnis noch bestehen muss. Damit liegt der Stichtag für den Bestand des Arbeitsverhältnisses aber nur scheinbar innerhalb des Jahres, in dem die Arbeitsleistung, die mit der Sonderzahlung entgolten wird, erbracht wird. In Wahrheit macht die Klausel entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts den Anspruch auf die Sonderzahlung in aller Regel vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über das Jahr 2010 hinaus abhängig. Dies wird dadurch bewirkt, dass nach der Klausel das Arbeitsverhältnis am 31. Dezember „ungekündigt“ bestehen muss. Ein Arbeitnehmer, der sich den Anspruch erhalten will, darf demnach frühestens am 1. Januar des Folgejahres kündigen. Jede Kündigung vor dem 1. Januar 2011 soll dem Anspruch entgegenstehen. Dies kann den Arbeitnehmer, je nach Dauer der Kündigungsfrist, zum Verbleib im Arbeitsverhältnis bis weit in das Folgejahr hinaus zwingen. Entsprechendes gilt für Arbeitgeberkündigungen. Keine über das Jahr 2010 hinausgehende Bindung wurde als Anspruchsvoraussetzung nur für die Fälle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses am oder zum 31. Dezember 2010 ohne Ausspruch einer Kündigung verlangt, was insbesondere bei Befristung, Aufhebungsvertrag oder Betriebsübergang in Betracht kommt.

22

3. Mit diesem Inhalt hält die Stichtagsregelung der Inhaltskontrolle nicht stand. Sie ist insgesamt unwirksam mit der Folge, dass die Richtlinien ohne die Stichtagsklausel gelten (§ 306 Abs. 1 BGB).

23

a) Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine derartige Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 BGB(vgl. ausführlich BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231). Wie ausgeführt, erstreckt sich die hier durch die Stichtagsklausel vermittelte Bindung des Arbeitnehmers auf einen Zeitraum außerhalb des Bezugsjahres. Daran ändern auch die erwähnten, in der Klausel aber nicht genannten Fallgestaltungen einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung nichts.

24

b) Die Klausel kann nicht mit dem Inhalt aufrechterhalten werden, dass die Entstehung des Anspruchs auf die Sonderzahlung lediglich den - sei es auch gekündigten - Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember voraussetzt. Die Klausel ist nicht teilbar.

25

aa) Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 27, BAGE 139, 156).

26

bb) Der Senat hat für eine ähnlich lautende Klausel die Teilbarkeit bejaht (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11). Er hat angenommen, eine derartige Klausel sei sprachlich abtrennbar; bei Streichung des Wortes „unkündbar“ bleibe als verständliche Regelung immer noch die Bestimmung eines Stichtags übrig (kritisch ErfK/Preis 14. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 103a; wohl zweifelnd Lüders GwR 2009, 206; differenzierend Salamon NZA 2010, 314 ff., 317).

27

cc) Daran hält der Senat nicht fest. Die sprachliche Teilbarkeit einer Klausel ist nur ein Indiz für die - entscheidende - inhaltliche Teilbarkeit (ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 103). Die hier fragliche Regelung verfolgt mit dem Zusammenspiel von Bestand und besonderer Qualität („ungekündigt“) des Arbeitsverhältnisses als Anspruchsvoraussetzung ein Zielbündel von Betriebstreue und Motivation des Arbeitnehmers, das sich nicht sinnvoll aufspalten lässt. Es geht nicht um mehrere unterschiedliche sachliche Regelungen der Beklagten, die unabhängig voneinander beurteilt werden könnten. Vielmehr verlangt die Klausel das Bestehen des Arbeitsverhältnisses am Ende des Bezugszeitraums gerade mit der Besonderheit, es dürfe weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt haben; damit geht eine Erweiterung der Bestandsvoraussetzung einher, die sich im Einzelfall unterschiedlich auswirkt. Für den Arbeitnehmer stellt sie sich als Obliegenheit dar, auf eine Eigenkündigung zu verzichten, was als Einforderung einer weiteren Betriebstreue verstanden werden kann; im Fall der Arbeitgeberkündigung geht es eher um das Interesse des Arbeitgebers, einem Arbeitnehmer, der in absehbarer Zeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, keine auch der Motivation für die künftige Arbeit dienende Sonderzahlung mehr leisten zu wollen. Diese durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmten Anspruchsvoraussetzungen hängen so eng miteinander zusammen, dass es auf eine im Rahmen von § 306 BGB unzulässige Neubestimmung des Vertragsinhalts hinauslaufen würde, wollte man aus Ziff. 1 der Richtlinien das Wort „ungekündigt“ herausstreichen.

28

4. Im Übrigen kann eine Sonderzahlung, die (auch) Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Die Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unzulässig.

29

a) Der Senat hat die Unzulässigkeit eines Stichtags außerhalb des Bezugszeitraums damit begründet, dass die Stichtagsklausel im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB stehe, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entziehe. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit gegebenenfalls vorenthalten zu können, sei nicht ersichtlich (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231; zustimmend ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 534a - 534f; Bartholomä BB 2012, 2250; Schmitt-Rolfes AuA 2012, 455; Reinecke BB 2013, 437; Beitz SAE 2013, 17; ablehnend: jurisPK-BGB/Lapp/Salamon 6. Aufl. § 310 Rn. 104; vgl. auch Salamon NZA 2011, 1328). Diese Überlegungen gelten auch dann, wenn der Stichtag innerhalb des Bezugsjahres liegt und die Sonderzahlung - auch - Arbeitsleistung abgelten soll, die in dem Zeitraum vor dem Stichtag erbracht wurde.

30

b) Auch in diesem Fall ist die Sonderzahlung zum Teil Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Ein im Austausch von Arbeit und Vergütung liegender Grund für die Kürzung der Vergütung besteht nicht. Die Kürzung erfolgt vielmehr aufgrund einer aus Sicht des Arbeitgebers nicht hinreichend erwiesenen Betriebstreue. Dieser Gesichtspunkt ändert aber nichts daran, dass der Arbeitnehmer die nach dem Vertrag geschuldete Leistung erbracht hat. Irgendeine Störung des Austauschverhältnisses ist nicht gegeben.

31

c) Auch ein Stichtag innerhalb des Bezugsjahres erschwert dem Arbeitnehmer die Ausübung des Kündigungsrechts, obwohl er seine Arbeitsleistung jedenfalls teilweise erbracht hat. Er erleidet einen ungerechtfertigten Nachteil. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Belohnung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 25, BAGE 140, 231).

32

d) Anders mag es liegen, wenn die Arbeitsleistung gerade in einem bestimmten Zeitraum vor dem Stichtag besonderen Wert hat. Das kann bei Saisonbetrieben der Fall sein, aber auch auf anderen branchen- oder betriebsbezogenen Besonderheiten beruhen. Möglich ist auch, dass eine Sonderzahlung an bis zu bestimmten Zeitpunkten eintretende Unternehmenserfolge anknüpft; in diesen Fällen ist eine zu bestimmten Stichtagen erfolgende Betrachtung oftmals zweckmäßig und nicht zu beanstanden (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 15). Für solche besonderen Einflüsse ist hier jedoch nichts ersichtlich. Im Gegenteil spricht die Zuwendung von - bezogen auf die zurückgelegten Beschäftigungsmonate - anteiligen Sonderzahlungen an unterjährig eintretende Arbeitnehmer dafür, dass den Richtlinien die Vorstellung zugrunde liegt, die Sonderzahlung werde gleichmäßig im Lauf des Jahres als zusätzliches Entgelt für die laufende Arbeitsleistung verdient.

33

e) Diesen Überlegungen entspricht die insolvenzrechtliche Einordnung von leistungsbezogenen Sonderzahlungen durch den Senat. Der Anspruch auf eine solche Sonderzuwendung entsteht danach regelmäßig während des Bezugszeitraums entsprechend der zurückgelegten Dauer („pro rata temporis“) und wird nur zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig. Insolvenzrechtlich sind arbeitsleistungsbezogene Sonderzuwendungen dem Zeitraum zuzuordnen, für den sie als Gegenleistung geschuldet sind: Soweit mit ihnen Arbeitsleistungen vergütet werden, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, handelt es sich um Masseforderungen. Soweit durch sie vor Verfahrenseröffnung erbrachte Arbeitsleistungen honoriert werden, liegen Insolvenzforderungen vor (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - Rn. 14, 20).

34

f) An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass § 14 MTV für die dort geregelten Ansprüche auf Sonderzahlung zulässigerweise einen unterjährigen Stichtag vorsieht, nämlich den 1. Dezember des Bezugsjahres.

35

aa) Die Tarifvertragsparteien überschreiten den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht, wenn sie Sonderzahlungen, die sowohl eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen als auch der Honorierung von Betriebstreue dienen, vom Bestand des Arbeitsverhältnisses an einem bestimmten Stichtag im Bezugszeitraum abhängig machen (vgl. zum TV Zuwendung: BAG 18. August 1999 - 10 AZR 424/98 - BAGE 92, 218). Ihr Gestaltungsspielraum ist dabei sowohl gegenüber den Betriebsparteien (vgl. zu Stichtagsregelungen außerhalb des Bezugszeitraums in Betriebsvereinbarungen: BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - BAGE 137, 300; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 -; 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 -) als auch gegenüber den einseitigen Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. dazu BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231) erweitert (BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 718/11 - Rn. 39 - 41).

36

bb) Tarifvertragliche Regelungen sind zwar kein Maßstab für die Inhaltskontrolle (MüKoBGB/Basedow 6. Aufl. § 310 Rn. 104; Lingemann NZA 2002, 181, 188; Thüsing BB 2002, 2666, 2674; aA Däubler NZA 2001, 1329, 1334). Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB jedoch nicht, soweit sie keine von den Tarifverträgen, Betriebs- und Dienstvereinbarungen abweichenden Regelungen oder diese Kollektivverträge lediglich ergänzende Regelungen vereinbaren (§ 310 Abs. 4 Satz 3 iVm. § 307 Abs. 3 BGB; vgl. BeckOK BGB/Becker Stand 1. November 2013 § 310 BGB Rn. 42). Im Streitfall weichen die Richtlinien zulasten der Arbeitnehmer von den Regelungen des Tarifvertrags ab und unterliegen deshalb als eigenständige Allgemeine Geschäftsbedingungen der uneingeschränkten Inhaltskontrolle. Während nach den Richtlinien eine Bindung ggf. bis weit in das auf das Bezugsjahr folgende Jahr vorgesehen ist, bindet der Tarifvertrag den Arbeitnehmer nur bis zum 1. Dezember des laufenden Jahres. Andererseits gewährt der Tarifvertrag einen Anspruch lediglich bei mindestens einjährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember eines Jahres. Das Arbeitsverhältnis muss also spätestens am 1. Dezember des Vorjahres begonnen haben. Einen anteiligen Zahlungsanspruch bei unterjährigem Eintritt ins Arbeitsverhältnis gewährt der Tarifvertrag nicht, er sieht aber Ausnahmen von der Stichtagsregelung bei Verrentung vor. Der Tarifvertrag betont insgesamt wesentlich stärker den Gesichtspunkt der Betriebstreue, als es die Richtlinien tun: Während nach den Richtlinien ein Arbeitnehmer, der am 1. Dezember eintritt, einen Anspruch auf 1/12 des Novembergehaltes für das laufende Jahr erwirbt, besteht nach dem Tarifvertrag für einen solchen Arbeitnehmer selbst dann kein Anspruch, wenn er ein Jahr arbeitet und dann am 30. November des Folgejahres ausscheidet.

37

5. Der Anspruch ist nicht durch den arbeitsvertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt ausgeschlossen. Dieser Vorbehalt ist unwirksam.

38

a) Nach § 3 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags, der als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen ist, bezieht sich der Freiwilligkeitsvorbehalt nicht nur auf Gratifikationen, sondern auf alle Leistungen, die nicht im Arbeitsvertrag oder durch „gültigen Tarifvertrag“ geregelt sind. Die Entstehung von Rechtsansprüchen soll generell ausgeschlossen sein. „Freies Ermessen“ bedeutet, dass der es Ausübende lediglich die - stets geltenden - allgemeinen Schranken der Rechtsausübung, insbesondere den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, die Willkür- und Maßregelungsverbote sowie den Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten hat. Die Entscheidung muss sich nicht am Maßstab der Billigkeit ausrichten (vgl. BAG 4. Januar 2009 - 5 AZR 75/08 - Rn. 14, 17).

39

b) Mit diesem Inhalt hält die Vertragsklausel der Inhaltskontrolle nicht stand. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB und ist deshalb unwirksam. Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt bezieht unzulässigerweise laufende Leistungen ein und verstößt sowohl gegen den in § 305b BGB bestimmten Vorrang der Individualabrede als auch gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass vertragliche Regelungen einzuhalten sind(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 36 - 41, BAGE 139, 156; 16. Januar 2013 - 10 AZR 26/12 - Rn. 22; zustimmend Worzalla SAE 2012, 92; Preis/Sagan NZA 2012, 1077; kritisch Bauer/von Medem NZA 2012, 894; Niebling NJW 2013, 3011).

40

c) Soweit die Gratifikation in der Gesamtzusage vom 30. September 2010 als „freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung“ bezeichnet wird, ändert das ebenfalls nichts an der Verpflichtung der Beklagten.

41

II. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB.

42

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Petri    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. Januar 2010 - 9 Sa 642/09 - aufgehoben, soweit es auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27. März 2009 - 1 Ca 6884/08 - abgeändert hat.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27. März 2009 - 1 Ca 6884/08 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte Zinsen aus 15.300,00 Euro erst seit dem 15. April 2008, Zinsen aus 29.000,00 Euro erst seit dem 15. April 2009 und Zinsen aus 47.000,00 Euro erst seit dem 15. April 2010 zu zahlen hat.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Im Übrigen haben der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4 der Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über Zahlungen iHv. insgesamt 91.300,00 Euro, die von der Beklagten als „Gratifikationen“ bezeichnet und von dem künftigen Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht worden sind.

2

Der Kläger trat aufgrund Anstellungsvertrags vom 17. Dezember 2002 am 1. Januar 2003 als Wertpapierhändler in die Dienste der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung des Klägers vom 28. März 2008 am 30. Juni 2008. Zuletzt erhielt der Kläger ein monatliches Gehalt iHv. 4.500,00 Euro brutto.

3

Mit Schreiben vom 9. März 2005 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

        

„...   

        

wir freuen uns Ihnen mitteilen zu dürfen, dass wir Ihnen auf Grund Ihres Beitrages zum Erfolg unseres Unternehmens im Geschäftsjahr 2004 eine freiwillige einmalige Sonderzahlung in Höhe von EUR 15.300,00 brutto zahlen werden. Wir weisen darauf hin, dass die Sonderzahlung stets unter dem Widerspruchsvorbehalt steht und eine etwaige wiederholte Zahlung keinen Rechtsanspruch auf zukünftige Zahlung begründet.

        

Neben der vorgenannten Sonderzahlung möchten wir Ihnen mitteilen, dass wir für den Fall, dass das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis am 15. April 2008 ungekündigt fortbesteht, Ihnen eine Gratifikation in Höhe von EUR 15.300,00 brutto zur Honorierung der Betriebszugehörigkeit zahlen werden.

        

Um die Auskehrung der einmaligen freiwilligen Sonderzahlung veranlassen zu können, bitten wir Sie der guten Ordnung halber und zum Zeichen Ihres Einverständnisses, die Zweitschrift dieses Briefes unterschrieben zurückzugeben.

        

...“   

4

Der Kläger unterzeichnete das Schreiben.

5

Mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben von März 2006 und März 2007 erklärte die Beklagte, dem Kläger für die vorangegangenen Geschäftsjahre jeweils eine Erfolgsbeteiligung (29.000,00 Euro brutto für 2005 und 50.000,00 Euro brutto für 2006) sowie einen weiteren Betrag für den Fall des ungekündigten Bestands des Arbeitsverhältnisses am 15. April 2009 (29.0000,00 Euro brutto) bzw. 15. April 2010 (47.000,00 Euro brutto) zahlen zu wollen. Auch diese Schreiben unterzeichnete der Kläger.

6

Der Kläger hat vorgetragen, tatsächlich handle es sich bei den in den drei Schreiben genannten „Sonderzahlungen“ und „Gratifikationen“ um Bonusansprüche. Bei seiner Einstellung sei ihm erklärt worden, er erhalte einen Bonus iHv. 20 % des von ihm erwirtschafteten Gewinns, und zwar in zwei gleich hohen Beträgen, wobei die erste Hälfte zum 15. April des Folgejahres und die zweite Hälfte drei Jahre später gezahlt werde, sofern bis dahin das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbestehe.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 91.300,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 15.300,00 Euro seit dem 15. April 2008, aus 29.000,00 Euro seit dem 15. April 2009 und aus 47.000,00 Euro seit dem 15. April 2010 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, eine Bonuszusage sei weder dem Kläger noch anderen bei ihr als Händler beschäftigten Arbeitnehmern erteilt worden. Sie entscheide für jedes Geschäftsjahr erneut, ob in Anbetracht der persönlichen Leistung des Arbeitnehmers eine einmalige leistungsabhängige Prämie gezahlt werde. Die Entscheidung werde nach Gutdünken getroffen und nicht nach festen Berechnungsgrundlagen. Aus den drei Schreiben ergebe sich, dass es sich bei den zugesagten Beträgen einerseits um freiwillige einmalige Sonderzahlungen, andererseits um Treueprämien gehandelt habe, deren Auszahlung zulässigerweise an die - hier nicht eingetretene - Bedingung geknüpft worden sei, dass das Arbeitsverhältnis nach Ablauf von drei Jahren noch ungekündigt fortbestehe.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist in dem noch anhängigen Umfang begründet. Dem Kläger stehen die erhobenen Vergütungsansprüche aufgrund der Vereinbarungen vom 9. März 2005, 16. März 2006 und 29. März 2007 zu. Die betreffenden Vereinbarungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie regeln Zahlungsansprüche, die an den jeweils im vorausgegangenen Jahr vom Kläger erbrachten Beitrag zum Unternehmenserfolg anknüpfen und gleichzeitig die künftige Betriebstreue honorieren sollen (unter I 1). Zwar ist die jeweils genannte Voraussetzung, nämlich der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses jeweils am 15. April der Jahre 2008, 2009 und 2010, nicht erfüllt. Das ist jedoch unschädlich, weil die Vereinbarung dieser Anspruchsvoraussetzung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB unwirksam ist (unter I 2).

11

I. Grundlage der Vergütungsansprüche ist die jeweils im zweiten Absatz der Vereinbarungen vom 9. März 2005, 16. März 2006 und 29. März 2007 gleichlautend getroffene Regelung.

12

1. Darin verpflichtet sich die Beklagte jeweils zur Zahlung eines bestimmten Betrags. Die jeweilige Zusage knüpft an die Leistung des Klägers im vorangegangenen Jahr an und bestimmt zugleich die Honorierung der Betriebstreue zum Leistungszweck.

13

a) Die Vereinbarungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen.

14

aa) Die jeweiligen Schreiben an den Kläger enthalten Vertragsbedingungen, die von der Beklagten zur Verwendung für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und dem Kläger bei Vertragsabschluss gestellt wurden. Wird ein Text in mindestens drei Fällen zur Grundlage von Vertragsbedingungen gemacht, ist das Merkmal „vorformulierte Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen” iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu VII der Gründe, BAGE 115, 19). Diese Voraussetzung ist gegeben.

15

bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51).

16

b) Im Streitfall soll die Zahlung die erwartete Betriebstreue belohnen und knüpft dabei an die Leistung des Klägers im Bezugszeitraum (im jeweils vorangegangenen Kalenderjahr) an, indem sie sich der Höhe nach am Beitrag des Klägers zum Unternehmenserfolg ausrichtet. Es handelt sich damit um eine Sonderzahlung mit Mischcharakter. Wenn die Beklagte demgegenüber geltend macht, sie habe die Höhe der Zahlung rein nach Gutdünken bestimmt, so mag das zutreffen. Es ändert aber nichts daran, dass sie ihr Gutdünken hinsichtlich der Höhe der zugesagten Leistung, soweit nach außen erkennbar, nicht willkürlich wahrnahm und auch nicht an Treuegesichtspunkten ausrichtete, sondern an der Arbeitsleistung des Klägers im vorausgegangenen Jahr anknüpfte. Andernfalls wäre nicht erklärbar, dass sie die Zahlung in allen drei Jahren auf genau oder doch in etwa denselben Betrag festsetzte, der - nach dem ersten Absatz der jeweiligen Vereinbarung - aus ihrer Sicht dem Beitrag des Klägers zum Erfolg des Unternehmens in dem der Vereinbarung vorausgegangenen Jahr entsprach. Nicht erklärbar wäre auch, warum die Beklagte den Wert der Betriebstreue in drei Jahren so unterschiedlich ansetzte, wie es geschehen ist. In dieselbe Richtung weist schließlich der Umstand, dass die Zahlungen mehr als 25 vH, mehr als 50 vH und nahezu 100 vH des Jahresgrundgehalts im abgelaufenen Kalenderjahr betragen sollten. Dass Leistungen in dieser Höhe allein das zukünftige langjährige - gegebenenfalls auch weniger erfolgreiche - Verharren im Vertragsverhältnis sicherstellen und nicht wenigstens auch in einem Verhältnis zur vom Arbeitnehmer im Bezugsjahr erbrachten Arbeitsleistung stehen sollen, kann gerade in einer auf kurzfristige Erfolge orientierten Branche wie dem Wertpapierhandel nicht angenommen werden.

17

2. Der Anspruch ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger jeweils am 15. April der Jahre 2008, 2009 und 2010 nicht mehr in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand. Die entsprechende Einschränkung des Anspruchs in der jeweiligen Vereinbarung der Parteien ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger unangemessen benachteiligt.

18

a) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

19

aa) Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders vorliegt, ist auf der Grundlage einer Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu beantworten. Hierbei ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners an der Ersetzung der Klausel durch das Gesetz abzuwägen. Bei dieser wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner, bei der auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten sind, ist ein genereller, typisierender Maßstab anzulegen (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 23, BAGE 124, 259; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 122, 182).

20

bb) Rechtsvorschriften iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, dh. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass mit Sonderzahlungen verbundene einzelvertragliche Stichtags- und Rückzahlungsklauseln einen Arbeitnehmer nicht in unzulässiger Weise in seiner durch Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit behindern dürfen und insoweit einer Inhaltskontrolle durch die Arbeitsgerichte gemäß § 307 BGB unterliegen(BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259; 25. April 2007 - 10 AZR 634/06 - BAGE 122, 174; 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

21

cc) Nach der bisherigen Rechtsprechung ist es dem Arbeitgeber nicht schlechthin versagt, Sonderzahlungen mit Bindungsklauseln zu versehen (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21), solange die Zahlungen nicht ausschließlich Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit sind. Das gilt sowohl für Klauseln, in denen sich der Arbeitnehmer verpflichtet, erfolgte Sonderzahlungen zurückzuerstatten, wenn er vor einem bestimmten Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis von sich aus kündigt (Rückzahlungsklauseln), als auch für Regelungen, nach denen die Leistung der Sonderzahlung voraussetzt, dass der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt noch im Arbeitsverhältnis steht (Bestandsklauseln, Stichtagsklauseln; vgl. für den Fall, dass der Stichtag im Geschäftsjahr liegt: BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Allerdings dürfen derartige Klauseln den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Insbesondere dürfen sie den Arbeitnehmer nicht in unzulässiger Weise in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) behindern und unterliegen insoweit einer Inhaltskontrolle durch die Arbeitsgerichte gemäß § 307 BGB(BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - BAGE 124, 259; 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

22

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze hält die hier zur Beurteilung stehende Stichtagsklausel der Inhaltskontrolle nicht stand. Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, abhängig gemacht werden.

23

aa) Die Stichtagsklausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, weil sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert(vgl. für Bonuszahlungen: BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 25 ff., BAGE 124, 259). Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit gegebenenfalls vorenthalten zu können, ist nicht ersichtlich.

24

bb) Das wird im Streitfall besonders deutlich. Der Kläger hatte nicht nur in den Bezugsjahren 2004 bis 2006 seine Arbeitsleistung erbracht, sondern die erste Wartefrist fast vollständig, die zweite zu zwei Dritteln und die dritte zu einem Drittel zurückgelegt. Dennoch müsste er bei Anwendung der Klausel im Falle vorzeitiger Kündigung den Verlust des Anspruchs auf Vergütung für bereits geleistete Dienste iHv. nahezu 200 vH eines Jahresgrundgehalts in Kauf nehmen.

25

cc) Eine derartige faktische Einschränkung des Kündigungsrechts ist nicht durch den Zweck der Belohnung von Betriebstreue gedeckt. Das Arbeitsverhältnis dient dem Austausch von Arbeitsleistung und Arbeitsvergütung. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Honorierung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert. Dementsprechend erreichen Jubiläumsgelder und ähnliche Zuwendungen üblicherweise auch bei Weitem nicht die hier gegebene Größenordnung. Sie sind, gemessen an der regelmäßigen Vergütung, im Allgemeinen eher marginal. Führt aber, wie nach der hier zu beurteilenden Klausel, die reine Beschäftigungsdauer zu einem massiven Anspruchsaufwuchs bis hin zu einer Verdoppelung des Grundgehalts, so liegt auf der Hand, dass der Grund dafür eben nicht die - als solche für den Arbeitgeber wertlose - Verweildauer selbst ist. Vielmehr hat die versprochene Zahlung ihren wahren Grund in der bereits erbrachten Leistung des Arbeitnehmers, die zuvor, gemessen an dem vom Arbeitgeber selbst zugrunde gelegten Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, noch nicht vollständig abgegolten war.

26

dd) Weiter muss bedacht werden, dass der Arbeitgeber mit der hier maßgeblichen Klausel seinem Vertragspartner ein nahezu inhaltsleeres Leistungsversprechen gibt, wenn er sich der Verpflichtung durch den bloßen Ausspruch einer in seinem Belieben stehenden Kündigung, die nach dem Wortlaut der hier maßgeblichen Klausel nicht einmal sozial gerechtfertigt sein muss, entziehen kann. Selbst demjenigen Arbeitnehmer, der sowohl die entsprechenden Arbeitsleistungen und damit den Beitrag zum Erfolg des Unternehmens erbracht hat als auch von seiner Seite betriebstreu war, könnte der Anspruch entzogen werden. Das läuft auf die nur scheinbare Gewährung eines Rechtsanspruchs hinaus. Wesentliche Rechte des Arbeitnehmers, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, wären so eingeschränkt, dass eine Gefährdung des Vertragszwecks nicht fernliegt (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Zwar ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei in der Entscheidung, ob er vertraglich nicht vorgesehene Leistungen erbringen will oder nicht (BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - Rn. 27, NJW 2009, 2619). Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es jedoch nicht, als Arbeitgeber einerseits die verhaltenssteuernde Wirkung eines bedingten vertraglichen Versprechens für die Zukunft in Anspruch zu nehmen, andererseits aber die Entscheidung über den Eintritt der Bedingung vom eigenen Willen abhängig zu machen und sie sich gewissermaßen bis zur letzten Stunde vorzubehalten.

27

ee) Mit diesen Überlegungen stimmt die Rechtsprechung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts überein, nach der es § 88 BetrVG den Betriebsparteien verwehrt, den Anspruch auf eine variable Erfolgsvergütung vom Bestehen eines ungekündigten Anstellungsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig zu machen. § 88 BetrVG erlaubt den damit verbundenen Entzug verdienten Arbeitsentgelts nicht. Die in einer solchen Stichtagsregelung enthaltene auflösende Bedingung beschränkt auch die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers übermäßig. Die Vorenthaltung einer bereits verdienten Arbeitsvergütung ist stets ein unangemessenes Mittel, die selbstbestimmte Arbeitsplatzaufgabe zu verzögern oder zu verhindern. Mit ihr sind Belastungen für den Arbeitnehmer verbunden, die unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen eines Arbeitgebers nicht zu rechtfertigen sind (BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 28, 39, 43; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 34, EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

28

ff) Dass die Sonderzahlung im Streitfall auch die Betriebstreue honorieren sollte, ändert an dem Ergebnis nichts. Soweit der Senat die Auffassung vertreten hat, Bestandsklauseln seien bei Sonderzahlungen bereits dann zulässig, wenn sie sowohl der Vergütung bereits erbrachter Arbeitsleistung als auch der Honorierung von Betriebstreue dienen (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21), gibt der Senat diese auf. Der zusätzliche Zweck ändert nichts daran, dass dem Arbeitnehmer entgegen der in § 611 BGB zum Ausdruck kommenden Vorstellung des Gesetzgebers durch eine Bestandsklausel bereits verdiente Arbeitsvergütung entzogen würde. Ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers daran, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nachträglich zu verändern, kann nicht anerkannt werden. Dem Arbeitgeber ist es dadurch nicht verwehrt, Betriebstreue zu honorieren und einen finanziellen Anreiz für das Verbleiben des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis zu schaffen. Er hat die Möglichkeit, durch die Vereinbarung von Sonderzahlungen, die ausschließlich der Honorierung von Betriebstreue dienen, dem Arbeitnehmer deutlich zu machen, welchen Wert für ihn das Verbleiben im Arbeitsverhältnis darstellt (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 -). Der Arbeitnehmer seinerseits kann darüber entscheiden, ob er die Verdienstchancen bei einem Arbeitsplatzwechsel vorzieht oder die Treueprämie in Anspruch nehmen will. Werden dagegen, wie im Streitfall, die Zwecke der Vergütung für erbrachte Leistung und Honorierung der Betriebstreue miteinander verbunden, kann der Arbeitnehmer von seinem Kündigungsrecht nur um den Preis des Verzichts auf Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit Gebrauch machen.

29

c) Die Folge der Unangemessenheit der in Rede stehenden Stichtagsklausel ist ihre Unwirksamkeit. Sie ist nicht teilbar in dem Sinne, dass sie sich in einen der Honorierung von Betriebstreue und einen der Vergütung von Arbeitsleistung dienenden Teil aufspalten ließe. Nach den Schreiben der Beklagten sind die beiden Zahlungszwecke unlösbar miteinander verbunden.

30

II. Die Zinsansprüche sind nach § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB in dem noch geltend gemachten Umfang berechtigt.

31

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO. Der Kläger war in der Revision erfolgreich, ist jedoch im Übrigen zu etwa 3/4 unterlegen.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Beck    

        

    Maurer    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. Januar 2010 - 9 Sa 642/09 - aufgehoben, soweit es auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27. März 2009 - 1 Ca 6884/08 - abgeändert hat.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27. März 2009 - 1 Ca 6884/08 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte Zinsen aus 15.300,00 Euro erst seit dem 15. April 2008, Zinsen aus 29.000,00 Euro erst seit dem 15. April 2009 und Zinsen aus 47.000,00 Euro erst seit dem 15. April 2010 zu zahlen hat.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Im Übrigen haben der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4 der Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über Zahlungen iHv. insgesamt 91.300,00 Euro, die von der Beklagten als „Gratifikationen“ bezeichnet und von dem künftigen Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht worden sind.

2

Der Kläger trat aufgrund Anstellungsvertrags vom 17. Dezember 2002 am 1. Januar 2003 als Wertpapierhändler in die Dienste der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung des Klägers vom 28. März 2008 am 30. Juni 2008. Zuletzt erhielt der Kläger ein monatliches Gehalt iHv. 4.500,00 Euro brutto.

3

Mit Schreiben vom 9. März 2005 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

        

„...   

        

wir freuen uns Ihnen mitteilen zu dürfen, dass wir Ihnen auf Grund Ihres Beitrages zum Erfolg unseres Unternehmens im Geschäftsjahr 2004 eine freiwillige einmalige Sonderzahlung in Höhe von EUR 15.300,00 brutto zahlen werden. Wir weisen darauf hin, dass die Sonderzahlung stets unter dem Widerspruchsvorbehalt steht und eine etwaige wiederholte Zahlung keinen Rechtsanspruch auf zukünftige Zahlung begründet.

        

Neben der vorgenannten Sonderzahlung möchten wir Ihnen mitteilen, dass wir für den Fall, dass das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis am 15. April 2008 ungekündigt fortbesteht, Ihnen eine Gratifikation in Höhe von EUR 15.300,00 brutto zur Honorierung der Betriebszugehörigkeit zahlen werden.

        

Um die Auskehrung der einmaligen freiwilligen Sonderzahlung veranlassen zu können, bitten wir Sie der guten Ordnung halber und zum Zeichen Ihres Einverständnisses, die Zweitschrift dieses Briefes unterschrieben zurückzugeben.

        

...“   

4

Der Kläger unterzeichnete das Schreiben.

5

Mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben von März 2006 und März 2007 erklärte die Beklagte, dem Kläger für die vorangegangenen Geschäftsjahre jeweils eine Erfolgsbeteiligung (29.000,00 Euro brutto für 2005 und 50.000,00 Euro brutto für 2006) sowie einen weiteren Betrag für den Fall des ungekündigten Bestands des Arbeitsverhältnisses am 15. April 2009 (29.0000,00 Euro brutto) bzw. 15. April 2010 (47.000,00 Euro brutto) zahlen zu wollen. Auch diese Schreiben unterzeichnete der Kläger.

6

Der Kläger hat vorgetragen, tatsächlich handle es sich bei den in den drei Schreiben genannten „Sonderzahlungen“ und „Gratifikationen“ um Bonusansprüche. Bei seiner Einstellung sei ihm erklärt worden, er erhalte einen Bonus iHv. 20 % des von ihm erwirtschafteten Gewinns, und zwar in zwei gleich hohen Beträgen, wobei die erste Hälfte zum 15. April des Folgejahres und die zweite Hälfte drei Jahre später gezahlt werde, sofern bis dahin das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbestehe.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 91.300,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 15.300,00 Euro seit dem 15. April 2008, aus 29.000,00 Euro seit dem 15. April 2009 und aus 47.000,00 Euro seit dem 15. April 2010 zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, eine Bonuszusage sei weder dem Kläger noch anderen bei ihr als Händler beschäftigten Arbeitnehmern erteilt worden. Sie entscheide für jedes Geschäftsjahr erneut, ob in Anbetracht der persönlichen Leistung des Arbeitnehmers eine einmalige leistungsabhängige Prämie gezahlt werde. Die Entscheidung werde nach Gutdünken getroffen und nicht nach festen Berechnungsgrundlagen. Aus den drei Schreiben ergebe sich, dass es sich bei den zugesagten Beträgen einerseits um freiwillige einmalige Sonderzahlungen, andererseits um Treueprämien gehandelt habe, deren Auszahlung zulässigerweise an die - hier nicht eingetretene - Bedingung geknüpft worden sei, dass das Arbeitsverhältnis nach Ablauf von drei Jahren noch ungekündigt fortbestehe.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist in dem noch anhängigen Umfang begründet. Dem Kläger stehen die erhobenen Vergütungsansprüche aufgrund der Vereinbarungen vom 9. März 2005, 16. März 2006 und 29. März 2007 zu. Die betreffenden Vereinbarungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie regeln Zahlungsansprüche, die an den jeweils im vorausgegangenen Jahr vom Kläger erbrachten Beitrag zum Unternehmenserfolg anknüpfen und gleichzeitig die künftige Betriebstreue honorieren sollen (unter I 1). Zwar ist die jeweils genannte Voraussetzung, nämlich der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses jeweils am 15. April der Jahre 2008, 2009 und 2010, nicht erfüllt. Das ist jedoch unschädlich, weil die Vereinbarung dieser Anspruchsvoraussetzung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB unwirksam ist (unter I 2).

11

I. Grundlage der Vergütungsansprüche ist die jeweils im zweiten Absatz der Vereinbarungen vom 9. März 2005, 16. März 2006 und 29. März 2007 gleichlautend getroffene Regelung.

12

1. Darin verpflichtet sich die Beklagte jeweils zur Zahlung eines bestimmten Betrags. Die jeweilige Zusage knüpft an die Leistung des Klägers im vorangegangenen Jahr an und bestimmt zugleich die Honorierung der Betriebstreue zum Leistungszweck.

13

a) Die Vereinbarungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen.

14

aa) Die jeweiligen Schreiben an den Kläger enthalten Vertragsbedingungen, die von der Beklagten zur Verwendung für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und dem Kläger bei Vertragsabschluss gestellt wurden. Wird ein Text in mindestens drei Fällen zur Grundlage von Vertragsbedingungen gemacht, ist das Merkmal „vorformulierte Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen” iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu VII der Gründe, BAGE 115, 19). Diese Voraussetzung ist gegeben.

15

bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51).

16

b) Im Streitfall soll die Zahlung die erwartete Betriebstreue belohnen und knüpft dabei an die Leistung des Klägers im Bezugszeitraum (im jeweils vorangegangenen Kalenderjahr) an, indem sie sich der Höhe nach am Beitrag des Klägers zum Unternehmenserfolg ausrichtet. Es handelt sich damit um eine Sonderzahlung mit Mischcharakter. Wenn die Beklagte demgegenüber geltend macht, sie habe die Höhe der Zahlung rein nach Gutdünken bestimmt, so mag das zutreffen. Es ändert aber nichts daran, dass sie ihr Gutdünken hinsichtlich der Höhe der zugesagten Leistung, soweit nach außen erkennbar, nicht willkürlich wahrnahm und auch nicht an Treuegesichtspunkten ausrichtete, sondern an der Arbeitsleistung des Klägers im vorausgegangenen Jahr anknüpfte. Andernfalls wäre nicht erklärbar, dass sie die Zahlung in allen drei Jahren auf genau oder doch in etwa denselben Betrag festsetzte, der - nach dem ersten Absatz der jeweiligen Vereinbarung - aus ihrer Sicht dem Beitrag des Klägers zum Erfolg des Unternehmens in dem der Vereinbarung vorausgegangenen Jahr entsprach. Nicht erklärbar wäre auch, warum die Beklagte den Wert der Betriebstreue in drei Jahren so unterschiedlich ansetzte, wie es geschehen ist. In dieselbe Richtung weist schließlich der Umstand, dass die Zahlungen mehr als 25 vH, mehr als 50 vH und nahezu 100 vH des Jahresgrundgehalts im abgelaufenen Kalenderjahr betragen sollten. Dass Leistungen in dieser Höhe allein das zukünftige langjährige - gegebenenfalls auch weniger erfolgreiche - Verharren im Vertragsverhältnis sicherstellen und nicht wenigstens auch in einem Verhältnis zur vom Arbeitnehmer im Bezugsjahr erbrachten Arbeitsleistung stehen sollen, kann gerade in einer auf kurzfristige Erfolge orientierten Branche wie dem Wertpapierhandel nicht angenommen werden.

17

2. Der Anspruch ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger jeweils am 15. April der Jahre 2008, 2009 und 2010 nicht mehr in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand. Die entsprechende Einschränkung des Anspruchs in der jeweiligen Vereinbarung der Parteien ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger unangemessen benachteiligt.

18

a) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

19

aa) Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders vorliegt, ist auf der Grundlage einer Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu beantworten. Hierbei ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners an der Ersetzung der Klausel durch das Gesetz abzuwägen. Bei dieser wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner, bei der auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten sind, ist ein genereller, typisierender Maßstab anzulegen (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 23, BAGE 124, 259; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 122, 182).

20

bb) Rechtsvorschriften iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, dh. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass mit Sonderzahlungen verbundene einzelvertragliche Stichtags- und Rückzahlungsklauseln einen Arbeitnehmer nicht in unzulässiger Weise in seiner durch Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit behindern dürfen und insoweit einer Inhaltskontrolle durch die Arbeitsgerichte gemäß § 307 BGB unterliegen(BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259; 25. April 2007 - 10 AZR 634/06 - BAGE 122, 174; 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

21

cc) Nach der bisherigen Rechtsprechung ist es dem Arbeitgeber nicht schlechthin versagt, Sonderzahlungen mit Bindungsklauseln zu versehen (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21), solange die Zahlungen nicht ausschließlich Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit sind. Das gilt sowohl für Klauseln, in denen sich der Arbeitnehmer verpflichtet, erfolgte Sonderzahlungen zurückzuerstatten, wenn er vor einem bestimmten Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis von sich aus kündigt (Rückzahlungsklauseln), als auch für Regelungen, nach denen die Leistung der Sonderzahlung voraussetzt, dass der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt noch im Arbeitsverhältnis steht (Bestandsklauseln, Stichtagsklauseln; vgl. für den Fall, dass der Stichtag im Geschäftsjahr liegt: BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Allerdings dürfen derartige Klauseln den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Insbesondere dürfen sie den Arbeitnehmer nicht in unzulässiger Weise in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) behindern und unterliegen insoweit einer Inhaltskontrolle durch die Arbeitsgerichte gemäß § 307 BGB(BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - BAGE 124, 259; 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

22

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze hält die hier zur Beurteilung stehende Stichtagsklausel der Inhaltskontrolle nicht stand. Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, abhängig gemacht werden.

23

aa) Die Stichtagsklausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, weil sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert(vgl. für Bonuszahlungen: BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 25 ff., BAGE 124, 259). Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit gegebenenfalls vorenthalten zu können, ist nicht ersichtlich.

24

bb) Das wird im Streitfall besonders deutlich. Der Kläger hatte nicht nur in den Bezugsjahren 2004 bis 2006 seine Arbeitsleistung erbracht, sondern die erste Wartefrist fast vollständig, die zweite zu zwei Dritteln und die dritte zu einem Drittel zurückgelegt. Dennoch müsste er bei Anwendung der Klausel im Falle vorzeitiger Kündigung den Verlust des Anspruchs auf Vergütung für bereits geleistete Dienste iHv. nahezu 200 vH eines Jahresgrundgehalts in Kauf nehmen.

25

cc) Eine derartige faktische Einschränkung des Kündigungsrechts ist nicht durch den Zweck der Belohnung von Betriebstreue gedeckt. Das Arbeitsverhältnis dient dem Austausch von Arbeitsleistung und Arbeitsvergütung. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Honorierung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert. Dementsprechend erreichen Jubiläumsgelder und ähnliche Zuwendungen üblicherweise auch bei Weitem nicht die hier gegebene Größenordnung. Sie sind, gemessen an der regelmäßigen Vergütung, im Allgemeinen eher marginal. Führt aber, wie nach der hier zu beurteilenden Klausel, die reine Beschäftigungsdauer zu einem massiven Anspruchsaufwuchs bis hin zu einer Verdoppelung des Grundgehalts, so liegt auf der Hand, dass der Grund dafür eben nicht die - als solche für den Arbeitgeber wertlose - Verweildauer selbst ist. Vielmehr hat die versprochene Zahlung ihren wahren Grund in der bereits erbrachten Leistung des Arbeitnehmers, die zuvor, gemessen an dem vom Arbeitgeber selbst zugrunde gelegten Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, noch nicht vollständig abgegolten war.

26

dd) Weiter muss bedacht werden, dass der Arbeitgeber mit der hier maßgeblichen Klausel seinem Vertragspartner ein nahezu inhaltsleeres Leistungsversprechen gibt, wenn er sich der Verpflichtung durch den bloßen Ausspruch einer in seinem Belieben stehenden Kündigung, die nach dem Wortlaut der hier maßgeblichen Klausel nicht einmal sozial gerechtfertigt sein muss, entziehen kann. Selbst demjenigen Arbeitnehmer, der sowohl die entsprechenden Arbeitsleistungen und damit den Beitrag zum Erfolg des Unternehmens erbracht hat als auch von seiner Seite betriebstreu war, könnte der Anspruch entzogen werden. Das läuft auf die nur scheinbare Gewährung eines Rechtsanspruchs hinaus. Wesentliche Rechte des Arbeitnehmers, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, wären so eingeschränkt, dass eine Gefährdung des Vertragszwecks nicht fernliegt (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Zwar ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei in der Entscheidung, ob er vertraglich nicht vorgesehene Leistungen erbringen will oder nicht (BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - Rn. 27, NJW 2009, 2619). Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es jedoch nicht, als Arbeitgeber einerseits die verhaltenssteuernde Wirkung eines bedingten vertraglichen Versprechens für die Zukunft in Anspruch zu nehmen, andererseits aber die Entscheidung über den Eintritt der Bedingung vom eigenen Willen abhängig zu machen und sie sich gewissermaßen bis zur letzten Stunde vorzubehalten.

27

ee) Mit diesen Überlegungen stimmt die Rechtsprechung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts überein, nach der es § 88 BetrVG den Betriebsparteien verwehrt, den Anspruch auf eine variable Erfolgsvergütung vom Bestehen eines ungekündigten Anstellungsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig zu machen. § 88 BetrVG erlaubt den damit verbundenen Entzug verdienten Arbeitsentgelts nicht. Die in einer solchen Stichtagsregelung enthaltene auflösende Bedingung beschränkt auch die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers übermäßig. Die Vorenthaltung einer bereits verdienten Arbeitsvergütung ist stets ein unangemessenes Mittel, die selbstbestimmte Arbeitsplatzaufgabe zu verzögern oder zu verhindern. Mit ihr sind Belastungen für den Arbeitnehmer verbunden, die unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen eines Arbeitgebers nicht zu rechtfertigen sind (BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 28, 39, 43; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 34, EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

28

ff) Dass die Sonderzahlung im Streitfall auch die Betriebstreue honorieren sollte, ändert an dem Ergebnis nichts. Soweit der Senat die Auffassung vertreten hat, Bestandsklauseln seien bei Sonderzahlungen bereits dann zulässig, wenn sie sowohl der Vergütung bereits erbrachter Arbeitsleistung als auch der Honorierung von Betriebstreue dienen (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21), gibt der Senat diese auf. Der zusätzliche Zweck ändert nichts daran, dass dem Arbeitnehmer entgegen der in § 611 BGB zum Ausdruck kommenden Vorstellung des Gesetzgebers durch eine Bestandsklausel bereits verdiente Arbeitsvergütung entzogen würde. Ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers daran, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nachträglich zu verändern, kann nicht anerkannt werden. Dem Arbeitgeber ist es dadurch nicht verwehrt, Betriebstreue zu honorieren und einen finanziellen Anreiz für das Verbleiben des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis zu schaffen. Er hat die Möglichkeit, durch die Vereinbarung von Sonderzahlungen, die ausschließlich der Honorierung von Betriebstreue dienen, dem Arbeitnehmer deutlich zu machen, welchen Wert für ihn das Verbleiben im Arbeitsverhältnis darstellt (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 -). Der Arbeitnehmer seinerseits kann darüber entscheiden, ob er die Verdienstchancen bei einem Arbeitsplatzwechsel vorzieht oder die Treueprämie in Anspruch nehmen will. Werden dagegen, wie im Streitfall, die Zwecke der Vergütung für erbrachte Leistung und Honorierung der Betriebstreue miteinander verbunden, kann der Arbeitnehmer von seinem Kündigungsrecht nur um den Preis des Verzichts auf Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit Gebrauch machen.

29

c) Die Folge der Unangemessenheit der in Rede stehenden Stichtagsklausel ist ihre Unwirksamkeit. Sie ist nicht teilbar in dem Sinne, dass sie sich in einen der Honorierung von Betriebstreue und einen der Vergütung von Arbeitsleistung dienenden Teil aufspalten ließe. Nach den Schreiben der Beklagten sind die beiden Zahlungszwecke unlösbar miteinander verbunden.

30

II. Die Zinsansprüche sind nach § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB in dem noch geltend gemachten Umfang berechtigt.

31

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO. Der Kläger war in der Revision erfolgreich, ist jedoch im Übrigen zu etwa 3/4 unterlegen.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Beck    

        

    Maurer    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28. August 2012 - 17 Sa 542/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Urlaubsgeld.

2

Die Klägerin war vom 1. Oktober 1994 bis zum 30. September 2011 bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.567,00 Euro beschäftigt. Nach § 8 Ziff. 1 des zwischen den Parteien am 1. April 1999 geschlossenen Arbeitsvertrags betrug der Urlaubsanspruch 30 Arbeitstage jährlich. Zum Urlaubsgeld enthält § 6 des Arbeitsvertrags folgende Regelungen:

        

§ 6   

Bezüge

        

…       

        
        

4.    

Weiterhin erhält der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin pro genommenen Urlaubstag ein Urlaubsgeld von 2,4 % des monatlichen Bruttogeldes. Das Urlaubsgeld wird am Monatsende ausgezahlt. Voraussetzung für die Auszahlung des Urlaubsgeldes ist ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis.

        

5.    

Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld sind ausdrücklich freiwillige Leistungen der Firma. Die Firma behält sich vor, diese Gratifikationen jederzeit herabzusetzen oder ganz entfallen zu lassen.

        

…“    

        
3

Bei den Regelungen im Arbeitsvertrag handelt es sich um von der Beklagten vorformulierte und in einer Vielzahl von Fällen verwendete Vertragsklauseln.

4

Mit Schreiben vom 22. März 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis gegenüber der Klägerin zum 30. September 2011. In einem gerichtlichen Vergleich vom 26. Juli 2011 einigten sich die Parteien ua. darauf, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher fristgerechter arbeitgeberseitiger Kündigung aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des 30. September 2011 endet. Die Klägerin wurde weiterhin unter Anrechnung auf ihre Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche unwiderruflich von der Arbeit freigestellt.

5

Im Jahr 2011 war der Klägerin bereits am 14., 15. und 20. April sowie am 6., 9. bis 13., 16. bis 20. und 23. bis 24. Mai Urlaub gewährt worden. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung des arbeitsvertraglichen Urlaubsgelds für 30 Urlaubstage.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe der Anspruch auf das arbeitsvertragliche Urlaubsgeld für 30 Urlaubstage in Höhe von 1.848,24 Euro zu. Soweit die Klausel ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis für die Zahlung des Urlaubsgelds voraussetze, sei sie unwirksam.

7

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.848,24 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2011 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die vertraglichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Urlaubsgeld seien nicht erfüllt, da das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung nicht ungekündigt gewesen sei. Diese Klausel sei auch wirksam und halte einer AGB-Kontrolle stand.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision ihren Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

10

A. Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des arbeitsvertraglichen Urlaubsgelds.

11

I. Nach § 6 Ziff. 4 Satz 3 des Arbeitsvertrags ist Voraussetzung, dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt ist. Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 22. März 2011 zum 30. September 2011 gekündigt. Die Klägerin verlangt die Zahlung von Urlaubsgeld für die ab April 2011 gewährten Urlaubstage. Zum Auszahlungstermin am jeweiligen Monatsende (§ 6 Ziff. 4 Satz 2 des Arbeitsvertrags) war das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits gekündigt.

12

II. Entgegen der Auffassung der Revision ist die vereinbarte Anspruchsvoraussetzung eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses nicht unwirksam. Sie hält insbesondere einer AGB-Kontrolle stand.

13

1. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts liegen dem Arbeitsvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB zugrunde.

14

Die §§ 305 ff. BGB finden seit dem 1. Januar 2003 auf das am 1. April 1999 vereinbarte Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Die Regelungen zur „Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen” in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 gelten auch für Arbeitsverträge. Nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB ist auf Schuldverhältnisse, die - wie hier - vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Recht weiter anzuwenden. Dies gilt nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB für Dauerschuldverhältnisse, zu denen auch die Arbeitsverhältnisse zählen, mit der Maßgabe, dass sie vom 1. Januar 2003 an dem neuen Recht unterfallen. Damit hat Art. 229 § 5 EGBGB dem Arbeitgeber eine Schutzfrist zur Umstellung seiner vorformulierten Arbeitsverträge bis zum 31. Dezember 2002 gewährt (BAG 19. Dezember 2006 - 9 AZR 294/06 - Rn. 19).

15

2. Der Anspruchsausschluss für gekündigte Arbeitsverhältnisse ist nicht nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Klägerin wird hierdurch nicht unangemessen benachteiligt.

16

a) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

17

b) Es ist dem Arbeitgeber nicht schlechthin versagt, Sonderzahlungen mit Bindungsklauseln zu versehen, solange die Zahlungen nicht (auch) Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit sind.

18

aa) Das gilt sowohl für Klauseln, in denen sich der Arbeitnehmer verpflichtet, erfolgte Sonderzahlungen zurückzuerstatten, wenn er vor einem bestimmten Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis von sich aus kündigt, als auch für Regelungen, nach denen die Leistung der Sonderzahlung wie hier voraussetzt, dass der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt noch im ungekündigten Arbeitsverhältnis steht. Allerdings dürfen derartige Klauseln den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Das kann der Fall sein, wenn dem Arbeitnehmer entgegen der in § 611 BGB zum Ausdruck kommenden Vorstellung des Gesetzgebers durch eine Bestandsklausel bereits verdiente Arbeitsvergütung entzogen würde. Ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers daran, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nachträglich zu verändern, kann nicht anerkannt werden. Der Arbeitgeber hat allerdings die Möglichkeit, durch die Vereinbarung von Sonderzahlungen, die der Honorierung von Betriebstreue dienen, dem Arbeitnehmer deutlich zu machen, welchen Wert das Verbleiben im Arbeitsverhältnis für ihn darstellt. Der Arbeitnehmer seinerseits kann darüber entscheiden, ob er die Verdienstchancen bei einem Arbeitsplatzwechsel vorzieht oder die Treueprämie in Anspruch nehmen will. Werden dagegen die Zwecke Vergütung für erbrachte Leistung und Honorierung der Betriebstreue miteinander verbunden, kann der Arbeitnehmer von seinem Kündigungsrecht nur um den Preis des Verzichts auf die Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit Gebrauch machen (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10  - Rn. 21 ff., BAGE 140, 231).

19

bb) Dient eine Sonderzuwendung nach diesen Grundsätzen nicht der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen, sondern verfolgt der Arbeitgeber damit sonstige Zwecke, kann eine Klausel, wonach der Anspruch den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag voraussetzt, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten. Eine Sonderzuwendung weicht nicht von der gesetzlichen Grundkonzeption des § 611 BGB ab, wenn sie nicht im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung steht. Ihre Zahlung kann deshalb grundsätzlich an den Eintritt weiterer Bedingungen geknüpft werden (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 12, BAGE 140, 239).

20

c) Vorliegend ergibt die Auslegung, dass das Urlaubsgeld nicht (auch) der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen dient. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen.

21

aa) Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15 , BAGE 136, 294 ). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 10. Juli 2013 - 10 AZR 898/11 - Rn. 17).

22

bb) Der Zweck einer Sonderzahlung ergibt sich aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird ( BAG 22. Oktober 2003 - 10 AZR 152/03  - zu II 1 b der Gründe, BAGE 108, 176 ).

23

cc) Sonderzuwendungen können als Treueprämie erwiesene oder als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren. Ist die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig - wie hier - dadurch deutlich, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht wird. Die Zahlung solcher Sonderzuwendungen hängt dann nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, BAGE 140, 239).

24

dd) Zudem unterliegt das Entstehen des Anspruchs auf Urlaubsgeld nach dem Arbeitsvertrag denselben Voraussetzungen wie das Entstehen des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub und verfolgt damit denselben arbeitsleistungsunabhängigen Zweck. Das Urlaubsgeld ist deshalb zum Urlaubsanspruch akzessorisch.

25

(1) Ob ein Urlaubsgeld als urlaubsunabhängige Sonderzahlung ausgestaltet ist oder ob es von der Urlaubsgewährung und dem Urlaubsvergütungsanspruch abhängt, richtet sich nach den Leistungsvoraussetzungen und ist durch Auslegung zu ermitteln.

26

(2) Die Abhängigkeit zwischen Urlaubsgewährung und Urlaubsgeld folgt schon aus § 6 Ziff. 4 Satz 1 des Arbeitsvertrags. Danach wird ein Urlaubsgeld pro genommenen Urlaubstag gezahlt. Dies spricht schon gegen eine vom Urlaubsantritt unabhängige Sonderzahlung (vgl. BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 531/09 - Rn. 21 ff., BAGE 136, 46). Zudem verdeutlicht die Anknüpfung an den genommenen Urlaubstag, dass das Urlaubsgeld dem Erholungszweck des Urlaubs und nicht der Vergütung einer Arbeitsleistung dienen soll.

27

(3) Dieser Zusammenhang zwischen genommenen Urlaub und Bestehen eines Anspruchs auf Urlaubsgeld verdeutlicht den arbeitsleistungsunabhängigen Charakter des Urlaubsgelds. Für das Entstehen des Urlaubsanspruchs ist nach dem Bundesurlaubsgesetz allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Der Urlaubsanspruch steht nicht unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum eine Arbeitsleistung erbracht hat. Der Urlaubsanspruch entsteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer nicht arbeitet (vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 8, BAGE 142, 371). Da der Anspruch auf Urlaubsgeld nach § 6 Ziff. 4 Satz 1 des Arbeitsvertrags für jeden genommenen und damit entstandenen Urlaubstag besteht, teilt er damit den von einer Arbeitsleistung unabhängigen Charakter des Urlaubs.

28

d) Es ist nicht unangemessen benachteiligend, dass das Urlaubsgeld nicht zur Auszahlung kommt, wenn das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag durch den Arbeitgeber gekündigt ist und die Beendigung damit nicht auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen.

29

Eine solche Stichtagsregelung ist nicht nur als Anreiz für die Nichtausübung des Kündigungsrechts durch den Arbeitnehmer denkbar. Der Arbeitgeber kann auch, wie oben ausgeführt, unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers die fortdauernde Betriebszugehörigkeit als solche über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch oder noch einige Zeit angehören (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 14, BAGE 140, 239; 19. November 1992 - 10 AZR 264/91  - zu II 2 b der Gründe, BAGE 72, 1). Allerdings kann nach diesem Zweck der Leistung nur eine Kündigung, die das Arbeitsverhältnis wirksam beendet, zum Anspruchsausschluss führen. Vorliegend steht durch den am 26. Juli 2011 geschlossenen Vergleich fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 30. September 2011 beendet wurde.

30

3. Die Klausel verstößt entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

31

a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 22 , BAGE 139, 156 ).

32

b) Diese Gefahr besteht nicht. § 6 Ziff. 4 Satz 3 des Arbeitsvertrags ist eindeutig. Die Zahlung des Urlaubsgelds ist vom „ungekündigten“ Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag abhängig. Der Begriff „ungekündigt“ ist vorliegend nicht missverständlich. Ungekündigt ist ein Arbeitsverhältnis, wenn keiner der Vertragsparteien eine Kündigung erklärt hat. Dafür, dass nur eine arbeitnehmerseitig ausgesprochene Kündigung den Anspruch auf das Urlaubsgeld ausschließen soll, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich.

33

4. Die Revision beruft sich ohne Erfolg darauf, die Regelung in § 6 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags sei intransparent und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam; diese Unwirksamkeit erfasse auch § 6 Ziff. 4 des Arbeitsvertrags. Letzteres trifft nicht zu. Beide Regelungen stehen in keinem Zusammenhang und sind deshalb in ihrer Wirksamkeit nicht voneinander abhängig. § 6 Ziff. 4 des Arbeitsvertrags regelt das Entstehen, die Höhe und die Fälligkeit des Urlaubsgelds. Demgegenüber gewährt § 6 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags dem Arbeitgeber das Recht des Widerrufs (§ 6 Ziff. 5 Satz 2), da es sich um eine freiwillige Leistung (§ 6 Ziff. 5 Satz 1) handele (Freiwilligkeitsvorbehalt). Insbesondere schließt der Freiwilligkeitsvorbehalt nicht intransparent den nach § 6 Ziff. 4 des Arbeitsvertrags begründeten Rechtsanspruch aus (zu einer den Rechtsanspruch ausschließenden Formulierung: vgl. BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 20). Der Hinweis auf die Freiwilligkeit soll nur das Widerrufsrecht nach § 6 Ziff. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags begründen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob § 6 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags einer AGB-Kontrolle standhalten würde.

34

5. Anhaltspunkte dafür, dass die Kündigung der Beklagten dazu diente, den Bedingungseintritt iSd. § 162 Abs. 2 BGB treuwidrig herbeizuführen(vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 28, BAGE 140, 239), sind nicht ersichtlich.

35

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

  Heilmann  

        

    Matth. Dipper    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 6. September 2010 - 4 Sa 483/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Abfindungsanspruch aus der Sicherungsordnung des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

2

Der Beklagte beschäftigte die 1953 geborene Klägerin seit Mai 1991 als Rettungssanitäterin zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 2.131,00 Euro. Nach § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 18. Dezember 1991 galten für das Dienstverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung.

3

Die zu den AVR erlassene, am 1. Juli 1990 in Kraft getretene Ordnung zur Sicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Rationalisierungsmaßnahmen und Einschränkungen von Einrichtungen (SicherungsO) lautet auszugsweise:

        

„Vorbemerkung

        

Bei der Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen und anderen Einschränkungen - insbesondere der Aufgabe von Tätigkeitsfeldern - sind die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu berücksichtigen und soziale Härten möglichst zu vermeiden. Dabei sind die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Dienstgeberinnen und Dienstgeber zu beachten. Diesen Zielen dienen die nachstehenden Vorschriften.

        

§ 1 Geltungsbereich

        

(1)     

Diese Ordnung gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unter den Anwendungsbereich der AVR (§ 1a) fallen.

        

…       

        
        

§ 2 Begriffsbestimmungen

        

(1)     

Maßnahmen im Sinne dieser Ordnung sind:

                 

a)    

von der Dienstgeberin bzw. vom Dienstgeber veranlaßte erhebliche Änderungen von Arbeitstechniken oder wesentliche Änderungen der Arbeitsorganisation mit dem Ziel einer rationelleren Arbeitsweise oder

                 

b)    

Einschränkung oder Aufgabe von Tätigkeitsfeldern,

                 

wenn dies zu einem Wechsel der Beschäftigung oder zur Beendigung des Dienstverhältnisses führt.

        

(2)     

Als Maßnahme kommen insbesondere in Betracht:

                 

a)    

Stilllegung oder Auflösung von Einrichtungen bzw. Teilen von diesen,

                 

b)    

Verlegung oder Ausgliederung von Einrichtungen bzw. Teilen von diesen,

                 

c)    

Zusammenlegung von Einrichtungen bzw. Teilen von diesen,

                 

d)    

Verlagerung von Aufgaben zwischen Einrichtungen,

                 

e)    

Einführung anderer Arbeitsmethoden und Verfahren, auch soweit sie durch Nutzung technischer Veränderungen bedingt sind.

        

(3)     

Maßnahmen, deren Ziel der Abbau von Arbeitsbelastungen ist (durch die z. B. die Lage der Arbeitszeit geändert oder die Dienstplangestaltung oder äußere Umstände der Arbeit verbessert werden), sind keine Maßnahmen im Sinne des Abs. 1. Für das Vorliegen von Maßnahmen ist es jedoch unerheblich, wenn dadurch auch zugleich Arbeitsbelastungen abgebaut werden.

        

Anmerkungen zu Abs. 1:

        

1.    

Maßnahmen im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere solche, die unmittelbar durch

                 

-       

voraussichtlich nicht nur kurzfristigen Rückgang der Inanspruchnahme,

                 

-       

eine von Dritten (insbesondere durch gesetzgeberische Maßnahmen) verursachte Aufgabeneinschränkung,

                 

-       

Wegfall zweckgebundener Drittmittel

                 

veranlaßt sind.

                 

Maßnahmen im Sinne des Abs. 1 sind daher z. B.

                 

-       

Rationalisierungsmaßnahmen im Verwaltungsbereich durch den Einsatz neuer Technik,

                 

-       

Schließung einer Schule oder Teilen davon wegen Rückgangs der Schülerzahlen,

                 

-       

Gruppenschließung in einem Kindergarten wegen Rückgangs der Kinderzahlen,

                 

-       

Schließung von Beratungseinrichtungen wegen des Wegfalls von Mitteln,

                 

-       

Schließung einer Verlagseinrichtung wegen nicht nur kurzfristigen Nachfragerückgangs,

                 

-       

Schließung einer Einrichtung aufgrund (kirchen-)gesetzgeberischer Maßnahme.

        

…       

                 
        

§ 4 Arbeitsplatzsicherung

        

(1)     

Die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber ist gegenüber der bzw. dem von einer Maßnahme im Sinne des § 2 Abs. 1 betroffenen Mitarbeiterin bzw. betroffenen Mitarbeiter nach den Abs. 2 bis 4 zur Arbeitsplatzsicherung verpflichtet.

                 

Die Sicherung setzt erforderlichenfalls eine Fortbildung oder Umschulung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters voraus (§ 5).

        

(2)     

Die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber ist verpflichtet, der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter einen mindestens gleichwertigen Arbeitsplatz zu sichern. Ein Arbeitsplatz ist gleichwertig, wenn sich durch die neue Tätigkeit die bisherige Eingruppierung nicht ändert und die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter in der neuen Tätigkeit vollbeschäftigt bzw. im bisherigen Umfang nicht vollbeschäftigt bleibt. Bei der Sicherung eines gleichwertigen Arbeitsplatzes bei derselben Dienstgeberin bzw. demselben Dienstgeber gilt folgende Reihenfolge:

                 

a)    

Arbeitsplatz in derselben Einrichtung an demselben Ort,

                 

b)    

Arbeitsplatz in einer Einrichtung mit demselben Aufgabengebiet (z. B. Jugendhilfe) an einem anderen Ort oder in einer Einrichtung mit einem anderen Aufgabengebiet (z. B. anstatt bisher Jugendhilfe, nunmehr Behindertenhilfe) an demselben Ort,

                 

c)    

Arbeitsplatz in einer Einrichtung mit einem anderen Aufgabengebiet an einem anderen Ort.

                 

…       

        
                 

Steht ein gleichwertiger Arbeitsplatz nach Maßgabe des Unterabs. 1 nicht zur Verfügung, soll die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter entsprechend fortgebildet oder umgeschult werden, wenn ihr bzw. ihm dadurch ein gleichwertiger Arbeitsplatz bei derselben Dienstgeberin bzw. demselben Dienstgeber zur Verfügung gestellt werden kann.

        

(3)     

Kann der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter kein gleichwertiger Arbeitsplatz im Sinne des Abs. 2 zur Verfügung gestellt werden, ist die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber verpflichtet, der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter einen anderen Arbeitsplatz anzubieten.

                 

...     

        

§ 5 Fortbildung, Umschulung

        

(1)     

Ist nach § 4 eine Fortbildung oder Umschulung erforderlich, hat sie die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber rechtzeitig zu veranlassen oder selbst durchzuführen. …

        

§ 7 Vergütungssicherung

        

(1)     

Ergibt sich in den Fällen des § 4 Abs. 3 eine Minderung der Vergütung, ist die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber verpflichtet, der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter die Vergütung auf der Grundlage des Sicherungsbetrages zu wahren. …

        

§ 8 Abfindung

        

(1)     

Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter, die bzw. der auf Veranlassung der Dienstgeberin bzw. des Dienstgebers im gegenseitigen Einvernehmen oder aufgrund einer Kündigung durch die Dienstgeberin bzw. den Dienstgeber aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, erhält nach Maßgabe folgender Tabelle eine Abfindung:

                 

Beschäftigungszeit

nach vollendetem

        
                 

(§ 11a AVR)

… 55. 

        
                          

Lebensjahr

        
                          

Monatsbezüge

        
                 

…       

...     

        
                 

15 Jahre

… 13   

        
                 

Monatsbezug ist der Betrag, der der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter als Summe aus der Vergütung gemäß § 14 Abs. 1 AVR und der allgemeinen Zulage im letzten Kalendermonat vor dem Ausscheiden zugestanden hat oder zugestanden hätte.

        

(2)     

Der Anspruch auf Abfindung entsteht am Tag nach der Beendigung des Dienstverhältnisses. …

        

(3)     

Die Abfindung steht nicht zu, wenn

                 

a)    

die Kündigung aus einem von der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter zu vertretenden Grund (z. B. Ablehnung eines angebotenen Arbeitsplatzes entgegen § 4 Abs. 5, Ablehnung der Fortbildung bzw. Umschulung entgegen § 5) erfolgt ist oder

                 

...“   

        
4

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 aus krankheitsbedingten Gründen ordentlich zum 30. Juni 2009. Die Klägerin ging nicht gegen die Kündigung vor.

5

Die Klägerin verlangt mit der Klage eine Abfindung aus der SicherungsO iHv. 27.703,00 Euro brutto. Sie hat die Auffassung vertreten, auch eine krankheitsbedingte Kündigung erfülle die Voraussetzungen der SicherungsO. Das Regelwerk sei einer sog. AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB zu unterziehen. Auch die ausgesprochene krankheitsbedingte Kündigung löse einen Abfindungsanspruch aus, weil ein betriebsbedingter Kündigungsgrund in §§ 8 und 9 SicherungsO nicht ausdrücklich genannt werde. Jedenfalls werde sie gegenüber betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmern unangemessen benachteiligt iSv. § 307 Abs. 1 BGB, wenn sie nicht in den Abfindungsanspruch aus der SicherungsO einbezogen werde. Die Ursache ihrer Erkrankung liege zudem nicht in ihrer Sphäre, sondern beruhe auf ihrer Tätigkeit als Rettungssanitäterin.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 27.703,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14. Januar 2009 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, schon die Überschrift der SicherungsO bestimme deren Anwendungsbereich abschließend. § 8 SicherungsO erfasse nur betriebsbedingte Kündigungen. Die Ursache der Kündigung müsse stets im Bereich des Arbeitgebers liegen. Das sei auch sachgerecht, weil der Arbeitgeber nur Abfindungen für Kündigungsgründe leisten wolle, die aus seiner Sphäre stammten.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

10

A. Die Revision ist zulässig. Sie setzt sich hinreichend mit den Gründen des Berufungsurteils auseinander.

11

I. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört die Angabe der Revisionsgründe zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Die Revisionsbegründung hat sich mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Das erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Revisionskläger das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel und die Rechtslage überprüft und durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (vgl. BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 634/09 - Rn. 13 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 57 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 18). Ist die Berufungsentscheidung über einen Streitgegenstand auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung alle Erwägungen angreifen. Sie muss geeignet sein, die Entscheidung infrage zu stellen. Setzt sich die Revisionsbegründung nur mit einer der Begründungen auseinander, ist die Revision hinsichtlich dieses Streitgegenstands unzulässig (vgl. BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - Rn. 19 mwN, NZA 2010, 1446).

12

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung entgegen der Ansicht des Beklagten gerecht.

13

1. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Klägerin aufgrund der ausgesprochenen krankheitsbedingten Kündigung nicht dem sachlichen Anwendungsbereich der SicherungsO unterfalle. Nur betriebsbedingte Kündigungen lösten den Abfindungsanspruch aus. Das Berufungsgericht hat ferner ausgeführt, eine Abfindung sei nach § 8 Abs. 3 Buchst. a SicherungsO ausgeschlossen, weil die negative Gesundheitsprognose nicht erwarten lasse, dass die Klägerin ihre arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit in Zukunft noch werde ausüben können.

14

2. Die Klägerin setzt sich hinreichend mit diesen Erwägungen auseinander.

15

a) Die Revision rügt hinsichtlich der vom Landesarbeitsgericht angenommenen Ausnahme krankheitsbedingter Kündigungen vom Geltungsbereich des Abfindungsanspruchs, das Berufungsgericht habe die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB und die Inhaltskontrollnorm des § 307 Abs. 1 BGB verletzt. Damit wiederholt die Klägerin zwar in zusammengefasster Form die bereits in den Vorinstanzen geäußerten Rechtsauffassungen. Sie ordnet ihre Argumente aber den konkreten Begründungslinien des Landesarbeitsgerichts zu. Mit Blick darauf, dass das Revisionsgericht an die Revisionsgründe nicht gebunden ist, war eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit den Gründen des angegriffenen Urteils nicht erforderlich (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 6 AZR 78/08 - Rn. 10 mwN, BAGE 129, 170).

16

b) Die Revision wendet sich auch hinreichend gegen die Argumentation des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte habe die Kündigung aus einem von der Klägerin zu vertretenden Grund erklärt. Die Klägerin beanstandet mit einer Sachrüge, das Landesarbeitsgericht habe die tatsächlichen Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB nicht ausreichend beachtet, weil sie den krankheitsbedingten Grund für die Kündigung nicht zu vertreten habe. Mit einem Verfahrensangriff macht die Revision geltend, das Landesarbeitsgericht habe nicht aufgeklärt, dass Ursache der Erkrankung die langjährige Tätigkeit der Klägerin als Rettungssanitäterin gewesen sei.

17

B. Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Abfindungsanspruch. Die Voraussetzungen der SicherungsO sind im Fall einer aus Krankheitsgründen erklärten Kündigung nicht erfüllt.

18

I. Die gegenüber der Klägerin ausgesprochene Kündigung unterfällt nicht dem sachlichen Geltungsbereich der SicherungsO. Die Auslegung von § 8 Abs. 1 Satz 1 SicherungsO und den mit dieser Bestimmung in Zusammenhang stehenden Regelungen der SicherungsO ergibt, dass eine Abfindung nur bei Rationalisierungsmaßnahmen oder bei der Einschränkung von Tätigkeitsfeldern verlangt werden kann, nicht aber im Fall einer Kündigung, die auf Gründe in der Person des Arbeitnehmers gestützt wird.

19

1. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SicherungsO erhält der Mitarbeiter, der aufgrund einer Kündigung durch den Dienstgeber aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, nach Maßgabe einer vorgegebenen Formel eine Abfindung. § 8 Abs. 1 Satz 1 SicherungsO regelt damit selbst nicht alle Tatbestandsvoraussetzungen des Abfindungsanspruchs. Die weiteren Voraussetzungen sind in den vorangehenden Vorschriften enthalten. In § 8 SicherungsO ist vor allem nicht geregelt, bei welchen Kündigungsgründen ein Abfindungsanspruch besteht. Aus der Bezeichnung des gesamten Regelwerks und seiner Vorbemerkung ergibt sich jedoch, dass nur sog. betriebsbedingte Gründe den Abfindungsanspruch auslösen. So ist die SicherungsO mit „Ordnung zur Sicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Rationalisierungsmaßnahmen und Einschränkungen von Einrichtungen“ überschrieben. Im ersten Satz der Vorbemerkung ist festgehalten, dass „bei der Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen und anderen Einschränkungen - insbesondere der Aufgabe von Tätigkeitsfeldern -“ „die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu berücksichtigen und soziale Härten möglichst zu vermeiden“ sind. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der SicherungsO um ein in sich geschlossenes Regelwerk.

20

2. An Satz 1 der Vorbemerkung der SicherungsO wird deren Sinn und Zweck deutlich. Danach sind die Belange der Mitarbeiter zu berücksichtigen und soziale Härten zu vermeiden, soweit der Dienstgeber Rationalisierungsmaßnahmen oder Einschränkungen von Tätigkeitsbereichen vornimmt. Das entspricht den Maßnahmenbegriffen in § 2 Abs. 1 Buchst. a und Buchst. b SicherungsO, die in den nicht abschließenden Beispielen des § 2 Abs. 2 SicherungsO weiter ausdifferenziert werden. Die SicherungsO dient dazu, solche Maßnahmen aus der Arbeitgebersphäre sozialverträglich abzufedern ( vgl. BAG 22. Oktober 2009 - 6 AZR 595/08 - Rn. 15, AP TV SozSich § 4 Nr. 3 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 16; 23. September 2004 - 6 AZR 430/03  - zu 2 der Gründe, AP AVR Caritasverband § 1a Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 4). Die Abfindung aus der SicherungsO hat dieselbe Funktion wie eine Abfindung aus einem Sozialplan nach §§ 112 ff. BetrVG (vgl. BAG 23. September 2004 - 6 AZR 430/03 - zu 5 der Gründe, aaO).

21

3. Diese Auslegung entspricht dem gesamten Regelungszusammenhang der SicherungsO. Ihre Bestimmungen bauen inhaltlich aufeinander auf. Sie bringen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei sog. betriebsbedingten Kündigungen, deren Gründe aus der Sphäre des Arbeitgebers stammen, zum Ausdruck. Erst dann, wenn eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen unvermeidbar wird, weil der Arbeitnehmer nicht auf einem gleichwertigen oder zumutbaren Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann, sind Abfindungsleistungen vorgesehen (vgl. Scheffer/Mayer AVR-Kommentar 5. Aufl. Stand Juni 2008 SicherungsO Erl. 1). In § 4 SicherungsO ist geregelt, dass der Arbeitgeber verschiedene Maßnahmen mit dem Ziel des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses zu ergreifen hat. Im ersten Schritt ist zu prüfen, ob ein gleichwertiger Arbeitsplatz in derselben Einrichtung am selben Ort angeboten werden kann (§ 4 Abs. 2 SicherungsO), ggf. nach Umschulung oder Fortbildung (§ 4 Abs. 2 Unterabs. 3, § 5 SicherungsO). Soweit diese Prüfungen erfolglos verlaufen, ist der Arbeitgeber im zweiten Schritt verpflichtet zu prüfen, ob der Arbeitnehmer auf einem Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann, der nicht gleichwertig ist (§ 4 Abs. 3 SicherungsO). Für diesen Fall sieht § 7 SicherungsO eine Vergütungssicherung vor. Erst dann, wenn die Bemühungen des Arbeitgebers, den Arbeitsplatz zu sichern, erfolglos geblieben sind, steht dem aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmer eine Abfindung zu, die in § 8 SicherungsO geregelt ist(vgl. Scheffer/Mayer aaO SicherungsO Erl. 2 bis 9). Alle Regelungen der SicherungsO zeigen, dass der Arbeitsplatzverlust nur bei Kündigungen aufgrund betrieblicher Gründe durch eine Abfindung abgesichert werden soll.

22

II. Die Klägerin beruft sich zu Unrecht darauf, § 8 SicherungsO sei intransparent oder benachteilige sie unangemessen. Die Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB beschränkt sich bei arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Richtlinien zu Arbeitsverträgen (AVR) wie bei Tarifverträgen auf eine Rechtskontrolle. Daher ist § 307 BGB nicht anzuwenden.

23

1. Bei den AVR und der hierzu erlassenen SicherungsO handelt es sich um Kollektivvereinbarungen besonderer Art, in denen allgemeine Bedingungen für die Vertragsverhältnisse der bei den Kirchen beschäftigten Arbeitnehmer durch eine paritätisch zusammengesetzte Arbeitsrechtliche Kommission festgelegt werden (vgl. BAG 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - Rn. 23, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7; 23. September 2004 - 6 AZR 430/03 - zu 1 der Gründe, AP AVR Caritasverband § 1a Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 4). Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen entfalten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine normative Wirkung, sondern können als vom jeweiligen Arbeitgeber gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen lediglich kraft einzelvertraglicher Einbeziehung auf ein Arbeitsverhältnis anzuwenden sein (vgl. nur BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 634/09 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 57 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 18).

24

2. Die Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB beschränkt sich bei kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen auf eine Rechtskontrolle, wenn die AVR - wie hier - auf dem Dritten Weg nach den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurden (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 32, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 62, BB 2011, 186). Die paritätische Besetzung und die Unabhängigkeit der Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission gewährleisten, dass die Arbeitgeberseite ihre Interessen bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen nicht einseitig durchsetzen kann. Dabei handelt es sich um eine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB, die durch eine bloße Rechtskontrolle angemessen zu berücksichtigen ist. Maßstab der Rechtskontrolle ist wie bei Tarifverträgen, ob die Regelung gegen die Verfassung, höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstößt (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 31, aaO; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 61, aaO, jeweils mwN).

25

3. Die Abfindungsregelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 SicherungsO verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

26

a) § 8 Abs. 1 Satz 1 SicherungsO verletzt das Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit nicht.

27

aa) Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit verlangt grundsätzlich, dass der Normgeber die von ihm erlassenen Regelungen so bestimmt fasst, dass die Rechtsunterworfenen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge erfüllt sind (vgl. zu dem für gesetzliche Grundrechtsbeschränkungen entwickelten Klarheits- und Bestimmtheitsgebot die st. Rspr., zB BVerfG 24. Januar 2012 - 1 BvR 1299/05 - Rn. 123, 168 f., WM 2012, 562; 8. Dezember 2011 - 1 BvR 1932/08 - Rn. 25, DVBl. 2012, 230; 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 2 BvR 2 BvR 1857/10 - Rn. 143, 165, NJW 2012, 907; BVerwG 25. Januar 2012 - 6 C 9.11 - Rn. 27, 38 f., DSB 2012 Nr. 3, 66). Das gilt grundsätzlich auch für tarifvertragliche Regelungen. Tarifvertragliche Rechtsnormen sind Bestandteil der staatlichen Rechtsordnung ( vgl. BAG 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - zu 5 bis 7 der Gründe mwN, BAGE 51, 59; vgl. auch 4. Dezember 1997 - 2 AZR 809/96 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 87, 210; Wiedemann/Thüsing 7. Aufl. § 1 TVG Rn. 230 mwN). Die Tarifvertragsparteien haben bei der technischen Umsetzung der von ihnen verfolgten Zwecke regelmäßig einen weiten Gestaltungsspielraum. Sie können insbesondere unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden. Gerichte dürfen tarifliche Regelungen nur in ganz besonderen Ausnahmefällen wegen mangelnder Bestimmtheit und des darauf beruhenden Verstoßes gegen rechtsstaatliche Grundsätze für unwirksam erachten. Der Normgeber muss die von ihm erlassenen Regelungen jedoch so bestimmt fassen, dass die Rechtsunterworfenen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge erfüllt sind (vgl. BAG 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 36 mwN, NZA-RR 2012, 186). Die für Tarifverträge entwickelten Grundsätze gelten wegen der paritätischen Besetzung und der Unabhängigkeit der Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission auch für die Rechtskontrolle kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem sog. Dritten Weg erarbeitet wurden.

28

bb) § 8 Abs. 1 Satz 1 SicherungsO verstößt nicht gegen das Gebot der Normenklarheit. Die Bestimmung regelt in verständlicher und unzweideutiger Weise die Höhe der Abfindungssumme durch Angabe einer Berechnungsformel als Rechtsfolge einer Kündigung aufgrund der in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 SicherungsO beschriebenen Maßnahmen. Schon an der Bezeichnung der SicherungsO als „Ordnung zur Sicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Rationalisierungsmaßnahmen und Einschränkungen von Einrichtungen“ wird deutlich, dass eine Abfindung nur als Folge einer Kündigung aus betrieblichen, der Sphäre des Arbeitgebers entstammenden Gründen geschuldet ist. An Satz 1 der Vorbemerkung der SicherungsO zeigt sich derselbe Regelungsgehalt. Dort ist ausgeführt, dass die Belange der Mitarbeiter zu berücksichtigen und soziale Härten zu vermeiden sind, soweit der Dienstgeber Rationalisierungsmaßnahmen oder Einschränkungen von Tätigkeitsbereichen vornimmt. Das klare Auslegungsergebnis der aus der Sphäre des Arbeitgebers stammenden Kündigungsgründe wird durch die verschiedenen Sicherungsschritte, die einem durch Abfindung abgemilderten Arbeitsplatzverlust nach §§ 4, 5 und 7 SicherungsO vorangehen, gestützt.

29

b) Der Senat kann offenlassen, ob sich die SicherungsO am AGG messen lassen muss. Soweit ihr Anwendungsbereich Kündigungen aus Krankheitsgründen nicht erfasst, liegt darin keine Benachteiligung iSv. §§ 1, 7 Abs. 1 AGG. Die Klägerin hat sich selbst nicht darauf berufen, behindert iSv. § 1 AGG zu sein. Krankheit als solche ist kein Grund, der eine Benachteiligung aufgrund der sog. Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 und ihrer nationalen Umsetzung im AGG verbietet (vgl. für die Richtlinie EuGH 11. Juli 2006 - C-13/05 - [Chacón Navas] Rn. 42 bis 47, Slg. 2006, I-6467; für das AGG BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - Rn. 29, AP AGG § 15 Nr. 2 = EzA AGG § 15 Nr. 4).

30

c) Die Arbeitsrechtliche Kommission hat die Grenzen ihrer Regelungsmacht nicht überschritten, indem sie den Abfindungsanspruch aus der SicherungsO auf Kündigungsgründe aus der Arbeitgebersphäre beschränkt hat.

31

aa) Der Arbeitsrechtlichen Kommission kommt - wie Tarifvertragsparteien - eine Einschätzungsprärogative zu (vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 684/09 - Rn. 32, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 40; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 67, BB 2011, 186). Es ist nicht Sache der Gerichte zu prüfen, ob jeweils die gerechteste oder zweckmäßigste Regelung gefunden wurde (vgl. BAG 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - Rn. 25, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7).

32

bb) Die Arbeitsrechtliche Kommission hat ihre Einschätzungsprärogative hier nicht überschritten. Die SicherungsO, die ausschließlich Kündigungen aus Gründen der Rationalisierung oder der Einschränkung von Tätigkeitsbereichen erfasst, hält sich innerhalb dieses Gestaltungsspielraums. Die Folgen von Kündigungen, die aus unterschiedlichen Gründen erklärt werden, können auch aus Sicht des Gesetzgebers verschieden behandelt werden. Die SicherungsO lehnt sich an die Sozialplanregelungen in §§ 112 ff. BetrVG an. Auch Sozialpläne sollen nur wirtschaftliche Nachteile ausgleichen oder mildern, die den Arbeitnehmern infolge einer geplanten Betriebsänderung entstehen (§ 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG).

33

III. Auf die erhobene Verfahrensrüge kommt es nicht an. Mit ihr beanstandet die Klägerin, das Landesarbeitsgericht habe die Ursache für ihr krankheitsbedingtes Ausscheiden zu Unrecht nicht aufgeklärt. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn die Tätigkeit als Rettungssanitäterin ursächlich für die Erkrankung der Klägerin gewesen sein sollte, handelte es sich nicht um eine aus der betrieblichen Sphäre des Beklagten stammende Maßnahme iSv. § 2 Abs. 1 und Abs. 2 SicherungsO.

34

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Wollensak    

        

    Fischermeier    

                 

Tenor

I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Oktober 2007 - 3 Sa 912/07 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als es die Klageabweisung in Höhe von 1.014,39 Euro (Reduzierung des Monatslohns für Oktober 2005 bis Juni 2006) nebst Zinsen bestätigt hat.

II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember 2006 - 15/22 Ca 4729/06 - teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.586,40 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 558,64 Euro seit dem 1. Februar 2006, 1. März 2006, 1. April 2006, 1. Mai 2006, 1. Juni 2006, 1. Juli 2006, 1. August 2006, 1. September 2006, 1. Oktober 2006 und 1. November 2006 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 1.014,39 Euro brutto (Reduzierung des Monatslohns) zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 112,71 Euro brutto seit dem 1. November 2005, 1. Dezember 2005, 1. Januar 2006, 1. Februar 2006, 1. März 2006, 1. April 2006, 1. Mai 2006, 1. Juni 2006 und 1. Juli 2006 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

IV. Die Klägerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu 55 %, die Beklagte trägt sie zu 45 %. Von den Kosten der zweiten Instanz haben die Klägerin 86 % und die Beklagte 14 % zu tragen. Der Klägerin werden die Kosten der Revision zu 73 % auferlegt, der Beklagten zu 27 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf ihr Arbeitsverhältnis Änderungen der für das Diakonische Werk in Hessen und Nassau(DWHN) geltenden Arbeitsvertragsregelungen, die die Arbeitsrechtliche Kommission der Evangelischen Kirche und des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau (Arbeitsrechtliche Kommission) im Jahr 2005 beschlossen hat, Anwendung finden. In diesem Zusammenhang begehrt die Klägerin konkret die Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes und einer höheren Sonderzuwendung für 2005. Ferner wendet sie sich gegen die Entgeltreduzierung durch die Überleitung in ein neues Vergütungssystem.

2

Die 1945 geborene Klägerin war seit 1991 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigt. Am 5. August 1992 vereinbarten die Arbeitsvertragsparteien eine Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 24. Mai 1991. In § 2 dieses Ergänzungsvertrags heißt es:

        

„(1)

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den jeweiligen, für Angestellte geltenden Bestimmungen des Dienstvertragsrechts des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau (DVR/DWHN). Hierbei handelt es sich insbesondere um den Bundesangestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 und diesen ändernde, ergänzende oder ersetzende Tarifverträge in der Fassung der Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau (BAT/DW). …

        

...“

        
3

Art. 71 der Kirchenordnung der zuständigen evangelischen Kirche für Hessen und Nassau(EKHN) regelt:

        

„(1) Die Arbeitsverhältnisse der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau können im Rahmen des kirchlichen Auftrages unter partnerschaftlicher paritätischer Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst verbindlich für alle Anstellungsträger geregelt werden.

        

(2) Das nähere bestimmt ein Kirchengesetz, dem mehr als die Hälfte der gewählten und berufenen Mitglieder der Kirchensynode zustimmen muss.“

4

Auf dieser Grundlage beschloss die EKHN am 29. November 1979 das Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechts-Regelungsgesetz - ARRG). § 4 ARRG lautet:

        

„(1) Die durch die Arbeitsrechtliche Kommission oder den Schlichtungsausschuß nach Maßgabe dieses Kirchengesetzes beschlossenen arbeitsrechtlichen Regelungen sind für alle Arbeitsverhältnisse im Geltungsbereich dieses Kirchengesetzes verbindlich.

        

(2) Es dürfen nur Arbeitsverträge geschlossen werden, die den in Absatz 1 genannten Regelungen entsprechen.“

5

§ 1 Abs. 1 der von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau vom 25. September 1980(Ang-AVO/DWHN 1980) regelte, dass auf die Arbeitsverhältnisse der im kirchlich-diakonischen Dienst des DWHN als Angestellte beschäftigten Mitarbeiter der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 sowie die für BAT-Angestellte zusätzlich abgeschlossenen oder noch abzuschließenden Tarifverträge in der für das Land Hessen jeweils geltenden Fassung Anwendung fanden, soweit in Abschnitt II durch die zuständigen Gremien des DWHN nichts anderes bestimmt war. Für die Arbeiter galt die Arbeitsvertragsordnung für Arbeiter im kirchlich-diakonischen Dienst des DWHN (Arbeitervertragsordnung - ArbVO/DWHN) vom 15. Dezember 1982. Gemäß § 1 Abs. 1 ArbVO/DWHN fanden auf die als Arbeiter beschäftigten Mitarbeiter der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe(BMT-G II) vom 31. Januar 1962 sowie die für Arbeiter zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge in der für das Land Hessen am 30. Juni 2004 geltenden Fassung Anwendung, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt war.

6

Im Jahr 1999 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Wege des Betriebsübergangs auf das St. M Krankenhaus über. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin als Köchin und stellvertretende Küchenleiterin beschäftigt und erhielt eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vc BAT idF der Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des DWHN (BAT/DW). Seit dem Betriebsübergang wurde sie mit ihrem Einverständnis als Küchenhilfe eingesetzt. Mit dieser Tätigkeit war sie nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in die Lohngruppe 1 des Hessischen Lohntarifvertrags (HLT) eingruppiert. Die Parteien vereinbarten mündlich eine Vergütung nach der Lohngruppe 3 HLT. Dies bestätigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin mit Schreiben vom 22. Juli 2002 wie folgt:

        

„Gewährung einer außertariflichen Zulage

        

Sehr geehrte Frau L,

        

wie in einem persönlichen Gespräch mit Frau La bereits erläutert, werden Sie ab 01. Oktober 2002 nach BMTG II / HLT, Lohngruppe 3 vergütet.

                 
        

Sie erhalten ab 01. Oktober 2002 eine Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages von Vergütungsgruppe V c B/L zur Vergütungsgruppe BMTG II / HLT, Lohngruppe 3.

                 
        

Diese Zulage vermindert sich bei jeder Erhöhung ihrer Vergütung um 50 % des entsprechenden Erhöhungsbetrages (z.B. Tariferhöhung).

                 
        

Des weiteren wird vereinbart, dass Sie mit Vollendung des 60. Lebensjahres ausscheiden und Rente beantragen werden.

        

…“   

7

In der Folgezeit erhielt die Klägerin stets eine Vergütung nach der Lohngruppe 3 BMT-G II zuzüglich einer abschmelzenden Zulage, die zuletzt 558,64 Euro brutto monatlich betrug.

8

Zum 1. Januar 2004 ging das Arbeitsverhältnis durch einen weiteren Betriebsübergang auf die Beklagte über. Diese ist eine kirchlich-diakonische Einrichtung und Mitglied des DWHN.

9

Bis 2004 erhielt die Klägerin ein Urlaubsgeld. Rechtsgrundlage dafür war der Verweis in § 1 Abs. 1 Ang-AVO/DWHN auf den Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte bzw. in § 1 ArbVO/DWHN auf den Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Arbeiter, jeweils vom 16. März 1977. Am 17. Mai 2005 fasste die Arbeitsrechtliche Kommission den Beschluss über eine Arbeitsrechtsregelung zum Wegfall des Urlaubsgeldes 2005 (ABl. EKHN 2005 S. 195). Danach wurde in die Ang-AVO/DWHN folgender § 31 eingefügt:

        

„Zum Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte

        

Der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16. März 1977 findet keine Anwendung. Urlaubsgeld wird nicht gezahlt.“

10

In die ArbVO/DWHN wurde ein entsprechender § 11c eingefügt.

11

Die Klägerin erhielt daraufhin für das Jahr 2005 kein Urlaubsgeld. Mit ihrer Klage begehrt sie dieses Urlaubsgeld zuletzt in einer Höhe von 284,86 Euro brutto.

12

Mit Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 20. Juli 2005 wurden die materiellen Arbeitsbedingungen aller Arbeitnehmer sowohl der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau(EKHN) als auch des DWHN im Rahmen einer „Arbeitsrechtsregelung zur Einführung der Kirchlich-Diakonischen Arbeitsvertragsordnung“ (ARR 2005 [ABl. EKHN 2005 S. 262]) mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 neu geregelt. Ziel dieses Regelwerks war die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit am Markt der Wohlfahrtspflege und der Arbeitsplätze, die Schaffung eines einheitlichen Tarifrechts für Arbeiter und Angestellte und die Einführung einer aufgaben- und leistungsbezogenen Vergütung. Die mit den Änderungen der Arbeitsbedingungen für die Klägerin verbundenen finanziellen Einbußen betrugen unter Berücksichtigung einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 3 weniger als 20 % der ihr bisher gezahlten Vergütung.

13

Die ARR 2005 ist wie ein Artikelgesetz aufgebaut. Die Kirchlich-Diakonische Arbeitsvertragsordnung (KDAVO) vom 20. Juli 2005 ist als Art. 1 der ARR 2005(ABl. EKHN 2005 S. 262) geregelt. § 13 KDAVO setzt die wöchentliche Arbeitszeit auf durchschnittlich 40 Stunden fest. § 37 KDAVO regelt den Anspruch auf eine Sonderzahlung. § 37 Abs. 2 KDAVO bestimmt:

        

„In den Jahren 2005 bis 2007 bemisst sich die Sonderzahlung nach folgenden Prozentsätzen auf der Basis der in Absatz 4 festgelegten Bemessungsgrundlage:

        

1.   

70 Prozent in den Entgeltgruppen E 1 bis E 5

        

...“

        
14

Für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse vor dem 1. Oktober 2005 begonnen haben, gelten gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 2 und Nr. 3 KDAVO die Neufassungen der Ang-AVO/DW bzw. der ArbVO/DW, die als Art. 5 bzw. Art. 6 Teil der ARR 2005 sind. Die Ang-AVO/DWHN idF vom 20. Juli 2005 (ABl. EKHN 2005 S. 281) bestimmt:

        

„§ 1. Geltungsbereich. Diese arbeitsrechtliche Regelung gilt für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich des DWHN, wenn

        

1.   

das Arbeitsverhältnis vor dem 1. Oktober 2005 begonnen hat und

        

2.   

im Arbeitsvertrag bestimmt wurde, dass die Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau (Ang-AVO/DW) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung findet.

        

§ 2. Anwendung der KDAVO. Auf die Arbeitsverhältnisse finden ab dem 1. Oktober 2005 die Bestimmungen der Kirchlich-Diakonischen Arbeitsvertragsordnung (KDAVO) in der jeweils geltenden Fassung entsprechende Anwendung, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist.

        

...

        

§ 10. Sonderzahlung 2005. Abweichend von § 37 Abs. 4 KDAVO ist die Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlung im Jahr 2005 die Summe aus dem Arbeitsentgelt (§ 30 KDAVO), der Leistungszulage (§ 29 KDAVO), der Vergütung für Mehrarbeit (§ 31 KDAVO), dem Überstundenzuschlag (§ 32 KDAVO) und 65 Prozent der Besitzstandszulage (§ 8) für den Monat Oktober.

        

...“

15

Dementsprechende Überleitungsregelungen enthalten §§ 1, 2 und 7 der ArbVO/DWHN idF vom 20. Juli 2005(ABl. EKHN 2005 S. 283).

16

Die Klägerin erhielt im November 2005 eine um 584,21 Euro brutto niedrigere Sonderzahlung als im November 2004. Diese Differenz ist ebenfalls Gegenstand der Klage. Seit Oktober 2005 arbeitet die Klägerin ohne finanziellen Ausgleich 1,5 Wochenstunden mehr. Den deshalb erstinstanzlich gestellten Antrag auf eine Mehrarbeitsvergütung von 368,22 Euro brutto hat die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht weiterverfolgt.

17

Die Beklagte gruppierte die Klägerin zum 1. Oktober 2005 in die Entgeltgruppe 1 um. Dadurch sank der Grundlohn der Klägerin von 1.947,25 Euro brutto auf 1.364,00 Euro brutto. Unter Berücksichtigung einer Leistungszulage von 132,40 Euro brutto sowie einer Besitzstandszulage von 338,14 Euro brutto erhielt die Klägerin insgesamt 1.834,54 Euro brutto im Monat. Die verbleibende monatliche Differenz von 112,71 Euro brutto zu dem ihr im September 2005 gezahlten Entgelt ist für die neun Monate von Oktober 2005 bis Juni 2006 Gegenstand der Klage.

18

Nach Art. 2 der ARR 2005 erhielten die Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich der KDAVO fielen, zwischen Dezember 2005 und August 2007 Einmalzahlungen von insgesamt 450,00 Euro brutto. Die Klägerin hat diese Zahlungen erhalten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 19. Oktober 2007 haben die Parteien einen Teil-Vergleich geschlossen, wonach die Beklagte von der Klageforderung die Einmalzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 150,00 Euro brutto in Abzug bringen darf, sofern die KDAVO auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet.

19

Die Beklagte stellte zum 1. Januar 2006 die Zahlung der mit Schreiben vom 22. Juli 2002 zugesagten außertariflichen Zulage ein, weil die Klägerin über das 60. Lebensjahr hinaus arbeitete. Das Arbeitsgericht hat der Klägerin diesen für die Zeit vom Januar bis Oktober 2006 in einer Gesamthöhe von 5.586,40 Euro eingeklagten Entgeltbestandteil rechtskräftig zugesprochen.

20

Soweit für die Revision noch von Bedeutung hat die Klägerin geltend gemacht, mit der Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags hätten die Parteien das Tarifvertragssystem des BAT zur Basis ihrer vertraglichen Beziehungen machen wollen. Die Verweisung auf den BAT/DW erlaube grundsätzlich nur Modifikationen dieser Tarifverträge, verlange aber insgesamt Systemtreue. Die KDAVO weiche aber in einer Vielzahl von Strukturmerkmalen vom BAT ab. Für deren Anwendung hätte es daher einer Tarifsystemwechselklausel bedurft. Jedenfalls sei durch die Vereinbarung vom 22. Juli 2002 und die spätere Handhabung die Bezugnahmeklausel dahin abgeändert worden, dass anstelle der vorher geltenden Angestelltenregelungen des BAT ab dem 1. Oktober 2002 ausschließlich und vollständig die Bestimmungen des BMT-G II/HLT zur Anwendung kommen sollten. Die KDAVO könne deshalb ohne eine Vertragsänderung auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht angewandt werden.

21

Selbst wenn § 2 des Arbeitsvertrags dahin ausgelegt werden könne, dass davon auch die Einführung der KDAVO umfasst sei, halte die Klausel einer Inhaltskontrolle nicht stand. Mit diesem Inhalt sei die Bezugnahmeklausel überraschend. Eine Abkehr vom BAT und dessen Austausch durch ein völlig anderes Kirchenrecht habe nicht erwartet werden können. Zudem verstoße § 2 des Arbeitsvertrags bei einer solchen Auslegung gegen die Unklarheitenregelung. Die Bezugnahme erwecke den Eindruck, es gebe einen Tarifvertrag BAT/DW. Dem Transparenzgebot sei nicht genügt, weil in der Bezugnahmeklausel die Voraussetzungen, unter denen sich die Beklagte vom BMT-G als Teil des öffentlichen Dienstrechts verabschieden könne, nicht genau umschrieben seien. Auch berechtige die Bezugnahmeklausel den Arbeitgeber, seine spezifischen Anpassungs- und Flexibilisierungsbedürfnisse einseitig in das Arbeitsverhältnis einzubeziehen. Darin liege eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Dritte Weg gewähre keinen § 2 KSchG angenäherten Schutz vor willkürlichen, einseitigen Änderungen der vertraglich vereinbarten Bedingungen. Insgesamt weiche die Bezugnahmeklausel erheblich vom Grundgedanken des arbeitsrechtlichen Inhaltsschutzes ab. Anders als bei Tarifverträgen könne nicht angenommen werden, dass die Entscheidungen der Arbeitsrechtlichen Kommission eine Gewähr dafür böten, dass die Interessen der Arbeitnehmer nicht unangemessen belastet würden. Zudem berühre eine entsprechende Auslegung der Bezugnahmeklausel die Klägerin in ihren durch Art. 12 GG geschützten Rechten. Zwischen kirchlichem Selbstbestimmungsrecht und Arbeitnehmerrechten müsse eine Abwägung erfolgen.

22

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die durch die KDAVO erfolgten Eingriffe in das Leistungs- und Gegenleistungsgefüge seien unbillig. Insoweit hat sie mit der Höhe der Vergütung nach der Entgeltgruppe E 1 argumentiert. Jedenfalls richte sich die Vergütung auch bei Wirksamkeit der KDAVO für das Arbeitsverhältnis weiterhin nach der Lohngruppe 3 Stufe 8 BMT-G II/HLT. Die Parteien hätten mit der Vereinbarung vom 22. Juli 2002 eine wirksame Nebenabrede zum Arbeitsvertrag getroffen, die durch die KDAVO nicht verdrängt worden sei.

23

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

1.   

die Beklagte zu verurteilen, an sie 284,86 Euro brutto Urlaubsgeld zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. August 2005 zu zahlen;

        

2.   

die Beklagte zu verurteilen, an sie 584,21 Euro brutto Zuwendung zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. Dezember 2005 zu zahlen;

        

3.   

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.014,39 Euro brutto (Reduzierung des Monatslohns) zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 112,71 Euro brutto seit 1. November 2005, 1. Dezember 2005, 1. Januar 2006, 1. Februar 2006, 1. März 2006, 1. April 2006, 1. Mai 2006, 1. Juni 2006 und 1. Juli 2006 zu zahlen;

        

4.   

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr über den 30. September 2005 hinaus Vergütung nach BMT-G II/HLT Lohngruppe 3, Stufe 8 auf der Basis von anteilig 38,7 Stunden wöchentlich zu zahlen.

24

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Parteien hätten sich mit der dynamischen Verweisung im Arbeitsvertrag auf die von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsregelungen deren Bestimmungsrecht unterworfen. Es sei klar gewesen, dass über § 2 des Arbeitsvertrags nicht der BAT als solcher, sondern die Arbeitsvertragsregelungen in ihrer jeweiligen Fassung Inhalt des Vertrags werden sollten. Den Parteien sei bewusst gewesen, dass Inhalt und Umfang der Hauptleistungspflichten an die jeweiligen Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission gebunden seien. Sie müssten deshalb Änderungen dieser Regelungen auch dann hinnehmen, wenn sie eine vollständige Umgestaltung der Rechtsbeziehung beinhalteten. Die KDAVO unterliege nur einer Transparenzkontrolle. Dieser halte sie stand.

25

Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der für die Revision maßgeblichen Streitgegenstände abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dabei hat das Landesarbeitsgericht die Vereinbarung vom 22. Juli 2002 als konstitutive Vereinbarung der Lohngruppe 3 BMT-G II/HLT, nicht aber als Inbezugnahme des BMT-G II insgesamt angesehen. Ausgehend von diesem Rechtsstandpunkt hat es bei der von ihm vorgenommenen Inhaltskontrolle der Gehaltsreduzierung auf die Entgeltgruppe E 3 als Basis abgestellt. Die Differenz zu der Entgeltgruppe E 3 hat es der Klägerin gleichwohl nicht zugesprochen. Dem stehe § 308 Abs. 1 ZPO entgegen.

26

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision, mit der sie ua. geltend macht, selbst dann, wenn die KDAVO wirksam eingeführt worden sei und auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Anwendung komme, stehe ihr wegen der Vereinbarung vom 22. Juli 2002 zumindest eine Vergütung nach der Lohngruppe 3 Stufe 8 BMT-G II/HLT zu.

Entscheidungsgründe

27

Die Revision der Klägerin ist begründet, soweit die Beklagte die einzelvertragliche Vereinbarung zwischen ihrer Rechtsvorgängerin und der Klägerin vom 22. Juli 2002, die Klägerin als Küchenhilfe außerhalb der geltenden Vergütungsordnung nach der Lohngruppe 3 BMT-G II/HLT zu vergüten, bei der Überleitung der Klägerin in die ARR 2005 nicht beachtet hat. Die Klägerin hat darum Anspruch auf die Entgeltdifferenz von 1.014,39 Euro brutto für Oktober 2005 bis Juni 2006. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

28

A. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Die gleichzeitig erhobene Leistungsklage steht dem Feststellungsinteresse nicht entgegen. Der Feststellungsantrag umfasst eine strukturell andere Vergütung als die seit 1. Oktober 2005 der Klägerin gezahlte und geht damit auch weiter als der auf die Entgeltdifferenz gerichtete Zahlungsantrag. Er basiert auf der Annahme der Klägerin, für sie gelte der BMT-G II idF des Diakonischen Werkes(BMT-G II/DW) insgesamt und nicht nur hinsichtlich der Höhe der Vergütung weiter.

29

B. Die Klage ist unbegründet, soweit sich die Klägerin gegen die Anwendung der im Jahr 2005 erfolgten Änderung der Arbeitsvertragsregelungen auf ihr Arbeitsverhältnis wendet. Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags vom 5. August 1992 erfasst auch die Änderungen der Arbeitsvertragsregelungen durch den Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 17. Mai 2005 über den Wegfall eines Urlaubsgeldes für das Jahr 2005 sowie durch die ARR 2005. Das ergibt die Auslegung dieser Klausel. Die Änderungen der Arbeitsvertragsregelungen halten einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand. Darum ist der Antrag auf Zahlung eines Urlaubsgeldes sowie einer höheren Sonderzuwendung für 2005 ebenso unbegründet wie der aus der Annahme der Weitergeltung des BMT-G II/DW für das Arbeitsverhältnis resultierende Feststellungsantrag sowie das Begehren auf Zahlung der Differenz zur im September 2005 gezahlten Vergütung, soweit dieses sich auf die Annahme der Weitergeltung des BMT-G II/DW für das Arbeitsverhältnis der Parteien stützt.

30

I. Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lässt sich nicht entnehmen, ob die Klägerin im September 2005 - wie im Vertrag vom 5. August 1992 vereinbart - mit Ausnahme der Vereinbarung eines Lohns der Lohngruppe 3 BMT-G II/HLT weiterhin den für Angestellte geltenden Arbeitsvertragsregelungen des DWHN unterfiel oder ob - wie die Klägerin behauptet - das Arbeitsverhältnis seit dem 22. Juli 2002 insgesamt nach den für Arbeiter geltenden kirchlichen Bestimmungen behandelt worden ist. In den von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen für November 2004 und September 2005 ist allerdings als „Tarifwerk“ das Werk 016 angegeben, als „Tarifgruppe“ 03 und als „Tarifbezeichnung“ BMT-G GrdLT. Dies spricht für eine Behandlung der Klägerin als Arbeiterin. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin unterfällt jedenfalls nicht, wie sie annimmt, dem BMT-G II, sondern den jeweils aktuell geltenden Arbeitsvertragsregelungen.

31

II. Bei der in § 2 des Formulardienstvertrags vom 5. August 1992 getroffenen Bezugnahmeklausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einem Formulararbeitsvertrag durch das Landesarbeitsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung durch das Bundesarbeitsgericht(st. Rspr., vgl. Senat 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 22, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15). Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (Senat 19. März 2009 - 6 AZR 557/07 - Rn. 21, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17). Dies gilt auch für Vertragsklauseln, die dynamisch auf Tarifverträge verweisen (Senat 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 23 f., aaO). Nehmen die Arbeitsvertragsparteien auf kirchlich-diakonische Arbeitsbedingungen und ihre Änderungen und Ergänzungen und damit auch auf ein von ihnen selbst nicht abzuänderndes externes Regelwerk Bezug, besteht kein Anlass, von den für die Auslegung von AGB allgemein geltenden Grundsätzen abzugehen (BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 798/07 - Rn. 14).

32

III. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsregelungen maßgeblich sein sollen und die Bezugnahmeklausel jede im Verfahren des Dritten Weges mit paritätischer Besetzung der Arbeitsrechtlichen Kommission und Weisungsungebundenheit ihrer Mitglieder ordnungsgemäß zustande gekommene „Änderung und Ergänzung“ der Arbeitsvertragsregelungen umfasst.

33

1. Dies hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 10. Dezember 2008(- 4 AZR 798/07 - Rn. 16 - 27) für eine inhaltsgleiche Bezugnahmeklausel entschieden. Er hat sein Auslegungsergebnis eingehend insbesondere mit dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck und der Funktion der Regelung begründet und dabei das auch von der Klägerin vorgebrachte Argument gewürdigt und dann verworfen, die Bezugnahmeklausel habe das Arbeitsverhältnis dem Tarifvertragssystem des BAT zeitdynamisch unterstellt. § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags lasse sich nicht entnehmen, dass damit der BAT als solches, eine ihm entsprechende Grundstruktur oder jedenfalls eine Bindung an das Tarifvertragssystem des öffentlichen Dienstes Gegenstand der Bezugnahme sein sollte. Damit solle nur die seinerzeit geltende Rechtslage umschrieben und das aktuelle Dienstvertragsrecht dargestellt werden. Eine inhaltliche Eingrenzung der Dynamik der Bezugnahmeklausel werde mit dieser Formulierung nicht begründet.

34

Die Bezugnahme erlaubt auch das Außerkraftsetzen der in das Arbeitsverhältnis einbezogenen Regelungen. Darum umfasst die Bezugnahmeklausel auch den von der Arbeitsrechtlichen Kommission am 17. Mai 2005 gefassten Beschluss über den Wegfall des Urlaubsgeldes 2005(BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 880/07 - Rn. 28).

35

2. Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt es nicht, an diesen überzeugenden Ausführungen des Vierten Senats und seinem Auslegungsergebnis nicht festzuhalten. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfordert die Einbeziehung der ARR 2005 in das Arbeitsverhältnis nicht die Vereinbarung einer „Tarifsystemwechselklausel“. Die Bezugnahmeklausel in § 2 der Ergänzung vom 5. August 1992 zum Arbeitsvertrag verweist nicht in erster Linie auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag und nur in zweiter Linie auf etwaige Anpassungen dieses Tarifvertrags durch die Arbeitsrechtliche Kommission. Einen Bundes-Angestelltentarifvertrag idF der Empfehlung des DWHN als ein abgeschlossenes Normenwerk dieses Namens gab es nicht(BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10). Deshalb hilft der Klägerin auch der Hinweis nicht weiter, aufgrund der Abkoppelung vom Bundes-Angestelltentarifvertrag liege materiell ein „Tarifwechsel“ vor.

36

3. Entgegen der Auffassung der Revision steht die Vereinbarung vom 22. Juli 2002 der Einbeziehung der durch die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 17. Mai 2005 über den Wegfall eines Urlaubsgeldes für das Jahr 2005 sowie vom 20. Juli 2005 über die ARR 2005 in das Arbeitsverhältnis nicht entgegen.

37

Die Klägerin nimmt insoweit an, durch die Vereinbarung vom 22. Juli 2002 und die anschließende Handhabung habe die Beklagte die verbindliche Zusage gegeben, das Arbeitsverhältnis der Klägerin ausschließlich nach den Bestimmungen des BMT-G II zu behandeln. Zwar geht der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien, eine Klausel habe einen bestimmten Inhalt, auch der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen vor(Senat 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 25, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15; BGH 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08 - Rn. 16, BGHZ 181, 278). Eine solche übereinstimmende Vorstellung der Parteien vom Inhalt der Bezugnahmeklausel bringt die Vereinbarung vom 22. Juli 2002 aber nicht zum Ausdruck. Vielmehr haben die Parteien nach dem Vortrag der Klägerin damit in Anlehnung an die Vergütungssicherung im Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Angestellte vom 9. Januar 1987 (TV Ratio) eine vom kirchlichen Vergütungssystem abweichende Entgeltregelung getroffen. Deshalb lässt sich der getroffenen Vereinbarung nichts für das Verständnis der Parteien über den Inhalt der Bezugnahmeklausel entnehmen. Ebenso wenig beinhaltet sie eine verbindliche Zusage der Rechtsvorgängerin der Beklagten, das Arbeitsverhältnis der Klägerin künftig ausschließlich nach den Bestimmungen des BMT-G II/HLT zu behandeln. Bis auf die einzelvertragliche Entgeltvereinbarung sollte es bei der Bezugnahme auf die jeweils gültigen einschlägigen kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen bleiben. Davon ist das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen. Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe den erkennbaren Willen der Parteien nicht ausreichend beachtet, ist daher unbegründet.

38

IV. Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags vom 5. August 1992 ist wirksam. Sie hält einer Vertragskontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand.

39

1. Die Bezugnahmeklausel ist hinreichend klar und verständlich iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und steht nicht zu anderen im Dienstvertrag getroffenen Vereinbarungen in Widerspruch.

40

2. Es handelt sich auch nicht um eine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Ein Überraschungsmoment ergibt sich weder aus der äußeren Form und Positionierung der in einem gesonderten Paragraphen vereinbarten Klausel noch aus ihrer inhaltlichen Gestaltung. Ein Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einer Einrichtung eines Diakonischen Werkes schließt, hat davon auszugehen, dass sein Arbeitgeber das spezifisch kirchliche Vertragsrecht in seiner jeweiligen Fassung zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses machen will und dazu auch kirchenrechtlich verpflichtet ist(vgl. BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 798/07 - Rn. 34). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Klausel nicht deshalb überraschend, weil sie mit Änderungen, wie sie durch die ARR 2005 erfolgt sind, nicht habe rechnen müssen. Auch dann wäre die Bezugnahmeklausel selbst noch nicht überraschend (Deinert ZTR 2005, 461, 478).

41

Der Senat hat im Urteil vom 24. September 2008(- 6 AZR 76/07 - Rn. 21, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15) ebenso wie vor der Schuldrechtsreform in seiner Entscheidung vom 28. Juni 2001 (- 6 AZR 114/00 - BAGE 98, 175, 195) offengelassen, ob über eine an sich nicht überraschende Bezugnahmeklausel solche tariflichen Bestimmungen nicht Vertragsinhalt werden, die für die Vertragspartner bei Abschluss des Vertrags schlechterdings nicht vorhersehbar waren. Die Frage des Überraschungsschutzes stellt sich auch bei auf kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen bezogenen vertraglichen Jeweiligkeitsklauseln (bejahend für Änderungen, mit denen der Arbeitnehmer gemeinhin nicht rechnen musste, Deinert ZTR 2005, 461, 477 f.). Ein Fall bei Vertragsschluss generell nicht vorhersehbarer Änderungen liegt jedoch nicht vor. Mit den neuen Regelungen, zB der Anhebung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden, der Änderung der Vergütung von Bereitschaftsdiensten und der geringeren Sonderzahlung, musste die Klägerin rechnen. Es handelt sich dabei um Veränderungen, wie sie als Reaktion auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage oder der Wettbewerbssituation auch in anderen Bereichen, zB im öffentlichen Dienst, nicht ungewöhnlich sind. Deshalb kann auch hier dahinstehen, ob bei Vertragsschluss schlechterdings nicht vorhersehbare Änderungen der in Bezug genommenen Regelungen Vertragsinhalt werden und an welchen Kriterien gegebenenfalls die Unvorhersehbarkeit zu messen wäre.

42

3. Die Bezugnahmeklausel genügt auch dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 798/07 - Rn. 40 - 44). Entgegen der Auffassung der Revision verlangt das Transparenzgebot nicht die Nennung der Voraussetzungen für eine inhaltliche Änderung oder grundlegende Umgestaltung der bestehenden Regelungen in der Klausel. Die Bestimmbarkeit der jeweils Anwendung findenden Regelung reicht aus.

43

4. Auf die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB kann sich die Klägerin nicht berufen, weil die Auslegung der Bezugnahmeklausel keinen Anlass zu Zweifeln gibt(BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 880/07 - Rn. 36).

44

5. Die Bezugnahmeklausel in § 2 der Ergänzung vom 5. August 1992 zum Arbeitsvertrag ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht deswegen unwirksam, weil die Beklagte dadurch ihre „spezifischen Anpassungs- und Flexibilisierungsbedürfnisse“ einseitig in das Arbeitsverhältnis einbeziehen könnte.

45

a) Behält sich ein Arbeitgeber in einem Arbeitsvertrag einseitig das Recht vor, eine versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, ist diese Abrede nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Ein Abänderungsvorbehalt stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar(BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Dass Verträge die Vertragsparteien grundsätzlich binden („pacta sunt servanda“), gehört zu den Grundelementen des Vertragsrechts (BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140, 144). Die automatische Änderung vertraglicher Leistungspflichten oder sonstiger vertraglicher Bestimmungen aufgrund der Änderung eines externen Regelungswerkes läuft diesem Grundsatz zuwider. Auf vom Arbeitgeber formulierte allgemeine Arbeitsbedingungen verweisende Jeweiligkeitsklauseln unterliegen daher den strengen Anforderungen der Änderungsvorbehalte (Preis NZA 2010, 361, 362). Die Kontrolle von dynamischen Bezugnahmeklauseln am Maßstab der §§ 305 ff. BGB entspricht auch der Rechtsprechung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts (14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 20, BAGE 122, 12). Allerdings hat der Fünfte Senat die dynamische Verweisung in einem Formulararbeitsvertrag auf die für Beamte geltende Arbeitszeit nur einer eingeschränkten Überprüfung unterzogen. Dies beruhte jedoch darauf, dass die Klausel die Arbeitszeit und damit die einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle entzogene Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers betraf. Auch der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat ausdrücklich angenommen, dass seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 die AGB-Kontrolle für Arbeitsverträge und damit auch für arbeitsrechtliche Bezugnahmeklauseln gesetzlich angeordnet ist (18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 43, BAGE 122, 74). Diese Rechtsprechung zur AGB-Kontrolle von dynamischen Bezugnahmeklauseln steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hat die dynamische Verweisung in einem vorformulierten Heimvertrag mit pflegebedürftigen Bewohnern auf bestimmte Regelungen des jeweils gültigen Rahmenvertrags gemäß § 75 SGB XI einer Inhaltskontrolle unterzogen(BGH 8. November 2001 - III ZR 14/01 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 149,146).

46

b) Bei der Angemessenheitskontrolle ist nicht auf die durch den Arbeitgeber tatsächlich erfolgten Änderungen abzustellen, sondern auf die Möglichkeiten, die ihm eine Klausel einräumt(BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst den unangemessenen Gebrauch einer Klausel im konkreten Einzelfall. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit tragen auch solche Klauseln, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfalle nicht realisiert hat (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 38 mwN, BAGE 118, 36). Eine Bezugnahmeklausel in einem Arbeitsvertrag mit einem kirchlich-diakonischen Anstellungsträger, die nicht ausschließlich auf die auf dem Dritten Weg von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsregelungen Bezug nimmt, sondern darüber hinaus - etwa bei einem kirchenrechtlich vorgesehenen Letzentscheidungsrecht der Synode oder des Bischofs - auch einseitig von der Dienstgeberseite vorgegebene Regelungen erfasst und damit inhaltlich ein Vertragsänderungsrecht der Dienstgeberseite darstellt, dürfte zu weit gefasst und damit insgesamt unwirksam sein (vgl. BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23, aaO), wenn die Klausel sprachlich nicht teilbar ist und sie deshalb nicht auf einen verständlichen, zulässigen Inhalt zurückgeführt werden kann (vgl. zu diesem sog. blue-pencil-test BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - AP BGB § 305 Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 33).

47

c) Soweit der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 10. Dezember 2008(- 4 AZR 798/07 - Rn. 35 ff.) angenommen hat, die Bezugnahmeklausel beschränke sich auf die (dynamische) Verweisung, weiche nicht von Rechtsvorschriften ab, weise damit keinen kontrollfähigen Inhalt auf und unterliege deshalb nur einer eingeschränkten Inhaltskontrolle, hat er sich zu der Frage, ob und inwieweit eine Inhaltskontrolle deswegen geboten ist, weil die dynamische Bezugnahme auf ein kirchliches Regelungswerk den Arbeitgeber der Notwendigkeit enthebt, Änderungen des kirchlichen Arbeitsrechts im Wege einer einvernehmlichen Vertragsänderung oder Änderungskündigung durchzusetzen, nicht geäußert. Er hat lediglich auf den Grundsatz „pacta sunt servanda“ hingewiesen und angenommen, der Arbeitgeber könne die dynamische Bezugnahmeklausel nicht einseitig ändern.

48

d) Der Änderungs- und Ergänzungsvorbehalt in § 2 der Ergänzung vom 5. August 1992 zum Arbeitsvertrag erfasst jedoch anders als in jenem Fall, der der Entscheidung des Zehnten Senats vom 11. Februar 2009(- 10 AZR 222/08 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9)zugrunde lag, nicht die einseitige Änderung einer Arbeitsordnung durch den Arbeitgeber. Er bezieht sich nur auf für das Arbeitsverhältnis einschlägige kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem Dritten Weg entstehen und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden. Ein so eingeschränkter Änderungs- und Ergänzungsvorbehalt stellt keine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Er trägt dem Umstand Rechnung, dass das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis einer Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen bedarf und schränkt wesentliche Rechte der Klägerin, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrags ergeben, nicht so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

49

aa) Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern auch die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze. Dazu zählen alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6). Der Senat hat im Urteil vom 17. November 2005 (- 6 AZR 160/05 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7) eingehend begründet, dass kirchliche Arbeitsvertragsregelungen seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 grundsätzlich einer Überprüfung nach den §§ 305 ff. BGB unterliegen. Er hat jedoch auch anerkannt, dass bei der Inhaltskontrolle kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit angemessen zu berücksichtigen ist, dass kirchliche Arbeitsvertragsregelungen auf dem Dritten Weg entstehen und von einer paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden(Senat 19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 53 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 12; 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - aaO). Dies kann dazu führen, dass in kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Gestaltungen zulässig sind.

50

bb) Die angemessene Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB schließt es ein, dass in einem Arbeitsvertrag mit einem kirchlich-diakonischen Anstellungsträger auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägige, von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossene Arbeitsvertragsordnung in der jeweils gültigen Fassung Bezug genommen werden kann. Eine solche Bezugnahme gewährleistet ebenso wie die arbeitsvertragliche Bezugnahme eines einschlägigen Tarifvertrags eine Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände und liegt nicht nur im Interesse des Anstellungsträgers, sondern auch des Arbeitnehmers. Unabhängig davon, ob man den Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission eine Richtigkeitsgewähr zubilligt, gewährleisten paritätische Besetzung und Unabhängigkeit der Mitglieder der Kommission, dass die Arbeitgeberseite bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen ihre Interessen nicht einseitig durchsetzen kann(vgl. Deinert ZTR 2005, 461, 475). Die Bezugnahme stabilisiert das Arbeitsverhältnis insofern, als eine notwendige Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände auch ohne Änderungskündigung und damit ohne Gefährdung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses erreicht werden kann. Beschließt die Arbeitsrechtliche Kommission für den Arbeitnehmer günstige Regelungen, zB die Erhöhung der Vergütung, finden diese ohne eigenes Zutun des Arbeitnehmers auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Bezugnahmeklausel verschafft dem Arbeitnehmer damit die Teilhabe an der Entwicklung der Lohn- und Gehaltsentwicklung.

51

e) Entgegen der Auffassung der Revision benachteiligt die Bezugnahmeklausel die Klägerin auch nicht deshalb unangemessen iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil dadurch vom Grundgedanken des § 2 KSchG abgewichen würde. Das Kündigungsschutzgesetz schützt den Arbeitnehmer lediglich vor einseitig vom Arbeitgeber auf der Grundlage kollektiver Ermächtigungen verfügten Änderungen. Es schützt dagegen nicht vor Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die in Bezug genommene kirchliche Arbeitsvertragsregelung selbst, wenn und soweit diese im Verfahren des Dritten Weges ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Die Änderung der Arbeitsbedingungen erfolgt bei der Bezugnahme auf kirchliche Arbeitsvertragsregelungen nicht einseitig durch den Arbeitgeber, sondern aufgrund der im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahmeklausel und damit rechtstechnisch gesehen einvernehmlich durch beide Vertragspartner(Deinert ZTR 2005, 461, 473; vgl. für Tarifverträge Senat 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 49, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15).

52

V. Die Änderung der Arbeitsvertragsregelungen durch die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 17. Mai 2005 und 20. Juli 2005 ist wirksam.

53

1. Anhaltspunkte, die Zweifel an der formellen Ordnungsgemäßheit dieser Beschlüsse begründen könnten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Solche Zweifel hat die Klägerin auch nicht geäußert.

54

2. Die durch diese Beschlüsse geänderten Arbeitsvertragsregelungen unterliegen ebenso wie die beim Abschluss des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen kirchlich-diakonischen Arbeitsvertragsregelungen der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB.

55

a) Soweit der Dritte und Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts(vgl. 19. August 2008 - 3 AZR 383/06 - Rn. 38 ff., NZA 2009, 1275; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 71 ff., AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10; - 4 AZR 798/07 - Rn. 52 ff.) kirchliche Arbeitsvertragsregelungen im Falle ihrer Änderung auch nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 ausschließlich am Maßstab der §§ 317 ff. BGB gemessen und nur daraufhin überprüft haben, ob die Änderung offenbar unbillig iSv. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, weil sie in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt und sich dies bei unbefangener sachkundiger Prüfung sofort aufdrängt, haben sie kirchliche Arbeitsvertragsregelungen anhand eines anderen Kontrollmaßstabs überprüft als der Senat im Urteil vom 17. November 2005 (- 6 AZR 160/05 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7). Eine entscheidungserhebliche Abweichung von dem vorhergehenden Urteil des Senats haben der Dritte und der Vierte Senat nicht angenommen und daher von einer Anfrage beim Senat bzw. Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 ArbGG abgesehen.

56

b) Für eine einheitliche Kontrolle kirchlich-diakonischer Arbeitsvertragsregelungen und ihrer Änderungen und Ergänzungen am Maßstab der §§ 305 ff. BGB spricht jedoch, dass das paritätische Rechtsetzungsverfahren die Qualität der Arbeitsvertragsregelungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht grundsätzlich in Frage stellt(Deinert ZTR 2005, 461, 474). Dieser Inhaltskontrolle steht deshalb nicht entgegen, dass die geänderten oder ergänzten Arbeitsvertragsregelungen nicht einseitig vom kirchlich-diakonischen Anstellungsträger, sondern von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurden (Reichold NZA 2009, 1377; Reichold/Ludwig Anm. zu BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52). Wie ein Regelungskomplex zustande gekommen ist, ob durch einseitige Arbeitgeberfestlegung oder unter Mitwirkung einer Arbeitnehmervertretung, hat nach seiner Aufnahme in den Arbeitsvertrag für seine rechtliche Qualifizierung als Individualvertragsinhalt keine Bedeutung (Dütz FS Schaub S. 157, 167). Maßgebend ist, dass solche Änderungen und Ergänzungen der Arbeitsvertragsregelungen nicht auf den Arbeitnehmer zurückgehen und nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB Allgemeine Geschäftsbedingungen als vom Unternehmer gestellt gelten, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden. Dies hat ua. auch zur Folge, dass sich der Unternehmer nicht auf die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen in den Arbeitsvertragsregelungen berufen darf (vgl. BAG 21. Oktober 2009 - 10 AZR 786/08 - Rn. 26; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 105/08 - Rn. 42, AP ZPO § 717 Nr. 9).

57

c) Gegen die Annahme, kirchliche Arbeitsvertragsregelungen unterlägen nur bei der(erstmaligen) Bezugnahme im Arbeitsvertrag einer Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB, nicht jedoch im Falle ihrer Änderung oder Ergänzung, spricht vor allem auch die Funktion kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen. Sie bezwecken einheitliche Arbeitsbedingungen (Dütz FS Schaub S. 157). Diesem Ziel entspräche es nicht, wenn kirchliche Arbeitsvertragsregelungen anhand unterschiedlicher Kontrollmaßstäbe überprüft würden, je nachdem, ob im Arbeitsvertrag auf die kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen vor oder nach ihrer Änderung bzw. Ergänzung verwiesen worden ist. Es kommt hinzu, dass die Arbeitsvertragsparteien die Regelung der Arbeitsbedingungen der Arbeitsrechtlichen Kommission nicht im Vertrauen auf die Redlichkeit und das ausgewogene Urteil eines Dritten übertragen, sondern im Vertrauen auf die Ausgewogenheit des Verhandlungsergebnisses. Dies ist etwas anderes und wird vom Ziel des § 317 BGB, der an der Redlichkeit des Dritten und nicht an seiner Verhandlungsstärke ansetzt, nicht erfasst. Die §§ 317, 319 BGB zielen auf eine rechtsfolgenorientierte Vertragsergänzung bzw. tatbestandliche Feststellungen durch einen neutralen Dritten im Rahmen einzelner Rechtsverhältnisse. So ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass die Mehrheitsentscheidungen der hinsichtlich des betrieblichen Vorschlagswesens geschaffenen paritätischen Kommissionen in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB auf grobe Unbilligkeit und Verstoß gegen die zugrunde liegenden Vorschriften zu überprüfen sind(zuletzt BAG 20. Januar 2004 - 9 AZR 393/03 - BAGE 109, 193, 201 f.). Die Arbeitsrechtliche Kommission steht dagegen außerhalb der konkreten Vertragsbeziehung der Parteien und regelt für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen und Mitgliedern des DWHN den Inhalt der Rechtsbeziehungen, die über eine vertragliche Bezugnahmeklausel für das konkrete Arbeitsverhältnis wirksam werden. Dieser Regelungsmechanismus unterscheidet sich grundlegend von den Sachverhalten, auf die §§ 317, 319 BGB zugeschnitten sind(vgl. Thüsing Anm. zu BAG 17. April 1996 - 10 AZR 558/95 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 24; ders. Anm. zu BAG 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - EzA BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 16; ders. Kirchliches Arbeitsrecht S. 134 f.).

58

d) Die Überprüfung einer Leistungsbestimmung oder ihrer Änderung nach § 319 BGB bezöge sich anders als die AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB auch auf die beiderseitigen Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis und wäre fallbezogen vorzunehmen. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind(st. Rspr., vgl. Senat 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - BAGE 112, 80, 83 mwN). Die fallbezogene Abwägung der Umstände und Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen zielt jedoch auf die individuelle Situation der Arbeitsvertragsparteien und nicht auf die möglicherweise sehr unterschiedliche Lage, in der sich die einzelnen kirchlich-diakonischen Anstellungsträger und ihre Arbeitnehmer jeweils befinden. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Urteil vom 21. Oktober 2009 (- 4 AZR 880/07 - Rn. 42) deshalb bei der Ausübungskontrolle nach den §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ua. auch auf die wirtschaftliche und finanzielle Situation des beklagten kirchlich-diakonischen Anstellungsträgers abgestellt (zum Erfordernis einer arbeitgeberbezogenen Billigkeitskontrolle vgl. auch Deinert ZTR 2005, 461, 469). Demgegenüber kommt es bei einer Angemessenheitskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB nicht auf die individuellen Verhältnisse beim jeweiligen Anstellungsträger und seinen Arbeitnehmern an (Deinert ZTR 2005, 461, 477). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind auf der Basis der Verhältnisse zu prüfen, wie sie bei Verwender und Verwendungsgegner typischerweise gegeben sind.

59

e) Würde die Billigkeitskontrolle nach § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB dazu führen, dass eine einzelne Regelung oder ein gesamtes kirchlich-diakonisches Regelungswerk unverbindlich ist, müsste „die Bestimmung“ gemäß § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Urteil erfolgen. Ob eine solche nicht auf eine Inhaltskontrolle beschränkte Entscheidung der Gerichte für Arbeitssachen mit dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen vereinbar wäre, erscheint zumindest zweifelhaft. Mit dem Dritten Weg haben die Kirchen für den überbetrieblichen Bereich ein eigenständiges kollektives Arbeitsrecht geschaffen, dessen Verfassungsmäßigkeit, insbesondere dessen Vereinbarkeit mit Art. 9 Abs. 3 GG, heute außer Frage steht(Dütz FS Schaub S. 157, 158; Joussen RdA 2010, 182, 183 f.).

60

3. Die Änderungen der Arbeitsvertragsregelungen durch die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 17. Mai 2005 und vom 20. Juli 2005 benachteiligen die Klägerin auch nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

61

a) Bei der Inhaltskontrolle der Änderung der Arbeitsvertragsregelungen ist gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit angemessen zu berücksichtigen, dass diese Arbeitsvertragsregelung auf dem Dritten Weg entstanden ist und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurde. Der Senat hat für auf dem Dritten Weg entstandene kirchliche Arbeitsvertragsregelungen angenommen, dass sie jedenfalls dann, wenn sie einschlägige tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernehmen, wie Tarifregelungen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegen (19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 53 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 12; 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7; vgl. auch bereits BAG 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - BAGE 84, 282). In diesem Fall rechtfertigten die Unterschiede gegenüber der Entstehung von Tarifverträgen keine weitergehende Überprüfung. Die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien seien bei einer solchen Übernahme einschlägiger Tarifverträge des öffentlichen Dienstes wie diese nur daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstießen (Senat 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - mwN, aaO).

62

b) An diesem Überprüfungsmaßstab hält der Senat unter der Voraussetzung fest, dass die Arbeitsvertragsregelung auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften entstanden ist, von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurde und damit nicht der Arbeitgeberseite zugeordnet werden kann. Er macht diese eingeschränkte Kontrolle aber grundsätzlich nicht mehr davon abhängig, dass einschlägige tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernommen werden(ebenso Thüsing Anm. zu BAG 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - EzA BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 16; Schliemann FS Hanau S. 577, 597; Staudinger/Coester [2006] § 310 Rn. 89). Sind vorstehende Voraussetzungen der eingeschränkten Kontrolle nicht erfüllt und liegt damit keine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB mehr vor, unterliegen kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen der uneingeschränkten Überprüfung nach den §§ 305 ff. BGB. Dafür bestehen hier allerdings keine Anhaltspunkte.

63

aa) Kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen erfassen nicht nur, aber doch vor allem auch Einrichtungen der Wohlfahrtspflege. In diesem Markt konkurrieren sie zunehmend nicht mehr nur mit entsprechenden Einrichtungen öffentlicher Arbeitgeber. So ist insbesondere eine Vielzahl kommunaler Krankenhäuser privatisiert worden. Die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit kirchlich-diakonischer Einrichtungen kann es deshalb erfordern, von der Übernahme oder der Übernahme des wesentlichen Inhalts einschlägiger Tarifverträge des öffentlichen Dienstes abzusehen.

64

bb) Es kommt hinzu, dass sich nach der Ersetzung des BAT und anderer für das gesamte Bundesgebiet geltender Tarifverträge durch das neue Tarifrecht für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes beim Bund und den Kommunen sowie den Ländern und aufgrund spezieller Tarifverträge zB für Ärzte mit unterschiedlichen Regelungen wie im TV-Ärzte (Länder) und im TV-Ärzte (VKA) oft nicht oder nur schwer feststellen lässt, welcher Tarifvertrag im öffentlichen Dienst „einschlägig“ ist.

65

cc) Dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen unterliegt die Festlegung des Verfahrens, in dem die kollektiven Regelungen des kirchlichen Arbeitsrechts zustande kommen. Zum Abschluss von Tarifverträgen sind die Kirchen nicht verpflichtet. Aus Art. 9 Abs. 3 GG kann eine derartige Pflicht nicht abgeleitet werden(Joussen RdA 2010, 182, 183). Dass es den Kirchen gestattet ist, den kirchlichen Dienst und den Dienst in ihren Einrichtungen auf der Grundlage ihres Selbstverständnisses zu gestalten, keine Tarifverhandlungen zu führen und sich nicht in Arbeitskämpfen zu engagieren, wird auch von einem Teil des Schrifttums zugestanden, der eine Richtigkeitsvermutung für auf dem Dritten Weg beschlossene Arbeitsrechtsregelungen ablehnt (vgl. Deinert ZTR 2005, 461, 464). Mit dem Erfordernis, dass die Arbeitsvertragsregelungen auf dem Dritten Weg entstanden und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sein müssen, wird der Gefahr einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmer eines kirchlich-diakonischen Anstellungsträgers ausreichend Rechnung getragen (aA Deinert ZTR 2005, 461, 467). Das Verfahren des Dritten Weges mit paritätischer Besetzung der Arbeitsrechtlichen Kommission und Weisungsungebundenheit ihrer Mitglieder gewährleistet, dass die Arbeitgeberseite nicht einseitig ihre Interessen durchsetzen kann (vgl. Senat 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7; Deinert ZTR 2005, 461, 475; Joussen RdA 2010, 182, 185 f.). Die Einflussmöglichkeit des einzelnen kirchlich-diakonischen Anstellungsträgers ist ähnlich begrenzt wie die eines Mitgliedsunternehmens eines Arbeitgeberverbandes beim Abschluss von Tarifverträgen, so dass die für die Annahme einer einseitigen Leistungsbestimmung erforderliche Durchsetzungsfähigkeit nicht besteht und damit auch nicht die Gefahr einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmer. Hinsichtlich der Vergütung wird die Gefahr zudem dadurch begrenzt, dass die Arbeitgeberseite kirchenrechtlich auf das Gebot der Lohngerechtigkeit verpflichtet ist (vgl. Thüsing ZTR 1999, 298, 300).

66

c) Bei Anlegung dieses Prüfungsmaßstabs hat die Arbeitsrechtliche Kommission die Grenzen ihrer Regelungsmacht nicht überschritten. Ihre Beschlüsse vom 17. Mai 2005 und 20. Juli 2005 verstoßen nicht gegen höherrangiges zwingendes Recht oder gesetzesvertretendes Richterrecht.Entgegen der Auffassung der Klägerin wird sie durch die ARR 2005 nicht in ihrem Recht aus Art. 12 GG verletzt. Sie macht schon nicht geltend, dass ihr Verdienst auch unter Beachtung der getroffenen Besitzstandsregelungen so abgesunken sei, dass sie gezwungen sei, ihren Arbeitsplatz aufzugeben. Es kann daher dahinstehen, ob in einer Verschlechterung kirchlicher Arbeitsbedingungen, zumal unter Berücksichtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts, überhaupt ein Eingriff in die Rechte aus Art. 12 GG liegen könnte.

67

Die Annahme der Arbeitsrechtlichen Kommission, die neuen Regelungen, zB die Anhebung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden, die geänderte Vergütung von Bereitschaftsdiensten und die geringere Sonderzahlung, seien zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit am Markt der Wohlfahrtspflege und zur Sicherung der Arbeitsplätze erforderlich, hält sich innerhalb ihrer Einschätzungsprärogative. Dies gilt auch, soweit sie die Schaffung eines einheitlichen Tarifrechts für Arbeiter und Angestellte und die Einführung einer aufgaben- und leistungsbezogenen Vergütung für angemessen gehalten hat.

68

VI. Die Voraussetzungen einer Vorlagepflicht nach § 45 ArbGG sind nicht erfüllt.

69

1. Eine eventuelle Vorlagepflicht bestünde nur dann, wenn die Überprüfung der Änderungen der Arbeitsvertragsregelungen am Maßstab der §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 1 BGB zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis führen würde. Dies ist nicht der Fall. Die Streichung des Urlaubsgeldes für das Jahr 2005 und die in der ARR 2005 getroffenen Regelungen sind nicht offenbar unbillig, weil sich bei unbefangener Sachprüfung nicht sofort aufdrängt, dass sie in grober Weise gegen Treu und Glauben verstoßen(BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 71 ff., AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10). Die auf den Monat umgerechnete Absenkung der Sonderzuwendung und die Streichung des Urlaubsgeldes von 48,68 Euro brutto bzw. von 23,73 Euro brutto ist unter Berücksichtigung der erheblichen Absenkungen oder Streichungen der Sonderzuwendungen und des Urlaubsgeldes im öffentlichen Dienst (vgl. dazu im Einzelnen BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 798/07 - Rn. 74 f. [Sonderzuwendung]; - 4 AZR 801/07 - Rn. 86 [Urlaubsgeld], aaO) als nicht offenbar unbillig anzusehen. Die Klägerin reklamiert selbst die Orientierung ihrer Arbeitsbedingungen an denen des öffentlichen Dienstes. Ihr Prozessvortrag gibt keinen Anlass, die Billigkeit der Entgelthöhe der Entgeltgruppe E 3 zu überprüfen. Sie rügt nur die Unbilligkeit der Vergütung der Entgeltgruppen E 1 und E 2, die für sie aufgrund der getroffenen besonderen Vergütungsvereinbarung nicht einschlägig sind.

70

Damit ist die Frage, ob Änderungen kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen am Maßstab der §§ 305 ff. BGB oder der §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 1 BGB zu überprüfen sind, nicht entscheidungserheblich. Eine Vorlagepflicht nach § 45 ArbGG kommt nur dann in Betracht, wenn eine entscheidungserhebliche Abweichung zu der identischen Rechtsfrage vorliegt. Diese Voraussetzung betrifft die zu treffende Entscheidung wie die vorhergehende Entscheidung, von der abgewichen werden soll(vgl. BAG 23. Oktober 1996 - 1 AZR 299/96 - zu II 3 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 59; zur Entscheidungserheblichkeit als Zulässigkeitsvoraussetzung jeder Vorlage BGH Vereinigte Große Senate 5. Mai 1994 - VGS 1-4/93 - BGHZ 126, 63, 71; GMP/Prütting 7. Aufl. § 45 Rn. 22 f.; GK-ArbGG/Dörner Stand April 2010 § 45 Rn. 26; ErfK/Koch 10. Aufl. § 45 ArbGG Rn. 4, 5).

71

2. Die Annahme des Vierten Senats in den Urteilen vom 10. Dezember 2008(- 4 AZR 801/07 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10; - 4 AZR 798/07 -; - 4 AZR 802/07 -; - 4 AZR 845/07 -), die von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Änderungen seien nur nach § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB zu kontrollieren, war im Übrigen nicht tragend. Der Vierte Senat hat als Zweitbegründung für die Wirksamkeit der durch die ARR 2005 vorgenommenen Änderungen angeführt, dass diese nicht die Orientierung an den Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst verlassen hätten und als Bestandteil einer Umorientierung gerade im Bereich des öffentlichen Dienstes - etwa durch die Vereinbarung des zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen TVöD - als auch im weiteren kirchlichen Bereich gesehen werden müssten. Die (Wieder-)Heraufsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich orientiere sich an in vergleichbaren Bereichen ebenfalls durchgeführten Veränderungen. Auch in seiner Entscheidung vom 21. Oktober 2009 (- 4 AZR 880/07 - Rn. 42) hat der Vierte Senat darauf abgestellt, dass im Bereich des öffentlichen Dienstes vom Bund und der TdL Tarifverträge gekündigt worden sind und die neuen Tarifverträge bisherige Leistungen nicht mehr vorsehen.

72

C. Die Klage ist begründet, soweit die Klägerin hilfsweise auf der Grundlage der Vereinbarung vom 22. Juli 2002 die monatliche Entgeltdifferenz von 112,71 Euro zu der Vergütung von Arbeitnehmern, die aus der Lohngruppe E 3 Stufe 8 BMT-G II/HLT in die neue Entgeltordnung übergeleitet worden sind, für die Zeit von Oktober 2005 bis einschließlich Juni 2006, insgesamt somit 1.014,39 Euro brutto, begehrt.

73

I. Die Parteien haben mit der Vereinbarung vom 22. Juli 2002 konstitutiv eine über das Vergütungssystem des DWHN hinausgehende Entgeltvereinbarung getroffen. Das hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, ohne dass die Beklagte in der Revisionsinstanz dagegen eine Rüge erhoben hätte. Aufgrund dieser Vereinbarung musste die Beklagte die Klägerin mit einem Entgelt der Lohngruppe 3 Stufe 8 BMT-G II/HLT in die ARR 2005 überleiten und ihr die sich daraus ergebende Vergütung zahlen. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin dies hilfsweise auch geltend gemacht. Sie hat in der Berufungsbegründung vorgetragen, die Vereinbarung vom 22. Juli 2002 sei ungeachtet der ARR 2005 wirksam geblieben und durch diese nicht verdrängt worden. Die Revision rügt die rechtliche Behandlung ihres Vorbringens durch das Landesarbeitsgericht. Auch wenn sie aus der Vereinbarung vom 22. Juli 2002 unzutreffend den rechtlichen Schluss gezogen hat, die Klägerin müsse weiterhin eine Vergütung nach der Lohngruppe 3 Stufe 8 BMT-G II/HLT auch unter der Geltung der ARR 2005 erhalten, hat die Verfahrensrüge Erfolg. Dafür reicht es aus, dass hinreichend deutlich gerügt ist, dass das Landesarbeitsgericht dem Klagantrag zu Ziff. 3 zu Unrecht nicht jedenfalls aufgrund der Vereinbarung vom 22. Juli 2002 entsprochen hat.

74

II. Die Lohngruppe 3 Stufe 8 BMT-G II/HLT ist ausweislich des „Umklappkatalogs HLT-Lohngruppen“(ABl. EKHN 2005 S. 302) der Entgeltgruppe E 3 zugeordnet worden. Daraus stand der Klägerin, die bereits mehr als elf anrechnungsfähige Dienstjahre aufwies, eine Vergütung von 1.835,00 Euro brutto monatlich zu (Anlage 2 zu KDAVO, ABl. EKHN 2005 S. 298). Außerdem war ihr gemäß § 6 Abs. 1 ArbVO/DW eine Besitzstandszulage in Höhe der Differenz zwischen der ihr im September 2005 und im Oktober 2005 zustehenden Vergütung als Besitzstandszulage zu zahlen. Diese Differenz betrug 112,25 Euro. Ihr Gesamtverdienst hätte dann unverändert 1.947,25 Euro betragen. Allgemeine Entgelterhöhungen, die gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 ArbVO/DW auf die Besitzstandszulage anzurechnen gewesen wären, haben im streitbefangenen Zeitraum von Oktober 2005 bis Juni 2006 nicht stattgefunden. Die Einmalzahlung von 150,00 Euro im Dezember 2005 (Art. 2 ARR 2005, ABl. EKHN 2005 S. 278) wird von der Anrechnungsregelung des § 6 Abs. 3 Satz 1 ArbVO/DW nicht erfasst.

75

Es kann dahinstehen, ob die der Klägerin gezahlte Leistungszulage anrechnungsfähig war, weil sich die Klägerin diese Zahlung anrechnen lässt.

76

III. Der vor dem Landesarbeitsgericht geschlossene Teil-Vergleich berechtigt die Beklagte nicht dazu, von der Klageforderung weitere 150,00 Euro abzusetzen. Danach sollte ein Abzug der Einmalzahlung von 150,00 Euro für das Jahr 2005 nur erfolgen, wenn die KDAVO keine Anwendung auf das Arbeitsverhältnis findet. Der Vergleich beruht ersichtlich auf den Ausführungen der Beklagten im zwei Tage vor dem Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht eingereichten Schriftsatz vom 17. Oktober 2007. Darin hatte die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Klägerin zwischenzeitlich die in Art. 2 § 1 ARRG vorgesehenen Einmalzahlungen für 2005, 2006 und 2007 erhalten habe. Sie hatte geltend gemacht, dass die Klägerin diese Zahlungen zurückzahlen müsse, wenn die KDAVO nicht anzuwenden sei. Vor diesem Hintergrund ist der Vergleich auszulegen. Die Verrechnung mit der Einmalzahlung für 2005, also für den von der bezifferten Leistungsklage erfassten Zeitraum, sollte nur dann erfolgen, wenn die Klägerin von den Nachteilen der KDAVO nicht erfasst wurde. Dann - und nur dann - sollte sie auch von einem von den Parteien genau bezeichneten Vorteil der KDAVO, eben der Einmalzahlung für 2005, nicht profitieren. Diese Voraussetzung des Vergleichs liegt nicht vor. Die Klägerin erhält die Differenz zu der ihr zuletzt gezahlten Vergütung lediglich deshalb, weil die Beklagte die einzelvertragliche Vereinbarung einer Vergütung nach der Lohngruppe 3 BMT-G II/HLT bei der Überleitung der Klägerin in die neue Arbeitsvertragsregelung missachtet hat. Im Übrigen wird die Klägerin von allen Nachteilen der KDAVO erfasst. Sie darf nach dem Regelungszweck des Teil-Vergleichs dann auch von deren Vorteilen profitieren.

77

IV. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 288, 291 BGB.

78

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin erstinstanzlich zum Teil rechtskräftig obsiegt hat, die Klageabweisung bezüglich der Mehrarbeitsvergütung durch das Arbeitsgericht rechtskräftig geworden ist und die Klägerin den allgemeinen Feststellungsantrag, dass die KDAVO auf sie keine Anwendung findet, in der Revisionsinstanz nicht mehr gestellt hat.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

        

        

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. März 2011 - 7 Sa 141/10 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 30. Dezember 2009 - 2 Ca 324/09 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Weihnachtszuwendungen für die Jahre 2007 und 2008.

2

Der Kläger wurde von der Beklagten seit Oktober 1980 als Apothekerassistent beschäftigt. Bei der Beklagten handelte es sich im streitbefangenen Zeitraum um die Katholisches Klinikum Duisburg GmbH, die dem Deutschen Caritasverband e. V. angehörte. Während des Revisionsverfahrens hat die HELIOS-Klinikengruppe im Jahr 2011 51 % der Anteile an der Beklagten übernommen. Die restlichen Anteile werden seitdem von der Kosmas und Damian GmbH gehalten, einer gemeinsamen Gesellschaft des Bistums Essen und der St. Elisabeth GmbH. Die Beklagte hat in HELIOS Klinikum Duisburg GmbH umfirmiert. Der konfessionelle Charakter der Krankenhäuser soll trotz der gesellschaftsrechtlichen Veränderung erhalten bleiben.

3

Dem Arbeitsverhältnis liegt der Dienstvertrag vom 21. August 1981 zugrunde. Er lautet auszugsweise:

        

㤠2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die ‚Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes’ (AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der ‚Caritas-Korrespondenz’ veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung.

        

Die AVR sind Bestandteil des Dienstvertrages und haben dem Mitarbeiter zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestanden.

        

Bei Änderungen der AVR gilt jeweils die in der ‚Caritas-Korrespondenz’ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne daß es einer weiteren Vereinbarung bedarf. Auch insoweit ist dem Mitarbeiter Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben.

        

§ 8

        

Weitere Sondervereinbarungen bestehen nicht. Spätere Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Festlegung unter Bezugnahme auf diesen Vertrag und der kirchenaufsichtlichen Genehmigung.2

        

…       

        

2 Bei Einrichtungen, die nicht der speziellen bischöflichen Aufsicht unterstehen, kann der Passus ‚und der kirchenaufsichtlichen Genehmigung’ gestrichen werden.“

4

Durch Änderungsvertrag vom 22. November 2005 vereinbarten die Parteien Altersteilzeit im Blockmodell. Die Arbeitsphase dauerte von April 2006 bis September 2009. Die Freistellungsphase umfasst den Zeitraum von Oktober 2009 bis März 2013.

5

Nach Anlage 1 Abschn. XIV zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) erhalten Arbeitnehmer jährlich eine am 1. Dezember des Kalenderjahres fällige Weihnachtszuwendung. Die Regelung lautet in ihren wortgleichen Fassungen von Januar 2007 und Januar 2008 in Auszügen:

        

„XIV Weihnachtszuwendung

        

(a)     

Anspruchsvoraussetzungen

        

Der Mitarbeiter erhält in jedem Kalenderjahr eine Weihnachtszuwendung, wenn er

        

1.    

am 1. Dezember des laufenden Kalenderjahres im Dienst- oder Ausbildungsverhältnis … steht und

        

2.    

seit dem 1. Oktober ununterbrochen in einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis im Geltungsbereich der AVR … gestanden hat … und

        

3.    

nicht in der Zeit vor dem 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem am 1. Dezember bestehenden Dienst- oder Ausbildungsverhältnis ausscheidet, … .“

6

Zum 1. Juli 2004 trat die Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes e. V. (AK-Ordnung 2004) in Kraft. In ihr heißt es:

        

„§ 12 Unterkommissionen und Ausschüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission

        

Die Arbeitsrechtliche Kommission kann für die Dauer ihrer Amtszeit oder zeitlich befristet beschließende Unterkommissionen und beratende Ausschüsse bilden.

        

§ 13 Aufgabe und Bildung von Unterkommissionen

        

(1)     

Zur Beschlussfassung von Rechtsnormen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Dienstverhältnissen bestimmter kirchlich-caritativer Rechtsträger oder bestimmter Regionen des Deutschen Caritasverbandes oder bestimmter Berufs- und Aufgabenfelder in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes kann die Arbeitsrechtliche Kommission Unterkommissionen bilden.

        

…       

        
        

§ 14 Kompetenzen und Beschlüsse der Unterkommissionen

        

(1)     

Die Arbeitsrechtliche Kommission legt die Beschlusskompetenz der Unterkommissionen nach § 13 Abs. 1 dieser Ordnung fest. …

        

(2)     

Die Unterkommissionen fassen im Rahmen von Abs. 1 rechtlich verbindliche Beschlüsse gemäß § 16 dieser Ordnung.

        

(3)     

Die im Rahmen von Abs. 1 gefassten Beschlüsse der Unterkommissionen gehen den Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission vor.

        

(4)     

Für das In-Kraft-Treten der Beschlüsse der Unterkommissionen gilt § 21 dieser Ordnung.

        

…       

        
        

§ 21 In-Kraft-Treten der Beschlüsse

        

Die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission und der Unterkommissionen sind dem/der Vorsitzenden der Arbeitsrechtlichen Kommission zuzuleiten und von ihm/ihr zu unterzeichnen. Anschließend sind die Beschlüsse nach Maßgabe der Richtlinien für die In-Kraft-Setzung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft zu setzen und in der Verbandszeitschrift ‚neue caritas’ zu veröffentlichen.“

7

Am 7. Juli 2005 trat die „Ordnung für beschließende Unterkommissionen gemäß §§ 12 bis 14 der Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes“(UK-Ordnung) idF vom 17. März 2005 durch Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen in Kraft. Sie lautet auszugsweise:

        

㤠6 Antragsvoraussetzungen

        

(1)     

Anträge auf Beschlussfassung in den Unterkommissionen können nur Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission stellen. Sie sind an den/die Geschäftsführer(in) in der Arbeitsrechtlichen Kommission zu senden.

        

(2)     

Anträge sind ausführlich schriftlich zu begründen und mit aussagekräftigen Unterlagen zu belegen.

        

(3)     

Bei Absenkungsanträgen für eine Einrichtung oder für einen Träger sind zur Begründung mindestens die Unterlagen vorzulegen, die ein den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Einrichtung oder des Trägers vermitteln. …

        

§ 8 Umfang der Regelungen

        

(1)     

Die Unterkommissionen bzw. in Fällen des § 7 Abs. 2 die Arbeitsrechtliche Kommission können zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen der Dienstverhältnisse mit kirchlich-caritativen Trägern im Bereich des Deutschen Caritasverbandes in ihren jeweiligen Regionen Beschlüsse fassen.

        

(2)     

Dabei sind folgende abschließend genannte Regelungsmaterien und Bandbreiten zu beachten:

        

…       

        
        

2.    

eine Absenkung oder Stundung der Weihnachtszuwendung (Abschnitt XIV der Anlage 1 zu den AVR);

        

…       

        
        

Die Maßnahmen nach Ziffer 1 bis 4 dürfen für das einzelne Dienstverhältnis in der Summe eine Absenkung von 15 v. H. der Dienstbezüge (Abschnitt II der Anlage 1 zu den AVR) nicht überschreiten. …

        

…       

        

§ 9 Beschlüsse der Unterkommissionen

        

(1)     

Die Unterkommissionen fassen im Rahmen von § 8 rechtlich verbindliche Beschlüsse gemäß § 16 AK-Ordnung. Diese Beschlüsse der Unterkommissionen gehen den Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission vor.

        

(2)     

Fasst eine Unterkommission einen Beschluss, ist dieser dem/der Vorsitzenden der Arbeitsrechtlichen Kommission zuzuleiten, damit das Inkraftsetzungsverfahren gemäß § 21 AK-Ordnung eingeleitet werden kann.

        

…“    

        
8

Nach der Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes e. V. idF vom 17. Oktober 2007, in Kraft getreten am 1. Januar 2008 (AK-Ordnung 2008), besteht die Arbeitsrechtliche Kommission nun aus einer Bundeskommission und sechs Regionalkommissionen. Unterkommissionen sind nicht mehr vorgesehen. Die AK-Ordnung 2008 lautet in Auszügen:

        

㤠1 Stellung und Aufgabe

        

…       

        
        

(3)     

Aufgabe der Arbeitsrechtlichen Kommission ist die Beschlussfassung von Rechtsnormen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Dienstverhältnissen mit kirchlich-caritativen Rechtsträgern im Bereich des Deutschen Caritasverbandes, solange und soweit die ‚Zentrale Kommission zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechtes im kirchlichen Dienst’ (Zentral-KODA) von ihrer Regelungsbefugnis gemäß § 3 Absatz 1 Zentral-KODA-Ordnung keinen Gebrauch gemacht hat oder macht. …

        

§ 10 Zuständigkeiten der Bundeskommission und der Regionalkommissionen

        

(1)     

Die Bundeskommission hat eine umfassende Regelungszuständigkeit mit Ausnahme der Bereiche, die ausschließlich den Regionalkommissionen zugewiesen sind. In den ausschließlich den Regionalkommissionen zugewiesenen Bereichen bestehen Bandbreiten; sie betragen für die Festlegung der Höhe aller Vergütungsbestandteile von dem mittleren Wert 15 v. H. Differenz nach oben und nach unten, … . Die Bundeskommission legt den mittleren Wert fest; sie kann den Umfang der Bandbreiten durch Beschluss verändern.

        

…       

        
        

§ 11 Einrichtungsspezifische Regelungen

        

(1)     

Jedes Mitglied einer Regionalkommission kann nach Aufforderung durch eine betroffene (Gesamt-)Mitarbeitervertretung oder durch einen betroffenen Dienstgeber für die Gesamtheit der Einrichtungen eines Trägers, für eine Einrichtung oder für Teile einer Einrichtung einen schriftlich zu begründenden Antrag an die zuständige Regionalkommission stellen, von den durch die Regionalkommission festgelegten Regelungen der Höhe aller Vergütungsbestandteile, des Umfangs der regelmäßigen Arbeitszeit und des Umfangs des Erholungsurlaubs sowie den Maßnahmen der Beschäftigungssicherung abzuweichen. …

        

(2)     

Über einen solchen Antrag hat die Regionalkommission innerhalb von drei Monaten zu entscheiden. Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen. Soweit sie Abweichungen zulässt, sind diese zeitlich zu befristen.

        

…       

        
        

§ 15 Vermittlungsverfahren

        

…       

        
        

(7)     

Unbeschadet der Regelungen in den Absätzen 1 bis 6 kann der Ortsordinarius im Einzelfall das Vorliegen eines unabweisbaren Regelungsbedürfnisses unüberprüfbar feststellen und die notwendige Entscheidung treffen.

        

§ 18 In-Kraft-Treten der Beschlüsse

        

…       

        
        

(2)     

Die Beschlüsse sollen in der Verbandszeitschrift ‚neue caritas’ und geeigneten diözesanen Medien veröffentlicht werden. Dies gilt nicht für Beschlüsse, die nach § 11 der Ordnung gefasst werden.“

9

Im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen vom 16. November 2007 ist - bezogen auf die Beklagte - folgender Beschluss veröffentlicht:

        

„Beschluss der Unterkommission II vom 22. - 23.10.2007 Antrag 98/UK II

        

Katholische Klinikum Duisburg GmbH, …

        

1.    

Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Katholischen Klinikum Duisburg GmbH, …, wird in Abweichung von Abschnitt XIV der Anlage 1 zu den AVR im Kalenderjahr 2007 keine Weihnachtszuwendung gezahlt.

        

2.    

Die Änderung tritt am 23.10.2007 in Kraft. Die Laufzeit des Beschlusses endet am 31.12.2010.“

10

Im folgenden Text waren Nebenbestimmungen getroffen, ua. ein Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen.

11

Unter dem 4. August 2008 schloss die Beklagte mit zwei Mitarbeitervertretungen eine „Dienstvereinbarung Regelung 2008 und 2009“. Darin war ua. ein Ausschluss der Weihnachtszuwendung vorgesehen. Der Kläger unterzeichnete diese Vereinbarung in seiner Eigenschaft als damaliger Vorsitzender der Mitarbeitervertretung des S-Hospitals nicht.

12

Durch Beschluss von Juni 2008 legte die Bundeskommission neue Mittelwerte und Bandbreiten für die Weihnachtszuwendung fest. Für die Weihnachtszuwendung nach Anm. 2 in Abschn. XIV der Anlage 1 zu den AVR wurde die Bandbreite iHv. 0,1 % nach oben und unten angegeben.

13

Unter dem 5. August 2008 richtete die Beklagte einen Antrag auf Aufhebung der Weihnachtszuwendung für das Jahr 2008 an die Regionalkommission Nordrhein-Westfalen. Daraufhin fasste die Regionalkommission einen Beschluss, der am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlicht wurde:

        

„Beschluss Antrag 6/RK NRW Katholisches Klinikum Duisburg GmbH, …

        

1.    

Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Ausnahme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Anlage 7 AVR des Katholischen Klinikums Duisburg GmbH, …, wird in Abweichung von Abschnitt XIV der Anlage 1 zu den AVR im Kalenderjahr 2008 keine Weihnachtszuwendung gezahlt.

        

2.    

Die Änderungen treten am 12.11.2008 in Kraft.“

14

Dort waren erneut Nebenbestimmungen getroffen, ua. ein Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bis 31. Dezember 2010. Keiner der beiden Beschlüsse wurde in der Zeitschrift „Caritas-Korrespondenz“ oder der Folgezeitschrift „neue caritas“ veröffentlicht. In den Jahren 2006, 2007 und 2008 hatte der Kläger die Änderungen der AVR, die begünstigende Einmalzahlungen vorsahen, auch ohne Veröffentlichung in den Verbandszeitschriften widerspruchslos akzeptiert.

15

Die Beklagte zahlte in den Jahren 2007 und 2008 keine Weihnachtszuwendung an den Kläger und berief sich hierfür auf die Beschlüsse der Unter- bzw. der Regionalkommission aus den Jahren 2007 und 2008.

16

Mit seiner Klage erstrebt der Kläger die Weihnachtszuwendungen für die Jahre 2007 und 2008 in rechnerisch unstreitiger Höhe. Er hat die Auffassung vertreten, die Beschlüsse der Unter- und der Regionalkommission seien bereits deshalb unwirksam, weil sie nicht in der „Caritas-Korrespondenz“ oder der Folgezeitschrift „neue caritas“ veröffentlicht worden seien. Die Beschlüsse seien auf sein Arbeitsverhältnis auch nicht anzuwenden, weil sie von der dynamischen Bezugnahme in § 2 Abs. 3 des Dienstvertrags nicht erfasst seien. Die Zahlung habe allenfalls im Rahmen der vorgegebenen Bandbreiten abgesenkt werden können. Die Nebenbestimmungen der Beschlüsse seien nicht erfüllt worden. Der Beschluss der Regionalkommission für das Jahr 2008 sei nicht innerhalb der Dreimonatsfrist nach Antragstellung gefasst worden. Durch die unterbleibende Zahlung der Weihnachtszuwendung werde in unzulässiger Weise in den Altersteilzeitarbeitsvertrag eingegriffen.

17

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.300,08 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.639,84 Euro seit 1. Dezember 2007 und aus 1.660,24 Euro seit 1. Dezember 2008 zu zahlen.

18

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die dynamische Bezugnahmeklausel in § 2 Abs. 3 des Dienstvertrags beziehe sich auf alle Vorschriften des Dritten Wegs. Die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission, der Unterkommission oder der Regionalkommission führten zu einer unmittelbaren Änderung der materiellen Rechtslage. Gewollt sei eine dynamische Anpassung, die zu Rechtsveränderungen - Verbesserungen und Verschlechterungen - führen könne. Da der kirchliche Arbeitgeber zur Anwendung des gesamten kirchlichen Regelungswerks verpflichtet sei, um einheitliche Dienstverhältnisse herzustellen, habe er den Dritten Weg insgesamt in Bezug nehmen wollen, also auch die AK-Ordnungen und die auf ihrer Grundlage ergangenen Beschlüsse. Aufgrund der grundgesetzlichen Garantie eines kircheneigenen Arbeitsrechtsregelungssystems müsse es kirchlichen Arbeitgebern möglich sein, den Dritten Weg weiterzuentwickeln. Die Verweisungsklausel halte auch einer Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand. Für einen Arbeitnehmer sei es nicht überraschend, dass ein kirchlicher Arbeitgeber den Dritten Weg verfolge und ihn durch Kompetenzverlagerungen weiterentwickle. Eine einseitige Änderungsbefugnis bestehe nicht, weil die Arbeitsrechtliche Kommission paritätisch zusammengesetzt sei. Das Letztentscheidungsrecht des Bischofs ändere daran nichts. Eine unangemessene Benachteiligung scheide aus. Die Fortentwicklung der AVR liege im Interesse beider Vertragsparteien. Die Arbeitsbedingungen könnten nur auf diese Weise ohne Änderungskündigungen geänderten Verhältnissen - zB durch Entgelterhöhungen - angepasst werden. Die im Dienstvertrag getroffene Vereinbarung über die Veröffentlichung in der Verbandszeitschrift habe keine konstitutive Wirkung. Die Veröffentlichungen seien seit Jahren nur noch im Kirchlichen Amtsblatt erfolgt. Die Bandbreitenregelungen seien nicht bindend, weil die einrichtungsspezifischen Regelungen des § 11 AK-Ordnung 2008 spezieller seien.

19

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

20

A. Die Ansprüche des Klägers auf Zahlung der Weihnachtszuwendung für die Jahre 2007 und 2008 sind wegen des am 16. November 2007 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichten Beschlusses der Unterkommission und des am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichten Beschlusses der Regionalkommission nicht entstanden. Die Beschlüsse sind von der dynamischen Bezugnahmeklausel in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags erfasst. Die Verweisungsklausel hält der Einbeziehungskontrolle stand. Der Senat kann offenlassen, ob die Verweisungsklausel hinsichtlich der Weihnachtszuwendung für das Jahr 2008 wegen des in Bezug genommenen (echten) Letztentscheidungsrechts des Bischofs in § 15 Abs. 7 AK-Ordnung 2008 einen Änderungsvorbehalt enthält, dem in analoger Anwendung von § 308 Nr. 4 BGB die Wirksamkeit abzusprechen ist. Die in diesem Fall gebotene ergänzende Vertragsauslegung führt auch für die Weihnachtszuwendung des Jahres 2008 dazu, dass die dynamische Verweisung für alle Beschlüsse der zuständigen Regionalkommission gilt, die ordnungsgemäß zustande gekommen sind.

21

I. Die Ansprüche des Klägers auf Weihnachtszuwendung für die Jahre 2007 und 2008 sind aufgrund des am 16. November 2007 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichten Beschlusses der Unterkommission und des am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichten Beschlusses der Regionalkommission nicht entstanden.

22

1. Die kirchlichen Ordnungen der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbands e. V. und für beschließende Unterkommissionen sind einschließlich des bischöflichen Letztentscheidungsrechts in § 15 Abs. 7 AK-Ordnung 2008 in § 2 Abs. 1 bis Abs. 3 des Dienstvertrags in Bezug genommen. Die Arbeitsvertragsparteien haben das kirchliche Arbeitsvertragsrecht - den sog. Dritten Weg - damit uneingeschränkt als verbindlich anerkannt. Das war im Fall der beklagten Arbeitgeberin zulässig, die als privatrechtlich organisiertes Caritas-Unternehmen jedenfalls in den für den Streitfall maßgeblichen Jahren 2007 bis 2009 eine kirchliche Einrichtung war.

23

a) Die Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV kommt nicht nur den verfassten Kirchen und ihren rechtlich selbständigen Teilen zugute. Sie gilt vielmehr für alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf deren Rechtsform, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, einen Teil des Auftrags der Kirche zu erfüllen. Nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche umfasst die Religionsausübung nicht nur den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes, sondern auch die Freiheit zur Entfaltung und Wirksamkeit in der Welt, wie es ihrer religiösen Aufgabe entspricht. Hierzu gehört insbesondere das karitative Wirken (vgl. BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 - zu B II 1 a der Gründe mwN, BVerfGE 70, 138).

24

b) Die Beklagte war zumindest in den entscheidungserheblichen Jahren 2007 bis 2009 als kirchliche Einrichtung der katholischen Kirche zugeordnet. Sie hatte unmittelbar teil an der Verwirklichung eines wesentlichen kirchlichen Auftrags, indem sie katholische Krankenhäuser unterhielt (vgl. zu einem solchen kirchlichen Auftrag BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 - zu B II 1 a der Gründe mwN, BVerfGE 70, 138).

25

2. Der Kläger erfüllt die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen für die Weihnachtszuwendungen der Jahre 2007 und 2008. Auf Anlage 1 Abschn. XIV AVR ist in § 2 des Dienstvertrags wirksam verwiesen. Die Anspruchsvoraussetzungen des Buchst. a der Anlage 1 Abschn. XIV AVR sind gegeben. Der Kläger stand jeweils am 1. Dezember seit dem 1. Oktober in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten und schied aus ihm nicht vor dem 31. März des Folgejahres aus.

26

3. Der am 16. November 2007 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichte Beschluss der Unterkommission und der am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichte Beschluss der Regionalkommission verhinderten jedoch, dass Ansprüche des Klägers auf Weihnachtszuwendung für die Jahre 2007 und 2008 entstanden.

27

a) Der Beschluss der Unterkommission vom 22./23. Oktober 2007 regelt ausdrücklich, dass für alle Mitarbeiter in Abweichung von Abschn. XIV der Anlage 1 zu den AVR im Kalenderjahr 2007 keine Weihnachtszuwendung gezahlt wird. Die Regelung trat am 23. Oktober 2007 in Kraft. Entsprechendes gilt für den am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichten Beschluss der Regionalkommission, der am 12. November 2008 in Kraft trat.

28

b) Die Auslegung der Bezugnahmeklausel in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags ergibt, dass das kirchenrechtliche System der Arbeitsrechtsetzung insgesamt erfasst werden soll, also auch alle Verfahrensordnungen und die daraus hervorgegangenen Beschlüsse, die auf dem Dritten Weg zustande gekommen sind. Die beiden Beschlüsse sind damit von der Verweisung auf die AVR erfasst.

29

aa) Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags gilt bei Änderungen der AVR jeweils die in der „Caritas-Korrespondenz“ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne dass eine weitere Vereinbarung erforderlich wäre.

30

bb) Bei der Bezugnahme in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags handelt es sich nach dem Erscheinungsbild des Dienstvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Vertrag enthält bis auf die persönlichen Daten des Klägers keine individuellen Besonderheiten. Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze gelten auch für die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 28, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 22; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 12, BAGE 135, 163 mit im Wesentlichen zust. Anm. von Hoyningen-Huene/van Endern AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55; Richardi RdA 2011, 119 ff.).

31

cc) Nach diesen Grundsätzen kann die Verweisung auf die „Änderungen der AVR“ nur so verstanden werden, dass das kirchenrechtliche System der Arbeitsrechtsetzung insgesamt erfasst wird. Zu ihm gehören die Verfahrensordnungen und die daraus hervorgegangenen Beschlüsse, die wirksam auf dem Dritten Weg zustande gekommen sind.

32

(1) § 2 Abs. 1 des Dienstvertrags nimmt Bezug auf die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes(AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der Caritas-Korrespondenz veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung“. Diese zunächst statische Verweisung wird ergänzt durch § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags. Danach gilt bei Änderungen der AVR jeweils die in der „Caritas-Korrespondenz“ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf.

33

(2) Die erforderliche Auslegung dieser Klausel führt zu dem Ergebnis, dass die Parteien auch auf Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen verweisen wollten.

34

(a) Dafür spricht entscheidend die Funktion einer solchen Bezugnahme. Mangels normativer Geltung kirchlichen Arbeitsrechts in privaten Arbeitsverhältnissen können dem kirchlichen Arbeitsrecht nur Verweisungsklauseln Wirkung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 22). Vor diesem Hintergrund sind Verweisungsklauseln auf die Regelungen des kirchlichen Arbeitsrechts grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen und das Verfahrensrecht einbeziehen wollen (vgl. BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 880/07 - Rn. 27; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 19 f., BAGE 129, 1). Auch bei katholischen Rechtsträgern, die nicht nach Art. 2 Abs. 1 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse(GrO) unmittelbar an die GrO gebunden sind, kann der kirchliche Arbeitnehmer entsprechende Klauseln im Ausgangspunkt nur dahin verstehen, dass sie dem kirchenrechtlichen Gebot in Art. 2 Abs. 2 GrO genügen sollen, die GrO verbindlich zu übernehmen(vgl. zu entsprechenden kirchenrechtlichen Pflichten oder Geboten im Bereich der Evangelischen Kirchen BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 22; zur Reichweite entsprechender Verweisungsklauseln ferner 19. Februar 2003 - 4 AZR 11/02 - zu I 1 a bb und cc der Gründe, BAGE 105, 148; zur aus der Mitgliedschaft im Caritasverband folgenden Verpflichtung zur Übernahme und Anwendung der GrO KAGH 16. Dezember 2011 - K 09/11 - zu B II 1 a der Gründe, ZMV 2012, 95).

35

(b) Eine engere Auslegung hätte zur Folge, dass der Dritte Weg durch die Beklagte nicht mehr „gelebt“ werden könnte. Eine Anpassung arbeitsvertraglicher Regelungen ist in erster Linie von der dazu berufenen Arbeitsrechtlichen Kommission vorzunehmen. So regeln die hier maßgeblichen AK-Ordnungen 2004 und 2008 in § 1 Abs. 3, dass Aufgabe der Arbeitsrechtlichen Kommission die „Beschlussfassung von Rechtsnormen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Dienstverhältnissen“ ist. Die Arbeitsrechtliche Kommission hat die dynamischen vertraglichen Verweisungsklauseln auf diese Weise auszufüllen. Würde mit dem Landesarbeitsgericht eine Bezugnahme auf die AK-Ordnungen verneint, wäre das Arbeitsverhältnis nicht dynamisch ausgestaltet. Das widerspräche Sinn und Zweck der Regelung, weil Änderungen - etwa Entgelterhöhungen - häufig zugunsten der Arbeitnehmer wirken (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 12, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 50).

36

(c) Der Vertragswortlaut schließt eine solche Auslegung entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht aus. Der Wortlaut der Bezugnahme in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags unterscheidet nicht zwischen formellen und materiellen Regelungen. Von der Verweisung sind Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen nicht ausgenommen.

37

(3) Die in den genannten Beschlüssen der Unterkommission und der Regionalkommission getroffenen Regelungen sind materiell Bestandteil der AVR, indem sie diese für den speziellen Fall der Weihnachtszuwendung 2007 und 2008 bei der Beklagten ändern (vgl. zur Änderung der Dienstvertragsordnung im Bereich der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 23 bis 25, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 22).

38

c) Die dynamische Bezugnahmeklausel in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags hält der Einbeziehungskontrolle stand.

39

aa) Die Klausel genügt dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und steht nicht in Widerspruch zu anderen im Dienstvertrag getroffenen Vereinbarungen(vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 42 f.).

40

bb) Es handelt sich nicht um eine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Ein Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einem kirchlichen Arbeitgeber schließt, hat davon auszugehen, dass sein Arbeitgeber das spezifisch kirchliche Vertragsrecht in seiner jeweiligen Fassung zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses machen will und damit idR kirchenrechtlichen Geboten genügen will (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 16, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 40; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 42, BAGE 129, 1).

41

d) Es kann auf sich beruhen, ob die Verweisungsklausel in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags im Hinblick auf die Weihnachtszuwendung für das Jahr 2008 aufgrund des in Bezug genommenen bischöflichen Letztentscheidungsrechts in § 15 Abs. 7 AK-Ordnung 2008 einen entsprechend § 308 Nr. 4 BGB unwirksamen Änderungsvorbehalt enthält.

42

aa) Für die Weihnachtszuwendung des Jahres 2007 stellt sich das Problem der analogen Anwendung von § 308 Nr. 4 BGB nicht. Die Ordnung zur Mitwirkung bei der Gestaltung des Arbeitsvertragsrechts durch Kommissionen in den (Erz-)Diözesen Aachen, Essen, Köln, Münster (nordrhein-westfälischer Teil) und Paderborn (Regional-KODA-Ordnung) enthält in § 15 Abs. 6 zwar ein Letztentscheidungsrecht des Diözesanbischofs im Fall eines unabweisbaren Regelungsbedürfnisses. Diese Regelung für den Bereich der verfassten Kirche gilt jedoch nicht für kirchliche Einrichtungen im Bereich des Deutschen Caritasverbands e. V.

43

bb) Der Senat kann auch für die Weihnachtszuwendung 2008 offenlassen, ob der Bezugnahme in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags wegen des in § 15 Abs. 7 AK-Ordnung 2008 aufgenommenen bischöflichen Letztentscheidungsrechts in analoger Anwendung von § 308 Nr. 4 BGB die Wirksamkeit abzusprechen ist. Die für diesen Fall gebotene ergänzende Vertragsauslegung würde nämlich dazu führen, dass die dynamische Verweisung jedenfalls für alle Beschlüsse der zuständigen Regionalkommission gilt, die ordnungsgemäß zustande gekommen sind.

44

(1) Grundsätzlich ist eine Verweisungsklausel wirksam, die auf Arbeitsvertragsregelungen Bezug nimmt, die auf dem Dritten Weg von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden. Das verlangt die angemessene Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB. Eine solche Verweisung gewährleistet ebenso wie die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen einschlägigen Tarifvertrag eine Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände und liegt nicht nur im Interesse des Arbeitgebers, sondern auch in dem des Arbeitnehmers. Nur so kann die notwendige Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände auch ohne Änderungskündigung erreicht werden (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 22, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 50).

45

(2) Der dynamischen Bezugnahmeklausel in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags könnte aber entsprechend § 308 Nr. 4 BGB die Wirksamkeit abzusprechen sein, weil sie auch auf § 15 Abs. 7 AK-Ordnung 2008 verweist, in dem ein Letztentscheidungsrecht des Bischofs vorgesehen ist. Dieses Letztentscheidungsrecht lässt nicht nur die Kassation von Regelungen zu, sondern begründet darüber hinaus die Befugnis zu einseitigen Neuregelungen (vgl. Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 6. Aufl. § 15 Rn. 26).

46

(a) Nach § 308 Nr. 4 BGB ist eine Abrede unwirksam, wenn sich ein Arbeitgeber einseitig das Recht vorbehält, eine versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Ein Änderungsvorbehalt ist eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB(vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 45; 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9).

47

(b) Das Bundesarbeitsgericht hat über die Frage, ob das Letztentscheidungsrecht des Bischofs als Änderungsvorbehalt zugunsten des Arbeitgebers iSv. § 308 Nr. 4 BGB zu verstehen ist, bisher nicht entschieden. Es hat lediglich darauf hingewiesen, dass dynamisch in Bezug genommene Arbeitsvertragsregelungen, die auf ein kirchenrechtlich vorgesehenes Letztentscheidungsrecht des Bischofs verweisen, zu weit gefasst und unwirksam sein könnten, wenn die Klausel sprachlich nicht teilbar sei und nicht auf einen verständlichen, zulässigen Inhalt zurückgeführt werden könne (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 46).

48

(c) Unschädlich ist insoweit, dass der Bischof das Recht hat, die Beschlüsse der zuständigen Kommissionen in Kraft zu setzen (vgl. § 21 AK-Ordnung 2004 iVm. § 7 der am 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen Richtlinien für die Inkraftsetzung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission und der Unterkommissionen des Deutschen Caritasverbandes durch die Diözesanbischöfe in der Bundesrepublik Deutschland und § 18 AK-Ordnung 2008 iVm. § 1 der Richtlinien für die Inkraftsetzung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes durch die Diözesanbischöfe idF vom 26. November 2007). Sieht der Bischof - in kirchenrechtlich zulässiger Weise - davon ab, ändernde Regelungen in Kraft zu setzen, bleibt es beim bisherigen Vertragsinhalt, sodass es sich um keine Änderung handelt (vgl. Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 6. Aufl. § 15 Rn. 55).

49

(d) Eine unmittelbare Anwendung von § 308 Nr. 4 BGB scheidet hier aus. Der Bischof ist kein vertretungsberechtigtes Organ der Beklagten. Die beklagte GmbH handelt durch ihre Geschäftsführer.

50

(aa) Für eine analoge Anwendung von § 308 Nr. 4 BGB könnte allerdings sprechen, dass der Bischof am Erhalt rechtlich selbständiger kirchlicher Einrichtungen im Bereich der Caritas - hier der kirchlichen Krankenhäuser der Beklagten - und deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit interessiert sein wird, damit der karitative Auftrag der kirchlichen Einrichtungen weiterhin erfüllt werden kann. Deshalb besteht die Gefahr, dass er vor allem deren wirtschaftliche Belange im Blick haben und ein unabweisbares Regelungsbedürfnis für eine eigene Entscheidung gerade dann annehmen wird, wenn von Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission abgewichen werden soll und Vergütungen gesenkt werden sollen (vgl. Vogt Der „Dritte Weg“ der evangelischen Kirchen und die Tarifautonomie S. 141 f.; siehe auch Hammer Kirchliches Arbeitsrecht S. 368 ff.; Kühling AuR 2001, 241, 245; Pahlke Kirche und Koalitionsrecht S. 219 ff.; ErfK/Schmidt 12. Aufl. Art. 4 GG Rn. 55). Problematisch ist zudem, dass es keine Entscheidungsrichtlinien für die Ausfüllung des Letztentscheidungsrechts durch den Bischof gibt (vgl. Pahlke aaO S. 220 f.; Thüsing BB 2011, 190, 191).

51

(bb) Dem wird zwar entgegengehalten, dass der Bischof nicht Sachwalter der Dienstgeberseite, sondern der gesamten Dienstgemeinschaft sei und die umfassende Verantwortung für das Heil der ihm anvertrauten Gläubigen trage (vgl. Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 6. Aufl. § 15 Rn. 24 bis 27 und 55; Thüsing BB 2011, 190, 191). Ferner wird angeführt, das Letztentscheidungsrecht sei lediglich das äußerste Mittel. Es komme wegen der Verantwortung des Bischofs für die Wahrnehmung gesamtkirchlicher Belange erst dann zum Zug, wenn ein vorgeschaltetes Vermittlungsverfahren erfolglos durchgeführt worden sei und zudem ein unabwendbares Regelungsbedürfnis bestehe (vgl. Briza „Tarifvertrag“ und „Dritter Weg“ S. 232; siehe auch Richardi FS Bepler S. 501, 510 f.). Gleichwohl werden kirchliche Arbeitnehmer einseitige Regelungen des Bischofs nicht als stets unparteiische, die widerstreitenden Interessen ausgewogen berücksichtigende Konfliktlösungen ansehen (vgl. Fischermeier FS Bepler S. 159, 165).

52

(3) Letztlich kann aber auch für die Weihnachtszuwendung 2008 dahinstehen, ob der dynamischen Bezugnahme in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags wegen des in § 15 Abs. 7 AK-Ordnung 2008 aufgenommenen bischöflichen Letztentscheidungsrechts entsprechend § 308 Nr. 4 BGB die Wirksamkeit abzusprechen ist. In diesem Fall wäre der Dienstvertrag ergänzend dahin auszulegen, dass die Verweisung auf solche Regelungen beschränkt ist, die auf dem Dritten Weg durch einen ordnungsgemäßen Beschluss der zuständigen, paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Kommission zustande gekommen sind.

53

(a) Eine einfache Auslegung der dynamischen Verweisungsklausel dahin, dass nur ohne Ausübung des Letztentscheidungsrechts des Bischofs zustande gekommene Arbeitsvertragsregelungen erfasst sein sollen, kommt nicht in Betracht (aA LAG Düsseldorf 23. Februar 2012 - 15 Sa 1284/11 - zu B III der Gründe, Revision anhängig unter - 6 AZR 372/12 -). Die Klausel differenziert nicht danach, wie die Änderung der AVR zustande gekommen ist. Zudem wäre die Klausel bei einer solchen Auslegung zumindest intransparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(vgl. Fischermeier FS Bepler S. 159, 165 f.).

54

(b) § 306 Abs. 2 BGB, der anstelle der unwirksamen Klausel die Geltung der gesetzlichen Vorschriften vorsieht, führt nicht weiter, weil keine gesetzliche Ersatzordnung für eine dynamische Bezugnahmeklausel besteht.

55

(c) Wird unterstellt, dass § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags unwirksam ist, besteht allerdings eine Regelungslücke, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist.

56

(aa) Diese verstößt hier nicht gegen das in § 306 BGB enthaltene Verbot der geltungserhaltenden Reduktion(vgl. grundlegend BAG 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 c der Gründe, BAGE 110, 8; zu Herleitung, Inhalt, Sinn und Zweck im Einzelnen Schlewing RdA 2011, 92 mwN). Das grundsätzliche Verbot der geltungserhaltenden Reduktion verfolgt zwei grundlegende Ziele des Rechts zur Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen, das der Prävention und das der Transparenz. Der Klauselverwender soll angehalten werden, von vornherein angemessene Bedingungen zu formulieren. Dem Gegner des Klauselverwenders soll die Möglichkeit sachgerechter Information über die Rechte und Pflichten aus dem vorformulierten Vertrag verschafft werden (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 8 a der Gründe, BAGE 115, 19; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 c der Gründe, BAGE 110, 8; Schlewing aaO).

57

(bb) Wann eine ergänzende Vertragsauslegung zulässig ist, ist noch nicht abschließend geklärt (vgl. zB die Rechtsprechungsübersicht von Bieder NZA-Beilage 3/2011, 142 f.). Der Achte und der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts sowie der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs sind der Auffassung, eine ergänzende Vertragsauslegung komme erst dann in Betracht, wenn es für den Verwender eine unzumutbare Härte iSv. § 306 Abs. 3 BGB wäre, am Vertrag festzuhalten(vgl. BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 64, AP BGB § 309 Nr. 4 = EzA-SD 2009 Nr. 19, 7; 25. September 2008 - 8 AZR 717/07 - Rn. 74, AP BGB § 307 Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 7; 19. Dezember 2006 - 9 AZR 294/06 - Rn. 34 ff., AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; BGH 29. April 2008 - KZR 2/07 - Rn. 31, BGHZ 176, 244). Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts und weite Teile des Schrifttums nehmen im Unterschied dazu an, dass eine Rechtslage vorliegen müsse, die ohne Ergänzung des Vertrags keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung biete (vgl. BAG 28. November 2007 - 5 AZR 992/06 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 33 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 30; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182; Linck FS Bauer S. 645, 657; Schlewing NZA-Beilage 2/2012, 33, 36 ff.; Schmidt NZA 2004, 1002, 1009; Uffmann RdA 2011, 154, 160 f.).

58

(cc) Die Frage kann hier offenbleiben, weil die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB und damit auch der gebotene Arbeitnehmerschutz angemessen zu berücksichtigen sind(vgl. BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 27 f., BAGE 129, 121). Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen entstehen auf dem Dritten Weg (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 49 f.; 19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - Rn. 11, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 53 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 12). § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB soll gerade auch den Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts Rechnung tragen(vgl. BT-Drucks. 14/7052 S. 189). Eine Dynamisierung kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen liegt zudem im Interesse der kirchlichen Arbeitnehmer, die an der im Regelfall für sie günstigen Entwicklung teilhaben sollen. Sie kann in der verfassten Kirche und in kirchlichen Einrichtungen jedoch nicht durch eine unmittelbar und zwingend wirkende tarifliche Bindung herbeigeführt werden (vgl. BAG 8. Juni 2005 - 4 AZR 412/04 - zu II 2 a aa der Gründe, AP MitarbeitervertretungsG-EK Rheinland-Westfalen § 42 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 6). Auch um das grundgesetzlich gewährleistete Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und kirchlichen Einrichtungen wirksam werden zu lassen, ist als arbeitsrechtliche Besonderheit zumindest eine ergänzende Vertragsauslegung geboten, die den Dritten Weg ermöglicht.

59

(aaa) Im Fall der Unwirksamkeit von § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags weist dieser eine Regelungslücke iSe. planwidrigen Unvollständigkeit auf (vgl. dazu BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 30; 21. April 2009 -  3 AZR 640/07  - Rn. 33, BAGE 130, 202 ). Die gewollte Dynamik der Bezugnahme in § 2 des Dienstvertrags entfällt.

60

(bbb) Durch ergänzende Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Vertragsbedingung die Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre (st. Rspr., vgl. BAG 17. April 2012 - 3 AZR 803/09 - Rn. 31; 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 34; 25. April 2007 -  5 AZR 627/06  - Rn. 26, BAGE 122, 182). Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die ergänzende Vertragsauslegung schließt eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, BAGE 134, 283 ; BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Zunächst ist an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind der Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit möglich, sind Lücken durch ergänzende Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht werden“ (vgl. BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

61

(ccc) Die Vertragsparteien hätten bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Dynamik der Bezugnahmeklausel infolge des bischöflichen Letztentscheidungsrechts eine Verweisung ohne Bezug auf ein solches Letztentscheidungsrecht vorgenommen. Das Interesse der Beklagten bestand darin, Arbeitsbedingungen ohne Änderungskündigung an veränderte Umstände anpassen zu können. Dasselbe Interesse bestand beim Arbeitnehmer, der mit der Dynamisierung an positiven Änderungen, etwa Entgelterhöhungen, teilnimmt (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 22, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 50).

62

e) Der Beschluss der Unterkommission vom 22./23. Oktober 2007 und der am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichte Beschluss der Regionalkommission wurden wirksam gefasst.

63

aa) Der Beschluss der Unterkommission vom 22./23. Oktober 2007 kam wirksam zustande.

64

(1) Er ist formell wirksam.

65

(a) Der Beschluss wurde nach der Subdelegation in §§ 12 bis 14 AK-Ordnung 2004 iVm. § 8 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2, § 9 UK-Ordnung durch die Unterkommission als zuständiges Gremium gefasst.

66

(b) Er wurde nach § 9 Abs. 2 UK-Ordnung iVm. § 21 AK-Ordnung 2004 nach den Richtlinien für die Inkraftsetzung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission wirksam in Kraft gesetzt und am 16. November 2007 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlicht.

67

(c) Der Beschluss ist nicht deswegen unwirksam, weil er nach seiner Inkraftsetzung nicht nach § 21 AK-Ordnung 2004 in der Verbandszeitschrift „neue caritas“ oder nach § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags in der „Caritas-Korrespondenz“ veröffentlicht wurde.

68

(aa) Der Verstoß gegen § 21 AK-Ordnung 2004 berührt die Wirksamkeit der Inkraftsetzung nicht. Das Gebot der Veröffentlichung in der Zeitschrift „neue caritas“ dient dazu, den Arbeitnehmern Kenntnis von den Änderungen der Arbeitsvertragsregelungen zu verschaffen. Es ähnelt der Pflicht zur Bekanntgabe eines Tarifvertrags aus § 8 TVG. Für diese Bestimmung ist anerkannt, dass das Auslegen des Tarifvertrags kein konstitutives Wirksamkeitserfordernis ist (vgl. BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 38, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 191 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 190; 23. Januar 2002 - 4 AZR 56/01 - zu 5 der Gründe, BAGE 100, 225). Das gilt auch hier. Die AVR sind zwar keine Tarifverträge. Sie unterliegen aber einem ähnlichen Prüfungsmaßstab (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 31, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 56 und 61).

69

(bb) Der Beschluss der Unterkommission vom 22./23. Oktober 2007 verstößt auch nicht gegen § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags, der die Veröffentlichung des Beschlusses in der „Caritas-Korrespondenz“ nennt. Auch insoweit handelt es sich nicht um ein konstitutives Wirksamkeitserfordernis. Dafür spricht insbesondere die abweichende Handhabung der Parteien. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger die durch Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt in Kraft gesetzten dynamischen Änderungen der AVR widerspruchslos akzeptiert, etwa für die Einmalzahlungen 2006, 2007 und 2008. Damit haben die Parteien der von der Klausel vorgesehenen Veröffentlichung in den Verbandszeitschriften übereinstimmend den Inhalt beigemessen, dass die Inkraftsetzung und Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt genügt, um die Änderung in ihrem Arbeitsverhältnis maßgeblich werden zu lassen. Selbst wenn es sich dabei um eine konkludente Vertragsänderung handeln sollte, ginge diese übereinstimmende Vorstellung wie eine Individualvereinbarung nach § 305b BGB dem Ergebnis auch einer objektiven Auslegung vor(vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 25, BAGE 128, 73; BGH 9. März 1995 - III ZR 55/94 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 129, 90).

70

(2) Der am 16. November 2007 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichte Beschluss ist materiellrechtlich wirksam. Er verstößt nicht gegen die nach §§ 307 ff. BGB vorzunehmende Rechtskontrolle. Auch sonstige Unwirksamkeitsgründe, etwa ein Verstoß gegen die Bandbreitenregelung oder die Nebenbestimmungen, sind nicht gegeben.

71

(a) Die Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB beschränkt sich bei dynamisch in Bezug genommenen kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen auf eine Rechtskontrolle, wenn die AVR - wie hier - auf dem Dritten Weg nach den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurden. Die paritätische Besetzung und die Unabhängigkeit der Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission gewährleisten, dass die Arbeitgeberseite ihre Interessen bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen nicht einseitig durchsetzen kann. Dabei handelt es sich um eine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB, die durch eine bloße Rechtskontrolle angemessen zu berücksichtigen ist. Maßstab der Rechtskontrolle ist wie bei Tarifverträgen, ob die Regelung gegen die Verfassung, höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstößt (vgl. BAG 19. April 2012 - 6 AZR 677/10 - Rn. 24; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 31 f., BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 61 f.).

72

(b) Die Regelung verletzt das sich aus Art. 20 GG ergebende Rückwirkungsverbot entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Bei der Prüfung sind dieselben Maßstäbe anzulegen wie bei Tarifverträgen (vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 765/09 - Rn. 18).

73

(aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts tragen tarifvertragliche Regelungen auch während der Laufzeit des Tarifvertrags den immanenten Vorbehalt in sich, rückwirkend durch Tarifvertrag geändert zu werden (vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 765/09 - Rn. 19; 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 17, ZTR 2011, 172; 21. September 2010 - 9 AZR 515/09 - Rn. 45, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 49). Dabei ist die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt. Es gelten die gleichen Regeln wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu der Rückwirkung von Gesetzen. Ob und ab wann die Tarifunterworfenen mit einer tariflichen Neuregelung rechnen müssen, ist eine Frage des Einzelfalls. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das Vertrauen in die Fortgeltung einer Tarifnorm dann nicht mehr schutzwürdig, wenn und sobald die Normunterworfenen mit einer Änderung rechnen müssen (vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 765/09 - aaO; 22. Oktober 2003 - 10 AZR 152/03 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 108, 176).

74

(bb) Die jährliche Weihnachtszuwendung wurde nach Anlage 1 Abschn. XIV Buchst. f AVR am 1. Dezember des laufenden Kalenderjahres fällig. Zuvor entstand der Anspruch auch nicht, wie Anlage 1 Abschn. XIV Buchst. a Nr. 1 AVR zeigt. Danach setzt der Anspruch voraus, dass der Mitarbeiter am 1. Dezember des laufenden Kalenderjahres in einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis steht. Der Beschluss, die Weihnachtszuwendung 2007 zu streichen, trat bereits am 23. Oktober 2007 in Kraft und wurde am 16. November 2007 veröffentlicht. Ein etwaiges Vertrauen des Klägers auf den Fortbestand des Anspruchs war nicht schutzwürdig. Nachdem in § 8 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 UK-Ordnung idF vom 17. März 2005 ausdrücklich die Möglichkeit einer Absenkung der Weihnachtszuwendung vorgesehen war, musste der Kläger mit ihr rechnen. Bei der Absenkung handelt es sich um eine Veränderung, wie sie als Reaktion auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage oder der Wettbewerbssituation nicht ungewöhnlich ist (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 41).

75

(c) Die Absenkung der Weihnachtszuwendung durch den Beschluss der Unterkommission für das Jahr 2007 war nach der ausdrücklichen Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 UK-Ordnung zulässig.

76

(aa) Entgegen der Ansicht des Klägers lässt eine „Absenkung“ iSv. § 8 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 UK-Ordnung auch eine Verringerung „auf Null“ zu. Der Begriff enthält keine Untergrenze. Daher war es auch möglich, den Anspruch vollständig auszuschließen.

77

(bb) Es ist nicht festgestellt, dass über die Bandbreite des § 8 Abs. 2 Satz 2 UK-Ordnung, wonach die Maßnahme aus Ziff. 1 bis 4 für das einzelne Dienstverhältnis in der Summe eine Absenkung von 15 % der Dienstbezüge nicht überschreiten darf, hinausgegangen wäre. Der Kläger hat insoweit auch keine konkrete (Gegen-)Rüge erhoben.

78

(d) Ob ein Verstoß gegen die im Beschluss der Unterkommission vom 22./23. Oktober 2007 genannten Nebenstimmungen vorliegt, kann offenbleiben. Es fehlt an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass eine Verletzung der Nebenbestimmungen die Unwirksamkeit des Ausschlusses der Weihnachtszuwendung zur Folge hätte.

79

(e) Bei dem Anspruch auf Weihnachtszuwendung handelt es sich auch nicht um einen im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Entgeltanspruch, der vom Kläger „pro rata temporis“ hätte erworben werden können. Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs ist, dass der Arbeitnehmer am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht. Das hindert die Annahme eines ratierlich entstehenden Anspruchs. An dem Stichtag des 1. Dezember und der weiteren Anspruchsvoraussetzung in Anlage 1 Abschn. XIV Buchst. a Nr. 3 AVR wird deutlich, dass ein gewisses Maß an Betriebstreue erfüllt sein muss, um den Anspruch entstehen zu lassen. Nach Anlage 1 Abschn. XIV Buchst. a Nr. 3 AVR steht dem Arbeitnehmer die Zuwendung nur zu, wenn er nicht in der Zeit bis 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet. Damit wird ein weiter gehender Zweck verfolgt als nur das Ziel, geleistete Arbeit zu honorieren (vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 765/09 - Rn. 19 und 29).

80

bb) Auch der Anspruch auf Weihnachtszuwendung für das Jahr 2008 ist wegen des am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichten Beschlusses der Regionalkommission nicht entstanden.

81

(1) Die dynamische Bezugnahmeklausel erfasst jedenfalls nach ergänzender Vertragsauslegung auch den aufgrund von § 11 Abs. 1 AK-Ordnung 2008 ergangenen Beschluss der Regionalkommission zur Absenkung der Weihnachtszuwendung.

82

(2) Die Delegiertenversammlung war nach § 1 der AK-Ordnung 2008 iVm. § 9 Abs. 3 der Satzung des Deutschen Caritasverbands idF vom 18. Oktober 2005 dazu berechtigt, die AK-Ordnung zu erlassen.

83

(3) Der aufgrund der AK-Ordnung ergangene Beschluss der Streichung der Weihnachtszuwendung für das Jahr 2008 wurde formell und materiell wirksam durch die Regionalkommission gefasst und in Kraft gesetzt.

84

(a) Die Regionalkommission überschritt ihren Regelungsspielraum nicht. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht dadurch verletzt, dass der am 28. November 2008 veröffentlichte Beschluss „Mitarbeiter nach Anlage 7 AVR“ - die Auszubildenden - von der Streichung der Weihnachtszuwendung ausnahm.

85

(aa) Der Senat muss nicht darüber entscheiden, ob Beschlüsse der Regionalkommission, die auf dem Dritten Weg zustande gekommen sind, am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen sind (offengelassen von BAG 21. Oktober 2009 - 10 AZR 786/08 - Rn. 51, AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 5; 8. Juni 2005 - 4 AZR 417/04 - zu B II 1 d der Gründe; bejahend KAGH 16. Dezember 2011 - K 09/11 - zu B II 1 b der Gründe, ZMV 2012, 95).

86

(bb) Der Kläger ist als Arbeitnehmer nicht vergleichbar mit Auszubildenden (vgl. dazu ausführlich BAG 21. Oktober 2009 - 10 AZR 786/08 - Rn. 49, AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 5). Er erhält seine Vergütung als Gegenleistung für die erbrachte Arbeit, während die Ausbildungsvergütung nach § 17 BBiG den Auszubildenden neben einer gewissen „Entlohnung“ bei der Lebenshaltung unterstützen und die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten soll(vgl. zu diesen drei Funktionen BAG 21. Oktober 2009 - 10 AZR 786/08 - Rn. 52, aaO; 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 18, BAGE 126, 12).

87

(b) Der Ausschluss der Weihnachtszuwendung für das Jahr 2008 verstößt nicht gegen eine vorgegebene Bandbreite. Die Regionalkommission hatte weder die in § 10 AK-Ordnung 2008 vorgegebene Bandbreite von 15 % nach oben und unten noch den Beschluss der Bundeskommission von Juni 2008 mit der Bandbreite von 0,1 % zu beachten. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang der Regelungen. Es kommt nicht darauf an, ob die Regionalkommission binnen drei Monaten über den Antrag der Beklagten auf Aufhebung der Weihnachtszuwendung 2008 entschied.

88

(aa) § 10 AK-Ordnung 2008 regelt die Zuständigkeiten der Bundeskommission und grenzt sie von denen der Regionalkommissionen ab.

89

(aaa) Aufgrund von § 10 Abs. 2 AK-Ordnung 2008 sind die Regionalkommissionen ausschließlich zuständig für die Festlegung aller Vergütungsbestandteile. In § 10 Abs. 1 Satz 2 AK-Ordnung 2008 sind für den Fall der Regelung durch die zuständige Regionalkommission Bandbreiten vorgegeben. Diese Bandbreiten haben die Regionalkommissionen bei den Beschlüssen für ihre Region zu beachten oder nach § 10 Abs. 4 AK-Ordnung 2008 einen Antrag auf Abweichung bei der Bundeskommission zu stellen.

90

(bbb) Davon abzugrenzen sind Beschlüsse, die aufgrund von § 11 AK-Ordnung 2008 auf Antrag einer bestimmten Einrichtung oder einer Mitarbeitervertretung von der Regionalkommission gefasst werden. Der Antrag nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AK-Ordnung 2008 ist darauf gerichtet, „von den durch die Regionalkommission festgelegten Regelungen der Höhe aller Vergütungsbestandteile … abzuweichen“. Ein solcher Antrag ist - wie die Beklagte in der Berufungsinstanz durch eine Stellungnahme des Geschäftsführers der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbands e. V. ausgeführt hat - nur dann sinnvoll, wenn von den bisherigen Beschlüssen der Regionalkommission, die unter Beachtung der Bandbreiten in § 10 Abs. 1 AK-Ordnung 2008 ergangen sind, abgewichen werden soll. Sonst „liefe“ die einrichtungsspezifische Regelung, die noch konkretere betriebliche Lösungen ermöglichen soll, „leer“, weil dieselben Bandbreiten zu beachten wären.

91

(ccc) Der Beschluss der Bundeskommission von Juni 2008 erging aufgrund von § 10 Abs. 1 Satz 3 AK-Ordnung 2008. Er bezieht sich ausschließlich auf die in § 10 Abs. 1 Satz 2 AK-Ordnung 2008 vorgegebene Bandbreite, nicht auf einrichtungsspezifische Regelungen aus § 11 Abs. 1 AK-Ordnung 2008.

92

(bb) Nicht entscheidend ist, ob die Regionalkommission binnen dreier Monate über den Antrag der Beklagten auf einrichtungsspezifische Aufhebung der Weihnachtszuwendung 2008 befand. Die Dreimonatsfrist des § 11 Abs. 2 Satz 1 AK-Ordnung 2008 soll ersichtlich nur die Regionalkommission zur Eile bei der Entscheidung über den Antrag anhalten. Die Regelung enthält keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass eine Überschreitung der Frist die Unwirksamkeit des getroffenen Beschlusses zur Folge haben soll.

93

II. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich schließlich nicht aus dem Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 22. November 2005. In § 3 Abs. 1 ist lediglich geregelt, dass der Kläger für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Entgelt nach § 4 der Anlage 17 zu den AVR erhält. Daraus folgt kein Anspruch auf die Weihnachtszuwendung. Der Altersteilzeitarbeitnehmer nimmt in der Arbeits- und in der Freistellungsphase an Entgelterhöhungen und Vergütungsverringerungen aufgrund der dynamischen Verweisungsklausel in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags teil(vgl. für tarifliche Ansprüche BAG 19. April 2012 - 6 AZR 14/11 - Rn. 53). Inwieweit der in § 5 der Anlage 17 zu den AVR geregelte Mindestnettobetrag durch die Streichung der Weihnachtszuwendung unterschritten sein soll, hat der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt.

94

B. Der unterlegene Kläger hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Jerchel    

        

    Hoffmann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 13. Juli 2007 - 3/6 Sa 177/07 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 28. November 2006 - 3 Ca 123/06 - wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag bewirkt, dass die von der Arbeitsrechtlichen Kommission der Evangelischen Kirche und des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau(Arbeitsrechtliche Kommission) am 20. Juli 2005 beschlossene Neufassung der Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau (DWHN) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

2

Die Beklagte ist eine kirchlich-diakonische Einrichtung und Mitglied im DWHN. Die Klägerin ist bei ihr und ihrer Rechtsvorgängerin, dem Hessischen Diakonieverein eV Darmstadt, seit dem 1. Oktober 1987 als Krankenschwester beschäftigt. In § 2 des Formulardienstvertrags vom 9. September 1987 ist vereinbart, dass, soweit durch diesen Vertrag nicht etwas anderes bestimmt wird, für das Dienstverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der Fassung der Empfehlung des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau nebst Änderungen und Ergänzungen gilt. Art. 71 der Kirchenordnung der zuständigen Evangelischen Kirche für Hessen und Nassau(EKHN) regelt:

        

„(1) Die Arbeitsverhältnisse der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau können im Rahmen des kirchlichen Auftrages unter partnerschaftlicher paritätischer Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst verbindlich für alle Anstellungsträger geregelt werden.

        

(2) Das nähere bestimmt ein Kirchengesetz, dem mehr als die Hälfte der gewählten und berufenen Mitglieder der Kirchensynode zustimmen muss.“

3

Auf dieser Grundlage beschloss die EKHN am 29. November 1979 das Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechts-Regelungsgesetz - ARRG). § 4 ARRG lautet:

        

„(1) Die durch die Arbeitsrechtliche Kommission oder den Schlichtungsausschuß nach Maßgabe dieses Kirchengesetzes beschlossenen arbeitsrechtlichen Regelungen sind für alle Arbeitsverhältnisse im Geltungsbereich dieses Kirchengesetzes verbindlich.

        

(2) Es dürfen nur Arbeitsverträge geschlossen werden, die den in Absatz 1 genannten Regelungen entsprechen.“

4

§ 1 Abs. 1 der von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau vom 25. September 1980(Ang-AVO/DWHN 1980) regelte, dass auf die Arbeitsverhältnisse der im kirchlich-diakonischen Dienst des DWHN als Angestellte beschäftigten Mitarbeiter der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 sowie die für BAT-Angestellte zusätzlich abgeschlossenen oder noch abzuschließenden Tarifverträge in der für das Land Hessen jeweils geltenden Fassung Anwendung finden, soweit in Abschnitt II durch die zuständigen Gremien des DWHN nichts anderes bestimmt ist oder wird. In der Arbeitsrechtsregelung zur Einführung der Kirchlich-Diakonischen Arbeitsvertragsordnung vom 20. Juli 2005 (ARR 2005) hat die Arbeitsrechtliche Kommission ua. die Kirchlich-Diakonische Arbeitsvertragsordnung (KDAVO) und die Neufassung der Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des DWHN (Ang-AVO/DWHN 2005) beschlossen. Ziel dieses Regelwerks war die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit am Markt der Wohlfahrtspflege und der Arbeitsplätze, die Schaffung eines einheitlichen Tarifrechts für Arbeiter und Angestellte und die Einführung einer aufgaben- und leistungsbezogenen Vergütung. Die mit den Änderungen der Arbeitsbedingungen für die Klägerin verbundenen finanziellen Einbußen betrugen nicht mehr als 20 % der ihr bisher gezahlten Vergütung.

5

Die Klägerin hat gemeint, die Verweisungsklausel in § 2 des Dienstvertrags vom 9. September 1987 bewirke nicht, dass die Bestimmungen der Ang-AVO/DWHN 2005 auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fänden. Die Auslegung der Klausel ergebe, dass das Tarifsystem des BAT die maßgebliche Basis der Arbeitsbedingungen sein müsse. Bei der Ang-AVO/DWHN 2005 handele es sich weder um eine Änderung noch um eine Ergänzung, sondern um eine von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasste Ersetzung der ursprünglichen Arbeitsvertragsordnung. Der Hinweis auf den BAT sei ersatzlos entfallen. Aufgrund dieser Abkoppelung vom BAT liege materiell ein „Tarifwechsel“ vor. Jedenfalls wäre eine Bezugnahme auf die Ang-AVO/DWHN 2005 nicht wirksam. Die Einführung der Ang-AVO/DWHN 2005 benachteilige sie unangemessen und sei auch unbillig iSv. § 319 BGB.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass sich das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch über den 30. September 2005 hinaus nach der Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Werk in Hessen und Nassau in der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung richtet, und dass die Einführung der kirchlich-diakonischen Arbeitsvertragsordnung in der Fassung vom 20. Juli 2005 für die Klägerin unverbindlich ist.

7

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis der Parteien richte sich ab dem 1. Oktober 2005 nach den Bestimmungen der Ang-AVO/DWHN 2005. Die Bezugnahme in § 2 des Dienstvertrags vom 9. September 1987 enthalte zwingend eine Verweisung auch auf das ARRG. Bei dem BAT in der Fassung der Empfehlung des Diakonischen Werkes(BAT/DW) habe es sich schon immer um eine eigenständige Regelung gehandelt, die von vielen Vorschriften des BAT abgewichen sei.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und hat der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts. Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert.

10

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass der Arbeitnehmer ein rechtliches Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung hat, dass sein Arbeitsverhältnis entgegen der Rechtsauffassung seines Arbeitgebers nicht einem bestimmten Tarifvertrag unterfällt, sondern dieses sich nach einem anderen Tarifvertrag richtet(23. Februar 1995 - 6 AZR 667/94 - BAGE 79, 224; 25. Februar 1999 - 6 AZR 494/97 -; 10. August 2000 - 6 AZR 84/99 -). Durch eine solche Entscheidung wird der wesentliche Inhalt des Arbeitsverhältnisses geklärt und eine Vielzahl von Einzelfragen dem Streit der Parteien entzogen. Entsprechendes gilt, wenn die Parteien darüber streiten, welche Fassung einer kirchlich-diakonischen Arbeitsvertragsordnung auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

11

II. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich ab dem 1. Oktober 2005 nach den Bestimmungen der Ang-AVO/DWHN 2005. Dies folgt aus der Verweisungsklausel in § 2 des Dienstvertrags vom 9. September 1987. Danach gilt für das Dienstverhältnis grundsätzlich der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der Fassung der Empfehlung des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau nebst Änderungen und Ergänzungen.

12

1. Bei der in § 2 des Formulardienstvertrags vom 9. September 1987 getroffenen Verweisungsklausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einem Formulararbeitsvertrag durch das Landesarbeitsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung durch das Bundesarbeitsgericht(st. Rspr., vgl. Senat 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 22, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15; BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15 mwN, BAGE 124, 259). Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Diese sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (Senat 19. März 2009 - 6 AZR 557/07 - Rn. 21, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17). Dies gilt auch für Vertragsklauseln, die dynamisch auf Tarifverträge verweisen (Senat 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 23 f., aaO). Nehmen die Arbeitsvertragsparteien auf kirchlich-diakonische Arbeitsbedingungen und ihre Änderungen und Ergänzungen und damit auch auf ein von ihnen selbst nicht abzuänderndes externes Regelwerk Bezug, besteht kein Anlass, von den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen allgemein geltenden Grundsätzen abzugehen (BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 14, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10).

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2. Dieser uneingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle hält die Auslegung des Landesarbeitsgerichts nicht stand. Sie berücksichtigt nicht ausreichend den Wortlaut der Verweisungsklausel, der nicht vom BAT, sondern vom BAT in der Fassung der Empfehlung des DWHN spricht. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts wird auch dem Sinn und Zweck der Verweisung sowie dem Umstand nicht gerecht, dass niemand, der im kirchlich-diakonischen Bereich bei einem Anstellungsträger arbeitet, der Mitglied eines Diakonischen Werkes ist, davon ausgehen darf, dass sich sein Arbeitsverhältnis auch dann, wenn die Verweisungsklausel Änderungen und Ergänzungen des in Bezug genommenen Regelwerks ausdrücklich einschließt, nach Arbeitsbedingungen richtet, die erheblich von den Bedingungen abweichen, die den kirchenrechtlichen Anforderungen entsprechen und für alle Anstellungsträger im Bereich des Diakonischen Werkes gelten.

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3. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seinem Urteil vom 10. Dezember 2008(- 4 AZR 801/07 - Rn. 35, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10) eine Verweisungsklausel mit demselben Wortlaut wie dem in § 2 des Dienstvertrags vom 9. September 1987 so ausgelegt, dass sie die Ang-AVO/DWHN dynamisch in Bezug nimmt und damit die nach dem innerkirchlichen Verfahrensrecht ordnungsgemäß zustande gekommenen „Änderungen und Ergänzungen“ der Ang-AVO/DWHN 1980 durch die Ang-AVO/DWHN 2005 umfasst. Er hat sein Auslegungsergebnis eingehend insbesondere mit dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck und der Funktion der Regelung begründet und dabei das auch von der Klägerin vorgebrachte Argument gewürdigt und dann verworfen, die Verweisungsklausel habe das Arbeitsverhältnis, wenn auch in modifizierter Form, dem BAT zeitdynamisch unterstellt. Die Entscheidungsgründe des Landesarbeitsgerichts und das Vorbringen der Klägerin rechtfertigen es nicht, an diesen überzeugenden Ausführungen des Vierten Senats und seinem Auslegungsergebnis nicht festzuhalten. Das Argument, bei der Ang-AVO/DWHN 2005 handele es sich weder um eine Änderung noch um eine Ergänzung, sondern um eine von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasste Ersetzung der ursprünglichen Arbeitsvertragsordnung, trägt nicht. Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags verweist nicht in erster Linie auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag und nur in zweiter Linie auf etwaige Anpassungen dieses Tarifvertrags durch die Arbeitsrechtliche Kommission. Einen Bundes-Angestelltentarifvertrag in der Fassung der Empfehlung des DWHN als ein abgeschlossenes Normenwerk dieses Namens gab es nicht (BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, aaO). Deshalb hilft der Klägerin auch der Hinweis nicht weiter, aufgrund der Abkoppelung vom Bundes-Angestelltentarifvertrag liege materiell ein „Tarifwechsel“ vor. Die seit dem 1. Oktober 1987 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigte Klägerin greift die Anwendung der Ang-AVO/DWHN in der jeweiligen Fassung letztlich im Kern auch nicht an. Sie wendet sich nur gegen die Änderung zum 1. Oktober 2005 durch die Ang-AVO/DWHN 2005. Anhaltspunkte, die Zweifel an der formellen Ordnungsgemäßheit dieser Regelung begründen könnten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Solche Zweifel hat die Klägerin auch nicht geäußert.

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4. Die Verweisungsklausel in § 2 des Formulardienstvertrags vom 9. September 1987 ist wirksam. Sie hält einer Vertragskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand.

16

a) Die Bezugnahmeklausel ist hinreichend klar und verständlich iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und steht nicht zu anderen im Dienstvertrag getroffenen Vereinbarungen in Widerspruch. Es handelt sich auch nicht um eine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Ein Überraschungsmoment ergibt sich weder aus der äußeren Form und Positionierung der in einem gesonderten Paragraphen vereinbarten Klausel noch aus ihrer inhaltlichen Gestaltung. Ein Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einer Einrichtung eines Diakonischen Werkes schließt, hat davon auszugehen, dass sein Arbeitgeber das spezifisch kirchliche Vertragsrecht in seiner jeweiligen Fassung zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses machen will und dazu auch kirchenrechtlich verpflichtet ist(vgl. BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 42, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10). Dass sich die Verweisungsklausel nicht auf die Bezugnahme auf eine bestimmte Fassung der Ang-AVO/DWHN beschränkt, sondern mit der Formulierung „nebst Änderungen und Ergänzungen“ einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, benachteiligt die Klägerin nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Regelung ist deshalb wirksam.

17

b) Behält sich ein Arbeitgeber in einem Arbeitsvertrag einseitig das Recht vor, eine versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, ist diese Abrede nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Ein Abänderungsvorbehalt stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar(BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Dass Verträge die Vertragsparteien grundsätzlich binden („pacta sunt servanda“), gehört zu den Grundelementen des Vertragsrechts (BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140, 144). Auf vom Arbeitgeber formulierte allgemeine Arbeitsbedingungen verweisende Jeweiligkeitsklauseln unterliegen daher den strengen Anforderungen der Änderungsvorbehalte (Preis NZA 2010, 361, 362). Die Kontrolle von dynamischen Bezugnahmeklauseln am Maßstab der §§ 305 ff. BGB entspricht auch der Rechtsprechung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts (14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 20, BAGE 122, 12). Allerdings hat der Fünfte Senat die dynamische Verweisung in einem Formulararbeitsvertrag auf die für Beamte geltende Arbeitszeit nur einer eingeschränkten Überprüfung unterzogen. Dies beruhte jedoch darauf, dass die Klausel die Arbeitszeit und damit die einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle entzogene Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers betraf. Auch der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat ausdrücklich angenommen, dass seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 die AGB-Kontrolle für Arbeitsverträge und damit auch für arbeitsrechtliche Verweisungsklauseln gesetzlich angeordnet ist (18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 43, BAGE 122, 74). Diese Rechtsprechung zur AGB-Kontrolle von dynamischen Verweisungsklauseln steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hat die dynamische Verweisung in einem vorformulierten Heimvertrag mit pflegebedürftigen Bewohnern auf bestimmte Regelungen des jeweils gültigen Rahmenvertrags gemäß § 75 SGB XI einer Inhaltskontrolle unterzogen(8. November 2001 - III ZR 14/01 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 149,146).

18

c) Bei der Angemessenheitskontrolle ist nicht auf die durch den Arbeitgeber tatsächlich erfolgten Änderungen abzustellen, sondern auf die Möglichkeiten, die ihm eine Klausel einräumt(BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst den unangemessenen Gebrauch einer Klausel im konkreten Einzelfall. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit tragen auch solche Klauseln, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfalle nicht realisiert hat (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 38 mwN, BAGE 118, 36). Eine Verweisungsklausel in einem Arbeitsvertrag mit einem kirchlich-diakonischen Anstellungsträger, die nicht ausschließlich auf die auf dem Dritten Weg von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsregelungen Bezug nimmt, sondern darüber hinaus - etwa bei einem kirchenrechtlich vorgesehenen Letztentscheidungsrecht der Synode oder des Bischofs - auch einseitig von der Dienstgeberseite vorgegebene Regelungen erfasst und damit inhaltlich ein Vertragsänderungsrecht der Dienstgeberseite darstellt, dürfte zu weit gefasst und damit insgesamt unwirksam sein (vgl. BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23, aaO), wenn die Klausel sprachlich nicht teilbar ist und sie deshalb nicht auf einen verständlichen, zulässigen Inhalt zurückgeführt werden kann (vgl. zu diesem sog. blue-pencil-test BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - AP BGB § 305 Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 33).

19

d) Soweit der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 10. Dezember 2008(- 4 AZR 801/07 - Rn. 43 ff., AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10) angenommen hat, die Bezugnahmeklausel beschränke sich auf die (dynamische) Verweisung, weiche nicht von Rechtsvorschriften ab, weise damit keinen kontrollfähigen Inhalt auf und unterliege deshalb nur einer eingeschränkten Inhaltskontrolle, beziehen sich diese Ausführungen nicht auf ein einseitiges Vertragsänderungsrecht des Arbeitgebers. Der Vierte Senat hat ausdrücklich auf den Grundsatz „pacta sunt servanda“ hingewiesen und angenommen, der Arbeitgeber könne die dynamische Bezugnahmeklausel nicht einseitig ändern. Zudem hat der Vierte Senat die von ihm vorgenommene eingeschränkte Inhaltskontrolle der Verweisungsklausel damit begründet, dass der Bereich der Leistungsbeziehungen der inhaltlichen Überprüfung entzogen sei (10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 44, aaO). Anders als im Fall des Vierten Senats macht die Klägerin jedoch nicht ausschließlich Zahlungsansprüche geltend, sondern begehrt die Feststellung dass die Ang-AVO/DWHN 2005 auf ihr Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet.

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e) Der Änderungs- und Ergänzungsvorbehalt in § 2 des Dienstvertrags erfasst jedoch anders als in jenem Fall, der der Entscheidung des Zehnten Senats vom 11. Februar 2009(- 10 AZR 222/08 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9) zugrunde lag, nicht die einseitige Änderung einer Arbeitsordnung durch den Arbeitgeber. Er bezieht sich nur auf für das Arbeitsverhältnis einschlägige kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem Dritten Weg entstehen und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden. Ein so eingeschränkter Änderungs- und Ergänzungsvorbehalt stellt keine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Er trägt dem Umstand Rechnung, dass das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis einer Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen bedarf und schränkt wesentliche Rechte der Klägerin, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrags ergeben, nicht so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

21

aa) Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern auch die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze. Dazu zählen alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6). Der Senat hat im Urteil vom 17. November 2005 (- 6 AZR 160/05 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7) eingehend begründet, dass kirchliche Arbeitsvertragsregelungen seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 grundsätzlich einer Überprüfung nach den §§ 305 ff. BGB unterliegen. Er hat jedoch auch anerkannt, dass bei der Inhaltskontrolle kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit angemessen zu berücksichtigen ist, dass kirchliche Arbeitsvertragsregelungen auf dem Dritten Weg entstehen und von einer paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden(Senat 19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 53 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 12; 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - aaO). Dies kann dazu führen, dass in kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Gestaltungen zulässig sind.

22

bb) Die angemessene Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB schließt es ein, dass in einem Arbeitsvertrag mit einem kirchlich-diakonischen Anstellungsträger auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägige, von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossene Arbeitsvertragsordnung in der jeweils gültigen Fassung Bezug genommen werden kann. Eine solche Bezugnahme gewährleistet ebenso wie die arbeitsvertragliche Bezugnahme eines einschlägigen Tarifvertrags eine Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände und liegt nicht nur im Interesse des Anstellungsträgers, sondern auch des Arbeitnehmers. Unabhängig davon, ob man den Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission eine Richtigkeitsgewähr zubilligt, gewährleisten die paritätische Besetzung und die Unabhängigkeit der Mitglieder der Kommission, dass die Arbeitgeberseite bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen ihre Interessen nicht einseitig durchsetzen kann(vgl. Deinert ZTR 2005, 461, 475). Die Bezugnahme stabilisiert das Arbeitsverhältnis insofern, als eine notwendige Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände auch ohne Änderungskündigung und damit ohne Gefährdung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses erreicht werden kann. Beschließt die Arbeitsrechtliche Kommission für den Arbeitnehmer günstige Regelungen, zB die Erhöhung der Vergütung, finden diese ohne eigenes Zutun des Arbeitnehmers auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Bezugnahmeklausel verschafft dem Arbeitnehmer damit die Teilhabe an der Entwicklung der Lohn- und Gehaltsentwicklung.

23

cc) Der Senat hat im Urteil vom 24. September 2008(- 6 AZR 76/07 - Rn. 21, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15) ebenso wie vor der Schuldrechtsreform in seiner Entscheidung vom 28. Juni 2001 (- 6 AZR 114/00 - BAGE 98, 175, 195) offengelassen, ob über eine an sich nicht überraschende Bezugnahmeklausel solche tariflichen Bestimmungen nicht Vertragsinhalt werden, die für die Vertragspartner bei Abschluss des Vertrags schlechterdings nicht vorhersehbar waren. Die Frage des Überraschungsschutzes stellt sich auch bei auf kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen bezogenen vertraglichen Jeweiligkeitsklauseln (bejahend für Änderungen, mit denen der Arbeitnehmer gemeinhin nicht rechnen musste, Deinert ZTR 2005, 461, 477 f.). Ein Fall bei Vertragsschluss generell nicht vorhersehbarer Änderungen liegt jedoch nicht vor. Mit den neuen Regelungen, zB der Anhebung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden, der Änderung der Vergütung von Bereitschaftsdiensten und der geringeren Sonderzahlung, musste die Klägerin rechnen. Es handelt sich dabei um Veränderungen, wie sie als Reaktion auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage oder der Wettbewerbssituation auch in anderen Bereichen, zB im öffentlichen Dienst, nicht ungewöhnlich sind. Deshalb kann auch hier dahinstehen, ob bei Vertragsschluss schlechterdings nicht vorhersehbare Änderungen der in Bezug genommenen Regelungen Vertragsinhalt werden und an welchen Kriterien gegebenenfalls die Unvorhersehbarkeit zu messen wäre.

24

5. Die in der Ang-AVO/DWHN 2005 getroffenen Regelungen unterliegen ebenso wie die beim Abschluss des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen kirchlich-diakonischen Arbeitsvertragsregelungen der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB.

25

a) Soweit der Dritte und Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts(vgl. 19. August 2008 - 3 AZR 383/06 - Rn. 38 ff., NZA 2009, 1275; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 71 ff., AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10) kirchliche Arbeitsvertragsregelungen im Falle ihrer Änderung auch nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 ausschließlich am Maßstab der §§ 317 ff. BGB gemessen und nur daraufhin überprüft haben, ob die Änderung offenbar unbillig iSv. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, weil sie in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt und sich dies bei unbefangener sachkundiger Prüfung sofort aufdrängt, haben sie kirchliche Arbeitsvertragsregelungen anhand eines anderen Kontrollmaßstabs überprüft als der Senat im Urteil vom 17. November 2005 (- 6 AZR 160/05 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7). Eine entscheidungserhebliche Abweichung von dem vorhergehenden Urteil des Senats haben der Dritte und der Vierte Senat nicht angenommen und daher von einer Anfrage beim Senat bzw. Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 ArbGG abgesehen.

26

b) Für eine einheitliche Kontrolle kirchlich-diakonischer Arbeitsvertragsregelungen und ihrer Änderungen und Ergänzungen am Maßstab der §§ 305 ff. BGB spricht jedoch, dass das paritätische Rechtsetzungsverfahren die Qualität der Arbeitsvertragsregelungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht grundsätzlich in Frage stellt(Deinert ZTR 2005, 461, 474). Dieser Inhaltskontrolle steht deshalb nicht entgegen, dass die geänderten oder ergänzten Arbeitsvertragsregelungen nicht einseitig vom kirchlich-diakonischen Anstellungsträger, sondern von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurden (Reichold NZA 2009, 1377; ders. Anm. zu BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52). Wie ein Regelungskomplex zustande gekommen ist, ob durch einseitige Arbeitgeberfestlegung oder unter Mitwirkung einer Arbeitnehmervertretung, hat nach seiner Aufnahme in den Arbeitsvertrag für seine rechtliche Qualifizierung als Individualvertragsinhalt keine Bedeutung (Dütz FS Schaub S. 157, 167). Maßgebend ist, dass solche Änderungen und Ergänzungen der Arbeitsvertragsregelungen nicht auf den Arbeitnehmer zurückgehen und nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB Allgemeine Geschäftsbedingungen als vom Unternehmer gestellt gelten, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden. Dies hat ua. auch zur Folge, dass sich der Unternehmer nicht auf die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen in den Arbeitsvertragsregelungen berufen darf (vgl. BAG 21. Oktober 2009 - 10 AZR 786/08 - Rn. 26; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 105/08 - Rn. 42, AP ZPO § 717 Nr. 9).

27

c) Gegen die Annahme, kirchliche Arbeitsvertragsregelungen unterlägen nur bei der(erstmaligen) Bezugnahme im Arbeitsvertrag einer Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB, nicht jedoch im Falle ihrer Änderung oder Ergänzung, spricht vor allem auch die Funktion kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen. Sie bezwecken einheitliche Arbeitsbedingungen (Dütz FS Schaub S. 157). Diesem Ziel entspräche es nicht, wenn kirchliche Arbeitsvertragsregelungen anhand unterschiedlicher Kontrollmaßstäbe überprüft würden, je nachdem, ob im Arbeitsvertrag auf die kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen vor oder nach ihrer Änderung bzw. Ergänzung verwiesen worden ist. Es kommt hinzu, dass die Arbeitsvertragsparteien die Regelung der Arbeitsbedingungen der Arbeitsrechtlichen Kommission nicht im Vertrauen auf die Redlichkeit und das ausgewogene Urteil eines Dritten übertragen, sondern im Vertrauen auf die Ausgewogenheit des Verhandlungsergebnisses. Dies ist etwas anderes und wird vom Ziel des § 317 BGB, der an der Redlichkeit des Dritten und nicht an seiner Verhandlungsstärke ansetzt, nicht erfasst. Die §§ 317, 319 BGB zielen auf eine rechtsfolgenorientierte Vertragsergänzung bzw. tatbestandliche Feststellungen durch einen neutralen Dritten im Rahmen einzelner Rechtsverhältnisse. So ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass die Mehrheitsentscheidungen der hinsichtlich des betrieblichen Vorschlagswesens geschaffenen paritätischen Kommissionen in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB auf grobe Unbilligkeit und Verstoß gegen die zugrunde liegenden Vorschriften zu überprüfen sind(vgl. BAG 20. Januar 2004 - 9 AZR 393/03 - BAGE 109, 193, 201 f.). Die Arbeitsrechtliche Kommission steht dagegen außerhalb der konkreten Vertragsbeziehung der Parteien und regelt für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen und Mitgliedern des DWHN den Inhalt der Rechtsbeziehungen, die über die vertragliche Bezugnahmeklausel für das konkrete Arbeitsverhältnis wirksam werden. Dieser Regelungsmechanismus unterscheidet sich grundlegend von den Sachverhalten, auf die die §§ 317, 319 BGB zugeschnitten sind(vgl. Thüsing Anm. zu BAG 17. April 1996 - 10 AZR 558/95 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 24; ders. Anm. zu BAG 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - EzA BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 16; ders. Kirchliches Arbeitsrecht S. 134 f.).

28

d) Die Überprüfung einer Leistungsbestimmung oder ihrer Änderung nach § 319 BGB bezöge sich anders als die AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB auch auf die beiderseitigen Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis und wäre fallbezogen vorzunehmen. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind(st. Rspr., vgl. Senat 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - BAGE 112, 80, 83 mwN). Die fallbezogene Abwägung der Umstände und Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen zielt jedoch auf die individuelle Situation der Arbeitsvertragsparteien und nicht auf die möglicherweise sehr unterschiedliche Lage, in der sich die einzelnen kirchlich-diakonischen Anstellungsträger und ihre Arbeitnehmer jeweils befinden. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Urteil vom 21. Oktober 2009 (- 4 AZR 880/07 - Rn. 42) deshalb bei der Ausübungskontrolle nach den §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ua. auch auf die wirtschaftliche und finanzielle Situation des beklagten kirchlich-diakonischen Anstellungsträgers abgestellt (zum Erfordernis einer arbeitgeberbezogenen Billigkeitskontrolle vgl. auch Deinert ZTR 2005, 461, 469). Demgegenüber kommt es bei einer Angemessenheitskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB nicht auf die individuellen Verhältnisse beim jeweiligen Anstellungsträger und seinen Arbeitnehmern an (Deinert ZTR 2005, 461, 477). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind auf der Basis der Verhältnisse zu prüfen, wie sie bei Verwender und Verwendungsgegner typischerweise gegeben sind.

29

e) Würde die Billigkeitskontrolle nach § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB dazu führen, dass eine einzelne Regelung oder ein gesamtes kirchlich-diakonisches Regelungswerk unverbindlich ist, müsste „die Bestimmung“ gemäß § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Urteil erfolgen. Ob eine solche nicht auf eine Inhaltskontrolle beschränkte Entscheidung der Gerichte für Arbeitssachen mit dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen vereinbar wäre, erscheint zumindest zweifelhaft. Mit dem Dritten Weg haben die Kirchen für den überbetrieblichen Bereich ein eigenständiges kollektives Arbeitsrecht geschaffen, dessen Verfassungsmäßigkeit, insbesondere dessen Vereinbarkeit mit Art. 9 Abs. 3 GG, heute außer Frage steht(Dütz FS Schaub S. 157, 158; Joussen RdA 2010, 182, 183 f.).

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6. Die in der Ang-AVO/DWHN 2005 getroffenen Regelungen benachteiligen die Klägerin nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

31

a) Bei der Inhaltskontrolle der Ang-AVO/DWHN 2005 ist gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit angemessen zu berücksichtigen, dass diese Arbeitsvertragsregelung auf dem Dritten Weg entstanden ist und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurde. Der Senat hat für auf dem Dritten Weg entstandene kirchliche Arbeitsvertragsregelungen angenommen, dass sie jedenfalls dann, wenn sie einschlägige tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernehmen, wie Tarifregelungen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegen (19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 53 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 12; 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7; vgl. auch bereits BAG 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - BAGE 84, 282). In diesem Fall rechtfertigten die Unterschiede gegenüber der Entstehung von Tarifverträgen keine weitergehende Überprüfung. Die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien seien bei einer solchen Übernahme einschlägiger Tarifverträge des öffentlichen Dienstes wie diese nur daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstießen (Senat 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - mwN, aaO).

32

b) An diesem Überprüfungsmaßstab hält der Senat unter der Voraussetzung fest, dass die Arbeitsvertragsregelung auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften entstanden ist, von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurde und damit nicht der Dienstgeberseite zugeordnet werden kann. Er macht diese eingeschränkte Kontrolle aber grundsätzlich nicht mehr davon abhängig, dass einschlägige tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernommen werden(ebenso Thüsing Anm. zu BAG 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - EzA BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 16; Schliemann FS Hanau S. 577, 597; Staudinger/Coester [2006] § 310 Rn. 89). Sind vorstehende Voraussetzungen der eingeschränkten Kontrolle nicht erfüllt und liegt damit keine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB mehr vor, unterliegen kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen der uneingeschränkten Überprüfung nach den §§ 305 ff. BGB. Dafür bestehen hier allerdings keine Anhaltspunkte.

33

aa) Kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen erfassen nicht nur, aber doch vor allem auch Einrichtungen der Wohlfahrtspflege. In diesem Markt konkurrieren sie zunehmend nicht mehr nur mit entsprechenden Einrichtungen öffentlicher Arbeitgeber. So ist insbesondere eine Vielzahl kommunaler Krankenhäuser privatisiert worden. Die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit kirchlich-diakonischer Einrichtungen kann es deshalb erfordern, von der Übernahme oder der Übernahme des wesentlichen Inhalts einschlägiger Tarifverträge des öffentlichen Dienstes abzusehen.

34

bb) Es kommt hinzu, dass sich nach der Ersetzung des BAT und anderer für das gesamte Bundesgebiet geltender Tarifverträge durch das neue Tarifrecht für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes beim Bund und den Kommunen sowie den Ländern und aufgrund spezieller Tarifverträge zB für Ärzte mit unterschiedlichen Regelungen wie im TV-Ärzte (Länder) und im TV-Ärzte (VKA) oft nicht oder nur schwer feststellen lässt, welcher Tarifvertrag im öffentlichen Dienst „einschlägig“ ist.

35

cc) Dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen unterliegt die Festlegung des Verfahrens, in dem die kollektiven Regelungen des kirchlichen Arbeitsrechts zustande kommen. Zum Abschluss von Tarifverträgen sind die Kirchen nicht verpflichtet. Aus Art. 9 Abs. 3 GG kann eine derartige Pflicht nicht abgeleitet werden(Joussen RdA 2010, 182, 183). Dass es den Kirchen gestattet ist, den kirchlichen Dienst und den Dienst in ihren Einrichtungen auf der Grundlage ihres Selbstverständnisses zu gestalten, keine Tarifverhandlungen zu führen und sich nicht in Arbeitskämpfen zu engagieren, wird auch von einem Teil des Schrifttums zugestanden, der eine Richtigkeitsvermutung für auf dem Dritten Weg beschlossene Arbeitsrechtsregelungen ablehnt (vgl. Deinert ZTR 2005, 461, 464). Mit dem Erfordernis, dass die Arbeitsvertragsregelungen auf dem Dritten Weg entstanden und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sein müssen, wird der Gefahr einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmer eines kirchlich-diakonischen Anstellungsträgers ausreichend Rechnung getragen (aA Deinert ZTR 2005, 461, 467). Das Verfahren des Dritten Weges mit paritätischer Besetzung der Arbeitsrechtlichen Kommission und Weisungsungebundenheit ihrer Mitglieder gewährleistet, dass die Arbeitgeberseite nicht einseitig ihre Interessen durchsetzen kann (vgl. Senat 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7; Deinert ZTR 2005, 461, 475; Joussen RdA 2010, 182, 185 f.). Die Einflussmöglichkeit des einzelnen kirchlich-diakonischen Anstellungsträgers ist ähnlich begrenzt wie die eines Mitgliedsunternehmens eines Arbeitgeberverbandes beim Abschluss von Tarifverträgen, so dass die für die Annahme einer einseitigen Leistungsbestimmung erforderliche Durchsetzungsfähigkeit nicht besteht und damit auch nicht die Gefahr einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmer. Hinsichtlich der Vergütung wird die Gefahr zudem dadurch begrenzt, dass die Arbeitgeberseite kirchenrechtlich auf das Gebot der Lohngerechtigkeit verpflichtet ist (vgl. Thüsing ZTR 1999, 298, 300).

36

c) Mit der Einführung der Ang-AVO/DWHN 2005 hat die Arbeitsrechtliche Kommission die Grenzen ihrer Regelungsmacht nicht überschritten. Ihre Annahme, die neuen Regelungen, zB die Anhebung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden, die geänderte Vergütung von Bereitschaftsdiensten und die geringere Sonderzahlung, seien zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit am Markt der Wohlfahrtspflege und zur Sicherung der Arbeitsplätze erforderlich, hält sich innerhalb ihrer Einschätzungsprärogative. Dies gilt auch, soweit die Arbeitsrechtliche Kommission die Schaffung eines einheitlichen Tarifrechts für Arbeiter und Angestellte und die Einführung einer aufgaben- und leistungsbezogenen Vergütung für angemessen gehalten hat.

37

7. Die Voraussetzungen einer Vorlagepflicht nach § 45 ArbGG sind nicht erfüllt.

38

a) Eine eventuelle Vorlagepflicht bestünde nur dann, wenn die Überprüfung der Ang-AVO/DWHN 2005 am Maßstab der §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 1 BGB zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis führen würde. Dies ist nicht der Fall. Die in der ARR 2005 getroffene Regelung ist nicht offenbar unbillig, weil sich bei unbefangener Sachprüfung nicht sofort aufdrängt, dass sie in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt(BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 71 ff., AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10). Damit ist die Frage, ob die Ang-AVO/DWHN 2005 am Maßstab der §§ 305 ff. BGB oder der §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 1 BGB zu überprüfen ist, nicht entscheidungserheblich. Eine Vorlagepflicht nach § 45 ArbGG kommt nur dann in Betracht, wenn eine entscheidungserhebliche Abweichung zu der identischen Rechtsfrage vorliegt. Diese Voraussetzung betrifft die zu treffende Entscheidung wie die vorhergehende Entscheidung, von der abgewichen werden soll (vgl. BAG 23. Oktober 1996 - 1 AZR 299/96 - zu II 3 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 59; zur Entscheidungserheblichkeit als Zulässigkeitsvoraussetzung jeder Vorlage vgl. auch BGH Vereinigte Große Senate 5. Mai 1994 - VGS 1-4/93 - BGHZ 126, 63, 71; GMP/Prütting 7. Aufl. § 45 Rn. 22 f.; GK-ArbGG/Dörner Stand April 2010 § 45 Rn. 26; ErfK/Koch 10. Aufl. § 45 ArbGG Rn. 4, 5).

39

b) Die Annahme des Vierten Senats in den Urteilen vom 10. Dezember 2008(- 4 AZR 801/07 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10; - 4 AZR 798/07 -; - 4 AZR 802/07 -; - 4 AZR 845/07 -), die von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Änderungen seien nur nach § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB zu kontrollieren, war im Übrigen nicht tragend. Der Vierte Senat hat als Zweitbegründung für die Wirksamkeit der durch die ARR 2005 vorgenommenen Änderungen angeführt, dass diese nicht die Orientierung an den Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst verlassen hätten und als Bestandteil einer Umorientierung gerade im Bereich des öffentlichen Dienstes - etwa durch die Vereinbarung des zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen TVöD - als auch im weiteren kirchlichen Bereich gesehen werden müssten. Die (Wieder-)Heraufsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich orientiere sich an in vergleichbaren Bereichen ebenfalls durchgeführten Veränderungen. Auch in seiner Entscheidung vom 21. Oktober 2009 (- 4 AZR 880/07 - Rn. 42) hat der Vierte Senat darauf abgestellt, dass im Bereich des öffentlichen Dienstes vom Bund und der TdL Tarifverträge gekündigt worden sind und die neuen Tarifverträge bisherige Leistungen nicht mehr vorsehen.

40

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

        

        

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 28. Juni 2011 - 6 Sa 252/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine tarifliche Jahressonderzahlung für das Jahr 2009.

2

Der am 22. Oktober 1944 geborene Kläger war bei der beklagten Stadt seit 1968 als Angestellter im technischen Dienst beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand zuletzt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für kommunale Arbeitgeber geltenden Fassung (VKA) kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Zum 31. Oktober 2009 schied der Kläger gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD wegen Erreichens der gesetzlichen Regelaltersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis aus.

3

§ 20 TVöD lautet auszugsweise:

        

„§ 20 

        

Jahressonderzahlung

        

(1)     

Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung.

        

(2)     

Die Jahressonderzahlung beträgt bei Beschäftigten, …“

4

Für das Jahr 2009 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen dessen Ausscheidens keine Jahressonderzahlung.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TVöD benachteilige ihn aufgrund seines Alters. Es liege bereits eine unmittelbare Benachteiligung vor, weil Arbeitnehmer, die wegen Erreichens der Altersgrenze vor dem 1. Dezember eines Jahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 TVöD nicht erfüllen könnten. Jedenfalls führe die Regelung zu einer mittelbaren Benachteiligung älterer Arbeitnehmer. Diese könnten die Jahressonderzahlung im letzten Beschäftigungsjahr in deutlich weniger Fällen beanspruchen als jüngere Arbeitnehmer. Anders als jüngere Arbeitnehmer, die eine Eigenkündigung aussprechen oder einen Aufhebungsvertrag abschließen, könnten ältere Arbeitnehmer den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens der Regelaltersgrenze nicht selbst steuern. Auch würden Stellen im öffentlichen Dienst ganz überwiegend nicht nachbesetzt. Darüber hinaus benachteilige § 20 Abs. 1 TVöD ältere Arbeitnehmer, die vor dem 1. Dezember eines Jahres altersbedingt ausscheiden, gegenüber anderen älteren Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis erst nach dem 1. Dezember altersbedingt endet. Zudem folge der Anspruch aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Durch die Stichtagsregelung würden Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage unterschiedlich behandelt.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.310,38 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TVöD sei wirksam. Die Norm benachteilige ältere Arbeitnehmer nicht unmittelbar, weil sie nicht auf das Alter, sondern auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses als differenzierendes Kriterium abstelle. Sie führe auch nicht zu einer mittelbaren Benachteiligung älterer Arbeitnehmer. Jedenfalls sei eine etwaige Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Da mit der Jahressonderzahlung Betriebstreue belohnt werden solle, dürfe zwischen beendeten und bestehenden Arbeitsverhältnissen differenziert werden.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine tarifliche Jahressonderzahlung aus § 20 Abs. 1 TVöD für das Jahr 2009. Die Tarifnorm ist wirksam. Ebenso wenig besteht ein Schadensersatzanspruch in entsprechender Höhe oder ein Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

10

I. Ein Anspruch des Klägers folgt nicht aus § 20 Abs. 1 TVöD. Die in § 20 Abs. 1 TVöD enthaltene Stichtagsregelung ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Sie ist auch mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.

11

1. Die Anspruchsvoraussetzungen des § 20 Abs. 1 TVöD waren im Jahr 2009 nicht erfüllt, weil der Kläger am 1. Dezember 2009 nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand. Dieses endete gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD am 31. Oktober 2009, nachdem der Kläger am 22. Oktober 2009 das 65. Lebensjahr vollendet und somit die Regelaltersgrenze (§ 235 Abs. 2 Satz 1 SGB VI) erreicht hatte. Die Befristung des Arbeitsvertrags aufgrund der tariflichen Altersgrenze gilt schon deshalb nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam, weil der Kläger keine Befristungskontrollklage erhoben hat (vgl. zur Anwendbarkeit von § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG im Falle tariflicher Altersgrenzen: BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 13 ff., AP TzBfG § 14 Nr. 92 = EzA TzBfG § 17 Nr. 16). Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Oktober 2009 wird vom Kläger auch nicht in Frage gestellt.

12

2. Die in § 20 Abs. 1 TVöD enthaltene Stichtagsregelung ist nicht gemäß § 7 AGG unwirksam.

13

a) Gemäß § 7 Abs. 1 Halbs. 1 iVm. § 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen des Alters benachteiligt werden. Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, unwirksam. § 7 Abs. 2 AGG gilt auch für Tarifverträge(BAG 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 33, BAGE 131, 298). Wenn gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen eine mit einer Richtlinie unvereinbare Diskriminierung vorsehen, sind die nationalen Gerichte gehalten, die Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie die Regelung für die nicht benachteiligte Gruppe auch auf die benachteiligte Gruppe anwenden, ohne die Beseitigung der Diskriminierung durch den Gesetzgeber, die Tarifvertragsparteien oder in anderer Weise abzuwarten (vgl. BAG 20. März 2012 -  9 AZR 529/10 - Rn. 28 mwN, EzA AGG § 10 Nr. 5; zur Frage der Beseitigung der Diskriminierung für die Zukunft: vgl. auch BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 28, AP BAT § 27 Nr. 12 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 25). Ein Verstoß der Stichtagsregelung gegen das Benachteiligungsverbot hätte danach zur Folge, dass die in § 20 Abs. 1 TVöD enthaltene Stichtagsregelung ersatzlos entfiele und der Kläger einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung hätte, deren Höhe sich nach den in § 20 Abs. 4 TVöD niedergelegten Grundsätzen richten würde.

14

b) § 20 Abs. 1 TVöD ist am Maßstab des AGG zu messen.

15

aa) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG gelten die Diskriminierungsverbote der §§ 1, 7 AGG auch für Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts. Zum Arbeitsentgelt in diesem Sinne zählen Gratifikationen und Sondervergütungen (Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 3. Aufl. § 2 Rn. 9).

16

bb) § 20 TVöD trat gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD zum 1. Januar 2007 und damit nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 in Kraft. Im Übrigen ist die hier geltend gemachte Benachteiligung erst im Jahr 2009 eingetreten. Für die Anwendbarkeit des AGG ist nicht der Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags, sondern der Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung maßgeblich (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 12, EzA AGG § 10 Nr. 5; 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 33, BAGE 129, 72 ).

17

c) Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG liegt nicht vor.

18

aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannte Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist(BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 14 mwN, EzA AGG § 10 Nr. 5). Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters liegt vor, wenn die Beschäftigungsbedingungen unter Bezug auf ein bestimmtes Lebensalter oder ein Kriterium, das untrennbar mit dem Lebensalter verbunden ist, unterschiedlich ausgestaltet werden (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 14 f. aaO; 30. November 2010 - 3 AZR 754/08 - Rn. 25, AP BetrAVG § 16 Nr. 72 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 57; vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23, Slg. 2010, I-9343).

19

bb) Nach diesen Grundsätzen führt die Differenzierung in § 20 Abs. 1 TVöD nicht zu einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters. Die Vorschrift knüpft nicht an ein bestimmtes Lebensalter an; sie stützt sich auch nicht auf ein Kriterium, das untrennbar mit dem Lebensalter verbunden ist. Anknüpfungstatbestand ist vielmehr der Bestand des Arbeitsverhältnisses an einem bestimmten Stichtag. § 20 Abs. 1 TVöD unterscheidet zwischen Mitarbeitern, deren Arbeitsverhältnis am 1. Dezember eines Jahres besteht, und solchen Mitarbeitern, deren Arbeitsverhältnis nach diesem Zeitpunkt beginnt oder vor diesem Zeitpunkt geendet hat. Der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist dabei nicht maßgeblich. Beendigungen gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD wegen Erreichens der Regelaltersgrenze führen ebenso zum Verlust des Anspruchs auf die Jahressonderzahlung wie die Beendigung aus anderen Gründen, beispielsweise aufgrund Eigenkündigung des Arbeitnehmers, Kündigung des Arbeitgebers oder Erreichens des Befristungsendes gemäß § 15 Abs. 1 TzBfG.

20

d) Die Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TVöD führt auch nicht zu einer mittelbaren Benachteiligung älterer Arbeitnehmer gemäß § 3 Abs. 2 AGG.

21

aa) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften ihrem Wesen nach geeignet sind, Personen oder Personengruppen aus den in § 1 AGG genannten Gründen in besonderer Weise zu benachteiligen. Dies kann der Fall sein, wenn Vorschriften im Wesentlichen oder ganz überwiegend Personen, die eines der verpönten Merkmale erfüllen, betreffen, wenn sie an Voraussetzungen knüpfen, die von Personen, die von § 1 AGG nicht erfasst sind, leichter erfüllt werden oder wenn sich die Tatbestandsvoraussetzungen einer Norm besonders zum Nachteil von Personen, für die ein Merkmal des § 1 AGG gilt, auswirken(BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 27, BAGE 137, 80; 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 21, BAGE 134, 160). Für die Annahme einer mittelbaren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 AGG ist nicht zwingend ein statistischer Nachweis erforderlich, dass Träger eines der Merkmale des § 1 AGG zahlenmäßig wesentlich stärker von einer Vorschrift benachteiligt werden als Personen, bei denen dieses Merkmal nicht vorliegt. Mittelbare Diskriminierungen können statistisch nachgewiesen werden, können sich aber auch aus anderen Umständen ergeben (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - aaO; 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 20, aaO).

22

Zur Feststellung, ob eine mittelbare Benachteiligung vorliegt, sind Vergleichsgruppen zu bilden, die dem persönlichen Geltungsbereich der Differenzierungsregel entsprechend zusammengesetzt sind. Bei Tarifverträgen ist deshalb auf den gesamten Kreis der von der fraglichen Bestimmung erfassten Normunterworfenen abzustellen. Der Gesamtheit der Personen, die von der Regelung erfasst werden, ist die Gesamtheit der Personen gegenüberzustellen, die durch die Regelung benachteiligt werden. Im Vergleich dieser Gruppen ist zu prüfen, ob die Träger eines Merkmals des § 1 AGG im oben genannten Sinn besonders benachteiligt sind(BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 28 mwN, BAGE 137, 80).

23

bb) Die Kausalität zwischen Benachteiligung und verpöntem Merkmal hat der Beschäftigte als Anspruchsteller darzulegen (vgl. allg. Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. Vor § 284 Rn. 17a; Voigt in Schleusener/Suckow/Voigt § 22 Rn. 21). Er genügt seiner Darlegungslast gemäß § 22 AGG, wenn er Tatsachen vorträgt, die eine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht nach allgemeiner Lebenserfahrung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals erfolgte (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 32, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 65, AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2). Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Würdigung, ob die klagende Partei ihrer Darlegungslast nach § 22 AGG genügt hat, ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt(BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 34, aaO; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 64, aaO).

24

cc) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe eine mittelbare Benachteiligung nicht hinreichend dargelegt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

25

(1) Zu vergleichen ist vorliegend die Gruppe aller Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse dem TVöD unterliegen, mit der Gruppe derjenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse vor dem 1. Dezember eines Jahres enden und die daher gemäß § 20 Abs. 1 TVöD keinen Anspruch auf die Jahressonderzahlung haben.

26

(2) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass im Vergleich dieser Gruppen ältere Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze enden, von der Stichtagsregelung des § 20 Abs. 1 TVöD in besonderer Weise betroffen sind. Eine besonders nachteilige Betroffenheit dieser Arbeitnehmer ist auch nicht offenkundig. § 20 Abs. 1 TVöD unterscheidet nicht nach dem Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aus anderen Gründen als dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor dem 1. Dezember eines Jahres enden, haben ebenfalls keinen Anspruch auf die Jahressonderzahlung. Es ist nicht erkennbar, dass die dem TVöD unterfallenden Arbeitsverhältnisse ganz überwiegend gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD enden. Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst werden regelmäßig auch auf anderem Wege beendet. Dies belegt der TVöD selbst, der neben der Regelung des § 33 Abs. 1 Buchst. a Bestimmungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Auflösungsvertrag (§ 33 Abs. 1 Buchst. b TVöD), Kündigung (§ 34 TVöD) und Befristung (§ 30 TVöD) sowie bei Bezug einer Erwerbsminderungsrente (§ 33 Abs. 2 TVöD) enthält. Angesichts der Vielzahl möglicher Beendigungsgründe kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD endet, die Jahressonderzahlung typischerweise häufiger verlieren als (jüngere) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aus anderen Gründen enden.

27

(3) Der Kläger hat auch keine ausreichenden Indizien für diese Behauptung vorgetragen. Sein Vorbringen, Stellen im öffentlichen Dienst würden überwiegend nicht neu besetzt, ist nicht zielführend, weil es keinen Schluss darauf zulässt, auf welche Weise die betreffenden Arbeitsverhältnisse beendet wurden. Der Hinweis, im Gegensatz zu Arbeitnehmern, die nach § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, könnten jüngere Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse durch Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag enden, den Beendigungszeitpunkt steuern, indiziert keine Benachteiligung älterer Arbeitnehmer. Zum einen handelt es sich bei der Beendigung durch Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag nur um einen Teil der möglichen Beendigungsgründe; bei anderen Beendigungstatbeständen wie zB einer arbeitgeberseitigen Kündigung oder einer Befristung können auch jüngere Arbeitnehmer den Zeitpunkt ihres Ausscheidens nicht steuern. Darüber hinaus ist nicht offenkundig, und der Kläger hat dies selbst nicht behauptet, dass jüngere Arbeitnehmer bei Eigenkündigungen und Aufhebungsverträgen in der Praxis tatsächlich von der Möglichkeit Gebrauch machen, das Ende des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf die Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TVöD zu steuern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Arbeitnehmer den Ausspruch einer Kündigung und den Abschluss eines Aufhebungsvertrags in der Regel nur in besonderen Situationen, wie zB bei Aufnahme einer neuen Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber, in Betracht ziehen wird. Hier fehlt dem Arbeitnehmer aber typischerweise die Flexibilität, das Ende des Arbeitsverhältnisses mit Blick auf die in § 20 Abs. 1 TVöD statuierte Voraussetzung für den Erhalt der Jahressonderzahlung festzulegen.

28

(4) Die vom Kläger geltend gemachte Benachteiligung der Arbeitnehmer, die vor dem 1. Dezember eines Jahres altersbedingt ausscheiden, gegenüber Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis erst nach dem 1. Dezember altersbedingt endet, kann eine mittelbar diskriminierende Wirkung des § 20 Abs. 1 TVöD ebenfalls nicht begründen. Nach den oben dargelegten Grundsätzen müssen die Vergleichsgruppen dem persönlichen Geltungsbereich der Differenzierungsregel entsprechend zusammengesetzt sein. Bei Tarifverträgen ist deshalb auf den gesamten Kreis der von der fraglichen Bestimmung erfassten Normunterworfenen abzustellen. Diesen Anforderungen genügt die vom Kläger vorgenommene Gruppenbildung nicht, weil sie die ebenfalls von § 20 Abs. 1 TVöD erfasste Beendigung von Arbeitsverhältnissen aus anderen Gründen als dem Erreichen der Regelaltersgrenze des § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD außer Betracht lässt.

29

dd) Es kann dahinstehen, ob die vom Kläger in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen zulässig sind, da sie in der Sache ohne Erfolg bleiben. Auch der Vortrag in der Revisionsbegründung ist aus den oben genannten Gründen nicht geeignet, Anhaltspunkte für eine mittelbare Diskriminierung zu begründen, sodass es auf die behauptete Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch das Landesarbeitsgericht nicht ankommt. Gleiches gilt im Hinblick auf den in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Beweisantrag. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es auf die Behauptung, frei werdende Stellen im öffentlichen Dienst würden überwiegend nicht nachbesetzt, nicht ankommt, weil sie keinen Schluss darauf zulässt, dass ältere Arbeitnehmer durch die Stichtagsregelung besonders nachteilig betroffen sind.

30

3. Die in § 20 Abs. 1 TVöD enthaltene Stichtagsregelung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG.

31

a) Es kann dahinstehen, ob die Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Normsetzung unmittelbar grundrechtsgebunden sind. Jedenfalls verpflichtet die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte dazu, den einzelnen Grundrechtsträger vor einer unverhältnismäßigen Beschränkung seiner Freiheitsrechte und einer gleichheitswidrigen Regelbildung auch durch privatautonom legitimierte Normsetzung zu bewahren. Die Tarifvertragsparteien haben daher bei der tariflichen Normsetzung sowohl den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG und die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG als auch die Freiheitsgrundrechte wie Art. 12 GG zu beachten(BAG 23. März 2011 - 10 AZR 701/09 - Rn. 21, AP TVG § 1 Tarifverträge: Verkehrsgewerbe Nr. 19; 8. Dezember 2010 - 7 AZR 438/09 - Rn. 29, BAGE 136, 270; 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - zu II 2 der Gründe, BAGE 111, 8).

32

aa) Allerdings steht den Tarifvertragsparteien bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu, über den Arbeitsvertrags- und Betriebsparteien nicht in gleichem Maße verfügen. Ihnen kommt eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 701/09 - Rn. 21, AP TVG § 1 Tarifverträge: Verkehrsgewerbe Nr. 19; 8. Dezember 2010 - 7 AZR 438/09 - Rn. 29, BAGE 136, 270). Darüber hinaus verfügen sie über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung (BAG 8. Dezember 2010 - 7 AZR 438/09 - aaO; 4. Mai 2010 - 9 AZR 181/09 - Rn. 23, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 46 = EzA GG Art. 3 Nr. 110). Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 701/09 - aaO).

33

bb) Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist vor diesem Hintergrund erst dann anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet werden müssen (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 701/09 - Rn. 21, AP TVG § 1 Tarifverträge: Verkehrsgewerbe Nr. 19; 21. September 2010 - 9 AZR 442/09 - Rn. 27, AP GG Art. 3 Nr. 323). Die Tarifvertragsparteien dürfen bei der Gruppenbildung generalisieren und typisieren. Die Differenzierungsmerkmale müssen allerdings im Normzweck angelegt sein und dürfen ihm nicht widersprechen (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 701/09 - Rn. 22 mwN, aaO).

34

cc) Auch bei der Prüfung, ob eine Tarifnorm gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstößt, ist der weite Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen. Dieser ist erst überschritten, wenn die Regelung auch unter Berücksichtigung der grundgesetzlich gewährleisteten Tarifautonomie ( Art. 9 Abs. 3 GG ) und der daraus resultierenden Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien die berufliche Freiheit der Arbeitnehmer unverhältnismäßig einschränkt (vgl. BAG 19. Dezember 2006 - 9 AZR 356/06 - Rn. 35, 37, AP TzBfG § 8 Nr. 20 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 56).

35

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die in § 20 Abs. 1 TVöD enthaltene Bindung des Anspruchs auf eine Jahressonderzahlung an einen Stichtag im Bezugszeitraum mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

36

aa) Die Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD stellt eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung dar und hat Vergütungscharakter(zum insoweit gleichlautenden § 20 TV-L: BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 922/11 -; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 28, ZTR 2011, 150; Sponer/Steinherr TVöD Stand Oktober 2012 (Geyer) Ordner 3 § 20 Rn. 138; zu § 44 BT-S: BAG 14. März 2012 - 10 AZR 778/10 - Rn. 17, EzA ZPO 2002 § 850a Nr. 2). Dies zeigt die Kürzungsvorschrift des § 20 Abs. 4 TVöD. Hat ein Arbeitnehmer ganzjährig keinen Anspruch auf Entgelt, erhält er, sofern nicht die Ausnahmen des § 20 Abs. 4 Satz 2 TVöD greifen, keine Jahressonderzahlung. Gleichzeitig wird mit der Jahressonderzahlung Betriebstreue honoriert (vgl. zu § 44 BT-S: BAG 14. März 2012 - 10 AZR 778/10 - Rn. 18, aaO; vgl. zum TV Zuwendung: BAG 18. August 1999 - 10 AZR 424/98 - zu II 2 c bb der Gründe, BAGE 92, 218). Dies belegt die Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TVöD, die einen Bestand des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember verlangt. Darüber hinaus sollen die Mitarbeiter durch die Jahressonderzahlung auch für die Zukunft zu reger und engagierter Mitarbeit motiviert werden (Sponer/Steinherr § 20 Rn. 80; vgl. zu diesem Motivationsgedanken auch: BAG 23. Mai 2007 - 10 AZR 363/06 - Rn. 27, AP TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel Nr. 24; 8. März 1995 - 10 AZR 208/94 - zu I 2 b der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 184 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 131; 26. Oktober 1994 - 10 AZR 109/93 - zu II 3 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 167 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 115).

37

bb) Angesichts dieser Zwecke, die mit der Jahressonderzahlung verfolgt werden, ist die Differenzierung zwischen Beschäftigten, die vor dem 1. Dezember eines Jahres ausscheiden, und Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis am 1. Dezember eines Jahres noch besteht, sachlich gerechtfertigt. Ihren Zweck, Betriebstreue zu belohnen und die Mitarbeiter auch für die Zukunft zu reger und engagierter Mitarbeit zu motivieren, kann die Jahressonderzahlung bei bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern nicht erfüllen. Der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien wird damit nicht überschritten.

38

cc) Eine andere Beurteilung ist nicht wegen der vom Kläger in den Vorinstanzen beanstandeten Regelung in § 20 Abs. 6 TVöD gerechtfertigt. Die Bevorzugung von Arbeitnehmern, die bis zum 31. März 2005 Altersteilzeit vereinbart hatten, innerhalb der Gruppe von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis wegen Rentenbezugs vor dem 1. Dezember endet, ist aus Gründen des Vertrauensschutzes sachlich gerechtfertigt. Nachdem die Tarifvertragsparteien am 9. Februar 2005 eine Grundsatzeinigung über den Tarifvertrag erzielt hatten, sollte mit der Regelung Rücksicht genommen werden auf diejenigen Beschäftigten, die nach bisherigem Recht beim Übertritt von der Altersteilzeit in die Rente eine Teilzuwendung erwarten konnten und hierauf ggf. ihre Altersteilzeitvereinbarung gestützt hatten (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Juli 2012 Ordner 3 § 20 Rn. 178). Arbeitnehmer, die ohne Altersteilzeitvereinbarung wegen Rentenbezugs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, befinden sich nicht in einer vergleichbaren Lage.

39

c) Ebenso wenig verstößt die Stichtagsregelung gegen Art. 12 Abs. 1 GG.

40

aa) Die Regelung greift allerdings in die Berufsfreiheit der Arbeitnehmer ein. Art. 12 Abs. 1 GG schützt mit der Freiheit der Arbeitsplatzwahl auch den Entschluss des einzelnen Arbeitnehmers, an welcher Stelle er dem gewählten Beruf nachgehen möchte. Dies umfasst seine Entscheidung, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in einem gewählten Beruf beizubehalten oder aufzugeben (BVerfG 24. April 1991 - 1 BvR 1341/90 - zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 84, 133 ). Diese Freiheit wird durch § 20 Abs. 1 TVöD beeinträchtigt, weil mit dieser Regelung die selbstbestimmte Arbeitsplatzaufgabe des Arbeitnehmers verzögert oder verhindert werden soll(vgl. zu Stichtagsregelungen außerhalb des Bezugszeitraums in Allgemeinen Geschäftsbedingungen: BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31; vgl. zu Stichtagsregelungen außerhalb des Bezugszeitraums in Betriebsvereinbarungen: BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 30, BAGE 137, 300).

41

bb) Der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Mit der Regelung des § 20 Abs. 1 TVöD haben die Tarifvertragsparteien den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Der Stichtagsregelung liegt ein berechtigtes Interesse der Arbeitgeber zugrunde. Sie verfolgt das legitime Ziel, die Arbeitnehmer zur Betriebstreue anzuhalten. Sie ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet, denn sie schafft einen Anreiz für Arbeitnehmer, von einer an sich statthaften Kündigungsmöglichkeit keinen oder nur verzögerten Gebrauch zu machen. Es ist auch kein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit des betroffenen Arbeitnehmers weniger einschränkendes Mittel ersichtlich, um diesen an der Arbeitsplatzaufgabe zu hindern (vgl. zu Stichtagsregelungen außerhalb des Bezugszeitraums in Betriebsvereinbarungen: BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 30, BAGE 137, 300). Die Einschränkung der Berufsfreiheit der Arbeitnehmer ist angemessen. Die Stichtagsregelung entfaltet eine vergleichsweise kurze Bindungswirkung, weil sie lediglich das Bestehen, nicht aber den ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember verlangt (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese § 20 Rn. 45). Da das Arbeitsverhältnis gemäß § 34 Abs. 1 TVöD jeweils zum Monatsende bzw. zum Ende des Kalendervierteljahres gekündigt werden kann, kann der Arbeitnehmer somit zum 31. Dezember eines Jahres kündigen, ohne die Jahressonderzahlung zu verlieren. Eine solche Bindung ist auch deshalb nicht zu beanstanden, weil es sich beim 31. Dezember um das Ende des Zeitraums handelt, für den die Jahressonderzahlung gewährt wird. Der Angemessenheit der Stichtagsregelung steht nicht entgegen, dass mit der Jahressonderzahlung nicht nur Betriebstreue honoriert, sondern auch die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung vergütet werden soll. Die Tarifvertragsparteien überschreiten den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht, wenn sie Sonderzahlungen, die sowohl eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen als auch der Honorierung von Betriebstreue dienen, vom Bestand des Arbeitsverhältnisses an einem bestimmten Stichtag im Bezugszeitraum abhängig machen (vgl. zum TV Zuwendung: BAG 18. August 1999 - 10 AZR 424/98 - BAGE 92, 218). Ihr Gestaltungsspielraum ist dabei sowohl gegenüber den Betriebsparteien (vgl. zu Stichtagsregelungen außerhalb des Bezugszeitraums in Betriebsvereinbarungen: BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - BAGE 137, 300; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3; 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 -) als auch gegenüber den einseitigen Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. dazu BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31)erweitert. Insbesondere bedurfte es keiner Ausnahme für die Arbeitnehmer, die nicht auf eigene Veranlassung, sondern aus anderen Gründen vor dem Stichtag aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind. Vielmehr ist es noch gerechtfertigt, wenn die Tarifregelung insoweit nicht differenziert, sondern pauschaliert.

42

II. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gemäß § 15 Abs. 1 AGG kommt aus den genannten Gründen mangels Verstoß gegen ein Benachteiligungsverbot nicht in Betracht.

43

III. Auch ein Anspruch auf Gewährung einer Sonderzahlung aufgrund des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes scheidet aus.

44

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers nur dort ein, wo dieser durch gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk bzw. eine eigene Ordnung schafft, nicht hingegen bei bloßem - auch vermeintlichem - Normenvollzug (BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 895/07 - Rn. 20, BAGE 133, 33). Innerhalb des Anwendungsbereichs kollektiv-rechtlich geschaffener Normen ist eine Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht möglich (BAG 26. April 2000 - 4 AZR 177/99 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 94, 273). Dies gilt auch dann, wenn der Tarifvertrag mangels Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers nicht unmittelbar und zwingend, sondern lediglich aufgrund einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme Anwendung findet (BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 895/07 - Rn. 21, aaO).

45

2. Ein solcher, die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausschließender Normenvollzug liegt vor. Die Beklagte hat lediglich die Normen des TVöD angewendet, ohne die Voraussetzungen für den Erhalt der Jahressonderzahlung selbst festzulegen.

46

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Schürmann    

        

    Fieback    

                 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 09.07.2014 - 5 Ca 309/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten die Zahlung einer Jahressondervergütung verlangen kann.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten von 1974 bis zum 30. November 2013 als Altenpflegerin beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis fanden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) Anwendung; dies gilt einschließlich deren Anlage 32. Dort heißt es unter § 16 Abs. 1:

3

"Mitarbeiter, die am 01. Dezember im Dienstverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung."

4

Die Beklagte hat die Jahressonderzahlung für das Jahr 2013 hinsichtlich der Klägerin abgelehnt mit der Begründung, diese habe zum Stichtag 01. Dezember in keinem Arbeitsverhältnis mehr zu ihr gestanden.

5

Die Klägerin hat vorgetragen,
die zuvor genannte Regelung sei unwirksam. Es handele sich um eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, die nicht vom ungekündigten Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraumes abhängig gemacht werden dürfe. Dies halte insbesondere einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand. §§ 307 ff. BGB seien anwendbar, da es sich bei den AVR-Caritas nicht um eine tarifliche Regelung handele, so dass die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 S. 3 BGB nicht eröffnet sei. Zudem werde sie im Vergleich zu Krankenhausmitarbeitern ungleich behandelt, da diese gemäß § 16 Abs. 6 der Anlage 31 zu den AVR-Caritas trotz identischer Stichtagsregelung die Jahressonderzahlung auch dann erhielten, wenn ihr Dienstverhältnis vor dem 01. Dezember ende.

6

Sie begehre deshalb anteilig 11/12 ihres Bruttomonatsgehaltes in Höhe von 1.348,70 EUR (1.471,31 EUR : 12 x 11).

7

Die Klägerin hat beantragt,

8

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.348,70 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 02.12.2013 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Die Beklagte hat vorgetragen,
nach ihrer Auffassung gelangten die §§ 307 ff. BGB vorliegend nicht zur Anwendung. Denn die AVR-Caritas würden von einer paritätisch besetzten arbeitsrechtlichen Kommission verhandelt und beschlossen, was einer tariflichen Regelung näher stünde als einer arbeitsvertraglichen und dies müsste zur Folge haben, dass die gesetzliche Wertung des § 310 Abs. 4 S. 3 BGB zur Anwendung gelange. Die Regelungen der AVR seien lediglich gemäß § 319 Abs. 1 S. 1 BGB auf offenbare Unbilligkeit zu überprüfen, die hier zu verneinen sei. Es gebe auch einen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer in Krankenhäusern und Altenpflegeeinrichtungen. Dieser sei in der finanziell besseren Ausstattung der Krankenhäuser durch die bessere Bezahlung und höhere Budgetierung durch die Krankenkassen im Vergleich zu den Altenpflegeeinrichtungen und Pflegekassen zu sehen. Nicht nur der TVöD, sondern auch der Gesetzgeber behandele Altenpflegeheime und Krankenhäuser unterschiedlich. Daher könne sich die Klägerin nicht mit Pflegekräften in Krankenhäusern vergleichen, sondern lediglich mit solchen in Altenpflegeeinrichtungen, gegenüber denen sie aber nicht ungleich behandelt werde. Es stehe den Tarifpartnern ebenso wie auch der paritätischen Kommission frei, aufgrund der unterschiedlichen Finanz- und Finanzierungssituation von Krankenhäusern und Altenpflegeheimen die jeweiligen Mitarbeiter nach unterschiedlichen Vergütungssystemen zu entlohnen.

12

Das Arbeitsgericht Trier hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 21. Mai 2014 - 5 Ca 309/14 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 41 - 48 d. A. Bezug genommen.

13

Gegen das ihr am 16. Juli 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch am 28. Juli 2014 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 16. September 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

14

Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, es handele sich vorliegend um eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, d. h. um eine Gratifikation, die zumindest auch eine Vergütung für die erbrachte Arbeitsleistung sein solle. Eine derartige Gratifikation könne in den AGB des Arbeitgebers nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängig gemacht werden. Gemäß § 16 Abs. 4 AVR vermindere sich der Anspruch um 1/12 für jeden Kalendermonat, in dem der Mitarbeiter keinen Anspruch auf Entgelt habe. Dies zeige, dass mit der Jahressonderzahlung jedenfalls auch die reguläre Arbeitsleistung vergütet werden solle. Nichts anderes könne nur deshalb gelten, weil es sich um AVR handele. Insofern müsse eine AGB-Kontrolle statthaft sein, weil sie nur bei Tarifverträgen gemäß § 310 Abs. 4 S. 1 BGB ausgeschlossen sei. Die Stichtagsregelung sei folglich unwirksam, so dass die Jahressonderzahlung anteilig zu leisten sei.

15

Selbst wenn man die auf dem Dritten Weg entstandenen kirchlichen Arbeitsbedingungen als von der Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 S. 2 BGB erfasst ansehen würde, sei ein Verstoß gegen zwingendes Recht gegeben. Denn dann sei § 611 Abs. 1 BGB verletzt. Die Unzulässigkeit eines Stichtages außerhalb eines Bezugszeitraumes sei damit zu begründen, dass eine Stichtagsklausel dann im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB stehe, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entziehe. Das berechtigte Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit ggf. vorenthalten zu können, sei nicht ersichtlich.

16

Letztlich sei die hier maßgebliche Regelung andernfalls auch sittenwidrig. Es verstoße gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wenn bereits erarbeiteter Lohn wieder entzogen werden würde.

17

Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 16. September 2014 (Bl. 71 - 76 d. A.) Bezug genommen.

18

Die Klägerin beantragt,

19

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 09. Juli 2014, 5 Ca 309/14, wird abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.348,70 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02. Dezember 2013 zu zahlen.

20

Die Beklagte beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die vorliegend anzuwendenden AVR unterlägen nicht der Rechtskontrolle nach Maßgabe der §§ 307 ff. BGB. Die Regelungen der AVR seien als kirchliche Arbeitsvertragsregelungen ausschließlicher Maßstab der §§ 317 ff. BGB zu messen und nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offensichtlich unbillig im Sinne von § 319 Abs. 1 BGB seien. Dies sei zu verneinen. Ein grober Verstoß gegen Treu und Glauben liege nicht vor, denn die Pflegekräfte in Alteneinrichtungen seien keineswegs völlig von der Vergünstigung einer Jahressonderzahlung ausgenommen, sondern nur dann, wenn ihr Arbeitsverhältnis vor dem 01. Dezember des jeweiligen Jahres ende. Aufgrund der unterschiedlichen Finanzierung und damit einhergehend der unterschiedlichen Budgetierung unterscheide auch der TVöD hinsichtlich der Jahressonderzahlung zwischen der Alten- und Krankenpflege. Ebenso wenig liege ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot nach Art. 3 GG vor.

23

Der Tarifvertragsparteien zugestandene erweiterte Gestaltungsspielraum müsse auch zu Gunsten der arbeitsrechtlichen Kommission berücksichtigt werden, da die AVR verfahrenstechnisch vergleichbar einem Tarifvertrag zustande komme, weil die Kommission aus nicht weisungsgebundenen Mitgliedern paritätisch zusammengesetzt sei. Diese Zusammensetzung schließe ein strukturelles Machtungleichgewicht zu Gunsten eines Arbeitgebers, wie es möglicherweise beim Abschluss eines Einzelarbeitsvertrages vorliegen könne, aus.

24

Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 15. Oktober 2014 (Bl. 81 - 88 d. A.) Bezug genommen.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

26

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 04.12.2014 (Bl. 89 - 91 d. A.).

Entscheidungsgründe

I.

27

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

28

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

29

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht die Zahlung von 1.348,70 EUR brutto nebst Zinsen von der Beklagten verlangen kann.

30

Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für die Beantwortung der Frage, ob die auf dem sogenannten Dritten Weg durch eine paritätisch besetzte Kommission zustande gekommenen kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien/Arbeitsbedingungen einer Inhaltskontrolle wie AGB nach den §§ 305 ff. BGB unterfallen, höchstrichterlich unterschiedliche Denk- und Begründungsansätze vertreten werden.

31

Teilweise (BAG, 10. Dezember 2008, NZA-RR 2010, 7, 13; 21. Oktober 2009 - 4 AZR 880/07) wird dies verneint, mit dem Hinweis, dass AGB im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB nur vorliegen, wenn sie einseitig vom Verwender gestellt werden. Danach geht es vorliegend um die Übertragung eines Leistungsbestimmungsrechts auf einen Dritten im Sinne von § 317 Abs. 1 BGB, was zum Prüfungsmaßstab der offenbaren Unbilligkeit nach § 319 Abs. 1 S. 1 BGB führt und erfordert, dass die Leistungsbestimmung des Dritten in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt und sich dies bei unbefangener sachkundiger Prüfung sofort aufdrängt. Zur weiteren Darstellung dieser Auffassung wird auf S. 5 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 44 d. A.) Bezug genommen.

32

Andererseits wird auch die Auffassung vertreten (BAG, 17. November 2005, NZA 2006, 873; 22. Juli 2010, NZA 2011, 637; 28. Juni 2012, NZA 2012, 1447), dass §§ 305 ff. BGB auch auf von der arbeitsrechtlichen Kommission beschlossene Arbeitsvertragsregelungen anwendbar sind. Die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 S. 3 BGB greift danach nicht ein, da es sich nicht um Tarifverträge handelt. Da allerdings die paritätische Besetzung und die Unabhängigkeit der Kommissionsmitglieder gewährleisten, dass die Arbeitgeberseite ihre Interessen bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen nicht einseitig durchsetzen kann, ist die Überprüfung als arbeitsrechtliche Besonderheit im Sinne von § 310 Abs. 4 S. 2 BGB auf eine bloße Rechtskontrolle zu beschränken. Der Maßstab ist wie bei Tarifverträgen lediglich, ob die Regelung gegen die Verfassung, höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstößt.

33

Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass beide Auffassungen vorliegend zu demselben Ergebnis gelangen. Weder ein grober, sich bei unbefangener Prüfung sofort auftretender Verstoß gegen Treu und Glauben ist erkennbar, noch führt eine Rechtskontrolle zur Unwirksamkeit der hier streitgegenständlichen Regelung. Davon ist das Arbeitsgericht sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zutreffend ausgegangen; deshalb wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 6 - 8 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 45 - 47 d. A.) Bezug genommen.

34

Etwas anderes ergibt sich mit dem Arbeitsgericht auch nicht aus BAG, 13. November 2013, NZA 2014, 368; 18. Januar 2012, NZA 2012, 561. Denn danach kann zwar eine Sonderzahlung, die zumindest auch eine Gegenleistung für im gesamten Kalenderjahr laufend erbrachte Arbeit darstellt, in AGB nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des betreffenden Jahres abhängig gemacht werden, weil dies eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB bedeuten würde. Insoweit ist es zwar nachvollziehbar anzunehmen, dass eine solche Stichtagsklausel dem Arbeitnehmer im Laufe des Jahres bereits erarbeiteten Lohn wiederum entzieht, wofür ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers nicht ersichtlich ist. Allerdings können die Tarifvertragsparteien aufgrund des ihnen zustehenden, sowohl gegenüber den Arbeitsvertrags- wie auch den Betriebsparteien erweiterten Gestaltungsspielraums eine solche Klausel durchaus wirksam vereinbaren (BAG, 12. Dezember 2012, NZA 2013, 581; 13. November 2013, NZA 2014, 371). Dies verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 12 Abs. 1 GG (BAG, 12. Dezember 2012, a. a. O.). Die Tarifvertragsparteien sind also nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen, vielmehr genügt ein sachlich vertretbarer Grund für die Regelung, so dass ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz erst dann vorliegt, wenn versäumt worden ist, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisses zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet werden müssen.

35

Mit dem Arbeitsgericht geht auch die Kammer davon aus, dass dieser erweiterte Gestaltungsspielraum auch zu Gunsten der arbeitsrechtlichen Kommission zu berücksichtigen ist. Denn deren Regelwerk kommt verfahrenstechnisch, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, vergleichbar einem Tarifvertrag zustande, weil die Kommission aus nicht weisungsgebundenen Mitgliedern paritätisch zusammengesetzt ist. Daran ändert der Umstand, dass ihrem Regelwerk anders als im Tarifvertrag keine normative Wirkung zukommt, nichts. Denn das beim Einzelarbeitsvertrag typischerweise gegebene strukturelle Machtungleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer fehlt sowohl auf der Ebene der Tarifpartner als auch in der arbeitsrechtlichen Kommission. Deshalb kann in beiden Fällen grundsätzlich von einer ausgewogenen Gesamtregelung ausgegangen werden, unabhängig davon, ob man dafür den Begriff "Richtigkeitsgewähr" verwendet, oder aber nicht. Vor diesem Hintergrund stehen die AVR-Caritas wertungsmäßig näher an einer tarif- als an einer arbeitsvertraglichen Regelung.

36

Eine Verletzung des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes scheidet vorliegend schon deswegen aus, weil dieser nur dort eingreift, wo der Arbeitgeber durch sein eigenes Gestalten oder Verhalten ein Regelwerk bzw. eine Ordnung schafft, nicht aber bei bloßem - auch vermeintlichem - Normenvollzug; dies gilt auch dann, wenn der Tarifvertrag lediglich aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme Anwendung findet (BAG, 20. Dezember 2009, NZA 2010, 525; 12. Dezember 2012, NZA 2013, 582). Diese Grundsätze können vorliegend auf die AVR-Caritas entsprechend angewendet werden. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt aus den gleichen Gründen nicht vor.

37

Auch das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält zum einen keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht lediglich - wenn auch aus der Sicht der Klägerin verständlich - deutlich, dass die Klägerin die tatsächliche und rechtliche Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien durch das Arbeitsgericht, der die Kammer vollinhaltlich folgt, nicht teilt. Entscheidend ist dem gegenüber darauf hinzuweisen, dass zwar sich im Hinblick auf die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf AVR verschiedene Auffassungen vertreten lassen, dass diese vorliegend aber gleichermaßen nicht zur Unwirksamkeit der hier angewendeten AVR-Regelung führen. Da schließlich die AVR zwar nicht als Tarifregelungen qualifiziert werden können, der den Tarifvertragsparteien erweiterte Gestaltungsspielraum, der eine wie hier streitgegenständliche Regelung in rechtlich nicht zu beanstandender Art und Weise zulässt, aber auch zu Gunsten der arbeitsrechtlichen Kommission zu berücksichtigen ist und schließlich weder ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, noch gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gegeben ist, ist die Klage unbegründet und die Berufung gegen die angefochtene Entscheidung folglich zurückzuweisen.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

39

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 28. Juni 2011 - 6 Sa 252/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine tarifliche Jahressonderzahlung für das Jahr 2009.

2

Der am 22. Oktober 1944 geborene Kläger war bei der beklagten Stadt seit 1968 als Angestellter im technischen Dienst beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand zuletzt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für kommunale Arbeitgeber geltenden Fassung (VKA) kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Zum 31. Oktober 2009 schied der Kläger gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD wegen Erreichens der gesetzlichen Regelaltersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis aus.

3

§ 20 TVöD lautet auszugsweise:

        

„§ 20 

        

Jahressonderzahlung

        

(1)     

Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung.

        

(2)     

Die Jahressonderzahlung beträgt bei Beschäftigten, …“

4

Für das Jahr 2009 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen dessen Ausscheidens keine Jahressonderzahlung.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TVöD benachteilige ihn aufgrund seines Alters. Es liege bereits eine unmittelbare Benachteiligung vor, weil Arbeitnehmer, die wegen Erreichens der Altersgrenze vor dem 1. Dezember eines Jahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 TVöD nicht erfüllen könnten. Jedenfalls führe die Regelung zu einer mittelbaren Benachteiligung älterer Arbeitnehmer. Diese könnten die Jahressonderzahlung im letzten Beschäftigungsjahr in deutlich weniger Fällen beanspruchen als jüngere Arbeitnehmer. Anders als jüngere Arbeitnehmer, die eine Eigenkündigung aussprechen oder einen Aufhebungsvertrag abschließen, könnten ältere Arbeitnehmer den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens der Regelaltersgrenze nicht selbst steuern. Auch würden Stellen im öffentlichen Dienst ganz überwiegend nicht nachbesetzt. Darüber hinaus benachteilige § 20 Abs. 1 TVöD ältere Arbeitnehmer, die vor dem 1. Dezember eines Jahres altersbedingt ausscheiden, gegenüber anderen älteren Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis erst nach dem 1. Dezember altersbedingt endet. Zudem folge der Anspruch aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Durch die Stichtagsregelung würden Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage unterschiedlich behandelt.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.310,38 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TVöD sei wirksam. Die Norm benachteilige ältere Arbeitnehmer nicht unmittelbar, weil sie nicht auf das Alter, sondern auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses als differenzierendes Kriterium abstelle. Sie führe auch nicht zu einer mittelbaren Benachteiligung älterer Arbeitnehmer. Jedenfalls sei eine etwaige Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Da mit der Jahressonderzahlung Betriebstreue belohnt werden solle, dürfe zwischen beendeten und bestehenden Arbeitsverhältnissen differenziert werden.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine tarifliche Jahressonderzahlung aus § 20 Abs. 1 TVöD für das Jahr 2009. Die Tarifnorm ist wirksam. Ebenso wenig besteht ein Schadensersatzanspruch in entsprechender Höhe oder ein Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

10

I. Ein Anspruch des Klägers folgt nicht aus § 20 Abs. 1 TVöD. Die in § 20 Abs. 1 TVöD enthaltene Stichtagsregelung ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Sie ist auch mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.

11

1. Die Anspruchsvoraussetzungen des § 20 Abs. 1 TVöD waren im Jahr 2009 nicht erfüllt, weil der Kläger am 1. Dezember 2009 nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand. Dieses endete gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD am 31. Oktober 2009, nachdem der Kläger am 22. Oktober 2009 das 65. Lebensjahr vollendet und somit die Regelaltersgrenze (§ 235 Abs. 2 Satz 1 SGB VI) erreicht hatte. Die Befristung des Arbeitsvertrags aufgrund der tariflichen Altersgrenze gilt schon deshalb nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam, weil der Kläger keine Befristungskontrollklage erhoben hat (vgl. zur Anwendbarkeit von § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG im Falle tariflicher Altersgrenzen: BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 13 ff., AP TzBfG § 14 Nr. 92 = EzA TzBfG § 17 Nr. 16). Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Oktober 2009 wird vom Kläger auch nicht in Frage gestellt.

12

2. Die in § 20 Abs. 1 TVöD enthaltene Stichtagsregelung ist nicht gemäß § 7 AGG unwirksam.

13

a) Gemäß § 7 Abs. 1 Halbs. 1 iVm. § 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen des Alters benachteiligt werden. Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, unwirksam. § 7 Abs. 2 AGG gilt auch für Tarifverträge(BAG 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 33, BAGE 131, 298). Wenn gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen eine mit einer Richtlinie unvereinbare Diskriminierung vorsehen, sind die nationalen Gerichte gehalten, die Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie die Regelung für die nicht benachteiligte Gruppe auch auf die benachteiligte Gruppe anwenden, ohne die Beseitigung der Diskriminierung durch den Gesetzgeber, die Tarifvertragsparteien oder in anderer Weise abzuwarten (vgl. BAG 20. März 2012 -  9 AZR 529/10 - Rn. 28 mwN, EzA AGG § 10 Nr. 5; zur Frage der Beseitigung der Diskriminierung für die Zukunft: vgl. auch BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 28, AP BAT § 27 Nr. 12 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 25). Ein Verstoß der Stichtagsregelung gegen das Benachteiligungsverbot hätte danach zur Folge, dass die in § 20 Abs. 1 TVöD enthaltene Stichtagsregelung ersatzlos entfiele und der Kläger einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung hätte, deren Höhe sich nach den in § 20 Abs. 4 TVöD niedergelegten Grundsätzen richten würde.

14

b) § 20 Abs. 1 TVöD ist am Maßstab des AGG zu messen.

15

aa) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG gelten die Diskriminierungsverbote der §§ 1, 7 AGG auch für Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts. Zum Arbeitsentgelt in diesem Sinne zählen Gratifikationen und Sondervergütungen (Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 3. Aufl. § 2 Rn. 9).

16

bb) § 20 TVöD trat gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD zum 1. Januar 2007 und damit nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 in Kraft. Im Übrigen ist die hier geltend gemachte Benachteiligung erst im Jahr 2009 eingetreten. Für die Anwendbarkeit des AGG ist nicht der Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags, sondern der Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung maßgeblich (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 12, EzA AGG § 10 Nr. 5; 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 33, BAGE 129, 72 ).

17

c) Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG liegt nicht vor.

18

aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannte Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist(BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 14 mwN, EzA AGG § 10 Nr. 5). Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters liegt vor, wenn die Beschäftigungsbedingungen unter Bezug auf ein bestimmtes Lebensalter oder ein Kriterium, das untrennbar mit dem Lebensalter verbunden ist, unterschiedlich ausgestaltet werden (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 14 f. aaO; 30. November 2010 - 3 AZR 754/08 - Rn. 25, AP BetrAVG § 16 Nr. 72 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 57; vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23, Slg. 2010, I-9343).

19

bb) Nach diesen Grundsätzen führt die Differenzierung in § 20 Abs. 1 TVöD nicht zu einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters. Die Vorschrift knüpft nicht an ein bestimmtes Lebensalter an; sie stützt sich auch nicht auf ein Kriterium, das untrennbar mit dem Lebensalter verbunden ist. Anknüpfungstatbestand ist vielmehr der Bestand des Arbeitsverhältnisses an einem bestimmten Stichtag. § 20 Abs. 1 TVöD unterscheidet zwischen Mitarbeitern, deren Arbeitsverhältnis am 1. Dezember eines Jahres besteht, und solchen Mitarbeitern, deren Arbeitsverhältnis nach diesem Zeitpunkt beginnt oder vor diesem Zeitpunkt geendet hat. Der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist dabei nicht maßgeblich. Beendigungen gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD wegen Erreichens der Regelaltersgrenze führen ebenso zum Verlust des Anspruchs auf die Jahressonderzahlung wie die Beendigung aus anderen Gründen, beispielsweise aufgrund Eigenkündigung des Arbeitnehmers, Kündigung des Arbeitgebers oder Erreichens des Befristungsendes gemäß § 15 Abs. 1 TzBfG.

20

d) Die Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TVöD führt auch nicht zu einer mittelbaren Benachteiligung älterer Arbeitnehmer gemäß § 3 Abs. 2 AGG.

21

aa) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften ihrem Wesen nach geeignet sind, Personen oder Personengruppen aus den in § 1 AGG genannten Gründen in besonderer Weise zu benachteiligen. Dies kann der Fall sein, wenn Vorschriften im Wesentlichen oder ganz überwiegend Personen, die eines der verpönten Merkmale erfüllen, betreffen, wenn sie an Voraussetzungen knüpfen, die von Personen, die von § 1 AGG nicht erfasst sind, leichter erfüllt werden oder wenn sich die Tatbestandsvoraussetzungen einer Norm besonders zum Nachteil von Personen, für die ein Merkmal des § 1 AGG gilt, auswirken(BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 27, BAGE 137, 80; 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 21, BAGE 134, 160). Für die Annahme einer mittelbaren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 AGG ist nicht zwingend ein statistischer Nachweis erforderlich, dass Träger eines der Merkmale des § 1 AGG zahlenmäßig wesentlich stärker von einer Vorschrift benachteiligt werden als Personen, bei denen dieses Merkmal nicht vorliegt. Mittelbare Diskriminierungen können statistisch nachgewiesen werden, können sich aber auch aus anderen Umständen ergeben (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - aaO; 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 20, aaO).

22

Zur Feststellung, ob eine mittelbare Benachteiligung vorliegt, sind Vergleichsgruppen zu bilden, die dem persönlichen Geltungsbereich der Differenzierungsregel entsprechend zusammengesetzt sind. Bei Tarifverträgen ist deshalb auf den gesamten Kreis der von der fraglichen Bestimmung erfassten Normunterworfenen abzustellen. Der Gesamtheit der Personen, die von der Regelung erfasst werden, ist die Gesamtheit der Personen gegenüberzustellen, die durch die Regelung benachteiligt werden. Im Vergleich dieser Gruppen ist zu prüfen, ob die Träger eines Merkmals des § 1 AGG im oben genannten Sinn besonders benachteiligt sind(BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 28 mwN, BAGE 137, 80).

23

bb) Die Kausalität zwischen Benachteiligung und verpöntem Merkmal hat der Beschäftigte als Anspruchsteller darzulegen (vgl. allg. Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. Vor § 284 Rn. 17a; Voigt in Schleusener/Suckow/Voigt § 22 Rn. 21). Er genügt seiner Darlegungslast gemäß § 22 AGG, wenn er Tatsachen vorträgt, die eine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht nach allgemeiner Lebenserfahrung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals erfolgte (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 32, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 65, AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2). Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Würdigung, ob die klagende Partei ihrer Darlegungslast nach § 22 AGG genügt hat, ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt(BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 34, aaO; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 64, aaO).

24

cc) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe eine mittelbare Benachteiligung nicht hinreichend dargelegt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

25

(1) Zu vergleichen ist vorliegend die Gruppe aller Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse dem TVöD unterliegen, mit der Gruppe derjenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse vor dem 1. Dezember eines Jahres enden und die daher gemäß § 20 Abs. 1 TVöD keinen Anspruch auf die Jahressonderzahlung haben.

26

(2) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass im Vergleich dieser Gruppen ältere Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze enden, von der Stichtagsregelung des § 20 Abs. 1 TVöD in besonderer Weise betroffen sind. Eine besonders nachteilige Betroffenheit dieser Arbeitnehmer ist auch nicht offenkundig. § 20 Abs. 1 TVöD unterscheidet nicht nach dem Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aus anderen Gründen als dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor dem 1. Dezember eines Jahres enden, haben ebenfalls keinen Anspruch auf die Jahressonderzahlung. Es ist nicht erkennbar, dass die dem TVöD unterfallenden Arbeitsverhältnisse ganz überwiegend gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD enden. Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst werden regelmäßig auch auf anderem Wege beendet. Dies belegt der TVöD selbst, der neben der Regelung des § 33 Abs. 1 Buchst. a Bestimmungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Auflösungsvertrag (§ 33 Abs. 1 Buchst. b TVöD), Kündigung (§ 34 TVöD) und Befristung (§ 30 TVöD) sowie bei Bezug einer Erwerbsminderungsrente (§ 33 Abs. 2 TVöD) enthält. Angesichts der Vielzahl möglicher Beendigungsgründe kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD endet, die Jahressonderzahlung typischerweise häufiger verlieren als (jüngere) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aus anderen Gründen enden.

27

(3) Der Kläger hat auch keine ausreichenden Indizien für diese Behauptung vorgetragen. Sein Vorbringen, Stellen im öffentlichen Dienst würden überwiegend nicht neu besetzt, ist nicht zielführend, weil es keinen Schluss darauf zulässt, auf welche Weise die betreffenden Arbeitsverhältnisse beendet wurden. Der Hinweis, im Gegensatz zu Arbeitnehmern, die nach § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, könnten jüngere Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse durch Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag enden, den Beendigungszeitpunkt steuern, indiziert keine Benachteiligung älterer Arbeitnehmer. Zum einen handelt es sich bei der Beendigung durch Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag nur um einen Teil der möglichen Beendigungsgründe; bei anderen Beendigungstatbeständen wie zB einer arbeitgeberseitigen Kündigung oder einer Befristung können auch jüngere Arbeitnehmer den Zeitpunkt ihres Ausscheidens nicht steuern. Darüber hinaus ist nicht offenkundig, und der Kläger hat dies selbst nicht behauptet, dass jüngere Arbeitnehmer bei Eigenkündigungen und Aufhebungsverträgen in der Praxis tatsächlich von der Möglichkeit Gebrauch machen, das Ende des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf die Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TVöD zu steuern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Arbeitnehmer den Ausspruch einer Kündigung und den Abschluss eines Aufhebungsvertrags in der Regel nur in besonderen Situationen, wie zB bei Aufnahme einer neuen Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber, in Betracht ziehen wird. Hier fehlt dem Arbeitnehmer aber typischerweise die Flexibilität, das Ende des Arbeitsverhältnisses mit Blick auf die in § 20 Abs. 1 TVöD statuierte Voraussetzung für den Erhalt der Jahressonderzahlung festzulegen.

28

(4) Die vom Kläger geltend gemachte Benachteiligung der Arbeitnehmer, die vor dem 1. Dezember eines Jahres altersbedingt ausscheiden, gegenüber Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis erst nach dem 1. Dezember altersbedingt endet, kann eine mittelbar diskriminierende Wirkung des § 20 Abs. 1 TVöD ebenfalls nicht begründen. Nach den oben dargelegten Grundsätzen müssen die Vergleichsgruppen dem persönlichen Geltungsbereich der Differenzierungsregel entsprechend zusammengesetzt sein. Bei Tarifverträgen ist deshalb auf den gesamten Kreis der von der fraglichen Bestimmung erfassten Normunterworfenen abzustellen. Diesen Anforderungen genügt die vom Kläger vorgenommene Gruppenbildung nicht, weil sie die ebenfalls von § 20 Abs. 1 TVöD erfasste Beendigung von Arbeitsverhältnissen aus anderen Gründen als dem Erreichen der Regelaltersgrenze des § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD außer Betracht lässt.

29

dd) Es kann dahinstehen, ob die vom Kläger in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen zulässig sind, da sie in der Sache ohne Erfolg bleiben. Auch der Vortrag in der Revisionsbegründung ist aus den oben genannten Gründen nicht geeignet, Anhaltspunkte für eine mittelbare Diskriminierung zu begründen, sodass es auf die behauptete Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch das Landesarbeitsgericht nicht ankommt. Gleiches gilt im Hinblick auf den in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Beweisantrag. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es auf die Behauptung, frei werdende Stellen im öffentlichen Dienst würden überwiegend nicht nachbesetzt, nicht ankommt, weil sie keinen Schluss darauf zulässt, dass ältere Arbeitnehmer durch die Stichtagsregelung besonders nachteilig betroffen sind.

30

3. Die in § 20 Abs. 1 TVöD enthaltene Stichtagsregelung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG.

31

a) Es kann dahinstehen, ob die Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Normsetzung unmittelbar grundrechtsgebunden sind. Jedenfalls verpflichtet die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte dazu, den einzelnen Grundrechtsträger vor einer unverhältnismäßigen Beschränkung seiner Freiheitsrechte und einer gleichheitswidrigen Regelbildung auch durch privatautonom legitimierte Normsetzung zu bewahren. Die Tarifvertragsparteien haben daher bei der tariflichen Normsetzung sowohl den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG und die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG als auch die Freiheitsgrundrechte wie Art. 12 GG zu beachten(BAG 23. März 2011 - 10 AZR 701/09 - Rn. 21, AP TVG § 1 Tarifverträge: Verkehrsgewerbe Nr. 19; 8. Dezember 2010 - 7 AZR 438/09 - Rn. 29, BAGE 136, 270; 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - zu II 2 der Gründe, BAGE 111, 8).

32

aa) Allerdings steht den Tarifvertragsparteien bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu, über den Arbeitsvertrags- und Betriebsparteien nicht in gleichem Maße verfügen. Ihnen kommt eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 701/09 - Rn. 21, AP TVG § 1 Tarifverträge: Verkehrsgewerbe Nr. 19; 8. Dezember 2010 - 7 AZR 438/09 - Rn. 29, BAGE 136, 270). Darüber hinaus verfügen sie über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung (BAG 8. Dezember 2010 - 7 AZR 438/09 - aaO; 4. Mai 2010 - 9 AZR 181/09 - Rn. 23, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 46 = EzA GG Art. 3 Nr. 110). Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 701/09 - aaO).

33

bb) Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist vor diesem Hintergrund erst dann anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet werden müssen (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 701/09 - Rn. 21, AP TVG § 1 Tarifverträge: Verkehrsgewerbe Nr. 19; 21. September 2010 - 9 AZR 442/09 - Rn. 27, AP GG Art. 3 Nr. 323). Die Tarifvertragsparteien dürfen bei der Gruppenbildung generalisieren und typisieren. Die Differenzierungsmerkmale müssen allerdings im Normzweck angelegt sein und dürfen ihm nicht widersprechen (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 701/09 - Rn. 22 mwN, aaO).

34

cc) Auch bei der Prüfung, ob eine Tarifnorm gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstößt, ist der weite Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen. Dieser ist erst überschritten, wenn die Regelung auch unter Berücksichtigung der grundgesetzlich gewährleisteten Tarifautonomie ( Art. 9 Abs. 3 GG ) und der daraus resultierenden Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien die berufliche Freiheit der Arbeitnehmer unverhältnismäßig einschränkt (vgl. BAG 19. Dezember 2006 - 9 AZR 356/06 - Rn. 35, 37, AP TzBfG § 8 Nr. 20 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 56).

35

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die in § 20 Abs. 1 TVöD enthaltene Bindung des Anspruchs auf eine Jahressonderzahlung an einen Stichtag im Bezugszeitraum mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

36

aa) Die Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD stellt eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung dar und hat Vergütungscharakter(zum insoweit gleichlautenden § 20 TV-L: BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 922/11 -; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 28, ZTR 2011, 150; Sponer/Steinherr TVöD Stand Oktober 2012 (Geyer) Ordner 3 § 20 Rn. 138; zu § 44 BT-S: BAG 14. März 2012 - 10 AZR 778/10 - Rn. 17, EzA ZPO 2002 § 850a Nr. 2). Dies zeigt die Kürzungsvorschrift des § 20 Abs. 4 TVöD. Hat ein Arbeitnehmer ganzjährig keinen Anspruch auf Entgelt, erhält er, sofern nicht die Ausnahmen des § 20 Abs. 4 Satz 2 TVöD greifen, keine Jahressonderzahlung. Gleichzeitig wird mit der Jahressonderzahlung Betriebstreue honoriert (vgl. zu § 44 BT-S: BAG 14. März 2012 - 10 AZR 778/10 - Rn. 18, aaO; vgl. zum TV Zuwendung: BAG 18. August 1999 - 10 AZR 424/98 - zu II 2 c bb der Gründe, BAGE 92, 218). Dies belegt die Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TVöD, die einen Bestand des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember verlangt. Darüber hinaus sollen die Mitarbeiter durch die Jahressonderzahlung auch für die Zukunft zu reger und engagierter Mitarbeit motiviert werden (Sponer/Steinherr § 20 Rn. 80; vgl. zu diesem Motivationsgedanken auch: BAG 23. Mai 2007 - 10 AZR 363/06 - Rn. 27, AP TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel Nr. 24; 8. März 1995 - 10 AZR 208/94 - zu I 2 b der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 184 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 131; 26. Oktober 1994 - 10 AZR 109/93 - zu II 3 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 167 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 115).

37

bb) Angesichts dieser Zwecke, die mit der Jahressonderzahlung verfolgt werden, ist die Differenzierung zwischen Beschäftigten, die vor dem 1. Dezember eines Jahres ausscheiden, und Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis am 1. Dezember eines Jahres noch besteht, sachlich gerechtfertigt. Ihren Zweck, Betriebstreue zu belohnen und die Mitarbeiter auch für die Zukunft zu reger und engagierter Mitarbeit zu motivieren, kann die Jahressonderzahlung bei bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern nicht erfüllen. Der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien wird damit nicht überschritten.

38

cc) Eine andere Beurteilung ist nicht wegen der vom Kläger in den Vorinstanzen beanstandeten Regelung in § 20 Abs. 6 TVöD gerechtfertigt. Die Bevorzugung von Arbeitnehmern, die bis zum 31. März 2005 Altersteilzeit vereinbart hatten, innerhalb der Gruppe von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis wegen Rentenbezugs vor dem 1. Dezember endet, ist aus Gründen des Vertrauensschutzes sachlich gerechtfertigt. Nachdem die Tarifvertragsparteien am 9. Februar 2005 eine Grundsatzeinigung über den Tarifvertrag erzielt hatten, sollte mit der Regelung Rücksicht genommen werden auf diejenigen Beschäftigten, die nach bisherigem Recht beim Übertritt von der Altersteilzeit in die Rente eine Teilzuwendung erwarten konnten und hierauf ggf. ihre Altersteilzeitvereinbarung gestützt hatten (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Juli 2012 Ordner 3 § 20 Rn. 178). Arbeitnehmer, die ohne Altersteilzeitvereinbarung wegen Rentenbezugs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, befinden sich nicht in einer vergleichbaren Lage.

39

c) Ebenso wenig verstößt die Stichtagsregelung gegen Art. 12 Abs. 1 GG.

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aa) Die Regelung greift allerdings in die Berufsfreiheit der Arbeitnehmer ein. Art. 12 Abs. 1 GG schützt mit der Freiheit der Arbeitsplatzwahl auch den Entschluss des einzelnen Arbeitnehmers, an welcher Stelle er dem gewählten Beruf nachgehen möchte. Dies umfasst seine Entscheidung, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in einem gewählten Beruf beizubehalten oder aufzugeben (BVerfG 24. April 1991 - 1 BvR 1341/90 - zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 84, 133 ). Diese Freiheit wird durch § 20 Abs. 1 TVöD beeinträchtigt, weil mit dieser Regelung die selbstbestimmte Arbeitsplatzaufgabe des Arbeitnehmers verzögert oder verhindert werden soll(vgl. zu Stichtagsregelungen außerhalb des Bezugszeitraums in Allgemeinen Geschäftsbedingungen: BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31; vgl. zu Stichtagsregelungen außerhalb des Bezugszeitraums in Betriebsvereinbarungen: BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 30, BAGE 137, 300).

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bb) Der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Mit der Regelung des § 20 Abs. 1 TVöD haben die Tarifvertragsparteien den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Der Stichtagsregelung liegt ein berechtigtes Interesse der Arbeitgeber zugrunde. Sie verfolgt das legitime Ziel, die Arbeitnehmer zur Betriebstreue anzuhalten. Sie ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet, denn sie schafft einen Anreiz für Arbeitnehmer, von einer an sich statthaften Kündigungsmöglichkeit keinen oder nur verzögerten Gebrauch zu machen. Es ist auch kein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit des betroffenen Arbeitnehmers weniger einschränkendes Mittel ersichtlich, um diesen an der Arbeitsplatzaufgabe zu hindern (vgl. zu Stichtagsregelungen außerhalb des Bezugszeitraums in Betriebsvereinbarungen: BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 30, BAGE 137, 300). Die Einschränkung der Berufsfreiheit der Arbeitnehmer ist angemessen. Die Stichtagsregelung entfaltet eine vergleichsweise kurze Bindungswirkung, weil sie lediglich das Bestehen, nicht aber den ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember verlangt (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese § 20 Rn. 45). Da das Arbeitsverhältnis gemäß § 34 Abs. 1 TVöD jeweils zum Monatsende bzw. zum Ende des Kalendervierteljahres gekündigt werden kann, kann der Arbeitnehmer somit zum 31. Dezember eines Jahres kündigen, ohne die Jahressonderzahlung zu verlieren. Eine solche Bindung ist auch deshalb nicht zu beanstanden, weil es sich beim 31. Dezember um das Ende des Zeitraums handelt, für den die Jahressonderzahlung gewährt wird. Der Angemessenheit der Stichtagsregelung steht nicht entgegen, dass mit der Jahressonderzahlung nicht nur Betriebstreue honoriert, sondern auch die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung vergütet werden soll. Die Tarifvertragsparteien überschreiten den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht, wenn sie Sonderzahlungen, die sowohl eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen als auch der Honorierung von Betriebstreue dienen, vom Bestand des Arbeitsverhältnisses an einem bestimmten Stichtag im Bezugszeitraum abhängig machen (vgl. zum TV Zuwendung: BAG 18. August 1999 - 10 AZR 424/98 - BAGE 92, 218). Ihr Gestaltungsspielraum ist dabei sowohl gegenüber den Betriebsparteien (vgl. zu Stichtagsregelungen außerhalb des Bezugszeitraums in Betriebsvereinbarungen: BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - BAGE 137, 300; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3; 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 -) als auch gegenüber den einseitigen Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. dazu BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31)erweitert. Insbesondere bedurfte es keiner Ausnahme für die Arbeitnehmer, die nicht auf eigene Veranlassung, sondern aus anderen Gründen vor dem Stichtag aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind. Vielmehr ist es noch gerechtfertigt, wenn die Tarifregelung insoweit nicht differenziert, sondern pauschaliert.

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II. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gemäß § 15 Abs. 1 AGG kommt aus den genannten Gründen mangels Verstoß gegen ein Benachteiligungsverbot nicht in Betracht.

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III. Auch ein Anspruch auf Gewährung einer Sonderzahlung aufgrund des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes scheidet aus.

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1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers nur dort ein, wo dieser durch gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk bzw. eine eigene Ordnung schafft, nicht hingegen bei bloßem - auch vermeintlichem - Normenvollzug (BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 895/07 - Rn. 20, BAGE 133, 33). Innerhalb des Anwendungsbereichs kollektiv-rechtlich geschaffener Normen ist eine Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht möglich (BAG 26. April 2000 - 4 AZR 177/99 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 94, 273). Dies gilt auch dann, wenn der Tarifvertrag mangels Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers nicht unmittelbar und zwingend, sondern lediglich aufgrund einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme Anwendung findet (BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 895/07 - Rn. 21, aaO).

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2. Ein solcher, die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausschließender Normenvollzug liegt vor. Die Beklagte hat lediglich die Normen des TVöD angewendet, ohne die Voraussetzungen für den Erhalt der Jahressonderzahlung selbst festzulegen.

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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Schürmann    

        

    Fieback    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.