Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 07. Nov. 2017 - 5 Sa 87/17

bei uns veröffentlicht am07.11.2017

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 26.04.2017 - 4 Ca 1800/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Änderungskündigung.

2

Der 1965 geborene Kläger nahm am 01.09.1996 bei einer Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Beschäftigung als Omnibusfahrer auf. Ab dem 01.07.2012 war er zusätzlich mit Einsatzleitertätigkeiten betraut. Am 07.09.2012 begann er eine berufsbegleitende Ausbildung zum Kraftverkehrsmeister (IHK). Zum 01.06.2013 schloss er mit der ... Bus & Reisen GmbH A-Stadt, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, einen Arbeitsvertrag als Verkehrsmeister und übernahm die Aufgabe des Fahrdienstleiters der Betriebsstelle A-Stadt. Die berufsbegleitende Ausbildung zum Kraftverkehrsmeister schloss er am 26.01.2015 erfolgreich ab. Zum 02.07.2015 wurde er zum Betriebsleiter im Sinne des § 4 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr vom 21.06.1975 (BOKraft) für die Betriebsstelle A-Stadt einschließlich der Außenstelle C. bestellt.

3

Die Beklagte, auf die das Arbeitsverhältnis des Klägers in der Folgezeit überging, betreibt von mehreren Betriebsstellen aus mit etwa 200 Bussen den öffentlichen Personennahverkehr im Landkreis Ludwigslust-Parchim sowie angrenzenden Gebieten und beschäftigt rund 260 Mitarbeiter.

4

Der Kläger bezog zuletzt das Gehalt der Tarifgruppe 9 des für die Beklagte maßgeblichen Tarifvertrages, was einem monatlichen Bruttobetrag von rund € 3.250,- entspricht. Sein Dienst als Fahrdienstleiter der Betriebsstelle A-Stadt begann morgens regelmäßig um 08:45 Uhr. Für die Frühschicht ab 04:30 Uhr war sein Stellvertreter, der Disponent S. K., zuständig.

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Am 25.04.2016 erhielt der Kläger einen Hinweis auf technische Probleme an der Nachlaufachse (3. Achse) des Busses mit dem Kennzeichen ... 131. Der Kläger sah es nicht als erforderlich an, den Bus aus dem Verkehr zu nehmen und technisch untersuchen bzw. reparieren zu lassen. Der Bus war noch bis zum 28.04.2016 im Einsatz, bis schließlich der dem Kläger vorgesetzte Abteilungsleiter Verkehr, Herr A., ihn vorläufig stilllegte. Es stellte sich heraus, dass die Lenkung der Nachlaufachse infolge eines Druckverlustes in der Lenkhydraulik beeinträchtigt war und der Bus wegen fehlender Verkehrssicherheit nicht mehr im Fahrbetrieb hätte eingesetzt werden dürfen. Die Beklagte setzte eine Untersuchungskommission ein und erteilte dem Kläger schließlich mit Schreiben vom 13.07.2016 eine Abmahnung wegen dieses Fehlverhaltens.

6

Am 07.09.2016 meldete der Busfahrer W. nach der Vormittagstour Geräusche an der Vorderachse seines Busses, Kennzeichen ... 243. Er erhielt daraufhin für die weiteren Touren dieses Tages einen Ersatzbus. Der Fahrzeugtausch ist unter dem 07.09.2016 im Situationsbuch der Betriebsstelle vermerkt. In dem Situationsbuch werden u. a. Werkstattbesuche, Rufbusse, Fundsachen, Mitteilungen von Mitarbeitern und für Mitarbeiter, Hinweise des Klägers an seinen Stellvertreter und umgekehrt eingetragen.

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Am nächsten Tag, dem 08.09.2016, bestritt Herr W. die Vormittagstour wiederum mit dem Bus ... 243. Die entsprechende Anweisung ergab sich aus dem für die Fahrer maßgeblichen Einsatzbuch. Der Kläger hatte dort bei Herrn W. handschriftlich eingetragen:

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"SG 243 Fahrzeugtausch um 10:00 Uhr gegen LV 147".

9

Herr W. quittierte diese Anweisung mit seiner Unterschrift. Der Kläger beabsichtigte zunächst, den Bus ... 243 durch den Fahrer R. im Rahmen einer regulären Linienfahrt zur Werkstatt an der Betriebsstelle S. bringen zu lassen, sah später aber davon ab, nachdem sich Herr R. nach Rücksprache mit Herrn W. geweigert hatte, den Bus zu fahren. Das Situationsbuch enthält unter dem 08.09.2016 fünf bis sechs handschriftliche Einträge von Herrn K. und dem Kläger. Die letzten Einträge lauten wie folgt:

Abbildung

10

Der Bus wurde letztlich außerhalb des Linienverkehrs, jedoch "auf der Achse" zur Werkstatt in S. überführt. Die Werkstatt stellte eine Beschädigung an der Lenkhydraulik fest. Eine Hydraulikleitung war durch Scheuerbewegungen undicht geworden, wodurch Hydrauliköl ausgetreten war. Die Werkstatt reparierte den Schaden noch am selben Tag.

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Mit einem gemeinsamen Schreiben vom 12.09.2016, der Beklagten zugegangen am 21.09.2016, beschwerten sich insgesamt 20 Mitarbeiter bei der Geschäftsführung über das unkollegiale Verhalten des Klägers wegen seiner ehrverletzenden, diskriminierenden und zynischen Äußerungen. Zudem verwiesen sie auf die wiederholte Gefährdung von Mitarbeitern, Fahrgästen und anderen Verkehrsteilnehmern durch das Ignorieren eines gemeldeten Fehlers an der Lenkung.

12

Mit Schreiben vom 15.11.2016, dem Kläger zugegangen am 16.11.2016, kündigte die Beklagte nach Anhörung des Betriebsrats das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich und hilfsweise ordentlich zum 30.06.2017 bzw. zum nächstmöglichen Termin. Zugleich bot sie ihm an, das Arbeitsverhältnis als Omnibusfahrer mit der entsprechenden tarifvertraglichen Vergütung nach Gruppe 6 zu im Übrigen unveränderten Bedingungen fortzusetzen. Dieses Angebot nahm der Kläger mit Schreiben vom 21.11.2016 unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an und hat mit Schriftsatz vom selben Tag beim Arbeitsgericht Schwerin, dort eingegangen am 25.11.2016, Änderungsschutzklage erhoben.

13

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ebenso wie die außerordentliche sei auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Änderungskündigung unwirksam, da es keine verhaltensbedingten Gründe gebe. Der Busfahrer W. habe am 08.09.2016 wieder den nach eigenen Erkenntnissen defekten Bus genommen, obwohl zwei Ersatzbusse

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in der Abstellhalle verfügbar gewesen seien. Herr W. hätte sich an den Disponenten K. wenden und um eine anderes Fahrzeug bitten müssen. Der Bus mit dem Kennzeichen ... 243 sei ebenso wie der Bus ... 242 ein IVECO Crossway, bei denen in der Vergangenheit immer mal wieder Geräusche an der Vorderachse aufgetreten seien, ohne dass die Verkehrssicherheit beeinträchtigt gewesen sei. Als er Herrn R. beauftragt habe, mit dem Bus nach S. zu fahren, sei er noch davon ausgegangen, dass es nur um Geräusche an der Vorderachse gehe, nicht aber um die Lenkung. Die Probleme mit der Lenkung habe Herr W. erst später gegenüber Herrn R. erwähnt, weshalb dieser es dann abgelehnt habe, den Bus zu fahren. Nach einer Probefahrt mit dem Bus habe der Kläger Herrn R. sodann einen anderen Bus zugewiesen.

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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt

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1. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die außerordentliche Änderungskündigung vom 15.11.2016 (Tätigkeit als Omnibusfahrer mit Arbeitsort A-Stadt) sozial ungerechtfertigt ist und dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
17
2. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen auch durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Änderungskündigung vom 15.11.2016 (Tätigkeit als Omnibusfahrer mit Arbeitsort A-Stadt) sozial ungerechtfertigt ist und dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
18

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe wenige Wochen nach dem Ausspruch der Abmahnung wiederum einen defekten Bus nicht aus dem Verkehr genommen. Zwar könne es bei Bussen in unregelmäßigen Abständen aus verschiedenen Gründen zu Geräuschen, ggf. auch harmlosen Geräuschen, im Bereich der Vorderachse kommen. Solange aber nicht feststehe, ob die Verkehrssicherheit beeinträchtigt sei, habe der Kläger als Betriebsleiter im Sinne des § 4 BOKraft die Pflicht, den Bus aus dem Verkehr zu nehmen und in der Fachwerkstatt überprüfen zu lassen. Die Sicherheit der Fahrgäste und der Mitarbeiter habe absolute Priorität.

19

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die ordentliche Änderungskündigung sei sozial gerechtfertigt, weil der Kläger trotz vorangegangener Abmahnung wiederum seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt habe. Erneut habe er ein vom Fahrer als defekt gemeldetes Fahrzeug nicht unverzüglich für den weiteren Betrieb gesperrt. Das Interesse der Beklagten, den Kläger als Fahrdienstleiter abzulösen, überwiege das Interesse des Klägers an einer Beibehaltung dieser Position mit der entsprechenden Vergütung. Das Verhalten des Klägers könne Leib und Leben Dritter gefährden. Die durchaus erheblichen Gehaltseinbußen seien vom Kläger hinzunehmen, da es keine anderen geeigneten Arbeitsplätze gebe.

20

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Er habe zwar einen Fehler gemacht, indem er im Einsatzbuch bei den Eintragungen für den 08.09.2016 in der Zeile für Herrn W. den Bus ... 243 nicht ausradiert und durch einen anderen Bus ersetzt habe. Dieser Fehler rechtfertige aber selbst unter Berücksichtigung der Abmahnung vom 13.07.2016 keine ordentliche Änderungskündigung. Der Kläger habe den Defekt des Busses am 07.09.2016 im Situationsbuch für den 08.09.2016 dokumentiert. Aus dem Situationsbuch ergebe sich, dass Herr W. nicht den defekten Bus habe nehmen sollen. Das sei für den im Frühdienst eingesetzten Disponenten K. erkennbar gewesen. Herr W. habe, nachdem zunächst nur von Geräuschen an der Vorderachse ("Knarzen") die Rede gewesen sei, erst bei seiner Rückkehr von der Vormittagstour am 08.09.2016 von Problemen an der Lenkung berichtet. Der Kläger habe daraufhin eine Probefahrt mit dem Bus unternommen und, nachdem er ebenfalls Probleme mit der Lenkung festgestellt habe, den Bus aus dem Verkehr genommen. Eine Gefahr für Leib und Leben von Fahrgästen oder Busfahrern habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.

21

Der Kläger beantragt,

22

das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 26.04.2016 - 4 Ca 1800/16 - abzuändern und

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festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die ordentliche Änderungskündigung vom 15.11.2016 (Tätigkeit als Omnibusfahrer mit Arbeitsort A-Stadt) sozial ungerechtfertigt ist und dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zu unveränderten Bedingungen über den 30.06.2017 hinaus fortbesteht.

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Die Beklagte beantragt,

25

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

26

Sie ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zutreffend entschieden. Der Kläger habe den Bus pflichtwidrig nicht aus dem Verkehr gezogen. Stattdessen habe er Herrn W. am 08.09.2016 per Einsatzbuch angewiesen, für die Vormittagstour wiederum den defekten Bus zu nutzen. Auch habe der Kläger dem Disponenten der Frühschicht nicht über das Situationsbuch mitgeteilt, dass der Bus nicht mehr eingesetzt werden solle. Derartige Eintragungen im Situationsbuch habe der Kläger ansonsten stets eindeutig formuliert und mit einer persönlichen Ansprache verbunden, wie z. B. "Guten Morgen S., an der LV 147 leuchtet die Rote ABS Lampe. Fahrzeug nicht einsetzen!" Den Defekt des Busses habe der Kläger vielmehr erst im Laufe des 08.09.2016 im Situationsbuch vermerkt, nachdem es bei der Vormittagstour wiederum Probleme gegeben habe.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

28

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Änderungskündigung zu Recht und mit der zutreffenden Begründung abgewiesen. Das Berufungsgericht schließt sich den Ausführungen der Vorinstanz an.

29

Die ordentliche Änderungskündigung vom 15.11.2016, zugegangen am 16.11.2016, zum 30.06.2017 ist wirksam. Sie ist durch Gründe im Verhalten des Klägers bedingt und deshalb sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2, § 2 KSchG).

30

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeits-verhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1 KSchG). Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG).

31

Eine Änderungskündigung im Sinne von § 2 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn das Änderungsangebot des Arbeitgebers durch Gründe gemäß § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (BAG, Urteil vom 22. Oktober 2015 - 2 AZR 550/14 - Rn. 23, juris = NZA-RR 2016, 243; BAG, Urteil vom 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 24, juris = NZA 2014, 653). Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle vorgesehenen Änderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich von deren Inhalt nicht weiter entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG, Urteil vom 18. Mai 2017 - 2 AZR 606/16 - Rn. 11, juris; BAG, Urteil vom 22. Oktober 2015 - 2 AZR 550/14 - Rn. 23, juris = NZA-RR 2016, 243).

32

Eine Kündigung ist durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt und damit nicht sozial ungerechtfertigt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über die Kündigungsfrist hinaus in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar ist. Eine Kündigung scheidet dagegen aus, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers - wie etwa eine Abmahnung - geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - 2 AZR 42/16 - Rn. 11, juris = NJW 2017, 1833; BAG, Urteil vom 19. November 2015 - 2 AZR 217/15 - Rn. 24, juris = NZA 2016, 540).

33

Die Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist anhand der zum Zeitpunkt des Zugangs gegebenen objektiven Verhältnissen zu beurteilen (BAG, Urteil vom 17. Februar 2016 - 2 AZR 613/14 - Rn. 26, juris = ZTR 2016, 418; BAG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 21, juris = NJW 2015, 1403).

34

Der Kläger hat am 07.09.2016 schuldhaft seine Pflichten verletzt, indem er den Bus ... 243 trotz des gemeldeten Mangels ohne vorherige technische Prüfung erneut für die Vormittagstour des nächsten Tages eingeplant hat.

35

Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BOKraft hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass sich die Fahrzeuge in vorschriftsmäßigem Zustand befinden. Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben kann er unbeschadet seiner eigenen Verantwortlichkeit einen Betriebsleiter bestellen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 BOKraft). Die Bestellung des Betriebsleiters bedarf der Bestätigung durch die Genehmigungsbehörde. Diese ist zu erteilen, wenn die Zuverlässigkeit gegeben ist, insbesondere wenn die für die technische Leitung des Betriebs und die für die Verwaltung erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen nachgewiesen sind (§ 4 Abs. 4 BOKraft).

36

Der Betriebsleiter hat für die Verkehrssicherheit der Busse zu sorgen und ist deshalb verpflichtet, jeglichen Hinweisen der Fahrer nachzugehen. Soweit er nicht selbst in der Lage ist, die technische Prüfung durchzuführen, sind fachkundige Mitarbeiter hinzuzuziehen bzw. Werkstätten zu beauftragen. Eine technische Prüfung ist nur dann verzichtbar, wenn der Betriebsleiter eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit endgültig und sicher ausschließen kann. Bei Zweifeln ist im Interesse der Verkehrssicherheit eine technische Prüfung geboten. Dabei kann weder von den Fahrern noch von dem Betriebsleiter eine konkrete technische Fehleranalyse erwartet werden. Ob und ggf. welcher Schaden vorliegt, ist in der Werkstatt festzustellen. Ein Bus ist bereits dann aus dem Verkehr zu nehmen, wenn aufgrund von Hinweisen des Fahrers die Verkehrssicherheit beeinträchtigt sein kann.

37

Nachdem der Busfahrer W. am 07.09.2016 Geräusche an der Vorderachse seines Busses gemeldet hatte, hätte der Kläger diesen Bus bis zur endgültigen Abklärung, ob ein erheblicher Fehler vorliegt, umgehend für den weiteren Betrieb sperren müssen. Die Fehlermeldung war jedenfalls so deutlich und nachdrücklich formuliert, dass Herr W. bereits für die Nachmittagstour einen Ersatzbus erhielt, ob vom Kläger oder einem anderen Mitarbeiter, kann hier offen bleiben. Der Kläger wusste jedenfalls von dem Fahrzeugwechsel. Er durfte sich nicht darauf verlassen, dass es sich bei den gemeldeten Geräuschen um eine gelegentlich bei den Bussen dieses Typs auftretende harmlose Erscheinung handelte. Herr W. mag zwar nicht auf ein Problem mit der Lenkung hingewiesen haben. Die Lenkung ist jedoch ein Bestandteil der Vorderachse und kann deshalb durch dort festgestellte Geräusche beeinträchtigt sein. Das hat sich bei der Reparatur des Busses in der Werkstatt bestätigt.

38

Der Kläger hat den beschädigten Bus nicht umgehend für den weiteren Betrieb gesperrt, sondern ihn jedenfalls für die Vormittagstour des 08.09.2016 im Einsatz belassen und einen Tausch erst um 10:00 Uhr vorgesehen. Sofern er diese Entscheidung im Verlauf des Tages geändert haben sollte, hat er das weder dem zuständigen Busfahrer noch dem Disponenten der Frühschicht mitgeteilt. Für den Fahrer ist das Einsatzbuch maßgeblich. Dort hatte der Kläger für Herrn W. die Anweisung eingetragen, zunächst den Bus SN 243 zu nehmen und diesen um 10:00 Uhr gegen die LV 147 zu tauschen. Die Anweisungen für den Disponenten finden sich hingegen im Situationsbuch. Dort gibt es aber keinen Hinweis, dass der Bus nicht mehr eingesetzt werden und der Disponent Herrn W. einen anderen Bus zuweisen soll. Selbst wenn der Kläger die Notiz "Ä SG 243 defekt Ä" schon am 07.09.2016 eingetragen haben sollte, obwohl es unter dem 08.09.2016 der letzte Eintrag ist, so konnte der Disponent dennoch daraus keine Anweisung zum Tausch des Busses herleiten. Hier hätte es einer klaren und eindeutigen Formulierung bedurft, wie sie der Kläger auch in anderen Fällen genutzt hat.

39

Eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft ist angesichts dieser Pflichtverletzung und einer vorangegangenen abgemahnten gleichartigen Pflichtverletzung nicht mehr zu erwarten. Einer nochmaligen Abmahnung bedurfte es nicht. Die Beklagte hat dem Kläger bereits mit der Abmahnung vom 13.07.2016 unter Androhung von arbeitsrechtlichen Konsequenzen im Wiederholungsfall deutlich vor Augen geführt, dass Fahrzeuge bei Hinweisen auf technische Defekte sofort aus dem Fahrbetrieb zu nehmen sind. Trotz der nur wenige Wochen zurückliegenden Abmahnung hat der Kläger ein weiteres Mal der Verkehrssicherheit nicht die gebotene Priorität eingeräumt.

40

Der Beklagten ist eine Weiterbeschäftigung des Klägers mit der bisherigen Arbeitsaufgabe als Fahrdienstleiter über die Kündigungsfrist hinaus in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar. Die Beklagte ist für die Sicherheit ihrer Fahrgäste, der Busfahrer und der anderen Verkehrsteilnehmer verantwortlich. Sie muss sich darauf verlassen können, dass ein Fahrdienstleiter dieser Verantwortung gerecht wird. Der Kläger hat in zwei Fällen einen Bus nicht aus dem Verkehr gezogen, obwohl tatsächlich ein sicherheitsrelevanter Schaden im Lenksystem vorlag. Je nach Verkehrssituation und Schadensverlauf hätte es in beiden Fällen zu schweren Unfällen kommen können mit erheblichen Konsequenzen für die Beklagte. Die Beklagte durfte und musste reagieren, bevor durch eine erneute Nachlässigkeit des Klägers schließlich doch noch ein größerer Schaden eintritt. Das Interesse der Beklagten, hier keinerlei Risiko einzugehen, überwiegt das Interesse des Klägers an einer Beibehaltung seines bisherigen Arbeitsplatzes. Zwar verliert er durch die Änderungskündigung seinen bisherigen Status innerhalb der Betriebshierarchie und einen Teil seiner Vergütung. Der Schutz von Leben und Gesundheit von Fahrgästen, Fahrern und anderen Verkehrsteilnehmern ist demgegenüber jedoch vorrangig.

41

Die angebotenen Änderungen entfernen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsvertrages, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist. Andere freie Arbeitsplätze, die zu einer geringeren Gehaltseinbuße führen und für die der Kläger geeignet ist, gibt es nicht. Den Arbeitsort hat die Beklagte beibehalten. Die Vergütung ergibt sich aus dem Tarifvertrag. Die Eingriffe der Beklagten in das Arbeitsverhältnis beschränken sich auf dasjenige, was zum Schutz ihrer Interessen geeignet und erforderlich ist.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

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(1) Der Unternehmer kann zur Wahrnehmung der ihm nach § 3 obliegenden Aufgaben unbeschadet seiner eigenen Verantwortlichkeit einen Betriebsleiter bestellen. Hat das Unternehmen mehrere Betriebszweige oder Betriebsstellen, so kann für jeden Betriebszweig oder für jede Betriebsstelle ein verantwortlicher Betriebsleiter bestellt werden. Die Genehmigungsbehörde kann die Bestellung eines Betriebsleiters anordnen, wenn die Größe des Betriebs oder andere betriebliche Umstände dies erfordern; die Bestellung soll insbesondere bei Unternehmen angeordnet werden, in denen regelmäßig mehr als zehn Fahrzeuge verwendet werden. Die Genehmigungsbehörde kann dem Unternehmer zur Erfüllung der Anordnung eine angemessene Frist setzen. Der Unternehmer hat die Anordnung zu befolgen.

(2) Der Unternehmer hat sicherzustellen, daß der Betriebsleiter die ihm obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann. Er hat ihn insbesondere zu beteiligen bei

1.
der Feststellung des Personalbedarfs,
2.
der Auswahl, Beurteilung und Verwendung des Fahr- und Betriebspersonals,
3.
der Untersuchung von Verfehlungen und den sich daraus ergebenden Maßnahmen,
4.
der Planung und dem Bau von Betriebsanlagen sowie der Beschaffung von Fahrzeugen.

(3) Der Betriebsleiter soll einen Stellvertreter haben. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(4) Die Bestellung des Betriebsleiters und seines Stellvertreters bedarf der Bestätigung durch die Genehmigungsbehörde. Sie ist zu erteilen, wenn die Zuverlässigkeit gegeben ist, insbesondere wenn die für die technische Leitung des Betriebs und die für die Verwaltung erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen nachgewiesen sind.

(5) Die Bestätigung ist zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung die Voraussetzung des Absatzes 4 Satz 2 nicht vorgelegen hat. Die Genehmigungsbehörde kann von der Rücknahme absehen, wenn der Mangel nicht mehr besteht.

(6) Die Bestätigung ist zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung des Absatzes 4 Satz 2 weggefallen ist.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Juli 2014 - 13 Sa 925/12 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 10. Mai 2012 - 5 Ca 9/12 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers gemäß der Kündigung vom 20. Dezember 2011 sozial ungerechtfertigt ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

2

Die Beklagte betreibt eine Spielbank. Sie beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. In ihrem Betrieb besteht ein Betriebsrat. Der 1955 geborene Kläger ist bei ihr seit August 1980 als Croupier tätig. Er ist mit einem Grad der Behinderung von 40 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge Anwendung. Im Tronc- und Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmer der Gruppe A (TG-TV) in seiner hier maßgeblichen, seit dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung ist - auszugsweise - geregelt:

        

§ 5   

Stellenbeschreibung und Stellenbegrenzung

                 

Die nachfolgend beschriebenen Tätigkeiten sind in der Regel in den Räumlichkeiten der Spielbank auszuüben. ...

                          
                 

Die nachfolgenden Tätigkeitsbeschreibungen sind nicht abschließend, sondern zeigen lediglich die Hauptaufgaben der jeweiligen Position.

                 

Die in [ ] angegebenen Zahlen geben die maximal zu besetzenden Stellen an. Die Gesamtzahl aller Stellen wird auf maximal 110 begrenzt. …

                 

…       

                 

I.    

Spieltechnisches Personal

                          

…       

                          

7.    

Croupier I + II: Arbeitet am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen und kann zur Aufsicht am Spieltisch und bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.

                          

8.    

Croupier III - X: Arbeitet am Spieltisch und kann bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.

                          

9.    

Croupier-Anfänger I - III: Wird am Spieltisch eingearbeitet.

                          

...     

        
        

§ 6     

Beförderungsrhythmus und -voraussetzungen

                 

1.    

Grundvoraussetzung für eine Beförderung ist neben einer freien Planstelle nach § 5 die positive Beurteilung der Mitarbeiterleistung und/oder die Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können spieltechnische Mitarbeiter bis zum Erreichen der Croupierstufe I … in der Regel nach einem Jahr in die nächsthöhere Besoldungsstufe gemäß § 7 befördert werden.

                 

2.    

In die Croupierstufe X kann nur übernommen werden, wer am Kessel des französischen Roulettes und am Black Jack einsetzbar ist, in die Croupierstufe V nur, wer darüber hinaus auch am American Roulette einsetzbar ist, in die Croupierstufe II nur, wer in allen angebotenen Spielen erfolgreich an einer Grundausbildung teilgenommen hat.“

4

Klammerzusätze mit festen Zahlen zur Stellenbegrenzung iSv. § 5 Abs. 3 TG-TV sind den Positionen Croupier I bis X nicht beigefügt.

5

§ 7 TG-TV („Anteilstabelle und Mindestabschläge“) ordnet den in § 5 I TG-TV beschriebenen Positionen tabellarisch eine unterschiedlich hohe Punktzahl zu. Diese bestimmt darüber, mit welchem Anteil die Mitarbeiter der Spielbank an der Verteilung des Tronc-Aufkommens beteiligt sind. Für den auf Position 7 geführten Croupier I sind 204 und für den auf Position 9 geführten Croupier III 180 jährliche Anteile festgelegt. In den Tronc fließen die Trinkgelder spielender Gäste. Eigene Mittel setzt die Beklagte nur ein, wenn das Aufkommen dieser Zuwendungen unter eine bestimmte Garantiegrenze fällt.

6

Die Regelungen in §§ 5 bis 7 TG-TV wurden mehrfach geändert. In Protokollnotizen zu § 7 TG-TV idF vom 11. April 1996 heißt es unter Nr. 10:

        

„Zwischen den Tarifvertragsparteien besteht eine grundsätzliche Übereinstimmung hinsichtlich der Einführung eines Zuschlags wegen der tatsächlichen Mitarbeit bei folgenden Angeboten der Spielbank:

                 

Am Roul, Black Jack, Poker

        

Über Einzelheiten einer entsprechenden Regelung werden die Tarifvertragsparteien zu gegebener Zeit verhandeln.“

7

Am 6. Oktober 2003 schlossen die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag zur Einführung leistungs- und anwesenheitsorientierter Vergütung (TV Leistung). Dieser sieht „zur Erhöhung der Leistungsbereitschaft und zur Verminderung von Ausfalltagen“ neben der Vergütung nach dem TG-TV zusätzliche Leistungen vor, deren Höhe sich nach „Einsetzbarkeit“, „Arbeitsqualität“, „Serviceorientierung“ und „Führungsverhalten“ der Mitarbeiter richtet. Ausschlaggebend ist ein - tariflich näher festgelegter - „Erreichungsgrad“ dieser Kriterien.

8

Bereits zum 1. April 1991 war der Kläger in die Croupierstufe I „übernommen“ worden. In der Folgezeit teilte er der Beklagten mit, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, in stehender Position am Tisch des American Roulette zu arbeiten. Daraufhin wurde er - über Jahre hinweg - nicht bei diesem Spiel eingesetzt. In einem ärztlichen Attest vom 11. Oktober 2010, das er der Beklagten auf Bitte vorlegte, heißt es:

        

„O. g. Patient ist nicht in der Lage aufgrund der anerkannten Behinderung in stehender Position am American Roulett/Roulite Tisch bis auf weiteres zu arbeiten.“

9

Mit Schreiben vom 21. März 2011 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu ihrer Absicht an, gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung mit dem Ziel zu erklären, ihn künftig als Croupier III zu beschäftigen und entsprechend zu vergüten. Außerdem bat sie um Zustimmung zur Versetzung und Umgruppierung des Klägers. Der Betriebsrat meldete gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen Bedenken an. Der „Versetzung“ des Klägers „zur Croupierstufe III“ widersprach er.

10

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - mit Zustimmung des Integrationsamts und nach neuerlicher Anhörung des Betriebsrats - ordentlich zum 31. Juli 2012. Die Kündigung verband sie mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. August 2012 wie folgt fortzusetzen:

        

„-    

Tätigkeit gemäß dem Aufgabengebiet der Tarifstufe Croupier III (kein Einsatz am American Roulette)

        

-       

Vergütung gemäß der Tarifstufe Croupier III mit 15 Anteilen pro Monat

        

-       

Die übrigen Arbeitsbedingungen bleiben unverändert fortbestehen.“

11

Der Kläger nahm das Angebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung an. Mit der vorliegenden Klage hat er sich rechtzeitig gegen die Änderung seiner Vertragsbedingungen gewandt. Der Kläger hat gemeint, die Änderung sei sozial ungerechtfertigt und auch aus anderen Gründen unwirksam. Er sei lediglich vorübergehend nicht in der Lage gewesen, im Stehen am Tisch des American Roulette zu arbeiten. Im Übrigen habe seine Tätigkeit jederzeit den Anforderungen der Croupierstufe I entsprochen. Auf seine krankheitsbedingt eingeschränkte Leistungsfähigkeit komme es nicht an. Die Änderung seiner Vertragsbedingungen sei auch unverhältnismäßig. Möglichkeiten, das Leistungshindernis auszuräumen, hätten durchaus bestanden. Insoweit treffe die Beklagte, die - unstreitig - ein bEM nicht durchgeführt habe, eine verschärfte Darlegungslast, der sie nicht nachgekommen sei. Auch habe sie ein etwaiges Recht zur „Umgruppierung“ verwirkt und es versäumt, den Betriebsrat ordnungsgemäß anzuhören.

12

Der Kläger hat - wörtlich - beantragt

        

festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 20. Dezember 2011 weder sozial gerechtfertigt noch aus anderen Gründen rechtswirksam sind.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Änderung der Vertragsbedingungen sei durch Gründe in der Person des Klägers bedingt. Sie habe den Kläger seit vielen Jahren nicht mehr - wie tarifvertraglich vorausgesetzt - an allen angebotenen Spielen einsetzen können. Eine Besserung seines Gesundheitszustands sei nicht absehbar gewesen. Aufgrund seiner nur eingeschränkten Einsatzfähigkeit stehe ihm die Tarifstufe Croupier I nicht mehr zu. Die Möglichkeit, ihn als Aufsicht zu beschäftigen, sei nicht „relevant“. Abgesehen davon sei er in dieser Funktion mangels positiver Beurteilung nicht einsetzbar und seit dem Jahr 2005 auch nicht eingesetzt worden. Die Beibehaltung der bisherigen Vertragsbedingungen führe zu nicht mehr tragbaren Ungerechtigkeiten im Verhältnis zu Mitarbeitern, die an allen Tischen arbeiten könnten. Eines Präventionsverfahrens oder eines bEM habe es nicht bedurft. Abgesehen davon sei die Änderung der Vertragsbedingungen unvermeidbar gewesen. Den Betriebsrat habe sie ordnungsgemäß unterrichtet.

14

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Feststellungsklage zu Unrecht abgewiesen.

16

A. Die von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzungen für die Fortsetzung des Prozesses liegen vor. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger durch Zwischenurteil Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufungsbegründung gewährt. Die Wiedereinsetzung ist gemäß § 238 Abs. 3, § 525 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG unanfechtbar und für den Senat bindend(BAG 24. Januar 2012 - 9 AZR 440/10 - Rn. 11; 25. April 2006 - 3 AZR 50/05 - Rn. 17).

17

B. Die Klage ist begründet. Die Änderung der Vertragsbedingungen des Klägers durch die Kündigung vom 20. Dezember 2011 ist sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2, § 2 Satz 1 KSchG.

18

I. Die dem Kläger angetragene Änderung der Arbeitsbedingungen zielte auf eine Änderung seines Aufgabenbereichs und damit einhergehend auf eine Änderung der Vergütung. Statt der bisher zugewiesenen Tätigkeit gemäß der Croupierstufe I sollte er künftig eine Tätigkeit verrichten, die - aus Sicht der Beklagten - der tariflich niedriger bewerteten Croupierstufe III entspricht. Dabei nahm das Änderungsangebot für den Inhalt der Tätigkeit - konkludent - auf die „Stellenbeschreibung“ in § 5 I Nr. 8 TG-TV Bezug, die den Aufgabenbereich dahin definiert, dass der Arbeitnehmer „am Spieltisch“ arbeitet. Die Vergütung sollte sich nach der Croupierstufe III richten und insoweit der geänderten Tätigkeit angepasst werden. Die im Angebot genannten 15 Anteile entsprechen - auf den Monat umgerechnet - der in § 7 TG-TV für die Position Croupier III festgelegten Punktzahl, nach der sich die Beteiligung am Tronc bemisst. Im Übrigen sollte der Vertragsinhalt unverändert bestehen bleiben. Das schloss - für den Kläger erkennbar - die Geltung der jeweiligen Haustarifverträge ein.

19

II. Die angestrebte Änderung der Tätigkeit erforderte eine Vertragsänderung iSv. § 2 Satz 1 KSchG. Die Beklagte war nicht schon aufgrund ihres Direktionsrechts (§ 106 Satz 1 GewO) berechtigt, dem Kläger eine der Croupierstufe III TG-TV entsprechende Tätigkeit zu übertragen. Ein „überflüssiges“ Änderungsangebot liegt damit nicht vor (zur Problematik vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 124/14 - Rn. 30 ff.; 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 29 mwN).

20

1. Die Änderungskündigung zielte nicht nur auf die Zuweisung einer anderen Arbeitsaufgabe im Rahmen der durch die bisherigen Vertragsregelungen eröffneten Einsatzmöglichkeiten eines Croupiers der Stufe I. Mit dem unterbreiteten Angebot wollte die Beklagte vielmehr eine dauerhafte Zuweisung einer der Croupierstufe III entsprechenden Tätigkeit mit entsprechend geringerer Vergütung erreichen (für eine auf das gleiche Ziel gerichtete außerordentliche Änderungskündigung vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 15).

21

2.  Mit der Beförderung des Klägers zum Croupier I im Jahr 1991 auf der Grundlage der Beförderungsregelungen des § 6 TG-TV waren seine Beschäftigung im Aufgabenbereich eines Croupiers dieser Stufe und der Anspruch auf die entsprechende Vergütung Inhalt der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien geworden. Damit war der Beklagten eine Rückstufung des Klägers verbunden mit der Herabsetzung seines Vergütungsanspruchs nicht einseitig im Wege des Direktionsrechts, sondern nur unter Änderung der vertraglichen Vereinbarungen möglich (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 15; 28. August 2008 - 2 AZR 967/06 - Rn. 26, BAGE 127, 342).

22

III. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 seiner Bestimmungen das KSchG Anwendung. Die Änderung der vereinbarten Vertragsbedingungen ist nicht durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt und deshalb sozial ungerechtfertigt.

23

1. Eine Änderung der Arbeitsbedingungen iSv. § 2 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und das Änderungsangebot des Arbeitgebers sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 22, BAGE 148, 227; 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 24 mwN). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 163/11 - Rn. 13; 23. Februar 2012 - 2 AZR 45/11 - Rn. 11). Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise akzeptieren muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beurteilen. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle angebotenen Vertragsänderungen vorliegen. Keine von ihnen darf sich weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - aaO; 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 35).

24

2. Eine Änderung der Vertragsbedingungen kann auch durch eine krankheitsbedingte Leistungsminderung bedingt sein. In einem solchen Fall ist ihre soziale Rechtfertigung - wie bei einer Beendigungskündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen oder wegen langanhaltender Erkrankung - in drei Stufen zu prüfen. Innerhalb der einzelnen Prüfungsschritte können sich mit Blick auf die Eigenart des Kündigungsgrundes gewisse Unterschiede ergeben (BAG 12. Juli 1995 - 2 AZR 762/94 - zu 4 b der Gründe; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - zu III 3 c der Gründe; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 379). Danach ist zunächst - erste Stufe - eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustands erforderlich. Die bisherigen und nach der Prognose zu erwartenden Auswirkungen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit müssen zudem - zweite Stufe - zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen. Liegen diese im wirtschaftlichen Bereich, kommt es darauf an, ob die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers die berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße unterschreitet, dass ihm das Festhalten am bisherigen Arbeitsvertrag unzumutbar wird; eine lediglich geringfügige - qualitative oder quantitative - Minderleistung reicht dafür nicht aus (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 20; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - aaO). Im Rahmen einer abschließenden Interessenabwägung - dritte Stufe - ist schließlich zu prüfen, ob die erheblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Erkrankungen auf betrieblichen Ursachen beruhen, ferner ist auf das Alter des Arbeitnehmers und darauf Bedacht zu nehmen, wie lange das Arbeitsverhältnis ungestört verlaufen ist (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 13, 52; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - aaO).

25

3. Diesen Maßstäben wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht. Zwar war der Kläger im Kündigungszeitpunkt nicht in der Lage, unter den gegebenen Bedingungen im Stehen am Tisch des American Roulette zu arbeiten, und seine gesundheitliche Prognose war insoweit negativ. Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung trägt aber nicht das Ergebnis, die eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Klägers habe zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen geführt.

26

a) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Prognose der weiteren gesundheitlichen Entwicklung des Klägers sei negativ. Die damit verbundene Würdigung, eine Besserung des Zustands sei in absehbarer Zeit nicht zu erwarten, liegt auf tatsächlichem Gebiet. Sie ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. BAG 26. März 2015 - 2 AZR 237/14 - Rn. 40; 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 28). Einen solchen Rechtsfehler zeigt der Kläger nicht auf. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war er schon vor der Kündigung über Jahre hinweg in seinem Leistungsvermögen eingeschränkt, ohne dass erkennbar eine Besserung eingetreten wäre. Diesem Umstand kam Indizwirkung für die weitere Entwicklung zu (vgl. dazu BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 17; 10. November 2005 - 2 AZR 44/05 - Rn. 24 mwN). Die Einschätzung des Landesarbeitsgerichts, die ärztliche Bescheinigung vom 11. Oktober 2010 lasse offen, ob und in welchem Rahmen eine Genesung zu erwarten sei, und das Attest sei deshalb ungeeignet, die aus der bisherigen Leistungseinschränkung resultierende Vermutung zu entkräften, hält sich im Beurteilungsspielraum des Tatsachengerichts. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, sein körperliches Leiden sei zwischenzeitlich geheilt, ist dies schon deshalb unbeachtlich, weil es sich um neuen, in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossenen (§ 559 Abs. 1 ZPO) Tatsachenvortrag handelt.

27

b) Demgegenüber wird die weitergehende Annahme des Landesarbeitsgerichts, die gesundheitlich bedingte Einschränkung habe „auf Dauer“ bestanden, von den bisherigen Feststellungen nicht getragen. Zwar steht die völlige Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einer dauernden Leistungsunfähigkeit dann gleich, wenn jedenfalls in den auf die Kündigung folgenden 24 Monaten mit einer Genesung nicht gerechnet werden konnte (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 18; 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14 mwN). Eine solche Vermutung kann auch bei krankheitsbedingt verminderter Leistungsfähigkeit eingreifen. Das Landesarbeitsgericht hat aber zur Basis für eine solche Vermutung keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Es hat sich auf die Überlegung beschränkt, ein Ende der „gegenwärtigen“ Beeinträchtigung sei nicht absehbar. Das reicht - auch wegen des unklaren zeitlichen Bezugspunkts - nicht aus. Aus der bloßen Ungewissheit einer Genesung folgt nicht, dass für eine Dauer von 24 Monaten nach Kündigungszugang das Ausbleiben einer Gesundung nach medizinischen Erkenntnissen gewiss gewesen wäre (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 20; 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14).

28

c) Die Dauerhaftigkeit der Leistungseinschränkung kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden. Auch unter dieser Prämisse ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht berechtigt, die Einschränkung der Verwendungsmöglichkeiten des Klägers führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen.

29

aa) Eine solche Beeinträchtigung liegt nicht etwa auf der Hand. Der Sachverhalt ist nicht mit dem einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit vergleichbar, die den Arbeitnehmer außerstande setzte, die vertraglich festgelegte Arbeitsleistung überhaupt zu erbringen. Bei dieser Sachlage sind die betrieblichen Interessen regelmäßig schon dann erheblich beeinträchtigt, wenn der Arbeitgeber - prognostisch - zumindest für die nächsten 24 Monate gehindert ist, sein Direktionsrecht auszuüben und Arbeitsleistungen abzurufen; näherer Darlegungen von seiner Seite bedarf es dazu nicht (vgl. BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14; 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 11 mwN, BAGE 135, 361). Dagegen war der Kläger im vorliegenden Fall nur nicht mehr in der Lage, in der gesamten Bandbreite der von einem Croupier I zu betreuenden Spiele eingesetzt zu werden. Er fiel aufgrund seiner Beschwerden nicht etwa bei jedem Spiel teilweise aus, er konnte vielmehr sämtliche Spiele umfassend selbständig betreuen, lediglich das Spiel American Roulette nicht. Ob auch darin eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen liegt, bedarf näherer Prüfung.

30

bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die krankheitsbedingte Beeinträchtigung des Klägers führe bei Beibehaltung der bisherigen Vergütung zu einer übertariflichen Bezahlung und damit zu einer Verletzung der Ausgewogenheit des betrieblichen Vergütungssystems. Die Beklagte sei ohne Rückstufung gehalten, den Kläger auf unabsehbare Zeit höher zu vergüten, als es nach der Tariflage geboten sei. Hinzu komme, dass die Mittel zur Vergütung der Croupiers allein aus dem Tronc aufgebracht und nach einem Punktesystem verteilt würden. Die übertarifliche Vergütung wirke sich auf diese Weise nachteilig auf die Vergütung der übrigen Mitarbeiter aus, die überdies durch ihren verstärkten Einsatz beim Spiel American Roulette beeinträchtigt seien. Auch sei die Planungs- und Organisationsfreiheit der Beklagten - insbesondere im Zusammenhang mit Urlaubs- und Krankheitszeiten anderer Arbeitnehmer - über das Maß des Notwendigen hinaus eingeschränkt.

31

cc) Diese Würdigung ist nicht ohne Rechtsfehler.

32

(1) Der Kläger hat kein „übertarifliches“ Gehalt bezogen. Die Vergütung eines spieltechnischen Mitarbeiters hängt nach der einschlägigen tariflichen Vergütungsordnung nicht davon ab, ob seine Tätigkeit bestimmten „Merkmalen“ der tariflichen „Stellenbeschreibung“ (§ 5 I TG-TV) gerecht wird. Maßgeblich ist vielmehr die dem Mitarbeiter aufgrund seiner „Beförderung“ übertragene Position (§ 7 iVm. § 6 TG-TV). Fallen die Voraussetzungen für eine „Übernahme“ des Mitarbeiters in die ihm übertragene Position später weg und wird seine tatsächliche Einsetzbarkeit geringer, hat allein dies auf seine tarifliche Position keinen Einfluss. Die Einsatzfähigkeit des spieltechnischen Mitarbeiters ist - auch soweit §§ 5, 6 TG-TV die Einsetzbarkeit voraussetzen - kein für seine Eingruppierung relevantes Kriterium. Das ergibt die Auslegung.

33

(a) Tarifverträge sind wegen ihres normativen Charakters wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 853/13 - Rn. 22; 15. Mai 2013 - 7 AZR 665/11 - Rn. 44 mwN, BAGE 145, 142).

34

(b) Die Tabelle des § 7 TG-TV knüpft den jeweiligen Vergütungsanspruch an eine bestimmte Position - hier Croupier I - und legt fest, mit welcher Punktzahl diese an der Verteilung des Tronc teilnimmt. Die in der Tarifvorschrift bezeichneten Positionen sind in § 5 TG-TV hinsichtlich ihrer „Hauptaufgaben“ näher beschrieben. Weder dem Wortlaut der Bestimmungen noch dem tariflichen Zusammenhang ist dabei zu entnehmen, dass es für den Anspruch auf die Vergütung bzw. das Innehaben der Position darauf ankäme, ob die Tätigkeit des Arbeitnehmers das tarifliche Stellenprofil in jeder Hinsicht und in vollem Umfang ausfüllt. Maßgebend ist nach Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Regelungen allein die in § 6 TG-TV geregelte „Übernahme“ bzw. „Beförderung“ des Mitarbeiters. Ihr kommt hinsichtlich der Stellenbesetzung konstitutive Wirkung zu.

35

(c) Für die „Übernahme“ bzw. „Beförderung“ verlangt § 6 TG-TV - neben der Erfüllung bestimmter Eignungs- bzw. Befähigungsvoraussetzungen und ggf. dem Verstreichen einer einjährigen Wartezeit - das Vorhandensein einer freien „Planstelle“. Dieses Erfordernis korrespondiert mit § 5 Abs. 3 TG-TV und trägt, ebenso wie die dort vorgegebene Begrenzung der Stellenanzahl, der Vergütung nach dem Tronc-Prinzip Rechnung. Auch die „Übernahme“ oder „Beförderung“ in eine bestimmte Position hängt nicht davon ab, dass der Arbeitnehmer Aufgaben verrichtet, die für die fragliche Stelle charakteristisch sind. Vielmehr bestimmt sich - umgekehrt - durch die Übertragung der betreffenden Position der tariflich vorgegebene Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung.

36

(d) Richtet sich demnach die „Einreihung“ in das tarifliche Vergütungsschema nicht nach einer bestimmten ausgeübten oder auszuübenden Tätigkeit, sondern ausschließlich nach der übertragenen Position, so hat es auf die Vergütung jedenfalls keinen unmittelbaren Einfluss, wenn nach der Übernahme auf eine bestimmte Position ein für diese Bewertung charakteristisches Merkmal nicht mehr erfüllt wird (ähnlich für die Eingruppierung von Lehrkräften: BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21; 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 19 ff., BAGE 126, 149).

37

(e) Im Übrigen ist es auch nach der Tätigkeitsbeschreibung für den Croupier in § 5 I Nr. 7 TG-TV nicht erforderlich, dass dieser jederzeit der gesamten Bandbreite der möglichen Aufgaben gerecht wird.

38

(aa) § 5 I Nr. 7 TG-TV beschreibt iVm. § 5 Abs. 2 TG-TV die „Hauptaufgaben“ eines Croupiers der Stufen I und II dahin, dass dieser „am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen (arbeitet)“. Mit diesem Merkmal hebt sich die Tätigkeit aus den „Hauptaufgaben“ eines Croupiers der Stufen III bis X heraus, die in § 5 I Nr. 8 TG-TV dahin umschrieben sind, dass er „am Spieltisch (arbeitet)“.

39

(bb) § 5 I Nr. 7 TG-TV setzt erkennbar nicht voraus, dass der Arbeitnehmer bei „allen angebotenen Spielen“ auch tatsächlich zum Einsatz kommt. Andernfalls wäre die Bestimmung schwer verständlich und kaum handhabbar, zumal eine gleichzeitige Beschäftigung an mehreren Spieltischen praktisch ausscheidet und die Tarifvertragsparteien keine Zeitspanne vorgegeben haben, binnen derer die Arbeit rollierend bei allen Spielen erfolgen müsste. Sachgerecht kann die Regelung nur als Rahmen für das Direktionsrecht des Arbeitgebers verstanden werden. Sie beschreibt die Verpflichtung des Arbeitnehmers, auf Anforderung des Arbeitgebers - ggf. im Wechsel - an jedem beliebigen Spiel Arbeit zu leisten. Die Konkretisierung der Arbeitsleistung im Hinblick auf Spiel und Spieltisch bleibt dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO überlassen. Charakteristisches Merkmal der „Tätigkeit“ eines Croupiers der Stufen I und II ist ein gegenüber den niedriger bewerteten Positionen erweitertes Aufgabenspektrum.

40

(cc) Soweit allerdings der Kläger mit Blick auf § 6 Abs. 2 TG-TV gemeint hat, eine Tätigkeit genüge schon dann dem Anforderungsprofil des Croupier I und II, wenn der betreffende Mitarbeiter in allen angebotenen Spielen an einer Grundausbildung teilgenommen habe und darüber hinaus überhaupt am Spieltisch arbeite, überzeugt das nicht. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 TG-TV beschreibt die Qualifikation, über die ein spieltechnischer Mitarbeiter verfügen muss, um in die entsprechenden Stufen übernommen werden zu können. Sie ergänzt § 6 Abs. 1 TG-TV, der als „Grundvoraussetzung“ der Beförderung die „Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position“ nennt. Von der „Eignung“ ist die „Einsetzbarkeit“ im Rahmen der fraglichen Aufgabenbeschreibung mit umfasst. Schon für die Übernahme eines Mitarbeiters in die geringer bewerteten Croupierstufen X und V ist seine „Einsetzbarkeit“ an bestimmten Spielen - am Kessel des französischen Roulette und am Black Jack bzw. zusätzlich am American Roulette - erforderlich. Aus dem Umstand, dass es für die Croupierstufen I und II an einer ausdrücklichen Aufzählung der Spiele, an denen er „einsetzbar“ sein muss, fehlt, kann nicht geschlossen werden, dass es auf dieses Erfordernis im Rahmen des weiteren Aufstiegs nicht mehr ankäme. Die Tarifvertragsparteien gehen vielmehr erkennbar davon aus, dass es sich ohne Weiteres aus der in § 5 I Nr. 7 TG-TV beschriebenen Aufgabenstellung ergibt.

41

(dd) Auch wenn die tarifvertraglichen Regelungen auf die „Einsetzbarkeit“ abstellen, kann ihnen nicht entnommen werden, dass Voraussetzung für die Übertragung der Position eines Croupier I und seine Einreihung in die entsprechende Vergütungsstufe des § 7 TG-TV die gesundheitliche Fähigkeit des Mitarbeiters wäre, stets Arbeit bei allen angebotenen Spielen zu leisten.

42

(aaa) § 5 TG-TV enthält Stellenbeschreibungen. Die Regelung legt die Bandbreite möglicher Arbeitsleistungen fest. Bestimmte Konsequenzen für den Fall einer Leistungsminderung lassen sich hieraus nicht ableiten. Das gilt umso mehr, als Einschränkungen des gesundheitlichen Leistungsvermögens, die dazu führen, dass der Arbeitnehmer nicht mehr alle Aufgaben innerhalb der möglichen Bandbreite erledigen kann, nicht das Weisungsrecht als solches tangieren, sondern allenfalls dessen Ausübung im Einzelfall begrenzen.

43

(bbb) Soweit § 6 TG-TV als Grundvoraussetzung für eine Beförderung „die Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position“ nennt, fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass die Tarifvertragsparteien damit auch auf die gesundheitliche Leistungsfähigkeit abstellen wollten. Dagegen spricht vielmehr, dass bei diesem Verständnis der Tarifbestimmung jede noch so kurzfristige Herabsetzung des Leistungsvermögens die Voraussetzungen für die Beförderung bzw. Eingruppierung entfallen ließe. Dagegen sprechen ferner die Regelungen im TG-TV, die mit Blick auf den jeweiligen „Erreichungsgrad“ der „Einsetzbarkeit“ die Zahlung eines Zuschlags vorsehen. Ob die gegenteilige Lesart nicht zu entgeltfortzahlungs- und diskriminierungsrechtlichen Problemen führen würde, kann deshalb dahinstehen.

44

(2) Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen liegt auch mit Blick auf die weiteren vom Landesarbeitsgericht angeführten Umstände nicht vor.

45

(a) Dessen Annahme, die Vergütung des Klägers als Croupier I wirke sich nachteilig auf die anderen aus dem Tronc bezahlten Arbeitnehmer aus, beruht auf der fehlerhaften Auffassung, der Kläger beziehe ein übertarifliches Gehalt bzw. sei übertariflich eingruppiert. Das Landesarbeitsgericht lässt zudem unberücksichtigt, dass der Anspruch auf die Vergütung nach der Croupierstufe I nicht davon abhängt, ob der Arbeitgeber per Direktionsrecht das sich aus § 5 I Nr. 7 TG-TV ergebende Einsatzspektrum voll ausschöpft und der Mitarbeiter - rollierend - an allen oder doch einer Mindestanzahl von Spielen zum Einsatz kommt.

46

(b) Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen folgt nicht daraus, dass die Einsatzbeschränkung des Klägers womöglich einen verstärkten Einsatz der übrigen Mitarbeiter beim American Roulette zur Folge hatte (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 22). Die Beklagte hat nicht dargelegt, welche konkrete, auf Dauer unzumutbare Mehrbelastung sich daraus im Vergleich zum Einsatz bei anderen Spielen, etwa Black Jack oder Poker, ergeben soll. Ebenso wenig hat sie dargetan, dass infolge der verstärkten Heranziehung anderer Mitarbeiter zum Spiel American Roulette eine konkrete Störung des Betriebsfriedens eingetreten sei. Auf sonstige schutzwürdige Belange anderer Arbeitnehmer, denen sie im Rahmen der Ausübung ihres Direktionsrechts Rechnung zu tragen hätte, hat sich die Beklagte nicht berufen.

47

(c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte werde durch die Leistungseinschränkung des Klägers „über das Maß des Notwendigen“ in ihrer Planungs- und Organisationsfreiheit beeinträchtigt, ist mit Tatsachen nicht belegt. Konkrete, durch den Ausfall des Klägers beim American Roulette bedingte Störungen im Betriebsablauf sind weder festgestellt noch hat die Beklagte dazu vorgetragen. Der Umstand, dass sie mit Blick auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers in der Ausübung ihres Direktionsrechts entsprechend einschränkt ist, stellt für sich allein keine Beeinträchtigung der betrieblichen Belange dar, die im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG erheblich wäre(vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 22).

48

4. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen ergibt sich im Streitfall nicht daraus, dass das Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung mehr als nur geringfügig gestört wäre. Dies vermag der Senat abschließend zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

49

a) Die Beklagte hat dem Kläger mit seiner „Übernahme“ in die Position Croupier I Arbeitsaufgaben übertragen, die der tariflichen Tätigkeitsbeschreibung (§ 5 I Nr. 7 TG-TV) entsprechen. Aufgrund seiner krankheitsbedingten Unfähigkeit, am Tisch des American Roulette im Stehen zu arbeiten, konnte sie den Kläger in einem Teilbereich des vereinbarten Leistungsspektrums nicht mehr einsetzen. Die sich daraus ergebende Beschränkung ihres Direktionsrechts ist nicht deshalb unbeachtlich, weil sie keinen unmittelbaren Einfluss auf die tarifliche „Eingruppierung“ hatte. Die Tarifvertragsparteien bewerten - wie gezeigt - eine Tätigkeit, die der Croupierstufe I entspricht, gegenüber derjenigen eines Croupiers der Stufe III unter anderem deshalb höher, weil der Mitarbeiter „bei allen angebotenen Spielen (arbeitet)“. Die Verwendungsbreite des Croupiers ist damit nach der tariflichen Vergütungsordnung ein wertbestimmender Faktor.

50

b) Für die Beurteilung, ob die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, der nicht mehr innerhalb der gesamten Bandbreite der geschuldeten Aufgaben eingesetzt werden kann, die berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße unterschreitet, dass diesem das Festhalten an den bisherigen Vertragsbedingungen unzumutbar wird, kann die Bewertung der Tarifvertragsparteien in einer dem Arbeitsvertrag zugrunde liegenden tariflichen Vergütungsordnung maßgebende Bedeutung gewinnen. Ist ein Arbeitnehmer mit seinem Restleistungsvermögen voraussichtlich auf Dauer oder doch für zumindest 24 Monate nach der Kündigung nicht mehr in der Lage, überhaupt eine der charakteristischen Tätigkeiten der betreffenden tariflichen Stellenbeschreibung ohne Einschränkung zu verrichten, spricht viel dafür, dass wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers dadurch erheblich beeinträchtigt sind (vgl. dazu BAG 11. Dezember 2003 - 2 AZR 667/02 - zu B III 2 d der Gründe, BAGE 109, 87; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - zu III 3 c cc der Gründe; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 386; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 131 Rn. 45; Greiner RdA 2007, 22, 30 ff.). So verhält es sich im vorliegenden Fall aber nicht. Die Leistungsminderung des Klägers wirkt sich nur auf eine der mehreren in § 5 I Nr. 7 TG-TV beschriebenen „Hauptaufgaben“ aus, die dort im Übrigen nicht einmal abschließend aufgeführt sind(§ 5 Abs. 2 TG-TV). Der Kläger konnte mit seinem verbliebenen Leistungsvermögen an einer Vielzahl von angebotenen Spielen weiterhin tätig werden. Selbst beim American Roulette war er lediglich auf einer bestimmten Position nicht mehr einsetzbar. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass er damit hinter der „Normalleistung“ eines uneingeschränkt einsatzfähigen Croupiers I mehr als nur geringfügig zurückgeblieben wäre. Dies ist angesichts der Vielzahl der angebotenen Spiele und der weiteren sich aus § 5 TG-TV ergebenden möglichen Verwendungen auch objektiv nicht ersichtlich.

51

IV. Angesichts dessen bedarf es keiner Entscheidung, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers aus anderen Gründen sozial ungerechtfertigt oder unwirksam ist. Auf die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Versetzung und - wohl auch - zur Umgruppierung in die Croupierstufe III, deren Ersetzung die Beklagte in einem parallel geführten Beschlussverfahren begehrt, kam es nicht an. Ohnehin ist die Zustimmung des Betriebsrats nach §§ 99 ff. BetrVG keine Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Änderungskündigung, die die vertraglichen Voraussetzungen für die fraglichen personellen Maßnahmen schaffen will (zur Versetzung vgl. BAG 12. August 2010 - 2 AZR 104/09 - Rn. 30; 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 15 ff., BAGE 134, 154; zur Umgruppierung vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 840/12 - Rn. 24; 28. August 2008 - 2 AZR 967/06 - Rn. 33, BAGE 127, 342). Eine Aussetzung (§ 148 ZPO) des vorliegenden Rechtsstreits bis zur Erledigung des mittlerweile beim Bundesarbeitsgericht anhängigen Zustimmungsersetzungsverfahrens (- 1 ABR 48/14 -) war damit nicht angezeigt.

52

C. Die Beklagte hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Der Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft
ist infolge seiner Versetzung in den Ruhestand
mit Ablauf des 31. Januar 2016
an der Unterschriftsleistung verhindert.
Rachor    

        

    Rachor    

        

    Niemann    

        

        

        

    Krichel    

        

    Jan Eulen     

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Juli 2012 - 10 Sa 890/12 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 23. November 2011 - 2 Ca 561/11 - durch die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien am 30. Juni 2011 geendet hat, und durch die Verurteilung des beklagten Erzbistums zur Zahlung von 1.323,46 Euro brutto „abzüglich 2.694,15 Euro netto“ zurückgewiesen hat.

2. Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung und über Vergütungsansprüche.

2

Die 1972 geborene Klägerin war seit Februar 1998 bei dem beklagten Erzbistum zunächst als Gemeindeassistentin und anschließend als Gemeindereferentin beschäftigt. Sie erhielt zuletzt Vergütung nach Entgeltgruppe 10 Stufe 5 der Anlage 5 (Entgelttabelle) zu § 23 der Kirchlichen Arbeits- und Vergütungsordnung für das beklagte Erzbistum(KAVO) in Höhe von etwa 3.900,00 Euro brutto monatlich.

3

Die Klägerin unterzeichnete vor Aufnahme ihrer Tätigkeit eine Erklärung mit welcher sie anerkannte, als Gemeindeassistentin bzw. -referentin in besonderer Weise am Sendungsauftrag der Kirche teilzunehmen. Sie verpflichtete sich, ihre arbeitsvertraglichen Pflichten in besonderem Maße loyal zu erfüllen und bei der Ausübung ihres Dienstes kirchliche Vorschriften zu beachten und zu wahren. Ferner nahm sie gemäß der Vereinbarung zur Kenntnis, dass die Anlage 20 zur KAVO sowie das Diözesane Statut für Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten im beklagten Erzbistum vom 11. September 1995 (Kirchliches Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn 1996 Stück 3 Nr. 30) nebst Anlagen in den jeweiligen Fassungen Bestandteil ihres Anstellungsvertrags seien.

4

Mit Urkunde vom 5. Februar 2000 beauftragte der Erzbischof von Paderborn die Klägerin in einer liturgischen Feier zum Dienst als Gemeindereferentin im beklagten Erzbistum und verlieh ihr zugleich die Lehrbefugnis zur Erteilung des katholischen Religionsunterrichts an Grund-, Haupt-, Sonder-, Real- und Gesamtschulen (missio canonica).

5

Nachdem die Klägerin zunächst im Pastoralverbund S tätig war, setzte das beklagte Erzbistum sie ab Mai 2007 auf ihren Wunsch im Pastoralverbund Paderborn ein. Ihre Klage auf Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, ihren Wohnsitz in die Einsatzgemeinde zu verlegen, wies das Landesarbeitsgericht im August 2009 ab. Die Entscheidung wurde rechtskräftig.

6

Von Ende Januar 2009 bis Ende Februar 2010 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 25. Januar 2010 beantragte sie ihre Umsetzung in den Pastoralverbund Se oder den Pastoralverbund H. In einem Gespräch über ihren künftigen Einsatz wurde ihr mitgeteilt, dass ihr die kanonische Beauftragung zum Dienst als Gemeindereferentin entzogen werden solle. Das beklagte Erzbistum hörte die Klägerin zu dieser Absicht außerdem mit Schreiben vom 11. Februar 2010 an.

7

Mit Dekret vom 16. März 2010 entzog das beklagte Erzbistum der Klägerin die mit Urkunde vom 5. Februar 2000 erteilte kanonische Beauftragung mit sofortiger Wirkung. Die Beauftragung stelle einen innerkirchlichen Rechtsakt dar, der zurückgenommen werden könne und müsse, wenn das für eine pastorale Tätigkeit im Auftrag des Diözesanbischofs erforderliche Vertrauensverhältnis dauerhaft und irreparabel beschädigt sei. Die Klägerin habe während des Verfahrens über die Residenzpflicht wiederholt unwahre und ehrverletzende Tatsachenbehauptungen zum Nachteil des Bistums, des Bischofs und von Mitarbeitern getätigt oder derartige Behauptungen durch ihren Ehemann geduldet und diese durch gezielten Einsatz der Presse in die Öffentlichkeit getragen. Die Behauptungen seien in hohem Maße geeignet gewesen, das Ansehen der Kirche und das Vertrauensverhältnis zum Bischof zu beschädigen.

8

Die Klägerin beantragte erfolglos die Aussetzung des Vollzugs und Rücknahme des Dekrets. Ihre Beschwerde an den Apostolischen Stuhl nach can. 1737 des Codex Iuris Canonici in der Fassung vom 25. Januar 1983 (CIC) wies die congregatio pro clericis mit Dekret vom 16. Oktober 2010 zurück.

9

Im April 2010 wies das beklagte Erzbistum der Klägerin eine Tätigkeit im audiovisuellen Archiv des Instituts für Religionspädagogik und Medienarbeit zu, welcher diese zunächst nachkam. Mit Schreiben vom 13. Juli 2010 kündigte sie an, ab dem 26. Juli 2010 ein Zurückbehaltungsrecht an ihrer Arbeitsleistung wegen nicht vertragsgemäßer Beschäftigung geltend zu machen. In einem Personalgespräch von diesem Tage wurde ihr angeboten, eine Arbeitshilfe für den „Materialkoffer zum Christentum“ für den Einsatz in der Grundschule zu erstellen. Die Tätigkeit betreffe religionspädagogische Aufgaben, entspreche in vollem Umfang ihrer Ausbildung und sei der Entgeltgruppe 9 bis 10 zuzuordnen. Die Klägerin lehnte die angebotene Beschäftigung ab. Das beklagte Erzbistum zahlte ihr daraufhin ab dem 26. Juli 2010 kein Arbeitsentgelt mehr.

10

Die Klägerin erhob Klage auf Beschäftigung als Gemeindereferentin und Zahlung der vertraglichen Vergütung für die Zeit vom 26. Juli bis zum 30. September 2010. Nachdem der Klage erstinstanzlich überwiegend stattgegeben worden war, erklärte das beklagte Erzbistum mit Schreiben vom 2. und 22. Dezember 2010 - nach Anhörung der Mitarbeitervertretung - außerordentliche Kündigungen, jeweils verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen als Sekretärin mit einer Vergütung gemäß Entgeltgruppe 5 Stufe 5 KAVO fortzusetzen. Nach erneuter Anhörung der Mitarbeitervertretung erklärte es am 29. Dezember 2010, wiederum verbunden mit dem Angebot einer Weiterbeschäftigung als Sekretärin, eine ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2011. Die Klägerin lehnte das Änderungsangebot ab.

11

Auf die Berufung des beklagten Erzbistums wies das Landesarbeitsgericht im September 2011 das Begehren der Klägerin auf Beschäftigung als Gemeindereferentin und Zahlung der Vergütung für die Zeit bis zum 30. September 2010 ab. Es könne dahinstehen, ob dem Beschäftigungsanspruch bereits der Entzug der Beauftragung als Gemeindereferentin entgegenstehe. Er sei jedenfalls aufgrund der nicht offensichtlich unwirksamen Änderungskündigungen entfallen. Ein Vergütungsanspruch scheide aus, da die Klägerin das Angebot des Bistums, eine Arbeitshilfe für den Unterricht in der Grundschule zu erstellen, abgelehnt habe. Das Urteil wurde rechtskräftig.

12

Im vorliegenden Rechtsstreit hat sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Änderungskündigungen vom 2., 22. und 29. Dezember 2010 gewandt und für die Zeit vom 26. Juli bis zum 30. September 2010 Nachzahlung von insgesamt 103,24 Euro wegen einer zum 1. März 2010 erfolgten Vergütungserhöhung begehrt. Sie hat ferner die Zahlung von Verzugslohn für die Zeit vom 1. Oktober bis zum 2. Dezember 2010 in Höhe von insgesamt 8.286,03 Euro und der Weihnachtszuwendung für das Jahr 2010 in Höhe von 80 vH ihres Bruttomonatsgehalts verlangt. Auf den Gesamtbetrag in Höhe von 11.565,58 Euro brutto hat sie sich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts iHv. 2.694,15 Euro anrechnen lassen. Hilfsweise hat sie Anspruch auf Abgeltung von 27 Urlaubstagen erhoben.

13

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das beklagte Erzbistum könne sich zur Begründung der Änderungskündigungen nicht auf den Entzug ihrer kanonischen Beauftragung berufen. Anderenfalls vermöge es sich selbst einen Kündigungsgrund zu schaffen. Sie habe als Gemeindereferentin kein kirchliches Amt bekleidet, sondern sei lediglich zu einem Dienst beauftragt worden. Ihr Arbeitsverhältnis sei gekündigt worden, weil sie in vorangegangenen Prozessen ihre Rechte ausgeübt habe. Das Änderungsangebot sei unzumutbar, da es unnötig weit in ihre Rechte eingreife.

14

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentlichen Kündigungen seitens des beklagten Erzbistums vom 2. und 22. Dezember 2010 noch durch dessen ordentliche Kündigung vom 29. Dezember 2010 beendet worden ist;

        

2.    

das beklagte Erzbistum zu verurteilen, an sie 11.565,58 Euro brutto abzüglich 2.694,15 Euro netto zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 9,10 Euro seit dem 1. August 2010, aus 47,07 Euro seit dem 1. September 2010, aus weiteren 47,07 Euro seit dem 1. Oktober 2010, aus 3.970,39 Euro seit dem 1. November 2010, aus 7.146,70 Euro seit dem 1. Dezember 2010 sowie aus 345,25 Euro seit dem 1. Januar 2011 zu zahlen;

        

3.    

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) das beklagte Erzbistum zu verurteilen, an sie 4.947,75 Euro brutto abzüglich 2.266,29 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 1. Juli 2011 zu zahlen.

15

Das beklagte Erzbistum hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, jedenfalls die ordentliche Änderungskündigung sei aus Gründen in der Person der Klägerin sozial gerechtfertigt. Der Klägerin fehle nach dem Entzug der kanonischen Beauftragung die Voraussetzung für die Ausübung einer Tätigkeit als Gemeindereferentin. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirche verbiete es den Arbeitsgerichten, diesen in der kirchlichen Gerichtsbarkeit abschließend gewürdigten Sachverhalt einer eigenen Prüfung zu unterziehen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn, da sie nicht leistungsfähig gewesen sei. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung hänge davon ab, ob das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2011 ende. Solange dies nicht rechtskräftig feststehe, liege eine unzulässige Klage auf künftige Leistung vor.

16

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentlichen Änderungskündigungen nicht aufgelöst worden ist. Es hat das beklagte Erzbistum verurteilt, an die Klägerin eine anteilige Weihnachtszuwendung in Höhe von 1.323,46 Euro brutto abzgl. 2.694,15 Euro netto nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das beklagte Erzbistum zur Zahlung von Urlaubsabgeltung verurteilt. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter, soweit sie mit ihnen vor dem Landesarbeitsgericht unterlegen ist.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision hat teilweise Erfolg. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis sei durch die ordentliche Änderungskündigung des beklagten Erzbistums vom 29. Dezember 2010 zum 30. Juni 2011 aufgelöst worden. Ob die Kündigung wirksam ist, steht noch nicht fest. Von der der Klägerin zugesprochenen - anteiligen - Weihnachtszuwendung für das Jahr 2010 in Höhe von 1.323,46 Euro brutto hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht einen Betrag in Höhe von 2.694,15 Euro netto in Abzug gebracht. In welcher Höhe sich die Klägerin erhaltene Sozialleistungen auf diesen Anspruch anrechnen lassen muss, bedarf weiterer Sachaufklärung. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf den begehrten Verzugslohn noch auf eine - im Bruttobetrag - höhere Weihnachtszuwendung für das Jahr 2010.

18

I. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die ordentliche Änderungskündigung ist aufzuheben und die Sache insoweit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Nach den bisherigen Feststellungen steht nicht fest, dass sich das beklagte Erzbistum darauf beschränkt hat, mit der Kündigung solche Änderungen vorzuschlagen, die die Klägerin billigerweise hätte hinnehmen müssen.

19

1. Der Antrag der Klägerin ist zu Recht nach § 4 Satz 1 KSchG auf die Feststellung gerichtet, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die Kündigung vom 29. Dezember 2010 nicht aufgelöst worden. Die Klägerin hat das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot nicht, auch nicht unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG, angenommen. Damit bleibt es bei der in der Änderungskündigung enthaltenen Kündigungserklärung. Die Parteien streiten - anders als wenn die Klägerin das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen hätte - nicht über die Wirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen iSv. § 4 Satz 2 KSchG, sondern über eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung(vgl. KR-Friedrich 10. Aufl. § 4 KSchG Rn. 284; APS/Hesse 4. Aufl. § 4 KSchG Rn. 116; MüKoBGB/Hergenröder 6. Aufl. § 4 KSchG Rn. 93; ErfK/Kiel 13. Aufl. § 4 KSchG Rn. 27; umgekehrt für den Fall der Annahme unter Vorbehalt BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, 21).

20

2. Der Kündigungsschutzantrag ist nicht deshalb unbegründet, weil zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestanden hätte. Die Klägerin ist vom beklagten Erzbistum als Arbeitnehmerin beschäftigt worden. Die Parteien hatten entsprechend Nr. 5 des Diözesanen Statuts für Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten im beklagten Erzbistum vom 28. Dezember 1995 (Kirchliches Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn 1996 Stück 3 Nr. 30; abgelöst durch das Diözesane Statut vom 1. Dezember 2006, Kirchliches Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn 2006 Stück 11 Nr. 142) die Bedingungen des Anstellungsverhältnisses der Klägerin als Gemeindereferentin in einem Arbeitsvertrag geregelt. Hierüber besteht zwischen ihnen kein Streit.

21

3. Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch das beklagte Erzbistum nach § 41 Abs. 3 Satz 1 KAVO ausgeschlossen gewesen wäre. Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitnehmer mehr als 15 Jahre beschäftigt und älter als 40 Jahre ist. Die Klägerin hatte im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - unabhängig davon, ob sie bereits über eine hinreichende Beschäftigungszeit verfügte - das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet.

22

4. Ob die Kündigung gemäß § 2 iVm. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist, steht noch nicht fest. Zwar fehlte der Klägerin nach dem Entzug der kanonischen Beauftragung voraussichtlich auf Dauer die Befähigung für die vertraglich vereinbarte Tätigkeit als Gemeindereferentin im beklagten Erzbistum. Der Senat kann aber nicht selbst beurteilen, ob das Bistum der Klägerin eine Änderung der Arbeitsbedingungen angeboten hat, die sich nicht weiter als erforderlich vom bisherigen Vertragsinhalt entfernte.

23

a) Bedienen sich die Kirchen der Privatautonomie, um Arbeitsverhältnisse zu begründen, so findet auf diese das staatliche Arbeitsrecht Anwendung. Die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt deren Zugehörigkeit zu den „eigenen Angelegenheiten“ der Kirche iSv. Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV allerdings nicht auf. Sie darf deshalb die verfassungsrechtlich geschützte Eigenart des kirchlichen Dienstes, das kirchliche Proprium, nicht in Frage stellen. Die Verfassungsgarantie des Selbstbestimmungsrechts bleibt auch für die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse wesentlich (vgl. BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83  ua. - zu B II 1 d der Gründe, BVerfGE 70, 138 ; BAG 25. April 2013 - 2 AZR 579/12 - Rn. 25).

24

b) Eine Änderungskündigung iSv. § 2 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn das Änderungsangebot des Arbeitgebers durch Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss(vgl. für die betriebsbedingte Änderungskündigung BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 396/12 - Rn. 16; 23. Februar 2012 - 2 AZR 44/11 - Rn. 34). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot - wie im Streitfall - abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 396/12 - aaO; 23. Februar 2012 - 2 AZR 44/11 - aaO). Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise akzeptieren muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beurteilen. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle vorgesehenen Änderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich von deren Inhalt nicht weiter entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 396/12 - Rn. 17; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 15).

25

c) Für eine Änderung der Vertragsbedingungen lagen im Streitfall Gründe in der Person der Klägerin iSv. § 2 iVm. § 1 Abs. 2 KSchG vor.

26

aa) Als Gründe in der Person, die eine ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial rechtfertigen können, kommen Umstände in Betracht, die auf den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers beruhen. Eine auf sie gestützte Kündigung kann sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen in seiner Person - die nicht von ihm verschuldet sein müssen - zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist. In diesen Fällen liegt in der Regel eine erhebliche und dauerhafte Störung des vertraglichen Austauschverhältnisses vor, der der Arbeitgeber, wenn keine andere Beschäftigung mehr möglich ist, mit einer Kündigung begegnen kann (vgl. für eine Beendigungskündigung BAG 6. September 2012 - 2 AZR 372/11 - Rn. 19; für eine außerordentliche (Änderungs-)Kündigung mit Auslauffrist 28. Oktober 2010 - 2 AZR 688/09 - Rn. 32; 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 24, BAGE 132, 299).

27

bb) Nach dem Entzug der kanonischen Beauftragung war die Klägerin voraussichtlich dauerhaft nicht mehr in der Lage, die nach dem Vertrag vorausgesetzte Arbeitsleistung als Gemeindereferentin im beklagten Erzbistum zu erbringen.

28

(1) Dies folgt nicht schon daraus, dass der von der Klägerin im Vorprozess erhobene Anspruch auf Beschäftigung als Gemeindereferentin rechtskräftig abgewiesen wurde.

29

(a) Der Umfang der materiellen Rechtskraft gemäß § 322 Abs. 1 ZPO ist aus dem Urteil und den dazu ergangenen Gründen zu bestimmen. Bei einer klageabweisenden Entscheidung ist der aus der Begründung zu ermittelnde ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (BAG 20. November 2012 - 1 AZR 611/11 - Rn. 89; BGH 24. Juni 1993 - III ZR 43/92  - zu III 1 der Gründe ).

30

(b) Dass eine Weiterbeschäftigung der Klägerin als Gemeindereferentin dem beklagten Erzbistum unmöglich gewesen wäre, steht danach noch nicht rechtskräftig fest. Ausschlaggebender Grund für die Abweisung der Klage auf Beschäftigung als Gemeindereferentin war allein, dass das beklagte Erzbistum zwischenzeitlich ua. die hier gegenständliche Änderungskündigung erklärt hatte, welche den Beschäftigungsanspruch der Klägerin als Gemeindereferentin entfallen ließ.

31

(2) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dem beklagten Erzbistum sei nach Maßgabe seines kirchlichen Selbstverständnisses eine Weiterbeschäftigung der Klägerin als Gemeindereferentin unmöglich gewesen, nachdem dieser ihre kanonische Beauftragung entzogen worden sei.

32

(a) Die staatlichen Gerichte haben ihrer Prüfung grundsätzlich die Anforderungen zugrunde zu legen, die nach dem kirchlichen Selbstverständnis an die Ausübung kirchlicher Ämter zu stellen sind. Nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 1 und Abs. 3 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates. Damit erkennt der Staat die Kirchen als Institutionen mit dem Recht der Selbstbestimmung an, die ihrem Wesen nach unabhängig vom Staat sind und ihre Gewalt nicht von ihm herleiten (BVerfG 9. Dezember 2008 - 2 BvR 717/08 - Rn. 3). Die Folge ist, dass der Staat in ihre inneren Verhältnisse nicht eingreifen darf (BVerfG 9. Dezember 2008 - 2 BvR 717/08 - Rn. 4; 17. Februar 1965 - 1 BvR 732/64 - zu II 1 der Gründe, BVerfGE 18, 385). Die Ausgestaltung des innerkirchlichen Dienst- und Amtsrechts unterliegt nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht und ist - sofern die Kirchen es nicht selbst dem staatlichen Recht unterstellen - der Gerichtsbarkeit des Staates entzogen(BVerfG 9. Dezember 2008 - 2 BvR 717/08 - Rn. 7).Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und die in Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV ausdrücklich gewährleistete Ämterautonomie umfassen das Recht festzulegen, welche Kirchenämter einzurichten, wie diese zu besetzen und welche Anforderungen an die Amtsinhaber zu stellen sind(BVerfG 9. Dezember 2008 - 2 BvR 717/08 - Rn. 14; BVerwG 25. November 1982 - 2 C 21/78 - zu II 1 der Gründe, BVerwGE 66, 241).

33

(b) Nach dem Selbstverständnis des beklagten Erzbistums als Teil der verfassten Kirchen handelt es sich bei dem pastoralen Dienst einer Gemeindereferentin um ein Kirchenamt iSv. can. 145 CIC, dessen Ausübung konstitutiv einer kanonischen Beauftragung gemäß can. 228 § 1 CIC bedarf. In Nr. 5 der Anlage 20 zur KAVO ist demgemäß vorgesehen, dass die Mitarbeiter im pastoralen Dienst des Bistums durch den Diözesanbischof beauftragt werden.

34

(c) Anhaltspunkte dafür, dass dieses Verständnis deshalb unplausibel sei, weil ein kirchliches Amt nur das geistliche Amt des Priestertums sein könne, bestehen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht.

35

(aa) Nur das Priesteramt ist zwar mit der sog. sacra potestas ausgestattet (Bethke Das kirchenamtliche Dienstverhältnis von Laien S. 15 mwN). Daneben können aber auch Laien zu besonderen kirchlichen Ämtern mit geistlicher Zielsetzung herangezogen werden (Bethke Das kirchenamtliche Dienstverhältnis von Laien S. 17 mwN), wenn die zuständige kirchliche Autorität solche Ämter zusätzlich schafft (vgl. Hallermann TThZ 108 (1999), 200, 207). Can. 145 § 1 CIC sieht die Möglichkeit der Einrichtung eines kirchlichen Amts durch kirchliche Anordnung ausdrücklich vor. Zwar wird die Anwendung des Begriffs „Amt“ auf die Stellung von Laien teilweise vermieden (vgl. Bethke Das kirchenamtliche Dienstverhältnis von Laien S. 23). Dennoch handelt es sich bei der Tätigkeit einer Gemeindereferentin nicht um einen nur vorübergehend eingerichteten Dienst, einen bloßen „munus“ (vgl. Hallermann TThZ 108 (1999), 200, 206 f.), sondern um einen ständigen Dienst zur Erfüllung eines geistlichen Zwecks. Er muss nach can. 145 § 1 CIC durch eine zuständige Autorität übertragen werden und ermächtigt den Berufenen zum Handeln im Namen der Kirche(vgl. Bethke Das kirchenamtliche Dienstverhältnis von Laien S. 45, 47; Hallermann TThZ 108 (1999), 200, 207 f., 214 ff.). Der bischöfliche Auftrag hebt die Tätigkeit einer Gemeindereferentin über die einem jeden Katholiken eingeräumte Fähigkeit heraus (vgl. Bethke Das kirchenamtliche Dienstverhältnis von Laien S. 45). Die Entscheidung der congregatio pro clericis über die Beschwerde der Klägerin gegen den Entzug ihrer kanonischen Beauftragung hat dieses Verständnis vom Dienst einer Gemeindereferentin als Kirchenamt bestätigt.

36

(bb) Im beklagten Erzbistum wurde der besondere Dienst der Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten teilkirchlich eingerichtet und festgelegt, dass der Erzbischof die dazu ausersehenen Personen ausdrücklich beauftragt (vgl. Nr. 1 des Diözesanen Statuts für Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten im beklagten Erzbistum vom 28. Dezember 1995, Kirchliches Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn 1996 Stück 3 Nr. 30, abgelöst durch das Diözesane Statut vom 1. Dezember 2006, Kirchliches Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn 2006 Stück 11 Nr. 142).

37

(d) In ihrer Erklärung von Januar 1998 hat die Klägerin die Geltung der Anlage 20 zur KAVO sowie des Diözesanen Statuts für Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten im beklagten Erzbistum vom 11. September 1995 für ihr Arbeitsverhältnis anerkannt. Einer ausdrücklichen arbeitsvertraglichen Vereinbarung, ihre Beschäftigung als Gemeindereferentin setze eine kanonische Beauftragung voraus, bedurfte es daneben nicht.

38

(3) Die für den Dienst als Gemeindereferentin konstitutive kanonische Beauftragung ist der Klägerin von der dafür zuständigen kirchlichen Stelle - bestätigt von der congregatio pro clericis und für die staatlichen Gerichte verbindlich - entzogen worden.

39

(a) Eine Kontrolle dieser kircheninternen Maßnahme durch die staatlichen Gerichte findet grundsätzlich nicht statt. Den Kirchen ist gemäß Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV ein besonderer Schutz bei der Ämtervergabe zuzubilligen. Weder die Ämtervergabe noch der Amtsentzug unterliegen dem staatlichen Rechtsschutz (Mager in v. Münch/Kunig GG Bd. 2 6. Aufl. Art. 140 Rn. 47; Lücke EuGRZ 1995, 651, 654 f.). So stellt auch der Entzug der missio canonica einen innerkirchlichen Akt dar, der aufgrund des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich ist (BAG 25. Mai 1988 - 7 AZR 506/87 - zu I 3 c der Gründe). Staatliche Mitwirkungsrechte bei der Besetzung kirchlicher Ämter können nur aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften begründet werden (Korioth in Maunz/Dürig GG Stand Januar 2013 Art. 140 GG/Art. 137 WRV Rn. 31).

40

(b) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat dieses Primat des kirchlichen Selbstverständnisses im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK anerkannt. Auf Maßnahmen, die zum Kirchenrecht zählen und nicht Teil des Staatsrechts sind, findet Art. 6 EMRK keine Anwendung(vgl. EGMR 6. Dezember 2011 - 38254/04 - Rn. 79 ff., 88).

41

(c) Der Entzug der kanonischen Beauftragung der Klägerin für den Dienst als Gemeindereferentin steht nicht im Widerspruch zu Grundprinzipien der Rechtsordnung, wie sie im allgemeinen Willkürverbot ( Art. 3 Abs. 1 GG ), den guten Sitten iSd. § 138 BGB oder demordre public ihren Niederschlag gefunden haben.

42

(aa) Die congregatio pro clericis hat den Entzug der Beauftragung mit Blick darauf gebilligt, dass die Klägerin ihrer Residenzpflicht nicht nachgekommen und das erforderliche Vertrauensverhältnis für eine pastorale Tätigkeit im Auftrag des Erzbischofs irreparabel beschädigt sei. Sie hat darin den nach can. 193 § 1 CIC erforderlichen schwerwiegenden Grund dafür gesehen, die Klägerin ihres Amts zu entheben.

43

(bb) Dies lässt jedenfalls keinen Widerspruch zu Grundprinzipien der Rechtsordnung erkennen. Es ist nicht willkürlich, in einer möglichen Verletzung von Dienst- bzw. Amtspflichten verbunden mit einem Verlust des für die Amtsausübung nach dem kirchlichen Selbstverständnis erforderlichen Vertrauens einen Grund für den Entzug des Amts zu sehen. Es unterliegt keiner Überprüfung durch die staatlichen Gerichte, welche Umstände im Einzelnen die entsprechende innerkirchliche Einschätzung gerechtfertigt haben und ob diese zutrifft.

44

(4) Mit dem Entzug der kanonischen Beauftragung fehlte der Klägerin dauerhaft die Befähigung für die vertraglich vereinbarte Tätigkeit einer Gemeindereferentin. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass eine erneute Beauftragung zu erwarten gewesen wäre. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Entzug ihrer kanonischen Beauftragung nicht deshalb kündigungsschutzrechtlich unbeachtlich, weil er auf einer Entscheidung des Bistums selbst beruht. Dieses hat sich damit nicht willkürlich selbst einen Kündigungsgrund geschaffen. Es war bei seiner Entscheidung an die kirchenrechtlichen Voraussetzungen nach can. 193 § 1 CIC gebunden. Ob diese beachtet wurden, unterlag zudem der kircheninternen Kontrolle, ua. durch die congregatio pro clericis. Die Beschränkung auf eine ausschließlich innerkirchliche Überprüfung dieser Maßnahme ist vom verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirche umfasst und einer Kontrolle durch die staatlichen Gerichte entzogen.

45

d) Aufgrund des Wegfalls der Befähigung der Klägerin für die vertraglich geschuldete Tätigkeit als Gemeindereferentin ist eine Änderung der vertraglichen Arbeitsbedingungen notwendig geworden. Nach den bisherigen Feststellungen ist offen, ob das beklagte Erzbistum mit dem Angebot, die Klägerin als Sekretärin mit Vergütung nach Entgeltgruppe 5 weiterzubeschäftigen, die Anpassung auf das objektiv erforderliche Maß beschränkt hat. Die entsprechende Sachaufklärung wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen haben.

46

aa) Die Klägerin hat geltend gemacht, das Angebot einer Teilzeitstelle mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit und einer Vergütung nach Entgeltgruppe 10 hätte die bisherigen Vertragsbedingungen weniger geändert. Sie hat sich damit zumindest konkludent darauf berufen, mit den ihr zuvor angebotenen religionspädagogischen Aufgaben im Institut für Religionspädagogik und Medienarbeit weiterbeschäftigt werden zu können.

47

bb) Damit hat die Klägerin entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hinreichend ausgeführt, wie sie sich eine anderweitige, ihrer bisherigen Tätigkeit näher kommende Beschäftigung vorstellt. Es ist im Rahmen von § 2 iVm. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer einen ganz bestimmten freien Arbeitsplatz bezeichnet. Er genügt seiner Darlegungslast in der Regel schon dadurch, dass er angibt, an welchen Betrieb er denkt und welche Art der Beschäftigung er meint (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 30; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 28, BAGE 142, 36). Es war daher Sache des beklagten Erzbistums, substantiiert zu erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung der Klägerin auf einem Arbeitsplatz mit den angebotenen religionspädagogischen Aufgaben nicht möglich gewesen sei. Das Landesarbeitsgericht wird ihm Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen zu geben haben. In der vom Bistum in Bezug genommenen Anhörung der Mitarbeitervertretung vom 16. Dezember 2010 wurde lediglich ausgeführt, die Klägerin habe zumutbare andere Tätigkeiten abgelehnt.

48

cc) Die vorausgegangene Ablehnung der nunmehr ins Spiel gebrachten Tätigkeit hindert die Klägerin nicht, sich auf diese Änderungsmöglichkeit zu berufen. Ihr Verhalten wäre nur dann widersprüchlich, wenn sie zuvor hätte erkennen lassen, sie werde ein entsprechendes Angebot unter keinen Umständen, auch nicht bei Ausspruch einer Änderungskündigung und auch nicht unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG annehmen(vgl. BAG 21. April 2005 - 2 AZR 132/04 - zu B II 4 c ee der Gründe, BAGE 114, 243). Dafür gibt es keine Anhaltspunkte.

49

dd) Auch das Angebot einer Weiterbeschäftigung mit Aufgaben der Entgeltgruppe 10 zu einem geringeren zeitlichen Umfang als bisher hätte weniger weit vom bisherigen Arbeitsvertrag der Klägerin entfernt sein können als die angebotene Vollzeitstelle als Sekretärin. Dies gilt selbst dann, wenn die Klägerin aufgrund des geringeren Beschäftigungsumfangs trotz der höheren Entgeltgruppe weniger verdient hätte als bei einer Beschäftigung als Sekretärin in Vollzeit.

50

(1) Im Arbeitsverhältnis kommt der Höhe der Vergütung pro Zeiteinheit und damit der Wertigkeit der Tätigkeit eine besondere Bedeutung zu. Diese bleibt - anders als beim Angebot einer geringerwertigen Tätigkeit mit unverändertem Stundenumfang - bei einer bloßen Reduzierung des Beschäftigungsumfangs gleich. Sie stellt deshalb grundsätzlich den weniger weit reichenden Eingriff in das vertragliche Austauschverhältnis dar.

51

(2) Daran ändert sich im Grundsatz nichts, wenn der Arbeitnehmer auf der Teilzeitstelle mit höherwertiger Tätigkeit insgesamt eine geringere Vergütung erzielt als auf der Vollzeitstelle mit geringerwertiger Tätigkeit. Zwar verschlechtert sich dadurch sein Gesamtvergütungsanspruch. Der höhere Gesamtverdienst auf der geringer bewerteten Vollzeitstelle wiegt aber den objektiven Vorteil der Beschäftigung mit einer höherwertigen Tätigkeit auf einer Teilzeitstelle in der Regel nicht auf. Dieser liegt darin, dass der Arbeitnehmer seine aufgrund der Teilzeitbeschäftigung frei werdende Arbeitskraft anderweitig verwerten oder nutzen kann. Zudem hat er bei einer Beschäftigung in Teilzeit die Möglichkeit, dem Arbeitgeber nach § 9 TzBfG den Wunsch nach einer Verlängerung seiner Arbeitszeit anzuzeigen mit der Folge, dass er bei der zukünftigen Besetzung eines geeigneten freien Arbeitsplatzes uU bevorzugt berücksichtigt werden muss. Nicht zuletzt ermöglicht ihm eine Weiterbeschäftigung auf der Teilzeitstelle mit höherwertiger Tätigkeit eher den Erhalt seiner Qualifikationen.

52

(3) Im Streitfall würde der objektive Vorteil der Beibehaltung einer nach Entgeltgruppe 10 zu vergütenden Tätigkeit bei einem Beschäftigungsumfang von 50 vH - wie von der Klägerin geltend gemacht - nicht dadurch aufgewogen, dass nach dem Vorbringen des beklagten Erzbistums die Klägerin als Sekretärin in Vollzeit 2.650,82 Euro brutto, in ihrer bisherigen Entgeltgruppe 10 dann hingegen nur 1.997,10 Euro verdient hätte, was einem Unterschied in Höhe von 394,89 Euro netto entspräche. Eine solche Vergütungsdifferenz von - auf Bruttobasis - weniger als 25 vH vermöchte die erhebliche Herabstufung nach der Art der Tätigkeit, verbunden mit einer Herabgruppierung um fünf Entgeltgruppen bei weiterhin voller Arbeitszeit, nicht zu kompensieren.

53

ee) Die Notwendigkeit, die Anpassung der Vertragsbedingungen auf das objektiv erforderliche Maß zu beschränken, stellt keine Überforderung des Arbeitgebers dar. Sofern im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein sollte, welches von mehreren möglichen Änderungsangeboten sich weniger weit vom bisherigen Vertragsinhalt entfernt, steht es dem Arbeitgeber frei, dem Arbeitnehmer die in Betracht kommenden Änderungen alternativ anzubieten. Der Arbeitnehmer hätte dann die Wahl, eines der Angebote vorbehaltlos oder unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG anzunehmen oder sämtliche Änderungsangebote abzulehnen. Auf eine abgelehnte Weiterbeschäftigungsmöglichkeit vermöchte er sich im Rechtsstreit nicht mehr widerspruchsfrei als eine den bisherigen Vertragsbedingungen näher kommende Alternative zu berufen (vgl. zu diesem Erfordernis der Widerspruchsfreiheit BAG 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 46; 21. April 2005 - 2 AZR 132/04 - zu B II 4 c gg der Gründe mwN, BAGE 114, 243).

54

5. Die Sache ist hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags nicht aus anderen Gründen zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).

55

a) Die Kündigung ist nach den bisherigen Feststellungen nicht wegen fehlerhafter Anhörung der Mitarbeitervertretung unwirksam.

56

aa) Die Klägerin unterfällt gemäß Art. 5 § 11 des Diözesanen Statuts für Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten vom 1. Dezember 2006 (Kirchliches Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn 2006 Stück 11 Nr. 142) der Zuständigkeit der für diese gebildeten Mitarbeitervertretung. Die Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten des beklagten Erzbistums gelten als Einrichtung im Sinne des § 1a Abs. 2 der Mitarbeitervertretungsordnung für das beklagte Erzbistum(MAVO).

57

bb) Eine Kündigung, die unter Missachtung von § 30 Abs. 1 und Abs. 2 MAVO ausgesprochen wurde, ist wegen § 30 Abs. 5 MAVO auch nach staatlichem Recht unwirksam(vgl. BAG 10. Dezember 1992 - 2 AZR 271/92 - zu II 1 der Gründe; APS/Linck 4. Aufl. Mitarbeitervertretung im kirchlichen Bereich Rn. 63).

58

cc) Nach § 30 Abs. 1 MAVO ist der Mitarbeitervertretung vor jeder ordentlichen Kündigung durch den Dienstgeber schriftlich die Absicht zu kündigen mitzuteilen. Bestand das Arbeitsverhältnis bei der Kündigung mindestens sechs Monate, sind auch die Gründe für die Kündigung darzulegen. Will die Mitarbeitervertretung gegen die Kündigung Einwendungen geltend machen, hat sie diese gemäß § 30 Abs. 2 MAVO unter Angabe der Gründe dem Dienstgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Erhebt die Mitarbeitervertretung innerhalb der Frist keine Einwendungen, gilt die beabsichtigte Kündigung als nicht beanstandet. Erhebt die Mitarbeitervertretung Einwendungen und hält der Dienstgeber an der Kündigungsabsicht fest, werden die Einwendungen in einer gemeinsamen Sitzung von Dienstgeber und Mitarbeitervertretung mit dem Ziel einer Verständigung beraten. Der Dienstgeber setzt den Termin der gemeinsamen Sitzung fest und lädt hierzu ein.

59

dd) Die Regelungen in § 30 Abs. 1 und Abs. 2 MAVO sind - mit Ausnahme der Beratungspflicht nach rechtzeitig erhobenen Einwendungen - § 102 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG nachgebildet. Insofern können die dort geltenden Grundsätze für die Auslegung herangezogen werden (vgl. BAG 16. Oktober 1991 - 2 AZR 156/91 - zu II 2 c der Gründe). Wie bei § 102 Abs. 1 BetrVG hat der Dienstgeber nicht alle erdenklichen, sondern nur die für ihn maßgebenden Kündigungsgründe mitzuteilen(APS/Linck 4. Aufl. Mitarbeitervertretung im kirchlichen Bereich Rn. 31; MAVO/Fuhrmann 6. Aufl. § 30 Rn. 37, 40; Joussen ZMV 2006, 116, 119). Die Kündigungsgründe sind konkret darzustellen, pauschale Angaben und bloße Werturteile genügen nicht.

60

ee) Im Streitfall wird das durchgeführte Anhörungsverfahren den Anforderungen des § 30 Abs. 1 MAVO gerecht. Das beklagte Erzbistum hat die Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 16. Dezember 2010 ausreichend über die Kündigungsgründe unterrichtet. Aus dem Schreiben ergibt sich, dass der Klägerin nach Auffassung des Bistums aufgrund des Entzugs der kanonischen Beauftragung endgültig die Befähigung zur Ausübung ihrer vertraglichen Verpflichtungen als Gemeindereferentin fehlte und aus diesem Grund (hilfsweise) die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses - verbunden mit dem aus Sicht des Bistums für sie am wenigsten nachteiligen Angebot einer Weiterbeschäftigung als Sekretärin nach Entgeltgruppe 5 - erklärt werden sollte.

61

ff) Nach den bisherigen Feststellungen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass das beklagte Erzbistum das weitere Verfahren nach § 30 Abs. 2 MAVO nicht eingehalten hätte.

62

b) Die Kündigung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen das Verbot von Maßregelungen in § 612a BGB unwirksam.

63

aa) Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht deshalb benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Als Maßnahme kommt auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht. Sie kann sich als Benachteiligung wegen einer zulässigen Rechtsausübung darstellen. Das Maßregelungsverbot ist verletzt, wenn zwischen der Rechtsausübung und der Benachteiligung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Dafür muss die zulässige Rechtsausübung der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme gewesen sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur der äußere Anlass für sie war ( BAG 19. April 2012 - 2 AZR 233/11 - Rn. 47; 12. Mai 2011 - 2 AZR 384/10  - Rn. 38 ).

64

bb) Nach diesen Grundsätzen liegt hier kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Es ist nicht erkennbar, dass die Rechtsausübung der Klägerin in Gestalt der Vorprozesse der tragende Grund für die Änderungskündigung vom 29. Dezember 2010 gewesen wäre. Das Bistum hat sich zur Begründung der Änderungskündigung auf den Entzug der kanonischen Beauftragung der Klägerin für den Dienst als Gemeindereferentin berufen. Der Entzug seinerseits war laut des die Beschwerde der Klägerin zurückweisenden Dekrets der congregatio pro clericis nicht darauf gestützt, dass die Klägerin Rechtsstreitigkeiten mit dem Bistum geführt hatte. Der Amtsentzug wurde als gerechtfertigt angesehen, weil die Klägerin ihre Residenzpflicht verletzt habe und das Vertrauensverhältnis für eine pastorale Tätigkeit im Auftrag des Erzbischofs nicht mehr gegeben sei. Dies wiederum war nach der Begründung des Dekrets über den Entzug der Beauftragung nicht deshalb der Fall, weil die Klägerin Rechtsstreitigkeiten gegen ihren Dienstherrn geführt, sondern weil sie unwahre und ehrverletzende Behauptungen verbreitet bzw. deren Verbreitung geduldet und gefördert habe. Anhaltspunkte dafür, der in Wirklichkeit tragende Grund für die Entscheidung sei gleichwohl der Umstand gewesen, dass die Klägerin überhaupt ihre Rechte klageweise geltend gemacht hatte, sind nicht gegeben. Die kircheninterne Würdigung des Verhaltens der Klägerin unterliegt keiner Überprüfung durch die staatlichen Gerichte.

65

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf - weitergehende - Vergütung aus § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1, § 293 ff. BGB. Es bedarf keiner Entscheidung, ob ihr ein auf die Gehaltserhöhung gerichteter Anspruch für die Zeit vom 26. Juli bis zum 30. September 2010 bereits durch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Vorprozess über den dort eingeklagten Betrag rechtskräftig aberkannt ist oder ob es sich insofern um die Entscheidung über eine (verdeckte) Teilklage handelt, deren Bindungswirkung lediglich den erhobenen Teilanspruch umfasst (vgl. dazu BGH 27. Juli 2012 - V ZR 258/11 - Rn. 9; 9. April 1997 - IV ZR 113/96 - BGHZ 135, 178). Das beklagte Erzbistum war weder während dieses Zeitraums noch in der Zeit vom 1. Oktober 2010 bis zum 2. Dezember 2010 mit der Annahme der Arbeitsleistung der Klägerin in Verzug.

66

1. Nach § 297 BGB kommt der Arbeitgeber trotz Vorliegens der sonstigen Voraussetzungen nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die vertraglich geschuldete Leistung zu bewirken. Neben der - tatsächlichen oder rechtlichen - Leistungsunfähigkeit erfasst § 297 BGB auch das Fehlen von Leistungswilligkeit. Ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer setzt sich selbst außerstande, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die objektive Leistungsfähigkeit und der subjektive Leistungswille sind Voraussetzungen, die während der gesamten Dauer des Annahmeverzugs vorliegen müssen ( BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 93/12 - Rn. 25; 22. Februar 2012 -  5 AZR 249/11  - Rn. 16 , BAGE 141, 34).

67

2. Die Klägerin war in diesem Sinne zur Leistung unfähig bzw. unwillig. Für die vertraglich geschuldete Tätigkeit als Gemeindereferentin fehlte ihr nach dem sofort wirksamen Entzug der kanonischen Beauftragung am 16. März 2010 die subjektive Leistungsfähigkeit. Wird zu ihren Gunsten unterstellt, das beklagte Erzbistum sei aufgrund seiner Fürsorgepflicht gehalten gewesen, sie - vorübergehend - mit anderen als den vertragsgemäßen Arbeiten zu beschäftigen (vgl. zur Diskussion BAG 27. August 2008 - 5 AZR 16/08 - Rn. 15; 18. Dezember 1986 - 2 AZR 34/86 - zu B II 4 der Gründe), ist es dieser Verpflichtung hier nachgekommen. Es hat der Klägerin näher benannte religionspädagogische Aufgaben zugewiesen, deren Erfüllung diese mit Wirkung ab dem 26. Juli 2010 ablehnte. Dies begründet ihre Leistungsunwilligkeit jedenfalls ab diesem Zeitpunkt.

68

III. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 33a Abs. 1 KAVO, § 1 Abs. 1 der Anlage 14 zur KAVO auf Zahlung einer Weihnachtszuwendung für das Jahr 2010 über den ihr zugesprochenen Anteil in Höhe von 5/12 hinaus. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, der volle Anspruch auf 80 vH eines Bruttomonatsgehalts sei gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 der Anlage 14 zur KAVO in dem Umfang zu kürzen gewesen, wie die Klägerin für volle Kalendermonate im Jahr 2010 keinen Entgeltanspruch hatte. Dies war in sieben Monaten - im Januar und Februar sowie von August bis Dezember 2010 - der Fall.

69

1. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Anlage 14 zur KAVO vermindert sich die Weihnachtszuwendung um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, für den der Mitarbeiter während des Kalenderjahres keinen Anspruch auf Bezüge aus einem Rechtsverhältnis der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Anlage 14 zur KAVO genannten Art hat.

70

2. Die Regelung ist wirksam. Dies gilt selbst dann, wenn sie als allgemeine Geschäftsbedingung ebenso wie eine rein einzelvertragliche Bestimmung einer vollen Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegen sollte (vgl. zum Prüfungsmaßstab bei kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen BAG 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - Rn. 16 ff., 19, 20 ff.).

71

a) Die Kürzungsregelung in § 2 Abs. 2 Satz 1 der Anlage 14 zur KAVO ist nicht unklar iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie sieht eine Kürzung pro rata temporis für Monate ohne Bezüge mit im Satz 2 der Bestimmung konkret benannten Ausnahmen vor.

72

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Kürzungsregelung nicht deshalb unangemessen benachteiligend iSv. § 307 Abs. 1 BGB und damit unwirksam, weil sie nicht danach unterscheidet, ob der Arbeitnehmer aufgrund eines ihm selbst oder eines dem Arbeitgeber zuzurechnenden Umstands keinen Vergütungsanspruch hatte. Mit Blick auf einen möglichen Anspruchsverlust infolge von Arbeitsunfähigkeit ergibt sich schon aus § 4a EFZG, dass das Gesetz im Rahmen der dort genannten Grenzen - die hier nicht überschritten sind - eine solche Differenzierung bei Kürzungsregelungen für Sondervergütungen nicht verlangt. In welchen sonstigen Fällen ein Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis aufgrund eines dem Arbeitgeber zuzurechnenden Umstands seinen Vergütungsanspruch verlieren könnte, ist weder von der Klägerin vorgetragen, noch objektiv ersichtlich. So trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko und hat bei Annahmeverzug die Vergütung fortzuzahlen.

73

3. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Klägerin habe für die Monate Januar und Februar 2010 wegen ihrer von Januar 2009 bis Ende Februar 2010 andauernden Erkrankung keinen Entgeltanspruch gehabt. Auch für die Monate August bis Dezember 2010 hat es einen Vergütungsanspruch der Klägerin zutreffend verneint. Die Klägerin hat in dieser Zeit keine Arbeitsleistung erbracht, das beklagte Erzbistum war - wie ausgeführt - mit der Annahme ihrer Leistung auch nicht in Verzug. Ein Vergütungsanspruch für die Zeit nach dem 2. Dezember 2010 ist als solcher nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Dennoch hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis einen Entgeltanspruch der Klägerin für den Monat Dezember 2010 mit Recht verneint. Zwar hat das beklagte Erzbistum am 2. Dezember 2010 eine - unwirksame - außerordentliche Änderungskündigung ausgesprochen. Die Klägerin war jedoch zur Leistung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit als Gemeindereferentin weiterhin nicht fähig. Für andere Arbeiten fehlte ihr der erforderliche Leistungswille. Das beklagte Erzbistum musste ihr jedenfalls zur Vermeidung von Annahmeverzug nicht noch einmal die Arbeiten anbieten, die sie bereits abgelehnt hatte (vgl. BAG 27. August 2008 - 5 AZR 16/08 - Rn. 15).

74

IV. Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht von der der Klägerin zugesprochenen anteiligen Weihnachtszuwendung für das Jahr 2010 in Höhe von 1.323,46 Euro brutto Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 2.694,15 Euro netto in Abzug gebracht hat. Ob und in welcher Höhe der Anspruch gemäß § 115 SGB X auf Sozialleistungsträger übergegangen und anzurechnen ist, steht noch nicht fest.

75

1. Auch Sonderzahlungen sind grundsätzlich übergangsfähige Entgeltleistungen (vgl. BAG 26. Mai 1992 - 9 AZR 41/91 - BAGE 70, 275). Nach der Begriffsbestimmung in § 14 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die mögliche Unpfändbarkeit eines Anspruchs auf Weihnachtsvergütung steht dem Übergang gemäß § 115 Abs. 2 SGB X nicht entgegen.

76

2. Voraussetzung für den Übergang eines Anspruchs nach § 115 Abs. 1 SGB X ist, dass seine Nichterfüllung kausal war für die Leistung durch den Träger.

77

a) Zweck des § 115 SGB X ist es, dem Sozialleistungsträger die Leistungen zurückzuerstatten, die nicht angefallen wären, wenn der Arbeitgeber seiner Leistungspflicht rechtzeitig nachgekommen wäre. Voraussetzung ist also eine Kumulation von Ansprüchen in der Person des Leistungsempfängers derart, dass zu der Befriedigung eines identischen Interesses der Arbeitgeber und ggf. ein Sozialleistungsträger verpflichtet sind. Die Bestimmung verlangt eine zeitliche Kongruenz dergestalt, dass die Sozialleistung tatsächlich an die Stelle des Arbeitsentgelts getreten ist. Eine völlige zeitliche Deckung von arbeitsrechtlichem Vergütungszeitraum und sozialrechtlichem Leistungszeitraum ist dafür nicht erforderlich. Entscheidend ist, für welchen Zeitraum die Leistungen des Arbeitgebers auf der einen und die des Sozialleistungsträgers auf der anderen Seite bestimmt sind (vgl. BAG 21. März 2012 - 5 AZR 61/11 - Rn. 21, BAGE 141, 95; 26. Mai 1993 - 5 AZR 405/92 - zu 2 a der Gründe, BAGE 73, 186).

78

b) Das Landesarbeitsgericht hat bislang nicht geprüft, ob und ggf. in welcher Höhe eine zeitliche und inhaltliche Kongruenz der angerechneten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Anspruchs der Klägerin auf Weihnachtszuwendung gegeben ist. Dies wird es nachzuholen haben. Die Überleitungsanzeige vom 10. Februar 2011 bezog sich nur auf Lohnansprüche für den Zeitraum vom 5. Oktober 2010 bis zum 30. November 2010.

79

c) In Betracht kommt auch eine Anrechnung anderer Sozialleistungen. Die Klägerin hat vorgetragen, ab dem 12. Dezember 2010 Arbeitslosengeld erhalten zu haben.

80

3. Die Höhe eines möglichen Forderungsübergangs auf den Sozialleistungsträger gemäß § 115 Abs. 1 SGB X ist durch die Höhe des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt begrenzt(vgl. BeckOK SozR/Pohl 30. Edition § 115 SGB X Rn. 21 mwN). Ein den Entgeltanspruch des Arbeitnehmers übersteigender Betrag kann nicht übergehen. Auch dies wird das Landesarbeitsgericht ggf. zu berücksichtigen haben.

81

V. Die Verurteilung des beklagten Erzbistums zur Zahlung von Urlaubsabgeltung wird das Landesarbeitsgericht, sollte es zu dem Ergebnis kommen, die Kündigung vom 29. Dezember 2010 habe das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst, aufzuheben und für gegenstandslos zu erklären haben (vgl. BAG 24. Januar 2013 - 2 AZR 140/12 - Rn. 29; BGH 14. Dezember 1988 - IVa ZR 209/87  - zu IV der Gründe, BGHZ 106, 219 ). Andernfalls verbleibt es bei deren Rechtskraft. Die Entscheidung über den von der Klägerin nur hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Kündigungsschutzantrag erhobenen Anspruch auf Urlaubsabgeltung steht unter der auflösenden Bedingung, dass dem Hauptantrag endgültig stattgegeben wird und damit kein Raum mehr für die Entscheidung über den Hilfsantrag bleibt (vgl. BGH 6. November 2012 - II ZR 280/11 -; 14. Dezember 1988 - IVa ZR 209/87 - aaO). Eine Aufhebung durch den Senat kommt nicht in Betracht, weil das Bistum selbst seine Verurteilung nicht angefochten hat.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Söller    

        

    Jan Eulen    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 25. Mai 2016 - 6 Sa 452/14 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Die Beklagte betreibt ein Telekommunikationsunternehmen. Der Kläger war bei ihr bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit Mai 1999, zuletzt an ihrem Standort in E im Bereich Finance Controlling (FC) in der Abteilung Business Intelligence (FCR) als „Spezialist DataWareHouse“ beschäftigt.

3

Die Beklagte und der in E gebildete Betriebsrat schlossen unter dem 21. März 2013 einen Interessenausgleich und Sozialplan nebst einer Zusatzvereinbarung. Nach dessen Anlage 1c sollten ua. die aus insgesamt vier Mitarbeitern bestehenden Gruppen FCRR und FCRS der Abteilung FCR dem Standort D zugeordnet werden. Der Kläger gehörte ausweislich der Anlage 5 zum Interessenausgleich zu diesen Mitarbeitern.

4

Nachdem der Kläger ein ihm unterbreitetes Angebot, mit Wirkung ab Dezember 2013 zu im Übrigen unveränderten Konditionen in D weiterbeschäftigt zu werden, nicht angenommen hatte, hörte die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 21. Mai 2013 zu einer auf dieses Ziel gerichteten Änderungskündigung zum 30. November 2013, hilfsweise zum nächstzulässigen Termin, an. Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigten Änderungskündigung mit Schreiben vom 28. Mai 2013 und wies zur Begründung auf konkrete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten am Standort in E hin sowie darauf, dass die Beklagte fehlerhaft keine Sozialauswahl durchgeführt habe.

5

Die Beklagte erklärte - hiervon gehen jedenfalls beide Parteien aus - mit Schreiben vom 31. Mai 2013 gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung mit dem ihm zuvor unterbreiteten Änderungsangebot.

6

Der Kläger hat dieses unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung angenommen und die vorliegende Änderungsschutzklage erhoben. Er hat sich „die Widerspruchsgründe des Betriebsrates zu eigen gemacht“ und eine nicht ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gerügt.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Wege der Änderung des Arbeitsorts durch die Änderungskündigung vom 31. Mai 2013 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Änderungskündigung für wirksam gehalten. Der bisherige Arbeitsplatz des Klägers in E sei in Umsetzung der ausweislich des Interessenausgleichs getroffenen unternehmerischen Entscheidung weggefallen. Gleichzeitig sei ein äquivalenter Arbeitsplatz in D geschaffen worden. Andere freie Arbeitsplätze am Standort E seien nicht vorhanden gewesen. Eine Sozialauswahl sei nicht vorzunehmen gewesen. Die vom Kläger benannten Mitarbeiter seien nicht mit ihm austauschbar gewesen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger - sinngemäß - die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision hat Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf der rechtsfehlerhaften Anwendung von § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG. Die Abweisung der vom Kläger erhobenen Änderungsschutzklage wird von seinen Gründen nicht getragen. Ob die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist, steht noch nicht fest. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht.

11

I. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG, wenn das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und der Arbeitgeber sich darauf beschränkt hat, solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags an die verbliebenen Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 24. September 2015 - 2 AZR 680/14 - Rn. 13, BAGE 153, 9; 29. September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 28).

12

II. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht für seine Entscheidung nicht herangezogen. Das Landesarbeitsgericht hat bezogen auf den vom Kläger geltend gemachten Unwirksamkeitsgrund, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei sozial ungerechtfertigt, ausschließlich geprüft, ob die Beklagte eine fehlerhafte Sozialauswahl iSd. § 1 Abs. 3 KSchG durchgeführt habe. Dieser materielle Rechtsfehler bei der Anwendung von § 1 Abs. 2 iVm. § 2 KSchG ist vom Senat gem. § 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG unabhängig von einer darauf bezogenen Sachrüge der Revision zu prüfen.

13

1. Das Landesarbeitsgericht ist zwar ersichtlich davon ausgegangen, dass § 1 KSchG nach seinem betrieblichen Geltungsbereich gem. § 23 Abs. 1 KSchG im Zeitpunkt der Änderungskündigung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung fand. Der Kläger hat aber nicht allein eine fehlerhafte Sozialauswahl gem. § 1 Abs. 3 iVm. § 2 KSchG gerügt, sondern auch eine mangelnde soziale Rechtfertigung der Änderung seiner Arbeitsbedingungen in Hinblick auf die vom Betriebsrat benannten Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in E. Er hat damit in Abrede gestellt, dass die Änderung seiner Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt war. Eine diesbezügliche Würdigung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen.

14

2. Sollte das Landesarbeitsgericht unausgesprochen das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG für die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers bejaht haben, sind die hierfür erforderlichen Tatsachen nicht festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat weder Feststellungen dazu getroffen, ob der bisherige Beschäftigungsbedarf für den Kläger in E durch Verlagerung seines Arbeitsplatzes nach D mit Wirkung ab Dezember 2013 tatsächlich entfallen ist noch ob es andere, sich vom bisherigen Inhalt seines Arbeitsverhältnisses weniger weit entfernende Beschäftigungsmöglichkeiten gab. Selbst wenn Ersteres unstreitig gewesen sein sollte, ist dies bislang nicht festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat den entsprechenden Sachvortrag der Beklagten als streitig wiedergegeben. Zu konkret vorhandenen anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger in E haben die Parteien nach dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung ebenfalls widerstreitend vorgetragen. Es ist auch nicht festgestellt, dass die Voraussetzungen der Vermutungswirkung gem. § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG gegeben gewesen wären.

15

3. Hätte es demnach, wie vom Kläger behauptet, andere sich vom bisherigen Inhalt seines Arbeitsverhältnisses weniger weit entfernende Beschäftigungsmöglichkeiten gegeben, hätte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen dürfen.

16

III. Dieser Rechtsfehler führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann. Für die neue Verhandlung und Entscheidung gibt der Senat die folgenden Hinweise:

17

1. In der Senatsrechtsprechung ist bereits geklärt, dass das Gebot der ausreichenden Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte gem. § 1 Abs. 3 KSchG auch für betriebsbedingte Änderungskündigungen gilt und dass es bei diesen für die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer darauf ankommt, ob die Arbeitnehmer auch für die Tätigkeit, die Gegenstand des Änderungsangebots ist, wenigstens annähernd gleich geeignet sind, ob eine Austauschbarkeit also auch bezogen auf den mit der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz gegeben ist(BAG 9. September 2010 - 2 AZR 936/08 - Rn. 44; 18. Januar 2007 -  2 AZR 796/05  - Rn. 26 ). Sollte das Landesarbeitsgericht auch nach dem fortgesetzten Berufungsverfahren zu der Feststellung gelangen, die vom Kläger benannten Arbeitnehmer der Gruppe „TIBF“ könnten die von ihm in D auszuübende Tätigkeit nicht - und zwar auch nicht nach einer kurzen Einarbeitungszeit (vgl. BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 306/06 - Rn. 40, BAGE 123, 20; 18. Oktober 2006 - 2 AZR 676/05 - Rn. 30) - ausführen, hätte die Beklagte diese demnach zu Recht nicht in eine Sozialauswahl mit dem Kläger einbezogen.

18

2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe den Betriebsrat ordnungsgemäß nach § 102 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG angehört, lässt auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen keinen Rechtsfehler erkennen. Auch die Revision zeigt einen solchen nicht auf. Die Beteiligung des Betriebsrats gem. § 99 BetrVG im Falle einer Versetzung des Arbeitnehmers ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine mit diesem Ziel erklärte Änderungskündigung(BAG 8. Juni 1995 - 2 AZR 739/94 - zu II der Gründe; 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 74, 291).

        

    Koch     

        

    Niemann    

        

    Rachor     

        

        

        

    Grimberg     

        

    Brossardt     

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Juli 2014 - 13 Sa 925/12 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 10. Mai 2012 - 5 Ca 9/12 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers gemäß der Kündigung vom 20. Dezember 2011 sozial ungerechtfertigt ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

2

Die Beklagte betreibt eine Spielbank. Sie beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. In ihrem Betrieb besteht ein Betriebsrat. Der 1955 geborene Kläger ist bei ihr seit August 1980 als Croupier tätig. Er ist mit einem Grad der Behinderung von 40 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge Anwendung. Im Tronc- und Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmer der Gruppe A (TG-TV) in seiner hier maßgeblichen, seit dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung ist - auszugsweise - geregelt:

        

§ 5   

Stellenbeschreibung und Stellenbegrenzung

                 

Die nachfolgend beschriebenen Tätigkeiten sind in der Regel in den Räumlichkeiten der Spielbank auszuüben. ...

                          
                 

Die nachfolgenden Tätigkeitsbeschreibungen sind nicht abschließend, sondern zeigen lediglich die Hauptaufgaben der jeweiligen Position.

                 

Die in [ ] angegebenen Zahlen geben die maximal zu besetzenden Stellen an. Die Gesamtzahl aller Stellen wird auf maximal 110 begrenzt. …

                 

…       

                 

I.    

Spieltechnisches Personal

                          

…       

                          

7.    

Croupier I + II: Arbeitet am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen und kann zur Aufsicht am Spieltisch und bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.

                          

8.    

Croupier III - X: Arbeitet am Spieltisch und kann bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.

                          

9.    

Croupier-Anfänger I - III: Wird am Spieltisch eingearbeitet.

                          

...     

        
        

§ 6     

Beförderungsrhythmus und -voraussetzungen

                 

1.    

Grundvoraussetzung für eine Beförderung ist neben einer freien Planstelle nach § 5 die positive Beurteilung der Mitarbeiterleistung und/oder die Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können spieltechnische Mitarbeiter bis zum Erreichen der Croupierstufe I … in der Regel nach einem Jahr in die nächsthöhere Besoldungsstufe gemäß § 7 befördert werden.

                 

2.    

In die Croupierstufe X kann nur übernommen werden, wer am Kessel des französischen Roulettes und am Black Jack einsetzbar ist, in die Croupierstufe V nur, wer darüber hinaus auch am American Roulette einsetzbar ist, in die Croupierstufe II nur, wer in allen angebotenen Spielen erfolgreich an einer Grundausbildung teilgenommen hat.“

4

Klammerzusätze mit festen Zahlen zur Stellenbegrenzung iSv. § 5 Abs. 3 TG-TV sind den Positionen Croupier I bis X nicht beigefügt.

5

§ 7 TG-TV („Anteilstabelle und Mindestabschläge“) ordnet den in § 5 I TG-TV beschriebenen Positionen tabellarisch eine unterschiedlich hohe Punktzahl zu. Diese bestimmt darüber, mit welchem Anteil die Mitarbeiter der Spielbank an der Verteilung des Tronc-Aufkommens beteiligt sind. Für den auf Position 7 geführten Croupier I sind 204 und für den auf Position 9 geführten Croupier III 180 jährliche Anteile festgelegt. In den Tronc fließen die Trinkgelder spielender Gäste. Eigene Mittel setzt die Beklagte nur ein, wenn das Aufkommen dieser Zuwendungen unter eine bestimmte Garantiegrenze fällt.

6

Die Regelungen in §§ 5 bis 7 TG-TV wurden mehrfach geändert. In Protokollnotizen zu § 7 TG-TV idF vom 11. April 1996 heißt es unter Nr. 10:

        

„Zwischen den Tarifvertragsparteien besteht eine grundsätzliche Übereinstimmung hinsichtlich der Einführung eines Zuschlags wegen der tatsächlichen Mitarbeit bei folgenden Angeboten der Spielbank:

                 

Am Roul, Black Jack, Poker

        

Über Einzelheiten einer entsprechenden Regelung werden die Tarifvertragsparteien zu gegebener Zeit verhandeln.“

7

Am 6. Oktober 2003 schlossen die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag zur Einführung leistungs- und anwesenheitsorientierter Vergütung (TV Leistung). Dieser sieht „zur Erhöhung der Leistungsbereitschaft und zur Verminderung von Ausfalltagen“ neben der Vergütung nach dem TG-TV zusätzliche Leistungen vor, deren Höhe sich nach „Einsetzbarkeit“, „Arbeitsqualität“, „Serviceorientierung“ und „Führungsverhalten“ der Mitarbeiter richtet. Ausschlaggebend ist ein - tariflich näher festgelegter - „Erreichungsgrad“ dieser Kriterien.

8

Bereits zum 1. April 1991 war der Kläger in die Croupierstufe I „übernommen“ worden. In der Folgezeit teilte er der Beklagten mit, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, in stehender Position am Tisch des American Roulette zu arbeiten. Daraufhin wurde er - über Jahre hinweg - nicht bei diesem Spiel eingesetzt. In einem ärztlichen Attest vom 11. Oktober 2010, das er der Beklagten auf Bitte vorlegte, heißt es:

        

„O. g. Patient ist nicht in der Lage aufgrund der anerkannten Behinderung in stehender Position am American Roulett/Roulite Tisch bis auf weiteres zu arbeiten.“

9

Mit Schreiben vom 21. März 2011 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu ihrer Absicht an, gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung mit dem Ziel zu erklären, ihn künftig als Croupier III zu beschäftigen und entsprechend zu vergüten. Außerdem bat sie um Zustimmung zur Versetzung und Umgruppierung des Klägers. Der Betriebsrat meldete gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen Bedenken an. Der „Versetzung“ des Klägers „zur Croupierstufe III“ widersprach er.

10

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - mit Zustimmung des Integrationsamts und nach neuerlicher Anhörung des Betriebsrats - ordentlich zum 31. Juli 2012. Die Kündigung verband sie mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. August 2012 wie folgt fortzusetzen:

        

„-    

Tätigkeit gemäß dem Aufgabengebiet der Tarifstufe Croupier III (kein Einsatz am American Roulette)

        

-       

Vergütung gemäß der Tarifstufe Croupier III mit 15 Anteilen pro Monat

        

-       

Die übrigen Arbeitsbedingungen bleiben unverändert fortbestehen.“

11

Der Kläger nahm das Angebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung an. Mit der vorliegenden Klage hat er sich rechtzeitig gegen die Änderung seiner Vertragsbedingungen gewandt. Der Kläger hat gemeint, die Änderung sei sozial ungerechtfertigt und auch aus anderen Gründen unwirksam. Er sei lediglich vorübergehend nicht in der Lage gewesen, im Stehen am Tisch des American Roulette zu arbeiten. Im Übrigen habe seine Tätigkeit jederzeit den Anforderungen der Croupierstufe I entsprochen. Auf seine krankheitsbedingt eingeschränkte Leistungsfähigkeit komme es nicht an. Die Änderung seiner Vertragsbedingungen sei auch unverhältnismäßig. Möglichkeiten, das Leistungshindernis auszuräumen, hätten durchaus bestanden. Insoweit treffe die Beklagte, die - unstreitig - ein bEM nicht durchgeführt habe, eine verschärfte Darlegungslast, der sie nicht nachgekommen sei. Auch habe sie ein etwaiges Recht zur „Umgruppierung“ verwirkt und es versäumt, den Betriebsrat ordnungsgemäß anzuhören.

12

Der Kläger hat - wörtlich - beantragt

        

festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 20. Dezember 2011 weder sozial gerechtfertigt noch aus anderen Gründen rechtswirksam sind.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Änderung der Vertragsbedingungen sei durch Gründe in der Person des Klägers bedingt. Sie habe den Kläger seit vielen Jahren nicht mehr - wie tarifvertraglich vorausgesetzt - an allen angebotenen Spielen einsetzen können. Eine Besserung seines Gesundheitszustands sei nicht absehbar gewesen. Aufgrund seiner nur eingeschränkten Einsatzfähigkeit stehe ihm die Tarifstufe Croupier I nicht mehr zu. Die Möglichkeit, ihn als Aufsicht zu beschäftigen, sei nicht „relevant“. Abgesehen davon sei er in dieser Funktion mangels positiver Beurteilung nicht einsetzbar und seit dem Jahr 2005 auch nicht eingesetzt worden. Die Beibehaltung der bisherigen Vertragsbedingungen führe zu nicht mehr tragbaren Ungerechtigkeiten im Verhältnis zu Mitarbeitern, die an allen Tischen arbeiten könnten. Eines Präventionsverfahrens oder eines bEM habe es nicht bedurft. Abgesehen davon sei die Änderung der Vertragsbedingungen unvermeidbar gewesen. Den Betriebsrat habe sie ordnungsgemäß unterrichtet.

14

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Feststellungsklage zu Unrecht abgewiesen.

16

A. Die von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzungen für die Fortsetzung des Prozesses liegen vor. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger durch Zwischenurteil Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufungsbegründung gewährt. Die Wiedereinsetzung ist gemäß § 238 Abs. 3, § 525 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG unanfechtbar und für den Senat bindend(BAG 24. Januar 2012 - 9 AZR 440/10 - Rn. 11; 25. April 2006 - 3 AZR 50/05 - Rn. 17).

17

B. Die Klage ist begründet. Die Änderung der Vertragsbedingungen des Klägers durch die Kündigung vom 20. Dezember 2011 ist sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2, § 2 Satz 1 KSchG.

18

I. Die dem Kläger angetragene Änderung der Arbeitsbedingungen zielte auf eine Änderung seines Aufgabenbereichs und damit einhergehend auf eine Änderung der Vergütung. Statt der bisher zugewiesenen Tätigkeit gemäß der Croupierstufe I sollte er künftig eine Tätigkeit verrichten, die - aus Sicht der Beklagten - der tariflich niedriger bewerteten Croupierstufe III entspricht. Dabei nahm das Änderungsangebot für den Inhalt der Tätigkeit - konkludent - auf die „Stellenbeschreibung“ in § 5 I Nr. 8 TG-TV Bezug, die den Aufgabenbereich dahin definiert, dass der Arbeitnehmer „am Spieltisch“ arbeitet. Die Vergütung sollte sich nach der Croupierstufe III richten und insoweit der geänderten Tätigkeit angepasst werden. Die im Angebot genannten 15 Anteile entsprechen - auf den Monat umgerechnet - der in § 7 TG-TV für die Position Croupier III festgelegten Punktzahl, nach der sich die Beteiligung am Tronc bemisst. Im Übrigen sollte der Vertragsinhalt unverändert bestehen bleiben. Das schloss - für den Kläger erkennbar - die Geltung der jeweiligen Haustarifverträge ein.

19

II. Die angestrebte Änderung der Tätigkeit erforderte eine Vertragsänderung iSv. § 2 Satz 1 KSchG. Die Beklagte war nicht schon aufgrund ihres Direktionsrechts (§ 106 Satz 1 GewO) berechtigt, dem Kläger eine der Croupierstufe III TG-TV entsprechende Tätigkeit zu übertragen. Ein „überflüssiges“ Änderungsangebot liegt damit nicht vor (zur Problematik vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 124/14 - Rn. 30 ff.; 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 29 mwN).

20

1. Die Änderungskündigung zielte nicht nur auf die Zuweisung einer anderen Arbeitsaufgabe im Rahmen der durch die bisherigen Vertragsregelungen eröffneten Einsatzmöglichkeiten eines Croupiers der Stufe I. Mit dem unterbreiteten Angebot wollte die Beklagte vielmehr eine dauerhafte Zuweisung einer der Croupierstufe III entsprechenden Tätigkeit mit entsprechend geringerer Vergütung erreichen (für eine auf das gleiche Ziel gerichtete außerordentliche Änderungskündigung vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 15).

21

2.  Mit der Beförderung des Klägers zum Croupier I im Jahr 1991 auf der Grundlage der Beförderungsregelungen des § 6 TG-TV waren seine Beschäftigung im Aufgabenbereich eines Croupiers dieser Stufe und der Anspruch auf die entsprechende Vergütung Inhalt der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien geworden. Damit war der Beklagten eine Rückstufung des Klägers verbunden mit der Herabsetzung seines Vergütungsanspruchs nicht einseitig im Wege des Direktionsrechts, sondern nur unter Änderung der vertraglichen Vereinbarungen möglich (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 15; 28. August 2008 - 2 AZR 967/06 - Rn. 26, BAGE 127, 342).

22

III. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 seiner Bestimmungen das KSchG Anwendung. Die Änderung der vereinbarten Vertragsbedingungen ist nicht durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt und deshalb sozial ungerechtfertigt.

23

1. Eine Änderung der Arbeitsbedingungen iSv. § 2 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und das Änderungsangebot des Arbeitgebers sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 22, BAGE 148, 227; 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 24 mwN). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 163/11 - Rn. 13; 23. Februar 2012 - 2 AZR 45/11 - Rn. 11). Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise akzeptieren muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beurteilen. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle angebotenen Vertragsänderungen vorliegen. Keine von ihnen darf sich weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - aaO; 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 35).

24

2. Eine Änderung der Vertragsbedingungen kann auch durch eine krankheitsbedingte Leistungsminderung bedingt sein. In einem solchen Fall ist ihre soziale Rechtfertigung - wie bei einer Beendigungskündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen oder wegen langanhaltender Erkrankung - in drei Stufen zu prüfen. Innerhalb der einzelnen Prüfungsschritte können sich mit Blick auf die Eigenart des Kündigungsgrundes gewisse Unterschiede ergeben (BAG 12. Juli 1995 - 2 AZR 762/94 - zu 4 b der Gründe; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - zu III 3 c der Gründe; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 379). Danach ist zunächst - erste Stufe - eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustands erforderlich. Die bisherigen und nach der Prognose zu erwartenden Auswirkungen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit müssen zudem - zweite Stufe - zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen. Liegen diese im wirtschaftlichen Bereich, kommt es darauf an, ob die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers die berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße unterschreitet, dass ihm das Festhalten am bisherigen Arbeitsvertrag unzumutbar wird; eine lediglich geringfügige - qualitative oder quantitative - Minderleistung reicht dafür nicht aus (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 20; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - aaO). Im Rahmen einer abschließenden Interessenabwägung - dritte Stufe - ist schließlich zu prüfen, ob die erheblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Erkrankungen auf betrieblichen Ursachen beruhen, ferner ist auf das Alter des Arbeitnehmers und darauf Bedacht zu nehmen, wie lange das Arbeitsverhältnis ungestört verlaufen ist (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 13, 52; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - aaO).

25

3. Diesen Maßstäben wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht. Zwar war der Kläger im Kündigungszeitpunkt nicht in der Lage, unter den gegebenen Bedingungen im Stehen am Tisch des American Roulette zu arbeiten, und seine gesundheitliche Prognose war insoweit negativ. Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung trägt aber nicht das Ergebnis, die eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Klägers habe zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen geführt.

26

a) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Prognose der weiteren gesundheitlichen Entwicklung des Klägers sei negativ. Die damit verbundene Würdigung, eine Besserung des Zustands sei in absehbarer Zeit nicht zu erwarten, liegt auf tatsächlichem Gebiet. Sie ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. BAG 26. März 2015 - 2 AZR 237/14 - Rn. 40; 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 28). Einen solchen Rechtsfehler zeigt der Kläger nicht auf. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war er schon vor der Kündigung über Jahre hinweg in seinem Leistungsvermögen eingeschränkt, ohne dass erkennbar eine Besserung eingetreten wäre. Diesem Umstand kam Indizwirkung für die weitere Entwicklung zu (vgl. dazu BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 17; 10. November 2005 - 2 AZR 44/05 - Rn. 24 mwN). Die Einschätzung des Landesarbeitsgerichts, die ärztliche Bescheinigung vom 11. Oktober 2010 lasse offen, ob und in welchem Rahmen eine Genesung zu erwarten sei, und das Attest sei deshalb ungeeignet, die aus der bisherigen Leistungseinschränkung resultierende Vermutung zu entkräften, hält sich im Beurteilungsspielraum des Tatsachengerichts. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, sein körperliches Leiden sei zwischenzeitlich geheilt, ist dies schon deshalb unbeachtlich, weil es sich um neuen, in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossenen (§ 559 Abs. 1 ZPO) Tatsachenvortrag handelt.

27

b) Demgegenüber wird die weitergehende Annahme des Landesarbeitsgerichts, die gesundheitlich bedingte Einschränkung habe „auf Dauer“ bestanden, von den bisherigen Feststellungen nicht getragen. Zwar steht die völlige Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einer dauernden Leistungsunfähigkeit dann gleich, wenn jedenfalls in den auf die Kündigung folgenden 24 Monaten mit einer Genesung nicht gerechnet werden konnte (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 18; 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14 mwN). Eine solche Vermutung kann auch bei krankheitsbedingt verminderter Leistungsfähigkeit eingreifen. Das Landesarbeitsgericht hat aber zur Basis für eine solche Vermutung keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Es hat sich auf die Überlegung beschränkt, ein Ende der „gegenwärtigen“ Beeinträchtigung sei nicht absehbar. Das reicht - auch wegen des unklaren zeitlichen Bezugspunkts - nicht aus. Aus der bloßen Ungewissheit einer Genesung folgt nicht, dass für eine Dauer von 24 Monaten nach Kündigungszugang das Ausbleiben einer Gesundung nach medizinischen Erkenntnissen gewiss gewesen wäre (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 20; 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14).

28

c) Die Dauerhaftigkeit der Leistungseinschränkung kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden. Auch unter dieser Prämisse ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht berechtigt, die Einschränkung der Verwendungsmöglichkeiten des Klägers führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen.

29

aa) Eine solche Beeinträchtigung liegt nicht etwa auf der Hand. Der Sachverhalt ist nicht mit dem einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit vergleichbar, die den Arbeitnehmer außerstande setzte, die vertraglich festgelegte Arbeitsleistung überhaupt zu erbringen. Bei dieser Sachlage sind die betrieblichen Interessen regelmäßig schon dann erheblich beeinträchtigt, wenn der Arbeitgeber - prognostisch - zumindest für die nächsten 24 Monate gehindert ist, sein Direktionsrecht auszuüben und Arbeitsleistungen abzurufen; näherer Darlegungen von seiner Seite bedarf es dazu nicht (vgl. BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14; 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 11 mwN, BAGE 135, 361). Dagegen war der Kläger im vorliegenden Fall nur nicht mehr in der Lage, in der gesamten Bandbreite der von einem Croupier I zu betreuenden Spiele eingesetzt zu werden. Er fiel aufgrund seiner Beschwerden nicht etwa bei jedem Spiel teilweise aus, er konnte vielmehr sämtliche Spiele umfassend selbständig betreuen, lediglich das Spiel American Roulette nicht. Ob auch darin eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen liegt, bedarf näherer Prüfung.

30

bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die krankheitsbedingte Beeinträchtigung des Klägers führe bei Beibehaltung der bisherigen Vergütung zu einer übertariflichen Bezahlung und damit zu einer Verletzung der Ausgewogenheit des betrieblichen Vergütungssystems. Die Beklagte sei ohne Rückstufung gehalten, den Kläger auf unabsehbare Zeit höher zu vergüten, als es nach der Tariflage geboten sei. Hinzu komme, dass die Mittel zur Vergütung der Croupiers allein aus dem Tronc aufgebracht und nach einem Punktesystem verteilt würden. Die übertarifliche Vergütung wirke sich auf diese Weise nachteilig auf die Vergütung der übrigen Mitarbeiter aus, die überdies durch ihren verstärkten Einsatz beim Spiel American Roulette beeinträchtigt seien. Auch sei die Planungs- und Organisationsfreiheit der Beklagten - insbesondere im Zusammenhang mit Urlaubs- und Krankheitszeiten anderer Arbeitnehmer - über das Maß des Notwendigen hinaus eingeschränkt.

31

cc) Diese Würdigung ist nicht ohne Rechtsfehler.

32

(1) Der Kläger hat kein „übertarifliches“ Gehalt bezogen. Die Vergütung eines spieltechnischen Mitarbeiters hängt nach der einschlägigen tariflichen Vergütungsordnung nicht davon ab, ob seine Tätigkeit bestimmten „Merkmalen“ der tariflichen „Stellenbeschreibung“ (§ 5 I TG-TV) gerecht wird. Maßgeblich ist vielmehr die dem Mitarbeiter aufgrund seiner „Beförderung“ übertragene Position (§ 7 iVm. § 6 TG-TV). Fallen die Voraussetzungen für eine „Übernahme“ des Mitarbeiters in die ihm übertragene Position später weg und wird seine tatsächliche Einsetzbarkeit geringer, hat allein dies auf seine tarifliche Position keinen Einfluss. Die Einsatzfähigkeit des spieltechnischen Mitarbeiters ist - auch soweit §§ 5, 6 TG-TV die Einsetzbarkeit voraussetzen - kein für seine Eingruppierung relevantes Kriterium. Das ergibt die Auslegung.

33

(a) Tarifverträge sind wegen ihres normativen Charakters wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 853/13 - Rn. 22; 15. Mai 2013 - 7 AZR 665/11 - Rn. 44 mwN, BAGE 145, 142).

34

(b) Die Tabelle des § 7 TG-TV knüpft den jeweiligen Vergütungsanspruch an eine bestimmte Position - hier Croupier I - und legt fest, mit welcher Punktzahl diese an der Verteilung des Tronc teilnimmt. Die in der Tarifvorschrift bezeichneten Positionen sind in § 5 TG-TV hinsichtlich ihrer „Hauptaufgaben“ näher beschrieben. Weder dem Wortlaut der Bestimmungen noch dem tariflichen Zusammenhang ist dabei zu entnehmen, dass es für den Anspruch auf die Vergütung bzw. das Innehaben der Position darauf ankäme, ob die Tätigkeit des Arbeitnehmers das tarifliche Stellenprofil in jeder Hinsicht und in vollem Umfang ausfüllt. Maßgebend ist nach Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Regelungen allein die in § 6 TG-TV geregelte „Übernahme“ bzw. „Beförderung“ des Mitarbeiters. Ihr kommt hinsichtlich der Stellenbesetzung konstitutive Wirkung zu.

35

(c) Für die „Übernahme“ bzw. „Beförderung“ verlangt § 6 TG-TV - neben der Erfüllung bestimmter Eignungs- bzw. Befähigungsvoraussetzungen und ggf. dem Verstreichen einer einjährigen Wartezeit - das Vorhandensein einer freien „Planstelle“. Dieses Erfordernis korrespondiert mit § 5 Abs. 3 TG-TV und trägt, ebenso wie die dort vorgegebene Begrenzung der Stellenanzahl, der Vergütung nach dem Tronc-Prinzip Rechnung. Auch die „Übernahme“ oder „Beförderung“ in eine bestimmte Position hängt nicht davon ab, dass der Arbeitnehmer Aufgaben verrichtet, die für die fragliche Stelle charakteristisch sind. Vielmehr bestimmt sich - umgekehrt - durch die Übertragung der betreffenden Position der tariflich vorgegebene Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung.

36

(d) Richtet sich demnach die „Einreihung“ in das tarifliche Vergütungsschema nicht nach einer bestimmten ausgeübten oder auszuübenden Tätigkeit, sondern ausschließlich nach der übertragenen Position, so hat es auf die Vergütung jedenfalls keinen unmittelbaren Einfluss, wenn nach der Übernahme auf eine bestimmte Position ein für diese Bewertung charakteristisches Merkmal nicht mehr erfüllt wird (ähnlich für die Eingruppierung von Lehrkräften: BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21; 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 19 ff., BAGE 126, 149).

37

(e) Im Übrigen ist es auch nach der Tätigkeitsbeschreibung für den Croupier in § 5 I Nr. 7 TG-TV nicht erforderlich, dass dieser jederzeit der gesamten Bandbreite der möglichen Aufgaben gerecht wird.

38

(aa) § 5 I Nr. 7 TG-TV beschreibt iVm. § 5 Abs. 2 TG-TV die „Hauptaufgaben“ eines Croupiers der Stufen I und II dahin, dass dieser „am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen (arbeitet)“. Mit diesem Merkmal hebt sich die Tätigkeit aus den „Hauptaufgaben“ eines Croupiers der Stufen III bis X heraus, die in § 5 I Nr. 8 TG-TV dahin umschrieben sind, dass er „am Spieltisch (arbeitet)“.

39

(bb) § 5 I Nr. 7 TG-TV setzt erkennbar nicht voraus, dass der Arbeitnehmer bei „allen angebotenen Spielen“ auch tatsächlich zum Einsatz kommt. Andernfalls wäre die Bestimmung schwer verständlich und kaum handhabbar, zumal eine gleichzeitige Beschäftigung an mehreren Spieltischen praktisch ausscheidet und die Tarifvertragsparteien keine Zeitspanne vorgegeben haben, binnen derer die Arbeit rollierend bei allen Spielen erfolgen müsste. Sachgerecht kann die Regelung nur als Rahmen für das Direktionsrecht des Arbeitgebers verstanden werden. Sie beschreibt die Verpflichtung des Arbeitnehmers, auf Anforderung des Arbeitgebers - ggf. im Wechsel - an jedem beliebigen Spiel Arbeit zu leisten. Die Konkretisierung der Arbeitsleistung im Hinblick auf Spiel und Spieltisch bleibt dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO überlassen. Charakteristisches Merkmal der „Tätigkeit“ eines Croupiers der Stufen I und II ist ein gegenüber den niedriger bewerteten Positionen erweitertes Aufgabenspektrum.

40

(cc) Soweit allerdings der Kläger mit Blick auf § 6 Abs. 2 TG-TV gemeint hat, eine Tätigkeit genüge schon dann dem Anforderungsprofil des Croupier I und II, wenn der betreffende Mitarbeiter in allen angebotenen Spielen an einer Grundausbildung teilgenommen habe und darüber hinaus überhaupt am Spieltisch arbeite, überzeugt das nicht. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 TG-TV beschreibt die Qualifikation, über die ein spieltechnischer Mitarbeiter verfügen muss, um in die entsprechenden Stufen übernommen werden zu können. Sie ergänzt § 6 Abs. 1 TG-TV, der als „Grundvoraussetzung“ der Beförderung die „Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position“ nennt. Von der „Eignung“ ist die „Einsetzbarkeit“ im Rahmen der fraglichen Aufgabenbeschreibung mit umfasst. Schon für die Übernahme eines Mitarbeiters in die geringer bewerteten Croupierstufen X und V ist seine „Einsetzbarkeit“ an bestimmten Spielen - am Kessel des französischen Roulette und am Black Jack bzw. zusätzlich am American Roulette - erforderlich. Aus dem Umstand, dass es für die Croupierstufen I und II an einer ausdrücklichen Aufzählung der Spiele, an denen er „einsetzbar“ sein muss, fehlt, kann nicht geschlossen werden, dass es auf dieses Erfordernis im Rahmen des weiteren Aufstiegs nicht mehr ankäme. Die Tarifvertragsparteien gehen vielmehr erkennbar davon aus, dass es sich ohne Weiteres aus der in § 5 I Nr. 7 TG-TV beschriebenen Aufgabenstellung ergibt.

41

(dd) Auch wenn die tarifvertraglichen Regelungen auf die „Einsetzbarkeit“ abstellen, kann ihnen nicht entnommen werden, dass Voraussetzung für die Übertragung der Position eines Croupier I und seine Einreihung in die entsprechende Vergütungsstufe des § 7 TG-TV die gesundheitliche Fähigkeit des Mitarbeiters wäre, stets Arbeit bei allen angebotenen Spielen zu leisten.

42

(aaa) § 5 TG-TV enthält Stellenbeschreibungen. Die Regelung legt die Bandbreite möglicher Arbeitsleistungen fest. Bestimmte Konsequenzen für den Fall einer Leistungsminderung lassen sich hieraus nicht ableiten. Das gilt umso mehr, als Einschränkungen des gesundheitlichen Leistungsvermögens, die dazu führen, dass der Arbeitnehmer nicht mehr alle Aufgaben innerhalb der möglichen Bandbreite erledigen kann, nicht das Weisungsrecht als solches tangieren, sondern allenfalls dessen Ausübung im Einzelfall begrenzen.

43

(bbb) Soweit § 6 TG-TV als Grundvoraussetzung für eine Beförderung „die Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position“ nennt, fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass die Tarifvertragsparteien damit auch auf die gesundheitliche Leistungsfähigkeit abstellen wollten. Dagegen spricht vielmehr, dass bei diesem Verständnis der Tarifbestimmung jede noch so kurzfristige Herabsetzung des Leistungsvermögens die Voraussetzungen für die Beförderung bzw. Eingruppierung entfallen ließe. Dagegen sprechen ferner die Regelungen im TG-TV, die mit Blick auf den jeweiligen „Erreichungsgrad“ der „Einsetzbarkeit“ die Zahlung eines Zuschlags vorsehen. Ob die gegenteilige Lesart nicht zu entgeltfortzahlungs- und diskriminierungsrechtlichen Problemen führen würde, kann deshalb dahinstehen.

44

(2) Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen liegt auch mit Blick auf die weiteren vom Landesarbeitsgericht angeführten Umstände nicht vor.

45

(a) Dessen Annahme, die Vergütung des Klägers als Croupier I wirke sich nachteilig auf die anderen aus dem Tronc bezahlten Arbeitnehmer aus, beruht auf der fehlerhaften Auffassung, der Kläger beziehe ein übertarifliches Gehalt bzw. sei übertariflich eingruppiert. Das Landesarbeitsgericht lässt zudem unberücksichtigt, dass der Anspruch auf die Vergütung nach der Croupierstufe I nicht davon abhängt, ob der Arbeitgeber per Direktionsrecht das sich aus § 5 I Nr. 7 TG-TV ergebende Einsatzspektrum voll ausschöpft und der Mitarbeiter - rollierend - an allen oder doch einer Mindestanzahl von Spielen zum Einsatz kommt.

46

(b) Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen folgt nicht daraus, dass die Einsatzbeschränkung des Klägers womöglich einen verstärkten Einsatz der übrigen Mitarbeiter beim American Roulette zur Folge hatte (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 22). Die Beklagte hat nicht dargelegt, welche konkrete, auf Dauer unzumutbare Mehrbelastung sich daraus im Vergleich zum Einsatz bei anderen Spielen, etwa Black Jack oder Poker, ergeben soll. Ebenso wenig hat sie dargetan, dass infolge der verstärkten Heranziehung anderer Mitarbeiter zum Spiel American Roulette eine konkrete Störung des Betriebsfriedens eingetreten sei. Auf sonstige schutzwürdige Belange anderer Arbeitnehmer, denen sie im Rahmen der Ausübung ihres Direktionsrechts Rechnung zu tragen hätte, hat sich die Beklagte nicht berufen.

47

(c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte werde durch die Leistungseinschränkung des Klägers „über das Maß des Notwendigen“ in ihrer Planungs- und Organisationsfreiheit beeinträchtigt, ist mit Tatsachen nicht belegt. Konkrete, durch den Ausfall des Klägers beim American Roulette bedingte Störungen im Betriebsablauf sind weder festgestellt noch hat die Beklagte dazu vorgetragen. Der Umstand, dass sie mit Blick auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers in der Ausübung ihres Direktionsrechts entsprechend einschränkt ist, stellt für sich allein keine Beeinträchtigung der betrieblichen Belange dar, die im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG erheblich wäre(vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 22).

48

4. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen ergibt sich im Streitfall nicht daraus, dass das Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung mehr als nur geringfügig gestört wäre. Dies vermag der Senat abschließend zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

49

a) Die Beklagte hat dem Kläger mit seiner „Übernahme“ in die Position Croupier I Arbeitsaufgaben übertragen, die der tariflichen Tätigkeitsbeschreibung (§ 5 I Nr. 7 TG-TV) entsprechen. Aufgrund seiner krankheitsbedingten Unfähigkeit, am Tisch des American Roulette im Stehen zu arbeiten, konnte sie den Kläger in einem Teilbereich des vereinbarten Leistungsspektrums nicht mehr einsetzen. Die sich daraus ergebende Beschränkung ihres Direktionsrechts ist nicht deshalb unbeachtlich, weil sie keinen unmittelbaren Einfluss auf die tarifliche „Eingruppierung“ hatte. Die Tarifvertragsparteien bewerten - wie gezeigt - eine Tätigkeit, die der Croupierstufe I entspricht, gegenüber derjenigen eines Croupiers der Stufe III unter anderem deshalb höher, weil der Mitarbeiter „bei allen angebotenen Spielen (arbeitet)“. Die Verwendungsbreite des Croupiers ist damit nach der tariflichen Vergütungsordnung ein wertbestimmender Faktor.

50

b) Für die Beurteilung, ob die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, der nicht mehr innerhalb der gesamten Bandbreite der geschuldeten Aufgaben eingesetzt werden kann, die berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße unterschreitet, dass diesem das Festhalten an den bisherigen Vertragsbedingungen unzumutbar wird, kann die Bewertung der Tarifvertragsparteien in einer dem Arbeitsvertrag zugrunde liegenden tariflichen Vergütungsordnung maßgebende Bedeutung gewinnen. Ist ein Arbeitnehmer mit seinem Restleistungsvermögen voraussichtlich auf Dauer oder doch für zumindest 24 Monate nach der Kündigung nicht mehr in der Lage, überhaupt eine der charakteristischen Tätigkeiten der betreffenden tariflichen Stellenbeschreibung ohne Einschränkung zu verrichten, spricht viel dafür, dass wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers dadurch erheblich beeinträchtigt sind (vgl. dazu BAG 11. Dezember 2003 - 2 AZR 667/02 - zu B III 2 d der Gründe, BAGE 109, 87; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - zu III 3 c cc der Gründe; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 386; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 131 Rn. 45; Greiner RdA 2007, 22, 30 ff.). So verhält es sich im vorliegenden Fall aber nicht. Die Leistungsminderung des Klägers wirkt sich nur auf eine der mehreren in § 5 I Nr. 7 TG-TV beschriebenen „Hauptaufgaben“ aus, die dort im Übrigen nicht einmal abschließend aufgeführt sind(§ 5 Abs. 2 TG-TV). Der Kläger konnte mit seinem verbliebenen Leistungsvermögen an einer Vielzahl von angebotenen Spielen weiterhin tätig werden. Selbst beim American Roulette war er lediglich auf einer bestimmten Position nicht mehr einsetzbar. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass er damit hinter der „Normalleistung“ eines uneingeschränkt einsatzfähigen Croupiers I mehr als nur geringfügig zurückgeblieben wäre. Dies ist angesichts der Vielzahl der angebotenen Spiele und der weiteren sich aus § 5 TG-TV ergebenden möglichen Verwendungen auch objektiv nicht ersichtlich.

51

IV. Angesichts dessen bedarf es keiner Entscheidung, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers aus anderen Gründen sozial ungerechtfertigt oder unwirksam ist. Auf die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Versetzung und - wohl auch - zur Umgruppierung in die Croupierstufe III, deren Ersetzung die Beklagte in einem parallel geführten Beschlussverfahren begehrt, kam es nicht an. Ohnehin ist die Zustimmung des Betriebsrats nach §§ 99 ff. BetrVG keine Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Änderungskündigung, die die vertraglichen Voraussetzungen für die fraglichen personellen Maßnahmen schaffen will (zur Versetzung vgl. BAG 12. August 2010 - 2 AZR 104/09 - Rn. 30; 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 15 ff., BAGE 134, 154; zur Umgruppierung vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 840/12 - Rn. 24; 28. August 2008 - 2 AZR 967/06 - Rn. 33, BAGE 127, 342). Eine Aussetzung (§ 148 ZPO) des vorliegenden Rechtsstreits bis zur Erledigung des mittlerweile beim Bundesarbeitsgericht anhängigen Zustimmungsersetzungsverfahrens (- 1 ABR 48/14 -) war damit nicht angezeigt.

52

C. Die Beklagte hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Der Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft
ist infolge seiner Versetzung in den Ruhestand
mit Ablauf des 31. Januar 2016
an der Unterschriftsleistung verhindert.
Rachor    

        

    Rachor    

        

    Niemann    

        

        

        

    Krichel    

        

    Jan Eulen     

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Juni 2015 - 19 Sa 2229/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte ist Trägerin des Fachbereichs Sozialversicherung der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung. Die Klägerin ist Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht und war aufgrund eines Arbeitsvertrags mit der Beklagten seit Februar 2003 als Lehrende an diesem Fachbereich tätig.

3

Im März 2012 wurden ua. die Lehrveranstaltungen der Klägerin nach Maßgabe einer für den Fachbereich Sozialversicherung erlassenen Evaluationsordnung (EVO) bewertet und die Ergebnisse an andere Mitarbeiter der Beklagten weitergeleitet. Die Klägerin hielt die durchgeführten Maßnahmen wegen der aus ihrer Sicht nicht ordnungsgemäßen Bestellung eines Evaluationsbeauftragten für rechtswidrig und ließ mit anwaltlichem Schreiben vom 4. Juni 2012 Strafantrag gegen „Unbekannt“ stellen. Die Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren im Juni 2012 ein. Die von der Klägerin dagegen erhobene Beschwerde wies die Generalstaatsanwaltschaft mit Schreiben vom 30. Juli 2012 zurück und gab den Vorgang im November 2012 an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zur Prüfung ab, ob ein Bußgeldverfahren einzuleiten sei. Das BMAS unterrichtete die Beklagte mit Schreiben vom 9. Juli 2013 darüber, dass die Einleitung eines Bußgeldverfahrens geprüft werde. Am 18. Dezember 2013 gab es den Vorgang an die Beklagte als die zuständige Verwaltungsbehörde ab. Diese stellte keinen Verstoß gegen gesetzliche Datenschutzbestimmungen fest.

4

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien - nach Beteiligung des Personalrats - mit Schreiben vom 23. Mai 2014 zum 31. Dezember 2014.

5

Dagegen hat sich die Klägerin mit der vorliegenden Kündigungsschutzklage gewandt. Sie hat die Kündigung für sozial ungerechtfertigt gehalten. Sie habe sich mit dem Strafantrag gegen eine Verletzung ihrer Rechte durch die von Mitarbeitern der Beklagten zu verantwortende Evaluation ihrer Lehrveranstaltungen und gegen die Weitergabe der erhobenen Daten wehren dürfen. Der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 23. Mai 2014 nicht aufgelöst worden ist;

        

hilfsweise für den Fall der Stattgabe des Hauptantrags die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als hauptamtlich Lehrende zu unveränderten Vertragsbedingungen weiterzubeschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Kündigung sei wegen der unverhältnismäßigen Reaktion der Klägerin auf die vermeintlich rechtswidrig erfolgte Evaluation sozial gerechtfertigt.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2014 zu Recht als wirksam angesehen (I. und II.). Der nur hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellte Weiterbeschäftigungsantrag fällt nicht zur Entscheidung an (III.).

10

I. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die ordentliche Kündigung sei durch Gründe im Verhalten der Klägerin iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

11

1. Eine Kündigung ist iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt und damit nicht sozial ungerechtfertigt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über die Kündigungsfrist hinaus in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar ist. Auch eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gem. § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers kann eine Kündigung rechtfertigen(BAG 19. November 2015 - 2 AZR 217/15 - Rn. 24; 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 20). Eine Kündigung scheidet dagegen aus, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers - wie etwa eine Abmahnung - geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG 19. November 2015 - 2 AZR 217/15 - aaO; 31. Juli 2014 - 2 AZR 434/13  - Rn. 19 ). Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht zu erwarten oder die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und offensichtlich (auch für den Arbeitnehmer erkennbar) ausgeschlossen ist(BAG 19. November 2015 - 2 AZR 217/15 - aaO; 20. November 2014 - 2 AZR 651/13  - Rn. 22 ).

12

2. Dem Berufungsgericht kommt bei der Prüfung und Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Seine Würdigung wird in der Revisionsinstanz lediglich daraufhin geprüft, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 19. November 2015 - 2 AZR 217/15 - Rn. 25; 20. November 2014 - 2 AZR 651/13  - Rn. 24 ).

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3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die Klägerin habe ihre arbeitsvertragliche Nebenpflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten gem. § 241 Abs. 2 BGB erheblich verletzt.

14

a) Die Einschaltung der Staatsanwaltschaft durch einen Arbeitnehmer wegen eines vermeintlich strafbaren Verhaltens des Arbeitgebers oder seiner Repräsentanten stellt als Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte - soweit nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben gemacht werden - im Regelfall keine eine Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung dar (BVerfG 2. Juli 2001 - 1 BvR 2049/00 - zu II 1 b cc bbb der Gründe). Dies kann ua. dann anders zu beurteilen sein, wenn trotz richtiger Darstellung des angezeigten objektiven Sachverhalts für das Vorliegen der nach dem Straftatbestand erforderlichen Absicht keine Anhaltspunkte bestehen und die Strafanzeige sich deshalb als leichtfertig und unangemessen erweist (zur fristlosen Kündigung eines Mietverhältnisses vgl. BVerfG 2. Oktober 2001 - 1 BvR 1372/01 - zu 2 b der Gründe). Zwar sind auch die in Strafanzeigen enthaltenen Werturteile vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erfasst. Das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ist aber nicht vorbehaltlos gewährt, sondern steht gem. Art. 5 Abs. 2 GG unter dem Schrankenvorbehalt der allgemeinen Gesetze. Das erfordert eine fallbezogene Abwägung zwischen dem Grundrecht der Meinungsfreiheit und dem vom grundrechtsbeschränkenden Gesetz - hier § 241 Abs. 2 BGB - geschützten Rechtsgut(BVerfG 9. Oktober 1991 - 1 BvR 221/90 - zu B II 3 a der Gründe, BVerfGE 85, 23). Die Anzeige des Arbeitnehmers darf sich deshalb mit Blick auf die schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers nicht als eine unverhältnismäßige Reaktion auf sein Verhalten oder das seiner Repräsentanten darstellen. Dabei können als Indizien für eine unverhältnismäßige Reaktion sowohl die Berechtigung der Anzeige als auch die Motivation des Anzeigenden oder ein fehlender innerbetrieblicher Hinweis auf die angezeigten Missstände sprechen (BAG 3. Juli 2003 - 2 AZR 235/02 - zu II 3 b dd der Gründe, BAGE 107, 36). Soweit ihm dies zumutbar ist (BAG 3. Juli 2003 - 2 AZR 235/02 - zu II 3 b dd (2) der Gründe, aaO), ist der Arbeitnehmer wegen der sich aus der Pflicht zur Rücksichtnahme ergebenden Pflicht zur Loyalität und Diskretion gehalten, Hinweise auf strafbares Verhalten in erster Linie gegenüber Vorgesetzten oder anderen zuständigen Stellen oder Einrichtungen vorzubringen. Es ist daher zu berücksichtigen, ob ihm andere wirksame Mittel zur Verfügung standen, um etwas gegen den angeprangerten Missstand zu tun, andererseits aber auch ein öffentliches Interesse an einer Offenlegung der Information (zu Art. 10 Abs. 1 EMRK vgl. EGMR 17. September 2015 [Langner] - 14464/11 - Rn. 42 - 44; 21. Juli 2011 [Heinisch] - 28274/08 - Rn. 64 ff., EuGRZ 2011, 555).

15

b) Eine unverhältnismäßige, die vertragliche Nebenpflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzende Reaktion kann auch dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer einen Strafantrag stellt, weil er sich selbst als durch eine Straftat verletzt fühlt.

16

aa) Das Antragsrecht nach § 77 Abs. 1 StGB lässt die Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber den Interessen des Arbeitgebers gem. § 241 Abs. 2 BGB ebenso wenig generell entfallen wie das allgemeine Anzeigerecht nach § 158 StPO. Die Selbstbetroffenheit von einer - vermeintlichen - Straftat ist jedoch bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob der Strafantrag eine unangemessene Reaktion darstellt. Denn der Gesetzgeber erkennt mit dem Antragsrecht des Opfers dessen Interesse an einer Strafverfolgung als schutzwürdig an. Dennoch kann sich auch ein Strafantrag des vermeintlich Betroffenen als unverhältnismäßig erweisen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn - trotz richtiger Darstellung des angezeigten objektiven Sachverhalts - der Vorwurf, es sei durch ein bestimmtes Verhalten ein Straftatbestand verwirklicht worden, völlig haltlos ist. In einem solchen Fall besteht für den Antragsteller objektiv kein Anlass, die staatliche Strafverfolgung zu initiieren. Die Stellung eines Strafantrags ist auch nicht lediglich mit einer Klageführung wegen zivil- oder arbeitsrechtlicher Ansprüche zu vergleichen. Sie kann zu einer weit höheren Beeinträchtigung des Ansehens des Arbeitgebers und seines Unternehmens oder seiner Repräsentanten führen. Allerdings ist eine Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB durch einen derart „überschießenden“ Strafantrag nur dann schuldhaft und damit dem Arbeitnehmer vorwerfbar, wenn diesem die Haltlosigkeit des Vorwurfs erkennbar war. Ist das der Fall, ist ein bloß vermeidbarer und damit verschuldeter Irrtum über die Voraussetzungen der Strafbarkeit des angezeigten Verhaltens - abhängig vom Grad des Verschuldens - im Rahmen der Interessenabwägung bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz der Pflichtverletzung zumutbar ist.

17

bb) Die Frist von drei Monaten zur Stellung eines Strafantrags gem. § 77b Abs. 1 StGB steht der Annahme, ein Strafantrag könne gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB verstoßen, nicht notwendig entgegen. Für den Beginn der Frist ist nach § 77b Abs. 2 StGB die Kenntnis von der Tat und der Person des Täters erforderlich. Gibt es lediglich Hinweise auf eine Straftat, läuft die Antragsfrist nicht. Außerdem kann es dem Arbeitnehmer im Einzelfall zumutbar sein, auch innerhalb einer vermeintlich bereits laufenden Antragsfrist zunächst zu versuchen, die Berechtigung eines Vorwurfs anderweitig zu klären.

18

c) Danach hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, die Klägerin habe mit der Stellung des Strafantrags ihre Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten gem. § 241 Abs. 2 BGB erheblich verletzt.

19

aa) Der Strafantrag stellte eine gänzlich unangemessene Reaktion auf eine vermeintlich rechtswidrige Evaluation ihrer Lehrveranstaltungen dar. Die Klägerin hat Strafantrag wegen einer Straftat nach § 44 Abs. 1 BDSG gestellt. Zwar hat sie keine falschen tatsächlichen Angaben gemacht. Jedoch setzt eine solche Straftat zusätzlich zu einem vorsätzlichen Verstoß gegen gesetzliche Datenschutzbestimmungen voraus, dass die Handlung gegen Entgelt oder in der Absicht begangen wurde, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen. Dafür gab es weder nach dem von der Klägerin der Staatsanwaltschaft unterbreiteten noch nach dem im Rechtsstreit von ihr vorgetragenen Sachverhalt einen Anhaltspunkt. Die diesbezügliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Eine zulässige Verfahrensrüge hat die Klägerin nicht erhoben. Die Klägerin hat sich allein auf eine vermeintlich vorsätzliche Verletzung von Regeln des Datenschutzes und damit allenfalls auf eine Ordnungswidrigkeit nach § 43 Abs. 2 BDSG berufen. Ihre Auffassung, bereits daraus folge „offensichtlich“ ebenso eine Schädigungsabsicht iSd. § 44 Abs. 1 BDSG, ist abwegig, da anderenfalls Ordnungswidrigkeit und Straftat zusammenfielen.

20

bb) Überdies wäre es der Klägerin zumutbar gewesen, zunächst eine weitere innerbetriebliche Klärung der vermeintlichen Rechtswidrigkeit der Evaluation zu versuchen. Das Landesarbeitsgericht hat durch Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts angenommen, dass zu diesem Zweck eine Befassung der der Fachbereichsleitung vorgesetzten Mitarbeiter der Beklagten, ihres Referats für Datenschutz oder Justiziariats und schließlich des Datenschutzbeauftragten in Betracht gekommen wäre. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Auch die Klägerin zeigt einen solchen nicht auf. Soweit die Revision meint, eine Obliegenheit zur zunächst innerbetrieblichen Klärung scheide bei Selbstbetroffenheit von einer Straftat aus, mag dies der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer keinen Anlass hat, an der Berechtigung seines Vorwurfs zu zweifeln. Hier war aber das Gegenteil der Fall. Die Klägerin wusste, dass es im Fachbereich unterschiedliche Beurteilungen über die Zulässigkeit der durchgeführten Evaluationen gab. Der Einwand der Revision, die Klägerin habe davon ausgehen müssen, dass der Versuch innerbetrieblicher „Abhilfe“ aussichtslos gewesen wäre, weil die Evaluationen ja trotz der Hinweise von Mitte 2011 und Anfang März 2012 auf die weiterhin ausstehende Wahl einer/s Evaluationsbeauftragten durchgeführt worden seien, verkennt, dass damit noch nicht die der Fachbereichsleitung vorgesetzten Mitarbeiter der Beklagten, ihres Referats für Datenschutz oder Justiziariats oder der Datenschutzbeauftragte mit der Problematik befasst worden waren.

21

cc) An einer Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme fehlt es nicht deshalb, weil die Klägerin den Strafantrag gegen „Unbekannt“ gerichtet hat. Das Landesarbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, durch die im Antrag (konkret) angeführte Evaluation und die Bezugnahme auf mit dieser zusammenhängende Handlungen (konkret) benannter Mitarbeiter der Beklagten, insbesondere des Fachabteilungsleiters, habe die Klägerin einen klar erkennbaren Zusammenhang des Strafantrags mit Repräsentanten der Beklagten hergestellt und damit die Ermittlungen gegen die Beklagte bzw. deren Repräsentanten am Fachbereich Sozialversicherung lenken wollen.

22

4. Die Klägerin hat ihre Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten gem. § 241 Abs. 2 BGB schuldhaft verletzt.

23

a) Allerdings kann nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht angenommen werden, die Klägerin habe den Strafantrag wider besseres Wissen gestellt, nämlich obwohl ihr bewusst gewesen wäre, dass kein strafbares Verhalten vorlag.

24

b) Die Klägerin hat es jedoch entgegen der gebotenen Sorgfalt und damit fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB) unterlassen, die den mit der Evaluation befassten Personen unterstellte Schädigungsabsicht iSd. § 44 Abs. 1 BDSG kritisch zu hinterfragen. Sie hat ohne Weiteres aus einem ihrer Ansicht nach rechtswidrigen Vorgehen auf eine Schädigungsabsicht geschlossen. Dass dieser Schluss nicht richtig sein konnte, war nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts für die Klägerin als Volljuristin auch erkennbar. Überdies sprach der Umstand, dass nicht nur ihre Lehrveranstaltungen evaluiert wurden, dafür, dass die verantwortlichen Personen lediglich den gesetzlichen Auftrag nach § 6 HRG iVm. § 1 Abs. 2 EVO erfüllen wollten. Ein Anhaltspunkt für eine Schädigungsabsicht iSd. § 44 Abs. 1 BDSG ergab sich auch nicht daraus, dass der Fachbereich die Evaluation in Kenntnis des Umstands durchführte, dass es an einem gewählten Evaluationsbeauftragten fehlte. Der Klägerin war bekannt, dass der Fachabteilungsleiter entgegen der von einer Mitarbeiterin in einer E-Mail von Anfang März 2012 geäußerten Ansicht davon ausging, es sei ausreichend, dass er eine Professorin kommissarisch zur Evaluationsbeauftragten bestellt hatte. Seine diesbezüglichen Aussagen in der Sitzung des Fachbereichsrats am 6. März 2012 sind in dem Strafantrag wiedergegeben.

25

c) Einem Verschulden steht nicht entgegen, dass sich die Klägerin bei Stellung des Strafantrags hat anwaltlich vertreten lassen. Sie hat weder behauptet, dass Gegenstand der anwaltlichen Beratung die ihr als Arbeitnehmerin obliegenden Pflichten zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten gewesen seien, noch hat sie dargelegt, welche rechtliche Auskunft sie über die Voraussetzungen einer Strafbarkeit nach § 44 Abs. 1 BDSG erhalten habe.

26

5. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis ohne Rechtsfehler angenommen, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung sei aufgrund der der Klägerin zurechenbaren Pflichtverletzung nicht mehr zu erwarten gewesen, obwohl es an einer vorausgegangenen Abmahnung zu einer vergleichbaren Pflichtverletzung fehlte. Es kann dahinstehen, ob insofern seine Erstbegründung, eine Verhaltensänderung sei auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht zu erwarten gewesen, von den getroffenen Feststellungen getragen wird. Einer revisionsrechtlichen Überprüfung hält jedenfalls die Zweitbegründung stand, die Pflichtverletzung wiege außerdem so schwer, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch die Beklagte erkennbar ausgeschlossen gewesen sei. Das Landesarbeitsgericht hat dabei zu Recht darauf abgestellt, dass die Klägerin mit Nachdruck versucht habe, strafrechtliche Ermittlungen gegen die Beklagte oder ihre Repräsentanten in Gang zu setzen, obwohl es dafür erkennbar keinen Anlass gegeben habe. Die Nachdrücklichkeit habe sich daran gezeigt, dass die Klägerin sogar noch Beschwerde zur Generalstaatsanwaltschaft eingelegt habe, als ihr durch den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft die Haltlosigkeit ihrer Anzeige bereits vor Augen geführt worden war. Die Klägerin hat demnach beharrlich und ohne Rücksicht auf die Belange der Beklagten eigene, aufgrund der erkennbaren Haltlosigkeit des Vorwurfs nicht schutzwürdige Interessen an einer Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen gegen Repräsentanten der Beklagten verfolgt. Die tatrichterliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dies sei auch ohne Abmahnung geeignet, das Vertrauen der Beklagten in eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung in Form der gebotenen Rücksichtnahme auf ihre Interessen auf Dauer zu beeinträchtigen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

27

6. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Beklagten sei es angesichts der Pflichtverletzung der Klägerin auch unter Berücksichtigung der relevanten Umstände des Streitfalls nicht zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis der Parteien über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus fortzusetzen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls stand.

28

a) Seine Würdigung, die Klägerin habe geradezu leichtfertig gehandelt und die für die Beklagte mit einem Strafverfahren verbundene negative Publizität in Kauf genommen, hält sich im Rahmen des den Tatsachengerichten zustehenden Beurteilungsspielraums. Dass sie eine Strafbarkeit des Verhaltens der für die Evaluation ihrer Lehrveranstaltung Verantwortlichen für möglich gehalten haben mag und sich selbst von der ihres Erachtens unrechtmäßigen Datenerhebung und -verwertung betroffen sah, vermag sie deshalb nicht ausschlaggebend zu entlasten. Das Berufungsgericht durfte auch die Einlegung der Beschwerde gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft als besonders hartnäckiges Handeln der Klägerin ansehen. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, inwiefern sie sich mit der Auffassung der Staatsanwaltschaft auseinandergesetzt und etwa neue Anhaltspunkte für eine Schädigungsabsicht der Verantwortlichen geltend gemacht hätte. Zwar ist es tatsächlich nicht zu Ermittlungen gegen die Beklagte oder ihre Repräsentanten gekommen. Das Landesarbeitsgericht hat aber ohne Rechtsfehler bereits den Umstand, dass die Klägerin die Gefahr einer negativen Publizität durch ein Strafverfahren in Kauf genommen hat, als schwerwiegend erachtet.

29

b) Das Landesarbeitsgericht hat in seine Abwägung auch zutreffend sowohl den Umstand einbezogen, dass die Klägerin als Rechtsanwältin zugelassen ist, als auch die Tatsache, dass ihre rechtsanwaltliche Betätigung bislang kaum wirtschaftliche Bedeutung hatte. Durch die Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts hat es ebenso die Dauer der Beschäftigung der Klägerin von gut elf Jahren zum Zeitpunkt der Kündigung, ihr Alter von 58 Jahren und die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber ihrem Ehemann berücksichtigt. Seine Annahme, auch dies vermöge letztlich nicht, die Interessenabwägung zugunsten der Klägerin ausschlagen zu lassen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

30

7. Die Beklagte hatte im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ihr Recht zur ordentlichen Kündigung nicht verwirkt (§ 242 BGB).

31

a) Ein Kündigungssachverhalt kann durch Zeitablauf in einem Maß an Bedeutung verlieren, dass selbst eine ordentliche Kündigung nicht mehr gerechtfertigt ist. Der Schutz des Arbeitnehmers wird insoweit durch die Grundsätze der Verwirkung gewährleistet ( BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 638/13 - Rn. 25; 15. August 2002 - 2 AZR 514/01  - zu B I 3 c der Gründe). Der Arbeitgeber hat das Recht zur ordentlichen Kündigung verwirkt, wenn er in Kenntnis eines Kündigungsgrundes längere Zeit untätig bleibt, dh. die Kündigung nicht erklärt, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre (Zeitmoment), und er dadurch beim Arbeitnehmer das berechtigte Vertrauen erweckt, die Kündigung werde auch künftig unterbleiben (Umstandsmoment; BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 638/13 - aaO; 15. August 2002 - 2 AZR 514/01  - zu B I 2 a der Gründe).

32

b) Danach fehlt es schon am für eine Verwirkung erforderlichen Zeitmoment. Es ist nicht festgestellt, dass die Beklagte, wie die Revision geltend macht, „nahezu zwei Jahre hat verstreichen lassen“, bevor sie mit dem Kündigungsverlangen an den Personalrat herangetreten ist. Nach dem vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Vorbringen der Beklagten hatte diese vielmehr Kenntnis von dem Umstand, dass die Klägerin Strafantrag gestellt hatte, erst mit Abgabe des Ordnungswidrigkeitenverfahrens erlangt. Dies war am 18. Dezember 2013. Die Beklagte hat weiter vorgetragen, die Klägerin mit Schreiben vom 20. Februar 2014 angehört und die Beteiligung des Personalrats mit Schreiben vom 10. April 2014 eingeleitet zu haben. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass und in welcher Weise sie dem in den Tatsacheninstanzen entgegengetreten wäre.

33

II. Die Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2014 ist nicht gem. § 79 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 72 Abs. 1 BPersVG wegen einer nicht ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrats unwirksam.

34

1. Die Beklagte hat den Personalrat ordnungsgemäß über ihre Kündigungsabsicht unterrichtet.

35

a) Im Mitwirkungsverfahren nach § 72 Abs. 1 BPersVG ist der Personalrat ebenso umfassend zu unterrichten wie der Betriebsrat nach § 102 Abs. 1 BetrVG(BAG 14. Januar 1993 - 2 AZR 387/92 - zu II 1 a der Gründe; 3. November 1977 - 2 AZR 277/76 - zu II 2 b der Gründe). Für die Mitteilung der Kündigungsgründe gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“ (BAG 22. September 2016 - 2 AZR 700/15 - Rn. 26; 16. Juli 2015 - 2 AZR 15/15 - Rn. 15, BAGE 152, 118). Der Personalrat ist ordnungsgemäß unterrichtet, wenn ihm der Dienstherr die aus seiner subjektiven Sicht tragenden Umstände für die beabsichtigte Kündigung mitgeteilt hat. Der Arbeitgeber darf allerdings ihm bekannte Umstände, die sich bei objektiver Betrachtung zugunsten des Arbeitnehmers auswirken können, nicht deshalb vorenthalten, weil sie für seinen eigenen Kündigungsentschluss nicht von Bedeutung waren (BAG 22. September 2016 - 2 AZR 700/15 - Rn. 27; 16. Juli 2015 - 2 AZR 15/15 - Rn. 19, BAGE 152, 118). Die Unterrichtung ist daher fehlerhaft, wenn er dem Personalrat bewusst unrichtige und oder unvollständige Sachverhalte unterbreitet oder einen für dessen Entschließung wesentlichen, insbesondere einen den Arbeitnehmer entlastenden Umstand verschweigt (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 22; 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 46).

36

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze war die Unterrichtung des Personalrats nicht unvollständig. Die Beklagte hat sowohl die Sozialdaten als auch das Verhalten der Klägerin, das sie zum Anlass der Kündigung genommen hat, zutreffend dargelegt. Kündigungsgrund war dabei aus Sicht der Beklagten die unverhältnismäßige Reaktion der Klägerin in Form des Strafantrags auf die vermeintlich rechtswidrige Evaluation bei Unterstellung einer Schädigungsabsicht der Verantwortlichen. Zur Entlastung von dieser Pflichtwidrigkeit waren weitere Meinungen, die die Auffassung der Klägerin von der „bloßen“ Rechtswidrigkeit der Evaluation teilten, weder aus der Sicht der Beklagten noch objektiv geeignet. Die Auffassung der Klägerin über eine Unzulässigkeit von Evaluationen ohne gewählten Evaluationsbeauftragten hat die Beklagte dabei nicht verschwiegen. Sie hat ihre Ausführungen dazu im Strafantrag vielmehr in dem Schreiben an den Personalrat wörtlich wiedergegeben.

37

2. Die Kündigung ist nicht wegen einer unterbliebenen Erörterung nach § 72 Abs. 1 BPersVG unwirksam. Insofern bedarf keiner Entscheidung, ob eine Erörterung iSd. § 72 Abs. 1 BPersVG ein mündliches Gespräch zwischen Personalrat und Dienststelle voraussetzt(zum wortgleichen § 84 Abs. 1 PersVG Berlin BAG 15. August 2006 - 9 AZR 571/05 - Rn. 33, BAGE 119, 181) oder ob unter besonderen Umständen oder mit Zustimmung des Personalrats auch der Austausch schriftlicher Stellungnahmen genügt (BVerwG 17. Februar 2009 - 1 WB 37/08 - Rn. 25 f., BVerwGE 133, 135). Eine Erörterung ist entbehrlich, wenn zwischen der Dienststelle und dem Personalrat eine Absprache besteht, dass sie im Falle eines Widerspruchs des Personalrats nur auf seinen ausdrücklichen Wunsch erfolgen soll (BAG 15. August 2006 - 9 AZR 571/05 - Rn. 45, aaO; 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 81, 111). Eine solche - zumindest konkludente - Absprache lag zwischen der Beklagten und dem Personalrat vor. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, bei der Beklagten bestehe in Kündigungsangelegenheiten die Praxis, dass sie auf Einwände des Personalrats zu einem Beteiligungsschreiben eine schriftliche Erwiderung fertige und eine mündliche Erörterung nicht mehr stattfinde, falls diese nicht im Einzelfall ausdrücklich vom Personalrat gewünscht werde. Die Klägerin hat dagegen keine Verfahrensrügen erhoben. Entsprechend dieser Praxis hat die Beklagte auf den Einwand des Personalrats mit Schreiben vom 24. April 2014 am 22. Mai 2014 schriftlich Stellung genommen. Anhaltspunkte, dass der Personalrat den Wunsch nach einer mündlichen Erörterung geäußert hätte, bestehen nicht. Mit der Stellungnahme der Beklagten vom 22. Mai 2014 war demnach das Beteiligungsverfahren abgeschlossen, bevor die Kündigung vom 23. Mai 2014 ausgesprochen wurde.

38

III. Der nur hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellte Weiterbeschäftigungsantrag ist nicht zur Entscheidung angefallen. Er wäre überdies nur auf eine Beschäftigung für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits gerichtet. Dieser ist mit der Entscheidung des Senats rechtskräftig abgeschlossen.

39

IV. Als unterlegene Partei hat die Klägerin gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

        

    Koch     

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    K. Schierle    

        

    Gerschermann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 13. November 2014 - 4 Sa 574/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung, einen Auflösungsantrag der Beklagten, die vorläufige Weiterbeschäftigung der Klägerin und die Erteilung eines Zwischenzeugnisses.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit September 2001 als kaufmännische Angestellte im Einkauf beschäftigt. Im Verlauf des Arbeitsverhältnisses sah sie sich durch ihre Vorgesetzten wegen ihres Geschlechts und ihrer afghanischen Herkunft diskriminiert.

3

In einer E-Mail vom 21. September 2008 an den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Beklagten führte die Klägerin aus, seit einigen Jahren würden „Guerilla-Aktionen“ gegen sie geführt, sie habe eine „himmelschreiende Ausländer- und Frauenfeindlichkeit“ vorgefunden. Sie würde es als unfair erachten, wenn der Vorstandsvorsitzende davon aus der amerikanischen Presse oder der „Oprah-Winfrey-Show“ erführe. Bei ihrem „Chef“ handele es sich um einen „unterbelichteten Frauen- und Ausländerhasser“. Die Klägerin wies in der E-Mail darauf hin, dass sie drei unterhaltspflichtige Kinder habe.

4

Mit ebenfalls an den damaligen Vorstandsvorsitzenden gerichteter E-Mail vom 5. Februar 2009 teilte die Klägerin erneut mit, dass sie unter Männerherrschaft, Männerwirtschaft und Männersolidarität zu leiden habe. Sie verlangte, nicht mehr mit ihrem bisherigen Vorgesetzten zusammenarbeiten zu müssen. In der E-Mail hieß es auszugsweise:

        

„Bei dieser Gelegenheit muss ich leider feststellen, dass Sie als CEO von S noch einsamer sind als ich es bin. Ich darf Ihnen hiermit schriftlich bestätigen, dass kein Jude in diesem Land jemals solche seelischen Qualen erleiden musste, wie ich; und das ist mein Erleben und Empfinden, und kein Gesetz der Welt kann mir verbieten, darüber zu berichten. In keinem Land der Welt, in keinem Unternehmen der Welt habe ich so viele Intrigen erlebt, sei es mit Personal, sei es mit Lieferanten. Das Ganze hält die Erinnerung wach an meinen Lieblingsfilm: Der Pate. Alles in Allem: Was mir bis heute geboten wird - das kann ich doch nicht annehmen: Es beleidigt meine Intelligenz.“

5

Mit E-Mail vom 30. März 2009 wandte sich die Klägerin unter dem Betreff „Lebenswerk der unfähigen Führungskräfte“ an ihren unmittelbaren Vorgesetzten. Sie hielt ihm Mobbing, Bossing, unberechtigte Kritik sowie unsachliche und leere Bemerkungen vor, ferner, dass er seine Position nur innehabe, um einer intellektuellen Frau das Leben zur Hölle zu machen. Seine Fähigkeiten reichten offensichtlich nicht dazu, als Führungskraft zu fungieren. Er verstehe nicht einmal „den Unterschied zwischen Kosten und Preis“. Die Klägerin versandte die E-Mail an weitere zwölf Mitarbeiter der Beklagten.

6

Die Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 3. April 2009 darauf hin, dass ihre Äußerungen durch ihr Beschwerderecht und das Recht zur freien Meinungsäußerung nicht mehr gedeckt seien. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die in der E-Mail vom 5. Februar 2009 enthaltenen Anspielungen auf die Zeit des Nationalsozialismus. Das Schreiben lautete auszugsweise:

        

„Sie haben mit diesen Vergleichen und Behauptungen arbeitsrechtliche Kündigungsgründe geliefert. Wir fordern Sie daher auf, alle von Ihnen gemachten Vergleiche und aufgestellten Behauptungen gegenüber den von Ihnen informierten Personen und der S AG schriftlich bis zum 17. April 2009 zurückzunehmen. Des Weiteren fordern wir Sie auf, sich bei den betroffenen Personen schriftlich unter qualifizierter Zurücknahme der Behauptungen ebenfalls bis zum 17. April 2009 zu entschuldigen. Wir erwarten, dass Sie derartige Äußerungen künftig unterlassen.

        

Sollten derartige oder sinngemäß gleiche Äußerungen wiederholt werden oder sollte keine Rücknahme erfolgen, werden wir arbeitsrechtliche Maßnahmen einleiten, die bis hin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gehen können.

        

Bis zur endgültigen Klärung des Vorganges stellen wir Sie widerruflich unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeit frei.“

7

Die Klägerin nahm zu dem Schreiben mit E-Mail vom 16. April 2009 Stellung. Die Bezeichnung ihres Vorgesetzten als „unterbelichtete(n) Frauen- und Ausländerhasser“ sei „auch für (ihren) Geschmack … ein wenig zu scharf geraten“, dessen frauenfeindliches Verhalten habe aber zur Verschärfung des Konflikts beigetragen. Sie habe den Ausdruck nicht zum Zwecke der Beleidigung oder Rufschädigung verwandt. Gegen den Vorwurf, den Abteilungsleiter als „Rassisten“ bezeichnet zu haben, verwahre sie sich.

8

Mit Schreiben vom 21. April 2009 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu der Absicht an, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum 30. Juni 2009 zu kündigen. Dem Anhörungsschreiben - bestehend aus Deckblatt und Anhang - waren weitere Anlagen beigefügt. Ob auch die Anlagen „2a“ bis „2c“ dazu gehörten, ist zwischen den Parteien streitig gewesen. Der Betriebsrat stimmte der beabsichtigten Kündigung unter dem 24. April 2009 zu.

9

Mit Schreiben ebenfalls vom 24. April 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. Juni 2009.

10

Hiergegen hat sich die Klägerin rechtzeitig mit der vorliegenden Klage gewandt. Sie hat außerdem die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses und ihre vorläufige Weiterbeschäftigung verlangt. Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, die von ihr getätigten Äußerungen seien nicht geeignet, eine Kündigung zu rechtfertigen. Die Beklagte habe mit ihrem Schreiben vom 3. April 2009 selbst zum Ausdruck gebracht, dass keine negative Zukunftsprognose bestehe, wenn sie, die Klägerin, bestimmte Verhaltensweisen richtigstelle. Eine Abmahnung sei daher nicht entbehrlich gewesen. Im Übrigen lasse die Beklagte die jahrelangen Mobbingvorgänge außer Acht, die erst zur Störung des Betriebsfriedens geführt hätten. Überdies sei der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört worden. Auf dem Anhörungsbogen sei ihm mitgeteilt worden, dass sie eine Unterhaltsverpflichtung nur gegenüber einem Kind habe, obwohl die Beklagte positive Kenntnis davon gehabt habe, dass sie drei Kindern zum Unterhalt verpflichtet sei. Das Zitat zum „Judenvergleich“ sei nicht vollständig und damit entstellt wiedergegeben worden. Die Anlagen „2a“ bis „2c“ seien dem Betriebsrat nicht zugeleitet worden. Der hierzu als Zeuge vernommene Betriebsratsvorsitzende habe sich widersprüchlich geäußert.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. April 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Verhalten und Leistung erstreckt;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag die Beklagte zu verurteilen, sie zu den im Arbeitsvertrag vom 14. September 2001 geregelten Bedingungen in der derzeit geltenden Fassung als Stratege im Global Procurement in N bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise

        

das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen.

13

Die Beklagte hat die Kündigung als wirksam verteidigt. Sie hat gemeint, die Klägerin habe ihre arbeitsvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme schwerwiegend verletzt. Sie habe ihre Führungskräfte beleidigt, in ehrverletzender Weise die Fähigkeiten ihres Vorgesetzten in Frage gestellt und die Umstände im Unternehmen mit dem Leid der Juden während der NS-Zeit verglichen. Einer Abmahnung habe es nach dem Schreiben vom 3. April 2009 nicht mehr bedurft. Mit ihrer Stellungnahme vom 16. April 2009 habe die Klägerin ihre Pflichtverletzungen noch manifestiert und verstärkt. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Beklagte hat behauptet, diesem sei die Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder der Klägerin zum einen aus deren E-Mail vom 21. September 2008 bekannt gewesen, die dem Anhörungsschreiben als Anlage „2c“ beigefügt gewesen sei, zum anderen habe er von den persönlichen Verhältnissen der Klägerin ohnehin Kenntnis gehabt. Aus der Anlage „2c“ sei ihm auch der vollständige Inhalt des von der Klägerin angestellten „Judenvergleichs“ bekannt gewesen.

14

Zur Begründung des Auflösungsantrags hat die Beklagte vorgetragen, die Klägerin habe sie in zahlreichen Äußerungen gegenüber der Presse als ein diskriminierendes, frauen- und ausländerfeindliches Unternehmen dargestellt, in dem systematisch Mobbing betrieben und keine Rücksicht auf die Gesundheit der Mitarbeiter genommen werde. Von ihrem „Judenvergleich“ habe sie sich in der Öffentlichkeit nicht distanziert, sondern sie, die Beklagte, bezichtigt, ihr zu Unrecht eine strafbare Verharmlosung des Holocaust vorgeworfen zu haben. Am 24. Februar 2010 habe die Klägerin eine Strafanzeige gegen sie gestellt. Zusätzlich habe sie Strafanzeigen wegen angeblichen Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz gegen zwei ihrer Mitarbeiter erstattet. Die Klägerin habe die Namen der Mitarbeiter auch öffentlich erwähnt sowie der Presse mitgeteilt und dadurch deren Ansehen in der Öffentlichkeit beeinträchtigt. Sie habe zudem in einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin, den sie auf ihrer Homepage veröffentlich habe, das Ansehen der Firma beschädigt. Dem Betriebsrat habe sie vorgeworfen, seit Jahren Machtmissbrauch begünstigt und offensichtliche Gesetzesverstöße ignoriert und damit gebilligt zu haben.

15

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei einem erst in der Berufungsinstanz gestellten Auflösungsantrag könnten nur Sachverhalte berücksichtigt werden, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz entstanden seien. Gründe für eine Auflösung seien im Übrigen nicht gegeben. Einem Arbeitgeber, der auf die Beschwerde eines diskriminierten Mitarbeiters nicht reagiere, sei es schon aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben verwehrt, von der Möglichkeit einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses Gebrauch zu machen.

16

Die Vorinstanzen haben dem Kündigungsschutzantrag stattgegeben. Auf den Hilfsantrag der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung von 37.600,00 Euro brutto zum 30. Juni 2009 aufgelöst. Dem Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses hat das Arbeitsgericht stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat ihn abgewiesen. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin verfolgt für den Fall, dass die Revision der Beklagten zurückgewiesen wird, mit ihrer Revision ihr Klagebegehren - soweit dieses erfolglos geblieben ist - weiter und begehrt die Abweisung des Auflösungsantrags.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht der Kündigungsschutzklage nicht stattgeben. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Über die Revision der Klägerin war nicht zu entscheiden.

18

I. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Kündigung der Beklagten vom 24. April 2009 nicht als sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ansehen. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 561 ZPO).

19

1. Die Revision der Beklagten ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht schon deshalb unbegründet, weil ihre Berufung unzulässig gewesen wäre.

20

a) Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung und deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, hat das Revisionsgericht eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben und die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass sie verworfen wird(BAG 26. März 2013 - 3 AZR 101/11 - Rn. 12). Dass das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat, ist ohne Bedeutung (BAG 19. Februar 2013 - 9 AZR 543/11 - Rn. 11; 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 9 mwN).

21

b) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben(BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - Rn. 18; 19. Februar 2013 - 9 AZR 543/11 - Rn. 13). Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen ( BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - aaO; 11. November 2014 - 3 AZR 404/13  - Rn. 18 ).

22

c) Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung der Beklagten. Sie stellt die Bewertung des Arbeitsgerichts in Frage, die Kündigung sei mangels vorheriger Abmahnung sozial ungerechtfertigt. Eine Abmahnung sei vielmehr entbehrlich gewesen, weil die erheblichen Pflichtverletzungen der Klägerin einen irreparablen Vertrauensverlust begründet hätten und damit bereits eine negative Prognose vorgelegen habe. Damit hat die Beklagte Umstände bezeichnet, aus denen sich iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO eine Rechtsverletzung durch die Entscheidung des Arbeitsgerichts ergeben konnte. Der Einwand der Klägerin, die Beklagte habe sich nicht hinreichend mit dem Prognoseprinzip auseinandergesetzt, auf welches das erstinstanzliche Urteil unter anderem gestützt sei, verkennt, dass die Beklagte sich hiermit durchaus befasst, eine negative Prognose aber anders als das Arbeitsgericht aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung auch ohne vorherige Abmahnung als gegeben erachtet hat.

23

2. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, die Kündigung der Beklagten vom 24. April 2009 sei sozial ungerechtfertigt.

24

a) Eine Kündigung ist iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt und damit nicht sozial ungerechtfertigt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Auch eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gem. § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers kann eine Kündigung rechtfertigen(BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 20; zu § 626 Abs. 1 BGB vgl.: BAG 24. März 2011 - 2 AZR 282/10 - Rn. 12; 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - Rn. 20). Eine Kündigung scheidet dagegen aus, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers - wie etwa eine Abmahnung - geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken ( BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 434/13 - Rn. 19; 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - aaO mwN). Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht zu erwarten ist, oder die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und offensichtlich (auch für den Arbeitnehmer erkennbar) ausgeschlossen ist(BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 22; 31. Juli 2014 - 2 AZR 434/13 - Rn. 39).

25

b) Dem Berufungsgericht kommt bei der Prüfung und Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Seine Würdigung wird in der Revisionsinstanz lediglich daraufhin geprüft, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 24; 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 42).

26

c) Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das angefochtene Urteil nicht stand.

27

aa) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die Beklagte habe mit dem Schreiben vom 3. April 2009 auf ein etwaiges Recht zur Kündigung wegen der beanstandeten Äußerungen der Klägerin nicht verzichtet. Aus dem Schreiben werde vielmehr erkennbar, dass sie eine kündigungsrechtliche Bewertung der Vorgänge bis zum Eingang einer Stellungnahme der Klägerin lediglich zurückgestellt habe. Die Beklagte habe zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Basis für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erst wieder sehe, wenn sich die Klägerin innerhalb einer Frist bis zum 17. April 2009 von ihren Äußerungen distanziere und sich bei den betroffenen Mitarbeitern entschuldige. Ein Rechtsfehler ist diesbezüglich weder aufgezeigt noch objektiv ersichtlich.

28

(1) Der Arbeitgeber kann auf das Recht zum Ausspruch einer - außerordentlichen oder ordentlichen - Kündigung jedenfalls nach dessen Entstehen durch eine entsprechende Willenserklärung einseitig verzichten. Ein solcher Verzicht ist ausdrücklich oder konkludent möglich. So liegt im Ausspruch einer Abmahnung regelmäßig der konkludente Verzicht auf das Recht zur Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen. Der Arbeitgeber gibt mit einer Abmahnung zu erkennen, dass er das Arbeitsverhältnis noch nicht als so gestört ansieht, als dass er es nicht mehr fortsetzen könnte (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - Rn. 33; 26. November 2009 - 2 AZR 751/08 - Rn. 11 f.). Dies gilt allerdings dann nicht, wenn gem. §§ 133, 157 BGB der Abmahnung selbst oder den Umständen zu entnehmen ist, dass der Arbeitgeber die Angelegenheit mit der Abmahnung nicht als „erledigt“ ansieht(BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - aaO; 13. Dezember 2007 - 6 AZR 145/07 - Rn. 24, BAGE 125, 208).

29

(2) Beim Schreiben der Beklagten vom 3. April 2009 handelt es sich um eine atypische Willenserklärung. Deren Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB ist vom Revisionsgericht nur auf Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze zu prüfen.

30

(3) Unter Berücksichtigung des Wortlauts der Erklärung geht das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei davon aus, sie lasse den Willen der Beklagten erkennen, sich eine endgültige rechtliche Bewertung des Sachverhalts bis zum Eingang der Stellungnahme der Klägerin vorzubehalten. Das Schreiben ist weder als Abmahnung bezeichnet noch als solche formuliert. Die Aufforderung zur Stellungnahme dient erkennbar dazu, der Klägerin vor einer abschließenden Bewertung Gelegenheit zu einer Entschuldigung und damit zur Abmilderung der Vorwürfe zu geben. Auch die widerrufliche Freistellung erfolgte lediglich „bis zur endgültigen Klärung des Vorganges“ und ließ sich damit nicht als abschließende Reaktion auf das beanstandete Verhalten verstehen.

31

bb) Hatte die Beklagte demnach nicht auf ein etwaiges Kündigungsrecht verzichtet, bleibt nach der Würdigung des Landesarbeitsgerichts unklar, inwiefern dem Umstand, dass sie ihre Erwartungen an die Klägerin nicht klar genug formuliert habe, für die soziale Rechtfertigung der Kündigung „entscheidende Bedeutung“ zukomme.

32

(1) Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die Beklagte habe durch eine unklare Formulierung dazu beigetragen, dass die Klägerin nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist die erwarteten Erklärungen abgegeben habe. Dies sei im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und der Interessenabwägung zu würdigen.

33

(2) Wie es diese Würdigung vorgenommen, insbesondere welche weiteren Umstände es in seine Erwägungen einbezogen hat, lässt sich dem Berufungsurteil jedoch nicht entnehmen. Es bleibt sowohl offen, welche Äußerungen der Klägerin das Landesarbeitsgericht überhaupt als Pflichtverletzungen gewertet noch welche Schwere es ihnen ggf. beigemessen hat.

34

cc) Sollte der Würdigung des Landesarbeitsgerichts die Vorstellung zugrunde gelegen haben, es sei ausreichend, dass die Beklagte eine Wiederherstellung der Vertrauensgrundlage zunächst selbst für möglich gehalten habe, läge darin eine Verkennung der Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers. Für die Frage, ob das Verhalten des Arbeitnehmers iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG eine Kündigung „bedingt“, gilt ein objektiver Maßstab(für den wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB vgl.: BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - Rn. 29; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 109; HK-ArbR/Griebeling 3. Aufl. § 626 BGB Rn. 58; APS/Dörner/Vossen 4. Aufl. § 626 BGB Rn. 22). Maßgeblich ist nicht, ob ein bestimmter Arbeitgeber meint, ihm sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, und ob er weiterhin hinreichendes Vertrauen in einen Arbeitnehmer hat. Es kommt vielmehr darauf an, ob dem Kündigenden die Weiterbeschäftigung - bei der ordentlichen Kündigung auch über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus - aus der Sicht eines objektiven und verständigen Betrachters unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zumutbar ist oder nicht (für die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bei einer außerordentlichen Kündigung vgl.: BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 47, BAGE 134, 349 ). An der danach erforderlichen Prüfung, ob im Zeitpunkt der Kündigung nach den objektiv gegebenen Umständen die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses - auch ohne eine vorherige Abmahnung - gerechtfertigt war, fehlt es bislang.

35

3. Der Senat kann die Würdigung, ob die Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt ist, nicht selbst vornehmen. Hierfür bedarf es weiterer Feststellungen.

36

a) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Droht der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mit einem empfindlichen Übel, um die Erfüllung eigener streitiger Forderungen zu erreichen, kann - je nach den Umständen des Einzelfalls - ein erheblicher, ggf. sogar die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigender Verstoß gegen seine Pflicht zur Wahrung von dessen Interessen liegen ( BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - Rn. 43; 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 19 f .; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 408; APS/Dörner/Vossen 4. Aufl. § 626 BGB Rn. 231 f.). Mit den E-Mails vom 21. September 2008 und 5. Februar 2009 kann eine solche an die Beklagte gerichtete Drohung verbunden gewesen sein, die Klägerin werde sich an die - amerikanischen - Medien wenden, falls die Beklagte ihre vermeintlichen Ansprüche - wie etwa den, nicht mehr mit dem bisherigen Vorgesetzten zusammenarbeiten zu müssen - nicht erfülle. Für die Ermittlung ihres Erklärungsinhalts bedarf es der Auslegung der E-Mails gem. §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung der Begleitumstände. Daran fehlt es bisher. Dafür, dass die Einschaltung der fraglichen Medien im berechtigten Interesse der Klägerin gelegen haben könnte, ist bislang nichts ersichtlich. Den Parteien wird insofern Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben sein.

37

b) In der Bezeichnung ihres „Chefs“ als „unterbelichtete(n) Frauen- und Ausländerhasser“ in der E-Mail der Klägerin vom 21. September 2008 kann eine nicht mehr von der Freiheit der Meinungsäußerung gedeckte Beleidigung liegen. Dies gilt ebenso für die Charakterisierung und Herabwürdigung ihres unmittelbaren Vorgesetzten in der E-Mail vom 30. März 2009. Zwar dürfen Arbeitnehmer - auch unternehmensöffentlich - Kritik am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dabei auch überspitzt äußern. In grobem Maße unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen (zum wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB vgl.: BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 22; 10. Dezember 2009 - 2 AZR 534/08 - Rn. 17; 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 22; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 - zu B I 3 a der Gründe; zur ordentlichen Kündigung BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 21/05 - Rn. 45).

38

c) Beim Vergleich ihrer seelischen Verfassung mit dem Leid der Juden in der NS-Zeit sowie beim Hinweis auf den Mafia-Film „Der Pate“ in der E-Mail der Klägerin vom 5. Februar 2009 wird durch Auslegung zu bestimmen sein, welcher Aussagegehalt den Äußerungen überhaupt beizumessen ist. Dass die Klägerin die betrieblichen Vorgänge bei der Beklagten mit dem nationalsozialistischen Terrorsystem gleichgesetzt hätte (vgl. dazu BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 355/10 - Rn. 14, BAGE 138, 312; 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 19), wie die Beklagte gemeint hat, liegt jedenfalls nicht auf der Hand. Die Klägerin hat ihre „seelischen Qualen“ mit denen der Juden verglichen und dabei darauf hingewiesen, es handele sich um ihr „Erleben und Empfinden“.

39

d) Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, die Klägerin habe ihre Pflicht zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB durch eine oder mehrere ihrer Äußerungen verletzt, wird es unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Streitfalls zu prüfen haben, ob es der Beklagten dennoch objektiv zumutbar war, das Arbeitsverhältnis - ggf. nach Abmahnung - auf Dauer fortzusetzen.

40

aa) Hierbei kann zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen sein, wenn es für die von ihr erhobenen Vorwürfe gegenüber ihrem „Chef“ oder dem direkten Vorgesetzten eine Tatsachengrundlage gab, wie sie behauptet hat. Das wird das Landesarbeitsgericht ggf. näher aufzuklären haben. Die Äußerungen könnten auch dann weniger schwer wiegen, wenn sich die Klägerin - wie sie geltend gemacht hat - in einer Ausnahmesituation befunden hätte, weil sie den Eindruck hatte, ihre Beschwerden würden bei der Beklagten nicht in der gebotenen Weise bearbeitet.

41

bb) Bei der Würdigung, ob der Beklagten eine dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch ohne Abmahnung - objektiv - unzumutbar war, kann außerdem der Stellungnahme der Klägerin auf das Schreiben der Beklagten vom 3. April 2009 Bedeutung zukommen. Soweit die Klägerin darin ihr Bedauern bezüglich einzelner Äußerungen zum Ausdruck gebracht und mit Blick auf andere versucht haben sollte, Klarstellungen vorzunehmen, mag dies zu ihren Gunsten zu berücksichtigen sein. Andererseits hat sie die Erklärungen nicht von sich aus, sondern erst auf die Aufforderung der Beklagten hin abgegeben. Überdies hat sie sich von den beanstandeten Äußerungen nicht uneingeschränkt distanziert, sondern sie zum Teil sogar bekräftigt.

42

4. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auf der Basis der bisherigen Feststellungen angenommen, die Kündigung sei nicht wegen einer nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats unwirksam.

43

a) Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Gem. Satz 2 der Bestimmung hat ihm der Arbeitgeber die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Nach Satz 3 ist eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam.

44

aa) Der Inhalt der Unterrichtung gem. § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist nach ihrem Sinn und Zweck grundsätzlich subjektiv determiniert(BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 15/15 - Rn. 15; 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - Rn. 14). Der Betriebsrat soll die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe überprüfen, um sich über sie eine eigene Meinung bilden zu können (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 15/15 - Rn. 14; 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - Rn. 15). Der Arbeitgeber muss daher dem Betriebsrat die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 15/15 - Rn. 15; 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - Rn. 14). Dem kommt der Arbeitgeber dann nicht nach, wenn er dem Betriebsrat bewusst einen unrichtigen oder unvollständigen - und damit irreführenden - Kündigungssachverhalt schildert, der sich bei der Würdigung durch den Betriebsrat zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirken kann (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 15/15 - Rn. 16; 31. Juli 2014 - 2 AZR 407/13 - Rn. 46).

45

bb) Die subjektive Überzeugung des Arbeitgebers von der Relevanz oder Irrelevanz bestimmter Umstände ist für den Umfang der Unterrichtung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG dann nicht maßgeblich, wenn dadurch der Zweck der Betriebsratsanhörung verfehlt würde. Der Arbeitgeber darf ihm bekannte Umstände, die sich bei objektiver Betrachtung zugunsten des Arbeitnehmers auswirken können, dem Betriebsrat nicht deshalb vorenthalten, weil sie für seinen eigenen Kündigungsentschluss nicht von Bedeutung waren (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 15/15 - Rn. 19; 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - Rn. 15). In diesem Sinne ist die Betriebsratsanhörung - ausgehend vom subjektiven Kenntnisstand des Arbeitgebers - auch objektiv, dh. durch Sinn und Zweck der Anhörung determiniert (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 15/15 - aaO; Raab GK-BetrVG 10. Aufl. § 102 Rn. 68 und 94). Bei der verhaltensbedingten Kündigung kann deshalb auf die Mitteilung der „Sozialdaten“ des Arbeitnehmers nicht deshalb verzichtet werden, weil sie für den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers ohne Bedeutung waren (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - aaO; 6. Oktober 2005 - 2 AZR 280/04 - zu B II 2 a der Gründe). Der Wirksamkeit einer auf Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers gestützten Kündigung steht das Unterlassen der Angabe von dessen genauen „Sozialdaten“ bei der Betriebsratsanhörung deshalb nur dann nicht entgegen, wenn es dem Arbeitgeber auf diese ersichtlich nicht ankommt und der Betriebsrat jedenfalls die ungefähren Daten ohnehin kennt; er kann dann die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers auch so ausreichend beurteilen (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - aaO; 6. Oktober 2005 - 2 AZR 280/04 - aaO).

46

b) Danach hat die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 21. April 2009 ordnungsgemäß über die Gründe für die beabsichtigte Kündigung unterrichtet.

47

aa) Es fehlt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht an einer ausreichenden Darstellung des Kündigungssachverhalts. In der dem Anhörungsschreiben unstreitig beigefügten Anlage mit Ausführungen zur Begründung der beabsichtigten Kündigung hatte die Beklagte den bisherigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses erläutert und auf die unter Beteiligung des Betriebsrats geführten Gespräche mit der Klägerin verwiesen. Die E-Mails der Klägerin wurden ebenso in Bezug genommen wie das Schreiben der Beklagten vom 3. April 2009. Die Beklagte teilte ihre Einschätzung mit, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht mehr zu erwarten sei, nachdem diese ihre Äußerungen weder zurückgenommen noch sich für sie entschuldigt habe. Wegen des Inhalts der in Bezug genommenen E-Mails verwies die Beklagte auf die nummerierten weiteren Anlagen.

48

bb) Nach dem vom Landesarbeitsgericht gewürdigten Ergebnis der Beweisaufnahme waren diese Anlagen - einschließlich der Anlage „2c“ - dem Anhörungsschreiben bei der Übergabe an den Betriebsrat beigefügt.

49

(1) Eine vom Berufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene Beweiswürdigung unterliegt nur einer eingeschränkten Kontrolle. Es ist zu prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO beachtet hat. Seine Würdigung muss in sich widerspruchsfrei, ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt und rechtlich möglich sein (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 37, BAGE 149, 355; 8. Mai 2014 - 2 AZR 1005/12 - Rn. 21).

50

(2) Das Landesarbeitsgericht hat in sich schlüssig und widerspruchsfrei begründet, weshalb es für erwiesen hielt, dass dem Anhörungsschreiben sämtliche Anlagen beigefügt waren. Der von der Klägerin gerügte Verstoß gegen Denkgesetze liegt nicht vor. Das Landesarbeitsgericht hat berücksichtigt, dass sich die Aussagen des Zeugen E zum Teil widersprachen. Es hat dies nachvollziehbar auf eine Verunsicherung durch die dem Zeugen gestellten Zwischenfragen zurückgeführt. Maßgeblich war für das Landesarbeitsgericht, dass der Zeuge mit Verweis auf die auf den Unterlagen durchgängig aufgebrachten Eingangsvermerke vom 21. April 2009 sicher habe ausschließen können, dass dem Betriebsrat noch nachträglich Unterlagen zugeleitet worden seien. Es hat daraus widerspruchsfrei den Schluss gezogen, die Unterlagen seien dem Betriebsrat vollständig bereits mit dem Anhörungsschreiben zugegangen.

51

cc) Die Rüge der Klägerin, das Landesarbeitsgericht habe einen von ihr angebotenen Sachverständigenbeweis über die Dauer der Verlesung von 29 Textseiten übergangen, ist unzulässig. Die Klägerin hat die erforderliche Kausalität zwischen dem vermeintlichen Verfahrensmangel und dem Ergebnis des Berufungsurteils nicht aufgezeigt (zu diesem Erfordernis vgl.: BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 16; 13. November 2013 - 10 AZR 639/13 - Rn. 12).

52

(1) Die Klägerin macht geltend, das Sachverständigengutachten hätte die Aussage des Betriebsratsvorsitzenden erschüttert, so dass das Landesarbeitsgericht ihre Glaubhaftigkeit deutlich zurückhaltender beurteilt hätte. Weder innerhalb der nur eine Stunde dauernden (ersten) Betriebsratssitzung noch unter Berücksichtigung einer Befassung in einer weiteren Sitzung hätten die gesamten Unterlagen verlesen werden können.

53

(2) Die Klägerin verkennt, dass für das Landesarbeitsgericht die zu veranschlagende Dauer für eine Verlesung der Anlagen nicht entscheidungserheblich war. Dieses hat lediglich angenommen, der Betriebsrat habe sich mit der Anhörung zu der beabsichtigten Kündigung in zwei Sitzungen befasst. Es ist nicht davon ausgegangen, dass dabei die Anlagen verlesen worden seien. Auch der Zeuge E hat lediglich bekundet, nach seiner Erinnerung habe er alle Unterlagen vorgelesen.

54

dd) Die Anhörung des Betriebsrats war nicht wegen einer fehlerhaften Mitteilung der bestehenden Unterhaltspflichten der Klägerin unzureichend. Allerdings ist die Angabe in dem Anhörungsschreiben falsch gewesen. Die Klägerin war nicht einem, sondern drei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Für das Landesarbeitsgericht stand aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der Betriebsrat schon aufgrund der mehrfachen Vorbefassung mit der Klägerin über deren Unterhaltspflichten informiert war. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte den Betriebsrat bewusst unrichtig oder irreführend unterrichtet hätte. Insofern bedarf keiner näheren Prüfung, ob der Beklagten Kenntnis von der zutreffenden Anzahl der Unterhaltspflichten der Klägerin jedenfalls aufgrund der Angabe in ihrer E-Mail vom 21. September 2008 an den damaligen Vorstandsvorsitzenden zuzurechnen war. Die Klägerin hat selbst darauf hingewiesen, dass sich aus ihrer Lohnsteuerkarte nur ein zu berücksichtigendes Kind ergeben habe. Für den Betriebsrat, der die zutreffende Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder der Klägerin kannte, war ebenfalls erkennbar, dass es sich bei der Angabe in dem Anhörungsbogen nur um einen Irrtum bzw. um die aus der Lohnsteuerkarte ersichtliche Zahl unterhaltspflichtiger Kinder der Klägerin handeln konnte.

55

ee) Einer näheren Darlegung im Rahmen der Anhörung, wie die Beklagte die beiderseitigen Interessen gegeneinander abgewogen hatte, bedurfte es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Die Anhörung zu der Absicht, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, implizierte eine Abwägung zulasten der Klägerin (vgl. BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 27, BAGE 146, 303).

56

c) Die Beklagte hat die Kündigung nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht aus ihrem Machtbereich herausgegeben, bevor ihr die Zustimmung und damit eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats vorlag.

57

II. Der Senat kann über die soziale Rechtfertigung der Kündigung iSd. § 1 Abs. 2 KSchG mangels ausreichender Feststellungen nicht selbst abschließend entscheiden. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Der Aufhebung und Zurückverweisung unterliegen auch die Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts über den Auflösungsantrag der Beklagten sowie über die Anträge der Klägerin auf vorläufige Weiterbeschäftigung und Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Den Auflösungsantrag hat die Beklagte nur hilfsweise für den Fall gestellt, dass der Kündigungsschutzantrag der Klägerin Erfolg hat. Der Antrag der Klägerin auf vorläufige Weiterbeschäftigung ist ausdrücklich nur für den Fall ihres Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellt. Da er nur dann Erfolg haben kann, wenn außerdem der Auflösungsantrag abgewiesen wird, steht er konkludent auch unter dieser weiteren - innerprozessualen - Bedingung. Ebenso ist der auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses gerichtete Antrag zu verstehen, da die Klägerin mit ihm nach dem vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegten und von ihr nicht beanstandeten Verständnis ein Zwischenzeugnis nur für den Fall des Fortbestehens ihres Arbeitsverhältnisses begehrt.

58

III. Über die Revision der Klägerin war nicht mehr zu entscheiden. Mit ihr verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren, soweit dieses erfolglos geblieben ist, entsprechend der materiell- und prozessrechtlichen Lage nur für den Fall weiter und begehrt die Abweisung des Auflösungsantrags, dass sie mit ihrem Antrag, die Revision der Beklagten zurückzuweisen, Erfolg hat. Diese - innerprozessuale - Bedingung ist nicht eingetreten. Von der Aufhebung und Zurückverweisung aufgrund der erfolgreichen Revision der Beklagten gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Kündigungsschutzantrag sind im Übrigen die Entscheidungen über den Auflösungsantrag der Beklagten sowie die Anträge der Klägerin auf Weiterbeschäftigung und Erteilung eines Zwischenzeugnisses bereits erfasst.

59

IV. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat - sollte das Landesarbeitsgericht wiederum über den Auflösungsantrag zu entscheiden haben - darauf hin, dass es diesem mit der bisherigen Begründung nicht stattgeben durfte.

60

1. Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, eine Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm übertragenen Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit gefährdet ist (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 19; 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - Rn. 56; 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 42, BAGE 140, 47). Durch eine bloße Bezugnahme auf nicht ausreichende Kündigungsgründe genügt der Arbeitgeber seiner Darlegungslast nicht. Er muss vielmehr im Einzelnen vortragen, weshalb die nicht ausreichenden Kündigungsgründe einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit entgegenstehen sollen (BVerfG 22. Oktober 2004 - 1 BvR 1944/01 - zu II 3 b aa der Gründe; BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 256/04 - zu II 2 d cc der Gründe; 24. Mai 2005 - 8 AZR 246/04 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 114, 362).

61

2. Das Landesarbeitsgericht hat - entgegen der Auffassung der Klägerin - zu Recht angenommen, die Beklagte sei mit Gründen, die bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vorlagen, nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erst in der Berufungsinstanz beantragt hat. Im Gesetzeswortlaut ist eine solche Beschränkung der für die Zukunftsprognose zu berücksichtigenden Gründe nicht angelegt. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Regelungszweck der Norm. Nur aus einer umfassenden Gesamtschau der zum Zeitpunkt der Auflösungsentscheidung maßgeblichen Umstände kann eine gesicherte Prognose darüber getroffen werden, ob für die Zukunft noch eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG zu erwarten ist. Dem berechtigten Interesse des Arbeitnehmers, nicht weit zurückliegende Vorfälle ohne Aussagekraft für die zukünftig zu erwartende Zusammenarbeit als Auflösungsgründe heranzuziehen, ist dadurch Rechnung getragen, dass es auf die Beurteilung der objektiven Lage bei Schluss der mündlichen Verhandlung ankommt. Zu diesem Zeitpunkt können aufgrund der zeitlichen Entwicklung und damit verbundener veränderter tatsächlicher oder rechtlicher Umstände länger zurückliegende Umstände ihre Bedeutung für die erforderliche Zukunftsprognose verloren haben (BAG 7. März 2002 - 2 AZR 158/01 - zu B II 2 b der Gründe).

62

3. Die nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG vorgesehene Möglichkeit der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - verfassungskonform(BVerfG 22. Oktober 2004 - 1 BvR 1944/01 - zu II 2 der Gründe).

63

a) Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist trotz sozial ungerechtfertigter Kündigung nur dann gerechtfertigt, wenn eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit der Arbeitsvertragsparteien nicht zu erwarten ist. Die Bestimmung dient damit ebenso wie die übrigen Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes dem Ausgleich der wechselseitigen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer an einer Fortsetzung bzw. Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ein über die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes hinausgehender Bestandsschutz ist durch Art. 12 Abs. 1 GG nicht gefordert(BVerfG 22. Oktober 2004 - 1 BvR 1944/01 - zu II 2 der Gründe). Bei der Entscheidung darüber, ob im Einzelfall ein Sachverhalt vorliegt, der die Auflösung rechtfertigen kann, haben die Arbeitsgerichte die wechselseitigen Grundrechtspositionen des betroffenen Arbeitgebers und Arbeitnehmers zu berücksichtigen und abzuwägen (BVerfG 22. Oktober 2004 - 1 BvR 1944/01 - aaO).

64

b) Die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG beschränkt nicht in grundrechtswidriger Art und Weise die Eigentumsrechte des Arbeitnehmers. Es handelt sich vielmehr - auch unter Berücksichtigung von § 10 KSchG - um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums iSv. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG(BVerfG 29. Januar 1990 - 1 BvR 42/82 -). Ansprüche des Arbeitnehmers auf Verzugslohn werden bei Erklärung einer sozial ungerechtfertigten Kündigung erst dann zu grundrechtlich geschützten Vermögenspositionen, wenn ein Auflösungsantrag des Arbeitgebers durch das Gericht zurückgewiesen wird (BVerfG 29. Januar 1990 - 1 BvR 42/82 -; BAG 16. Mai 1984 - 7 AZR 280/82 - zu II 3 der Gründe, BAGE 46, 42).

65

c) Auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip liegt nicht vor (BVerfG 13. August 1991 - 1 BvR 128/87 - zu II der Gründe; 29. Januar 1990 - 1 BvR 42/82 -; BAG 16. Mai 1984 - 7 AZR 280/82 - zu II 4 der Gründe, BAGE 46, 42). Dem Gesetzgeber obliegt es, bei der Ausgestaltung des innerstaatlichen Rechts Grundrechtsprinzipien angemessen zu berücksichtigen. Hierzu zählen auch die in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Durch die §§ 9, 10 KSchG wird keiner dieser Grundsätze verletzt. Für den Arbeitnehmer ist im Kündigungsschutzprozess von Anfang an erkennbar, dass ein Verzugslohnanspruch von der Möglichkeit eines Auflösungsantrags beschränkt ist und dass dieses Gestaltungsinstrument bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung in der Berufung gegeben ist (BVerfG 29. Januar 1990 - 1 BvR 42/82 -). Die gesetzliche Vorgabe, den Auflösungszeitpunkt auf das Ende des Arbeitsverhältnisses bei unterstellter Wirksamkeit der Kündigung zu bestimmen, liegt ebenfalls innerhalb des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers (BAG 16. Mai 1984 - 7 AZR 280/82 - zu II 2 der Gründe, aaO). Der Einwand der Klägerin, damit habe es allein der Arbeitgeber in der Hand, die Auflösung herbeizuführen, trifft nicht zu. Voraussetzung für eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist neben einem Antrag des Arbeitgebers, dass die objektive Lage bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz nach Abwägung der wechselseitigen Grundrechtspositionen die Besorgnis rechtfertigt, eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sei nicht zu erwarten(BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 19; 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - Rn. 56; 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 42, BAGE 140, 47; BVerfG 22. Oktober 2004 - 1 BvR 1944/01 - zu II 2 der Gründe).

66

4. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien sei für die Zukunft nicht zu erwarten, wird jedoch von seinen bisherigen Feststellungen nicht getragen.

67

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das von der Klägerin nach Ausspruch der Kündigung gezeigte Verhalten lasse nicht erwarten, dass künftige Meinungsverschiedenheiten, wie sie in Betrieben immer wieder aufträten, in der gebotenen Sachlichkeit ausgetragen würden. Es hat die Voraussetzungen für eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag der Beklagten aufgrund der unter II 2 c cb der Entscheidungsgründe aufgeführten Umstände als gegeben erachtet. Dieses Ergebnis hat es - soweit ersichtlich - aufgrund einer Gesamtschau dieser Umstände gewonnen und nicht angenommen, jeder dieser Faktoren rechtfertige bereits für sich genommen die Auflösung.

68

b) Zumindest der Gesichtspunkt, der Klägerin sei es auch im Berufungsverfahren „nicht gelungen, von ihrem ‚Angriffsmodus’ abzukehren“, lässt nicht erkennen, welche Tatsachen das Landesarbeitsgericht insoweit zugrunde gelegt hat. Zudem wird aus dem Berufungsurteil nicht ersichtlich, ob und ggf. inwiefern das Landesarbeitsgericht bei seiner Würdigung darauf Bedacht genommen hat, dass das Verhalten einer Partei in einem Gerichtsverfahren durch berechtigte Interessen gedeckt sein kann. Die Verfahrensbeteiligten dürfen zur Rechtsverteidigung alles vortragen, was rechtserheblich sein kann und sich dabei auch starker, eindringlicher Ausdrücke und Schlagworte bedienen, selbst wenn eine vorsichtigere Formulierung möglich gewesen wäre (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 37; 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 22).

69

c) Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Klägerin habe sich auch nach der Kündigung nicht in ausreichendem Maße mit dem Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 3. April 2009 auseinandergesetzt, bleibt unklar, weshalb es für sie noch nach Ausspruch der Kündigung Veranlassung gegeben habe, sich um eine „Wiederherstellung des Vertrauens in ihre Person“ zu bemühen, bzw. weshalb dies „nahegelegen“ habe. Das Landesarbeitsgericht hat auf die „Bildung“ der Klägerin und ihr „selbst in Anspruch genommene(s) internationale(s) Format(…)“ verwiesen. Es hat aber nicht gewürdigt, dass die Beklagte selbst durch die Erklärung der Kündigung zu verstehen gegeben hatte, dass sie für eine künftige Zusammenarbeit mit der Klägerin keine Grundlage mehr sah.

70

d) Mit Blick auf die vom Landesarbeitsgericht herangezogene Strafanzeige, die die Klägerin gegen Mitarbeiter der Beklagten erstattet habe, fehlt es an Feststellungen sowohl zu ihrem näheren Inhalt als auch zu den Umständen ihrer Erstattung.

71

e) Für die Beurteilung, ob der offene Brief an die Bundeskanzlerin einer zukünftigen gedeihlichen Zusammenarbeit der Parteien entgegensteht, ist nicht unerheblich, welchen Kreisen von Lesern er zugänglich war und wie lange die Veröffentlichung zurückliegt. Dazu sind bislang keine Feststellungen getroffen. Bei der Würdigung der in dem Brief enthaltenen Aussagen ist überdies angemessen auf die Meinungsfreiheit der Klägerin Bedacht zu nehmen (vgl. BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 35).

72

f) Entsprechendes gilt für die Kritik der Klägerin am Betriebsrat.

73

aa) In der E-Mail vom 23. April 2009 hat die Klägerin es als bedauerlich bezeichnet, dass sich „die Arbeitnehmervertretung (…) derart dämlich verhält“. Insofern bedarf der Auslegung, ob dies für die Mitglieder des Betriebsrats als gegen sie - alle - persönlich gerichtete Kritik zu verstehen war. Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Erklärung aber noch nicht zur Schmähung. Hinzukommen muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung im Vordergrund steht, die den Betroffenen jenseits polemischer und überspitzter Kritik in der Person herabsetzen soll (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 36; 7. Juli 2011 - 2 AZR 355/10 - Rn. 17, BAGE 138, 312).

74

bb) Die E-Mail vom 31. August 2009 schließt „mit dem Anlass entsprechenden Grüßen diesmal von Goethe mit einem Götz-Zitat“. Die Klägerin hat darin aber auch die im Zusammenhang mit der Kündigung stehenden Ereignisse und die - vermeintliche - Rolle des Betriebsrats dabei aus ihrer Sicht dargestellt. Sie hat dem Betriebsrat in der Sache vorgeworfen, sowohl den ihrer Meinung nach unrechtmäßigen Zugriff auf ihr E-Mail-Konto gebilligt zu haben als auch eine gesetzeswidrige Öffnung der Büroschränke.

75

g) Hinsichtlich aller geltend gemachter Auflösungsgründe bedarf im Übrigen der Prüfung, ob und inwiefern ihnen, selbst wenn sie Jahre zurückliegen, weiterhin Bedeutung für eine zukünftige Zusammenarbeit der Parteien zukommt.

76

h) Ein Teil des Vorbringens der Beklagten zur Begründung des Auflösungsantrags ist bislang unberücksichtigt geblieben. Die Beklagte hat sich auf „zahlreiche Äußerungen (der Klägerin) gegenüber der Presse“ berufen, was auch die Namen der Mitarbeiter, gegen die sie Strafanzeige gestellt habe, umfasse.

77

V. Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung gem. Art. 267 AEUV bedurfte es nicht. Für den Senat stellen sich keine für seine Entscheidung erheblichen Fragen der Auslegung oder Gültigkeit von Unionsrecht. Es bedarf auch keiner näheren Untersuchung, ob die von der Klägerin aufgeworfenen Fragestellungen nicht nur die Anwendung, sondern die Auslegung von Unionsrecht betreffen. Bislang ist nicht festgestellt, dass die Beklagte auf Beschwerden der Klägerin, sie werde diskriminiert, nicht reagiert hätte.

        

    Der Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft
ist infolge seiner Versetzung in den Ruhestand
mit Ablauf des 31. Januar 2016 an der
Unterschriftsleistung verhindert.
Berger    

        

    Berger    

        

    Rachor     

        

        

        

    K. Schierle    

        

    Niebler    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Juli 2014 - 7 Sa 662/14 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 14. Januar 2014 - 3 Ca 1440/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 unwirksam ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten unter Anrechnung von Beschäftigungszeiten seit August 1987 zuletzt im Betrieb „T“ (nachfolgend DTDB) beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis fanden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die für den Betrieb oder Betriebsteil betrieblich bzw. fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Bei der Beklagten sind regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.

3

Unter dem 21. Juni 2011 vereinbarte die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di den „Tarifvertrag Bereichsausnahme DTDB“. Er sah für Beschäftigte im Betrieb DTDB vor, dass auf diese - mit Ausnahme von drei hier nicht interessierenden Regelwerken - nicht die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung fänden, sondern diejenigen der T D GmbH (TDG) in der jeweils aktuellen Fassung. Die Regelungen des TV Ratio sollten dabei mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit (BQE) im Sinne des TV Ratio diejenige im Sinne des TV Ratio der Beklagten (V) sei.

4

Ein TV Ratio der TDG war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags Bereichsausnahme DTDB noch nicht geschlossen. Die Unterzeichnung des „Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung“ zwischen der TDG und der Gewerkschaft ver.di erfolgte erst im Juli 2013. Die Unterschriftszeile trägt das Datum „01.04.2010“. Nach den Regelungen des TV Ratio TDG sind alle Arbeitnehmer, die vom Wegfall gleicher Arbeitsplätze in ihrer Gesamtheit betroffen werden, in die BQE der TDG zu versetzen. Sie erhalten ein Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Änderungsvertrags. Als Alternative zum Abschluss eines Änderungsvertrags können sie einen Auflösungsvertrag mit Abfindungsregelung wählen. Lehne ein Arbeitnehmer diese Angebote ab, erfolge eine Kündigung unter Aufrechterhaltung des Vertragsangebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen in der BQE. Abweichend von den Bestimmungen des Manteltarifvertrags gelte dafür eine Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Es werde auf die am 1. April 2010 geltenden gesetzlichen, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen abgestellt. Sollten sich diese ändern, so seien die Tarifvertragsparteien verpflichtet, Verhandlungen über eine entsprechende Anpassung des Tarifvertrags zu führen. In § 17 des Tarifvertrags heißt es, er trete am 1. April 2010 in Kraft.

5

Die Beklagte legte den Betrieb DTDB zum 31. Juli 2013 still. Zuvor hatte sie am 2. Mai 2013 mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich geschlossen. Sie bot der Klägerin sowohl einen Änderungsvertrag als auch einen Aufhebungsvertrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung an. Die Klägerin nahm keines der Angebote an.

6

Nach Anhörung des Betriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 8. Juli 2013 „unter Beachtung der Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. eines Monats oder zum Monatsende mit Wirkung zum Ablauf des 31.07.2013, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin“. Zugleich bot sie der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „ab dem 01.08.2013, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin … in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V … zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen“ an. Die Kündigung ging der Klägerin am 10. Juli 2013 zu. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 11. Juli 2013 unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen an.

7

Die Klägerin hat sich mit der vorliegenden Klage rechtzeitig gegen die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen gewandt. Sie ist der Ansicht gewesen, die Änderungskündigung sei mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung habe kein wirksamer Tarifvertrag vorgelegen, aus dem sich die angebotenen Änderungen der Arbeitsbedingungen hätten ergeben können. Rückwirkung komme dem TV Ratio TDG trotz der Bestimmung zu seinem Inkrafttreten am 1. April 2010 nicht zu. Dementsprechend sei die Kündigung überdies mit einer zu kurzen Kündigungsfrist erklärt worden und daher unverhältnismäßig. Eine Auslegung bzw. Umdeutung dahingehend, dass die Kündigung zum nächst zulässigen Zeitpunkt wirken solle, komme nicht in Betracht. Im Übrigen kürze der TV Ratio TDG die gesetzlichen Kündigungsfristen in unzulässiger Weise ab. Darüber hinaus sei Folge des erst späteren Wirksamwerdens des Tarifvertrags, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß informiert worden sei.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Änderungskündigung für wirksam, insbesondere für hinreichend bestimmt gehalten. Der TV Ratio TDG habe rückwirkend seit dem 1. April 2010 Wirkung entfaltet. Die Beklagte hat behauptet, eine „finalisierte Fassung“ des Tarifvertrags sei für die Beschäftigten seit dem 19. Juni 2013 in ihrem Intranet abrufbar gewesen. Der TV Ratio TDG sei zunächst von der Gewerkschaft und sodann am 4. Juli 2013 von der TDG unterzeichnet worden. In der von beiden Parteien unterschriebenen Fassung sei er an die Gewerkschaft zurückgesandt worden. Dort sei er laut Auskunft von ver.di am 10. Juli 2013, nach Auskunft des Kurierunternehmens am 11. Juli 2013 zugegangen.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hätte der Änderungsschutzklage auf die Berufung der Klägerin hin stattgeben müssen.

12

I. Die Revision ist entgegen der von der Beklagten geäußerten Zweifel nicht deshalb unbegründet, weil die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts unzulässig gewesen wäre.

13

1. Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - Rn. 18; 11. November 2014 - 3 AZR 404/13 - Rn. 18).

14

2. Die Berufungsbegründung der Klägerin genügt diesen Anforderungen. Sie zeigt ausreichend deutlich auf, in welchen Punkten die Klägerin das erstinstanzliche Urteil für fehlerhaft hält.

15

a) Die Klägerin hat gerügt, der TV Ratio TDG sei erst nach Zugang der Kündigung wirksam geworden und entfalte keine Rückwirkung. Vor Eintritt der Wirksamkeit des TV Ratio TDG sei es rechtlich nicht möglich gewesen, ihr ein Angebot gemäß dessen § 5 Abs. 1 zu unterbreiten. Ohne ein solches Angebot wiederum sei die Kündigung unwirksam. Darüber hinaus sei Folge des erst späteren Wirksamwerdens des Tarifvertrags, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß informiert worden sei. Die Kündigung verstoße daher gegen § 102 BetrVG. Mangels eines wirksamen Tarifvertrags sei auch das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt gewesen.

16

b) Damit hat sich die Klägerin in ausreichendem Maße gegen das arbeitsgerichtliche Urteil gewandt. Sie hat dargelegt, aus welchen Gründen die Kündigung ihrer Ansicht nach unwirksam sei. Zwar beruhten ihre Ausführungen ausschließlich auf der erst mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Tatsache, dass der TV Ratio TDG zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht wirksam zustande gekommen sei. Ob dieser Vortrag nach § 67 ArbGG vom Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen war, ist aber keine Frage der Zulässigkeit der Berufung, sondern ihrer Begründetheit(vgl. GMP/Germelmann 8. Aufl. § 64 Rn. 76). Es kann offenbleiben, ob es für die Zulässigkeit der Berufung zumindest der Darlegung bedurfte, weshalb das neue Vorbringen nach Auffassung der Klägerin gemäß § 67 ArbGG zuzulassen sei. Die Klägerin hat sich für die fragliche Tatsache auf Ausführungen in dem Urteil eines Arbeitsgerichts berufen, welches erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im vorliegenden Rechtsstreit verkündet worden war.

17

II. Die Änderungsschutzklage (§ 4 Satz 2 KSchG) ist begründet. Das mit der Kündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 verbundene Änderungsangebot war nicht hinreichend bestimmt. Die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung ist damit unwirksam. Ob sie dies auch aus anderen Gründen ist, bedarf keiner Entscheidung.

18

1. Die Änderungskündigung ist ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung muss als zweites Element ein bestimmtes, zumindest bestimmbares und somit den Voraussetzungen des § 145 BGB entsprechendes Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen hinzukommen(BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 38, BAGE 147, 237; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 21). Das Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne weiteres annehmen kann. Ihm muss klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen. Nur so kann er eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Er muss von Gesetzes wegen innerhalb einer recht kurzen Frist auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden, ob er es ablehnt, ob er es mit oder ob er es ohne Vorbehalt annimmt. Schon im Interesse der Rechtssicherheit muss deshalb das Änderungsangebot zweifelsfrei klarstellen, zu welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis künftig fortbestehen soll. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 396/12 - Rn. 18; 29. September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 29).

19

2. Diesen Anforderungen genügte das der Klägerin mit der Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot nicht.

20

a) Das Änderungsangebot lautete auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „ab dem 01.08.2013, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin … in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V der D AG zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen“. Es nahm damit Bezug auf die sich aus dem näher bezeichneten Tarifvertrag ergebenden Bedingungen.

21

b) Diese Bedingungen waren zu dem für die Beurteilung der Wirksamkeit der Änderungskündigung maßgeblichen Zeitpunkt ihres Zugangs nicht hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar. Ein „TV Ratio TDG“ existierte noch nicht. Da er bei Kündigungszugang nicht unter Wahrung des Schriftformerfordernisses des § 1 Abs. 2 TVG zustande gekommen war, lag allenfalls ein abgestimmter Entwurf vor, aber kein Tarifvertrag.

22

aa) Das Zustandekommen eines Tarifvertrags als eines privatrechtlichen Vertrags richtet sich nach den Vorschriften des allgemeinen Zivilrechts (BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - Rn. 14). Es bedarf übereinstimmender Willenserklärungen - Antrag und Annahme -, gerichtet auf Abschluss eines Tarifvertrags. Darüber hinaus stellt § 1 Abs. 2 TVG für Tarifverträge ein Schriftformerfordernis iSd. § 126 BGB auf. Tarifverträge müssen schriftlich niedergelegt und von beiden Seiten unterzeichnet werden. Die nötige Schriftform dient der Klarstellung des Vertragsinhalts und damit dem Gebot der Normenklarheit (BAG 10. November 1982 - 4 AZR 1203/79 - BAGE 40, 327; 9. Juli 1980 - 4 AZR 564/78 - BAGE 34, 42).Wird der Antrag auf Abschluss eines Tarifvertrags gegenüber einem Abwesenden erklärt, ist dessen Annahmeerklärung erforderlich. Diese ist wie der Antrag eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Ist für einen Vertrag gesetzlich die Schriftform vorgesehen, wird die Annahmeerklärung erst in dem Zeitpunkt wirksam (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB), in dem sie dem anderen Teil in der vorgeschriebenen Form zugeht (BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - aaO). Es reicht nicht aus, dass der Empfänger des Antrags die Vertragsurkunde unterzeichnet und den anderen Teil hierüber in einer Form, die die Voraussetzungen des § 126 BGB nicht wahrt, in Kenntnis setzt(BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - aaO; BGH 30. Mai 1962 - VIII ZR 173/61 - zu II 2 der Gründe; 30. Juli 1997 - VIII ZR 244/96 - zu II 2 b bb der Gründe mwN; vgl. auch BAG 16. Oktober 1991 - 2 AZR 156/91 - zu II 4 d der Gründe). Etwas anderes gilt nur dann, wenn nach § 151 Satz 1 BGB eine Annahmeerklärung entbehrlich ist(BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - aaO).

23

bb) Solange der „TV Ratio TDG“ nicht formwirksam zustande gekommen war, stand nicht zweifelsfrei fest, ob und mit welchem Inhalt er wirksam würde. Solange wiederum war das auf ihn verweisende Änderungsangebot zu unbestimmt.

24

(1) Gegen die Unbestimmtheit des Änderungsangebots im Zeitpunkt seines Zugangs bei der Klägerin am 10. Juli 2013 lässt sich nicht mit Erfolg anführen, in einem Arbeitsvertrag könne ggf. auch auf nichtige oder nicht mehr wirksame Tarifverträge Bezug genommen werden, soweit nicht deren inhaltliche Festlegungen auch als arbeitsvertragliche Regelungen nichtig seien (vgl. dazu BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Dies besagt nicht, dass die in Bezug genommenen Regelungen nicht jedenfalls hinreichend bestimmt sein müssten. Das wiederum sind sie nicht, solange ihr Inhalt mangels wirksamen Abschlusses noch geändert werden kann.

25

(2) Keiner Entscheidung bedarf, ob das Änderungsangebot hinreichend bestimmt gewesen wäre, wenn darin auf eine genau bezeichnete Entwurfsfassung eines noch nicht formwirksam zustande gekommenen Tarifvertrags verwiesen worden wäre. Ein solches Änderungsangebot hat die Beklagte nicht unterbreitet. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob eine von der Beklagten so bezeichnete „finalisierte“ Fassung des Tarifvertrags in ihrem Intranet einsehbar war.

26

(3) Es wäre auch nicht ausreichend, wenn der Tarifvertrag zwar nach Zugang der Änderungskündigung, aber noch innerhalb der Frist zur Annahme des Änderungsangebots durch die Klägerin zustande gekommen wäre. Das Änderungsangebot muss bereits im Kündigungszeitpunkt hinreichend bestimmt sein. Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der ein Gestaltungsrecht ausgeübt wird (allgM, vgl. nur APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen D Rn. 10). Nur dann, wenn alle Voraussetzungen für die Ausübung des Gestaltungsrechts im Zeitpunkt ihres Zugangs beim Erklärungsgegner vorliegen, kann die - dann wirksame - Kündigung ihr Gestaltungsziel erreichen (APS/Preis aaO Rn. 11). Der Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist daher der ihres Zugangs, ihre Wirksamkeit bestimmt sich nach den in diesem Zeitpunkt gegebenen objektiven Verhältnissen (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 21, BAGE 149, 367; 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 85, 194; APS/Preis aaO Rn. 11; für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung nach § 1 KSchG KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 235 mwN).

27

cc) Der TV Ratio TDG war in dem Zeitpunkt, als die Änderungskündigung der Klägerin zuging, noch nicht formwirksam zustande gekommen.

28

(1) Unstreitig ist, dass die Originalurkunde des TV Ratio TDG „im Juli 2013“ von beiden Tarifvertragsparteien unterzeichnet wurde.

29

(2) Nach dem Vorbringen der Beklagten war die Vertragsurkunde schon am 4. Juli 2013 von beiden Seiten unterschrieben. Die schriftliche Annahme durch die TDG war aber nicht in Anwesenheit des anderen Teils erfolgt und musste daher, um formwahrend zu sein, der Gewerkschaft noch zugehen. Die Beklagte hat vorgetragen, laut Auskunft von ver.di sei dies am 10. Juli 2013 der Fall gewesen, nach Auskunft des beauftragten Kurierunternehmens am 11. Juli 2013. Damit hat die Beklagte als sicher feststehend nur behauptet, die von beiden Seiten unterschriebene Urkunde sei jedenfalls nicht nach dem 11. Juli 2013 bei ver.di eingegangen. Das schließt einen Eingang bei ver.di erst nach Zugang des Kündigungsschreibens bei der Klägerin nicht aus. Diese hat die Änderungskündigung bereits am 10. Juli 2013 erhalten.

30

(3) Einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, ggf. zu einem früheren Zugang vorzutragen, bedurfte es nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagtenvertreter auf Nachfrage erklärt, der Zeitpunkt des Zugangs der Vertragsurkunde bei ver.di sei nicht weiter aufklärbar.

31

c) Der Umstand, dass der TV Ratio TDG nach seinem § 17 bereits zum 1. April 2010 in Kraft treten sollte, ändert nichts an der Unbestimmtheit des Änderungsangebots im Zeitpunkt der Kündigung. Es liegt zwar grundsätzlich - soweit Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht entgegenstehen - in der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, eine rückwirkende Begründung oder Einschränkung tariflicher Ansprüche vorzusehen (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 878/06 - Rn. 18; 17. Juli 2007 - 9 AZR 1089/06 - Rn. 16; 22. Oktober 2003 - 10 AZR 152/03 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 108, 176). Der maßgebliche Zeitpunkt für die Wirksamkeit der Kündigung als Ausübung eines Gestaltungsrechts durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ist aber nicht tarifdispositiv.

32

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20. März 2013 - 6 Sa 617/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer außerordentlicher, hilfsweise ordentlicher Kündigungen.

2

Die Beklagte ist tätig auf dem Gebiet der Bahnelektrifizierung und Bahnstromversorgung. Sie ist Marktführerin in Deutschland und beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer.

3

Der Kläger war bei ihr und ihrer Rechtsvorgängerin seit Oktober 1975, zuletzt als Bereichsleiter Technologie, beschäftigt. Sein Arbeitsort war seit Anfang 2010 O. Der Kläger ist vom Eisenbahn-Bundesamt als Plan- und Abnahmeprüfer auf dem Gebiet der Oberleitungsanlagen mit Rückstromführung und Bahnerdung einschließlich der Statik anerkannt. Er erstellte für die Beklagte Gutachten über elektrische Anlagen. Diese rechnete die Beklagte gegenüber ihren Auftraggebern ab.

4

In einem Rechtsstreit über Vergütungsansprüche des Klägers erklärte dieser vor dem Arbeitsgericht am 3. August 2011 zu Protokoll:

        

„Im Zusammenhang mit dem Reiseantrag für den Zeitraum vom 17. Februar bis 18. Februar 2011 habe ich meinem Vorgesetzten Herrn Dr. Z mitgeteilt, dass ich am 18. Februar 2011 den Dienstwagen zu einem TÜV-Termin nach Ol bringen werde. Er erwiderte daraufhin,
dass er seinen Wagen auch zum TÜV bringen müsse und dies normal sei.“

5

Nach Auffassung der Beklagten war diese Aussage falsch. Die Beklagte sah in dem Verhalten des Klägers den Versuch eines Prozessbetrugs und kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 24. August 2011 außerordentlich und fristlos sowie mit Schreiben vom 5. September 2011 hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 2012. Sie hatte zuvor sowohl ihren sog. Montagebetriebsrat als auch den Betriebsrat in O zu den beabsichtigten Kündigungen angehört.

6

Die außerordentliche Kündigung vom 24. August 2011 ging dem Kläger am 25. August 2011 zu. Mit einem weiteren Schreiben vom 24. August 2011 widerrief die Beklagte die dem Kläger erteilte Prokura und forderte ihn auf, Firmeneigentum herauszugeben. Nach Zugang beider Schreiben bearbeitete der Kläger eine Prüfanfrage der D GmbH (künftig: D) und leitete dieser den Prüfbericht am 29. August 2011 von seiner Privatadresse aus zu. Er hatte den Bericht mit einem Stempel als Gutachter der Beklagten gekennzeichnet. Die damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte der Beklagten mit Schreiben vom 19. September 2011 zu diesem Vorgang ua. mit:

        

„Der vorgenannten Schadensminderungspflicht ist unser Mandant nachgekommen, als er der … von Seiten der D GmbH an ihn persönlich gerichtete[n] Anfrage auf Erstellung eines Prüfberichts nachgekommen ist.

        

…       

        

Mit der Bearbeitung dieses Statik-Prüfberichts für die D GmbH ist unser Mandant daher eindeutig nicht für Ihr Unternehmen tätig geworden.

        

…       

        

Selbstverständlich also ist festzuhalten, dass unser Mandant diese Prüftätigkeit selbständig und auf eigene Rechnung vorgenommen hat.“

7

Nach Anhörung des Montagebetriebsrats und des Betriebsrats O kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 27. September 2011 erneut außerordentlich und fristlos sowie mit Schreiben vom 4. Oktober 2011 hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 2012.

8

Ab dem 1. November 2011 war der Kläger auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 20. September 2011 für die S GmbH (künftig: S) als „Technischer Support/Gutachter im Fernverkehr“ tätig. Er nahm für diese Planprüfungen und damit verbundene Aufgaben wahr und beriet und unterstützte sie bei der Planerstellung. Nach erneuter Anhörung beider Betriebsräte kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 22. November 2011 ein weiteres Mal außerordentlich und fristlos sowie mit Schreiben vom 24. November 2011 ordentlich zum 31. Dezember 2012.

9

Da der Kläger außerdem einen Prüfauftrag der I GmbH (künftig: I) durchgeführt hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - abermals nach Anhörung beider Betriebsräte - mit Schreiben vom 6. Dezember 2011 außerordentlich und fristlos sowie mit Schreiben vom 12. Dezember 2011 ordentlich zum 31. Dezember 2012. Bei der I handelt es sich um eine Schwestergesellschaft der Beklagten.

10

Gegen sämtliche Kündigungen hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat gemeint, es fehle an einem Grund sowohl für die außerordentlichen als auch für die hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen. Der Versuch eines Prozessbetrugs habe nicht vorgelegen. Bei der Tätigkeit für die D habe er nicht auf eigene Rechnung gearbeitet. Es habe sich daher nicht um eine Konkurrenztätigkeit gehandelt. Die anders lautende Erklärung im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 19. September 2011 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 1. Februar 2012 korrigiert. Er hat vorgetragen, er habe den Auftrag nach Zugang der ersten außerordentlichen Kündigung nur deshalb durchgeführt, weil er sich hierzu gegenüber der D verpflichtet gefühlt habe, insbesondere weil den Auftrag kein anderer Prüfer der Beklagten habe ausführen können. Der Kläger hat weiter vorgebracht, auch mit seiner Tätigkeit für die S sei er nicht in Wettbewerb zu der Beklagten getreten. Zwischen den beiden Unternehmen bestehe keine Konkurrenz im klassischen Sinne. Das Verhältnis zwischen ihnen sei vielmehr in erheblichem Umfang von unternehmerischer Zusammenarbeit geprägt. Die Beklagte selbst habe ihn in Kenntnis seiner Tätigkeit für die S mit Prüfungen beauftragt. Jedenfalls habe er die Interessen der Beklagten durch seine Tätigkeit nicht beeinträchtigt. Außerdem habe es sich, nachdem die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zuvor gekündigt habe, um eine Übergangslösung gehandelt und nicht um eine auf Dauer angelegte Konkurrenztätigkeit. Auch für die I sei er nicht in Konkurrenz zur Beklagten tätig geworden. Die I sei bei dem betreffenden Projekt als Nachunternehmerin der Beklagten beauftragt gewesen. Er habe zudem bei einem Mitarbeiter der Beklagten nachgefragt, ob seine Beauftragung durch die I von der Beklagten freigegeben sei, was dieser bejaht habe. Der Kläger hat hinsichtlich aller außerordentlichen Kündigungen gerügt, die Beklagte habe die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten. Zu der Kündigung vom 22. November 2011 sei überdies der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden.

11

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 24. August 2011, noch durch die außerordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 27. September 2011, 22. November 2011 und 6. Dezember 2011, noch durch die ordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 5. September 2011, 4. Oktober 2011, 24. November 2011 und 12. Dezember 2011 beendet worden ist.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Kündigungen seien jeweils schon als außerordentliche gerechtfertigt. Der Kläger habe für den 18. Februar 2011 Dienstgeschäfte in E vorgetäuscht. Die von ihm in dem Vergütungsrechtsstreit zu Protokoll gegebene Erklärung, er habe seinen Vorgesetzten vorab über seinen Aufenthalt in Ol am 18. Februar 2011 unterrichtet, sei unwahr. Selbst wenn sie wahr wäre, hätte der Kläger sie, die Beklagte, im Zusammenwirken mit seinem Vorgesetzten doch darüber getäuscht, nicht in E, sondern in Ol gewesen zu sein. Mit Blick auf die Erledigung des Auftrags für die D habe sich aufgrund der Angaben im Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 19. September 2011 zumindest im Kündigungszeitpunkt der dringende Verdacht einer Konkurrenztätigkeit ergeben. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Sie habe erst mit Eingang der Stellungnahme des Klägers zu laufen begonnen. Auch mit der Tätigkeit für die S habe sich der Kläger in unerlaubten Wettbewerb zu ihr begeben. Der Umstand, dass sie und die S Aufträge gelegentlich in Arbeitsgemeinschaften oder im Haupt- und Subunternehmerverhältnis erledigten, beseitige nicht ihrer beider Konkurrenzverhältnis. Die Prüftätigkeit für die I habe ebenso einer ihrer Arbeitnehmer erbringen können. Ihre Geschäftsführung sei erst am 28. November 2011 über den Sachverhalt informiert worden.

13

Das Arbeitsgericht hat die außerordentlichen Kündigungen vom 24. August 2011 und 27. September 2011 als unwirksam angesehen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers insgesamt stattgegeben und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt diese ihr Begehren weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Für die außerordentlichen Kündigungen fehlt es an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB, die hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen sind sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG.

15

I. Die außerordentliche Kündigung vom 24. August 2011 ist nicht gerechtfertigt. In der Protokollerklärung des Klägers in dem vorausgegangenen Rechtsstreit liegt kein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB.

16

1. Bewusst wahrheitswidrige Erklärungen, die ein Arbeitnehmer in einem Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber abgibt, weil er befürchtet, mit wahrheitsgemäßen Angaben den Prozess nicht gewinnen zu können, können geeignet sein, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen (BAG 8. November 2007 - 2 AZR 528/06 - Rn. 17). Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Einordnung an; ein Arbeitnehmer, der bewusst falsch vorträgt, um sich einen Vorteil im Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber zu verschaffen, verletzt in erheblicher Weise seine nach § 241 Abs. 2 BGB bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers(vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 528/06 - aaO).

17

2. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, es gebe keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, der Kläger habe die fragliche Protokollerklärung in dem Bewusstsein abgegeben, sich durch wahrheitswidrige Angaben einen Vorteil gegenüber der Beklagten im Rechtsstreit über seine Vergütungsansprüche zu verschaffen.

18

a) Es hat dies daraus abgeleitet, dass die Frage, wo der Kläger den Dienstwagen zum TÜV gebracht und seine Arbeitsleistung für die Beklagte erbracht habe, für seinen Vergütungsanspruch ohne Bedeutung gewesen sei. Aus dem weiteren Vorbringen des Klägers in dem Vorprozess ergebe sich, dass auch er selbst diese Frage in keiner Weise für entscheidungserheblich gehalten habe.

19

b) Die Beklagte hat demgegenüber geltend macht, in diesem Fall hätte der Kläger nichts befürchten müssen, wenn er wahrheitsgemäße Angaben gemacht hätte. Ein anderer Grund für seine unzutreffende Erklärung als die Absicht, sich dadurch einen Vorteil zu verschaffen, sei daher nicht ersichtlich. Damit zeigt die Beklagte keinen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts auf. Ein solcher ist auch objektiv nicht ersichtlich. Die Schlussfolgerungen der Beklagten aus dem Prozessverhalten des Klägers sind nicht zwingend. Sie setzen voraus, dass der Kläger bewusst wahrheitswidrige Angaben gemacht hat. Dies ist weder festgestellt noch gibt es dafür objektiv hinreichende Anhaltspunkte. Selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, die Erklärung des Klägers habe nicht der Wahrheit entsprochen, muss das diesem nicht bewusst gewesen sein. Ebenso gut kann er sich in seiner Erinnerung darüber, ob er seinen Vorgesetzten vorab über den Aufenthalt in Ol am 18. Februar 2011 unterrichtet hatte, getäuscht haben. Die Beklagte trägt die Darlegungslast für den Kündigungsgrund und damit für eine Schädigungsabsicht des Klägers. Dieser ist sie nicht hinreichend nachgekommen. Das Landesarbeitsgericht musste deshalb keinen Beweis darüber erheben, ob die Erklärung des Klägers wahrheitswidrig war.

20

II. Ebenso fehlt es an einem wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung vom 27. September 2011. Die Voraussetzungen für eine Kündigung wegen des Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung liegen nicht vor.

21

1. In einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung sind nicht nur die dem Arbeitgeber bei Kündigungsausspruch bekannten Tatsachen von Bedeutung. Es sind auch solche später bekannt gewordenen Umstände zu berücksichtigen, die den ursprünglichen Verdacht abschwächen oder verstärken (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 25; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 41). Dies gilt zumindest dann, wenn sie bei Kündigungszugang objektiv bereits vorlagen. Der Arbeitgeber kann verdachtserhärtende Tatsachen in den Prozess einführen, die ihm erst nachträglich bekannt geworden sind, der Arbeitnehmer solche, die den Verdacht entkräften. Bei einer Verdachtskündigung muss der Besonderheit Rechnung getragen werden, dass für sie nicht der volle Nachweis einer Pflichtverletzung verlangt wird. Blieben den Arbeitnehmer entlastende Tatsachen, die erst im Prozess zutage getreten sind, außer Betracht, hätte der Arbeitgeber nur nachzuweisen, dass jedenfalls zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein dringender Tatverdacht bestand. Das würde der bei der Verdachtskündigung bestehenden Gefahr, einen „Unschuldigen“ zu treffen, nicht gerecht (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 42; 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 28). Die Berücksichtigung später bekannt gewordener Umstände steht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass sich die Wirksamkeit einer Kündigung nach den bei ihrem Zugang gegebenen - objektiven - Tatsachen richtet (vgl. dazu BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 52, BAGE 134, 349; 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 85, 194). Diese erschöpfen sich auch im Fall der Verdachtskündigung nicht etwa notwendig in den dem Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt bekannten Verdachtsmomenten.

22

2. Selbst Umstände, die auch objektiv erst nachträglich eingetreten sind, können für die gerichtliche Beurteilung der Wirksamkeit einer Kündigung ausnahmsweise von Bedeutung sein, falls sie die Vorgänge, die zur Kündigung geführt haben, in einem neuen Licht erscheinen lassen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 53, BAGE 134, 349; 15. Dezember 1955 - 2 AZR 228/54 - zu III der Gründe, BAGE 2, 245). Dazu müssen zwischen den neuen Vorgängen und den alten Gründen so enge innere Beziehungen bestehen, dass jene nicht außer Acht gelassen werden können, ohne dass ein einheitlicher Lebensvorgang zerrissen würde (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO mwN). Von Bedeutung kann dies gerade für die Würdigung von verdachtsbegründenden Indiztatsachen sein.

23

3. Danach hat das Landesarbeitsgericht in dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 19. September 2011 zu Recht keine hinreichenden Verdachtsmomente dafür gesehen, dass der Kläger einen der Beklagten erteilten Auftrag der D für eigene Rechnung bearbeitet habe.

24

a) Es durfte zum einen berücksichtigen, dass der Kläger die Angaben seiner Prozessbevollmächtigten im Schreiben vom 19. September 2011 nachträglich korrigiert hat. Damit hat er sich von ihnen distanziert. Sie können nicht mehr uneingeschränkt als sein eigenes Eingeständnis gewertet werden und erscheinen dadurch in einem anderen Licht.

25

b) Es durfte zum anderen annehmen, dass weitere Verdachtsmomente gegen den Kläger nicht bestünden. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe bei der D nicht nachgefragt, auf wen die Rechnung für den Auftrag gestellt worden sei. Der Inhalt der Prüfunterlagen spreche dafür, dass der Kläger durch die Verwendung des Stempels der Beklagten deutlich gemacht habe, für diese tätig geworden zu sein. Gegen diese Würdigung bringt die Beklagte keine beachtlichen Einwände vor. Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts sind auch objektiv nicht ersichtlich. Zwar hat es nicht festgestellt, aus welchem Grund es zu den zunächst falschen Angaben der Prozessbevollmächtigten des Klägers gekommen ist. Es hat aber, zumal die Prüfungsunterlagen die Version des Klägers stützten, ersichtlich einen bloßen Abstimmungsfehler für möglich gehalten. Soweit die Beklagte in der Revisionsinstanz geltend gemacht hat, der Kläger habe sehr wohl privat abrechnen wollen und dies nur deshalb nicht getan, weil er über keinen anderen als ihren Stempel verfügt habe, hat sie keine zulässige Verfahrensrüge erhoben. Sie hat nicht dargelegt, dass und an welcher Stelle sie die für diese Annahme sprechenden Umstände in den Vorinstanzen vorgetragen habe. Die Rüge ist zudem unbegründet. Es bliebe auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens dabei, dass es keine hinreichenden Verdachtsmomente dafür gibt, der Kläger sei auf eigene Rechnung tätig geworden.

26

III. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Tätigkeit des Klägers für die S ab dem 1. November 2011 stelle keinen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB für die außerordentliche Kündigung vom 22. November 2011 dar. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

27

1. Ein Arbeitnehmer, der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten entfaltet, verstößt gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers aus § 241 Abs. 2 BGB. Es handelt sich in der Regel um eine erhebliche Pflichtverletzung. Sie ist „an sich“ geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 20; 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 15 mwN).

28

a) Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt (BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 14; 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 22). Die für Handlungsgehilfen geltende Regelung des § 60 Abs. 1 HGB normiert einen allgemeinen Rechtsgedanken. Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt werden. Der Arbeitnehmer darf im Marktbereich seines Arbeitgebers Dienste und Leistungen nicht Dritten anbieten. Dem Arbeitgeber soll dieser Bereich uneingeschränkt und ohne die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - aaO; 21. November 1996 - 2 AZR 852/95 - zu II 1 a der Gründe). Dem Arbeitnehmer ist aufgrund des Wettbewerbsverbots nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt. Ihm ist ebenso wenig gestattet, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - aaO; 21. November 1996 - 2 AZR 852/95 - aaO). Allerdings darf er, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 74 HGB nicht vereinbart ist, schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen vorbereiten(vgl. BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 15). Verboten ist lediglich die Aufnahme einer werbenden Tätigkeit, etwa durch Vermittlung von Konkurrenzgeschäften oder aktives Abwerben von Kunden. Bloße Vorbereitungshandlungen erfüllen diese Voraussetzungen regelmäßig nicht (BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - aaO).

29

b) Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses. Ein Arbeitnehmer darf deshalb grundsätzlich auch nach Zugang einer von ihm gerichtlich angegriffenen fristlosen Kündigung des Arbeitgebers keine Konkurrenztätigkeit ausgeübt haben, falls sich die Kündigung später als unwirksam herausstellt. Er ist in der Regel auch während des - für ihn erfolgreichen - Kündigungsschutzprozesses an das vertragliche Wettbewerbsverbot gebunden (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 23; 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - zu B III 3 a der Gründe). Dies gilt unabhängig davon, ob eine Karenzentschädigung angeboten oder er vorläufig weiterbeschäftigt wird (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - aaO). Seine Obliegenheit aus § 615 Satz 2 BGB, nicht böswillig anderweitigen Erwerb zu unterlassen, rechtfertigt es nicht, eine Konkurrenztätigkeit im Geschäftsbereich des Arbeitgebers aufzunehmen(BAG 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - zu B III 3 a bb der Gründe).

30

2. Bei der Prüfung, ob ein Verstoß gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot nach Zugang einer - gerichtlich angegriffenen - außerordentlichen Kündigung die weitere Kündigung des Arbeitsverhältnisses - falls es auf sie noch ankommt - rechtfertigen kann, ist im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung (vgl. auch dazu BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 26; 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - zu B III 3 b der Gründe) zu berücksichtigen, dass sich in einer solchen Konstellation beide Parteien objektiv vertragswidrig verhalten.

31

a) Eine Fallgestaltung wie die vorliegende ist durch ein in sich widersprüchliches Verhalten beider Vertragsparteien gekennzeichnet. Der Arbeitgeber beruft sich vorrangig auf die Wirksamkeit einer schon zuvor erklärten Kündigung, erwartet aber vom Arbeitnehmer ein Verhalten, das dieser nur bei Unwirksamkeit der Kündigung schuldet. Hätte im Übrigen der Arbeitgeber - entsprechend der objektiven Rechtslage - keine Kündigung erklärt, hätte aller Voraussicht nach der Arbeitnehmer keinen Anlass für die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit gehabt. Der Arbeitnehmer wiederum erstrebt die Feststellung einer Unwirksamkeit der früheren Kündigung, verstößt aber mit der Aufnahme von Konkurrenztätigkeiten gegen gerade dann bestehende Unterlassungspflichten.

32

b) Auf diese Besonderheiten ist bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz der Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers zumutbar ist, Bedacht zu nehmen. Es spricht dabei zugunsten des Arbeitnehmers, wenn die Wettbewerbstätigkeit erst durch die frühere - unwirksame - Kündigung ausgelöst worden ist (vgl. für einen Handelsvertreter BGH 28. April 1960 - VII ZR 218/59 - zu 6 der Gründe). Dann rechtfertigt die objektiv gegebene Pflichtverletzung des Arbeitnehmers für die Zeit nach Prozessende in der Regel keine negative Verhaltensprognose. Auch ist zu berücksichtigen, ob der Wettbewerb auf eine dauerhafte Konkurrenz zum bisherigen Arbeitgeber angelegt ist oder zunächst nur eine Übergangslösung für den Schwebezustand bis zur Klärung der Rechtslage darstellt (BAG 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - zu B III 3 b bb der Gründe). Von Bedeutung ist ferner, ob dem Arbeitgeber aufgrund der Art und der Auswirkungen der Konkurrenztätigkeit unmittelbar ein Schaden zugefügt wird oder nur eine abstrakte Gefährdung von dessen geschäftlichen Interessen vorliegt (vgl. BAG 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - aaO).

33

3. Zu Recht hat danach das Landesarbeitsgericht den Interessen des Klägers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses den Vorrang gegenüber den Interessen der Beklagten an dessen Beendigung eingeräumt.

34

a) Der Kläger hat den Arbeitsvertrag mit der S erst geschlossen und die Tätigkeit für sie erst aufgenommen, nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zuvor fristlos gekündigt hatte. Da keine Anhaltspunkte für das Gegenteil vorliegen, lässt dies nur den Schluss zu, dass seine Wettbewerbstätigkeit durch die Kündigung ausgelöst worden ist. Das spricht zudem dafür, dass der Kläger sie lediglich als Ersatz für seine bisherige Tätigkeit aufgenommen hat. Es sind keine Umstände festgestellt oder objektiv erkennbar, die die Annahme rechtfertigten, er hätte es auf eine dauerhafte Konkurrenz zur Beklagten angelegt. Der Kläger hat nicht etwa ein eigenes Unternehmen in Konkurrenz zur Beklagten aufgebaut. Aus dem neu eingegangenen Arbeitsverhältnis konnte er sich für den Fall, dass er mit der Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte obsiegen würde, jederzeit - etwa durch Kündigung - wieder lösen.

35

b) Das Landesarbeitsgericht durfte zugunsten des Klägers berücksichtigen, dass er durch seine Tätigkeit für die S der Beklagten keinen unmittelbaren Schaden zugefügt hat. Soweit die S für die Beklagte tätig geworden ist, hat er dieser sogar die zeitgerechte Auftragserfüllung gesichert. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass ein Wettbewerbsverstoß auch ohne eine konkrete Schädigung vorliegen kann. Darum geht es jedoch nicht. Es geht darum, ob dieser Verstoß eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.

36

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht nicht angenommen, möglicher Gewinn sei im gegebenen Zusammenhang schlechthin kein schützenswertes Interesse. Es hat lediglich gewürdigt, dass der Beklagten ein Gewinn aus den Prüfarbeiten des Klägers nicht deshalb entgangen ist, weil dieser für die S tätig war. Dies sei vielmehr die Folge davon gewesen, dass sie das Arbeitsverhältnis der Parteien zuvor fristlos gekündigt habe, ohne einen Ersatz für den Kläger einzustellen. Das Landesarbeitsgericht hat damit zu Recht eine Kausalität zwischen der Konkurrenztätigkeit des Klägers und einem Gewinnausfall der Beklagten verneint. Auch wenn der Kläger nicht für die S gearbeitet hätte, hätte die Beklagte die von ihm erbrachte Tätigkeit nicht selbst und mit eigenen Arbeitnehmern durchführen können.

37

d) Die von der Beklagten vermissten weiteren Gesichtspunkte hat das Landesarbeitsgericht bei der Interessenabwägung nicht unberücksichtigt gelassen. Es hat ihnen nur kein zugunsten der Beklagten ausschlaggebendes Gewicht beigemessen.

38

aa) Die mit der Tätigkeit des Klägers verbundene Möglichkeit einer Gewinnerhöhung bei der S hat das Landesarbeitsgericht - wie seine Ausführungen zum Fehlen einer unmittelbaren Schädigung der Beklagten erkennen lassen - zutreffend nicht als einen erschwerenden Umstand erachtet. Ein möglicher wirtschaftlicher Vorteil für das konkurrierende Unternehmen ist einer Konkurrenztätigkeit immanent.

39

bb) Das Landesarbeitsgericht hat auch den Grad des Schuldvorwurfs nicht unberücksichtigt gelassen. Es hat vielmehr auf die Besonderheiten einer Konkurrenztätigkeit nach fristloser Kündigung abgestellt. Danach ist dem Arbeitnehmer zwar kein Wettbewerb zu seinem bisherigen Arbeitgeber gestattet, wenn das Arbeitsverhältnis - objektiv - fortbesteht. Die Situation lässt eine gleichwohl aufgenommene Konkurrenztätigkeit aber in der Regel in einem milderen Licht erscheinen. Durch die fristlose Kündigung hatte der Arbeitgeber zu verstehen gegeben, sich seinerseits an vertragliche Pflichten nicht mehr gebunden zu fühlen.

40

cc) Auf der Basis der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in vollem Bewusstsein der Tatsache gehandelt hätte, die Beklagte werde seine Konkurrenztätigkeit nicht akzeptieren. Die Beklagte macht zwar geltend, der Kläger habe dies daran erkennen müssen, dass sie schon auf seine Konkurrenztätigkeit für die D mit einer außerordentlichen Kündigung reagiert habe. Aus dem vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Kündigungsschreiben vom 27. September 2011 ergibt sich ein solcher Kündigungsgrund aber nicht. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass und ggf. welche sonstigen Umstände die Annahme rechtfertigen sollten, der Kläger habe im Bewusstsein dessen gehandelt, sie werde seine Tätigkeit für die S keinesfalls akzeptieren. Es kann daher dahinstehen, ob dies anderenfalls zu ihren Gunsten zu werten wäre. Dagegen spricht, dass es nicht auf die subjektive Bereitschaft zur Akzeptanz auf Seiten des Arbeitgebers, sondern darauf ankommt, was diesem objektiv zuzumuten ist (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 47, BAGE 134, 349).

41

dd) Das Landesarbeitsgericht hat auch berücksichtigt, dass der Kläger nicht nur punktuell, sondern im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, dh. kontinuierlich für die S tätig geworden ist. Es hat diesen Umstand erkennbar deshalb nicht als erschwerend angesehen, weil damit keine unmittelbare Schädigung der Beklagten einhergegangen sei. Diese habe nicht vorgetragen, dass ihre eigenen Arbeitnehmer, die solche Prüftätigkeiten hätten ausführen können, nicht ausgelastet gewesen seien. Sie habe vielmehr nicht über ausreichende eigene Kapazitäten verfügt, um eine zeitnahe Prüfung sicherzustellen. Diese Würdigung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

42

IV. Die außerordentliche Kündigung vom 6. Dezember 2011 ist mangels wichtigen Grundes ebenfalls unwirksam. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

43

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, auch die auf wettbewerbswidriges Verhalten des Klägers gestützte Kündigung vom 6. Dezember 2011 sei nach § 626 Abs. 1 BGB nicht gerechtfertigt. Bei der I handele es sich um ein Schwesterunternehmen der Beklagten, das für diese bei dem fraglichen Auftrag als Nachunternehmerin tätig geworden sei. Eine Verletzung der Interessen der Beklagten sei nicht ersichtlich.

44

2. Die Sachrügen, die die Beklagte gegen diese Würdigung vorbringt, entsprechen denen, die sie gegen die Auffassung des Landesarbeitsgerichts von der Unwirksamkeit der Kündigung vom 22. November 2011 erhoben hat. Sie greifen aus den dargelegten Gründen nicht durch. Hinzu kommt, dass sich die Tätigkeit des Klägers für die I in der Ausführung eines einzelnen Prüfauftrags erschöpfte, für den die I Nachunternehmerin der Beklagten war. Eine fortdauernde Tätigkeit lag nicht vor. Die Verfahrensrüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe nicht in Erwägung gezogen, dass sie vorgetragen habe, einer ihrer Arbeitnehmer habe den Auftrag erledigen können, ist unzulässig. Aus dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung ergibt sich lediglich, dass die Beklagte dies erstinstanzlich behauptet hat, nicht aber, was sie dazu im Einzelnen vorgebracht, ob sie für ihr Vorbringen Beweis angetreten und ob sie Vortrag und ggf. Beweisantritt im Berufungsverfahren aufrechterhalten hat. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass im Berufungsverfahren unstreitig wurde, die Beklagte sei an der Durchführung des Auftrags schon aus rechtlichen Gründen gehindert gewesen.

45

V. Gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen seien „aus den gleichen Gründen“ nicht sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG, erhebt die Beklagte keine gesonderten Rügen. Ein Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts ist auch objektiv nicht ersichtlich.

46

1. Das Landesarbeitsgericht hat offenbar angenommen, die ordentlichen Kündigungen seien aus eben den Gründen sozial ungerechtfertigt, aus denen die außerordentlichen Kündigungen unwirksam seien. Bei deren Prüfung hat es die Folgen der (teilweise unterstellten) Pflichtverletzungen und den Grad des Verschuldens des Klägers als nicht so schwerwiegend angesehen, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar gewesen sei.

47

2. Wenn das Landesarbeitsgericht auf diese Gründe mit Blick auf die ordentlichen Kündigungen Bezug nimmt, bedeutet das, dass es zu dem Ergebnis gelangt ist, der Beklagten sei eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses auch über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zuzumuten. Dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

48

VI. Die Kosten ihrer erfolglosen Revision hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Frey     

        

    Torsten Falke    

                 

(1) Der Unternehmer ist dafür verantwortlich, daß die Vorschriften dieser Verordnung eingehalten und die hierzu behördlich erlassenen Anordnungen befolgt werden. Er hat dafür zu sorgen, daß das Unternehmen ordnungsgemäß geführt wird und daß sich die Fahrzeuge und Betriebsanlagen in vorschriftsmäßigem Zustand befinden. Er darf den Betrieb des Unternehmens nicht anordnen oder zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muß, daß Mitglieder des Fahr- oder Betriebspersonals nicht befähigt und geeignet sind, eine sichere und ordnungsgemäße Beförderung zu gewährleisten.

(2) Soweit es die Größe des Unternehmens oder andere betriebliche Umstände erfordern, erläßt der Unternehmer eine allgemeine Dienstanweisung. Die Genehmigungsbehörde kann den Erlaß einer allgemeinen Dienstanweisung verlangen. Eine Dienstanweisung muß erlassen werden, wenn ein Betriebsleiter bestellt wird. Die Dienstanweisung ist in geeigneter Weise bekanntzumachen.

(3) Die Dienstanweisung enthält Bestimmungen über den Aufgabenbereich, die Verantwortlichkeit und das Verhalten des Fahr- und Betriebspersonals während des Dienstes, insbesondere

1.
die für den Fahrdienst maßgebenden Vorschriften dieser Verordnung sowie die sonst für die sichere Durchführung des Betriebs geltenden Vorschriften,
2.
Anweisungen über Maßnahmen, die bei Betriebsunfällen und -störungen getroffen werden müssen,
3.
Bestimmungen, soweit sie durch die örtlichen Verhältnisse oder durch die Eigenart der Betriebsanlagen, der Fahrzeuge oder des Betriebs bedingt sind.

(1) Der Unternehmer kann zur Wahrnehmung der ihm nach § 3 obliegenden Aufgaben unbeschadet seiner eigenen Verantwortlichkeit einen Betriebsleiter bestellen. Hat das Unternehmen mehrere Betriebszweige oder Betriebsstellen, so kann für jeden Betriebszweig oder für jede Betriebsstelle ein verantwortlicher Betriebsleiter bestellt werden. Die Genehmigungsbehörde kann die Bestellung eines Betriebsleiters anordnen, wenn die Größe des Betriebs oder andere betriebliche Umstände dies erfordern; die Bestellung soll insbesondere bei Unternehmen angeordnet werden, in denen regelmäßig mehr als zehn Fahrzeuge verwendet werden. Die Genehmigungsbehörde kann dem Unternehmer zur Erfüllung der Anordnung eine angemessene Frist setzen. Der Unternehmer hat die Anordnung zu befolgen.

(2) Der Unternehmer hat sicherzustellen, daß der Betriebsleiter die ihm obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann. Er hat ihn insbesondere zu beteiligen bei

1.
der Feststellung des Personalbedarfs,
2.
der Auswahl, Beurteilung und Verwendung des Fahr- und Betriebspersonals,
3.
der Untersuchung von Verfehlungen und den sich daraus ergebenden Maßnahmen,
4.
der Planung und dem Bau von Betriebsanlagen sowie der Beschaffung von Fahrzeugen.

(3) Der Betriebsleiter soll einen Stellvertreter haben. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(4) Die Bestellung des Betriebsleiters und seines Stellvertreters bedarf der Bestätigung durch die Genehmigungsbehörde. Sie ist zu erteilen, wenn die Zuverlässigkeit gegeben ist, insbesondere wenn die für die technische Leitung des Betriebs und die für die Verwaltung erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen nachgewiesen sind.

(5) Die Bestätigung ist zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung die Voraussetzung des Absatzes 4 Satz 2 nicht vorgelegen hat. Die Genehmigungsbehörde kann von der Rücknahme absehen, wenn der Mangel nicht mehr besteht.

(6) Die Bestätigung ist zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung des Absatzes 4 Satz 2 weggefallen ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)