Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 18. Aug. 2015 - 2 Sa 69/14

bei uns veröffentlicht am18.08.2015

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 29. Januar 2014 (3 Ca 2411/13) wie folgt teilweise abgeändert:

a) Die Kündigungsschutzklage (Urteilstenor zu 1) wird abgewiesen;

b) Die Zahlungsklage (Urteilstenor zu 2) wird abgewiesen, soweit das Arbeitsgericht den Beklagten zur Zahlung von mehr als 1.343,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. September 2013 verurteilt hat.

2. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte zu 64 Prozent und im Übrigen der Kläger.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Kündigungsschutz, Lohnzahlung sowie im Wege der Widerklage um einen Schadensersatz- bzw. Vertragsstrafeanspruch des Arbeitgebers.

2

Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der, der Arbeitgeberin des Klägers (im Folgenden mit Schuldnerin bezeichnet). Die Gründung der Beklagten geht auf das Jahr 2002 zurück. Die LFW L. Fleisch- und Wurstspezialitäten GmbH & Co. KG (im Folgenden abgekürzt mit LFW bezeichnet) hatte seinerzeit die Gründung der Gesellschaft gefördert oder sogar betrieben, um mit ihr im Anschluss Verträge über die Erbringung von Teilleistungen aus dem gesamten eigenen Produktionsprozess abzuschließen. Diese Ausgliederung betraf zum einen den Bereich der Fleischzerlegung und zum anderen – sozusagen am anderen Ende des Produktionsprozesses – die Verpackung von Fleisch- und Wurstwaren. Sämtliche Leistungen hat die Schuldnerin auf dem Betriebsgelände der LFW mit Hilfe der dort installierten Maschinen erbracht. Basis der Zusammenarbeit waren drei Verträge (Zerlegung, Wurstverpackung, Fleisch- und SB-Fleisch-Verpackung), die alle beiderseits mit einer Frist von 3 Monaten kündbar waren. Außerhalb dieser drei Verträge ist die Schuldnerin nicht gewerblich tätig geworden. Die Bezeichnung der Schuldnerin hat in den Folgejahren mehrfach gewechselt, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Kläger trug sie seinerzeit den Namen "LWL Lebensmittelverarbeitungs Betriebs GmbH".

3

Der Kläger, polnischer Staatsbürger mit Zweitwohnsitz im hiesigen Bezirk, ist seit dem 8. Februar 2011 auf dem Betriebsgelände der LFW als Mitarbeiter der Schuldnerin als Fleischer im Bereich der Fleischzerlegung tätig.

4

Der Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Schuldnerin lautet auszugsweise wie folgt (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vom Beklagten mit der Klageerwiderung überreichte Kopie, hier Blatt 37 ff Bezug genommen).

5

"§ 5 Vergütung

6

Der/Die Arbeitnehmer(in) erhält einen Brutto-Stundenlohn in Höhe von 7,00 €.

7

Das Arbeitsentgelt wird jeweils zum 10. des Folgemonats angewiesen und erfolgt bargeldlos. Die Gewährung sonstiger Leistungen, soweit diese nicht anderweitig zwingend vorgeschrieben sind, erfolgt freiwillig, mit der Maßgabe, dass auch durch eine wiederholte Zahlung ein Rechtsanspruch für die Zukunft nicht begründet wird.

8

Über-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeiten sind durch das gezahlte Bruttogehalt abgegolten.

9

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, über seine Vergütungen und sonstige Leistungen Stillschweigen zu bewahren.

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§ 9 Geheimhaltung

11

Der Arbeitnehmer wird über alle Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers sowie alle sonstigen ihm im Rahmen seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden Angelegenheiten und Vorgänge des Arbeitgebers Stillschweigen bewahren. Der Arbeitnehmer wird dafür sorgen, dass Dritte nicht unbefugt Kenntnis erhalten. Dies gilt insbesondere für Kalkulations- und Verkaufsunterlagen, Kunden-, Personal- und Vertragsverhältnisse jeder Art. Die Geheimhaltungsverpflichtung gilt auch für Angelegenheiten und Vorgänge, die Geschäftspartner des Arbeitgebers betreffen.

12

Die Verpflichtung zur Geheimhaltung sämtlicher Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus.

13

Ein Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht ist ein wichtiger Grund, der den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung dieses Vertrages berechtigt. Einer vorherigen Abmahnung bedarf es nicht. Übt der Arbeitgeber in einem Fall das Recht zur fristlosen Kündigung nicht aus, so berührt die das Recht zur außerordentlichen Kündigung in einem Wiederholungsfall nicht. Weitergehende Ansprüche des Arbeitgebers, insbesondere die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, bleiben unberührt. Gegenüber den Ansprüchen des Arbeitgebers, wegen Verstößen gegen diese Geheimhaltungspflicht, kann der Arbeitnehmer nicht aufrechnen.

14

§ 11 Arbeits- und Geschäftsunterlagen

15

Die Anfertigung von Aufzeichnungen und Unterlagen aller Art sowie die Überlassung von Arbeitsunterlagen erfolgt ausschließlich zu dienstlichen Zwecken für den dienstlichen Gebrauch. Der Arbeitnehmer wird alle Arbeits- und Geschäftsunterlagen ordnungsgemäß aufbewahren und dafür Sorge tragen, dass Dritte nicht Einsicht – bzw. diese an sich nehmen können. Die vorbezeichneten Gegenstände sind bei Beendigung dieses Vertrages oder bei Freistellung herauszugeben und im Betrieb des Arbeitgebers an diesen zu übergeben. Ein Zurückbehaltungsrecht ist ausgeschlossen. Auf Wunsch des Arbeitgebers wird der Arbeitnehmer ausdrücklich versichern, dass die genannten Gegenstände vollständig herausgegeben und insbesondere keine Abschriften, Kopien oder Mehrstücke behalten zu haben.

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§ 18 Vertragsstrafe

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Tritt der Arbeitnehmer seine Tätigkeit vertragswidrig nicht an oder beendet er sie vertragswidrig vorzeitig, so wird für jeden angefangenen Monat, in dem der Arbeitnehmer vertragswidrig nicht tätig ist, eine Vertragsstrafe in Höhe von 1/12 eines Jahresverdienstes unter Berücksichtigung sämtlicher Verdienstbestandteile verwirkt. Zugrunde zu legen sind diejenigen Bezüge, die der Arbeitnehmer in dem Vertragsbruch vorausgegangenen 12 Monaten erhalten hat. Hat das Arbeitsverhältnis noch keine 12 Monate bestanden oder noch nicht begonnen, so ist der Betrag zugrunde zu legen, der vertragsmäßig bis zum Ablauf von 12 Monaten bei ordnungsgemäßer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erzielt worden wäre. Die Verpflichtung zur Zahlung der Vertragsstrafe durch den Arbeitnehmer besteht in gleicher Weise, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos kündigt, weil ein wichtiger Grund von Seiten des Arbeitnehmers vorliegt. Weitergehende Ansprüche des Arbeitgebers und insbesondere die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bleiben unberührt. Gegenüber diesen Ansprüchen des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer nicht aufrechnen.

18

§ 21 Abwerbungsklausel

19

Während der Dauer der Zusammenarbeit und sechs Monate nach der Durchführung des letzten zwischen den Vertragspartnern geschlossenen Vertrages darf der Arbeitnehmer sich nicht direkt oder indirekt durch einen Auftraggeber der [Schuldnerin] oder durch ein für den Auftraggeber tätiges Unternehmen abwerben lassen und ein Dienstverhältnis begründen. Im Falle des Verstoßes gegen diese Verpflichtung zahlt die verletzende Partei der anderen Partei eine Vertragsstrafe in Höhe eines halbes Netto-Jahresgehalts, das der Mitarbeiter zuletzt bei der anderen Partei erhalten hat, oder in seiner letzten Position erhalten hätte. Weitere Schadensersatzansprüche bleiben unberührt, die Vertragsstrafe wird jedoch hierauf angerechnet."

20

Mit Schreiben vom 19. März 2013 hat die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beim Amtsgericht Schwerin beantragt. Mit Beschluss vom 20. März 2013 hat das Amtsgericht Schwerin sodann den Beklagten zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt (580 IN 66/13). Der Beklagte hat den Betrieb in Zusammenarbeit mit der Schuldnerin zunächst fortgeführt.

21

Dazu hat der Beklagte, weil die Verträge mit LFW nach seinem Dafürhalten nicht mehr auskömmlich waren, schon in der Insolvenzeröffnungsphase Gespräche zur Preisanpassung mit LFW aufgenommen, die allerdings ohne Erfolg blieben. Um die Preisanpassungsgespräche zu fördern, hat der Beklagte ebenfalls noch in der Insolvenzeröffnungsphase im Auftrag der Schuldnerin mit Schreiben vom 25. April 2013 den Auftrag über die Fleischverpackung und die SB-Fleischverpackung zum 31. Juli 2013 gekündigt und weitere Verhandlungen zur Fortführung des Auftrages angeboten. Statt des erhofften Verhandlungserfolges hatte die LFW dann allerdings mit Schreiben vom 30. Mai 2013 zum 31. August 2013 ihrerseits auch den letzten noch bestehenden Vertrag über die Fleischzerlegung gekündigt (Kopie als Anlage B 7 zur Akte gelangt, hier Blatt 72).

22

Mit Beschluss vom 1. Juni 2013 hat das Amtsgericht Schwerin das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und den Beklagten zum Insolvenzverwalter bestellt (Kopie des Eröffnungsbeschlusses ist als Anlage B 1 zur Akte gelangt, hier Blatt 33). Der Beklagte hat auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst versucht, den Betrieb fortzuführen, ihm war es aber auch nach Insolvenzeröffnung nicht gelungen, bessere Preise mit LFW auszuhandeln. Im Gegenteil. Mit Mail vom 24. Juli 2013 hat LFW dem Beklagten mitgeteilt, dass eine Fortführung des Auftrages bezüglich der Verpackungsarbeiten über das Monatsende hinaus ausgeschlossen sei, da die Aufgaben in diesem Bereich ab dem 1. August 2013 von der polnischen Firma W. Sp.z.o.o. (im Folgenden abgekürzt als W. bezeichnet) ausgeführt würden. Weitere Verhandlungen über die Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter in den anderen Bereichen wurden dabei abgelehnt.

23

Tatsächlich hat W. ab August 2013 statt des Beklagten die Arbeiten im Bereich der Verpackungsarbeiten erbracht. Da W. kein eigenes Personal stellen konnte, wurden die Arbeitnehmer des Beklagten im Bereich der Verpackungsarbeiten in einer Betriebsversammlung, die LFW ohne Zustimmung des Beklagten durchgeführt hatte, über die Situation aufgeklärt und letztlich für W. abgeworben.

24

Ähnlich verliefen die Dinge, als zum Ende August 2013 der Auftrag bezüglich der Fleischzerlegungsarbeiten sein Ende nahm. LFW führte eine Betriebsversammlung ohne Zustimmung des Beklagten mit den betroffenen Arbeitnehmern durch, auf der auch Vertreter von W. anwesend waren. Den Arbeitnehmern wurde angeboten, ab September zu den bisherigen Konditionen bei W. weiter zu arbeiten. Von den anwesenden Arbeitnehmern haben wohl nahezu alle die Bereitschaft gezeigt, zukünftig unter Regie von W. die bisherigen Arbeiten weiter fortzuführen; dem Gericht ist jedenfalls kein Name eines Arbeitnehmers mitgeteilt worden, der sich für eine weitere Zusammenarbeit mit dem Beklagten entschieden hat.

25

W. seinerseits hat bereits mit Schreiben vom 24. Juli 2013 (Kopie als Anlage B 5 zur Akte gelangt, hier Blatt 43) dem Beklagten mitgeteilt, dass man ab September 2013 der neue Subunternehmer für die Fleischzerlegungsarbeiten bei LFW sei und man daran interessiert sei, alle Mitarbeiter des Beklagten in diesem Bereich mit ihren aktuellen arbeitsvertraglichen Bedingungen zu übernehmen. Der Beklagte wurde gebeten, eine Weiterbeschäftigung dieser Arbeitnehmer ab September 2013 durch Abschluss von Aufhebungsverträgen zu ermöglichen.

26

Der Beklagte war zwar grundsätzlich bereit, ein Einvernehmen mit W. zu erzielen, er wollte jedoch, dass W. dafür eine Gegenleistung erbringt, mit der zumindest die Kosten abgegolten werden, die die Schuldnerin in die bei LFW beschäftigten Arbeitnehmer investiert hat (Kosten der Anwerbung und Kosten der Beibringung der Gesundheitszeugnisse und sonstiger Papiere). Ein Einvernehmen konnte nicht erzielt werden, es ist nicht einmal klar, ob es überhaupt ernsthafte Verhandlungen auf das Anschreiben vom 24. Juli 2013 hin gegeben hat.

27

Unter dem 16. August 2013 hat W. dann noch die Arbeitnehmer des Beklagten aus dem Bereich der Fleischzerlegung im Sinne von § 613a Absatz 5 BGB über einzelne Aspekte des nach Auffassung von W. zum 1. September 2013 erfolgenden Betriebsübergangs informiert (Kopie eines solchen Anschreibens einen Kollegen des Klägers betreffend ist als Anlage B 2 zur Akte gelangt, hier Blatt 35, es wird Bezug genommen). Letztlich hat auch der Beklagte für seine Arbeitnehmer im Bereich der Fleischzerlegung am 21. August 2013 eine Betriebsversammlung durchgeführt, auf der er – so der Vortrag im Rechtsstreit – hilfsweise die Betroffenen auch im Sinne von § 613a Absatz 5 BGB belehrt hat.

28

Der Kläger und seine Kollegen haben ihre Tätigkeit im Bereich der Fleischzerlegung wie gewohnt an ihrem bisherigen Arbeitsplatz auch ab September 2013 – nunmehr allerdings für W. – weiter ausgeführt.

29

Der Beklagte hat daraufhin das Arbeitsverhältnis zum Kläger – wie zu allen anderen Mitarbeitern aus dem Bereich der Fleischzerlegung, die ab September 2013 für W. tätig geworden sind – mit Schreiben vom 5. September 2013 außerordentlich und fristlos wegen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot und die Verschwiegenheitspflicht sowie wegen Vertragsbruchs gekündigt. Außerdem ist das Entgelt für den letzten Arbeitsmonat (August 2013) wegen möglicher Gegenansprüche nicht mehr zur Auszahlung gebracht worden.

30

Mit seiner am 19. September 2013 beim Arbeitsgericht Schwerin eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die außerordentliche Kündigung zur Wehr gesetzt und Vergütungszahlung für den Monat August 2013 in Höhe von 1.550,00 Euro brutto begehrt.

31

Während des Rechtsstreits hat der Beklagte mit außergerichtlichem Schreiben vom 4. November 2013 (Kopie als Anlage B 6 zur Akte gelangt, hier Blatt 44 f) vom Kläger eine Zahlung in Höhe von 8.359,24 EUR gefordert. Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2013 (hier Blatt 22 ff) hat der Beklagte sodann die Vertragsstrafe im Rahmen einer Widerklage in voller Höhe rechtshängig gemacht.

32

Das Arbeitsgericht Schwerin hat mit Urteil vom 29. Januar 2014 (3 Ca 2411/13) der Kündigungsschutzklage und der Lohnzahlungsklage für August 2013 stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Den Streitwert hat es auf 14.559,24 Euro festgesetzt.

33

Mit der rechtzeitig eingereichten und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt der Beklagte sein Begehren bis auf einen nicht angegriffenen Teilbetrag der Klage bezüglich des Augustentgelts in Höhe von 1.123,50 Euro brutto in vollem Umfang weiter.

34

Der Beklagte meint, die Kündigungsschutzklage gehe ins Leere, da das Arbeitsverhältnis bereits vor Ausspruch der Kündigung nach § 613a BGB auf W. übergegangen sei. Im Übrigen habe aber auch ein wichtiger Grund zur Kündigung wegen des Vertragsbruchs und der Verletzung der Geheimhaltungspflichten vorgelegen.

35

Das in Höhe von 1.550,00 Euro eingeklagte und ausgeurteilte Entgelt für August 2013 sei überhöht. Der Kläger habe zwar in diesem Monat wie vom Arbeitsgericht zu Grunde gelegt mindestens 160 Stunden Arbeit geleistet oder sich im Urlaub befunden (tatsächlich habe er sogar Anspruch auf 160,5 vergütungspflichtige Stunden), diese seien jedoch – siehe Arbeitsvertrag – nur mit 7,00 Euro zu vergüten. Für den vom Arbeitsgericht zugesprochenen "Heimfahrtenzuschlag" in Höhe von 350,00 Euro fehle es an einer vertraglichen Grundlage.

36

Zur Widerklage trägt der Beklagte vor, durch das kollusive Zusammenwirken von LFW, W. und seinen ehemaligen Arbeitnehmern und durch den gemeinsam provozierten gesetzlichen Übergang der Arbeitsverhältnisse nach § 613a BGB auf W. ab dem 1. September 2013 sei sein Betrieb als wirtschaftliche Einheit sozusagen über Nacht wertlos geworden. Damit sei eine aussichtsreiche Verhandlungsposition gegenüber LFW zerstört worden, denn wenn die Arbeitnehmer zu ihren Arbeitsverhältnissen zum Insolvenzverwalter gestanden hätten, wäre LFW zur Aufrechterhaltung der Produktion gezwungen gewesen, neue Verträge mit dem Insolvenzverwalter zu besseren Konditionen abzuschließen.

37

An diesem Eingriff in den Gewerbebetrieb sei auch der Kläger mit pflichtwidrigem Verhalten beteiligt gewesen. Durch die Weitergabe seines Arbeitsvertrages und seiner Lohnabrechnungen habe er gegen die Geheimhaltungspflicht aus § 9 des Arbeitsvertrages verstoßen. Außerdem habe er gegen die Abwerbungsklausel aus § 21 des Arbeitsvertrages verstoßen. Schließlich und vor allem habe der Kläger Vertragsbruch begangen, indem er seine Arbeit für den Beklagten ohne ordentliche Kündigung und grundlos zum Ende des Monats August 2013 eingestellt habe.

38

Durch die Vertragsverstöße sei dem Beklagten ein großer Schaden entstanden, da die Belegschaft das einziges Geschäftspotential des fortgeführten Betriebes dargestellt habe. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass heutzutage eingespielte Teams im Bereich der Fleischzerlegung nur schwer zu finden seien. Hätten der Kläger und seine Kollegen zu den Arbeitsverträgen zum Beklagten gestanden, wäre es ein Leichtes gewesen, mit W. einen Preis für den Wunsch nach Übernahme des Personals auszuhandeln, mit dem zumindest die in diesen Belegschaftsteil investierten Kosten in Form der Anwerbekosten und der Kosten der Gesundheitszeugnisse und sonstigen Papiere, die der Beklagte auf "ein bis zwei Monatsgehälter" bzw. "mehrere Tausend Euro" pro Arbeitnehmer beziffert, für die Masse hätten gewonnen werden können. Durch den Geheimnisverrat und den anschließenden Vertragsbruch habe der Beklagte auch jegliches Druckmittel in den Vertragsverhandlungen mit LFW verloren. Hätten die Arbeitnehmer zu ihren vertraglichen Pflichten zum Beklagten gestanden, wäre LFW wegen der drohenden Engpässe im Bereich der Fleischzerlegung unter Druck geraten und er – der Beklagte – wäre dann in der Lage gewesen, mit LFW bessere Preise für die Leistungen auszuhandeln.

39

Die Vertragsstrafe nach § 21 des Arbeitsvertrages ("Abwerbungsklausel") sei verwirkt, denn der Kläger habe sich durch W., einem für den Auftraggeber (LFW) tätiges Unternehmen, abwerben lassen. Die vertraglich vorgesehene Strafe in Höhe eines halben Jahresnettoentgelts sei auch nicht überhöht, denn der Marktwert des Unternehmens der Schuldnerin beruhe allein auf dem unter Vertrag stehenden Personal. Gerade weil es wegen der modernen Auslegung von § 613a BGB möglich geworden sei, dass es zu Betriebsübergängen auch gegen den Willen des bisherigen Betriebsinhabers kommen kann, habe der Beklagte auch ein anerkennenswertes Interesse, den Wert seinen Unternehmens zu schützen. Das sei durch die Abwerbungsklausel in § 21 des Vertrages geschehen. Selbst wenn das in § 21 des Arbeitsvertrages auch geregelte entschädigungslose nachvertragliche Wettbewerbsverbot unwirksam sein sollte, berühre das nicht die Wirksamkeit des ebenfalls dort vereinbarten Abwerbeverbots während des Arbeitsverhältnisses. Denn beide Teile dieser Klausel stünden eigenständig für sich da, die Unwirksamkeit des einen Teils der Klausel erfasse nicht notwendig den anderen Teil der Klausel.

40

Der Beklagte beantragt unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 29. Januar 2014 – 3 Ca 2411/13 – sinngemäß:

41

1. Die Kündigungsschutzklage abzuweisen;

42

2. die Klage auf das Entgelt für August 2013 abzuweisen, soweit das Arbeitsgericht den Beklagen zur Zahlung von mehr als 1.123,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.09.2013 verurteilt hat;

43

3. den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 8.359,24 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

44

Der Kläger beantragt,

45

die Berufung zurückzuweisen.

46

Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts.

47

Die Kündigungsschutzklage sei begründet. Zum Zeitpunkt der Kündigung Anfang September 2013 habe noch ein Arbeitsverhältnis zum Beklagten bestanden. Einen Betriebsübergang habe es nicht gegeben. Auch bei der modernen Auslegung von § 613a BGB bleibe es dabei, dass es keinen Betriebsübergang geben könne, an dem der bisherige Betriebsinhaber nicht wenigstens in irgendeiner Weise zustimmend beteiligt sei. Die gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe seien haltlos. Sofern man das klägerische Verhalten überhaupt als pflichtwidrig erachten wolle, liege jedenfalls keine erhebliche Pflichtverletzung vor. Die Situation sei für die nahezu ausschließlich polnischen Arbeitnehmer des Beklagten völlig unübersichtlich gewesen. Selbst der Beklagte habe letztlich in der Betriebsversammlung vom 21. August 2013 die Belegschaft noch im Sinne von § 613a Absatz 5 BGB über einen bevorstehenden Betriebsübergang unterrichtet. Im Übrigen habe der Beklagte den Kläger und seine Kollegen ab September 2013 nicht mehr beschäftigen können, da er den Auftrag verloren hatte. In dieser Situation hätte der Kläger auch ein anerkennenswertes Eigeninteresse daran gehabt, sich so zu verhalten, dass er weiter Einkommen erzielen kann.

48

Die Vertragsstrafe nach § 21 des Arbeitsvertrages ("Abwerbungsklausel") sei nicht verwirkt. Die Klausel sei in mehrfacher Hinsicht unwirksam. Das darin enthaltende entschädigungslose nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei unwirksam. Damit sei die gesamte Regelung unwirksam, da sich die beiden Teilregelungen (Abwerbeverbot und nachvertragliches Tätigkeitsverbot) nicht sauber trennen ließen. Im Übrigen sei die Vertragsstrafe völlig überhöht.

49

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

50

Die Berufung ist nur teilweise begründet.

I.

51

Die Berufung ist begründet, soweit das Arbeitsgericht dem Kündigungsschutzantrag entsprochen hat, denn zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 5. September 2013 war der Beklagte nicht mehr Arbeitgeber des Klägers. Vielmehr war das Arbeitsverhältnis bereits Anfang September 2013 nach § 613a BGB auf W. als neuen Arbeitgeber übergegangen.

1.

52

Ein Erfolg im Kündigungsschutzprozess setzt nach der der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) ein Arbeitsverhältnis zu dem Kündigenden besteht. Das gilt auch im Falle eines möglichen Betriebsübergangs. Die Kündigung des Altarbeitgebers nach Betriebsübertragung auf einen Neuarbeitgeber geht mangels eines zwischen den Prozessparteien bestehenden Arbeitsverhältnisses ins Leere; eine gleichwohl erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer solchen Kündigung ist damit unbegründet, denn ein Arbeitsverhältnis besteht nicht mehr (BAG 15. Dezember 2005 – 8 AZR 202/05 – AP Nr. 294 zu § 613a BGB = NZA 2006, 597; BAG 20. März 2003 – 8 AZR 312/02 – NJW 2003, 3581 = NZA 2003, 1338 = ZIP 2003, 1557; BAG 18. April 2002 – 8 AZR 346/01 – AP Nr. 232 zu § 613a BGB = NZA 2002, 1207 = NZI 2002, 620; vgl. auch ErfK-Preis § 613a BGB RNr. 175 und ErfK-Kiel § 4 KSchG RNr. 19).

2.

53

Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Bereich der Fleischzerlegung, in dem der Kläger tätig ist, ist zum 1. September 2013 im Wege des Teilbetriebsübergangs nach § 613a BGB auf die Firma W. übergegangen. Der Beklagte war daher zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 5. September 2013 nicht mehr Arbeitgeber des Klägers.

a)

54

Nach § 613a Absatz 1 BGB gehen die Arbeitsverhältnisse im Falle der Übertragung des Betriebes von dem bisherigen Arbeitgeber auf einen neuen Arbeitgeber per Gesetz automatisch über (Betriebsübergang).

55

Ein Betriebsübergang kann nicht nur durch einen förmlichen Verkauf eines Betriebes bewirkt werden, sondern auch durch alle anderen denkbaren Rechtsgeschäfte, die dazu führen, dass der neue Inhaber des Betriebes im Ergebnis tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, diesen zu führen (vgl. ErfK-Preis § 613a BGB RNr. 59). Das Tatbestandsmerkmal „durch Rechtsgeschäft“ aus § 613a BGB wird heute also sehr weit ausgelegt und es dient eigentlich nur noch dazu, hoheitliche Übertragungsakte und Fälle der Gesamtrechtsnachfolge aus dem Anwendungsbereich von § 613a BGB auszuschließen (vgl. BAG 18. August 2011 – 8 AZR 230/10 – AP Nr. 412 zu § 613a BGB = ZInsO 2011, 2083 = NZA 2012, 267). Insbesondere ist es anerkannt, dass § 613a BGB nicht notwendig ein Rechtsgeschäft zwischen dem Betriebsveräußerer und dem Betriebserwerber voraussetzt (BAG 18. August 2011 aaO). Dies ist beispielsweise in der Rechtsprechung bereits anerkannt für den Fall, dass der Betriebserwerber mit dem Verpächter des Betriebes einen Pachtvertrag abschließt und damit den bisherigen Pächter aus der Rolle als Inhaber des Betriebes verdrängt (BAG 25. Februar 1981 – 5 AZR 991/78 – BAGE 35, 104 = AP Nr. 24 zu § 613a BGB = DB 1981, 1140). In diesem Sinne kann es bei bestimmten Betrieben, den sog. betriebsmittelarmen Betrieben, für einen Betriebsübergang auch ausreichen, wenn der neue Arbeitgeber den nach Anzahl und Sachkunde wesentlichen Teil der Belegschaft durch Abschluss neuer Arbeitsverträge übernimmt (BAG 21. Juni 2012 – 8 AZR 181/11 – AP Nr. 434 zu § 613a BGB = NZA-RR 2013, 6).

56

Andererseits stellt die bloße Auftragsnachfolge, die hier aus der Sicht von LFW zwischen dem Beklagten und W. stattgefunden hat, für sich genommen noch keinen Betriebsübergang dar (vgl. ErfK-Preis § 613a BGB RNr. 37). Vielmehr kommt es darauf an, wie der neue Auftragnehmer gedenkt, seinen neuen Auftrag zu erfüllen. Greift er auf die vom alten Auftragnehmer aufgebauten Strukturen einschließlich der Arbeitnehmer zurück, kann ein Betriebsübergang vorliegen, erfüllt er den Auftrag mit seinen eigenen Wirtschaftseinheiten, liegt kein Betriebsübergang vor. Entscheidend wird heute daher darauf abgestellt, ob eine beim alten Auftragnehmer gegebene "wirtschaftliche Einheit" den Inhaber gewechselt hat und der Neuinhaber diese Einheit in gleicher Weise oder zumindest in vergleichbarer Weise wie der Altinhaber für seine wirtschaftlichen Zwecke nutzt, die wirtschaftliche Einheit also ihre Identität, ihren Wiedererkennungswert, wahrt. Entscheidend ist demnach, ob durch die Übernahme des wesentlichen Personals gleichzeitig auch die Arbeitsorganisation und die Betriebsmethoden übernommen werden (vgl. ErfK-Preis § 613a BGB RNr. 28).

b)

57

Gemessen an diesem Maßstab ist vorliegend die wirtschaftliche Einheit "Fleischzerlegung" vom Beklagten auf W. im Sinne von § 613a BGB übergegangen, weil W. den nach Anzahl und Sachkunde wesentlichen Teil der Belegschaft dieser Einheit durch Abschluss neuer Arbeitsverträge übernommen hat.

58

Die Abteilung Fleischzerlegung im Betrieb der Schuldnerin, der vom Beklagten fortgeführt wurde, stellt in diesem Sinne eine wirtschaftliche Einheit dar, da mit der Abteilung innerhalb des Betriebes ein eigenständiger Zweck verfolgt wurde, der gegenüber dem Zweck der übrigen Abteilungen (Verpackung von Fleischprodukten) abgrenzbar ist. Die Abteilung war auch organisatorisch eigenständig gewesen, denn sie wurde von einem nur für diese Abteilung zuständigen Vorgesetzten geführt (zuletzt Herrn A.), was sich unter anderem in dem von ihm aufgestellten Dienstplänen, die nur für diese Abteilung galten, ausdrückt. Dem Bereich der Fleischzerlegung war auch ein fester Mitarbeiterstamm zugeordnet, der im Regelbetrieb auch nur dort eingesetzt wurde. Ein regelmäßiger Personalaustausch mit den anderen Abteilungen des Betriebes scheiterte schon an den speziellen Kenntnissen und Fähigkeiten, die für die Mitarbeit im Bereich der Fleischzerlegung benötigt werden.

59

W. als Auftragsnachfolger des Beklagten hat auch den nach Anzahl und Sachkunde wesentlichen Teil der Belegschaft dieser Einheit übernommen. Das folgt schon daraus, dass W. alle dort eingesetzten Fachkräfte übernommen hat. Das Gericht hat allerdings weder positiv noch negativ festgestellt, ob auch der Vorgesetzte Herr A. von W. übernommen wurde. Die Frage kann aber auch dahinstehen. Denn der Wert dieser Einheit besteht auch nach der Auffassung des Beklagten, die er in Zusammenhang mit dem von ihm geltend gemachten Schaden vertritt, nicht in der – auswechselbaren – Führungskraft des Teams, sondern in dem funktionsfähigen und eingespielten Team an sich. Damit steht auch fest, dass mit der Übernahme der Fachkräfte dieser Abteilung der nach Sachkunde wesentliche Teil der Belegschaft nunmehr unter dem neuen Inhaber der Einheit arbeitet.

60

Obwohl dazu nur wenige Informationen vorliegen, muss das Gericht auch davon ausgehen, dass W. diese Einheit in gleicher oder vergleichbarer Weise nutzt wie der Beklagte. Darauf deutet schon der Umstand hin, dass die Arbeit dieser Einheit in den Produktionsprozess bei LFW eingebettet ist und LFW seine Produktionsabläufe mit Eintritt von W. in den Auftrag nicht abgeändert hat. Ergänzend stellt das Gericht darauf ab, dass der Kläger – und auch die Kläger in den zahlreichen Parallelverfahren – ohne Widerspruch des Beklagten schildern, dass sich an der Art und Weise der Arbeit vor und nach dem ersten Arbeitstag bei W. am 2. September 2013 nichts geändert hat.

61

Der damit nach § 613a BGB gegebene Betriebsübergang der Abteilung Fleischzerlegung vom Beklagten auf W. kann nicht dadurch ausgeschlossen sein, dass der Betriebsübergang – wenn man den Vortrag des Beklagten zu Grunde legt – von der Belegschaft im Bereich der Fleischzerlegung durch ihr möglicherweise sogar vertragswidriges Verhalten mit provoziert worden ist. Dass durch die heutige Auslegung des § 613a BGB, die durch die europarechtliche Sichtweise und durch Entscheidungen des EuGH dazu vorgeprägt ist, dazu führen kann, dass es der Betriebserwerber gelegentlich in der Hand hat, durch sein Verhalten ein Betriebsübergang zu bewirken oder auszuschließen, ist bereits mehrfach Gegenstand juristischer Betrachtung gewesen (vgl. nur die Nachweise bei ErfK-Preis § 613a BGB RNr. 39). Dies ist die unausweichliche Folge der Anerkennung des Umstandes, dass ein Betriebsübergang bei den sog. betriebsmittelarmen Betrieben – hier vorliegend – auch allein durch Übernahme des wesentlichen Teils der Belegschaft erfolgen kann. Da diese Übernahme im Regelfall durch den Abschluss von Arbeitsverträgen erfolgt, an denen auch die Arbeitnehmer beteiligt sind, gehört es auch zu den vielleicht unerwünschten aber unvermeidlichen Nebeneffekten dieser neuen Rechtsprechung, dass eine Belegschaft, die sich einig ist und auf einen willigen Auftragsübernehmer trifft, tatsächlich in der Lage ist, einen Betriebsübergang zu provozieren. Soweit damit anerkennenswerte Geschäftsinteressen des Altarbeitgebers beeinträchtigt werden, kann dieses Problem nicht auf der Ebene des § 613a BGB gelöst werden.

3.

62

Da der Beklagte zum Zeitpunkt des Ausspruchs seiner Kündigung schon nicht mehr Arbeitgeber des Klägers war, geht seine Kündigung vom 5. September 2013 ins Leere. Der Kündigungsschutzantrag des Klägers ist schon aus diesem Grunde abzuweisen. Für die Entscheidung des Falles kommt es daher nicht darauf an, ob die vom Beklagten vorgebrachten Gründe für seine Kündigung, diese zu rechtfertigen geeignet sind.

II.

63

Hinsichtlich des Zahlungsantrages (Arbeitsentgelt August 2013) ist die nur teilweise eingelegte Berufung nur zum Teil begründet. Der Urteilsspruch des Arbeitsgerichts, der auf 1.550,00 Euro brutto lautet, ist bezüglich des Teilbetrages in Höhe von 1.123,50 Euro brutto nicht angegriffen worden, so dass nur zu entscheiden ist, ob dem Kläger für diesen Monat weitere 426,50 Euro brutto zustehen.

64

Von diesem noch rechtshängigen Teilbetrag stehen dem Kläger 220,00 Euro brutto zu. Im Übrigen ist die Berufung begründet (226,50 Euro brutto). Der dem Kläger über das Zugeständnis hinaus zustehende Betrag setzt sich zusammen aus weiteren 0,50 Euro brutto pro Arbeitsstunde für die 90 tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden des Klägers in diesem Monat (45 Euro brutto) sowie aus 175,00 Euro brutto anteiligem "Heimfahrtenzuschlag". Der begründete Teil der Berufung beruht auf dem Umstand, dass der Kläger nicht nachweisen konnte, dass ihm für die 70 Urlaubsstunden im August 2013 ebenfalls die "Leistungszulage" in Höhe von 0,50 Euro pro Stunde zusteht; außerdem muss er sich aus diesem Grund eine Kürzung des "Heimfahrtenzuschlags" um 175,00 Euro brutto gefallen lassen.

1.

65

Der Kläger hat Anspruch auf weitere Vergütung in Höhe von 45,00 Euro brutto. Denn der Kläger hat Anspruch auf eine Vergütung in Höhe von 7,50 Euro brutto pro tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde. Dazu hat der Kläger vorgetragen, dass das Entgelt abweichend vom schriftlichen Arbeitsvertrag pro tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde zuletzt 7,50 Euro pro Stunde betragen habe. Als Beweis hat er dazu Lohnabrechnungen für Januar, Februar und April 2013 als Anlage zum Schriftsatz vom 6. Januar 2014 vor dem Arbeitsgericht zur Akte gereicht (hier Blatt 61 ff). Der Vortrag zu diesem Stundenlohn ist schlüssig. Die zum Beweis beispielhaft vorgelegten Lohnabrechnungen weisen zwar ebenfalls nur einen Stundenlohn in Höhe von 7,00 Euro brutto aus, sie enthalten aber im Umfang der in jenem Monat tatsächlich geleisteten Stunden jeweils eine weitere Zahlung in Höhe von 0,50 Euro brutto, die in den Abrechnungen als "Leistungszulage" bezeichnet ist. Aus den bereits entschiedenen Parallelrechtsstreitigkeiten ist dem Gericht bekannt, dass die Schuldnerin und auch der Beklagte nach Insolvenzeröffnung diesen Zuschlag auf die tatsächlich geleisteten Stunden – also als eine Art Anwesenheitsprämie – gezahlt hat. Da der Kläger in dem Streitmonat August 2013 für den Beklagten 90 Stunden gearbeitete hat, steht ihm eine Leistungszulage in Höhe von 45,00 Euro brutto zu.

66

Bezüglich dieses schlüssigen klägerischen Vortrags zur Entgelthöhe liegen keine erheblichen Einwendungen des Beklagten vor. Der Hinweis auf den Text des Arbeitsvertrages aus dem Jahre 2011 ist unergiebig, da es verkehrsüblich ist, dass sich die Entgelte im Laufe der Jahre im Arbeitsverhältnis erhöhen. Solche Lohnerhöhungen sind auch ohne neuen schriftlichen Änderungs- oder Ergänzungsvertrag wirksam. Der Einwand, nach § 5 des Arbeitsvertrages erfolge die Gewährung "sonstiger Leistungen … freiwillig", ist ebenfalls nicht behilflich. Es ist bereits fraglich, ob eine Anwesenheitsprämie (oder auch eine echte Leistungsprämie) freiwillig geleistet werden kann, da dann die Gefahr besteht, dass die mit dieser Zahlung bezweckte Steuerungsfunktion bezüglich des Verhaltens des Arbeitnehmers verloren geht. Diese Überlegung kann jedoch auf sich beruhen. Denn auch wenn der Beklagte die Anwesenheitsprämie tatsächlich nur freiwillig und ohne Rechtsbindung gezahlt haben sollte, kann er sich davon nur mit Wirkung für die Zukunft befreien. Der Arbeitnehmer muss für die laufende Abrechnungsperiode wissen, welche Gegenleistung er für seine Tätigkeit erwarten kann. Damit ist es unvereinbar anzunehmen, der Arbeitgeber sei berechtigt, nach Entgegennahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ohne vorherigen Hinweis auf die Einstellung der freiwilligen Entgeltbestandteile im Rahmen der nachträglichen Abrechnung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers die freiwilligen Leistungen zu kürzen.

2.

67

Soweit der Kläger auch für die 70 Urlaubsstunden im August 2013 einen Stundenlohn in Höhe von 7,50 Euro brutto fordert, ist die Klage unschlüssig und die Berufung daher im Umfang von 35,00 Euro brutto begründet.

68

Denn aus den vom Kläger überreichten Lohnabrechnungen ergibt sich ohne Zweifel, dass die Schuldnerin und später der Beklagte Urlaubsstunden stets mit 7,00 Euro brutto abgerechnet hatten. Das passt zu der abgerechneten Leistungszulage (Anwesenheitsprämie), die eben nur für tatsächlich geleistete Stunden gezahlt wurde.

69

Ob dem Kläger Urlaubsentgelt nach § 11 BUrlG in der eingeklagten Höhe zustehen würde, kann nicht festgestellt werden, da der Kläger keine Angaben zum Referenzeinkommen in den letzten 13 Wochen vor Beginn seines Urlaubs gemacht hat.

70

Da der Beklagte sich nicht dazu erklärt hat, ob es sich bei der halbe Stunde, die er bereit ist, dem Kläger zusätzlich zur Forderung des Klägers gutzuschreiben, um Arbeitszeit oder Urlaubszeit handelt, muss dieses Entgegenkommen bei der Urteilsfindung gänzlich außer Betracht bleiben. Es findet lediglich indirekt Eingang in das Rechenwerk durch den rechtskräftigen Teil des Urteils des Arbeitsgerichts bezüglich des Entgeltanspruchs für August 2013.

3.

71

Dem Kläger stehen für August 2013 weitere 175,00 Euro anteiliger "Heimfahrtenzuschlag" zu.

72

Der Kläger hat dazu schlüssig vorgetragen, die Schuldnerin und später der Beklagte hätten diesen Zuschlag monatlich in Höhe von 350,00 Euro gezahlt als Ausgleich für die Kosten der doppelten Haushaltsführung (Familie und Wohnsitz in Polen, Zweitwohnsitz am Firmensitz von LFW). Zur Untermauerung dieser Behauptung hat er beispielhaft Abrechnungen aus dem Jahre 2013 vorgelegt, in der mit dem Verwendungszweck "Familienheimfahrten" tatsächlich für Februar und April ein Betrag in Höhe von 350 Euro ausgewiesen ist. In der vorgelegten Abrechnung für Januar 2013 hat der Zuschlag für "Familienheimfahrten" 273,91 Euro betragen und im September – also nach dem Betriebsübergang unter der Arbeitgeberschaft von W. – wurde für "Familienheimfahrten" ein Betrag in Höhe von 268,33 Euro brutto gezahlt.

73

Das reicht dem Gericht als schlüssiger Parteivortrag zu dem ausgeurteilten anteiligen Zuschlag aus, zumal dem Gericht aus den unzähligen Parallelverfahren bekannt ist, dass der Beklagte fast allen seinen Arbeitnehmern aus Polen diesen oder einen betragsähnlichen Zuschlag mit dieser oder einer ähnlichen Bezeichnung bezahlt hat. Die unterschiedliche Höhe des Zuschlags im Januar und im September 2013 ist darauf zurückzuführen, dass für Zeiten, zu denen sich der Arbeitnehmer mutmaßlich in seiner Heimat aufhält (Krankheit und Urlaub), die Zulage gekürzt wird. Auch dies ist aus den zahllosen Parallelverfahren inzwischen gerichtsbekannt (vgl. beispielsweise LAG Mecklenburg-Vorpommern 14. April 2015 – 2 Sa 85/15 – juris.de). Die unterschiedliche Höhe des Zuschusses kann daher nicht als Indiz für eine regelfreie Zahlung gewertet werden.

74

Die Einwendungen des Beklagten sind nicht erheblich. Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass diese Leistung im schriftlichen Arbeitsvertrag von 2011 nicht vorgesehen ist, lässt das weitere Folgerungen in seinem Sinne nicht zu, da die Leistung auch erst später durch konkludente Vertragsänderung Teil des Vertrages geworden sein kann.

75

Dabei kann offen bleiben, ob sich die Schuldnerin bzw. der Beklagte mit dem Freiwilligkeitsvorbehalt aus § 5 des Arbeitsvertrages wirksam gegen solche konkludenten Vertragsänderungen im Entgeltbereich schützen konnte, denn selbst dann, wenn es sich um eine freiwillige Leistung gehandelt haben sollte, kann diese nicht mit Wirkung für die Vergangenheit nach erbrachter Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gekürzt werden. Wegen der Einzelheiten kann auf die Ausführungen oben unter 1. in diesem Abschnitt verwiesen werden.

76

Es kommt auch nicht darauf an, dass der Kläger ledig ist und daher bei seiner Rückkehr in die Heimat keine Familie im umgangssprachlichen Sinne auf ihn wartet. Entscheidend ist, dass er Kosten einer doppelten Haushaltsführung zu tragen hat. Im Übrigen zeigt die Erbringung dieser Leistung durch die Schuldnerin in Kenntnis der Lohnsteuermerkmale des Klägers, dass sie selbst die Zahlung der Zulage nicht davon abhängig gemacht hat, dass der Arbeitnehmer in Polen eine eigene Familie zu ernähren hat.

4.

77

Dem Kläger steht für den Monat August allerdings nicht die vollständige Zulage für "Familienheimfahrten" zu, da er in diesem Monat 70 Urlaubsstunden hatte, was annähernd zwei Arbeitswochen entspricht. Die vom Kläger selbst vorgelegten Lohnabrechnungen belegen die Kürzungsmöglichkeit. Da der Kläger nicht näher dazu vorgetragen hat, kürzt das Gericht nach der Formel, die aus anderen Verfahren bekannt ist. Danach wird die Zulage für jede angefangene Woche Ausfallzeit um ein Viertel gekürzt, hier also um zwei Viertel auf die Hälfte des vollen Satzes.

III.

78

Die Berufung des Beklagten gegen die Abweisung seiner Widerklage ist nicht begründet. Dem Beklagten ist es nicht gelungen, die Voraussetzungen für einen Zahlungsanspruch gegen den Kläger aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes oder aus dem Gesichtspunkt einer verwirkten Vertragsstrafe schlüssig darzulegen.

1.

79

Die Widerklage lässt sich nicht auf arbeitsvertragliche Ansprüche gründen.

a)

80

Der Anspruch lässt sich nicht auf das Vertragsstrafeversprechen aus § 18 Satz 1 des Arbeitsvertrages stützen. Nach § 18 Satz 1 des Arbeitsvertrags ist der Arbeitnehmer unter anderem zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe 1/12 eines Jahresverdienstes verpflichtet, wenn er die Tätigkeit vertragswidrig vorzeitig beendet. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger seine Tätigkeit für den Beklagten vertragswidrig vorzeitig beendet hat.

81

Der Kläger hat zwar ab September 2013 keine Arbeitsleistungen für den Beklagen mehr erbracht, er war dazu jedoch auch nicht mehr verpflichtet, da sein Arbeitsverhältnis zum selben Zeitpunkt nach § 613a BGB auf W. übergegangen ist. Wegen der Einzelheiten kann auf die Ausführungen oben zum Kündigungsschutzantrag Bezug genommen werden (oben I.) Dadurch hatte der Kläger keine Arbeitspflicht mehr gegenüber dem Beklagten, die er durch Nichtantritt der Arbeit hätte verletzen können.

b)

82

Der Anspruch lässt sich nicht auf das zweite Vertragsstrafeversprechen aus § 18 des Arbeitsvertrages stützen. Nach § 18 Satz 4 des Arbeitsvertrags soll der Arbeitnehmer auch dann zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe 1/12 eines Jahresverdienstes verpflichtet sein, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos kündigt, weil ein wichtiger Grund von Seiten des Arbeitnehmers vorliegt.

83

Die Vertragsstrafenabrede in § 18 Satz 4 des Arbeitsvertrages ist unwirksam, da sie den Kläger als Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt; das hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Absatz 1 Satz 1 BGB). Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (§ 307 Absatz 1 Satz 2 BGB). Letzteres ist hier der Fall.

84

Wie dem Gericht aus den zahlreichen Parallelverfahren bekannt ist, ist der Arbeitsvertrag der Parteien von der Schuldnerin vorformuliert worden und er wurde in vielen Arbeitsverhältnissen der Schuldnerin zu Grunde gelegt. Bei der Auslegung und Anwendung dieses Vertrages sind daher die §§ 305 ff BGB heranzuziehen.

85

Globale Strafversprechen, die auf die Absicherung aller arbeitsvertraglichen Pflichten zielen, sind wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam (BAG 21. April 2005 – 8 AZR 425/04 – AP Nr. 3 zu § 307 BGB = NZA 2005, 1053 unter Verweis auf BAG 14. Dezember 1988 - 5 AZR 10/88 – und Müller-Glöge in ErfK §§ 339 bis 345 BGB Rn. 15). Eine wirksame Vertragsstrafen-Regelung muss erkennen lassen, welche konkreten Pflichten durch sie tatsächlich gesichert werden sollen. Nur so kann der Arbeitnehmer erkennen, was gegebenenfalls "auf ihn zukommt" (BAG 21. April 2005 aaO; BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - NZA 2005, 465). Soll beispielsweise die Vertragsstrafe verwirkt sein bei "schuldhaft vertragswidrigem Verhalten" handelt es sich um eine unwirksame Klausel, da sie ohne nähere Konkretisierung der Pflichtenlage nicht die nötige Warnfunktion enthält und im Übrigen wegen des Strafcharakters der Vertragsstrafe auch rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht genügt (BAG 21. April 2005 aaO).

86

Gemessen an diesem Maßstab ist die vorliegende Vertragsstrafenabrede mangels ausreichender Bestimmtheit unwirksam. Die Verwirkung der vereinbarten Vertragsstrafe, "wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos kündigt, weil ein wichtiger Grund von Seiten des Arbeitnehmers vorliegt", ist nicht klar und verständlich, weil die Pflichtverletzungen, die die Vertragsstrafe auslösen, nicht hinreichend bestimmt sind. Die vereinbarte Vertragsstrafe muss nämlich nicht nur die zu leistende Strafe, sondern auch die sie auslösende Pflichtverletzung so klar bezeichnen, dass sich der Versprechende in seinem Verhalten darauf einstellen kann (BAG 21. April 2005 aaO).

87

Im Übrigen ist die vorliegende Vertragsstrafenregelung hinsichtlich des Verwirkungsgrundes zu weit gefasst und damit auch als solche inhaltlich unangemessen. Da die Vertragsstrafenregelung einseitig nur an Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers zu Gunsten des Arbeitgebers anknüpft, muss die Verwirkung der Vertragsstrafe nach Treu und Glauben den Interessen beider Arbeitsvertragsparteien gerecht werden. Ist erkennbar, dass die Vertragsstrafe in erster Linie zur bloßen Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Verwenders losgelöster Geldforderungen eingesetzt wird, fehlt es am berechtigten Interesse des Arbeitgebers (BAG 21. April 2005 aaO unter Verweis auf Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag II V 30 Rn. 28 und im Anschluss an BGH 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01 - BGHZ 153, 311, 324 = NJW 2003, 1805; 18. November 1982 - VII ZR 305/81 - BGHZ 85, 305, 313 f. = NJW 1983, 385).

c)

88

Der Anspruch lässt sich auch nicht auf das weitere Vertragsstrafeversprechen in § 21 des Arbeitsvertrages ("Abwerbungsklausel") stützen.

89

Nach § 21 des Arbeitsvertrages soll der Arbeitnehmer ein halbes Netto-Jahresgehalt Vertragsstrafe zahlen, wenn er sich durch den Auftraggeber der Schuldnerin – hier also LFW – oder durch ein für den Auftraggeber tätiges Unternehmen – hier beispielsweise W. – abwerben lässt und dort ein Dienstverhältnis begründet.

90

Das Vertragsstrafenversprechen aus § 21 des Arbeitsvertrages ist unwirksam, weil darin ein entschädigungsloses nachvertragliches Wettbewerbsverbot vorgesehen ist, was nicht wirksam vereinbart werden kann. Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich das Vertragsstrafeversprechen aus § 21 des Arbeitsvertrages nicht in die zwei Elemente "Abwerbungsklausel" und "nachvertragliches Wettbewerbsverbot" aufteilen. Beide Elemente gehören vielmehr zusammen, so dass die Teilunwirksamkeit wegen des entschädigungslosen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zur Gesamtunwirksamkeit der Vertragsstrafenabrede führt.

91

Die Einheit der Regelung ergibt sich schon aus der einheitlich festgelegten Rechtsfolge und der sprachlichen Verbindung der beiden die Strafe auslösenden Elemente durch das Bindewort "und" im Text ("Während der Zusammenarbeit und sechs Monate nach der Durchführung …" sowie "… abwerben lassen und ein Dienstverhältnis begründen").

92

Selbst wenn man hilfsweise darauf abstellen würde, dass sich beide Elemente trennen ließen, wäre die sich ergebende Vertragsstrafe offensichtlich viel zu hoch. Denn dann würde § 21 des Arbeitsvertrages vorsehen, dass der Arbeitnehmer, wenn er von seiner Vertragsfreiheit Gebrauch macht und den Arbeitgeber wechseln will, mit einem halben Nettojahresentgelt Strafe belastet wäre. Das stellt eine offensichtliche Übersicherung des Arbeitgebers dar. Selbst wenn man zu Gunsten des Beklagten seine vagen und variierenden Andeutungen zu den notwendigen Kosten, die durch die Anwerbung des Personals und die Besorgung der notwendigen Papiere entstehen, als substantiierten Parteivortrag zu Grunde legt, gelangt man nach den eigenen Angaben des Beklagten allenfalls zu Kosten in Höhe von ein bis zwei Bruttomonatsgehältern pro Arbeitnehmer. Bei den im Arbeitsverhältnis der Parteien gezahlten Lohn können diese Kosten also maximal mit rund 4.000 Euro zu Buche geschlagen haben. Die in § 21 des Arbeitsvertrages vorgesehene Vertragsstrafe in Höhe einen halben Netto-Jahresgehalts ist demgegenüber unverhältnismäßig zu hoch. Erstinstanzlich hatte der Beklagte diesen Betrag auf rund 8.360 Euro beziffert und entsprechend eingeklagt. Das wäre mehr als doppelt so viel wie das freundlich geschätzte legitime Kosteninteresse des Arbeitgebers allenfalls betragen haben kann.

93

Unabhängig davon ist § 21 des Arbeitsvertrages aber auch unwirksam, weil durch diese Regelung der Arbeitnehmer im Sinne von § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt wird. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch steht es dem Arbeitnehmer jederzeit frei, sein Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen oder gegebenenfalls der vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen zu beenden. Das gilt insbesondere auch dann, wenn er für sich entschieden hat, zukünftig für den Auftraggeber seines Arbeitgebers tätig zu werden oder für ein Unternehmen, das mit dem Auftraggeber des Arbeitgebers Geschäftsbeziehungen pflegt. Diese Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers ist Ausdruck seiner grundgesetzlich verbürgten Berufsausübungsfreiheit (Artikel 12 GG).

94

Von diesem Modell eines Arbeitsvertrages weicht § 21 des hier streitigen Arbeitsvertrages unangemessen zu Lasten des Arbeitnehmers ab, denn dort wird dem Arbeitnehmer eine Einschränkung seiner Freiheit, sich seinen Arbeitgeber frei auszusuchen, vorgesehen, ohne dass der Arbeitnehmer für diese Einschränkung seiner Freiheit angemessen entschädigt wird. Die Vorstellung des Beklagten, er habe sozusagen ein Anrecht darauf, dass er die bei ihm tätigen Arbeitnehmer an den Auftragsnachfolger – man muss es wohl so ausdrücken – verkaufen können müsse, findet in der Rechtsordnung keine Stütze.

2.

95

Der Beklagte hat gegen den Kläger auch keinen Anspruch auf Schadensersatz.

96

Für diese Feststellung kann hier zu Gunsten des Beklagten unterstellt werden, dass der Kläger gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers (§ 241 Absatz 2 BGB) verstoßen hat, indem er sich bereit erklärt hat, ohne Einhaltung der Kündigungsfrist, die Arbeitsleistung für den Beklagten mit Ablauf des August 2013 einzustellen. Denn es ist nicht erkennbar, welcher Schaden dem Beklagten dadurch entstanden sein soll.

97

Bereits gegen Ende Juli 2013 hatte LFW unmissverständlich klar gemacht, dass weitere Verhandlungen über bessere Preise sinnlos seien. Seit Ende Juli 2013 wusste der Beklagte auch, dass die Firma W. ihn aus den Aufträgen bei LFW verdrängt hatte. In dieser Situation hätte der Beklagte den Kläger ab September 2013 vergüten müssen, ohne dass er ihn sinnvoll hätte einsetzen können. Diese Kosten sind dem Beklagten durch den vom Kläger mit bewirkten Betriebsübergang auf W. erspart worden. Es ist nicht erkennbar, dass ein möglicher Schaden des Beklagten durch den aus seiner Sicht nicht gewollten Betriebsübergang die ihm dadurch ersparten Kosten übersteigt.

98

Der Beklagte sieht sich dadurch geschädigt, dass ihm durch das Verhalten der Arbeitnehmer Gewinn entgangen ist, den er ansonsten hätte erzielen können. Als entgangen gilt ein Gewinn nach § 252 BGB jedoch nur dann, wenn er nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden könnte. Derartige Feststellungen können vorliegend nicht getroffen werden.

99

Bei allem Respekt für den Einsatz des Beklagten für eine bessere Vergütung der erbrachten Leistung durch LFW muss doch festgehalten werden, dass der Kampf um bessere Preise unabhängig von der Entwicklung, die schließlich den Betriebsübergang bewirkt hat, bereits seit etwa Mitte Juli 2013 verloren war. LFW hatte die Verhandlungen über die Weiterführung des Auftrages als beendet erklärt, was angesichts der Gesamtumstände auch nicht zu verwundern vermag. Das unternehmerische Konzept, Teilleistungen aus dem eigenen Produktionsprozess auszugliedern und per Werk- oder Dienstvertrag von Dritten erledigen zu lassen, dient bekanntermaßen in erster Linie dem Ziel, die unternehmerischen Kosten zu senken. Und diese Kostensenkung wird auch dadurch ermöglicht, dass man versucht, die für den Hauptunternehmer tätigen Subunternehmer austauschbar zu halten, damit deren Erwartungen an die eigenen Einkommensmöglichkeiten nicht zu optimistisch werden. Wenn nun ein Insolvenzverwalter in der Position des Subunternehmers die Regeln des Marktes ignorierend den Mut zeigt, sich den Preisvorgaben des Hauptunternehmers entgegen zu stellen, darf er sich nicht wundern, wenn dieser – vielleicht sogar kurzfristig gegen die eigene wirtschaftliche Vernunft handelnd – auf jeden Fall versuchen wird, diese Rechtsbeziehung schnellstmöglich und endgültig zu beenden.

100

Damit steht für das Gericht fest, dass jedenfalls nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge der beklagte Insolvenzverwalter nicht auf gewinnbringende Nachverhandlungen hoffen durfte. Es sind aber auch keine getroffenen Anstalten und Vorkehrungen erkennbar, die den erhofften Gewinn hätten einbringen können, wenn nur die Arbeitnehmer alle beim Beklagten geblieben wären.

IV.

101

Die Kostenentscheidung berücksichtigt das Obsiegen und Unterliegen der Parteien (§ 92 ZPO). Der Beklagte hat hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages obsiegt, was wirtschaftlich mit 4.650,00 Euro zu bewerten ist (3 x 1.550,00 Euro), sowie hinsichtlich des Augustentgelts mit einem Anteil in Höhe von 226,50 Euro. Bei einem Gesamtstreitwert von 13.335,74 Euro ergibt sich ein Obsiegensanteil in Höhe von rund 36 Prozent. Dementsprechend ist auch die Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts abzuändern.

102

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 18. Aug. 2015 - 2 Sa 69/14

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Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt. Besteht die geschuldete Leist

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Bundesgerichtshof Urteil, 23. Jan. 2003 - VII ZR 210/01

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL VII ZR 210/01 Verkündet am: 23. Januar 2003 Fahrner, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGB

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Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 25. Februar 2010 - 5 Sa 1567/09 - aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das

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(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 25. Februar 2010 - 5 Sa 1567/09 - aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 22. Oktober 2009 - 9 Ca 51/09 - mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 1 des Tenors des Urteils zur Klarstellung wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass das zwischen der Klägerin und der H GmbH begründete Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten fortbesteht.

Der Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin auf den Beklagten und dessen Verpflichtung zu ihrer Weiterbeschäftigung.

2

Die Klägerin trat zum 1. Oktober 1992 in ein Arbeitsverhältnis bei der H GmbH (im Folgenden: H GmbH) als Hausdame ein.

3

Die H GmbH betrieb als Pächterin das F-Hotel, das sich auf dem Grundstück G befindet. Eigentümerin dieses Grundstücks ist die Firma I GmbH (im Folgenden: I GmbH).

4

Nachdem ein Gläubiger der I GmbH aufgrund einer eingetragenen Grundschuld gegen diese Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet hatte, bestellte das Amtsgericht Hannover mit Beschluss vom 3. Januar 2008 den Beklagten zum Zwangsverwalter des Grundbesitzes G.

5

Zunächst zahlte die H GmbH den monatlich geschuldeten Pachtzins weiter, stellte jedoch im Verlauf des Jahres 2008 die Zahlung an den Beklagten ein. Zum 10. Dezember 2008 war der Rückstand auf über 330.000,00 Euro angewachsen, so dass der Beklagte mit Schreiben vom selben Tage die fristlose Kündigung des Pachtvertrags erklärte, zur Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts eine Frist bis zum 28. Februar 2009 setzte und das Vermieterpfandrecht geltend machte.

6

Da eine Räumung des Grundstücks nicht erfolgte, erhob der Beklagte vor dem Landgericht Hannover Räumungsklage. Mit rechtskräftig gewordenem Versäumnisurteil vom 22. April 2009 verurteilte das Landgericht Hannover die H GmbH, das Grundstück G an den Beklagten herauszugeben.

7

Nachdem der Beklagte das Amtsgericht Hannover als Vollstreckungsgericht davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass mit der Räumung des Zwangsverwaltungsobjekts die Einstellung des Geschäftsbetriebs verbunden wäre, genehmigte das Amtsgericht Hannover mit Beschluss vom 29. Mai 2009 dem Beklagten gemäß § 10 Zwangsverwalterverordnung(ZwVwV) die Fortführung des gewerblichen Hotelbetriebs. Zur Begründung ist im Beschluss ua. ausgeführt, dass die Einstellung des Geschäftsbetriebs weder im Interesse der Gläubiger noch der Schuldnerin wäre.

8

Da die H GmbH auch auf ein Urteil des Landgerichts Hannover das Grundstück nicht räumte, betrieb der Beklagte gegen die H GmbH die Zwangsräumung. Am 18. Juni 2009 setzte der Gerichtsvollzieher die H GmbH aus dem Besitz der Hotelräumlichkeiten und wies den Beklagten in die Räume ein. Dazu übergab der Gerichtsvollzieher dem Beklagten die Generalschlüsselkarte des Hotels und vier Generalschlüssel.

9

Zur Fortführung des Hotelbetriebs schloss der Beklagte in der Folgezeit mit allen Mitarbeitern des F-Hotels außer der Klägerin neue Arbeitsverträge. Das Hotel wird vom Beklagten unter dem bisherigen Namen „F“ fortgeführt.

10

Mit Schreiben vom 24. Juni 2009 unterrichtete die H GmbH die Klägerin über den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Beklagten. Auszugsweise lautet das Schreiben:

        

„Sehr geehrte Frau Fa,

        

das F Hotel geht auf den neuen Arbeitgeber, Herrn Dr. N als Zwangsverwalter über.

        

Der neue Arbeitgeber trägt die Bezeichnung Herr Dr. N, als Zwangsverwalter G und hat seinen Sitz in Ha.

        

Der Betriebsübergang wurde am 18.06.2009 vollzogen.

        

Rechtliche Grundlage des Überganges ist die Herausgabe des Geschäftsbetriebes.

        

Die Arbeitsbedingungen gelten aufgrund des Arbeitsvertrages und der anwendbaren Tarifverträge weiter.“

11

Die Klägerin meint, ihr Arbeitsverhältnis sei auf den Beklagten übergegangen, da die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB vorlägen.

12

Die Klägerin hat zuletzt beantragt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass das zwischen der Klägerin und der H GmbH begründete Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten fortbesteht.

        

2.    

Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Hausdame weiterzubeschäftigen.

13

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

14

Er vertritt die Ansicht, ein „Betriebsübergang nach § 613a BGB“ liege mangels eines Übergangs „durch Rechtsgeschäft“ nicht vor. Der Beklagte leite seine Rechte zur Fortführung des Hotelbetriebs allein aus Hoheitsakten, nämlich der Anordnung der Zwangsverwaltung und der Genehmigung der Führung des Hotelbetriebs durch das Amtsgericht Hannover her.

15

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter, während der Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Ihr Arbeitsverhältnis ist im Wege eines Betriebsübergangs auf den Beklagten übergegangen.

17

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: § 613a BGB sehe als Voraussetzung für einen Betriebsübergang vor, dass der Übergang durch ein Rechtsgeschäft erfolge. Das Merkmal durch „Rechtsgeschäft“ diene der Abgrenzung von Übergängen aufgrund Gesetzes und hoheitlicher Maßnahmen. Bei der Anordnung einer Zwangsverwaltung eines Grundstücks bewirke dies nur die Beschlagnahme dieses Grundstücks und der in §§ 20 f., 148 Abs. 1 ZVG näher bezeichneten Gegenstände. Soweit der Zwangsverwalter zur Fortführung des Gewerbebetriebs Gegenstände oder Rechte des Schuldners benötige, die nicht der Beschlagnahme durch die Zwangsverwaltung unterliegen, müsse er Verträge mit dem Schuldner abschließen. Eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem Schuldner als „Veräußerer“ und dem Zwangsverwalter als „Erwerber“ bestehe erst dann, wenn der Zwangsverwalter Rechtsgeschäfte zur Nutzung der nicht von der Beschlagnahme erfassten Gegenstände und Rechte mit dem Schuldner abschließe. Zwar könnten solche Vereinbarungen auch stillschweigend getroffen werden, jedoch sei eine entsprechende Willensbekundung des Schuldners notwendig. Fehle diese, liege auch kein Rechtsgeschäft im Sinne von § 613a BGB vor. Eine Willensbekundung allein durch den Zwangsverwalter genüge nicht, um die Rechtsfolgen des § 613a BGB auszulösen. Da eine Willensbekundung der H GmbH nicht festzustellen sei, scheide ein Rechtsgeschäft und damit auch ein Betriebsübergang nach § 613a BGB aus. Davon abgesehen liege ein hoheitlicher Übertragungsvorgang vor. Der Beklagte habe den von ihm fortgeführten Hotelbetrieb im Wege der Zwangsvollstreckung erhalten. Wesentliche Grundlage für die Befugnis, den Hotelbetrieb fortzusetzen, sei der Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 29. Mai 2009 gewesen. Die an der zweckmäßigen Nutzung des Gewerbebetriebs orientierte Gerichtsentscheidung (§ 10 ZwVwV) habe hoheitlichen Charakter, selbst wenn sie auf einem Antrag und Willensentschluss des Zwangsverwalters beruhe. Ein Rechtsgeschäft im Sinne von § 613a BGB liege damit nicht vor, weshalb mangels Betriebsübergangs das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht auf den Beklagten übergegangen sei.

18

II. Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

19

1. Die zulässige Feststellungsklage ist begründet. Das ursprünglich mit der H GmbH begründete Arbeitsverhältnis der Klägerin ist im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Beklagten übergegangen und besteht mit diesem fort.

20

a) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts sind die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 BGB gegeben.

21

aa) Ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit „Betrieb“ bei einem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falles. Als Teilaspekte der Gesamtwürdigung zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang materieller Betriebsmittel wie bewegliche Güter und Gebäude, der Wert immaterieller Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen ergeben, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (BAG 13. Dezember 2007 - 8 AZR 937/06 - mwN, AP BGB § 613a Nr. 341 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 88).

22

In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte.

23

Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs ein. Voraussetzung ist, dass der bisherige Inhaber seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb einstellt und der Übernehmer die wirtschaftliche Einheit im Wesentlichen unverändert fortführt. Maßgebliches Kriterium für den Übergang ist die tatsächliche Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es wegen des Merkmals der Fortführung des Betriebs nicht (vgl. BAG 6. April 2006 - 8 AZR 222/04 - BAGE 117, 349 = AP BGB § 613a Nr. 299 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 49). Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn der Inhaber des Betriebs wechselt, indem der Erwerber unter Wahrung der Betriebsidentität an die Stelle des Veräußerers tritt. Maßgeblich ist die Weiterführung der Geschäftstätigkeit durch diejenige Person, die nunmehr für den Betrieb als Inhaber „verantwortlich“ ist (BAG 15. Dezember 2005 - 8 AZR 202/05 - AP BGB § 613a Nr. 294). Verantwortlich ist die Person, die den Betrieb im eigenen Namen führt und nach außen als Betriebsinhaber auftritt (vgl. BAG 20. März 2003 - 8 AZR 312/02 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 7).

24

bb) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfalle ein Betriebsübergang iSd. § 613a BGB vor.

25

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts führt der Beklagte den Hotelbetrieb des F-Hotels fort. Dies ist auch zwischen den Parteien unstreitig. Insbesondere tritt der vom Beklagten geführte Hotelbetrieb am Markt unverändert als „F-Hotel“ auf. Damit nutzt der Beklagte die vom vorherigen Betriebsinhaber erreichte Marktstellung. Ziel der unternehmerischen Tätigkeit bleibt nach wie vor die Bereitstellung von Tagungsräumen, Unterkünften, Freizeiteinrichtungen sowie die Verpflegung der Hotelgäste. Da bei betriebsmittelgeprägten Betrieben, wozu auch Hotelkomplexe gehören, die sächlichen Betriebsmittel wie Gebäude und Einrichtungsgegenstände prägend sind (vgl. BAG 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - AP BGB § 613a Nr. 353 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 95) ist entscheidend, dass der Beklagte den gesamten Gebäudekomplex mit Einrichtungsgegenständen für den Betrieb des F-Hotels unverändert nutzt. Eine Unterbrechung der Tätigkeit im Hotelbetrieb ergibt sich nicht und wird vom Beklagten auch nicht behauptet. Keine ausschlaggebende Bedeutung kommt demgegenüber der Übernahme sämtlicher Arbeitnehmer - mit Ausnahme der Klägerin - zu, da es sich bei Mitarbeitern von Hotels nicht um Spezialisten handelt, deren Fachkenntnisse für die Betriebsführung von ausschlaggebender Bedeutung sind und die nur mit besonderem Aufwand auf dem Arbeitsmarkt zu gewinnen sind (vgl. BAG 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - aaO).

26

Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts liegt auch ein Betriebsübergang „durch Rechtsgeschäft“ im Sinne von § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vor.

27

Nach dem Wortlaut des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfasst die Norm nur den Übergang „durch Rechtsgeschäft“. Das Tatbestandsmerkmal des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB „durch Rechtsgeschäft“ ist weit zu verstehen. Der Begriff „Rechtsgeschäft“ erfasst alle Fälle einer Fortführung der wirtschaftlichen Einheit im Rahmen vertraglicher und sonstiger rechtsgeschäftlicher Beziehungen, ohne dass unmittelbar Vertragsbeziehungen zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber bestehen müssen (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 917/06 - mwN, AP BGB § 613a Nr. 333 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 82). Das Tatbestandsmerkmal soll den Anwendungsbereich der Vorschrift nicht einschränken, sondern ihn gegenüber den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge und der Übertragung aufgrund Hoheitsaktes abgrenzen (vgl. BAG 6. April 2006 - 8 AZR 222/04 - BAGE 117, 349 = AP BGB § 613a Nr. 299 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 49). Die unmittelbare Anwendung der Norm soll dann - und nur dann - ausscheiden, wenn der Übergang von Arbeitsverhältnissen direkt auf gesetzlicher Grundlage bzw. auf Grundlage eines Hoheitsaktes und ohne Zwischenschaltung eines Rechtsgeschäfts erfolgt (vgl. HWK/Willemsen 4. Aufl. § 613a BGB Rn. 186, 192). Letztlich ist das Merkmal „durch Rechtsgeschäft“ untechnisch als „derivativer Erwerb“ der Betriebsinhaberstellung zu verstehen (vgl. ErfK/Preis 11. Aufl. § 613a BGB Rn. 59), weshalb es auch keiner unmittelbaren rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zwischen dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber bedarf (vgl. BAG 25. Februar 1981 - 5 AZR 991/78 - BAGE 35, 104 = AP BGB § 613a Nr. 24 = EzA BGB § 613a Nr. 28). Auch die Richtlinie 2001/23/EG setzt nicht voraus, dass zwischen Veräußerer und Erwerber unmittelbare vertragliche Beziehungen bestehen. Daher werden auch Fälle erfasst, in denen der Betrieb vom bisherigen Pächter an einen neuen Pächter übergeben (vgl. BAG 25. Februar 1981 - 5 AZR 991/78 - aaO) oder der verpachtete Betrieb an den Verpächter zurückgegeben wird, wobei ein Betriebsübergang auf den Verpächter nur dann vorliegt, wenn dieser den Betrieb tatsächlich selbst weiterführt (vgl. BAG 18. März 1999 - 8 AZR 159/98 - BAGE 91, 121 = AP BGB § 613a Nr. 189 = EzA BGB § 613a Nr. 177).

28

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hätte das Landesarbeitsgericht einen Betriebsübergang „durch Rechtsgeschäft“ nicht verneinen dürfen.

29

Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Anordnung der Zwangsverwaltung eines Grundstücks die Beschlagnahme des Grundstücks und der in §§ 20 f., 148 ZVG näher bezeichneten Gegenstände bewirkt. Nur insoweit wird dem Schuldner die Verwaltung und Nutzung gemäß § 148 Abs. 2 ZVG entzogen und dem Zwangsverwalter übertragen. Ein Eintritt des Zwangsverwalters in die schuldrechtlichen Verträge des Schuldners mit Dritten ist damit grundsätzlich nicht verbunden. Soweit der Zwangsverwalter zur Fortführung des Gewerbebetriebs Gegenstände oder Rechte des Schuldners benötigt, die nicht der Beschlagnahme durch die Zwangsverwaltung unterliegen, muss er entsprechende Verträge mit dem Schuldner abschließen. Werden - ggf. auch stillschweigend - solche Vereinbarungen geschlossen, stellen diese eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem Schuldner als „Veräußerer“ und dem Zwangsverwalter als „Erwerber“ her, die das Merkmal des Rechtsgeschäfts im Sinne von § 613a BGB ausfüllt(vgl. BAG 9. Januar 1980 - 5 AZR 21/78 - AP BGB § 613a Nr. 19 = EzA BGB § 613a Nr. 25; 14. Oktober 1982 - 2 AZR 811/79 - AP BGB § 613a Nr. 36 = EzA BGB § 613a Nr. 38).

30

Soweit das Landesarbeitsgericht diese Rechtsprechung, die den Fall betrifft, dass Schuldner und „Veräußerer“ personenidentisch sind, auf den Streitfall anwendet und das Fehlen vertraglicher Beziehungen zwischen Betriebsveräußerer und dem Beklagten als Zwangsverwalter feststellt, übersieht das Landesarbeitsgericht, dass vorliegend nicht der Schuldner Betriebsveräußerer ist, sondern als Betriebsveräußerin nur die H GmbH in Betracht kommt, die das Hotel auf dem Grundstück der I GmbH (Schuldnerin) gepachtet hatte. Die H GmbH nutzt damit das in besonderer Weise für den gewerblichen Betrieb ausgebaute Grundstück als Pächter. Für den betriebsmittelgeprägten Hotelbetrieb sind die Gebäude von zentraler Bedeutung. Der Pächter ist dann Betriebsinhaber, wenn er den Betrieb - wie vorliegend die H GmbH - im eigenen Namen führt. Für den Fall des Bestehens eines Miet- oder Pachtvertrags trifft § 152 Abs. 2 ZVG für die Zwangsverwaltung eine Sonderregelung. Er bestimmt, dass Miet- und Pachtverträge auch dem Verwalter gegenüber wirksam sind, wenn das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen worden ist. In diesem Falle tritt der Zwangsverwalter in gültige Miet- und Pachtverträge ein. Er hat alle Rechte und Pflichten des Schuldners vor der Beschlagnahme. Er kann daher alle Rechte aus dem fortbestehenden Vertragsverhältnis geltend machen (BGH 9. März 2005 - VIII ZR 330/03 - NJW-RR 2005, 1029). So ist der Zwangsverwalter auch berechtigt, gegen den Mieter bzw. Pächter die Zwangsvollstreckung zu betreiben oder den Miet- bzw. Pachtvertrag nach den gesetzlichen oder vertraglichen Bedingungen zu kündigen (vgl. BGH 9. März 2005 - VIII ZR 330/03 - aaO).

31

Die I GmbH hatte das mit dem Hotelkomplex bebaute Grundstück vor der Beschlagnahme an die H GmbH verpachtet. Folglich trat der Beklagte als Zwangsverwalter in das Pachtverhältnis zwischen der I GmbH (Schuldnerin) und der H GmbH ein und erlangte alle Rechte als Verpächter, die zuvor der I GmbH zugestanden hatten. Damit liegt eine grundsätzlich andere Ausgangslage vor, als sie der Rechtsprechung des 5. Senats (BAG 9. Januar 1980 - 5 AZR 21/78 - AP BGB § 613a Nr. 19 = EzA BGB § 613a Nr. 25) zugrunde lag. Zum Zwangsverwalter war der Beklagte zwar durch öffentlich-rechtlichen Hoheitsakt bestellt worden, er übte jedoch in Bezug auf den Pachtvertrag der Schuldnerin als Verpächterin privatrechtliche Befugnisse aus (vgl. Stöber ZVG 19. Aufl. § 152 ZVG Rn. 2; Böttcher/Keller in Böttcher ZVG 5. Aufl. § 152 ZVG Rn. 5).

32

Da § 152 Abs. 2 ZVG den Eintritt des Beklagten in das zwischen der Schuldnerin und der H GmbH geschlossene Pachtverhältnis anordnet, besteht keine grundsätzlich andere Situation als in den sonstigen Fällen der Rückgabe eines verpachteten Betriebs an den Verpächter nach Ablauf des Pachtverhältnisses verbunden mit einer tatsächlichen Fortführung des Betriebs durch den bisherigen Verpächter. Der Beklagte hatte den Pachtvertrag mit Schreiben vom 10. Dezember 2008 gekündigt, wozu er nach Maßgabe von § 152 Abs. 1, 2 ZVG befugt war. Indem er das Pachtobjekt nach erfolgter Zwangsvollstreckung (zurück)erhalten hatte, konnte er alle wesentlichen Betriebsmittel, insb. den gesamten Gebäudekomplex nutzen, um mit diesen die arbeitstechnischen Zwecke des Betriebs (Bereitstellung von Tagungsräumen, Unterkünften, Freizeiteinrichtungen sowie die Verpflegung der Hotelgäste) weiterzuverfolgen. Von dieser Nutzungsmöglichkeit hat der Beklagte auch Gebrauch gemacht. Zu der Fortführung des Hotelbetriebs war der Beklagte in seiner Funktion als Zwangsverwalter auch grundsätzlich befugt (vgl. BGH 14. April 2005 - V ZB 16/05 - BGHZ 163, 9). Er führte den Hotelbetrieb in eigener Verantwortung ohne Eintritt einer zeitlichen Unterbrechung weiter. Wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat, liegt ein rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang auch bei einem „Rückfall“ eines Betriebs auf den Verpächter vor, wenn dieser den Betrieb tatsächlich selbst weiterführt (vgl. BAG 18. März 1999 - 8 AZR 159/98 - BAGE 91, 121 = AP BGB § 613a Nr. 189 = EzA BGB § 613a Nr. 177).

33

Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen, ob der Zwangsverwalter den Betrieb selbst fortführt oder an einen Dritten verpachtet. Wenn er ihn nicht selbst fortführt, sondern an einen Dritten verpachtet, findet § 613a BGB Anwendung. Nichts anderes kann gelten, wenn der Zwangsverwalter den Betrieb selbst fortführt (vgl. Staudinger/Annuß [2011] § 613a BGB Rn. 131; vgl. auch Birkholz Betriebsübergang nach § 613a BGB in der Insolvenz S. 108, 117 ff.), nachdem der Pachtvertrag durch Kündigung beendet wurde. Dabei ist es unerheblich, dass dem Beklagten die rechtsgeschäftlichen Befugnisse als Verpächter erst durch § 152 Abs. 2 ZVG eingeräumt werden. Denn der Zwangsverwalter übt nur die privatrechtlichen Befugnisse aus, wie sie sich aus dem Pachtverhältnis ergeben und es Zweck und Ausmaß der Zwangsverwaltung erfordern. Ohne Belang ist auch, dass der Beklagte die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Betriebsmittel und damit die tatsächliche Fortführungsmöglichkeit erst durch Zwangsräumung am 18. Juni 2009, also infolge der Zwangsvollstreckung, erhalten hat. Dass der Beklagte die ihm zustehenden Rechte zunächst gerichtlich und anschließend noch mittels Zwangsvollstreckung durchsetzen musste, ändert an deren rechtsgeschäftlichem Charakter nichts.

34

Auch der Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 29. Mai 2009, der dem Beklagten nach § 10 ZwVwV die Fortführung des gewerblichen Hotelbetriebs genehmigte, machte den Übertragungsvorgang nicht zu einem hoheitlichen Akt.

35

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZwVwV hat der Zwangsverwalter die vorherige Zustimmung des Gerichts einzuholen, wenn er eine wesentliche Änderung der nach § 5 ZwVwV gebotenen Nutzung, dh. Vermietung oder Verpachtung, herbeiführen will. Dies wird der Zwangsverwalter dann in Betracht ziehen, wenn es dem Ziel dient, das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgemäß zu benutzen (§ 152 Abs. 1 ZVG). Mit Zustimmung des Gerichts kann der Verwalter grundsätzlich alle wirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen treffen (HK-ZV/Sievers § 152 ZVG Rn. 14). § 10 ZwVwV ergänzt dabei § 153 Abs. 1 ZVG, wonach das Vollstreckungsgericht den Verwalter nach Anhörung des Gläubigers und des Schuldners mit der erforderlichen Anweisung für die Verwaltung zu versehen hat. In § 153 ZVG kommt die verfahrensbeherrschende Stellung des Gerichts gegenüber dem Verwalter zum Ausdruck. Das Gericht hat die vorrangige Aufgabe, die Tätigkeit des Zwangsverwalters und die Rechtmäßigkeit seines Handelns zu überwachen, das mit dem Sinn der Zwangsverwaltung vereinbar sein muss (BGH 10. Dezember 2004 - IXa ZB 231/03 - BGHZ 161, 336). Das Aufsichtsrecht findet in § 153 Abs. 1 ZVG nur allgemein seinen Niederschlag und gibt Raum für eine Ausgestaltung im Einzelfall. Das Gericht muss beachten, dass der Verwalter sein Amt selbständig und eigenverantwortlich führt; es soll ihn in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht zu sehr beschränken (vgl. Böttcher/Keller in Böttcher ZVG § 153 ZVG Rn. 1, 2). Dieses Aufsichtsrecht des Gerichts gegenüber dem Zwangsverwalter hat aber keine Auswirkungen auf den rechtlichen Charakter der Handlungen des Zwangsverwalters. Das in § 10 ZwVwV näher ausgestaltete Aufsichtsrecht soll allein die Zielerreichung der Zwangsverwaltung sicherstellen. Auch wenn § 10 ZwVwV nicht den Begriff der „Anweisung“ verwendet, handelt es sich bei den Zustimmungsvorbehalten in § 10 ZwVwV um Einzelanweisungen im Sinne von § 153 Abs. 1 ZVG(vgl. Böttcher/Keller in Böttcher ZVG § 153 ZVG Rn. 5). Weicht der Zwangsverwalter von einer ihm erteilten Anweisung ab, so kann er sich schadensersatzpflichtig machen; ferner kann Zwangsgeld gegen ihn festgesetzt werden oder er kann entlassen werden, § 153 Abs. 2 ZVG(vgl. Böttcher/Keller in Böttcher ZVG § 153 ZVG Rn. 8). Die Wirksamkeit des Zwangsverwalterhandelns im Außenverhältnis (ggü. Gläubigern, Schuldnern und Dritten) wird nicht davon berührt, dass der Verwalter eine nach § 10 ZwVwV gebotene gerichtliche Zustimmung nicht eingeholt oder eine Anweisung unbeachtet gelassen oder gegen sie in Einzelheiten verstoßen hat. Aufgabenkreis und Handlungsfähigkeit des Zwangsverwalters sind durch eine gerichtliche Anweisung gesetzlich nicht beschränkt (vgl. Stöber ZVG § 153 ZVG Rn. 3; Böttcher/Keller in Böttcher ZVG § 153 ZVG Rn. 9).

36

Mit dem Beschluss vom 29. Mai 2009 hat das Amtsgericht Hannover allein von seinem Aufsichtsrecht nach § 153 Abs. 1 ZVG Gebrauch gemacht. Auf die Handlungsmöglichkeiten des Beklagten im Außenverhältnis zur H GmbH bzw. auf den Eintritt des Beklagten in das Pachtverhältnis nach § 152 Abs. 2 ZVG hatte der Beschluss keine Auswirkungen. Im Verhältnis zur H GmbH konnte der Beklagte frei handeln. Der Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 29. Mai 2009 räumte dem Beklagten im Außenverhältnis nicht erst eine besondere Befugnis ein. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es wegen des Merkmals der Fortführung des Betriebs ohnehin nicht (BAG 31. Januar 2008 - 8 AZR 2/07 - AP BGB § 613a Nr. 339). Für den Betriebsübergang entscheidend ist, dass die H GmbH als Betriebsinhaberin die wirtschaftliche Betätigung zur Führung des F-Hotels eingestellt hat und der Beklagte die Geschäftstätigkeit im eigenen Namen unter Wahrung der Identität des Betriebs „F-Hotel“ fortgesetzt hat. Damit trat er an die Stelle der H GmbH als Betriebsinhaber. Ob der Beklagte dabei subjektiv der Auffassung war, aufgrund seiner Verpflichtungen nach § 152 Abs. 1 ZVG zur Fortführung des Hotels verpflichtet zu sein, ist unerheblich. Entscheidend ist die tatsächliche Fortführung des Hotelbetriebs durch den Beklagten unter Wahrung der Identität des Betriebs. Letztlich geht auch der Bundesgerichtshof davon aus, dass sich die Aufrechterhaltung des Gewerbebetriebs des Schuldners durch den Zwangsverwalter selbst, verbunden mit der Übernahme der Betriebsorganisation und der Angestellten, „arbeitsrechtlich als Fortführung des schuldnerischen Betriebs darstellt“ ( BGH 14. April 2005 - V ZB 16/05 - BGHZ 163, 9).

37

b) Da die Klägerin zu keinem Zeitpunkt dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Beklagten widersprochen hat (§ 613a Abs. 6 BGB), steht ein Widerspruch dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Beklagten und damit der Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses mit diesem nicht entgegen.

38

2. Die zulässige Weiterbeschäftigungsklage ist ebenfalls begründet.

39

Der Beklagte ist zur Beschäftigung der Klägerin verpflichtet. Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf den Beklagten nach § 613a Abs. 1 BGB übergegangen ist, ist dieser Schuldner aller Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis geworden. Im nunmehr mit dem Beklagten fortbestehenden, ungekündigten Arbeitsverhältnis hat die Klägerin Anspruch auf tatsächliche vertragsgemäße Beschäftigung (vgl. BAG 27. Februar 1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122 = AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14 = EzA BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 9). Überwiegend schützenswerte Interessen des Arbeitgebers, die der Beschäftigung entgegenstehen könnten, hat der Beklagte nicht geltend gemacht.

40

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    F. Avenarius    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Das Urlaubsentgelt bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Zum Arbeitsentgelt gehörende Sachbezüge, die während des Urlaubs nicht weitergewährt werden, sind für die Dauer des Urlaubs angemessen in bar abzugelten.

(2) Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VII ZR 210/01 Verkündet am:
23. Januar 2003
Fahrner,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGB §§ 765, 768 Abs. 1 Satz 1, § 777; AGBG § 9 Abs. 1 Ch

a) Ist eine Bürgschaft auf erstes Anfordern wirksam erteilt worden und hat der Bürge
auf erstes Anfordern gezahlt, kann er diese Zahlung nicht allein deshalb zurückfordern
, weil der Schuldner nach der ergänzenden Auslegung der Sicherungsabrede
nur eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen hatte. Eine
Rückforderung scheidet aus, wenn der Gläubiger einen Anspruch auf Verwertung
der Bürgschaft besitzt (im Anschluß an BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - IX ZR
355/00, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

b) Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers enthaltene Vertragsstrafenklausel
in einem Bauvertrag benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen
, wenn sie eine Höchstgrenze von über 5 % der Auftragssumme vorsieht
(Aufgabe von BGH, Urteil vom 25. September 1986 - VII ZR 276/84, BauR
1987, 92, 98 = ZfBR 1987, 35).

c) Für vor dem Bekanntwerden dieser Entscheidung geschlossene Verträge mit einer
Auftragssumme von bis zu ca. 13 Millionen DM besteht grundsätzlich Vertrauensschutz
hinsichtlich der Zulässigkeit einer Obergrenze von bis zu 10 %. Der Verwender
kann sich jedoch nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn die Auftragssumme
den Betrag von 13 Millionen DM um mehr als das Doppelte übersteigt.
BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01 - KG Berlin
LG Berlin
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Januar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Kammergerichts vom 19. April 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen 103 des Landgerichts Berlin vom 12. Februar 1999 auch insoweit zurückgewiesen worden ist, als mit ihr ein Zahlungsanspruch in Höhe von 2.820.000 DM und 241.280,86 DM jeweils nebst Zinsen weiter verfolgt worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte beauftragte die T. GmbH (T. GmbH) mit der schlüsselfertigen Erstellung von 128 Wohneinheiten in vier Haustypen. Sie hat eine von der T. GmbH gestellte Bürgschaft der A. Bank (Bürgin) auf erstes
Anfordern in Anspruch genommen. Die Klägerin, die Muttergesellschaft der T. GmbH, hat die Rückbürgin befriedigt und verlangt mit der Behauptung, die Bürgschaft sei zu Unrecht in Anspruch genommen worden, in der Revision aus abgetretenem Recht der Bürgin und gepfändetem Recht der T. GmbH noch Zahlung der Bürgschaftssumme in Höhe von 2.820.000 DM sowie in Höhe von 241.280,86 DM Ersatz von Aufwendungen der T. GmbH anläßlich der Inanspruchnahme der Bürgschaft. Die Beklagte beauftragte die T. GmbH mit Generalunternehmervertrag vom 1. April 1993 mit der Errichtung der Wohneinheiten zum Pauschalfestpreis von 28.200.000 DM. Die VOB/B wurde vereinbart. Der Fertigstellungszeitpunkt sollte der 29. April 1994 sein. Der Vertrag enthielt u.a. folgende Regelungen: "§ 10 Vertragsstrafe
Der Auftragnehmer verpflichtet sich, bei Überschreitung der vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermine der Bauabschnitte gemäß Bauablaufplan (Anlage
7) eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,15 % des vereinbarten Pauschalpreises, bezogen auf den jeweiligen Bauabschnitt, gemäß § 4, für jeden Werktag der Verspätung zu zahlen, insgesamt aber höchstens 10 % des Pauschalpreises pro Bauabschnitt. Die Geltendmachung der Vertragsstrafe braucht sich der Auftraggeber noch nicht bei der Abnahme vorzubehalten. Er kann sie vielmehr bis zur Schlußzahlung geltend machen.
Verschiebt sich der Fertigstellungstermin aufgrund von Behinderungen oder Unterbrechungen , die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, so daß sich dadurch ein anderer Fertigstellungstermin ergibt, so wird die Vertragsstrafe bei Überschreitung dieses Fertigstellungstermins verwirkt.
§ 13 Bürgschaften
1. Der Auftragnehmer stellt dem Auftraggeber vor Beginn der Bauarbeiten, spätestens innerhalb von 14 Kalendertagen nach Vertragsschluß eine Bankbürgschaft über DM 2.820.000 als Sicherheit für die Erfüllung des Vertrages zur Verfügung.
Die Höhe der Bankbürgschaft reduziert sich nach Fertigstellung des I. und II. Bauabschnitts jeweils um 352.500 DM nach Fertigstellung des III., IV. und V. Bauabschnitts jeweils um 705.000 DM
sofern alle bei der Abnahme festgestellten Mängel beseitigt sind und der jeweilige mängelfreie Schlußabnahmeschein vorliegt. Der Auftraggeber wird gegenüber der Bank für die jeweils zu reduzierende Bürgschaftssumme eine Verzichtserklärung abgeben.
Mit der Fertigstellung und Beseitigung aller bei der Abnahme festgestellten Mängel des letzten Bauabschnitts ist die Bürgschaft zurückzugeben.
...
3. Die in Ziff. 1 und 2 genannten Bürgschaften müssen von einem deutschen Kreditinstitut abgegeben worden sein. Die Bürgschaften müssen den Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit und der Vorausklage enthalten; und außerdem müssen sie unbefristet und unwiderruflich sein.
Des weiteren müssen die in Ziff. 1 und 2 genannten Bürgschaften den Verzicht auf das Recht zur Hinterlegung und die Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern enthalten."
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte diese Regelungen mehrfach verwendet hat und darüber, ob sie im Einzelnen ausgehandelt worden sind. Die Beklagte erhielt eine Vertragserfüllungsbürgschaft der Bürgin auf erstes Anfordern über 2.820.000 DM. 1993/1994 wurden die einzelnen Bauabschnitte fertiggestellt. In den jeweiligen Abnahmeprotokollen behielt sich die Beklagte die Geltendmachung der Vertragsstrafe vor. Am 3. Mai 1995 nahm die Beklagte die Vertragserfüllungsbürgschaft über 2.820.000 DM in Anspruch, nachdem sie am 14. Oktober 1994 die Inanspruchnahme wegen einer von der T. GmbH zu zahlenden Vertragsstrafe in dieser Höhe angekündigt hatte. Die Bürgin war durch Rückbürgschaft gesichert. Die Klägerin hat die letzte Rückbürgin befriedigt. Ihr sind eventuelle Ansprüche der Bürgin aus der Inanspruchnahme der Bürgschaft abgetreten worden. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen vom 4. und 7. Juli 1995 wurden die Ansprüche der T. GmbH gegen die Beklagte über 2.820.000 DM und 4.500.000 DM, insbesondere auf Werklohnzahlung, Behinderungskosten, Auszahlung des Sicherungseinbehalts und auf Rückzahlung der Bürgschaftssumme gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen. In Höhe von jedenfalls 1.501.054,71 DM gehen dem andere Pfändungen vor. Die Klägerin hat aus den abgetretenen und gepfändeten Forderungen insgesamt 7.320.000 DM geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Nachdem der Senat die weitergehende Revision der Klägerin nicht angenommen hat, verfolgt diese noch die Ansprüche über 2.820.000 DM und 241.280,86 DM nebst Zinsen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils im angefochtenen Umfang und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf die Schuldverhältnisse finden die Gesetze in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe aus abgetretenem Recht der Bürgin kein Anspruch auf Zahlung von 2.820.000 DM zu. Die Sicherungsabrede sei wirksam, sie unterliege nicht der Kontrolle nach dem AGB-Gesetz. Die Klägerin habe den Vortrag, die Klauseln des Generalunternehmervertrages seien zur Disposition gestellt und damit ausgehandelt worden, nicht ausreichend bestritten. Die Vertragsstrafe sei von der Bürgschaft erfaßt. Die Bürgschaft habe die ordnungsgemäße Erfüllung von Ansprüchen der Beklagten sichern sollen. Dazu gehöre auch der Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe. Daß die Bürgschaft nach mängelfreier Herstellung der jeweiligen Abschnitte freizugeben sei, bedeute nicht, daß sie ausschließlich Ansprüche wegen Mängeln sichere. Denn insoweit werde nur eine Vereinbarung über die Verpflichtung zur Reduzierung getroffen, nicht über den Inhalt der Bürgschaft.
Die Vertragsstrafenvereinbarung sei wirksam. Auch sie unterliege nicht der Kontrolle nach dem AGB-Gesetz, weil die Beklagte ausreichend dargelegt habe, daß sie ausgehandelt gewesen sei. Die Vertragsstrafe sei bis zur Höchstgrenze von 2.820.000 DM verwirkt. Die T. GmbH habe die vereinbarten Fertigstellungstermine überschritten. Eine von ihr nicht zu vertretende Verzögerung habe sie nicht ausreichend dargetan. Die Beklagte habe sich die Ansprüche bei der Abnahme vorbehalten. Die Klägerin könne nicht Ersatz der Aufwendungen der T. GmbH wegen einer unberechtigten Inanspruchnahme der Bürgschaft verlangen. Denn die Bürgschaft sei zu Recht in Anspruch genommen worden.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten Stand.

A.

Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht der Bürgin einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 2.820.000 DM geltend. Die von ihr vorgebrachten Gründe sind teilweise geeignet, den Anspruch zu rechtfertigen. 1. Die Klägerin macht zunächst geltend, die Sicherungsabrede sei unwirksam , weil es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten handele und in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern nicht wirksam vereinbart werden könne. Sie könne die Zahlung zurückfordern, weil die T. GmbH keine Sicherheit geschuldet habe.
Damit hat sie keinen Erfolg.
a) Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die Sicherungs- abrede als Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten anzusehen ist, die nicht individuell ausgehandelt worden ist. In diesem Fall wäre zwar die Sicherungsabrede unwirksam, soweit eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern als Sicherungsmittel vereinbart war. Der Vertrag wäre jedoch ergänzend dahin auszulegen, daß die Stellung einer unbefristeten, selbstschuldnerische Bürgschaft vereinbart worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, BGHZ 150, 305 = BauR 2002, 1239, 1240 = NJW 2002, 2388; BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99, NZBau 2002, 559, 560 = ZfBR 2002, 784) .
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Bürge, der auf erstes Anfordern die Bürgschaftssumme an den Gläubiger zahlt, einen Rückforderungsanspruch, wenn und soweit der Gläubiger nach materiellem Bürgschaftsrecht keinen Anspruch auf die erhaltene Leistung hat (BGH, Urteil vom 28. September 2000 - VII ZR 460/97, BauR 2001, 109, 111 = NZBau 2001, 136 = ZfBR 2001, 31; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - IX ZR 355/00 m.w.N., WM 2002, 2498). Dem Bürgen stehen gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB die Einwendungen des Schuldners aus der Sicherungsabrede mit dem Gläubiger zu. Hat der Bürge eine Sicherung gewährt, zu deren Beibringung der Hauptschuldner sich nicht oder nicht wirksam verpflichtet hatte, so kann sich der Bürge gegenüber dem Leistungsverlangen des Gläubigers auf den Inhalt der Sicherungsabrede zwischen Gläubiger und Hauptschuldner berufen. Das folgt aus dem Sinn und Zweck des Akzessorietätsgedankens, der sicherstellen soll, daß der Bürge grundsätzlich nicht mehr zu leisten hat als der Hauptschuldner (BGH, Urteil vom 20. April 1989 - IX ZR 212/88, BGHZ 107, 210, 214; Urteil
vom 10. Februar 2000 - IX ZR 397/98, BGHZ 143, 381, 384; Urteil vom 08.03.2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99, 102).
c) Die Bürgin kann sich danach grundsätzlich darauf berufen, daß die T. GmbH lediglich eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schuldete, nicht jedoch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern. Mit diesem Einwand hätte die Bürgin die erste Anforderung zurückweisen können, sofern er liquide beweisbar gewesen wäre (BGH, Urteil vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 148, 99, 102). Der Einwand wirkt sich nach Zahlung auf erstes Anfordern jedoch nicht in der Weise aus, daß die ausgezahlte Bürgschaftssumme ungeachtet der Frage, ob nach der Sicherungsvereinbarung eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft geschuldet war, zurückzuzahlen wäre. Denn die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist kein Sicherungsmittel eigener Art, sondern lediglich eine den Gläubiger besonders privilegierende Form der Bürgschaftsverpflichtung (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 24/98, NJW 1999, 2361, 2363). Daraus folgt, daß ein Rückforderungsrecht des Hauptschuldners nach erfolgter Zahlung auf erstes Anfordern aus der Sicherungsabrede nur besteht, wenn der Sicherungsfall nicht eingetreten ist, dagegen nicht schon wegen Verletzung der bei der Anforderung der Bürgenleistung einzuhaltenden Förmlichkeiten (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - IX ZR 355/00, WM 2002, 2498). Daraus folgt aber auch, daß der Hauptschuldner die Rückzahlung nicht allein deshalb verlangen kann, weil nach der Sicherungsabrede die Bürgschaft nicht unter den privilegierenden Voraussetzungen hätte angefordert werden dürfen. Denn nach der Sicherungsabrede schuldete er eine Sicherung als unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft. Er hätte dem Gläubiger eine solche Bürgschaft stellen müssen, wobei davon auszugehen ist, daß mit der Bürgschaft auf erstes Anfordern im Zweifel gleichzeitig eine Bürgschaft gestellt ist, mit der sich der Bürge zur Zahlung auch dann verpflichten wollte, wenn eine erste Anforderung unzulässig war (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR
24/98, NJW 1999, 2361, 2363). Es wäre mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren , wenn der Gläubiger zur Rückzahlung der auf erstes Anfordern ausgezahlten Bürgschaftssumme verpflichtet würde, obwohl fest steht, daß der Gläubiger den Bürgen aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft in Anspruch nehmen kann. Eine Rückforderung scheidet deshalb aus, wenn die selbstschuldnerische Bürgschaft den geltend gemachten Anspruch sichert und der Gläubiger einen fälligen Anspruch gegen den Bürgen hat. Der Umstand, daß die Bürgschaft abredewidrig auf erstes Anfordern geltend gemacht wurde, kann Schadensersatzansprüche gegen den Gläubiger oder den Bürgen auslösen, rechtfertigt allein jedoch nicht das Rückzahlungsverlangen (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - IX ZR 355/00, aaO). 2. Maßgeblich für den Erfolg der Klage auf Rückzahlung der Bürgschaftssumme ist daher allein, ob die Beklagte einen Anspruch auf Verwertung der Bürgschaft besitzt. Insoweit rügt die Klägerin zunächst, daß die Vertragsstrafe nach der Sicherungsvereinbarung nicht gesichert gewesen sei. Diese Rüge hat nur insoweit Erfolg, als nicht feststeht, ob die Vertragsstrafe rechtzeitig in Anspruch genommen worden ist. Der Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe ist durch die Bürgschaft abgesichert. Die Bürgschaftsverpflichtung ist jedoch zeitlich begrenzt durch die Zeitpunkte, in denen die Bürgschaft zu reduzieren bzw. zurückzugeben war.

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Bürgschaft in dem Umfang übernommen werden sollte, wie sie nach der Sicherungsabrede zu stellen war. Das ergibt sich aus der Bürgschaftsurkunde vom 13. Juli 1993,
die sowohl auf den Generalunternehmervertrag als auch ausdrücklich auf die Regelung des § 13 Nr. 1 dieses Vertrages Bezug nimmt.
b) Nach der Sicherungsabrede hatte die T. GmbH eine Sicherheit für die Erfüllung des Vertrages zur Verfügung zu stellen. Die Vertragserfüllungsbürgschaft sichert vorbehaltlich abweichender Vereinbarung auch den Anspruch des Gläubigers auf Zahlung einer Vertragsstrafe (BGH, Urteil vom 7. Juni 1982 - VIII ZR 154/81, BauR 1982, 506, 507 = NJW 1982, 2305; Urteil vom 15. März 1990 – IX ZR 44/89, NJW-RR 1990, 811 = WM 1990, 841).
c) Der Sicherungsabrede läßt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht entnehmen, daß die Bürgschaft nur die ordnungsgemäße Erfüllung von Ansprüchen auf Erbringung der Werkleistungen absichert. Das folgt nicht aus der Vereinbarung, daß sich die Bürgschaft um die vertraglich festgelegten Beträge reduziert, wenn die Bauabschnitte fertiggestellt und sofern alle bei der Abnahme festgestellten Mängel beseitigt sind und der jeweilige Schlußabnahmeschein vorliegt sowie der Vereinbarung, daß mit der Fertigstellung und Beseitigung aller bei der Abnahme festgestellten Mängel des letzten Bauabschnitts die Bürgschaft zurückzugeben ist. Diese Regelung hat nicht den Sinn, den Sicherungsumfang der Vertragserfüllungsbürgschaft zu beschränken. Die von der Revision gesehene Verknüpfung der für die Reduzierung bzw. Rückgabe maßgeblichen Umstände mit den gesicherten Ansprüchen besteht nicht. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß mit der Beseitigung aller Mängel und der Fertigstellung des Bauwerks auch die Sicherung solcher Ansprüche entfallen soll, die durch eine Vertragserfüllungsbürgschaft allgemein gesichert sind. Das würde z.B. bedeuten, daß die Sicherung auch für Ansprüche aus Mangelfolgeschäden entfällt, wenn der Mangel beseitigt ist. Eine derartige Auslegung wäre nicht interessengerecht. Die Erfüllungsbürgschaft bezweckt gerade bei fristgerechter Inanspruchnahme eine umfassende und bleibende Sicherung des
Gläubigers für während ihrer Geltung fällig gewordene vertragliche Ansprüche (vgl. BGH, Urteil vom 24.09.1998 - IX ZR 371/97, BGHZ 139, 325, 329). Vielmehr enthält die Vereinbarung über die Reduzierung und Rückgabe der Bürgschaft eine von den genannten Bedingungen abhängige zeitliche Begrenzung der Verpflichtung aus der Bürgschaft. Die Vertragsparteien haben, differenziert nach Bauabschnitten, den Endzeitpunkt bestimmt, zu dem die Vertragserfüllungsbürgschaft in Anspruch genommen werden darf. Da eine Rückgabe der Bürgschaft erst nach Fertigstellung des letzten Bauabschnitts in Frage kam, war die Beklagte verpflichtet, zuvor Verzichtserklärungen abzugeben. Aus diesem Regelungszusammenhang ergibt sich, daß die Beklagte die Bürgschaft wegen der fälligen Ansprüche aus Vertragsverletzungen bei der Errichtung der einzelnen Bauabschnitte solange in Anspruch nehmen durfte, solange sie nicht verpflichtet war, eine Verzichtserklärung abzugeben bzw. letztlich die Bürgschaft zurückzugeben. Auf eine derartige Bürgschaftserklärung ist uneingeschränkt § 777 BGB anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 1984 - IX ZR 83/83, BGHZ 91, 344, 351; Urteil vom 24. September 1998 - IX ZR 371/97, BGHZ 139, 325, 329; Erman/Seiler, BGB, 10. Aufl., § 777 Rdn. 2; MünchKomm -Habersack, 3. Aufl., § 777 Rdn. 7).
d) Der Senat kann nicht entscheiden, ob eine bürgschaftsrechtliche Haftung für die Vertragsstrafe besteht. Die Vertragsstrafen waren für jeden Bauabschnitt gesondert vereinbart. Es kommt bei jedem Bauabschnitt darauf an, wann der Abschnitt fertiggestellt und die bei der Abnahme festgestellten Mängel beseitigt waren sowie die mängelfreie Schlußabnahme vorlag. In dem Zeitpunkt , in dem diese Voraussetzungen vorlagen, mußte die Bürgschaft zunächst reduziert und zuletzt zurückgegeben werden. Ein Anspruch aus der Bürgschaft ist nur gegeben, wenn die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt oder unverzüglich nach Fristablauf (§ 777 Abs. 1 Satz 2 BGB) dem selbstschuldnerisch haftenden
Kreditinstitut die Inanspruchnahme angezeigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 1984 - IX ZR 83/83, BGHZ 91, 344, 353 ff.). Dazu fehlen jegliche Feststellungen. 3. Unbegründet ist die Rüge der Klägerin, die Sicherungsvereinbarung sei als Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten unwirksam, weil sie es ermögliche, die Bürgschaft wegen der Vertragsstrafe noch erhebliche Zeit nach der Abnahme des Bauvorhabens in Anspruch zu nehmen. Auch insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Sicherungsabrede eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten ist. Es belastet den Auftragnehmer nicht unangemessen, wenn er eine Vertragserfüllungsbürgschaft stellen muß, die wegen eines Vertragsstrafenversprechens auch noch nach der Abnahme in Anspruch genommen werden kann. Häufig wird sich erst nach der Abnahme endgültig klären lassen, ob und in welchem Umfang die Voraussetzungen für die Vertragsstrafe vorliegen. 4. Die Klägerin macht weiter geltend, ein etwa doch abgesicherter Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe habe nicht bestanden. Die Vertragsstrafenvereinbarung in § 10 des Generalunternehmervertrages sei unwirksam. Es handele sich um eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten, die der Inhaltskontrolle nicht Stand halte. Diese Rüge hat Erfolg, wenn § 10 des Generalunternehmervertrages eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten ist.
a) Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Beklagte die Bedingung unter § 10 des Generalunternehmervertrages mehrfach verwendet. In der Revisionsinstanz ist deshalb davon auszugehen, daß insoweit eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten vorliegt.

b) Das Berufungsgericht führt aus, die Klägerin habe den Vortrag der Beklagten, das Klauselwerk sei im Einzelnen ausgehandelt, nicht ausreichend bestritten. Die Beklagte habe dargelegt, daß sie sämtliche Klauseln zur Disposition gestellt habe, solange nur eine vertretbare Gesamtlösung herauskomme. Die Klägerin hätte darlegen müssen, woraus die T. GmbH geschlossen habe, daß die Bedingungen nicht zur Disposition gestanden hätten. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision mit Erfolg. aa) Nach der Rechtsprechung erfordert Aushandeln mehr als Verhandeln. Von einem Aushandeln in diesem Sinne kann nur dann gesprochen werden , wenn der Verwender zunächst den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen "gesetzesfremden Kerngehalt", also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen , inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 9/97, BauR 1998, 1094, 1095 = ZfBR 1998, 308; Urteil vom 26. September 1996 - VII ZR 318/95, BauR 1997, 123, 124 = ZfBR 1997, 33). Er muß sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären. In aller Regel schlägt sich eine solche Bereitschaft auch in erkennbaren Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Allenfalls unter besonderen Umständen kann ein Vertrag auch dann als Ergebnis eines "Aushandelns" gewertet werden, wenn es schließlich nach gründlicher Erörterung bei dem gestellten Entwurf verbleibt (BGH, Urteil vom 3. November 1999 - VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 104, 112). bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Klausel in § 10 des Generalunternehmervertrages nicht ausgehandelt worden.
Die Beklagte hat vorgetragen, daß die einzelnen Klauseln erörtert und gemeinsam gelesen worden seien. Es sei frühzeitig über die Terminsicherheit und Festschreibung der Vertragsstrafe gesprochen worden. Sie habe alle Klauseln zur Verhandlungsdisposition gestellt und Änderungen akzeptiert, wenn eine vertretbare Gesamtlösung herausgekommen sei. Die T. GmbH habe hinsichtlich der Absicherung der Termine eine Garantieversicherung vorgeschlagen , die jedoch deshalb nicht akzeptiert worden sei, weil diese Lösung in Deutschland für den verhandelten Erfüllungszeitpunkt nicht möglich gewesen sei. Danach hätten alle Verhandlungsführer eingesehen, daß es bei den achtenswerten Interessen der Beklagten zu bleiben habe, mit der Folge, daß der ansonsten nicht beanstandete Vertragstext verbleiben könne. Die T. GmbH habe die Höhe der Vertragsstrafe und ihre Gestaltung nicht beanstandet. Dieser Vortrag ergibt nicht, daß § 10 ausgehandelt worden ist. Der Umstand , daß die Parteien die Klauseln erörtert haben und sie gemeinsam gelesen haben, ist kein Aushandeln im Sinne des Gesetzes. Aus dem Vortrag der Beklagten läßt sich nicht ihre Bereitschaft entnehmen, die Vertragsstrafenvereinbarung ernsthaft zur Disposition zu stellen. Das wird nicht schon dadurch belegt , daß sie den Vorschlag der T. GmbH erwogen, jedoch wegen seiner Nichtdurchführbarkeit verworfen habe. Daraus wird nur deutlich, daß die T. GmbH vergeblich versucht hat, die Vereinbarung zur Absicherung der Termine zu beeinflussen. Auch der Umstand, daß die T. GmbH zu einzelnen Paragrafen des Vertrages Änderungsvorschläge unterbreitet hat, belegt nicht die Bereitschaft der Beklagten, der T. GmbH eine eigenverantwortliche Gestaltungsmöglichkeit hinsichtlich der in Rede stehenden Klausel einzuräumen. Vielmehr zeigen die von der Beklagten vorgelegten internen Randbemerkungen, daß die Beklagte einzelne Änderungsvorschläge kategorisch ablehnte. Das betrifft insbesondere den Vorschlag, für den Sicherungseinbehalt die VOB/B gelten zu lassen (Nr. 5 des Schreibens vom 18.3.1993) oder auch den Vorschlag einer Streichung der
die T. GmbH belastenden Regelung nach einer Teilkündigung (Nr. 8 des Schreibens vom 18.3.1993). Diese Stellungnahmen legen die Annahme nahe, daß die Beklagte auch nicht bereit war, der T. GmbH bei der Vereinbarung der Vertragsstrafe Gestaltungsmacht einzuräumen. Der Umstand, daß der Vertrag in anderen Teilen abgeändert worden ist, ist ohne Bedeutung.
c) § 10 Generalunternehmervertrag hält einer Inhaltskontrolle nicht stand. Die Klausel ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, denn sie benachteiligt den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. aa) Die Vertragsstrafenvereinbarung ist allerdings nicht schon deshalb unwirksam, weil der Auftraggeber die Vertragsstrafe noch bis zur Schlußzahlung geltend machen kann (BGH, Beschluß vom 13. Juli 2000 - VII ZR 249/99, BauR 2000, 1758 = ZfBR 2000, 551 = NZBau 2000, 509). Die Erwägungen der Revision dazu, daß der Auftragnehmer unangemessen lange im Unklaren darüber gelassen wird, ob die Vertragsstrafe beansprucht wird, lassen das Interesse des Auftraggebers an einer einheitlichen Prüfung und Abrechnung sowie auch den Umstand außer Acht, daß nach der Rechtsprechung des Senats der Vorbehalt der Vertragsstrafe jedenfalls dann anzubringen ist, wenn die Schlußzahlung endgültig verweigert wird. bb) Die Vertragsstrafe ist auch nicht verschuldensunabhängig formuliert, wie die Klägerin geltend gemacht hat. Denn es gilt die Ergänzungsregelung des § 11 Nr. 2 VOB/B (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 - VII ZR 432/00, BGHZ 149, 283, 287). Das gilt sowohl für Abs. 1 als auch für Abs. 2 der Vertragsstrafenvereinbarung. cc) Die Vertragsstrafe verstößt nicht gegen das Kumulierungsverbot (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 73/98, BauR 1999, 645, 646 = ZfBR 1999, 18; Kemper BauR 2001, 1015, 1018). Der Umstand, daß sich ei-
ne Verzögerung in allen Bauabschnitten auswirkt, führt nicht zu einer unangemessenen Kumulierung. Denn die Vertragsstrafe wird hinsichtlich der Verzögerung in den einzelnen Bauabschnitten nach den diesen zugeordneten Preisen berechnet. Setzt sich eine Verzögerung in einem nachfolgenden Bauabschnitt fort, führt das nicht dazu, daß sich der Tagessatz oder der Höchstsatz erhöhen. Erhöht wird lediglich die Vertragssumme. Das allein benachteiligt den Auftragnehmer nicht unangemessen, denn letztlich führt das dazu, daß der Tagessatz für eine bis zum Schluß fortwirkende Verzögerung nach dem Gesamtpreis berechnet wird. Das entspricht der Regelung in Vertragsstrafenvereinbarungen, denen keine Aufteilung in Bauabschnitte zugrunde liegt. Die Revision hat nicht dargetan, daß ein Fall vorliegt, der nach den Erwägungen des Senats im Urteil vom 14. Januar 1999 (a.a.O.) zu einem überhöhten Tagessatz führen kann, weil sich eine Verzögerung gleichzeitig auf mehrere Bauabschnitte auswirkt. dd) Die Vertragsstrafenvereinbarung ist aber deshalb unwirksam, weil der Höchstsatz von 10 % den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt.
(1) Der Senat entscheidet in ständiger Rechtsprechung, daß eine Vertragsstrafenvereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch die Interessen des Auftragnehmers ausreichend berücksichtigen muß. Eine unangemessen hohe Vertragsstrafe führt zur Nichtigkeit der Vertragsklausel nach § 9 Abs. 1 AGBG. Eine geltungserhaltende Reduktion findet nicht statt (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1981 - VII ZR 293/79, BauR 1981, 374, 375 = NJW 1981, 1509; Urteil vom 18. November 1982 - VII ZR 305/81, BGHZ 85, 305, 312 f.; Urteil vom 19. Januar 1989 - VII ZR 348/87, BauR 1989, 327, 328 = ZfBR 1989, 103; Urteil vom 20. Januar 2000 - VII ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = NZBau 2000, 327 = ZfBR 2000, 331).
Die Vertragsstrafe ist einerseits ein Druckmittel, um die termingerechte Fertigstellung des Bauwerks zu sichern, andererseits bietet sie die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung ohne Einzelnachweis (BGH, Urteil vom 18. November 1982, aaO.; Urteil vom 20. Januar 2000 - VII ZR 46/98, aaO.). Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Vertragsstrafe muß auch unter Berücksichtigung ihrer Druck- und Kompensationsfunktion in einem angemessen Verhältnis zu dem Werklohn stehen, den der Auftragnehmer durch seine Leistung verdient. Die Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Auftraggebers losgelöster Geldforderungen ist nicht Sinn der Vertragsstrafe (BGH, Urteil vom 18. November 1982, aaO. S. 313 f.). Aus diesem Grund hat der Senat bereits zur Höchstgrenze des Tagessatzes hervorgehoben, daß eine Vertragsstrafe unangemessen ist, wenn durch den Verzug in wenigen Tagen typischer Weise der Gewinn des Auftragnehmers aufgezehrt ist (BGH, Urteil vom 17. Januar 2002 - VII ZR 198/00, BauR 2002, 790, 792 = NZBau 2002, 385 = ZfBR 2002, 471). Der Senat hat in diesem Urteil auch herausgestellt, daß die Angemessenheitskontrolle von Vertragsbedingungen über Vertragsstrafen nach einer generalisierenden Betrachtungsweise zu erfolgen hat (so schon BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - VII ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = NZBau 2000, 327 = ZfBR 2000, 331; BGH, Urteil vom 19. Januar 1989 - VII ZR 348/87, BauR 1989, 327, 328 = ZfBR 1989, 103). Das bedeutet, daß auch die Obergrenze der Vertragsstrafe sich daran messen lassen muß, ob sie generell und typischerweise in Bauverträgen, für die sie vorformuliert ist, angemessen ist. Dabei ist, soweit sich aus der Vorformulierung nicht etwas anderes ergibt, eine Unterscheidung zwischen Bauverträgen mit hohen oder niedrigen Auftragssummen wegen der damit verbundenen Abgrenzungsschwierigkeiten nicht vorzunehmen. (2) Nach diesem Maßstab ist in Bauverträgen eine Vertragsstrafe für die verzögerte Fertigstellung, deren Obergrenze 5 % der Auftragssumme überschreitet , unangemessen.
Nach der Rechtsprechung muß sich die Vertragsstrafe innerhalb der voraussichtlichen Schadensbeträge halten. Dabei kommt es darauf an, ob allgemein bei Verträgen der von den Parteien geschlossenen Art Nachteile zu erwarten sind, welche die Ausgestaltung der Vertragsstrafe angemessen erscheinen lassen. Fälle einer besonders ungünstigen Schadensentwicklung müssen unberücksichtigt bleiben. Insoweit ist der Auftraggeber ausreichend durch die Möglichkeit geschützt, den Schadensersatzanspruch gesondert zu verfolgen (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - VII ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = NZBau 2000, 327 = ZfBR 2000, 331).
Die Orientierung am Schaden bietet ohne Berücksichtigung der Druckfunktion keinen verläßlichen Anhaltspunkt für die Obergrenze einer Vertragsstrafe. Sie rechtfertigt jedenfalls allein nicht die in vielen Bauverträgen geregelte Obergrenze von 10 % der Auftragssumme. Entscheidende Bedeutung kommt der Druckfunktion der Vertragsstrafe zu. Diese muß berücksichtigen, welche Auswirkungen die Vertragsstrafe auf den Auftragnehmer hat und sich in wirtschaftlich vernünftigen Grenzen halten (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - VII ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = NZBau 2000, 327 = ZfBR 2000, 331). Gemessen daran ist eine Vertragsstrafe von über 5 % der Auftragssumme zu hoch. Der Auftragnehmer wird typischer Weise durch den Verlust von über 5 % seines Vergütungsanspruchs unangemessen belastet. In vielen Fällen verliert er dadurch nicht nur seinen Gewinn, sondern erleidet einen spürbaren Verlust. Bereits der generell nicht einkalkulierte Verlust von über 5 % einer Auftragssumme kann sich ganz erheblich auf die Liquidität des Auftragnehmers auswirken. Eine Vertragsstrafe in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers mit solchen Wirkungen ist jedenfalls dann nicht zu rechtfertigen, wenn mit einer niedrigeren Vertragsstrafe die Druck- und Kompensationsfunktion ausreichend erfüllt wird. Davon kann bei einer Vertragsstrafe von bis zu 5 % der
Auftragssumme generell ausgegangen werden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß der auf den Auftragnehmer durch diese Vertragsstrafe ausgeübte Druck nicht ausreicht, eine rechtzeitige Fertigstellung des Bauwerks zu bewirken. Dem Senat ist bekannt, daß in vielen Bauverträgen, insbesondere mit höheren Auftragssummen, Vertragsstrafen mit einer Obergrenze von 5 % vereinbart werden. Auch bei niedrigeren Auftragssummen erscheint diese Obergrenze generell ausreichend, zumal der Auftragnehmer unabhängig von der anzurechnenden Vertragsstrafe der Gefahr ausgesetzt sein kann, vom Auftraggeber wegen einer vom Auftragnehmer zu vertretenden Verzögerung der Fertigstellung mit erheblichen, konkret dargelegten Schadensersatzansprüchen überzogen zu werden. Sollte die Höchstgrenze von 5 % der Auftragssumme im Einzelfall nicht ausreichen, bleibt es den Parteien unbenommen, individuell eine höhere Obergrenze zu vereinbaren. Eine derartige individuelle Vereinbarung führt dem Auftragnehmer deutlicher als eine vorformulierte Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die mit einem Verzug verbundene Gefahr vor Augen. (3) Im Hinblick darauf, daß der Senat die Obergrenze von 10 % für Verträge mit Auftragsvolumen mit bis zu ca. 13 Millionen DM bis zuletzt unbeanstandet hingenommen hat (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 - VII ZR 238/00, BauR 2001, 791, 792; 20. Januar 2000 - VII ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = ZfBR 2000, 331 = NJW 2000, 2106), ist es allerdings unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht zu rechtfertigen, Vertragsstrafen in bis zum Bekanntwerden dieser Entscheidung geschlossenen Verträgen bei vergleichbaren oder niedrigeren Größenordnungen deshalb für unwirksam zu halten, weil diese Obergrenzen von bis zu 10 % der Auftragssumme enthalten (vgl. zum Vertrauensschutz BGH, Urteil vom 11. Mai 1989 - VII ZR 305/87, BauR 1989, 459, 460 = ZfBR 1989, 209).
(4) Diesen Vertrauensschutz kann die Beklagte nicht in Anspruch nehmen. Der Senat hat in der Entscheidung vom 25. September 1986 (VII ZR 276/84, BauR 1987, 92, 98, = ZfBR 1987, 35) bei einer Auftragssumme von 13.202.203, 90 DM eine Vertragsstrafe von 10 % nicht beanstandet, sondern ausgeführt, sie liege noch in vertretbarem Rahmen. Diese Formulierung deutet darauf hin, daß bei höheren Auftragssummen eine ebenso hohe Obergrenze nicht hingenommen werden kann. Jedenfalls bei Verträgen mit mehr als doppeltem Auftragsvolumen ist diese Vertragsstrafenobergrenze überhöht. Die Beklagte konnte angesichts der zurückhaltenden Formulierung in der Entscheidung vom 25. September 1986 kein schützenswertes Vertrauen darauf entwikkeln , daß ihre Geschäftsbedingung als wirksam angesehen wird. Daran ändert auch nichts, daß sie die Vertragsstrafen auf vier Bauabschnitte aufgeteilt hat. Denn das verhindert nicht, daß der Auftragnehmer letztlich in unangemessener Höhe von 10 % der Gesamtauftragssumme in Anspruch genommen werden kann. 5. Das Berufungsurteil kann nach allem keinen Bestand haben, soweit es die Klage auf Rückzahlung der Vertragsstrafe in Höhe von 2.820.000 DM abgewiesen hat.

B.

Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Klägerin aus abgetretenem oder gepfändetem Recht auf Erstattung der Kosten in Höhe von 241.280,86 DM nebst Zinsen, die der T. GmbH dadurch entstanden sein sollen, daß sie die von der Rückbürgin beanspruchten Kosten und Zinsen sowie die Notarkosten für die Einräumung einer Hypothek übernommen habe. Der An-
spruch bestehe nicht, weil die Bürgschaft zu Recht in Anspruch genommen worden sei. Mit dieser Begründung kann das Urteil nicht aufrecht erhalten bleiben. Da jegliche Feststellungen zu dem geltend gemachten Anspruch und der Aktivlegitimation der Klägerin fehlen, ist die Sache insoweit aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

III.

Für die erneute Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin. 1. Hinsichtlich des Anspruchs auf Rückzahlung der Bürgschaftssumme wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten vorliegen. Sollte das der Fall sein, besteht kein Vertragsstrafenanspruch , weil § 10 des Generalunternehmervertrages unwirksam ist. Die erneute Verhandlung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit zu prüfen, ob noch andere Ansprüche der Beklagten bestehen, die durch die Bürgschaft abgesichert sind. 2. Sollte sich herausstellen, daß keine Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten vorliegen, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die Bürgschaft am 3. Mai 1995 noch wegen der Vertragsstrafe in Anspruch genommen werden durfte. Ist das der Fall, wird das Berufungsgericht erneut zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für die Vertragsstrafe vorliegen. Seine Ausführungen zur Überschreitung der Fertigstellungsfristen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dagegen entspricht die Berechnung
der Vertragsstrafe nicht den vertraglichen Voraussetzungen. Das Berufungsge- richt folgt der Berechnung der Beklagten. Diese errechnet die Verzögerungstage und multipliziert sie mit dem Tagessatz von 0,15 %. Sie bildet daraus die Summe für die einzelnen Bauabschnitte und läßt diese durch die Höchstbegrenzung kappen. Nach der vertraglichen Vereinbarung ist jede der Einzelpauschalen auf 10 % begrenzt. Geht man davon aus, ergibt sich eine deutlich geringere Gesamtsumme. Ferner wird darauf hingewiesen, daß das Berufungsgericht bezüglich des fünften Bauabschnitts die Verwirkung der Vertragsstrafe allein daran knüpft, daß der um 12 Werktage verlängerte Fertigstellungstermin überschritten ist. Dabei läßt es unberücksichtigt, daß Voraussetzung für die Vertragsstrafe Verzug der Klägerin ist. Dieser kann grundsätzlich nur durch Mahnung eingetreten sein, da der Kalendertermin fortgefallen ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 73/98, BauR 1999, 645, 648 = ZfBR 1999, 188). Zu einer Mahnung fehlen Feststellungen. Liegen die Voraussetzungen des Verzugs nicht vor, entfällt aus der Aufstellung BU 58 der Betrag von 687.375 DM. 3. Soweit es um den abgetretenen Anspruch der T. GmbH auf Erstattung der Aufwendungen für die Inanspruchnahme der Bürgschaft geht, kann es darauf ankommen, ob eine Bürgschaft auf erstes Anfordern geschuldet war oder nicht. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Berufungsgerichts, die Verpflichtung zur Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern sei individuell ausgehandelt worden. Auf die Ausführungen zum Aushandeln der Vertragsstrafenklausel wird Bezug genommen. Diese gelten auch für das Aushandeln von § 13 des Generalunternehmervertrages. Insoweit hat zwar nach der Behauptung der Beklagten in der Vertragsverhandlung eine handschriftliche Änderung hinsichtlich des Sicherungseinbehalts von 5 % und dessen Ablösbarkeit durch Gewährleistungsbürgschaft stattgefunden. Das besagt jedoch nichts dazu, daß die
Beklagte bereit gewesen wäre, eine andere Bürgschaft als eine solche auf erstes Anfordern zu akzeptieren. Dieser Punkt ist von einem derartigen Gewicht, daß dazu ein substantiierter Vortrag notwendig gewesen wäre. Denn er führt zu einer wesentlich intensiveren Sicherung des Auftraggebers und einer dementsprechend größeren Belastung des Auftragnehmers als eine einfache Bürgschaft. Liegen Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten vor, kann unter der Voraussetzung einer schuldhaften Pflichtverletzung ein Schadensersatzanspruch der T. GmbH in Betracht kommen. Dressler Haß Hausmann Wiebel Kniffka

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.