Landesarbeitsgericht München Urteil, 06. Dez. 2016 - 9 Sa 481/16

bei uns veröffentlicht am06.12.2016

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 28.04.2016, Az. 11 Ca 9344/14, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Arbeitgeberkündigung.

Die am 0.0.1970 geborene Klägerin arbeitete seit dem 01.02.2006 als Angestellte bei der Beklagten, zuletzt als vollbeschäftigte Tarifbeschäftigte in der Entgeltgruppe 11 TV-V. Das Bruttomonatsgehalt der Klägerin betrug zuletzt 4.620,63 €.

Die Klägerin war Leiterin des Sachgebiets E. Im Sachgebiet kam es wiederholt zu Konflikten. Bereits im Jahr 2007 wurde versucht, diese durch eine Mediation beizulegen. Am 05.11.2012 wurde der Klägerin die Sachgebietsleitung entzogen. Im Februar 2013 wurden Gespräche bezüglich einer Abordnung in die Hauptabteilung F. ab Mai 2013 geführt. Zu einer Abordnung kam es nicht. Mit Schreiben vom 09.03.2013 beantragte die Klägerin die Einleitung eines Verfahrens nach der DV-Mobbing der Beklagten.

Als die Klägerin am 02.05.2014 nach einer 12-wöchigen Arbeitsunfähigkeit an den Arbeitsplatz zurückkehrte, wurde ihr mit Schreiben vom 02.05.2014 (Anl. B 15, Bl. 67 f. d. A.), konkretisiert durch Schreiben vom 07.05.2014 (Anl. B 32, Bl. 195 ff. d. A.), eine neue Arbeitsaufgabe zugewiesen. Gleichzeitig wurde ihr statt des bisherigen Arbeitsplatzes im G. ein Arbeitsplatz in einer ehemaligen H. der Beklagten in der H-Straße zugewiesen.

In der ehemaligen H. in der H-Straße befinden sich Dienstwohnungen der Beklagten. Eine dauerhafte Nutzung der dortigen Räumlichkeiten als Büro fand bis dahin nicht statt. Das der Klägerin zugewiesene Büro war u. a. ausgestattet mit einem Schreibtisch und einem einfachen Holzstuhl (Anl. K 13, Bl. 552 f. d. A.). Mit Schreiben vom 02.05.2014 wurde ihr der Arbeitsauftrag zugewiesen, für vier ausgewählte Stützpunkte der C. eine Aufstellung der Bauwerke, eine Art Bauwerksbuch, zu erstellen sowie die Gebäudesubstanz zu bewerten. Weiter wird in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass die erste Aufgabe der Klägerin in diesem Zusammenhang sei, ihren neuen Arbeitsplatz in der H-Straße im Hinblick auf evtl. zusätzlich erforderliche Büromöbel, Arbeitsmittel sowie IT- und Kommunikationsmöglichkeiten auszustatten. Dabei sei von einem vernetzten Arbeitsplatz auszugehen. Die IT-Dose könne bereits genutzt werden. Der Antrag für eine Telefonausstattung sei bereits gestellt. Für die Zwischenzeit liege ein Handy zur Abholung bereit. Weiter wird auf die Organisationseinheiten verwiesen, die für Technikausstattung, Büromöbel und Arbeitsmittel zur Verfügung stehen.

Diese Anweisung wurde durch das Schreiben vom 07.05.2014 ergänzt. Hierin wird die Klägerin u. a. darauf hingewiesen, dass die DV-Flex weiterhin für sie gelte. Da sich im Gebäude in der H-Straße keine Stempeluhr befinde, seien der Dienstantritt und das Dienstende handschriftlich einzutragen. Nach Vervollständigung der IT-Infrastruktur sei unmittelbar nach Dienstantritt und unmittelbar vor Dienstende eine entsprechende E-Mail an das Vorzimmer der Abteilungsleitung zu senden. Weiter wird sie wiederholt darauf hingewiesen, dass nur in zwingenden Ausnahmefällen weitere Personen hinzuzuziehen seien.

Die Zeiterfassung ist bei der Beklagten durch Dienstvereinbarung (DV-Flex) geregelt. Hiernach erfolgt die Zeiterfassung durch ein elektronisches Zeiterfassungsgerät. Falls ein elektronisches Zeiterfassungsgerät nicht vorhanden ist, hat ein händischer Eintrag auf der Stempelkarte zu erfolgen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die DV-Flex (Anl. B 52, Bl. 1280 ff. d. A.) verwiesen.

In der Folge erteilte die Beklagte der Klägerin mehrere Abmahnungen wegen Arbeitsverweigerung, zuletzt mit Schreiben vom 29.07.2014, zugestellt am 30.07.2014, und wegen unterbliebener Ab- und Anmeldung per E-Mail, zuletzt mit Schreiben vom 15.07.2014 (Anl. B 14 und B 10, Bl. 60 f./46 ff. d. A.).

Am 17.06.2014 fand eine Begehung der der Klägerin als Büro zugewiesenen Räumlichkeiten u. a. durch das Gewerbeaufsichtsamt statt. Mit Schreiben vom 25.06.2014 (Anl. B 51, Bl. 1278 f. d. A.) teilte das Gewerbeaufsichtsamt der Beklagten bezüglich des Büros der Klägerin mit, dass dieses nach Durchführung der noch erforderlichen Maler-, Reini-gungs- und Renovierungsarbeiten nach Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung und der Bildschirmarbeitsverordnung einzurichten sei. Auf die erforderliche Umsetzung weiterer Arbeitsschutzmaßnahmen, die die Fachkraft für Arbeitssicherheit protokolliert habe, wurde verwiesen. Eine Freimessung der Raumluft sei durchzuführen, und bei der erforderlichen Gefährdungsbeurteilung seien auch mögliche psychische Fehlbelastungen zu betrachten. Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung sei zu dokumentieren. Mit Schreiben vom 10.07.2014 teilte die Beklagte der Klägerin hierzu mit, dass diese Maßnahmen zwischenzeitlich umgesetzt bzw. nicht erforderlich seien, wie z. B. die Raumluftuntersuchung, da es sich nicht um einen Neubau handle. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 10.07.2014 (Anl. B 36, Bl. 247 ff. d. A.) verwiesen Die Umsetzung der Klägerin in das Gebäude in der H-Straße wurde von der Beklagten bereits am 26.02.2014 geplant. Mit Schreiben vom 10.02.2014 hatten sich mehrere Mitarbeiter an die Beklagte mit der Bitte gewandt, eine räumliche Trennung zwischen ihnen und der Klägerin herzustellen (Anl. B 31, Bl. 194 d. A.).

Mit Schreiben vom 04.08.2014 (Anl. B 40, Bl. 276 ff. d. A.) hörte die Beklagte den Personalrat zu einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Klägerin wegen Arbeitsverweigerung und Nichtbefolgung der Anweisung zur An- und Abmeldung durch EMail an.

Mit Schreiben vom 08.08.2014 kündigte die Beklagte die Klägerin außerordentlich, hilfsweise ordentlich (Anl. K 1, Bl. 9 d. A.). Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der am 14.08.2014 eingegangenen Kündigungsschutzklage.

Die Klägerin hat ausgeführt, ihre Versetzung in die H-Straße sei nicht mit billigem Ermessen zu vereinbaren. Sie habe eine schikanöse Sonderbehandlung erfahren und sich den Arbeitsplatz selbst einrichten müssen. Die von ihr geschuldete Arbeitsleistung ergebe sich aus der Arbeitsplatzbeschreibung vom 26.05.2010. Die Arbeitsleistung, die von ihr verlangt worden sei, könnten mehrere Mitarbeiter einer Fachabteilung nur innerhalb eines Jahres erledigen. Sie habe weder eine erforderliche Einarbeitung oder Einweisung noch Informationen oder Ansprechpartner erhalten. Vielmehr sei ihr ein Kontaktverbot auferlegt worden. Die zuständige Abteilung sei von Herrn I. sogar angewiesen worden, ihr keine Informationen zur Verfügung zu stellen. Soweit es ihr möglich gewesen sei, habe sie den Arbeitsauftrag erfüllt. Allerdings sei sie bereits auf der Stufe „Einrichtung des Arbeitsplatzes und Herstellung der Verkehrssicherheit“ hängengeblieben.

Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 08.08.2014 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat verschiedene Konflikte im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis der Klägerin geschildert und ausgeführt, dass vor dem Hintergrund der Konflikte mit den ehemaligen Mitarbeitern der Klägerin die Umsetzung in die H-Straße erforderlich gewesen sei. Der Klägerin habe dort bereits am 02.05.2014 ein einwandfreier Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden. Möblierung und IT-Ausstattung seien seit dem 02.05.2014 vorhanden gewesen. Die Büroräume seien vom stellvertretenden Werksleiter geprüft worden. Dort seien regelmäßig Mitarbeiter tätig. Auch würden auf dem Gelände Betriebsmittel gelagert und Dienstfahrzeuge abgestellt. Die Klägerin habe hinsichtlich der Einrichtung des Arbeitsplatzes ihre Mitwirkung verweigert. Bei der Begehung des Arbeitsplatzes habe der betriebsärztliche Dienst keine Gefahr für Leib und Leben festgestellt. Auch die Fachkraft für Arbeitssicherheit und das Gewerbeaufsichtsamt hätten keine Gesundheitsgefährdung bejaht.

Die Klägerin habe ihre Arbeitsleistung verweigert, indem sie ihre jeweiligen Arbeitsfortschritte nicht wöchentlich mit einer ca. 30-zeiligen E-Mail dargestellt habe. Stattdessen habe sie mit kopierten Bausteinen lediglich wiederholt darauf hingewiesen, dass und warum ihr die Arbeitsleistung nicht möglich sei. Auch ihrer Verpflichtung, sich jeweils nach Dienstantritt und vor Dienstschluss per E-Mail bei dem Sekretariat der Abteilungsleitung zu melden, sei sie trotz Abmahnung nicht nachgekommen. Zwar habe sie z. T. angerufen, dies ersetze jedoch die angeordnete E-Mail nicht. Ihre Stempelkarten habe sie erstmals am 22.10.2014 vorgelegt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, es liege weder ein Grund für eine außerordentliche noch für eine ordentliche Kündigung vor. Im Rahmen der Interessenabwägung sprächen die überwiegenden Argumente dafür, dass kein hinreichender Kündigungsgrund vorliege. Es liege nichts Hinreichendes vor, um das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Zwar bestehe ein erheblicher Streit betreffend die Einrichtung des Arbeitsplatzes und der An- und Abmeldepflichten. Nehme man in die Abwägung aber mit auf, dass für die Klägerin eine erhebliche Unklarheit betreffend ihrer tatsächlich rechtlich verbindlichen Verpflichtungen bestanden habe, liege in der Zusammenschau kein über die Maßen gravierender Arbeitspflichtenverstoß vor. Die ihr zum Vorwurf gemachten Verstöße rechtfertigten nicht die Prognose, dass sie auch künftig ihre Arbeitspflichten nicht erfülle. Es sei zu berücksichtigen, dass die Vertragspflichtverletzungen in einem inneren Zusammenhang mit der Zuweisung des Arbeitsplatzes und der dieser vorausgehenden Konflikte stehe. Hinzutrete, dass ihr mehrere Abmahnungen innerhalb sehr kurzer Zeit erteilt worden seien. Der Beklagten sei zwar zuzugeben, dass die Häufung der Pflichtverletzungen eine gewichtige Rolle spielen könne, vorliegend sei dies aber insbe sondere im Zusammenhang mit der Häufung der Abmahnungen in einem durchaus kurzen Zeitraum nur beschränkt möglich. Bezüglich der ordentlichen Kündigung griffen die im Rahmen der Interessenabwägung aufgeführten Gesichtspunkte in vergleichbarer Weise durch.

Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf die Seiten 8 - 12 (Bl. 1062 ff. d. A.) des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Gegen dieses Urteil vom 28.04.2016, der Beklagten zugestellt am 20.05.2016, legte diese am 16.06.2016 Berufung ein, welche sie mit einem am 04.08.2016 eingegangenen Schriftsatz begründete, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.08.2016 verlängert worden war.

Die Beklagte macht geltend, das Büro in der H-Straße sei der Klägerin zur Vermeidung von Wegezeiten zugewiesen worden. Dort seien auch weitere Mitarbeiter tätig. Wegen der zahlreichen vorangegangenen Konflikte im Arbeitsverhältnis sei die Umsetzung berechtigt gewesen. Die Klägerin habe im Laufe des Arbeitsverhältnisses bereits vier hochrangige Führungskräfte „verschlissen“. Wegen der Raumnot und der sich schnell ausweitenden eskalierenden Konflikte auch mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern habe sie die Klägerin nicht mehr im G. einsetzen können.

Die ehemaligen Mitarbeiter der Klägerin stünden unter extremen Druck und hätten Angst vor ihr. Aus Gründen der Fürsorgepflicht habe die Beklagte ihr die Sachgebietsleitung entziehen und eine räumliche Trennung herbeiführen müssen. Für die Verlagerung ihres Arbeitsplatzes in die H-Straße habe eine effizientere Aufgabenerledigung vor Ort und die sich ständig zuspitzende Konfliktsituation in der bisherigen Abteilung der Klägerin geführt. Nachdem auch die Ingenieure der Abteilung J. ihre Arbeitsplätze nicht im G., sondern entsprechend ihrer Aufgaben in den K. hätten und eine Auslagerung einzelner Personen somit nicht ungewöhnlich sei, habe es der Beklagten naheliegend erschienen, die Klägerin ebenfalls, ihrer neuen Aufgabe entsprechend, vor Ort in der H-Straße einen Arbeitsplatz zuzuweisen. Dass keine Isolierung oder gar psychische Beeinträchtigungen der Klägerin beabsichtigt gewesen seien, zeige sich darin, dass sowohl zum damaligen Zeitpunkt als auch aktuell Mitarbeiter in der Betriebsstation H-Straße tätig seien.

Der der Klägerin zugewiesene Arbeitsplatz sei von verschiedensten Personen, u. a. vom Gewerbeaufsichtsamt, vom Personalrat und vom betriebsärztlichen Dienst begangen worden. Alle Begehungen hätten zu dem Ergebnis geführt, dass der Arbeitsplatz weder gefährlich sei noch eine Gefahr für die Gesundheit der Klägerin darstelle. Die Beklagte habe unverzüglich alle vorgeschlagenen Maßnahmen zur Einrichtung des Büros veranlasst.

Die Klägerin habe ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt, indem sie entgegen der entsprechenden Anweisung ihren Dienstanfang und ihr Dienstende nicht per E-Mail an das Sekretariat der Abteilungsleitung gemeldet habe. Dies sei erforderlich gewesen, da in der H-Straße keine Stempeluhr vorhanden sei. Der Vorgesetzte sei verpflichtet, die Handeinträge auf der Stempelkarte zu kontrollieren. Die Anordnung der An- und Abmeldung per E-Mail sei als geeignetes Mittel zur Kontrolle der Stempelkarten durch den Vorgesetzten zulässig.

Die Klägerin habe darüber hinaus ihre Pflichten verletzt, indem sie den Arbeitsauftrag nicht ausgeführt habe. Die Aufgabe entspreche dem Berufsbild eines Architekten. Die Klägerin habe lediglich mit immer gleichen Textbausteinen darauf hingewiesen, was vonseiten der Beklagten alles zu erledigen sei, damit sie ihre Aufgabe erfüllen könne.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 28.04.2016, Az. 11 Ca 9344/14, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin bestreitet die Darstellung der Konflikte im Arbeitsverhältnis durch die Beklagte. Auch bleibe bei der Darstellung offen, warum sich angeblich nur fünf Mitarbeiter gegen sie gewandt und aus welchen Gründen diese sich von einem Tag auf den anderen von ihr radikal abgewandt hätten. In der H. in der H-Straße sei bis zum 02.05.2014 lediglich die Einsatzplanung der H-Mitarbeiter erfolgt, für die sie auch als Anlaufstelle gedient habe. Der Arbeitsplatz sei weder angemessen eingerichtet noch gesundheitlich unbedenklich gewesen, was mehrere Arbeitsplatzbegehungen gezeigt hätten. Mit der Beseitigung vorhandener Mängel habe die Beklagte erst begonnen, nachdem die Klägerin gemäß ihrem Arbeitsauftrag vom 02.05.2014 auf die mangelnde Verkehrssicherheit und weitere Defizite in der Liegenschaft gestoßen sei und diese der Beklagten gemeldet habe. Der Arbeitsplatz sei auch nicht funktionstüchtig eingerichtet gewesen und vom Gewerbeaufsichtsamt bis zur Kündigung der Klägerin am 08.08.2014 auch nicht auf Mangelfreiheit abgenommen worden. Die Beklagte habe sie an ihrem ersten Arbeitstag nach erneut längerer Erkrankung vor vollendete Tatsachen gestellt, ihr einen abteilungs- und fachfremden Arbeitsauftrag übertragen und sie ihres bisherigen Arbeitsplatzes verwiesen, ohne ihr die Fortsetzung des laufenden BEM-Verfahrens bzw. die Eröffnung eines neuen BEM-Verfahrens anzubieten, obwohl sie bereits im laufenden BEM-Verfahren mehrfach darauf hingewiesen habe, dass die Arbeitssituation mitursächlich für ihre Erkrankungen sei.

Die der Klägerin übertragene Aufgabe widerspreche ihrer vertraglich geschuldeten Hauptleistungspflicht.

Die ihr gegenüber ausgesprochenen Abmahnungen genügten weder den gesetzlichen Anforderungen noch den internen Vorschriften und Regelungen der Beklagten, die vor Erteilung einer Abmahnung eine Anhörung vorsehen. Es seien mehrfach Sammelabmahnungen erteilt worden, die von Rechts wegen unzulässig seien. Die Abmahnungen seien an einem Tag zugestellt worden und darüber hinaus nicht hinreichend konkret.

Die Klägerin sei ihrer Arbeitspflicht nachgekommen. Sie sei täglich zu ihrem Dienst an dem ihr zugewiesenen Arbeitsplatz in der stillgelegten H. erschienen, außer an Gleit-, Urlaubs- und Krankheitstagen.

Der Personalrat hätte bei der Umsetzung der Klägerin beteiligt werden müssen. Hierzu lägen jedoch keine Nachweise der Beklagten vor.

Es liege weder ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vor, noch sei die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten. Kenntnis von den Kündigungsgründen habe die Beklagte bereits Wochen zuvor durch die Vielzahl von Abmahnungen zum gleichen Sachverhalt erlangt.

Die Abmahnungen hätten der Einschüchterung der Klägerin gedient, zumal diese immer in ihrer Freizeit, in ihrem Urlaub, in ihrem privaten Umfeld/zu Hause durch unterschiedlichste Mitarbeiter der Beklagten persönlich im Auftrag der Beklagten abgegeben worden seien.

Die Klägerin habe an der Umsetzung des Arbeitsauftrags gearbeitet. Dass es an grundlegenden Dingen zu dessen Bearbeitung gefehlt habe, worauf sie die Beklagte mehrfach hingewiesen habe - wie u. a. adäquates gesundheitliches unbedenkliches Arbeitsumfeld, Bereitstellung von Arbeitsmitteln, diversen Unterweisungen, Informationen und Unterlagen zum Arbeitsauftrag, Zugänglichkeiten zu den Betriebsstationen, Hinweise auf mögliche Gefährdungen/Gefahren -, könne ihr nicht angelastet werden. Die Beklagte habe sie bewusst isoliert von ihren Kollegen in die zuvor seit mehreren Jahren stillgelegte, seither nicht mehr als Arbeitsplatz genutzte H. versetzt. Obwohl der Beklagten spätestens seit der Begehung des Arbeitsplatzes durch das Gewerbeaufsichtsamt das Gegenteil bekannt sei, behaupte sie fälschlicherweise, dass der Arbeitsplatz seit der Zuweisung am 02.05.2014 gesundheitlich einwandfrei und unbedenklich uneingeschränkt nutzbar sei. Es müsse zulasten der Beklagten gehen, dass diese sich entgegen den Empfehlungen durch die Fachkräfte für Arbeitssicherheit und des Gewerbeaufsichtsamts dafür entschieden habe, die Klägerin bis zur Schaffung sämtlicher Voraussetzungen an diesem Arbeitsplatz zu belassen.

Die Kündigungen seien auch unwirksam, da der Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört und beteiligt worden sei. Es habe am 07.08.2014 keine Personalratssitzung stattgefunden, da er aufgrund der Urlaubszeit nicht getagt habe.

Die Klägerin habe ein erhebliches Interesse am Erhalt des Arbeitsplatzes. Die Beklagte habe ihre Fürsorgepflichten gegenüber der Klägerin wiederholt verletzt. Auch habe es eine Vielzahl von Persönlichkeitsrechtsverletzungen gegeben.

Sämtliche Abmahnungen der Beklagten hätten ihre Ursachen im Grundkonflikt, der seinen Kern in der Zuweisung des neuen Arbeitsplatzes in der H. und der Erteilung der Arbeitsanweisung Bauwerksbuch habe. Dieser Grundkonflikt sei nie ausgeräumt worden. Ohne diesen Grundkonflikt gebe es keine Veranlassung für eine Negativprognose bezüglich des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze vom 04.08.2016 (Bl. 1116 ff. d. A.), 18.10.2016 (Bl. 1172 ff. d. A.) und 01.12.2016 (Bl. 1240 ff. d. A.) samt ihren Anlagen verwiesen.

Gründe

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 08.08.2014 unwirksam ist.

1. Die außerordentliche Kündigung vom 08.08.2014 ist unwirksam, da ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung nicht gegeben ist.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (BAG 07.07.2005 2 AZR 581/04, Rn. 21).

1.1. Die Klägerin hat ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht dadurch verletzt, dass sie den Arbeitsauftrag vom 02.05.2014 nicht erfüllt bzw. zu diesem Arbeitsauftrag nicht wöchentlich Berichte abgegeben hat, da die Versetzung vom 02.05.2014 in die H-Straße nicht wirksam war.

Das Direktionsrecht der Beklagten zur Änderung des Arbeitsorts folgt aus § 106 Satz 1 GewO. Danach kann der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Erforderlich ist eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen (BAG 17.08.2010 - 10 AZR 202/10, Rn. 22). Nach diesen Maßstäben ist vorliegend billiges Interesse nicht gewahrt.

Die Beklagte beruft sich darauf, dass die Konfliktsituation am Arbeitsplatz und die Nähe zum Objekt H-Straße die Umsetzung rechtfertigen. Diesen Interessen der Beklagten steht das Interesse der Klägerin gegenüber, ihre Arbeit an einem funktionierenden, sauberen, hinsichtlich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz unbedenklichen Arbeitsplatz mit einer normalen Einbindung in die Betriebsorganisation der Beklagten zu verrichten.

Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, dass eine räumliche Trennung der Klägerin und ihrer ehemaligen Mitarbeiter wegen der anhaltenden Konfliktsituation am bisherigen Arbeitsplatz dringend geboten war, wofür das Schreiben der Mitarbeiter vom 10.02.2014 durchaus spricht, rechtfertigt dies nicht die Umsetzung der Klägerin in die H-Straße.

Zum einen wäre eine räumliche Trennung der Klägerin von ihren ehemaligen Mitarbeitern auch im G. möglich gewesen. Soweit sich die Beklagte hier pauschal auf Raumnot beruft, kann dies nicht überzeugen. Für eine Umsetzung der Klägerin im G. hätte es nicht eines zusätzlichen Büros bedurft. Bei der Zuweisung eines neuen, von ihren bisherigen Mitarbeitern räumlich getrennten Büros hätte die Klägerin ihr bisheriges Büro frei gemacht. Es hätte lediglich ein Zimmertausch erfolgen müssen. Dass dies nicht möglich gewesen wäre, ist nicht dargelegt.

Zum anderen war das der Klägerin zugewiesene Büro kein zumutbarer Arbeitsplatz. Zwar mag es sein, dass auch im Mai und Juni 2014 von den Räumlichkeiten keine unmittelbare und akute Gefahr für Leib und Leben der Klägerin ausgegangen sein mag, ein funktionsfähiger und zumutbarer Arbeitsplatz war gleichwohl nicht vorhanden. Bereits die von der Klägerin vorgelegten Bilder zeigen, dass auch einfachste Büroausstattung nicht vorhanden war. So stand in dem Büro statt eines den Anforderungen an die Arbeitssicherheit und Ergonomie genügenden Schreibtischstuhls ein sichtlich in die Jahre gekommener, hölzerner Küchenstuhl. Darüber hinaus hat das Gewerbeaufsichtsamt mit Schreiben vom 25.06.2014 den Arbeitsplatz durchaus beanstandet. Es hat die Beklagte u. a. aufgefordert, erforderliche Maler-, Reinigungs- und Renovierungsarbeiten durchzuführen und den Arbeitsplatz gemäß den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung und der Bildschirmarbeitsverordnung einzurichten, eine „Freimessung“ der Raumluft durchzuführen sowie die Maßnahmen umzusetzen, die die Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Begehung proto kolliert hat. Auch der betriebsärztliche Dienst hat mit Schreiben vom 13.05.2014 darauf hingewiesen, dass der Arbeitsplatz vor Aufnahme einer fachspezifischen Tätigkeit der Mitarbeiterin u. a. zunächst nach ergonomischen Vorgaben einzurichten und zu reinigen sei.

Obwohl die Beklagte nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin - wie auch aus den von der Beklagten an die Klägerin übergebenen Unterlagen (Google Maps-Ausdruck) ersichtlich - bereits seit Februar 2014 plante, sie in die H-Straße umzusetzen, stand im Zeitpunkt der Weisung vom 02.05.2014 ein nutzbarer Arbeitsplatz für die Klägerin nicht zur Verfügung. Erst mit Schreiben vom 10.07.2014 hat die Beklagte ihr mitgeteilt, dass die vom Gewerbeaufsichtsamt aufgegebenen Maßnahmen durchgeführt bzw. warum einzelne Maßnahmen, z. B. die vom Gewerbeaufsichtsamt aufgegebene Raumluftmessung, nicht für erforderlich gehalten wurden.

Durch die Weisung vom 02.05.2014 wurde der Klägerin - obwohl die räumliche Trennung von ihren ehemaligen Mitarbeitern dies nicht erforderte - ein mindestens bis zum 10.07.2014 nicht funktionsfähiger und nicht den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung und der Bildschirmarbeitsverordnung entsprechender Arbeitsplatz zugewiesen. Darüber hinaus wurde sie durch die Umsetzung völlig isoliert von anderen Mitarbeitern beschäftigt und aus der betrieblichen Organisation ausgegliedert. Auch wenn bereits damals andere Mitarbeiter der Beklagten in den Räumen in der H-Straße tätig gewesen sein mögen, so handelte es sich jedenfalls nicht um Büroarbeitsplätze, die mit demjenigen der Klägerin vergleichbar gewesen wären und aus deren Vorhandensein sich eine Eingliederung der Klägerin in die Betriebsorganisation der Beklagten ableiten ließe. Dass Mitarbeiter der Beklagten im Zusammenhang mit den dort gelagerten Betriebsmitteln und den auf dem Gelände abgestellten Fahrzeugen die Räumlichkeiten immer wieder aufsuchten, genügt hierfür nicht. Zu einer darüber hinausgehenden Nutzung hat die Beklagte nichts Substan-tiiertes vorgetragen. Sie würde auch mit dem vom betriebsärztlichen Dienst und Gewerbeaufsichtsamt gerügten Zustand (z. B. Verschmutzung infolge mehrjährigen Leerstands, fehlende Kennzeichnung der Toiletten, fehlender Fluchtwegeplan usw.) nicht vereinbar sein. Insgesamt war die Arbeitsplatzsituation jedenfalls so, dass das Gewerbeaufsichtsamt im Schreiben vom 25.06.2014 der Meinung war, dass bei der nächsten ASA-Sitzung das Thema „Prävention psychischer Belastungen bei der Arbeit (einschließlich Mobbing)“ thematisiert werden sollte. Die Zuweisung eines derartigen Arbeitsplatzes entspricht nicht billigem Ermessen.

Die Weisung vom 02.05.2014 entsprach auch nicht deswegen billigem Ermessen, weil der Klägerin mit dieser Weisung aufgetragen wurde, als ersten Teil ihrer neuen Arbeitsaufgabe den eigenen Arbeitsplatz einzurichten. Die Klägerin ist bei der Beklagten als Tarifbeschäftigte in der Entgeltgruppe 11 TV-V beschäftigt. Bei der Einrichtung dieses Arbeitsplatzes, die deutlich mehr erforderte, als nur bei der zuständigen Stelle Bescheid zu geben, welchen Stuhl man gerne hätte, handelt es sich nicht um eine Aufgabe, die dieser Eingruppierung entspricht, sondern vielmehr um eine unterwertige Tätigkeit, die der Klägerin nicht im Rahmen des Direktionsrechts übertragen werden konnte. Die Weisung vom 02.05.2014 war deshalb auch insoweit unwirksam.

Es kann dahinstehen, ob die Weisung vom 02.05.2014 auch hinsichtlich des Auftrags, eine Art Bauwerksbuch zu erstellen, vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst war und insbesondere eine Tätigkeit der Wertigkeit Entgeltgruppe 11 TV-V enthielt. Die Beklagte trägt hierzu nichts vor, sondern beruft sich lediglich darauf, dass es sich um eine Tätigkeit im Rahmen des Berufsbilds einer Architektin handelt. Da die Weisung vom 02.05.2014 bereits hinsichtlich der Zuweisung des neuen Arbeitsorts gegen billiges Ermessen verstieß und hinsichtlich der Zuweisung der ersten Arbeitsaufgabe nicht im Rahmen des Direktionsrechts lag, war die Weisung vom 02.05.2014 insgesamt unwirksam. Bei der Versetzung der Klägerin in die H-Straße handelte es sich um eine einheitliche Maßnahme, die wegen des Verstoßes gegen billiges Ermessen insgesamt unwirksam ist. Die neue Aufgabe der Erstellung eines Art Bauwerksbuchs war ihr deshalb nicht wirksam übertragen worden mit der Folge, dass sie ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht verletzt hat, indem sie diese Aufgabe nicht bearbeitet hat.

1.2. Die Klägerin hat ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis auch nicht verletzt, weil sie entgegen der Weisung der Beklagten sich nicht nach Dienstantritt und vor Dienstende per E-Mail im Sekretariat der Abteilungsleitung an- und abgemeldet hat.

Da, wie oben ausgeführt, die Klägerin bereits nicht wirksam in die H-Straße umgesetzt wurde, war sie bereits nicht verpflichtet, dort die Arbeit aufzunehmen und ihren Dienstantritt und ihr Dienstende in der von der Beklagten angeordneten Weise nachzuweisen.

Darüber hinaus verstieß die Weisung bezüglich der An- und Abmeldung per E-Mail gegen die DV-Flex. Dass die DV-Flex auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, ist unstreitig. Die Klägerin wurde von der Beklagten auch auf die Geltung der DV-Flex ausdrücklich hingewiesen. Diese sieht für die Zeiterfassung grundsätzlich die Erfassung durch Zeiterfassungsgeräte vor. Falls die Aufstellung eines Zeiterfassungsgerätes wirtschaftlich nicht vertretbar erscheint, kann das Personal- und Organisationsreferat auch die handschriftliche Aufschreibung zulassen (§ 6 Abs. 2 Satz 4 DV-Flex). Eine Zeiterfassung durch An-und Abmeldung per E-Mail ist in der DV-Flex nicht vorgesehen. Die Möglichkeit der Abweichung von den Regelungen der DV-Flex ist in § 2 DV-Flex lediglich für Abweichungen von Abschnitt III und nur im Zusammenwirken mit den Personalvertretungen vorgesehen. Die Weisung der An- und Abmeldung per E-Mail zum Zwecke der Zeiterfassung ist deshalb von der DV-Flex nicht gedeckt. Die Tatsache, dass die Weisung ein geeignetes Mittel zur Kontrolle der Arbeitszeit gewesen sein mag, ändert daran nichts.

2. Das Arbeitsverhältnis wurde auch nicht durch die ordentliche Kündigung vom 08.08.2014 aufgelöst.

Wie bereits unter Ziff. 1 ausgeführt, hat die Klägerin ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht verletzt. Die von der Beklagten ausgesprochene verhaltensbedingte Kündigung ist deshalb nicht sozial gerechtfertigt i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen nach § 72 a ArbGG die Beklagte hingewiesen wird, zulassen sollte.

Dr. Förschner Meyer

Berber

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht München Urteil, 06. Dez. 2016 - 9 Sa 481/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht München Urteil, 06. Dez. 2016 - 9 Sa 481/16

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht München Urteil, 06. Dez. 2016 - 9 Sa 481/16 zitiert 11 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Verordnung über Arbeitsstätten


Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht München Urteil, 06. Dez. 2016 - 9 Sa 481/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht München Urteil, 06. Dez. 2016 - 9 Sa 481/16 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Aug. 2011 - 10 AZR 202/10

bei uns veröffentlicht am 17.08.2011

Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 12. November 2009 - 6 Sa 104/09 - aufgehoben.

Referenzen

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 12. November 2009 - 6 Sa 104/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2

Die 1965 geborene und verheiratete Klägerin ist seit dem 1. Juni 1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte für den beklagten Freistaat gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.542,86 Euro tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung.

3

Die Klägerin ist zuständig für die Erteilung von Betriebserlaubnissen für Kindertagesstätten gemäß § 45 SGB VIII. Ihre Stelle ist im Sächsischen Landesjugendamt angesiedelt. Im Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 wurde der Klägerin ein Arbeitsplatz in der Zweigstelle D zugewiesen. Sie betreute bis zum 31. Juli 2008 den N-Kreis, den Kreis Bautzen und 1/3 des Stadtgebiets der Stadt D. Seit dem 1. August 2008 ist die Klägerin für den neuen Kreis B und weiterhin für einen Teil der Stadt D zuständig. Im Durchschnitt an einem Arbeitstag pro Woche prüft sie die Einrichtungen vor Ort.

4

Die Klägerin ist mit ihrem in der Werbebranche selbstständig tätigen Ehemann Eigentümerin eines kreditbelasteten Wohn- und Geschäftshauses in D. Kinder leben nicht mehr im ehelichen Haushalt.

5

Im Zuge der Verwaltungsreform durch das Sächsische Verwaltungsneuordnungsgesetz vom 29. Januar 2008 wurde das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales, dem die Zweigstelle D des Sächsischen Landesjugendamts zugeordnet war, aufgelöst. Das nunmehr zuständige Sächsische Staatsministerium für Soziales beschloss, die Verwaltung des Sächsischen Landesjugendamts in C zu konzentrieren und die Zweigstellen in D und L aufzulösen.

6

Nach Anhörung der Klägerin und Zustimmung des Hauptpersonalrats wurde die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2008 zum 1. August 2008 an das Sächsische Landesjugendamt mit Dienstsitz in C versetzt. Der einfache Arbeitsweg von der Wohnung der Klägerin in D zur Arbeitsstelle in C nimmt bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen 1 Stunde 45 Minuten und 2 Stunden 12 Minuten in Anspruch. Ortstermine kann die Klägerin nach wie vor von D aus wahrnehmen.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis habe sich auf eine Tätigkeit in D konzentriert. Ein Umzug nach C sei wegen der selbstständigen Berufstätigkeit des Ehemanns und des erworbenen Wohn- und Geschäftshauses ausgeschlossen. Sie könne entweder in einem Büro in D unter Beibehaltung ihrer bisherigen Tätigkeit oder nach Versetzung in eine andere Dienststelle in D weiterbeschäftigt werden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft in C anzubieten.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, eine weitere Beschäftigung der Klägerin in D sei nicht möglich, weil deren Arbeitsaufgaben dort nicht mehr angesiedelt seien. Das Sächsische Landesjugendamt sei in C zusammengeführt worden, um den fachlichen Austausch zwischen den Mitarbeitern zu verbessern und Kontakt- und Informationsverluste auszuschließen. Alle Mitarbeiter der ehemaligen Zweigstellen seien nach C versetzt worden. Diese Versetzung sei der Klägerin zuzumuten.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Versetzung sei rechtsunwirksam, weil der Zeitaufwand bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Zeitgrenzen des § 121 SGB III überschreite, kann die Berufung des Beklagten nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend über die Wirksamkeit der Versetzung entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

12

I. Die Klage ist zulässig.

13

Der Antrag bedarf der Auslegung. Er ist dem Wortlaut nach auf Feststellung gerichtet, dass die Klägerin der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 keine Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft nicht in C anzubieten hat. Der Sache nach begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Versetzung rechtsunwirksam ist. Mit diesem Inhalt ist die Klage als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung kann der Arbeitnehmer diese im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 12, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

14

II. Die Klage könnte unbegründet sein.

15

Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

16

1. Die Parteien haben den Arbeitsort D vertraglich nicht festgelegt.

17

a) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 21. April 1993, dessen äußeres Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 498/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 82), enthält keine Festlegung des Arbeitsorts, sondern nur den im öffentlichen Dienst üblichen Verweis auf die geltenden Tarifverträge (zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Hinblick auf einen vertraglich vereinbarten Tätigkeitsort: BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49). Auch dem Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 ist ein Angebot auf Festlegung des Arbeitsorts D nicht zu entnehmen; mit diesem Schreiben hat der Beklagte lediglich sein Direktionsrecht ausgeübt und der Klägerin den dortigen Arbeitsplatz zugewiesen.

18

b) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf D konkretisiert, dass die Klägerin seit ihrer Einstellung bis zur Versetzung nach C über 15 Jahre dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

19

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig aber keinen Vertrauenstatbestand, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, aaO; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 47, BAGE 118, 22).

20

bb) Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass sie sich auf eine ausgeschriebene Stelle in D beworben und ihr dieser Arbeitsplatz zugewiesen wurde, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken.

21

2. Die Zuweisung des Arbeitsorts C mit Schreiben vom 14. Juli 2008 könnte billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB entsprechen. Soweit das Landesarbeitsgericht wegen der Überschreitung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III festgelegten Grenzen für zumutbare Pendelzeiten die Versetzung für ermessensfehlerhaft erachtet hat, hat es den Regelungsgehalt der Norm verkannt.

22

a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht statt.

23

b) Es unterliegt der gerichtlichen Kontrolle, ob die Entscheidung des Arbeitgebers der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Ob die Entscheidung des Berufungsgerichts wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur eingeschränkt durch das Revisionsgericht überprüft werden kann (vgl. zB BAG 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; aA zB 24. April 1996 - 5 AZR 1031/94 - Rn. 11, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; vgl. GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 73 Rn. 10), bedarf keiner Entscheidung. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

24

aa) Nach § 121 Abs. 4 Satz 1 SGB III ist einem Arbeitslosen aus personenbezogenen Gründen eine Beschäftigung nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind nach § 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen.

25

bb) Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (LAG Hamm 24. Mai 2007 - 8 Sa 51/07 - NZA-RR 2008, 175; LAG Rheinland-Pfalz 9. Dezember 2004 - 6 Sa 326/04 -) kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden. Dies zeigt bereits die Regelungssystematik der Norm, weil nach § 121 Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 SGB III bei nicht nur kurzfristiger Arbeitslosigkeit sogar ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs zumutbar ist. Auch der Regelungsgehalt der Norm steht einer Heranziehung der dort festgelegten Zumutbarkeitsgrenzen im Rahmen der Ermessenskontrolle entgegen. Die Norm bestimmt das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung. Sie dient der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und der Erhöhung der Verantwortung des Arbeitslosen für die Beendigung der Arbeitslosigkeit (BT-Drucks. 13/4941 S. 238 und 13/5676 S. 2). Die Versagung des Arbeitslosengelds bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung ist eine öffentlich-rechtliche Sanktion für mangelnde eigene Leistungsbereitschaft des Leistungsempfängers bei Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung (BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335).

26

cc) Damit ist weder eine Übertragung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthaltenen Wertungen auf die Gestaltung von Sozialplänen(vgl. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335) noch auf die Ausübung billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB möglich. Regelungsziel der gesetzlichen Vorschriften über die Ausübung billigen Ermessens ist es, im Einzelfall eine Entscheidung herbeizuführen, die den wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien angemessen Rechnung trägt. Dies setzt eine individuelle Abwägung aller betroffenen Interessen voraus und schließt eine starre Anwendung sozialrechtlicher Zumutbarkeitsregeln aus. Das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers an kurzen Pendelzeiten und geringem finanziellen Aufwand ist im Rahmen der Abwägung ein wesentliches Kriterium. Ob diese Interessen angemessen berücksichtigt wurden, kann nur durch Abwägung mit den dienstlichen Gründen des Arbeitgebers ermittelt werden, die zu der Ausübung des Direktionsrechts geführt haben. Bei wichtigen dienstlichen Gründen können längere Pendelzeiten zumutbar, bei Gründen von geringerem Gewicht aber bereits kürzere Pendelzeiten unzumutbar sein. Feste Grenzen lassen sich nicht definieren. § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthalten keinen belastbaren Maßstab für die Kontrolle des Ermessensgebrauchs. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist deshalb aufzuheben.

27

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Zwar ist eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 39, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es fehlt an Feststellungen im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten in D; das Landesarbeitsgericht hat auch keine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen vorgenommen. Dies wird nachzuholen sein.

28

a) Zu berücksichtigen ist, dass die Zweigstelle des Sächsischen Landesjugendamts in D aufgelöst wurde und die dortigen Arbeitsaufgaben nunmehr in C angesiedelt sind. Werden im Zuge einer Verwaltungsreform Arbeitsaufgaben verlagert, besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, diese Aufgaben am neuen Arbeitsort weiter von dem dafür qualifizierten und eingearbeiteten Personal wahrnehmen zu lassen (vgl. insoweit zum Personalübergang nach Verlagerung der Aufgaben auf einen anderen Träger: BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 56 f., AP GG Art. 12 Nr. 143). Dies gilt besonders dann, wenn qualifizierte Tätigkeiten verlagert werden. Durch die Versetzung des Personals kann die kontinuierliche und sachgerechte Aufgabenerfüllung sichergestellt werden.

29

b) Gegenüber diesem Interesse des Beklagten an der Versetzung der Klägerin nach C könnte das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres Arbeitsplatzes in D zurückzutreten haben.

30

aa) Die Klägerin muss keine elterliche Sorge gegenüber minderjährigen Kindern mehr auszuüben. Dass sie Miteigentümerin eines kreditbelasteten Hauses und der Ehemann beruflich an den Wohnort D gebunden ist, steht einer Versetzung nach C nicht entgegen. Die Klägerin muss bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes ihren Wohnort nicht ändern. Dass sie aus finanziellen Gründen zu einem Notverkauf des Hauses gezwungen ist, ist nicht erkennbar.

31

bb) Der geltend gemachte zeitliche Aufwand ist individuell beeinflussbar. Die Klägerin kann öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder mit einem eigenen Pkw zum neuen Dienstort fahren, wodurch der Zeitaufwand sich beträchtlich reduziert. Ob der Nutzung eines Pkws gesundheitliche Gründe entgegenstehen, muss ggf. geprüft werden. Möglichen finanziellen Mehrbelastungen der Klägerin wird teilweise dadurch Rechnung getragen, dass sie ihre Arbeitsleistungen zum Teil nach wie vor von ihrem Wohnort aus erbringen kann.

32

cc) Nicht festgestellt ist, ob es zum Zeitpunkt der Versetzung für die Klägerin alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in D gab. Der Beklagte war zwar nicht verpflichtet, von sich aus nach alternativen Arbeitsplätzen für die Klägerin in D zu suchen, weil regelmäßig zunächst ein berechtigtes Interesse besteht, besonders qualifizierte Aufgaben weiter von den eingearbeiteten Arbeitskräften wahrnehmen zu lassen. Macht ein Arbeitnehmer allerdings geltend, es gebe konkrete alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese zu prüfen und im Rahmen der Ausübung des billigen Ermessens ggf. in die Abwägung der wechselseitigen Interessen mit einzubeziehen. Soweit die Klägerin sich allerdings in diesem Zusammenhang bisher auf die Versetzung einer Arbeitnehmerin von C nach D im März 2008 berufen hat, wäre dieser Arbeitsplatz in D nicht in die Abwägung einzubeziehen, wenn er tariflich niedriger bewertet war und die Klägerin dorthin nicht durch Ausübung des Direktionsrechts versetzt werden konnte.

33

III. Abschließende, durch das Verfahren nicht veranlasste Erwägungen des Landesarbeitsgerichts lassen es geboten erscheinen, von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen und den Rechtsstreit an eine andere Kammer zurückzuverweisen.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Alex    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.