Landesarbeitsgericht München Urteil, 13. Aug. 2015 - 3 Sa 303/15

bei uns veröffentlicht am13.08.2015

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 14.01.2015 - 10 Ca 1545/14 -wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer an den Kläger zu zahlenden Jubiläumszahlung.

Der Kläger ist bei der Beklagten, die einen Druckereibetrieb mit den Bereichen Druck und Buchbinderei betreibt, im Bereich Druck als Arbeiter beschäftigt. Die Beklagte gehört dem Verband Druck und Medien Bayern e.V. an.

Die Beklagte wandte ursprünglich die Tarifverträge Druck in den Bereichen Druck und Buchbinderei an. Im Jahr 2008 entschied sie sich, hinsichtlich des organisatorisch eigenständigen Bereichs Buchbinderei zu den kostengünstigeren Tarifverträgen Papier, Pappe und Kunststoff zu wechseln und leitete die Arbeitnehmer des Bereichs Buchbinderei aufgrund eines Haustarifvertrages auf diese Tarifverträge über. Die hierdurch eingetretenen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und Einbußen beim Arbeitsentgelt wurden durch eine Überleitungszulage in unbekannter Höhe kompensiert. Darüber hinaus verzichteten die Arbeitnehmer des Bereichs Buchbinderei ab 01.07.2011 auf ein Essensgeld in Höhe von 210,00 € jährlich sowie auf bezahlte Freizeit am 24. und 31.12. Mit den nach dem Tarifwechsel in dem Bereich Buchbinderei eintretenden Arbeitnehmern vereinbarte die Beklagte arbeitsvertraglich die Anwendung der Tarifverträge Papier, Pappe und Kunststoffe und bot ihnen ab Juli 2011 weder das Essensgeld noch die bezahlte Freizeit am 24. und 31.12. an.

Am 29.04.2011 wechselte die Beklagte in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung und unterbreitete allen Mitarbeitern außerhalb des Bereichs Buchbinderei am 24.05.2011 den Abschluss einer Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag, durch die sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden auf 38,75 Stunden ohne Lohnausgleich erhöhte, die Jahresleistung und das Urlaubsgeld abgesenkt wurden und der Anspruch auf sog. Freischichten, das Essensgeld und bezahlte Freizeit am 24. und 31.12. entfielen. Vor dem Hintergrund von Meinungsverschiedenheiten über die Rechtswirksamkeit der Ergänzungsvereinbarung und der deshalb geführten gerichtlichen Verfahren kam es am 13.01.2013 zum Angebot einer Änderungsvereinbarung zur Ergänzungsvereinbarung aus Mai 2011 (sog. Ergänzungsvereinbarung II.), die neben einer Gehaltserhöhung um 5,3% die Bestätigung enthielt, dass die Regelungen der Ergänzungsvereinbarung vom Mai 2011 unabhängig von dem hierfür als erforderlich vereinbarten Quorum gelten würden.

Der Kläger nahm weder das Angebot zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung I. noch der Ergänzungsvereinbarung II. an, so dass sich seine Arbeitsbedingungen weiterhin nach den statisch nachwirkenden günstigeren Tarifverträgen Druck richten. Mit Arbeitnehmern, die ab Ende Mai 2011 in einem Bereich außerhalb der Buchbinderei neu eigestellt wurden, vereinbarte die Beklagte Arbeitsbedingungen entsprechend den Konditionen der Ergänzungsvereinbarungen.

Im August 2013 erhielt die Mitarbeitergruppe, die die Ergänzungsvereinbarungen abgeschlossen hat bzw. nach deren Bedingungen arbeitet, einen Vorschuss auf die in Ziff. 2 der Ergänzungsvereinbarung vom 24.05.2011 vorgesehene zusätzliche Sonderzahlung. Die daraufhin eingesetzte Einigungsstelle nahm durch Spruch eine Neuverteilung des für die Sonderzahlung zur Verfügung gestellten Budgets vor. Durch Beschluss des Arbeitsgerichts Augsburg vom 29.01.2015 - 7 BV 58/14 - wurde festgestellt, dass dieser Spruch unwirksam sei. Beim Landesarbeitsgericht München ist hierüber eine Beschwerde zum Geschäftszeichen 11 TaBV 41/15 rechtshängig.

Mit Aushang vom 17.09.2013 unterrichtete die Beklagte die Arbeitnehmer über die Absicht, anlässlich des 250. Firmenjubiläums am 21.09.2013 eine Sonderzahlung zu leisten. Es heißt dort auszugsweise:

„250 Jahre C. H. B.

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

C. H.B. feiert das 250. Jahr seines Bestehens! In vielen Reden und Ansprachen rund um dieses Jubiläum wird deutlich: Auch Sie sind Teil dieser besonderen und außergewöhnlichen Geschichte.

Unsere Gesellschafter, Herr Dr. H.D. B. und Herr Dr. W.B., möchten dies unterstreichen und mit einer Jubiläumsprämie für Sie anerkennen.

Sie alle sollen etwas bekommen; keiner soll leer ausgehen. Die Geschäftsleitung wird dem Betriebsrat dazu heute einen Vorschlag vorlegen, der eine Grundprämie für alle vorsieht sowie zusätzliche Prämienbestandteile zum Beispiel für Elternteile mit unterhaltspflichtigen Kindern und diejenigen unter Ihnen, die in den vergangenen Jahren auf Lohn- und Gehaltsbestandteile verzichtet haben.

..."

Unter Abänderung des Entwurfs, für dessen Inhalt im Einzelnen auf Anlage B7 (= Bl. 78 d. A.) Bezug genommen wird, schlossen die Betriebspartner am 20.09.2013 eine „Betriebsvereinbarung zur Auszahlung einer Prämie anlässlich des 250. Firmenjubiläums im September 2013“ ab, in der u.a. bestimmt ist:

„2. Verteilung der Jubiläumszahlung Für die nachfolgend genannten Gruppen wird jeweils eine Sonderzahlung gewährt, die sowohl steuer- als auch sozialversicherungspflichtig mit der Abrechnung für den Monat Oktober 2013 ausbezahlt wird.

1. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Vollzeitbasis 35 Std.-Woche), die der Tarifbindung der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie unterliegen aufgrund der geleisteten Verzichte: 1.500 € Teilzeitbeschäftigte erhalten die Prämie im Verhältnis des Anteils ihrer Arbeitszeit zur Vollzeit.

2. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Vollzeitbasis 38,75 Std.-Woche), die zu den Konditionen der Ergänzungsverträge tätig sind (entweder mit gültigem Ergänzungsvertrag oder seit Juni 2011 zu diesen Konditionen ins Unternehmen eingetreten) aufgrund der geleisteten Verzichte: 1.500 € Teilzeitbeschäftigte erhalten die Prämie im Verhältnis des Anteils ihrer Arbeitszeit zur Vollzeit.

3. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Vollzeitbasis 35 Std.-Woche), die entsprechend den nachwirkenden Bedingungen des Tarifvertrages Druck tätig sind und auf keine Entgeltbestandteile verzichtet haben: 800 € Teilzeitbeschäftigte erhalten die Prämie im Verhältnis des Anteils ihrer Arbeitszeit zur Vollzeit.

4. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erhalten je bis zum 31.08.2013 geborenen, unterhaltspflichtigem bzw. in Ausbildung befindlichem Kind, für das Kindergeld bezogen wird einen Betrag in Höhe von 500,- € (Kinder-Bonus). Der Kinder-Bonus muss beantragt werden und wird auch an Mitarbeiter in Elternzeit gezahlt.

..."

Der Kläger, der zum Auszahlungszeitpunkt entsprechend den nachwirkenden Bedingungen des Tarifvertrages Druck tätig war, erhielt 800,00 € ausbezahlt. Nach erfolgloser au ßergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 09.01.2014 begehrt er mit seiner am 12.06.2014 beim Arbeitsgericht Augsburg eingegangenen Klage Zahlung weiterer 700,00 € brutto.

Dieser Anspruch folge aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil der Kläger schlechter behandelt werde als die Mitarbeiter, die die Ergänzungsvereinbarung abgeschlossen hätten bzw. nach deren Bedingungen arbeiteten. Die Betriebsvereinbarung rechtfertige nicht die Ungleichbehandlung, da sie formell und materiell unwirksam sei. Die Beklagte habe den Betriebsrat erheblich unter Druck gesetzt, weil die Befürchtung bestanden habe, überhaupt nichts zu bekommen, wenn der Betriebsrat dem Vorschlag der Beklagten nicht zustimme. Im Übrigen seien zwei Betriebsratsmitglieder zur Sitzung am 20.09.2013, als der Beschluss zur Betriebsvereinbarung getroffen wurde, nicht ordnungsgemäß geladen und anwesend gewesen. Ihre materielle Unwirksamkeit begründe sich aus dem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Nach dem Zweck der Jubiläumszahlung, der in der generellen Belohnung aller Arbeitnehmer anlässlich des Firmenjubiläums bestehe, hätte nicht zwischen den Arbeitnehmern differenziert werden dürfen. Der behauptete Ausgleich von Nachteilen sei nicht angestrebt worden, weil die höhere Zulage auch für die vor 2008 eingestellten Buchbinder vorgesehen worden sei und eine pauschale Zahlung unabhängig von den Verdienstunterschieden der Arbeitnehmer zu keinem gerechten Ausgleich führen könne. Auch werde nach dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung weder eine Grundprämie noch ein „Zusatz für geleistete Verzichte“ gezahlt. Es seien von vornherein zwei Arbeitnehmergruppen gebildet worden. Darüber hinaus rechtfertige sich der Anspruch aus § 612 a BGB. Der Kläger habe in zulässiger Weise sein Recht ausgeübt, über seine bisherigen Arbeitsbedingungen nicht verfügen zu wollen, weshalb ihm die höhere Jubiläumszahlung vorenthalten worden sei.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit den Regelungen der Betriebsvereinbarung begründet, die formell und materiell wirksam seien. Insbesondere verstoße die Betriebsvereinbarung nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die dort geregelte Jubiläumszulage bestehe aus drei Komponenten. Zum einen würden alle auf Vollzeitbasis tätigen Arbeitnehmer eine Grundprämie von 800,00 € brutto erhalten. Die Arbeitnehmer, die nicht entsprechend den nachwirkenden Bedingungen der Tarifverträge Druck tätig seien, sondern den ungünstigeren Tarifverträgen Papier, Pappe und Kunststoff unterfielen oder die zu den Konditionen der Ergänzungsvereinbarungen tätig seien, erhielten einen zusätzlichen Beitrag als Ausgleich für die „geleisteten Verzichte“ in Höhe von weiteren 700,00 € brutto, d.h. zusammen mit der Grundprämie einen Betrag von 1.500,00 € brutto. Die dritte Komponente sei der Kinderbonus. Die zusätzliche Gewährung von 700,00 € an Mitarbeiter, die schlechtere Arbeitsbedingungen hätten, stehe im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach eine Sonderzahlung ohne Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einer Gruppe von Arbeitnehmern vorenthalten werden dürfe, wenn sie dem Ausgleich von Nachteilen derjenigen Arbeitnehmer diene, die mit dem Arbeitgeber ungünstigere Arbeitsbedingungen vereinbart hätten. Im Übrigen wäre der geltend gemachte Anspruch des Klägers bei Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung nicht gegeben. Es würde an einer Rechtsgrundlage fehlen. Die Umdeutung einer nichtigen Betriebsvereinbarung in ein individualrechtlich wirksames Rechtsgeschäft sei regelmäßig nicht möglich. Nur in Ausnahmefällen, nämlich wenn der Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung in Kenntnis ihrer Unwirksamkeit anwende, könne von einem hypothetischen Willen des Arbeitgebers, die streitige Leistung erbringen zu wollen, ausgegangen werden. Aus diesem Grund könne auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz den geltend gemachten Anspruch nicht rechtfertigen, weil er bei bloßem - auch vermeintlichem - Normenvollzug nicht zur Anwendung käme. Ein Anspruch aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes könne sich erst dann ergeben, wenn der Arbeitgeber in Kenntnis der Unwirksamkeit oder des tatsächlichen Inhalts der Betriebsvereinbarung Leistungen erbringe. Darüber hinaus habe die Beklagte das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB nicht verletzt. Der Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung sei keine Benachteiligung i.S.v. § 612 a BGB. Auch sei der tragende Grund für die Ungleichbehandlung nicht die zulässige Ablehnung der Änderungsvereinbarung, sondern das bestehende ungleiche Lohnniveau gewesen.

Das Arbeitsgericht Augsburg hat durch Endurteil vom 14.01.2015 - 10 Ca 1545/14 - die Klage abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich weder aus der Betriebsvereinbarung noch aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz noch aus einem Verstoß gegen § 612 a BGB. Aus der Betriebsvereinbarung ergebe sich zweifelsfrei, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Jubiläumszulage habe. Ein Anspruch auf Zahlung der Jubiläumszulage aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz setze voraus, dass die Betriebsvereinbarung unwirksam sei. Die Betriebsvereinbarung sei jedoch formell und materiell wirksam. Insbesondere verstoße die Betriebsvereinbarung nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Jubiläumszulage lasse sich in einen Sockel- und einen Erhöhungsbetrag aufsplitten. Hinsichtlich des Sockelbetrags, der für alle Mitarbeiter gleich sei, liege keine Ungleichbehandlung vor. Hinsichtlich des Erhöhungsbetrages sei zwar eine Ungleichbehandlung anzunehmen. Diese sei aber sachlich gerechtfertigt, da der Erhöhungsbetrag allein wegen des Verzichts auf die günstigeren Arbeitsbedingungen gezahlt werde. Dies ergebe sich zum einen aus dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung, wonach diejenigen, an die 1.500,00 € Jubiläumszulage gezahlt würde, diese allein aufgrund des geleisteten Verzichtes erhielten. Darüber hinaus ließe sich aus der Betriebsvereinbarung kein weiterer Zweck, der mit der Jubiläumszulage verfolgt werde, entnehmen. Das Betriebsjubiläum bei der Beklagten sei nur Anlass für die Zahlung, nicht aber deren Zweck oder Voraussetzung gewesen. Ein Verstoß gegen das Maßregelverbot nach § 612 a BGB liege nicht vor. Zwar habe der Kläger die Vertragsänderung abgelehnt und dadurch einen Nachteil erlitten, weil er im Gegensatz zu den verzichtenden Arbeitnehmern nur den Sockelbetrag der Jubiläumszahlung erhalte. Tragender Grund für seine Benachteiligung sei nach dem Zweck der Leistung jedoch ausschließlich der Ausgleich von Nachteilen, die andere Arbeitnehmer mit ihrem Verzicht erlitten hätten, gewesen.

Gegen dieses, seiner Prozessbevollmächtigten am 17.03.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.04.2015 Berufung eingelegt und am 22.05.2015 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum diesem Tage verlängert worden war.

Die Betriebsvereinbarung sei formell und materiell unwirksam mit der Folge, dass der darin enthaltene Verteilungsmodus nicht zur Anwendung kommen könne. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts stelle sich die Differenzierung der Betriebsvereinbarung in die Gruppe derjenigen, die einen Wechsel der Tarifbindung bzw. eine arbeitsvertragliche Änderung und einen damit einhergehenden Gehaltsverzicht akzeptierten, und in die Gruppe derjenigen, die eine Änderung nicht akzeptiert hätten und weiterhin entsprechend den statisch nachwirkenden Tarifverträgen Druck tätig seien, als Verstoß gegen den Gleich-behandlungsgrundsatz und gegen § 612 a BGB dar. Die Betriebsvereinbarung lege die Zweckbestimmung der Sonderzahlung als „anlässlich des 250. Firmenjubiläums“ fest und lasse keinen Rückschluss auf den Zweck, unterschiedliche Vergütungen ausgleichen zu wollen, zu. Das 250. Firmenjubiläum könne nicht durch Einsparungen gefördert oder er reicht werden. Selbst wenn eine zulässige Differenzierung vorläge, sei sie nur solange gerechtfertigt und zulässig, als dies nicht zu einer tatsächlichen Überkompensation und damit zu einer Besserstellung der Arbeitnehmergruppe führe, die auf Leistungen ursprünglich verzichtet habe. Tatsächlich sei eine solche Besserstellung, die exemplarisch dargestellt werde, mittlerweile gegeben. Auch könne sich die Beklagte nicht auf den bloßen „Normenvollzug“ und darauf berufen, sie könne ja nur das Beschlossene umsetzen. Der Kläger könne vielmehr verlangen so behandelt zu werden, wie die Arbeitnehmer, die die ungekürzte Prämie erhielten.

Der Kläger beantragt,

Das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 14.01.2015, Az. 10 Ca 1545/14 wird abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 700,- brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz käme im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, weil die Beklagte lediglich Leistungen aufgrund der mit normativer Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) geltenden Betriebsvereinbarung vom 20.09.2013 erbracht habe. Aus Sicht der Beklagten bestanden und bestehen an der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung auch keinerlei Zweifel. Jedenfalls wären die Voraussetzungen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die vorgenommene Differenzierung der Jubiläumszahlung in 800,00 € bzw. 1.500,00 € sei gerechtfertigt. Mit dem Arbeitsgericht sei davon auszugehen, dass das Firmenjubiläum bei der Beklagten lediglich Anlass für die Zahlung, nicht aber deren Zweck oder Voraussetzung gewesen sei. Ein weiterer Zweck ließe sich der Betriebsvereinbarung vom 20.09.2013 nicht entnehmen. Die Behauptung einer angeblichen Überkompensation scheitere schon deshalb, weil sich der Gesamtvergleich nicht konkret auf den Kläger beziehe. Der geltend gemachte Anspruch begründe sich nicht aus dem Maßregelungsverbot des § 612 a BGB, weil der Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung keine Benachteiligung im Sinne dieser Rechtsnorm sei. Schließlich könnten sich aus einer unwirksamen Betriebsvereinbarung keinerlei Ansprüche ableiten, was insbesondere für eine aus formellen Gründen unwirksame Betriebsvereinbarung gelte.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 22.05.2015 (Bl. 170 - 180 d. A.), den Schriftsatz der Beklagten vom 07.08.2015 (Bl. 212 -279 d. A.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.08.2015 (Bl. 280 - 283 d. A.) Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die nach § 64 Abs. 3 lit. b) ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, 3 und 5, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht Augsburg hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der geltend gemachte Anspruch sich aus keiner Rechtsgrundlage ergibt.

1. Die Zahlung weiterer 700,00 € brutto begründet sich nicht aus der Betriebsvereinbarung vom 20.09.2013.

Der Kläger erfüllt unstreitig nicht die Voraussetzungen für die Zahlung von 1.500,00 € brutto nach Ziff. 2.1. und 2.2. der Betriebsvereinbarung. Soweit der Kläger die formelle und materielle Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung behauptet, fehlt es an einer An spruchsgrundlage (vgl. BAG, Urteil vom 26.04.2005 - 1 AZR 76/04 - NZA 2005, 892: „Die BV begründet keinen Anspruch des Kl. Sie ist unwirksam.“; vgl. auch Fitting, BetrVG, 27. Aufl. 2014, § 77, Rn. 31 m.w.N.).

2. Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gebietet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz dem Arbeitgeber, der Teilen seiner Arbeitnehmer freiwillig nach einem bestimmten erkennbaren generalisierenden Prinzip Leistungen gewährt, Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Untersagt ist ihm danach sowohl eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch eine sachfremde Gruppenbildung. Dabei gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz bei Fragen der Vergütung nur eingeschränkt; insoweit hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Gehälter Vorrang. Erfolgt die Vergütung jedoch nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip, indem er bestimmte Voraussetzungen oder bestimmte Zwecke festlegt, greift der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Bereich der Entgeltzahlung. Voraussetzung für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist, dass der Arbeitgeber durch ein eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk oder eine eigene Ordnung geschaffen hat. Danach knüpft die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer nicht unmittelbar an die Leistung selbst an, sondern vielmehr an das von ihm zu Grunde gelegte, selbstbestimmte generalisierende Prinzip. Es handelt sich dabei um eine privatautonome Verteilungsentscheidung, die ihren Ausdruck in einer vom Arbeitgeber freiwillig gesetzten Anspruchsgrundlage für die jeweilige Leistung findet. Der Leistung selbst geht jeweils die „Schaffung eines eigenen Regelwerks … durch eigenes gestaltendes Verhalten“ voraus, in der das generalisierende Prinzip festgelegt wird. Bei der Bestimmung der für den Leistungsanspruch maßgebenden Kriterien und der Konkretisierung des „generalisierenden Prinzips“ ist der Arbeitgeber allerdings an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Bei bloßem - auch vermeintlichem - Normenvollzug gilt dieser dagegen nicht. Es fehlt insoweit an einer eigenen Verteilungsentscheidung des Arbeitgebers, wenn er subjektiv keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen bildet, sondern sich - wenn auch irrtümlicherweise - verpflichtet sieht, eine aus seiner Sicht wirksame Regelung nur vollziehen zu müssen. Anders verhält es sich, wenn der Arbeitgeber nach Kenntnis von seinem Irrtum die bis dahin ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen weiter gewährt und rechtlich mögliche Rückforderungsansprüche nicht geltend macht. Ab diesem Zeitpunkt erbringt er bewusst zusätzliche freiwillige Leistungen aufgrund einer eigenen Entscheidung, die ihrerseits dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz genügen muss (st.Rspr., vgl. BAG, Urteil vom 21.05.2014 - 4 AZR 50/13 - NZA 2015, 115, Rn. 19 und 20 m.w.N.; vgl. auch BAG, Urteil vom 26.04.2005 - 1 AZR 76/04 - NZA 2005, 892, unter der Gründe; Urteil vom 06.07.2011 - 4 AZR 569/09 - NZA 2011, 1426, Rn. 23; Urteil vom 21.09.2011 - 5 AZR 520/10 - NZA 2012, 31, Rn. 21; LAG Nürnberg, Urteil vom 14.01.2014 - 6 Sa 398/13 - BeckRS 2014, 71699, Rn. 32 m.w.N.; Fitting, a.a.O., § 75, Rn. 38 und 39 m.w.N.).

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze, denen sich die erkennende Kammer anschließt, ist der geltend gemachte Anspruch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu begründen.

Die Beklagte hat die Auszahlung der Jubiläumszahlungen im Oktober 2013 nicht aufgrund eines eigenen Regelwerkes oder einer eigenen Ordnung vorgenommen, sondern in Vollzug der Betriebsvereinbarung zur Auszahlung einer Prämie anlässlich des 250. Firmenjubiläums im September 2013 vom 20.09.2013. Damit fehlt es an einer freiwilligen Zahlung ohne rechtliche Verpflichtung, weil eine Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar und zwingend gilt und damit unabhängig vom Willen und der Kenntnis der Vertragspartner das Arbeitsverhältnis gestaltet (vgl. Fitting, a.a.O., § 77, Rn. 125 m.w.N.). Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht die Betriebsvereinbarung als rechtliche Verpflichtung zur Zahlung ausdrücklich anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 26.04.2005, a.a.O., unter II.2. der Gründe; vgl. auch Urteil vom 03.09.2014 - 5 AZR 6/13 - NZA 2015, 222, Rn. 21: „Die Beklagte hat freiwillig, also ohne hierzu - insbesondere arbeitsvertraglich oder aufgrund der BV Entgelt - rechtlich verpflichtet zu sein …“).

Für diese Auffassung scheinen gute Gründe zu sprechen, weil sich der Arbeitgeber anderenfalls in einem unlösbaren Dilemma befände: Einerseits wäre der Arbeitgeber verpflichtet, die Betriebsvereinbarung zu erfüllen und könnte ggf. gemäß § 77 Abs. 1 BetrVG durch den Betriebsrat über ein gerichtliches Verfahren zu deren Einhaltung angehalten werden. Andererseits wäre er gezwungen, andere Leistungen in Abweichung von der Betriebsvereinbarung auf der Grundlage des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu gewähren (vgl. LAG Nürnberg, Urteil vom 14.01.2014 - 6 Sa 398/13 - a.a.O., Rn. 32 am Ende). Bedenken gegen diese Auffassung ergeben sich vor dem Hintergrund, dass die Rechtsgrundlage für eine ergänzende Zahlung nicht die Betriebsvereinbarung, sondern die Betriebsvereinbarung im Verbindung mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz wäre (so ausdrücklich LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.2008 - 5 Sa 494/08 - BeckRS 2009, 63103), mit der Folge, dass eine zusätzliche Leistungsgewährung nicht gegen die Betriebsvereinbarung verstieße. Im Übrigen haben beide Betriebspartner und mithin der Betriebsrat gemäß § 75 Abs. 1 BetrVG den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten, so dass vertreten werden könnte, der Umstand, dass die Regelung nicht einseitig von der Beklagten vorgenommen worden sein, habe keine Auswirkungen bzgl. des Gleichbehandlungsgrundsatzes (so LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.2008, a.a.O., unter Bezugnahme auf BAG, Urteil vom 19.04.1983 - 1 AZR 498/81 - AP GG Art. 3 Nr. 124). Im Hinblick auf die aufgeführte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die erst jüngeren Datums ist, hat die Kammer von einer abweichenden Entscheidung jedoch abgesehen.

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch lässt sich im Anschluss an die aufgeführte Rechtsprechung auch nicht unter dem Gesichtspunkt rechtfertigen, der Beklagten sei im Auszahlungszeitpunkt positiv bekannt gewesen, dass die Betriebsvereinbarung vom 20.09.2013 etwa wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes oder aus anderen Gründen unwirksam gewesen wäre. Für diese Annahme hat der Kläger nichts vorgebracht. Dagegen sprechen im Übrigen die erstinstanzliche Entscheidung und die weiteren Entscheidungen in Parallelfällen, die die Beklagte als Anlagen B9 - B11 zur Gerichtsakte gereicht hat und die allesamt zu Gunsten der Beklagten entschieden worden sind.

Deshalb konnte die Kammer es dahingestellt lassen, ob eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorliegt.

3. Schließlich ist der geltend gemachte Anspruch nicht nach § 612 a BGB begründet.

Nach § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Es kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen der Norm vorliegen. Der Kläger begehrt Ersatz eines Vermögensschadens, der ihm wegen benachteiligender Vorenthaltung eines Teils der Jubiläumszahlung zustehen soll. Diese Rechtsfolge ergibt sich nicht unmittelbar aus § 612 a BGB, sondern erst in Verbindung mit § 280 Abs. 1 oder § 823 Abs. 2 BGB (vgl. ErfK/Preis, 15. Aufl. 2015, § 612 a BGB, Rn. 23; APS/Linck, 4. Aufl. 2012, BGB, § 612 a, Rn. 25; Müller-Glöge in MünchKom BGB, 6. Aufl. 2012, § 612 a, Rn. 23; vgl. auch BAG, Urteil vom 21.09.2011 - 7 AZR 150/10 - NZA 2012, 317, Rn. 36). Im beiden Fällen wird ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten vorausgesetzt, § 276 BGB, das wegen der ihre Rechtsauffassung stützenden erstinstanzlichen Urteile des Arbeitsgerichts Augsburg nicht zu bejahen ist.

4. Besondere Umstände, die die Annahme rechtfertigen, die Beklagte habe sich unabhängig von der möglichen Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, ihren Arbeitnehmern die darin vorgesehenen Leistungen zu gewähren (vgl. Fitting, a.a.O., Rn. 105 m.w.N. aus der Rechtsprechung) sind seitens des Klägers nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

III.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

IV.

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ArbGG zuzulassen, wobei für letztere Fallgruppe auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17.12.2008 - 8 Sa 494/08 - BeckRS 2009, 63103 verwiesen wird.

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bei uns veröffentlicht am 03.09.2014

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2012 - 15 Sa 139/11 - in seinen Ziffern I.9. und II. aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13

bei uns veröffentlicht am 21.05.2014

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2012 - 17 Sa 285/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Sept. 2011 - 5 AZR 520/10

bei uns veröffentlicht am 21.09.2011

Tenor 1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Juni 2010 - 7 Sa 195/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kläger die Kost

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Sept. 2011 - 7 AZR 150/10

bei uns veröffentlicht am 21.09.2011

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Dezember 2009 - 3 Sa 267/09 - aufgehoben.

Referenzen

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf 700,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine anteilige Jubiläumszulage in Höhe von 700,00 €. Der Kläger ist bei der Beklagten als Arbeiter zuletzt mit einem monatlichen Bruttoentgelt von durchschnittlich 2.800,00 € auf einer 35 Stunden-Vollzeitstelle beschäftigt.

Der Kläger ist im Bereich Druck tätig. Am 24.11.2012 bot die Beklagte den Mitarbeitern (außerhalb der Buchbinderei) den Abschluss einer Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag an. Gegenstand dieses Ergänzungsvertrages war unter anderem eine Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden auf 38,75 Stunden ohne Lohnausgleich, eine stufenweise Absenkung der Jahresleistung, eine Absenkung des Urlaubsgeldes sowie der Wegfall des Anspruchs auf sogenannte Freischichten, auf das Essensgeld in jährlicher Höhe von 210,00 € und auf bezahlte Freizeit an Heilig Abend und Silvester. Die Arbeitnehmer im Bereich Druck schlossen den angebotenen Ergänzungsvertrag und einen Ergänzungsvertrag 2 ab. Der Klägerebenso wie einige andere Mitarbeiter - nahm dieses Angebot nicht an, sodass sich seine Arbeitsbedingungen immer noch nach den nachwirkenden günstigeren Tarifverträgen Druck richten. Ab Ende Mai 2011 vereinbarte die Beklagte mit neu angestellten Mitarbeitern Arbeitsbedingungen entsprechend der Konditionen des Ergänzungsvertrages. Auch im Bereich der organisatorisch eigenständigen Buchbinderei gab es im Jahr 2008 Änderungen der Arbeitsbedingungen. In diesem Bereich leitete die Beklagte aufgrund eines Haustarifvertrags die betroffenen Mitarbeiter der Buchbinderei von den Tarifverträgen Druck auf die Tarifverträge Papier, Pappe und Kunststoff über. Darüber hinaus nahmen die Mitarbeiter der Buchbinderei aufgrund von Verzichtsvereinbarungen hin, dass das Essensgeld in jährlicher Höhe von 210,00 € sowie der Anspruch auf bezahlte Freizeit am 24. Dezember und 31.Dezember entfielen.

Vor dem Hintergrund des anstehenden 250. Firmenjubiläums schlossen die Geschäftsleitung der Druckerei C.H. Beck und der Betriebsrat in C-Stadt am 20.09.2013 eine Betriebsvereinbarung ab, wonach alle Arbeitnehmer des Betriebes einschließlich der Auszubildenden eine Sonderzahlung anlässlich des Firmenjubiläums nach Maßgabe der Regelungen der Betriebsvereinbarungen erhalten. Die Betriebsvereinbarung lautet auszugsweise wie folgt:

„2. Verteilung der Jubiläumszulage“

Für die nachfolgend genannten Gruppen wird jeweils eine Sonderzahlung gewährt, die sowohl steuer- als auch sozialversicherungspflichtig mit der Abrechnung für den Monat Oktober 2013 ausbezahlt wird.

1. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die der Tarifbindung Papier, Pappe und Kunststoffverarbeitenden Industrie unterliegen aufgrund geleisteten Verzichte 1.500,00 €. …

2. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen die zu den Konditionen der Ergänzungsverträge tätig sind (entweder mit gültigem Ergänzungsvertrag oder seit Juni 2011 zu diesen Konditionen ins Unternehmen eingetreten) aufgrund der geleisteten Verzichte 1.500,00 €. …

3. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die entsprechend den nachwirkenden Bedingungen des Tarifvertrags Druck tätig sind und auf keine Entgeltbestandteile verzichtet haben 800,00 €. … Der Kläger, der weiterhin den Tarifverträgen Druck unterliegt, erhielt entsprechend dieser Betriebsvereinbarung einen Betrag von 800,00 €. Mit seiner am 12.06.2014 beim Arbeitsgericht Augsburg eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung weiterer 700,00 € Jubiläumszulage.

Zur Begründung trägt er vor.

Der Anspruch auf volle Jubliäumszulage ergebe sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz, da der Kläger schlechter behandelt werde, als die Mitarbeiter, die Ergänzungsverträge abgeschlossen hätten. Die Betriebsvereinbarung könne als Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung nicht herangezogen werden, da sie zum einen nicht wirksam zustande gekommen sei und zum anderen selbst gegen höherrangiges Recht verstoße. Denn zum einen habe die Beklagte den Betriebsrat erheblich unter Druck gesetzt, da der Betriebsrat bzw. große Teile der Belegschaft fürchteten, überhaupt nichts zu bekommen, wenn der Betriebsrat der Vereinbarung nicht zustimme. Im Übrigen seien zwei Betriebsratsmitglieder zur entscheidenden Sitzung nicht ordnungsgemäß geladen und nur bei den Vorgesprächen am 18.09.2003 dabei gewesen.

Die Betriebsvereinbarung sei auch materiell unwirksam wegen des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Zweck der Jubiläumszulage sei allein eine generelle Belohnung aller Mitarbeiter anlässlich eines für die Firmengeschichte bedeutsamen Ereignisses gewesen. Nicht angestrebt gewesen sei die Kompensation etwaiger durch Änderungsverträge eingetretener Nachteile.

Im Übrigen ergäbe sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Jubiläumszulage auch aus § 612 a BGB. Denn der Kläger habe in zulässiger Weise sein Recht ausgeübt, über seine bislang geltenden Arbeitsbedingungen nicht verfügen zu wollen. Allein aus diesem Grunde habe man ihm Vorzüge vorenthalten, die anderen Kollegen gewährt wurden. Hierin liege bereits eine unzulässige Maßregelung begründet.

Der Kläger beantragt zuletzt,

Die Beklagte wird verurteilt, 700,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 an den Kläger zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Zur Begründung trägt sie vor.

Es sei nicht ersichtlich, wie der angegebene enorme Druck einen Unwirksamkeitsgrund für die Betriebsvereinbarung darstellen solle, zumal hier die Vorschriften des BGB über Willenserklärung und Rechtsgeschäfte grundsätzlich Anwendung fänden. Allein der Vortrag, 2 Mitglieder seien nicht ordnungsgemäß geladen, könne die Wirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses nicht in Frage stellen, da ein wirksamer Betriebsratsbeschluss auch dann gefasst werden könne, wenn die Ladung nicht allen formellen Anforderungen genüge und insoweit nicht ordnungsgemäß sei.

Die Betriebsvereinbarung sei auch materiell wirksam. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor. Die Jubiläumszulage bestehe nämlich aus 3 Komponenten. Zum einen würden alle auf Vollzeitbasis tätigen Arbeitnehmer eine Grundprämie von 800,00 € brutto erhalten. Die Arbeitnehmer, die nicht entsprechend der nachwirkenden Bedingungen der Tarifverträge Druck tätig seien, sondern den ungünstigeren Tarifverträgen Papier, Pappe und Kunststoff unterfielen oder die zu den Konditionen der Ergänzungsverträge tätig seien, erhielten einen zusätzlichen Betrag als Ausgleich für die geleisteten Verzichte in Höhe von weiteren 700,00 €. Die dritte Komponente sei ein Kinderbonus. Die Zahlung des zusätzlichen Betrages in Höhe von 700,00 € an die Mitarbeiter, die schlechtere Arbeitsbedingungen hätten, sei im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BAGs, wonach eine Sonderzahlung ohne Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einer Gruppe von Arbeitnehmern vorenthalten werden dürfe, wenn sie dem Ausgleich von Nachteilen derjenigen Arbeitgeber dient, die mit dem Arbeitgeber ungünstigere Arbeitsbedingungen vereinbart hätten.

Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB liege ebenfalls nicht vor, da nach der Rechtsprechung des BAG ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot dann nicht vorliege, wenn die benachteiligende Maßnahme des Arbeitgebers darin bestehe, diejenigen Arbeitnehmer von einer Entgeltleistung auszunehmen, die eine auf Vergütungsminderung zielende Vertragsänderung abgelehnt hätten. Dann sei nämlich der tragende Grund für die Ungleichbehandlung nicht die zulässige Ablehnung des Änderungsvertrags, sondern das ungleiche Lohnniveau. Da die Betriebsvereinbarung also wirksam sei, habe der Kläger weder aus der Betriebsvereinbarung noch aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 700,00 €.

Gründe

Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung weiterer 700,00 € an Jubiläumszulage ergibt sich weder aus der Betriebsvereinbarung noch aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz noch aus einem Verstoß gegen den § 612 a BGB.

Aus der Betriebsvereinbarung ergibt sich zweifelsfrei, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Jubiläumszulage hat.

Ein Anspruch auf Zahlung der Jubiläumszulage aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz setzt zunächst voraus, dass die Betriebsvereinbarung unwirksam ist. Die Betriebsvereinbarung ist jedoch formell und materiell wirksam.

Allein die Tatsache, dass der Betriebsrat bei Abschluss der Betriebsvereinbarung unter nachvollziehbaren Druck gestanden ist, begründet nicht die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung. Unwirksam wäre die Betriebsvereinbarung allenfalls, wenn sie wirksam wegen widerrechtlicher Drohung angefochten worden wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Weitere sich aus dem BGB, dessen Vorschriften über Willenserklärungen hier Anwendung finden (vgl. ErfK § 77 BetrVG, Rn. 24) ergebende Unwirksamkeitsgründe sind nicht erkennbar.

Allein der im Übrigen bestrittene Vortrag, dass zwei Betriebsratsmitglieder nicht ordnungsgemäß geladen seien, genügt nicht zur Begründung der Unwirksamkeit des Betriebsratsbeschlusses. Denn der Vortrag ist insoweit nicht ausreichend dahingehend substantiiert, welchen formellen Mangel die Ladung hat bzw. ob die Betriebsratsmitglieder überhaupt geladen wurden.

Die Betriebsvereinbarung ist auch materiell wirksam. Insbesondere verstößt sie nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbstgesetzten Regelung gleich zu behandeln. Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen aus unsachlichen Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen. Eine sachfremde Benachteiligung jedoch liegt nicht vor, wenn sich nach dem Leistungszweck Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, diesem Arbeitnehmer, die den anderen gewährte Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbestimmung ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird (vgl. BAG Urteil vom 13.04.2011 – AZ: 10 AZR 88/10).

Die Rechtsprechung sieht einen sachlichen Grund für die Differenzierung bei einer Einmalzahlung oder eine Lohnerhöhung dann, wenn sie den Zweck verfolgt, unterschiedliche Vergütungen auszugleichen, die darauf beruhen, dass der Arbeitgeber zuvor eine Lohnabsenkung aus wirtschaftlichen Gründen bei einem Teil seiner Arbeitnehmer durchgesetzt hat. Unerheblich ist, ob der Arbeitgeber einen gänzlichen oder nur teilweisen Ausgleich vornimmt. Die Einkommenslage der Arbeitnehmer muss der früheren Situation wieder näher kommen (vgl. BAG Urteil vom 15.07.2009, AZ 5 AZR 486/08). Entscheidend sind demnach für die Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung bei Einmalzahlungen bzw. Lohnerhöhungen folgende Gesichtspunkte. Zunächst muss es in einem Betrieb eine Einkommensdifferenz zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern geben, die darauf zurück zu führen ist, dass eine Gruppe von Arbeitnehmern mit der Änderung ihrer Arbeitsbedingungen zu ihrem Nachteil einverstanden war und die andere Gruppe von Arbeitnehmern nicht. Zweck der Leistung muss der zumindest teilweise Ausgleich für die Gruppe mit den schlechteren Arbeitsbedingungen sein. Entscheidend ist dabei, dass Voraussetzung für eine bestimmte Zahlung allein das unterschiedliche Lohnniveau mehrerer Arbeitnehmergruppen ist und die Leistung nicht von weiteren Voraussetzungen, wie z. B. von der Betriebszugehörigkeit abhängig gemacht wird. Denn indem die Leistung von der Betriebszugehörigkeit abhängig wird, dient sie zumindest auch der Honorierung der Betriebstreue und nicht nur dem Ausgleich des unterschiedlichen Lohnniveaus zweier Arbeitnehmergruppen (vgl. hierzu BAG Urteil vom 05.08.2009 – AZ:10 AZR 666/08).

Genau diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Nach Auffassung der Kammer lässt sich die Jubiläumszulage in einen Sockelbetrag und einen Erhöhungsbetrag aufsplitten. Hinsichtlich des Sockelbetrags liegt keine Ungleichbehandlung vor, da dieser für alle Mitarbeiter gleich ist. Hinsichtlich des Erhöhungsbetrages liegt zwar eine Ungleichbehandlung vor. Diese ist aber sachlich gerechtfertigt, da dieser Erhöhungsbetrag allein wegen des Verzichts auf die günstigeren Arbeitsbedingungen bezahlt wird. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung wonach diejenigen, die 1.500,00 € Jubiläumszulage erhalten, diese allein aufgrund des geleisteten Verzichtes erhalten. Darüber hinaus lässt sich aus der Betriebsvereinbarung kein weiterer Zweck, der mit der Jubiläumszulage verfolgt wird, entnehmen. Insbesondere knüpft die Jubiläumszulage entgegen dem vom BAG in seinem Urteil vom 05.08.2009 ( AZ: 10 AZR 666/08) entschiedenen Fall gerade nicht an die Betriebszugehörigkeit an. Eine weitere Differenzierung erfolgt nur hinsichtlich einer Vollzeit bzw. einer Teilzeittätigkeit. Damit wird aber kein eigenständiger Zweck erfüllt. Es spielt auch keine Rolle, dass es sich bei der Zahlung um eine Jubiläumszuwendung handelt. Das Betriebsjubiläum bei der Beklagten war nur Anlass für die Zahlung, nicht aber deren Zweck oder Voraussetzung.

Damit ist die Betriebsvereinbarung formell und materiell wirksam. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt nicht vor, sodass der Kläger seinen Anspruch nicht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten kann.

Ein Verstoß gegen das Maßregelverbot liegt ebenfalls nicht vor. Gem. § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitgeber in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG liegt eine Benachteiligung nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese ihre Rechte ausüben (vgl. hierzu BAG Urteil vom 13.04.2011 – 10 AZR 88/10 m. w. N.). Das Maßregelverbot ist jedoch nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer kausaler Zusammenhang dahingehend besteht, dass die zulässige Rechtsausübung der tragende Grund für die benachteiligte Maßnahme sei ist. (vgl. BAG Urteil vom 14.03.2007 – 5 AZR 420/06). Zwar hat der Kläger, in dem er die Vertragsänderung abgelehnt hat, in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt. Er hat dadurch auch einen Nachteil dahingehend erlitten, dass er im Gegensatz zu den verzichtenden Arbeitnehmern nur den Sockelbetrag erhalten hat. Die Ausübung der Rechte des Arbeitgebers war jedoch nicht der tragende Grund für die Benachteiligung des Arbeitnehmers. Vielmehr war Zweck der Leistung ausschließlich der Ausgleich von Nachteilen, die andere Arbeitnehmer mit ihrem Verzicht erlitten haben (so im Ergebnis auch BAG Urteil vom 13.04.2011 – 10 AZR 88/10).

Die Kostenentscheidung beruft auf § 91 ZPO. Der Streitwert wurde gem. § 3 ZPO festgesetzt.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2012 - 17 Sa 285/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Erholungsbeihilfe.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten in deren Betrieb in Rüsselsheim beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft vertraglicher Bezugnahme die zwischen dem Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen e.V. und der Industriegewerkschaft Metall (im Folgenden: IG Metall), Bezirksleitung Frankfurt, geschlossenen Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für das Land Hessen Anwendung. Die Beklagte ist Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbands; der Kläger ist nicht Mitglied der IG Metall.

3

Am 31. Mai 2010 schlossen die Adam Opel GmbH (im Folgenden: AOG), aus der die Beklagte durch formwechselnde Umwandlung entstanden ist, sowie weitere auf die Beklagte als übernehmende Rechtsträgerin verschmolzene Gesellschaften, der Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen e.V., der Verband der Metall- und Elektro-Industrie NRW e.V., der Verband der Pfälzischen Metall- und Elektro-Industrie e.V., der Verband der Metall- und Elektro-Industrie Thüringen e.V., die Betriebsräte der verschiedenen Standorte der AOG sowie die Bezirksleitungen der IG Metall Frankfurt und Nordrhein-Westfalen eine als „Master Agreement“ bezeichnete Vereinbarung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

        

„Präambel

        

Zwischen allen Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass Management, Betriebsräte und IG Metall zusammenarbeiten, um einen nachhaltigen wirtschaftlichen Business Plan für Opel sozial verantwortlich umzusetzen und damit die Grundlage für zukünftige Profitabilität und Wachstum von Opel sowie die Sicherheit der Arbeitsplätze zu schaffen.

        

...     

        

Abschnitt I

        

Arbeitnehmerbeiträge und Beschäftigungssicherung

        

Den Parteien ist bewusst, dass Personalreduzierungen notwendig sind. Über den standortspezifischen Umfang, des von der Geschäftsleitung als erforderlich angesehenen Personalabbaus, wurden die Betriebsräte informiert. …

        

Nach Umsetzung dieser Personalreduzierungen wird die Adam Opel GmbH bis zum 1.1.2015 keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen.

        

Die Parteien legen dabei eine Personalkostenreduzierung in Höhe von durchschnittlich 176,8 Mio. € p.a. in Deutschland (265 Mio. € in Europa) zugrunde und verpflichten sich dazu. …

        

Den Zugeständnissen der Arbeitnehmerseite zur Kostenreduzierung stehen Zusagen der Arbeitgeberseite zu Investitionen, Produktinnovationen, zur Beschäftigungssicherung, Regelung zur Unternehmensmitbestimmung und der zu ändernden Rechtsform der AOG gegenüber. Die Kernpunkte einer solchen zukünftigen Übereinkunft sind in dieser Vereinbarung geregelt.

        

Abschnitt II

        

Aufschiebende Bedingung

        

Sämtliche unter Abschnitt IV A und B genannten Zusagen aller Parteien stehen unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Parteien Vereinbarungen zu den Punkten

        

-       

Gewinnbeteiligung

        

-       

Sicherheiten

        

-       

Tarifvertrag Engineering

        

bis zum 1.9.2010 abschließen.

        

Um trotz der dargestellten zeitlichen Dimension die Kostenreduzierungen gemäß Abschnitt IV B zu ermöglichen werden die Tarifvertragsparteien eine Verschiebung der Fälligkeit der tariflichen Einmalzahlung 2010 und des derzeitigen Urlaubsgeld Anspruches für 2010 in Höhe von 50% bis zum 30.09.2010 vereinbaren. Diese Zahlungen entfallen anschließend im Falle des Eintritts der Bedingungen.

        

...     

        

Abschnitt IV

        

Gewinnbeteiligung und Sicherheiten

        

...     

        

B.)     

Personalkostenreduzierungen

        

Die jeweils zuständigen Parteien werden bis zum 01.09.2010 eine Betriebsvereinbarung/ Betriebsvereinbarungen und einen Tarifvertrag/ Tarifverträge mit dem nachfolgend beschriebenen Inhalt abschließen:

        

1.    

Einmalzahlungen

                 

Die für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. März 2011 vorgesehene tarifliche Einmalzahlung i.H.v. insgesamt 320,- € brutto für Arbeitnehmer sowie i.H.v. insgesamt 120,- € brutto für Auszubildende entfällt.

        

2.    

Nichtweitergabe der Tariferhöhung bis zum 31.01.2012

                 

Die durch die Tarifabschlüsse für die Metall- und Elektroindustrie im Februar 2010 vorgesehene Erhöhung der Tarifentgelte ab dem 1. April 2011 in Höhe von 2,7 % entfällt bis zum 31.01.2012. Die Tarifentgelte werden erst mit Wirkung ab dem 01.02.2012 um 2,7 % in Anwendung des ERA-Entgeltabkommen vom 18.02.2010 erhöht.

        

3.    

Reduzierung des Urlaubsgelds und Weihnachtsgelds

                 

Das Urlaubsgeld sowie die Weihnachtsgratifikation für die Jahre 2010 und 2011 wird auf 50 % der derzeit bestehenden Regelung reduziert. Bei Mitarbeitergruppen, die ein verstetigtes Urlaubs- oder Weihnachtsgeld in Anspruch genommen haben, wird eine entsprechende Kürzung erfolgen.

        

4.    

Die AOG verpflichtet sich, einen entsprechenden Einsparungsbeitrag des Managements einzubringen.

        

...“   

4

Ebenfalls am 31. Mai 2010 schloss die Beklagte mit den Bezirksleitungen Frankfurt und Nordrhein-Westfalen der IG Metall eine als „Side Letter zum Master Agreement vom 27.05.2010 - Regelung für IG-Metall-Mitglieder“ bezeichnete Vereinbarung (im Folgenden: Side Letter), die wie folgt lautet:

        

„Ergänzend zu der in der Präambel aufgenommenen Regelung zur aufschiebenden Bedingung regeln die Parteien folgendes:

        

Die von der IG-Metall unter B genannte Zusage zur Einmalzahlung steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass die IG-Metall und das Management eine Vereinbarung zum Punkt ‚Besserstellung für IG-Metall Mitglieder’ bis zum 1.9.2010 abschließen.“

5

Zum 1. September 2010 wurden die im „Master Agreement“ angesprochenen Sanierungsvereinbarungen ua. zwischen der Beklagten und der IG Metall geschlossen. Bereits am 25./26. August 2010 hatte die Beklagte mit dem Verein zur Förderung von Gesundheit und Erholung der saarländischen Arbeitnehmer e.V. (im Folgenden: Saarverein) ihren Beitritt zum Verein vereinbart. Die Beitrittsvereinbarung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

        

„1. Die AOG beantragt die Mitgliedschaft im Verein. Die Satzung liegt dieser Vereinbarung als Anlage bei.

        

2. Der Verein nimmt diesen Antrag an.

        

3. Die Parteien vereinbaren in Abweichung zu § 7, Ziffer (3.2) der Satzung vom 26.06.1998, dass die Adam Opel GmbH sich zu einem einmaligen Mitgliedsbeitrag in Höhe von insgesamt mindestens 8 Mio. € (…) und höchstens insgesamt 8,5 Mio. € (…) verpflichtet. Die genaue Höhe des Gesamt-Mitgliedsbeitrags werden die Parteien rechtzeitig und einvernehmlich bestimmen.

        

Der noch näher zu bestimmende Mitgliedsbeitrag wird in zwei Raten fällig: Am 15.12.2010 wird die Adam Opel GmbH einen Betrag i.H.v. 4,25 Mio. € auf das angegebene Konto des Vereins zahlen. Am 15.12.2011 wird die Adam Opel GmbH einen weiteren Betrag zahlen, der mindestens 3,75 Mio. € und höchstens 4,25 Mio. € beträgt. Wie bereits oben beschrieben, werden die Parteien rechtzeitig einvernehmlich die Höhe des gesamten Mitgliedsbeitrags und damit auch die Höhe der zweiten Rate bestimmen.

        

4. Der Verein verwendet den Mitgliedsbeitrag satzungsgemäß mit der Maßgabe, dass Erholungsbeihilfen aus dem Mitgliedsbeitrag ausschließlich an Beschäftigte der Adam Opel GmbH und ihrer Tochtergesellschaft gewährt wird. Der Verein sagt der Adam Opel GmbH zu, dass die Erholungsbeihilfe maximal 250,-- € pro Bezugsberechtigten und Jahr beträgt. Er wird der Adam Opel GmbH jeweils am 01.02.11 und am 01.02.12 versichern, dass ausschließlich an ihre Beschäftigte und an Beschäftigte der Tochtergesellschaft Erholungsbeihilfen geleistet wurden. ...

        

5. Der Verein versichert, dass sich an diese Vereinbarung keine steuerrechtlichen Auswirkungen für die Adam Opel GmbH knüpfen; insbesondere der Mitgliedsbeitrag und die Gewährung der Erholungsbeihilfen nicht lohn-/einkommenssteuerpflichtig sind. Die Adam Opel GmbH hat für die Erholungsbeihilfen keine Lohn-/Einkommensteuer einzubehalten, sondern der Verein nimmt eine pauschale Versteuerung vor.

        

6. Diese Vereinbarung steht unter der aufschiebenden Bedingung des Wirksamwerdens des Tarifvertrages ‚Zukunft Adam Opel GmbH‘ sowie der Betriebsvereinbarung ‚Zukunft Adam Opel GmbH‘.“

6

Der Beitrittsvereinbarung mit dem Saarverein war die in Nr. 1 in Bezug genommene Satzung vom 26. Juni 1998 beigefügt, die ua. Folgendes regelt:

        

§ 2 

        

Zweck 

        

(1) Zweck des Vereins ist es, den tarifgebundenen Arbeitnehmern Mittel zur Verfügung zu stellen und Maßnahmen zu fördern, die ausschließlich und unmittelbar zur Erhaltung der Arbeitskraft sowie zur Förderung von Gesundheit und Erholung dienen.

        

...     

        

§ 5     

        

Mitgliedschaft

        

(1) Die Mitgliedschaft ist freiwillig.

        

(2) Mitglieder des Vereins können sein:

        

(2.1) Vertreter der Industriegewerkschaft Metall

        

(2.2) Vertreter des Vereins der saarländischen Textil- und Lederindustrie

        

(2.3) Privatpersonen, Unternehmen, Unternehmenszusammenschlüsse und andere Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, die bereit sind die Ziele des Vereins zu unterstützen.

        

...     

        

§ 7   

        

Rechte und Pflichten der Mitglieder

        

(1) ...

        

(2) Die den Mitgliedern angeschlossenen Arbeitnehmer haben das Recht auf Nutzung der Leistung und auf Teilnahme an Veranstaltungen sowie an Einrichtungen des Vereins.“

7

In einem von der Beklagten vorgelegten Informationsblatt des Saarvereins ist ua. ausgeführt:

        

Leistungen

        

Erholungsbeihilfen

        

Erholungsbeihilfen für in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer deren Arbeitgeber Mitglied im Verein sind.

        

Erholungsmaßnahmen

        

Durchführung von Gesundheitswochen für in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer deren Arbeitgeber Mitglied im Verein sind.

        

Definition von Begriffen im internen und externen Sprachgebrauch

        

Erholungsbeihilfen

        

Erholungsbeihilfen sind Leistungen des Vereins an, in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer und deren Familie. Ein Rechtsanspruch auf Zahlung einer Erholungsbeihilfe besteht nicht. Der Arbeitgeber des Leistungsempfängers ist in der Regel Mitglied des Vereins und zahlt satzungsgemäße Beiträge.

        

…       

        

Leistungsberechtigte / Leistungsempfänger

        

Leistungsberechtigte bzw. Leistungsempfänger sind in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer. Der jeweilige Arbeitgeber ist in der Regel Verbandsmitglied bzw. unterstützt die Ziele und Ideen des Vereins als Förderer.

        

Die Leistungsberechtigten bzw. Leistungsempfänger selbst sind keine Mitglieder des Vereins.

        

Falsch ist, daß alle Arbeitnehmer einen automatischen Anspruch auf Leistungen des Vereins haben, sobald der Arbeitgeber Mitglied oder Förderer des Vereins ist.

        

…“    

8

Nachdem die Beklagte vom Steuerberater des Saarvereins die „Anrufungsauskunft gem. § 42e EStG“ des Finanzamts Saarbrücken erhalten hatte, wonach Erholungsbeihilfen „im Rahmen der Freigrenzen des § 40 (2) Nr. 3 EStG mit 25 % LSt (zzgl. SolZ und KiSt) pauschal versteuert“ werden können, zahlte sie am 2. Februar 2011 an den Saarverein die erste Rate des Mitgliedsbeitrags.

9

Im Februar 2011 verbreitete die IG Metall, Bezirk Frankfurt, das Flugblatt „metallnachrichten - Information für Opel-Beschäftigte“, das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

        

„Alle bei Opel beschäftigten IG Metall-Mitglieder haben ab sofort Anspruch auf Erholungsbeihilfen für die Jahre 2011 und 2012. Dies regelt der im letzten Jahr abgeschlossene Tarifvertrag zwischen IG Metall und Adam Opel AG, nach dem die Firma Opel nun auch Mitglied im Saarverein ist. …

        

Die sogenannten Erholungsbeihilfen werden ohne besonderen Antrag gewährleistet und stehen ausschließlich IG Metall-Mitgliedern zu. Sie sind steuerfrei, da die Versteuerung durch den Verein vorgenommen wird. Ziel der Verwendung (Verwendungszweck) sind höhere Fitness und Gesunderhaltung der Arbeitskraft, zum Beispiel durch:

         ·       

professionelle Zahnreinigung

         ·       

medizinische Massagen

         ·       

Beiträge für Sportvereine oder Fitnessstudios

         ·       

Rückenschule

         ·       

Ernährungskurse

         ·       

Zuzahlungen für Medikamente, Kuren oder Physiotherapie

         ·       

Beiträge für Zusatzversicherungen oder Krankenhausaufenthalte

         ·       

Auslandskrankenversicherung“

10

Im Flugblatt ist weiter ausgeführt, dass die Erholungsbeihilfe gestaffelt nach dem Eintrittsdatum in die IG Metall in einer Höhe von 100,00 bis 200,00 Euro gezahlt werde. In der Folgezeit erhielten Arbeitnehmer der Beklagten, die Mitglied der IG Metall sind, Erholungsbeihilfen durch den Saarverein.

11

Als die Beklagte die Angaben des Flugblatts und insbesondere die angekündigte Abhängigkeit der Höhe der Erholungsbeihilfen von der Dauer der Mitgliedschaft der Arbeitnehmer in der IG Metall zur Kenntnis genommen hatte, sah sie darin einen Verstoß gegen die Beitrittsvereinbarung. Sie forderte die Vertreter der IG Metall und die Vorsitzende des Saarvereins auf, entweder die Erholungsbeihilfen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben auszubezahlen oder der Beklagten zumindest die lohnsteuerrelevanten Daten der Begünstigten zum Zwecke einer individuellen Versteuerung zur Verfügung zu stellen. Nachdem dies erfolglos geblieben war, schätzte sie auf der Basis einer Plausibilitätsstatistik die Steuern und Sozialabgaben, korrigierte ihre Angaben gegenüber der Finanzverwaltung und den Sozialversicherungsträgern und entrichtete die ausstehenden Beträge nachträglich.

12

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Anspruch auf Erholungsbeihilfe in Höhe von 200,00 Euro netto, hilfsweise brutto, gegen die Beklagte unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten zu. Die Beklagte habe über den Saarverein ausschließlich - nach Dauer der Mitgliedschaft - gestaffelte Zahlungen an IG Metall-Mitglieder erbracht und dabei nicht oder anders gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer zu Unrecht von dieser Leistung ausgeschlossen. Es liege ein Umgehungstatbestand vor. Mit der Leistung über den Saarverein sollte eine Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verhindert werden, die nicht schon deshalb ausgeschlossen sei, weil die Erholungsbeihilfe aufgrund einer Vereinbarung mit der IG Metall gewährt worden sei. Die für die Erholungsbeihilfe von der Beklagten vorgenommene Gruppenbildung sei sachfremd. Die nicht in der IG Metall organisierten Arbeitnehmer hätten genauso wie diese durch die Streichung ihrer Sonderzahlungen zum Sanierungserfolg beigetragen. Es habe Zahlungen in Höhe von 200,00 Euro netto gegeben. Der geltend gemachte Betrag sei deshalb auch der Höhe nach gerechtfertigt. Für eine andere Berechnung sei die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.

13

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 200,00 Euro netto, hilfsweise brutto, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18. Juli 2011 zu zahlen.

14

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, sie sei schon nicht passiv legitimiert. Sie habe keine Leistungen an die IG Metall-Mitglieder ihres Unternehmens erbracht, Zahlungen habe lediglich der Saarverein geleistet. Die Dotierung der Erholungsbeihilfen sei auch nicht freiwillig erfolgt, sondern zur Erfüllung der mit der IG Metall im „Side Letter“ vereinbarten Bedingung für deren Zustimmung zu den Sanierungsvereinbarungen. Nach dem im „Master Agreement“ vereinbarten Sanierungsplan seien für die Jahre 2010 und 2011 bei den Arbeitskosten Einsparungen in Höhe von 265 Millionen Euro jährlich erforderlich gewesen, um das Unternehmen zu sanieren und eine absehbare Entlassung von vielen Mitarbeitern des Unternehmens zu verhindern. Dabei sei sie zwingend auf die Mitwirkung der IG Metall angewiesen gewesen. Allein deren Zustimmung zum Sanierungstarifvertrag sei Zweck der Beitrittsvereinbarung und der damit verbundenen Leistungen gewesen. Dass diese Vereinbarung nicht mittels eines - formellen - Tarifvertrags erfolgt sei, ändere nichts daran, dass es sich um eine Vereinbarung zwischen Tarifvertragsparteien handele. Dass der Saarverein die Höhe der Erholungsbeihilfen an die Dauer der Mitgliedschaft in der IG Metall geknüpft habe, sei ihr nicht zuzurechnen. Vereinbart worden seien lediglich die Zahlungen von Erholungsbeihilfen im steuerrechtlichen Sinn.

15

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

17

Für einen Anspruch des Klägers auf Zahlung der begehrten Erholungsbeihilfe gibt es keine rechtliche Grundlage, selbst wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, die Beklagte habe in zurechenbarer Weise den bei ihr beschäftigten Mitgliedern der IG Metall durch den Abschluss der Beitrittsvereinbarung zum Saarverein in der Form eines Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB)einen Rechtsanspruch auf die Leistung von Erholungsbeihilfen zugewandt. Ein solcher Anspruch des Klägers ergibt sich nicht in Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, auf den allein er sich bezieht. Dessen Anwendungsbereich ist nicht eröffnet. Die Beitrittsvereinbarung unterliegt als ein Bestandteil der Sanierungsvereinbarungen zwischen tariffähigen Vertragspartnern, der Beklagten und der IG Metall, nicht der Kontrolle anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

18

I. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz allein kann dem Kläger - wie jedem Arbeitnehmer - keinen unmittelbaren Anspruch auf eine Leistung des Arbeitgebers gewähren. Wendet ein Arbeitgeber einer nach bestimmten Kriterien definierten Gruppe von Arbeitnehmern privatautonom eine Leistung zu, nimmt damit andere Arbeitnehmer hiervon aus und verstößt er bei der Festlegung der zugrunde liegenden Anspruchsvoraussetzungen gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, kann dies dazu führen, dass er verpflichtet ist, dem ausgeschlossenen Anspruchsteller gleichwohl die der Gruppe versprochene Leistung zu gewähren.

19

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gebietet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz dem Arbeitgeber, der Teilen seiner Arbeitnehmer freiwillig nach einem bestimmten erkennbaren generalisierenden Prinzip Leistungen gewährt, Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Untersagt ist ihm danach sowohl eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch eine sachfremde Gruppenbildung (s. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 138, 253). Dabei gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz bei Fragen der Vergütung nur eingeschränkt; insoweit hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Gehälter Vorrang. Erfolgt die Vergütung jedoch nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip, indem er bestimmte Voraussetzungen oder bestimmte Zwecke festlegt, greift der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Bereich der Entgeltzahlung (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291).

20

a) Voraussetzung für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist, dass der Arbeitgeber durch ein eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk oder eine eigene Ordnung geschaffen hat. Danach knüpft die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer nicht unmittelbar an die Leistung selbst an, sondern vielmehr an das von ihm zugrunde gelegte, selbstbestimmte generalisierende Prinzip. Es handelt sich dabei um eine privatautonome Verteilungsentscheidung, die ihren Ausdruck in einer vom Arbeitgeber freiwillig gesetzten Anspruchsgrundlage für die jeweilige Leistung findet. Der Leistung selbst geht jeweils die „Schaffung eines eigenen Regelwerks … durch eigenes gestaltendes Verhalten“ (zB BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 76; ebenso 12. Oktober 2011 - 10 AZR 510/10 - Rn. 13; 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 28, BAGE 138, 253) voraus, in der das generalisierende Prinzip festgelegt wird. Bei der Bestimmung der für den Leistungsanspruch maßgebenden Kriterien und der Konkretisierung des „generalisierenden Prinzips“ ist der Arbeitgeber allerdings an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug gilt dieser dagegen nicht. Es fehlt insoweit an einer eigenen Verteilungsentscheidung des Arbeitgebers, wenn er subjektiv keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen bildet, sondern sich - wenn auch irrtümlicherweise - verpflichtet sieht, eine aus seiner Sicht wirksame Regelung nur vollziehen zu müssen. Anders verhält es sich, wenn der Arbeitgeber nach Kenntnis von seinem Irrtum die bis dahin ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen weitergewährt und rechtlich mögliche Rückforderungsansprüche nicht geltend macht. Ab diesem Zeitpunkt erbringt er bewusst zusätzliche freiwillige Leistungen aufgrund eigener Entscheidung, die ihrerseits dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz genügen muss (st. Rspr., vgl. nur BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 148/10 - Rn. 57; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - aaO; 27. Juni 2012 - 5 AZR 317/11 - Rn. 17; 27. August 2008 - 4 AZR 484/07  - Rn. 40, BAGE 127, 305 ; 26. April 2005 -  1 AZR 76/04  - zu II 1 der Gründe, BAGE 114, 286 ).

21

aa) Die Kriterien, nach denen die notwendig abstrakten Anspruchsvoraussetzungen durch den Arbeitgeber bestimmt werden, kennzeichnen zugleich die Abgrenzung der begünstigten Gruppe von den sonstigen Arbeitnehmern, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Dabei werden die Kriterien entweder ausdrücklich formuliert oder - wie es häufig der Fall ist - dadurch konkludent bestimmt, dass sich die Anspruchsvoraussetzungen aus einer Gesamtschau der begünstigten Arbeitnehmer und deren Gemeinsamkeiten ohne Weiteres ergeben. Insofern geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass sich aus den tatsächlich gewährten Leistungen mit hinreichender Sicherheit ein „erkennbares“ allgemeines Prinzip - unabhängig von der einzelnen Person des begünstigten Arbeitnehmers - ergibt und ergeben muss (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 242/11 - Rn. 79 mwN). Es bedarf daher eines kollektiven Bezugs, da bloße Einzelmaßnahmen des Arbeitgebers nicht dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unterliegen (BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 372/10 - Rn. 20; 24. Januar 2012 - 9 AZR 131/11 - Rn. 25; 21. Oktober 2009 - 10 AZR 664/08 - Rn. 29; ähnlich zur betrieblichen Übung BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 11, 13; zum erforderlichen kollektiven Bezug bei der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 75 Abs. 1 BetrVG ausf. BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 28 ff., BAGE 119, 356). Steht eine unterschiedliche Ausgestaltung von Leistungen nach Gruppen von Arbeitnehmern fest, ohne dass das der Leistung zugrunde liegende Prinzip offensichtlich wird, muss ein Arbeitgeber die von ihm bei der Verteilungsentscheidung umgesetzte und vorher bestimmte Regel nach Zweck der Leistung und Differenzierungsgesichtspunkten bei den Begünstigten offenlegen (BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 510/10 - Rn. 14 mwN; 16. Juni 2010 - 4 AZR 928/08 - Rn. 39).

22

bb) Liegen danach der Leistung bestimmte, vom Arbeitgeber formulierte oder formulierbare Voraussetzungen zugrunde, muss die vom Arbeitgeber damit selbst geschaffene Gruppenbildung gemessen am Zweck der Leistung sachlich gerechtfertigt sein (vgl. nur BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - Rn. 35 mwN). Dies ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn die Differenzierungsgründe unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und nicht gegen verfassungsrechtliche Wertentscheidungen oder gesetzliche Verbote verstoßen (vgl. nur BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 928/08 - Rn. 39; 22. Dezember 2009 - 3 AZR 136/08 - Rn. 45 mwN). Damit wird die Bestimmung der vom Arbeitgeber autonom festgesetzten „Tatbestandsmerkmale“ für die festgesetzte Leistung einer Rechtfertigungsprüfung am Maßstab des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes unterzogen. Lässt sich die mit der arbeitgeberseitigen Festlegung der Anspruchsvoraussetzungen bei der „Normaufstellung“ (Raab FS Kreutz 2010 S. 317, 341) verbundene Ausgrenzung anderer Arbeitnehmer, die diese Anforderungen nicht erfüllen, gemessen am Zweck der Leistung nicht sachlich rechtfertigen, ist hinsichtlich der Arbeitnehmer, die dadurch in nicht gerechtfertigter Weise von der Leistung ausgeschlossen werden, der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.

23

b) Rechtsfolge einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist die „Korrektur“ der arbeitgeberseitig bestimmten gleichbehandlungswidrigen Voraussetzung. Die sachlich nicht gerechtfertigte Gruppenbildung führt im Ergebnis zu einer Anpassung dieses Merkmals durch ein gleichbehandlungskonformes. Der Arbeitnehmer, der ohne sachliche Rechtfertigung ungleich behandelt wurde, kann die Leistung, von der er nach der Regelbildung des Arbeitgebers wegen Nichterfüllung des gleichbehandlungswidrigen Tatbestandsmerkmals ausgeschlossen war, von diesem verlangen, wenn es keine weiteren Voraussetzungen gibt oder wenn etwaige weitere Voraussetzungen von ihm erfüllt werden (s. etwa zur Anwendung eines bestimmten Tarifwerks BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 24 ff., 51, BAGE 138, 253).

24

2. Der Arbeitgeber ist nicht nur dann an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden, wenn er einseitig allgemeine Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung bestimmt hat, sondern auch, wenn arbeitsvertragliche Vereinbarungen vorliegen. Dann begrenzt der Grundsatz um den Schutz des Arbeitnehmers willen die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers (vgl. dazu BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 138, 253).

25

a) Privatrechtliche Vereinbarungen beruhen auf dem Prinzip der Privatautonomie. Dieses setzt als Grundlage für eine freie Vereinbarung voraus, dass die Bedingungen der Selbstbestimmung des Einzelnen tatsächlich gegeben sind (vgl. BVerfG 7. September 2010 - 1 BvR 2160/09 , 1 BvR 851/10  - Rn. 34, BVerfGK 18, 14 ; 7. Februar 1990 - 1 BvR 26/84 - zu C I 3 der Gründe, BVerfGE 81, 242). Die Vermutung der Angemessenheit eines in einen Vertrag mündenden Verhandlungsergebnisses beruht auf der prinzipiellen Annahme eines strukturellen Gleichgewichts zwischen den beiden Verhandlungspartnern (BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 316/05 - Rn. 29, BAGE 118, 232).

26

b) Diese Voraussetzung ist im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses aufgrund der bestehenden Disparität der Vertragspartner zulasten des Arbeitnehmers grundsätzlich nicht gegeben. Dass der einzelne Arbeitnehmer sich beim Abschluss von Arbeitsverträgen typischerweise in einer Situation struktureller Unterlegenheit befindet, ist auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt (BVerfG 23. November 2006 - 1 BvR 1909/06 - zu II 2 b aa (2) der Gründe mwN der st. Rspr.; BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 22, BAGE 122, 182). Die von Verfassungs wegen zu berücksichtigende strukturelle Unterlegenheit des Arbeitnehmers besteht nicht nur bei der Begründung, sondern auch im bestehenden Arbeitsverhältnis (BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - aaO). Es ist Aufgabe des Rechts, auf die Wahrung der Grundrechtspositionen beider Vertragspartner hinzuwirken, um zu verhindern, dass sich für einen Vertragsteil die Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehrt (BVerfG 6. Februar 2001 - 1 BvR 12/92 - zu B I 1 a und b der Gründe, BVerfGE 103, 89). Dies geschieht ua. durch eine Inhaltskontrolle einzelvertraglicher Vereinbarungen (allg. etwa BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 316/05 - Rn. 29 f., BAGE 118, 232), etwa anhand der §§ 305 ff. BGB, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen. Räumt der Arbeitsvertrag dem Arbeitgeber bei der Durchführung eine einseitige Gestaltungsmacht ein, unterliegt deren Ausübung der richterlichen Ermessenskontrolle nach §§ 315 ff. BGB. Wenn dabei ein kollektiver Bezug vorliegt, kommt insoweit der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zur Anwendung (zur Begründung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bereits BAG 21. Dezember 1970 - 3 AZR 510/69 - zu II der Gründe, BAGE 23, 160; zum Schutzcharakter des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes BAG 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14).

27

c) Die Begrenzung privatautonomen Handelns anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes greift nach den vorstehenden Maßstäben deshalb auch ein, wenn der Arbeitgeber mit einzelnen Arbeitnehmern vertragliche Vereinbarungen über eine Leistung schließt und der Auswahl der Arbeitnehmer ein abstraktes, generalisierendes Prinzip zugrunde liegt. Ist der kollektive Bezug hinreichend gewährleistet, ist der Arbeitgeber verpflichtet, vergleichbare Arbeitnehmer nur aus sachlich gerechtfertigten Gesichtspunkten von dem Angebot auszuschließen (zu einer solchen Konstellation BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - BAGE 134, 223; 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 47 ff., BAGE 133, 265). Ein zu Unrecht benachteiligter Arbeitnehmer kann danach verlangen, dass auch mit ihm ein entsprechender Vertrag geschlossen wird. Lehnt allerdings ein Arbeitnehmer das an alle Arbeitnehmer gemachte Angebot des Arbeitgebers auf Abschluss eines (Änderungs-)Vertrags ab, scheidet eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus, weil die sich aus der Weigerung nunmehr ergebende Gruppenbildung hinsichtlich der in den Änderungsverträgen vorgesehenen Leistung nicht auf einer vom Arbeitgeber selbst aufgestellten Regel beruht (BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 20, BAGE 139, 190; vgl. auch BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 675/10 - Rn. 17 f.).

28

3. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beachtung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes besteht allerdings nicht bei jeder Form privatautonomen Handelns. Werden Rechte und Pflichten für ein Arbeitsverhältnis zwar privatautonom, aber unter den Bedingungen eines strukturellen Gleichgewichts vereinbart, bleibt der Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verschlossen. In der Folge sind nicht nur tarifvertragliche, sondern auch schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen tariffähigen Parteien von einer Kontrolle anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgeschlossen.

29

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts findet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keine Anwendung bei einem bloßen Normenvollzug (s. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 138, 253). Soweit dies in der Rechtsprechung auf Tarifverträge angewandt wird, kann dies nicht darauf zurückgeführt werden, dass die Vereinbarung und Erfüllung zwingender Tarifregelungen eine - dem Gesetz vergleichbare - Fremdbestimmung enthält, der der Arbeitgeber bloß unterlegen ist. Der Abschluss von Tarifverträgen ist als Wahrnehmung der Tarifautonomie dem privatautonomen Handeln der Beteiligten zuzuordnen, was sich bei Firmentarifverträgen von selbst ergibt, aber auch für Verbandstarifverträge gilt. Die Geltung von Tarifregelungen nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG ist sowohl rechtlich als auch legitimatorisch auf den privatautonomen Willen der Arbeitsvertragsparteien zurückzuführen. Die Erfüllung von mitgliedschaftlich legitimierten tariflich geregelten Verpflichtungen ist mit dem Vollzug einer gesetzlichen Anordnung nicht vergleichbar. Ihre Herausnahme aus dem Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes hat ihren Grund vielmehr darin, dass bei Tarifverträgen die bei Individualarbeitsverträgen typischerweise zu verneinende Verhandlungsparität von Verfassungs wegen vorausgesetzt wird (st. Rspr. vgl. nur BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 316/05 - Rn. 30 mwN, BAGE 118, 232). Der Inhaltskontrolle des privatautonomen Handelns des Arbeitgebers bedarf es hier nicht, weil es an einem strukturellen Ungleichgewicht des Verhandlungspartners fehlt. Die Möglichkeit, dass Tarifvertragsparteien Mindestarbeitsbedingungen aushandeln, stellt ein verfassungsrechtlich und gesetzlich vorgesehenes Korrektiv zur strukturellen Ungleichgewichtigkeit der Vertragspartner einzelner Arbeitsverhältnisse dar. Die Tarifautonomie ist gerade darauf angelegt, die strukturelle Unterlegenheit der einzelnen Arbeitnehmer beim Abschluss von Arbeitsverträgen durch kollektives Handeln auszugleichen und damit ein annähernd gleichgewichtiges Aushandeln der Vergütungen und Arbeitsbedingungen zu ermöglichen (BVerfG 26. Juni 1991 - 1 BvR 779/85 - zu C I 3 b aa der Gründe, BVerfGE 84, 212; 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 ua. - zu C I 1 c der Gründe, BVerfGE 92, 365). Hierdurch wird regelmäßig wieder die - allgemein vorausgesetzte - Gleichwertigkeit der Verhandlungsmacht hergestellt (vgl. BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - Rn. 20, BAGE 123, 134; 4. Juni 2008 - 4 AZR 419/07 - BAGE 127, 27; BVerfG 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 ua. - aaO). Daher haben die Ergebnisse kollektiv ausgehandelter Tarifvereinbarungen die Vermutung der Angemessenheit für sich (s. nur BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 316/05 - aaO). Den so ausgehandelten Tarifverträgen legt das Gesetz eine unmittelbare und zwingende Wirkung bei (§ 4 Abs. 1 TVG). Deshalb ist die in §§ 305 ff. BGB vorgesehene Angemessenheitskontrolle bei Tarifverträgen nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB auch ausgeschlossen. Eine Beschränkung kann sich hier nur aus einem unmittelbaren Verstoß gegen höherrangiges Recht ergeben. Für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist dagegen bei Vereinbarungen von tariffähigen Vertragspartnern kein Raum (so bereits ausdrücklich BAG 26. April 2000 - 4 AZR 177/99 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 94, 273).

30

b) Diese Grundsätze gelten nicht nur für nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend geltende Tarifverträge, sondern auch für schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen tariffähigen Vertragsparteien.

31

aa) Tarifvertragsparteien sind nicht gehalten, Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge zu vereinbaren. Sie können im Rahmen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Koalitionsbetätigungsfreiheit (s. nur JKOS/Krause Tarifvertragsrecht 2. Aufl. § 4 Rn. 159 mwN) auch schuldrechtliche (Koalitions-)Verträge schließen (etwa BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 - Rn. 18, BAGE 137, 45; 3. April 2007 - 9 AZR 283/06 - Rn. 60, BAGE 122, 33; 14. April 2004 - 4 AZR 232/03 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 110, 164). Für die Tarifvertragsparteien gilt die allgemeine Vertragsfreiheit. Im Grundsatz ist ihre schuldrechtliche Vereinbarungsmacht unbegrenzt (Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1169). So kann sich ein Arbeitgeber durch eine schuldrechtliche Vereinbarung mit einer Gewerkschaft  bspw. verpflichten, bei einer „Outsourcing-Maßnahme“ deren Zustimmung einzuholen (vgl. BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 - Rn. 20, aaO).

32

bb) Solche schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen Tarifvertragsparteien können auch als Verträge zugunsten Dritter begünstigten Arbeitnehmern unmittelbar, wenn auch abdingbar (BAG 14. April 2004 - 4 AZR 232/03 - zu II 1 c aa der Gründe, BAGE 110, 164), Rechte einräumen (zB BAG 5. November 1997 - 4 AZR 872/95 - zu II 1.2 der Gründe mwN, BAGE 87, 45).

33

cc) Die Angemessenheitsvermutung gilt auch für schuldrechtliche Vereinbarungen tariffähiger Parteien. Der Grund, warum Tarifvereinbarungen einer Kontrolle durch den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz entzogen werden, ist nicht deren zwingende, unmittelbare Geltung, sondern die grundsätzliche Angemessenheitsvermutung (oben unter I 3 a), die nicht nur für Tarifverträge, sondern auch für andere Vereinbarungen zwischen Tarifvertragsparteien in gleicher Weise gilt. Insoweit kommt es nicht auf die normative Wirkung von Tarifverträgen an. Welche Rechtswirkung Tarifvertragsparteien ihren Verträgen beilegen, ändert daran nichts (s. nur Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1185, zur Nichtanwendung der AGB-Kontrolle bei schuldrechtlichen Vereinbarungen über Inhalte, die auch tarifvertraglich regelbar wären; ebenso JKOS/Krause Tarifvertragsrecht 2. Aufl. § 4 Rn. 162).

34

dd) Daher unterliegt ein Koalitionsvertrag zwischen einem Arbeitgeber und einer Gewerkschaft, in dem zugunsten Dritter, zB der Gewerkschaftsmitglieder, ein Leistungsanspruch begründet wird, nicht dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (ebenso Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1193).

35

II. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist ein auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützter Anspruch des Klägers nicht gegeben. Dabei kann zu dessen Gunsten unterstellt werden, dass die von ihm als begünstigte Gruppe angesehenen Mitglieder der IG Metall einen Rechtsanspruch auf die von ihm begehrte Leistung haben; ohne einen solchen wäre seine Klage schon deshalb unbegründet. Selbst wenn die in der IG Metall organisierten Arbeitnehmer der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der begehrten Erholungsbeihilfe iSd. § 40 Abs. 2 Nr. 3 EStG nach Maßgabe der Beitrittsvereinbarung auch gegen die Beklagte hätten, weil diese mit dem Saarverein durch die Beitrittsvereinbarung einen Vertrag zu ihren Gunsten iSd. §§ 328 ff. BGB geschlossen haben sollte, ergibt sich für den Kläger hieraus kein Zahlungsanspruch. Die Beitrittsvereinbarung unterliegt als Teil einer umfassenden zwischen tariffähigen Vertragspartnern geschlossenen (Sanierungs-)Vereinbarung nicht dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die erforderlichen Gelder für die Erholungsbeihilfe nicht direkt an die Gewerkschaft oder deren Mitglieder, sondern an eine andere Zahlstelle geleistet wurden, die dann ihrerseits die Erholungsbeihilfen an Gewerkschaftsmitglieder ausgekehrt hat. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet auch insoweit keinen Anknüpfungspunkt (Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1194).

36

1. Als Anspruchsgrundlage für die bei der Beklagten beschäftigten Mitglieder der IG Metall kommt ausschließlich die Beitrittsvereinbarung zum Saarverein in Betracht. Davon geht auch der Kläger aus, der eine andere Rechtsgrundlage nicht nennt.

37

2. Die schuldrechtliche Beitrittsvereinbarung ist Teil der zwischen der Beklagten und der IG Metall geschlossenen Sanierungsvereinbarungen. Sie diente der rechtlich verbindlichen Umsetzung der im „Master Agreement“ und im „Side Letter“ vorgesehenen Maßnahmen, um den angestrebten Sanierungserfolg im Unternehmen der Beklagten herbeizuführen.

38

a) Das „Master Agreement“ sah eine Reihe von Maßnahmen vor, die ua. zu erheblichen Einsparungen von Personalkosten führen sollten. Dieses Ziel war nur zu erreichen, wenn im Rahmen einer „konzertierten Aktion“ alle daran Beteiligten, vorrangig die Beklagte und die IG Metall, sich auf koordinierte Maßnahmen verständigen würden. Hierzu gehörte ua., dass die tariflich vorgesehenen Einmalzahlungen für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. März 2011 entfallen sollten (Abschnitt IV B 1 „Master Agreement“).

39

b) Dabei stand die bereits im „Master Agreement“ enthaltene allgemeine Zusage der IG Metall (wie alle weiteren Zusagen im Abschnitt IV A und B „Master Agreement“) unter der „aufschiebenden Bedingung, dass die Parteien Vereinbarungen zu den Punkten - Gewinnbeteiligung - Sicherheiten - Tarifvertrag Engineering - bis zum 1.9.2010 abschließen“ (Abschnitt II „Master Agreement“). Zudem hatten die IG Metall und die Beklagte in dem „Side Letter“, die „unter B genannte Zusage zur Einmalzahlung … unter die aufschiebende Bedingung“ gestellt, dass „die IG-Metall und das Management eine Vereinbarung zum Punkt ‚Besserstellung für IG-Metall Mitglieder‘ bis zum 1.9.2010 abschließen.“

40

c) Die Beitrittsvereinbarung der Beklagten mit dem Saarverein diente der „Erfüllung und Konkretisierung“ der im „Side Letter“ vereinbarten „Besserstellung der IG-Metall Mitglieder“. Sie ist eine Umsetzungsmaßnahme der tariflichen und schuldrechtlichen Gesamtvereinbarung zur Sanierung der Beklagten und Bestandteil der von der Beklagten zugesicherten „Gegenleistung“ für die Zustimmung der IG Metall zu den erforderlichen Tarifverträgen. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen. Auch zwischen den Parteien besteht hierüber dem Grunde nach kein Streit.

41

aa) Aus dem „Side Letter“ ergibt sich, dass die IG Metall auf einer vor dem Abschluss der Sanierungstarifverträge geregelten „Besserstellung“ ihrer Mitglieder bestanden hat. Die Beitrittsvereinbarung als unmittelbare konkretisierende Regelung einer solchen „Besserstellung“ steht demgemäß in einem kausalen Zusammenhang mit der Bereitschaft der IG Metall zum Abschluss der erforderlichen Sanierungsvereinbarungen.

42

bb) Durch die Aufnahme der aufschiebenden Bedingung in Nr. 6 der Beitrittsvereinbarung, nach der diese erst mit dem Wirksamwerden der Sanierungsvereinbarungen in Kraft treten sollte, ist auch eine unmittelbare rechtliche Verbindung mit dem Abschluss der Sanierungstarifverträge und damit der Umsetzung des „Master Agreements“ hergestellt. Die Beitrittsvereinbarung ist damit erst nach Abschluss der Sanierungsvereinbarungen mit der IG Metall am 1. September 2010 wirksam geworden.

43

cc) Die IG Metall hat den Abschluss der Beitrittsvereinbarung auch erkennbar als rechtliche Konkretisierung und „Erfüllung“ der Forderung nach einer Besserstellung ihrer Mitglieder akzeptiert und dann ohne weitere Vorbehalte dem Sanierungspaket nachfolgend am 1. September 2010 zugestimmt.

44

dd) Selbst der Kläger hat sich auf diesen Zusammenhang berufen. Er hat darauf verwiesen, die IG Metall habe ihre Mitwirkung bei der Vereinbarung eines Sanierungstarifvertrags mit der Zahlung des Vereinsbeitrags für Erholungszwecke ihrer Mitglieder verknüpft. Den weiteren hierzu erbrachten detaillierteren Vortrag der Beklagten, wonach die Beitrittsvereinbarung zwischen ihr und den Vertretern der IG Metall verhandelt worden sei, hat der Kläger nicht bestritten.

45

d) Aufgrund dieser tatsächlichen und rechtlichen Verknüpfung handelt es sich bei der Beitrittsvereinbarung um eine Umsetzung der tariflichen und anderen schuldrechtlichen Vereinbarungen des im „Master Agreement“ ua. zwischen der Beklagten und der IG Metall vereinbarten „Gesamtsanierungspakets“. Dabei ist unbeachtlich, dass die weitere Durchführung, wie etwa die Einhaltung der darin geregelten Verpflichtungen durch den Saarverein, ohne rechtlich notwendige Beteiligung der IG Metall als Organisation erfolgt ist.

46

3. Die Beitrittsvereinbarung als solche ist nicht unwirksam. Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

47

a) Soweit sich eine Partei in einem Vertrag zu einem verbotswidrigen Verhalten verpflichtet, ist die Vereinbarung nichtig. Dies gilt zB für eine Verpflichtung des Arbeitgebers, Vereinbarungen mit seinen Arbeitnehmern abzuschließen, die ihrerseits nichtig oder unwirksam wären, weil sie auf eine Straftat abzielen, bspw. eine Steuerhinterziehung oder eine Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen (Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1174).

48

b) Die Beitrittsvereinbarung ist nicht darauf gerichtet, einen „unerlaubten“ Erfolg herbeizuführen. Die Gewährung von Erholungsbeihilfen iSd. § 40 Abs. 2 Nr. 3 EStG einschließlich ihrer steuerrechtlichen Behandlung ist gesetzlich geregelt. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, es handele sich um eine Konstruktion zur Steuerhinterziehung, gibt es hierfür keine Anhaltspunkte. Es ist deshalb unerheblich, dass ihm dies zudem auch nicht zu dem begehrten Anspruch verhelfen würde.

49

c) Mögliche Abweichungen von der dem Grunde nach in der Beitrittsvereinbarung iVm. § 40 Abs. 2 EStG vorgesehenen Staffelung der Beträge nach Familienstand und Kinderzahl bei der konkreten Umsetzung durch den Saarverein, führen nicht zu deren Unwirksamkeit. Sie stellen allenfalls eine abredewidrige Verwendung der Gelder durch den Saarverein dar, lassen sich aber nicht auf die Beitrittsvereinbarung selbst und damit auf eine Willenserklärung der Beklagten zurückführen.

50

d) Die Tatsache, dass die Gewerkschaft IG Metall für den Abschluss der Sanierungstarifverträge eine „Besserstellung“ ihrer Mitglieder an anderer Stelle verlangt hat, ist nicht zu beanstanden. Die IG Metall kann als Tarifvertragspartei frei entscheiden, zu welchen Bedingungen sie Tarifverträge abschließt (vgl. dazu BAG 25. September 2013 - 4 AZR 173/12 - Rn. 23; 9. Dezember 2009 - 4 AZR 190/08 - Rn. 51). Dies bezieht sich sowohl auf die im Tarifvertrag selbst getroffenen Regelungen als auch auf damit in Zusammenhang stehende weitere Vereinbarungen. All dies ist grundrechtlich geschützt, insbesondere durch die verfassungsrechtlich garantierte Koalitionsfreiheit (vgl. dazu nur Franzen RdA 2006, 1, 8). Die Vereinbarung von Arbeitsbedingungen für die Mitglieder einer Koalition ist auch ohne Weiteres möglich, wenn sie einen weiteren Umsetzungsakt durch Vereinbarung mit einem Dritten voraussetzt (zB im Bereich der betrieblichen Altersversorgung) und nicht unmittelbar und zwingend iSv. § 4 Abs. 1 TVG für die Mitglieder der Koalition gelten (s. oben zu I 3 b bb).

51

4. Weitere Unwirksamkeitsgründe, insbesondere solche, die zugleich im Wege der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ggf. zu einem „Verschaffungsanspruch“ des Klägers gegen die Beklagte hinsichtlich der Gewährung von Erholungsbeihilfen führen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere die Rüge der Revision, bei der Vereinbarung zwischen der IG Metall und der Beklagten über die Beitrittsvereinbarung (s. oben) sei die erforderliche Schriftform nicht eingehalten, ist unerheblich. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, die Abrede zwischen der Beklagten und der IG Metall, wonach durch die Beitrittsvereinbarung die geforderte „Besserstellung“ umgesetzt werde, unterliege dem Schriftformzwang des § 1 Abs. 2 TVG und dieser sei nicht gewahrt, ergibt sich daraus noch kein Anspruch des Klägers. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet vorliegend auch dann keine Anwendung, wenn die Beklagte den Beitritt zum Saarverein und die Erfüllung der darin vereinbarten Leistung auf der Grundlage einer lediglich vermeintlich wirksamen Abrede im Rahmen eines „Sanierungspakets“ mit der IG Metall erbracht hätte. Dass die Beklagte insoweit in positiver Kenntnis einer möglichen (Form-)Unwirksamkeit der entsprechenden Einigung die Beitrittsvereinbarung geschlossen und die Leistung erbracht hat, behauptet selbst der Kläger nicht. Die Beklagte hat sich demgegenüber stets darauf berufen, dass sie die im „Side Letter“ formulierte „Besserstellung“ von IG Metall-Mitgliedern erbringen wollte, um die existenziell notwendige Gesamtsanierung des Unternehmens durchführen zu können. Diese Auffassung findet ihren Ausdruck auch in der von der Beklagten selbst herbeigeführten unmittelbaren rechtlichen Abhängigkeit der Beitrittsvereinbarung von dem Abschluss des gesamten „Sanierungspakets“ durch die in Nr. 6 der Beitrittsvereinbarung geregelte aufschiebende Bedingung. Erst durch die Unterzeichnung der entsprechenden Vereinbarungen am 1. September 2010 wurde die Beitrittsvereinbarung überhaupt wirksam.

52

III. Die Kosten seiner erfolglosen Revision hat der Kläger zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Edda Redeker    

                 

Tenor

1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Juni 2010 - 7 Sa 195/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kläger die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu gleichen Teilen zu tragen haben.

2. Die Kläger haben die Kosten der Revision zu gleichen Teilen zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Lohnerhöhung und Einmalzahlung.

2

Die Klägerin zu 16. und die Kläger zu 1. bis 15. und 17. bis 21. (im Folgenden: Kläger) sind Mitglieder der Gewerkschaft ver.di und vor dem 1. Januar 2002 bei einer an die Tarifverträge für die Papier und Pappe verarbeitende Industrie gebundenen Rechtsvorgängerin der Beklagten in ein Arbeitsverhältnis getreten. Am 1. Oktober 2007 übernahm die zum damaligen Zeitpunkt nicht tarifgebundene Beklagte den Betrieb in Neuss, in dem ca. 460 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Rückwirkend zum 1. Mai 2008 erhöhte sie entsprechend einem Tarifabschluss in der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie die Entgelte um 3,9 %. In einem innerbetrieblichen Aushang hierzu heißt es:

        

„…    

        

Da das Werk derzeit ohne Tarifbindung ist, haben Betriebsrat und Werkleitung lange über diese Erhöhung verhandelt. Nach langwierigen Gesprächen hat die Werkleitung die Erhöhung beschlossen und wird sie entsprechend mit der Juni-Abrechnung rückwirkend umsetzen.

        

…       

        

Die Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen erfolgt freiwillig, wird ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gewährt und ist an keinen Tarif gebunden. Auch wiederholte Gewährung frei ausgehandelter Entgelterhöhungen mit dem Betriebsrat begründen keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.“

3

Entsprechend einer im Dezember 2008 mit dem Betriebsrat geschlossenen „Anpassungsbetriebsvereinbarung“, in der die Betriebspartner das gemeinsame Ziel bekundeten, eine einheitliche kollektivrechtliche Geltung der Arbeitsbedingungen auf der Grundlage der Tarifverträge für die Arbeitnehmer der papiererzeugenden Industrie herbeizuführen, bot die Beklagte allen Arbeitnehmern Ende Februar/Anfang März 2009 eine Ergänzung ihrer Arbeitsverträge an. Danach sollten mit dem Inkrafttreten eines mit der Gewerkschaft BCE noch abzuschließenden Haustarifvertrags dessen Bestimmungen und mit Wirksamwerden einer von der Beklagten langfristig angestrebten Vollmitgliedschaft im Arbeitgeberverband der rheinisch-westfälischen papiererzeugenden Industrie die Tarifverträge für diese Branche Anwendung finden. Für die Übergangszeit und - falls es aus irgendeinem Grund weder zum Abschluss eines Haustarifvertrags noch zu einer Vollmitgliedschaft der Beklagten im Arbeitgeberverband kommen sollte - ggf. dauerhaft, sah das Änderungsangebot die dynamische Geltung der Tarifverträge für die papiererzeugende Industrie vor, flankiert durch ergänzende Regelungen zur Besitzstandswahrung. Bei Unterzeichnung der Ergänzung des Arbeitsvertrags vor dem 1. April 2009 sollte sich das bisher bezogene Monatsentgelt entsprechend einem Tarifabschluss für die Beschäftigten der papiererzeugenden Industrie im Tarifbezirk Nordrhein rückwirkend ab dem 1. Januar 2009, bei späterer Unterzeichnung ab dem Monat der Unterschrift erhöhen. Allen Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot vor dem 1. April 2009 annahmen, gewährte die Beklagte entsprechend dem Tarifabschluss eine prozentuale Entgelterhöhung um 2,1 % und eine Einmalzahlung iHv. 200,00 Euro brutto.

4

Die Kläger nahmen das Änderungsangebot nicht an.

5

Mit ihrer Klage haben sie die ihnen vorenthaltene prozentuale Entgelterhöhung und Einmalzahlung verlangt und geltend gemacht, die Ablehnung des Änderungsangebots dürfe ihnen wegen § 612a BGB nicht zum Nachteil gereichen, sie genüge auch nicht zur Rechtfertigung einer Differenzierung bei der Entgelterhöhung. Die Ergänzungsvereinbarungen seien unwirksam. Sie zielten auf einen unrechtmäßigen Tarifwechsel und verletzten die Arbeitnehmer in ihrer individuellen Koalitionsfreiheit.

6

Die Kläger haben zuletzt in der Revisionsinstanz unter teilweiser Klagerücknahme sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern beginnend ab dem 1. Januar 2009 eine Lohnerhöhung iHv. 2,1 % zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger jeweils eine Einmalzahlung iHv. 200,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juli 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe allen Arbeitnehmern eine Ergänzung des Arbeitsvertrags angeboten und mit der prozentualen Entgelterhöhung sowie der Einmalzahlung nur vertragliche Ansprüche erfüllt.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit dem bei ihm gestellten Leistungsantrag auf Lohnerhöhung und Einmalzahlung stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche mit den wiedergegebenen Anträgen weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

10

I. Die Klage ist unzulässig, soweit die Kläger eine prozentuale Lohnerhöhung verlangen.

11

1. Der in den Vorinstanzen auf Zahlung einer Lohnerhöhung von 2,1 % gerichtete Antrag war als Leistungsantrag nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er war unbeziffert und damit nicht vollstreckungsfähig.

12

2. Auch der zuletzt in der Revisionsinstanz gestellte Feststellungsantrag ist unzulässig.

13

Dabei kann der Senat offen lassen, ob für den auf die Feststellung eines Anspruchs gerichteten Antrag ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO besteht(zu dem Feststellungsinteresse bei einer sog. Elementenfeststellungsklage, vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9; 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 -). Dem Feststellungsantrag mangelt es schon an der hinreichenden Bestimmtheit.

14

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage. Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10, PflR 2011, 403; 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11 mwN, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3).

15

b) Diesen Anforderungen genügt der Feststellungsantrag nicht. Die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Lohnerhöhung iHv. 2,1 % lässt nicht erkennen, worüber die Sachentscheidung konkret ergehen soll. Weder aus dem Antrag noch dem Sachvortrag der Kläger ergibt sich, was unter dem Begriff „Lohn“ zu verstehen sein soll. Es bleibt unerläutert, ob nur der Stundenlohn der Kläger oder auch andere Vergütungsbestandteile wie Zulagen, Zuschläge, Einmalzahlungen, Mehrarbeitsvergütungen und ähnliche Leistungen erfasst werden. Des Weiteren lassen die Kläger den Ausgangswert für die Lohnerhöhung offen und stellen nicht klar, ob Basis der Lohnerhöhung der von ihnen bis zum 31. Dezember 2008 in jeweils welcher Höhe tatsächlich bezogene oder ein nicht näher bestimmter Tariflohn sein soll.

16

II. Die Klage auf Einmalzahlung ist nicht begründet. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage.

17

1. Die Kläger können den Anspruch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten.

18

a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleichzubehandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz eine sachfremde Gruppenbildung und die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe. Im Bereich der Arbeitsvergütung ist er trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem der Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22).

19

b) Den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes hat die Beklagte genügt. Bei der Leistung der streitbefangenen Einmalzahlung hat sie weder eine Gruppenbildung vorgenommen noch eine verteilende Entscheidung getroffen.

20

aa) Die Beklagte hat allen Arbeitnehmern (auch den Klägern), deren arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Tarifverträge für die Papier und Pappe verarbeitende Industrie infolge des Übergangs ihrer Arbeitsverhältnisse auf die nicht an diese Tarifverträge gebundene Beklagte statisch geworden war (vgl. dazu BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 17 f., BAGE 132, 261; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 13, BAGE 116, 326), eine Ergänzung ihrer Arbeitsverträge um eine temporäre, ggf. dauerhafte dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge für die papiererzeugende Industrie angeboten. Die Teilung der Belegschaft in eine Gruppe, die das Angebot der Beklagten annahm und in eine solche, die es ablehnte, erfolgte unabhängig vom Willen der Beklagten durch die Entscheidung jedes einzelnen Arbeitnehmers für oder gegen die Ergänzung des Arbeitsvertrags.

21

bb) Der Gewährung der Einmalzahlung nur an die Arbeitnehmer, die das Ergänzungsangebot angenommen hatten, lag keine verteilende Entscheidung der Beklagten zugrunde. Die Beklagte ist lediglich ihren vertraglichen Verpflichtungen aus den geänderten Arbeitsverträgen nachgekommen. Wie der bloße Normenvollzug (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 517/04 - Rn. 17, BAGE 115, 367) enthält auch die bloße Vertragserfüllung keine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers. Eine solche trifft der Arbeitgeber erst dann, wenn er freiwillig, dh. ohne rechtliche Verpflichtung über die Vertragserfüllung hinaus Leistungen gewährt (zu einer solchen Fallgestaltung, vgl. zB BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 84/10 - EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 24; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - BAGE 122, 1 - jeweils mwN).

22

cc) Ob die eine verteilende Entscheidung ausschließende Vertragserfüllung auch dann anzunehmen ist, wenn der Arbeitsvertrag objektiv an Wirksamkeitsmängeln leidet, die Vertragsparteien aber übereinstimmend von seiner Wirksamkeit ausgehen und ihn erfüllen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Das Vorbringen der Kläger bietet keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Wirksamkeit der auch ihnen angebotenen Ergänzungsvereinbarungen.

23

(1) Entgegen der Auffassung der Kläger ist der nicht tarifgebundene Arbeitgeber nicht gehalten, arbeitsvertraglich die Geltung nur solcher Tarifverträge zu vereinbaren, die von der für den Betrieb tarifzuständigen Gewerkschaft abgeschlossen wurden. Für eine derartige Verpflichtung besteht keine Rechtsgrundlage. Arbeitgeber und Arbeitnehmer steht es im Rahmen ihrer privatautonomen Gestaltungsmacht frei, für ihr Arbeitsverhältnis die Geltung jedes beliebigen Tarifvertrags zu vereinbaren. Kommt es fürderhin zur beiderseitigen Tarifgebundenheit, setzt sich der normativ geltende gegenüber dem nur individualvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrag durch, § 4 Abs. 1 TVG, es sei denn, letzterer enthielte für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen, § 4 Abs. 3 TVG(vgl. BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 34, BAGE 128, 165; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34 - jeweils mwN).

24

(2) Die Koalitionsfreiheit der Kläger und der weiteren Beschäftigten des Werks N ist durch die angebotenen Ergänzungsvereinbarungen nicht berührt worden. Ihnen ist weder unmittelbar noch mittelbar die Begründung oder Änderung der Gewerkschaftszugehörigkeit angesonnen worden. Die Geltung der Tarifverträge der papiererzeugenden Industrie sollte allein aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmer eintreten. Die individualrechtliche Inbezugnahme eines Tarifvertrags führt nicht zu dessen tarifrechtlicher Geltung (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 34, BAGE 128, 165) und beeinträchtigt damit weder Rechte der für den Betrieb tarifzuständigen Gewerkschaft noch ihrer Mitglieder. Nur wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektivrechtliche Wirkungsweise von Tarifnormen geht, lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen (vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 47 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 22, ZTR 2011, 150).

25

dd) Die streitgegenständliche Einmalzahlung ist nicht eine über die bloße Vertragserfüllung hinausgehende zusätzliche freiwillige Leistung der Beklagten, sondern Bestandteil ihrer Verpflichtungen aus den vor dem 1. April 2009 abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarungen. Nach dem Tarifabschluss für die Beschäftigten in der papiererzeugenden Industrie war die Einmalzahlung (vgl. zum Begriff etwa, BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 31 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44) eine pauschale Lohnerhöhung für Arbeitnehmer, die sich am 25. November 2008 in einem ungekündigtem Arbeitsverhältnis befanden, und spätestens am 31. Januar 2009 fällig. Die Zusage der Beklagten, bei Annahme des Angebots zur Änderungsvereinbarung vor dem 1. April 2009 die Entgelte rückwirkend zum 1. Januar 2009 entsprechend dem Tarifabschluss zu erhöhen, durften die Arbeitnehmer übereinstimmend mit der Intention der Beklagten als die Einmalzahlung einschließend verstehen. Davon ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen.

26

2. Die Beklagte hat unabhängig davon, ob es sich überhaupt um eine Anspruchsgrundlage handelt, das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nicht verletzt.

27

a) Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung liegt nicht nur vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese Rechte nicht ausüben (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 34 mwN, BAGE 122, 1). Die Tatbestandvoraussetzung „Benachteiligung” ist jedoch nur erfüllt, wenn der Arbeitgeber zwischen verschiedenen Maßnahmen hat wählen können. Hat er sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, liegt keine Benachteiligung des Arbeitnehmers vor (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - BAGE 121, 247). Knüpft eine Regelung an das (erlaubte) Verhalten des Arbeitnehmers eine diesem nachteilige Rechtsfolge, ist der Arbeitgeber nicht zum Ausgleich der dem Arbeitnehmer erwachsenden Nachteile verpflichtet (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 186). Dementsprechend ist der Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung oder einer vertraglichen Vereinbarung keine Benachteiligung iSv. § 612a BGB. Das Maßregelungsverbot setzt darüber hinaus voraus, dass zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bildet (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22).

28

b) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die von den Klägern als benachteiligend empfundene Maßnahme der Beklagten hatte ihren Grund nicht in der zulässigen Ablehnung einer Ergänzungsvereinbarung durch die Kläger, sondern in der Erfüllung der Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot der Beklagten angenommen hatten.

29

III. Die Kläger haben gemäß § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO die Kosten zu gleichen Teilen zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zorn    

        

    Bürger    

                 

Tenor

Datum: 14.01.2014

3 Ca 990/12 (Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg -)

Rechtsvorschriften:

Leitsatz:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg, Kammer Coburg, vom 19.06.2013, Az.: 3 Ca 990/12, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

II.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer durch Betriebsvereinbarung geregelten Sonderzahlung an den in der Betriebsvereinbarung mit einem geringeren Betrag bedachten Arbeitnehmer.

Der Kläger ist bei der Beklagten, die in ihrem Betrieb etwa 100 Arbeitnehmer beschäftigt, seit 24.09.1984 als Fahrer tätig. In früheren Jahren erhielten sämtliche Arbeitnehmer einheitlich Sonderzahlungen in Form von Anwesenheitsprämien.

Mit Betriebsvereinbarung vom 16.06.2010 wurde hinsichtlich der Sonderzahlungen folgendes geregelt (Anlage zur Klageschrift, Bl. 22 d. A.):

Zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat wird folgende Betriebsvereinbarung über eine freiwillige Sonderzahlung geschlossen:

1. Mit der Juni-Abrechnung 2010 erhält jeder Mitarbeiter eine einmalige freiwillige Sonderzahlung.

2. Freiwillige Sonderzahlungen sind ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und begründen keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.

3. Die Höhe der freiwilligen Sonderzahlung beträgt für

Fernfahrer2,94%

alle anderen Mitarbeiter4,00%

des bezahlten Brutto-Einkommens 2009 (ohne Kurzarbeit), jedoch abzüglich der VWL, Urlaubsgeld, Auslösungen, Kleidergeld und evtl. geleisteter Sonderzahlungen (auch Nachzahlungen) jeglicher Art.

4. Diese Betriebsvereinbarung tritt zum 01.06.2010 in Kraft und endet automatisch, ohne Nachwirkung, mit Auszahlung der freiwilligen Sonderzahlung zum 30.06.2010.

Unter dem 16.06.2011 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat eine weitere Betriebsvereinbarung mit, soweit vorliegend von Interesse, folgendem Wortlaut (ebenda, Bl. 23 f. d. A.):

1. Der Arbeitgeber gewährt im Kalenderjahr 2011 eine freiwillige Sonderzahlung. Die Gewährung der Sonderzahlung 2011 erfolgt freiwillig und begründet damit keinen Rechtsanspruch auf Weitergewährung in den folgenden Kalenderjahren. Das Unternehmen behält sich vor, jedes Jahr neu zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ggfs. eine freiwillige Sonderzahlung gewährt wird.

2. Anspruchsberechtigt …

3. Die Höhe der freiwilligen Sonderzahlung 2011 beträgt für:

Fernfahrer4,61%

Alle anderen Mitarbeiter6,40%

Die Basis für die Berechnung der freiwilligen Sonderzahlung für 2011 ist das bezahlte Brutto-Einkommen aus dem Jahr 2010, jedoch abzüglich VWL, Urlaubsgeld, Auslösung, Kleidergeld, geleistete Sonderzahlung (für gewerbliche Arbeitnehmer im November 2010 und Angestellte im Dezember 2010), Nachzahlungen, Jubiläumszuschläge, sonstige Sachbezüge, Provisionen, usw..

Tritt ein Arbeitnehmer …

4. Tritt während eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses eine Änderung hinsichtlich der Beschäftigungsdauer ein (z. B. Teilzeit oder Vollzeit), erfolgt eine entsprechende zeitanteilige Anpassung der freiwilligen Sonderzahlung.

5. Die Betriebsvereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft und endet automatisch mit der Auszahlung der freiwilligen Sonderzahlung an die Mitarbeiter mit der nächsten Lohn- und Gehaltsabrechnung für den Monat Juni 2011, spätestens aber mit dem 31.07.2011. Eine Nachwirkung ist ausgeschlossen.

In der Betriebsvereinbarung vom 12.07.2012 (ebenda, Bl. 25 f. d. A.) wurde hinsichtlich der freiwilligen Sonderzahlung eine vergleichbare Regelung getroffen, wobei für die Fernfahrer 6,48%, für alle anderen Arbeitnehmer 9,00% des vorjährigen Entgelts als Berechnungshöhe festgelegt wurde, zahlbar mit dem Julientgelt.

Der Kläger hat im Jahr 2010 einen Betrag in Höhe von 766,22 € brutto, im Jahr 2011 einen Betrag von 1.208,57 € brutto und im Jahr 2012 einen Betrag von 1.671,65 € brutto als Sonderzahlung entsprechend der Betriebsvereinbarung erhalten.

Mit seiner am 16.11.2012 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte sei ihm zur Nachzahlung weiterer Beträge als Sonderzahlungen verpflichtet. Er habe wie andere Fernfahrer mit Schreiben vom 10.08.2012 geltend gemacht, die an ihn zu zahlende Sonderzahlung müsse derjenigen der anderen Arbeitnehmer entsprechen. Die Festsetzung eines geringeren Betrages für die Fernfahrer verstoße gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Beklagtengeschäftsführer habe daraufhin keine Erklärung für die Ungleichbehandlung abgegeben, ihm und seinen Fernfahrerkollegen aber eine innerbetriebliche Beschäftigung angeboten. Dieser habe weiter erklärt, die Fernfahrer verdienten mit ihrer durchschnittlich um 28% höheren Arbeitszeit ohnehin zu viel; dies müsse sich bei der Sonderzahlung wieder ausgleichen und rechtfertige die um 28% niedrigere Sonderzahlung. Der Kläger meint, die Beklagte schaffe mit den rechtswidrigen Betriebsvereinbarungen eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ und diskriminiere die Fernfahrer. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich. Die Betriebsvereinbarungen dienten ausschließlich dem Zweck der Umgehung des Gleichbehandlungsgrundsatzes; sie hätten keinen anderen Zweck, als den Fahrern unter dem „Deckmäntelchen“ der Betriebsvereinbarung eine gekürzte Zahlung zukommen zu lassen. Ihm ständen angesichts seines Bruttoentgelts von 32.117,55 € im Jahr 2009, 27.043,49 € im Jahr 2010 und 26.633,21 € im Jahr 2011 Nachzahlungsbeträge von 518,48 €, 522,31 € und 725,33 €, mithin insgesamt 1.766,12 € brutto zu.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt:

Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an den Kläger 1.766,12 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins nach § 247 BGB seit 12.10.2012 zu zahlen.

Die Beklagte hat dagegen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat eingewandt, dem Kläger stehe der Anspruch nicht zu. Zunächst sei er von einem nicht maßgeblichen Jahresentgelt als Berechnungsgrundlage ausgegangen. Entsprechend den genauen Regelungen der Betriebsvereinbarungen seien Beträge von 26.062,02 € - für die Sonderzahlung 2010 maßgebliches Jahresentgelt 2009 -, 26.216,35 € - für die Sonderzahlung 2011 maßgebliches Jahresentgelt 2010 - und 25.797,07 € - für die Sonderzahlung 2012 maßgebliches Jahresentgelt 2011- zugrunde zu legen. Es ergäben sich daher allenfalls Differenzbeträge von 276,26 €, 469,28 € und 650,09 €, mithin 1.395,63 €. Die Ansprüche seien jedoch insgesamt nicht gegeben. Der Gleichbehandlungsgrundsatz scheide als Anspruchsgrundlage aus, weil er - der Arbeitgeber - keine Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewähre und dabei gestaltend tätig werde. Er habe lediglich die Normen der Betriebsvereinbarungen vollzogen. Mangels Gestaltung seien Ansprüche aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz von vornherein ausgeschlossen. Es könne daher dahinstehen, ob die Differenzierung sachlich zulässig gewesen sei oder nicht. Die Betriebsparteien hätten sicherstellen wollen, dass die Fernfahrer im Hinblick auf ihre längeren Arbeitszeiten, die zu höheren Jahresentgelten führen würden, nicht gegenüber anderen Arbeitnehmern bevorzugt würden. Sie hätten also gerade dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung tragen wollen. Sie, die Beklagte, sei von der Wirksamkeit der mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen ausgegangen und habe die Zahlungen im Vertrauen auf die Wirksamkeit der dortigen Normen geleistet. Es lägen weder bewusste Benachteiligungen der Fernfahrer noch Rechtsmissbrauch vor.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.04.2005 für den vorliegenden Streitgegenstand nicht vergleichbar sei. Dort sei es nur um eine einzige Leistungsprämie für ein Jahr gegangen, in der nur einzelne Arbeitnehmer aus sachlichen Gründen von der Gewährung ausgenommen worden seien. Im Gegensatz hierzu hätten die von der Beklagten mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen dem alleinigen Zweck gedient, die Fahrer zu benachteiligen. Die Betriebsvereinbarungen stellten nicht ein ausgehandeltes Ergebnis eines mitbestimmungspflichtigen Sachverhalts dar. Im Übrigen sei der Betriebsrat mehrheitlich mit Nicht-Fernfahrern besetzt. Die Ungleichbehandlung sei auch nicht durch die überdurchschnittliche Arbeitszeit gerechtfertigt. Im Übrigen habe er die Ungleichbehandlung mit Schreiben vom 13.08.2012 geltend gemacht - die mit dem Julientgelt ausgezahlte Sonderzahlung sei erst spätestens zum 15. des Folgemonats fällig geworden. Auch den Betriebsparteien stehe es nicht frei, sich über den Gleichbehandlungsgrundsatz hinwegzusetzen. Früher hätten Arbeiter wie Fernfahrer und Angestellte im Büro eine einheitliche Sonderzahlung erhalten.

Das Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg - hat mit Endurteil vom 19.06.2013 wie folgt entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 1.766,12 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, der geltend gemachte Anspruch ergebe sich nicht aus den Betriebsvereinbarungen. Diese sähen jeweils unterschiedliche Prozentsätze zur Berechnung der Zahlungen vor. Die Beklagte habe die Zahlungen entsprechend den Betriebsvereinbarungen geleistet, was auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt werde. Der Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser greife nur, wenn der Arbeitgeber gestaltend tätig werde. Vollziehe er lediglich Normen, greife er nicht, wie das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 26.04.2005 festgehalten habe. Hier habe die Beklagte die Sonderzahlungen auf der Grundlage der jeweils abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen geleistet. Sie habe diese Betriebsvereinbarungen unmittelbar umgesetzt und sei nicht mehr gestaltend tätig geworden. Der Anspruch bestände selbst dann nicht, wenn die Betriebsvereinbarungen unwirksam wären. Zum einen fiele in diesem Fall die Anspruchsgrundlage für die Sonderzahlung in Gänze weg. Zum anderen handelte es sich auch dann nur um Normvollzug, wenn die anderen Mitarbeiter solche Leistungen in Anwendung einer vermeintlich wirksamen Betriebsvereinbarung erhalten hätten. Vorliegend bestehe kein Anlass zur Annahme, dass die Beklagte die Sonderzahlungen an die anderen Arbeitnehmer in Kenntnis der Unwirksamkeit der geschlossenen Betriebsvereinbarungen geleistet hätte.

Das Endurteil des Arbeitsgerichts ist der anwaltlichen Prozessvertreterin des Klägers ausweislich deren Empfangsbekenntnisses am 17.07.2013 zugestellt worden. Diese hat namens und im Auftrag des Klägers mit Schriftsatz vom 26.07.2013, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 29.07.2013, Berufung gegen die Entscheidung eingelegt. Sie hat die Berufung mit am 11.09.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 10.09.2013 begründet.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, das Arbeitsgericht habe sich zu Unrecht auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.04.2005 gestützt, ohne die Umstände des Einzelfalles, insbesondere den Selbstzweck der geschlossenen Betriebsvereinbarungen, auch nur ansatzweise zu berücksichtigen. Das Arbeitsgericht habe den Sachvortrag, die Zahlungen seien bereits seit Beginn des Arbeitsverhältnisses erfolgt und daher auch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung begründet, außen vor gelassen. Es habe weiter unberücksichtigt gelassen, dass die Betriebsvereinbarungen keine Bestimmung dahingehend enthielten, dass solche vorhergehenden Regelungen außer Kraft gesetzt werden sollten. Die Betriebsvereinbarungen sähen zudem nur unterschiedliche Prozentsätze vor, ohne Differenzierungsgründe anzugeben. Die Beklagte habe sich vorliegend überhaupt nicht geirrt, sondern das Instrument der Betriebsvereinbarungen bewusst zweckwidrig zur Benachteiligung der Fahrer eingesetzt. Sie habe mit den Betriebsvereinbarungen keine Regelung getroffen, mit der betriebliche oder betriebsverfassungsrechtliche Umstände ihrer Natur nach nur generell kollektivrechtlich geregelt werden könnten. Auch durch den Abschluss von Betriebsvereinbarungen könne die Schranke der Gleichbehandlung und des Diskriminierungsverbotes nicht ausgehebelt werden. Die Ansicht des Arbeitsgerichts würde zu einem rechtsfreien Raum führen. Der Missbrauch durch die Beklagte hätte sich dem Arbeitsgericht aufdrängen müssen. Vorsorglich werde bestritten, dass bei den Fernfahrern von einer durchschnittlich um 28% höheren Arbeitszeit auszugehen sei.

Der Kläger und Berufungskläger stellt im Berufungsverfahren - nach Rücknahme der Berufung im Übrigen im Termin vom 14.01.2014 - folgende Anträge:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - verkündet am 19.06.2013, zugestellt am 17.07.2013, Az. 3 Ca 990/12, wird aufgehoben.

2. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an den Kläger 1.395,63 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 12.10.2012 zu zahlen.

3. Die Beklagte und Berufungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten zweiter Instanz zu tragen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt dagegen:

Die Berufung des Klägers wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Beklagte schließt sich den Ausführungen des Arbeitsgerichts an. Sie meint, das Arbeitsgericht habe die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 26.11.1998 und vom 26.04.2005 zutreffend auf die vorliegende Konstellation angewandt. Die Betriebsparteien seien von der Wirksamkeit der jeweiligen Betriebsvereinbarungen ausgegangen. Eine eventuelle Unwirksamkeit dieser Betriebsvereinbarungen sei weder gegeben noch gerichtlich festgestellt. Sie, die Beklagte, habe auf die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung vertrauen dürfen und vertraut. Selbst wenn die Betriebsvereinbarungen einer Prüfung nicht standhielten, ergäben sich die geltend gemachten Ansprüche des Klägers nicht. Die Ausführungen über Zahlungen aus früheren Jahren seien nicht nachvollziehbar. Früher seien Sonderzahlungen als freiwillige Leistungen jährlich festgelegt worden, unter Ausschluss eines Rechtsanspruchs für künftige Jahre. Diesbezüglich nachvollziehbaren Sachvortrag habe der Kläger nicht dargetan. Eine betriebliche Übung habe nicht bestanden. Unabhängig hiervon stütze der Kläger seinen Anspruch auf die Betriebsvereinbarungen, nicht aber auf eine betriebliche Übung. Der Vortrag, die Betriebsvereinbarungen seien bewusst zur Benachteiligung der Fahrer eingesetzt worden, entbehre jeglicher Grundlage.

Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe am 30.11.2013 erneut eine Sonderzahlung an die Belegschaft ausgekehrt, nunmehr ohne Differenzierung nach der Tätigkeit.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung des Sachverhalts im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils, auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 14.01.2014 (Bl. 143 ff. d. A.) sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, weil sie sich gegen ein arbeitsgerichtliches Endurteil richtet. Der Beschwerdewert ist erreicht. Sie ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei der Klägervertreterin durch die anwaltliche Prozessvertreterin beim Landesarbeitsgericht eingelegt und begründet worden. Die Begründung erfüllt noch die zu stellenden Anforderungen. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies schon daraus ergibt, dass der Kläger nunmehr erstmals auf das Bestehen einer betrieblichen Übung beruft, während er erstinstanzlich den Anspruch allein auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz durch die Anwendung der abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen bezieht. Insoweit dürfte nämlich ein anderer Streitgegenstand ins Verfahren eingeführt worden sein. Der Kläger beruft sich aber darauf, das Arbeitsgericht habe übersehen, dass die Beklagte die Betriebsvereinbarungen bewusst rechtswidrig zur Benachteiligung der Fernfahrer eingesetzt habe; dies sei schon aus den Betriebsvereinbarungen selbst erkennbar. Mit dieser Begründung wäre in der Tat ein Anspruch über den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz möglich, wäre nicht bloßer Normvollzug gegeben. Eine ausreichende Auseinandersetzung mit den Gründen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung ist daher noch gegeben.

II.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung abgewiesen. Die Kammer des Landesarbeitsgerichts folgt der überzeugenden Begründung des Arbeitsgerichts, der sie sich anschließt, so dass auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann. Im Hinblick auf die in der Berufungsinstanz aufgeworfenen Fragen ist folgendes hinzuzufügen:

1. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht aus betrieblicher Übung. Der Kläger hat auch in der Berufung in keiner Weise dargetan, dass eine solche Übung auf eine Sonderzahlung in den Jahren vor 2010 bestanden haben soll. Der Kläger hat in keiner Weise dargetan, wann im Betrieb Sonderzahlungen nach welchen Grundsätzen gezahlt worden sind, so dass eine Prüfung dahingehend möglich wäre, ob ein entsprechender Vertrauenstatbestand bei den Arbeitnehmern des Betriebs entstanden sein konnte. Er ist den Ausführungen der Beklagten, das Entstehen einer solchen Übung sei von vornherein ausgeschlossen gewesen, weil frühere Zahlungen mit wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalten verbunden gewesen seien, nicht entgegengetreten. Er hat schließlich in keiner Weise erläutert, aus welchen Gründen sich aus einer solchen eventuell vorhandenen Übung gerade die eingeklagten Zahlungsansprüche ergeben sollen. Er hat nicht einmal dargetan, welche Leistungen in früheren Jahren dem Grunde und der Höhe nach gewährt worden sein sollen.

Der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt ist daher nicht geeignet, gerade die geltend gemachten Zahlungsansprüche aus dem Gesichtspunkt einer eventuellen früheren betrieblichen Übung zu begründen. Selbst wenn man den Sachvortrag des Klägers also dahingehend versteht, dass er mit der Berufung einen zusätzlichen Streitgegenstand einführen wollte, führt dies nicht zur Begründung der geltend gemachten Zahlungsansprüche.

2. Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

a. Das Arbeitsgericht hat unter zutreffender Zitierung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darauf hingewiesen, dass ein solcher Anspruch grundsätzlich nur bei einer „gestaltenden“ Entscheidung des Arbeitgebers besteht, nicht jedoch bei bloßem Normvollzug (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG vom,26.11.1998, 6 AZR 335/97, Rn. 37 der Entscheidungsgründe; BAG vom 26.04.2005, 1 AZR 76/04, Rn. 26 der Entscheidungsgründe; BAG vom 02.08.2006, 10 AZR 572/05, Rn. 33 der Entscheidungsgründe; BAG vom 06.12.2006, 4 AZR 798/05, Rn. 23 der Entscheidungsgründe; BAG vom 15.4.2008, 1 AZR 65/07, Rn. 18 der Entscheidungsgründe; BAG vom 21.09.2011, 5 AZR 520/10, Rn. 21 der Entscheidungsgründe; BAG vom 27.06.2012, 5 AZR 317/11, Rn. 17 der Entscheidungsgründe; BAG vom 12.12.2012, 10 AZR 718/11, Rn. 44 der Entscheidungsgründe; BAG vom 16.05.2013, 6 AZR 619/11, Rn. 46 der Entscheidungsgründe; BAG vom 21.11.2013, 6 AZR 23/12, Rn. 76 der Entscheidungsgründe, jeweils zitiert nach juris). Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers nur dort ein, wo dieser auch durch eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk und eine eigene Ordnung schafft, nicht hingegen bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug (BAG vom 06.07.2011, 4 AZR 569/09, Rn. 23 der Entscheidungsgründe; BAG vom 23.10.2012, 4 AZR 48/11, Rn. 14 der Entscheidungsgründe, jeweils zitiert nach juris). Dies erscheint als zwingend. Ansonsten befände sich der Arbeitgeber in einem unlösbaren Dilemma. Einerseits wäre er verpflichtet, die Betriebsvereinbarung zu erfüllen, könnte gegebenenfalls gemäß § 77 Abs. 1 BetrVG durch den Betriebsrat über ein gerichtliches Verfahren zu deren Einhaltung angehalten werden. Andererseits wäre er gezwungen, andere Leistungen in Abweichung von der Betriebsvereinbarung zu gewähren.

b. Anders wäre dies - so auch die aufgeführte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts -, wenn dem Arbeitgeber im Auszahlungszeitpunkt positiv bekannt gewesen wäre, dass die Betriebsvereinbarungen - etwa wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes oder einer Maßregelung - unwirksam gewesen wären. In diesem Fall hätte er die Leistung - insoweit „gestaltend“ - in Kenntnis der Unwirksamkeit und deshalb aufgrund eigener Entscheidung erbracht. Erst recht wäre dies der Fall, wenn der Arbeitgeber, wie der Kläger meint, die Betriebsvereinbarungen als Gestaltungsmittel „bewusst zweckwidrig“ eingesetzt hätte, um damit die Fernfahrer zu benachteiligen und um eine Verurteilung wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz mit dem Hinweis auf bloßen Normvollzug zu umgehen.

Hierfür sind jedoch konkrete Anhaltspunkte weder vorgetragen noch aus sonstigen Umständen erkennbar.

(a) Soweit der Kläger meint, die Unwirksamkeit sei allein daraus zu entnehmen, dass für die Fahrer im Gegensatz zu allen anderen Mitarbeitern eine prozentual geringere Sonderzahlung in der Betriebsvereinbarung normiert worden sei, beruft er sich nicht auf positive Kenntnis der Beklagten von der Unwirksamkeit, sondern auf „Kennenmüssen“. Es erscheint im Hinblick auf die dargestellte Rechtsprechung als zweifelhaft, ob eine fahrlässige Unkenntnis von der wahrscheinlichen Unwirksamkeit der vollzogenen Norm genügt. Vieles spricht dafür, dass die Unwirksamkeit positiv bekannt sein muss. Für eine solche positive Kenntnis liegt keinerlei nachvollziehbarer Sachvortrag vor.

(b) Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass sich ein Arbeitgeber auf Normvollzug schon dann nicht mehr berufen kann, wenn sich die Unwirksamkeit der vollzogenen Norm, hier also der Betriebsvereinbarung aufdrängt, führt dies nicht zur Begründung der geltend gemachten Ansprüche. Auch dies ist nämlich allein aufgrund der getroffenen Differenzierung nicht erkennbar. Die Betriebspartner haben bei der Ausgestaltung und Verteilung von Leistungen einen Gestaltungsspielraum. Sie sind insbesondere zu Pauschalierungen befugt. Wenn sie, worauf sowohl der Sachvortrag des Klägers als auch derjenige der Beklagten hindeutet, die Fahrer in erster Linie deswegen mit einer prozentual an der Vorjahresvergütung gemessenen geringeren Quote bedacht haben, weil sie davon ausgegangen sind, dass die Fahrer ungefähr im selben Prozentsatz im Verhältnis zu den anderen Mitarbeitern mehr Stunden verrichtet haben, stellt dies zumindest einen Differenzierungsgrund dar, der - unabhängig von der konkreten Ausgestaltung - nicht von vornherein derart abwegig ist, dass sich schon allein hieraus die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung für die Beklagte aufdrängen musste.

(c) Die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht schon deswegen gegeben, weil im Text der Betriebsvereinbarung keinerlei Grund für die getroffene Differenzierung angeführt ist. Ein Rechtsgrundsatz, der die Betriebspartner zur Erläuterung oder Begründung der von ihnen getroffenen Regelungen verpflichten würde, existiert nicht.

(d) Nicht erkennbar ist, welche Folgerungen der Kläger aus dem Verhalten der Beklagten in der Vergangenheit und den im Zeitraum vor 2010 geleisteten Zahlungen ableiten will. Soweit er sich darauf stützt, dass das Bundesarbeitsgericht die frühere Praxis für unwirksam erklärt habe, lässt sich auch hieraus nichts entnehmen. Der Kläger behauptet selbst nicht, dass die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts irgendetwas mit einer unzulässigen Differenzierung zwischen Fernfahrern und übrigen Mitarbeitern zu tun hatten. Vielmehr ging es damals um die Frage, ob und inwieweit das Einverständnis oder Nichteinverständnis der Mitarbeiter zur Vereinbarung verschlechterter Vertragsbedingungen bei Zusatzleistungen berücksichtigt werden durfte oder nicht. Einen Bezug zur vorliegenden Differenzierung kann die Kammer nicht erkennen.

(e) Ähnliches gilt für die vom Kläger beanstandeten Erklärungen des Geschäftsführers, wenn sie nicht mit der geringeren Sonderzahlung einverstanden seien, könnten sie im Innendienst beschäftigt werden. Für die Beurteilung der Zulässigkeit der getroffenen Abstufung bei der Sonderzahlung hat dies keinen Einfluss.

(f) Auch dafür, dass die Beklagte gerade die Betriebsvereinbarung zweckwidrig als Gestaltungsmittel verwendet hätte, sind keine Anhaltspunkte erkennbar. Derartiges könnte etwa dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber vor oder bei Abschluss gegenüber dem Betriebsrat entsprechende Äußerungen getätigt hätte, wenn er den Betriebsrat unter Druck gesetzt hätte, wenn er - etwa im Rahmen eines „so oder nicht“ - auf exakt dieser Verteilung bestanden hätte, obwohl der Betriebsrat eine anderweitige Verteilung gewollt und auf die rechtswidrige Differenzierung hingewiesen hätte. Auch hierfür hat der Kläger nichts vorgetragen.

(g) Anderes gilt auch nicht deswegen, weil es sich bei den vorliegenden Betriebsvereinbarungen um sogenannte „teilmitbestimmungspflichtige“ Vereinbarungen handelt, in denen das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG auf die Verteilungsmaßstäbe an die Belegschaft beschränkt ist, der Arbeitgeber Zweck der Leistung und Volumen vorgibt. Entgegen der Ansicht des Klägers kann ohne das Vorliegen weiterer Anhaltspunkte nicht davon ausgegangen werden, dass der Zweck der Leistung in der Benachteiligung der Fernfahrer bestehen würde. Vielmehr besteht der Zweck entsprechend den Eingangsbemerkungen in den Betriebsvereinbarungen darin, den Mitarbeitern freiwillige Sonderzahlungen zukommen zu lassen. Welche Arbeitnehmer in welchem Umfang hiervon profitieren, ist keine Frage des vom Arbeitgeber - der nach den Umständen überhaupt nicht zu einer Leistung verpflichtet wäre - vorgegebenen Zwecks. Vielmehr ist gerade dies Bestandteil der Verteilungsgrundsätze, unterliegt also dem vollen Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Irgendwelche Einschränkungen der oben dargestellten Rechtsprechung lassen sich hieraus daher nicht ableiten.

(h) Schließlich lässt sich auch aus dem Schreiben des Klägers vom 13.08.2012 nicht entnehmen, dass der Beklagten spätestens nunmehr die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung bewusst gewesen wäre. Zum einen erscheint schon als fraglich, ob die Forderung und Rechtsmeinung eines oder mehrerer durch die Norm Benachteiligter ausreicht, um von einer Auszahlung „in Kenntnis“ der Unwirksamkeit ausgehen zu können oder müssen. Zum anderen ist nicht erkennbar, dass die Beklagte dieses Schreiben schon vor Auszahlung erhalten hätte. Die vom Kläger vorgelegte Abrechnung trägt das Ausstellungsdatum 07.08.2012. Zwar benennt er als letztmögliches Fälligkeitsdatum den 15. des Folgemonats. Auch der Kläger trägt jedoch nicht vor, dass die Auszahlungen erst nach Eingang des Geltendmachungsschreibens bei der Beklagten erfolgt waren. Vieles spricht dafür, dass die Geltendmachung erst zu einem Zeitpunkt bei der Beklagten eingegangen ist, in der die Auszahlungen bereits in die Wege geleitet waren. Auch hieraus lässt sich somit weder Kenntnis der Beklagten von der Unwirksamkeit der Norm entnehmen, aber auch nicht, dass sich die Unwirksamkeit zumindest im Auszahlungszeitpunkt bereits aufgedrängt haben müsste.

(i) Auch für eine Maßregelung der Fernfahrer sind konkrete Anhaltspunkte nicht erkennbar. Im Übrigen würden in diesem Fall dieselben Rechtsgrundsätze zur Anwendung kommen wie bei einer unzulässigen Differenzierung (BAG vom 16.05.2013, 6 AZR 619/11, zitiert nach juris).

3. Eine „gestaltende Entscheidung“ der Beklagten, die zu einem Anspruch des Klägers führen könnte, liegt vorliegend auch nicht darin, dass die Beklagte die gegenüber den anderen Mitarbeitern geleisteten Zahlungen nicht zurückgefordert hat (vgl. hierzu BAG vom 26.10.1995, 6 AZR 125/95, zitiert nach juris). Voraussetzung hierfür wäre zunächst, dass ein Rückforderungsanspruch gegenüber den begünstigten Arbeitnehmern bestehen würde - dies war in der der genannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde liegenden Konstellation der Fall, weil die Rechtsfrage durch vorhergehende Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts geklärt war. Vorliegend ist dagegen völlig unklar, ob gegenüber den Begünstigten Arbeitnehmern ein Rückforderungsanspruch deswegen gegeben ist, weil die Betriebsvereinbarung unwirksam ist. In einer solchen Konstellation kann aus dem Nichtgeltendmachen eines ungewissen Anspruchs keine gestaltende Entscheidung des Arbeitgebers hergeleitet werden.

4. Dem geltend gemachten Anspruch des Klägers steht, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, auch entgegen, dass bei Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung die Anspruchsgrundlage auch für den klägerischen Anspruch entfallen würde. Dies würde selbst dann gelten, wenn - worauf der Kläger hinweist - die oben dargestellte Rechtsprechung zu einer gesetzlich verbotenen Auch in einer solchen Konstellation wäre nicht die nachträgliche Zahlung an diejenigen Arbeitnehmer, die zunächst nicht begünstigt waren, die einzig mögliche Sanktion. Vielmehr kann auch die künftige Nichtanwendung einer entsprechenden Regelung genügen, um eventuelle Verstöße gegen gesetzliche Differenzierungsverbote ausreichend zu sanktionieren (BAG vom 14.05.2013, 1 AZR 44/12, zitiert nach juris).

5. Schließlich lässt sich daraus, dass die Beklagte derartige Differenzierungen im Folgejahr nicht mehr vorgenommen hat, ebenfalls keine Erkenntnis ableiten. Hätte sie weiterhin differenziert, wäre gegebenenfalls der Vorwurf berechtigt gewesen, sie habe trotz Kenntnis von der Unzulässigkeit oder möglichen Unzulässigkeit der Differenzierung an der gleichartigen Gestaltung festgehalten und schon deswegen eine ihr zurechenbare „gestaltende Entscheidung“ getroffen. Insoweit erscheint das Verhalten der Beklagten nur folgerichtig und hat keine Aussagekraft für die streitgegenständlichen Ansprüche.

6. Nach alldem stehen dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Die Berufung ist zurückzuweisen. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO).

7. Die Zulassung der Revision erfolgt im Hinblick auf die Frage, inwieweit ein Anspruch auch bei fahrlässiger oder sich aufdrängender Unwirksamkeit der Norm gegeben sein kann.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2012 - 15 Sa 139/11 - in seinen Ziffern I.9. und II. aufgehoben.

2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29. November 2012 - 3 Sa 71/12 - aufgehoben.

3. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgelterhöhungen unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.

2

Der 1958 geborene Kläger ist seit 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte war bis zum 31. März 2006 ordentliches Mitglied im Verband für Dienstleistung, Groß- und Außenhandel Baden-Württemberg e.V., im Anschluss daran wechselte sie in eine sog. OT-Mitgliedschaft.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 1991, der auszugsweise lautet:

        

„1. Tätigkeit

        

Der/Die Angestellte wird ab 01.02.92 als PC-Programmierer eingestellt. (…)

        

…       

        

3. Kollektivvereinbarungen

        

Für das Arbeitsverhältnis gelten die für unsere Firma maßgebenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der jeweiligen Fassung.“

4

Der Kläger erhält ein Bruttomonatsgehalt von 4.034,00 Euro. Dieses setzt sich zusammen aus einem zum Stand 1. Mai 2006 eingefrorenen Tarifgehalt der Gehaltsgruppe G 5 / 12. Berufsjahr der Gehaltstarifverträge für die Beschäftigen des Groß- und Außenhandels in Baden-Württemberg (2.908,00 Euro brutto) und einer übertariflichen Zulage, die nach einer individuellen Erhöhung um 50,00 Euro brutto seit dem 1. August 2007 1.126,00 Euro brutto beträgt. Weitere 30,58 Euro brutto monatlich gewährt die Beklagte dem Kläger unter der Bezeichnung „AVmG PK AG stfr.“.

5

Nach dem Wechsel in die OT-Mitgliedschaft bat die Beklagte zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt im Frühjahr 2006 ihre Mitarbeiter um eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von (tariflichen) 38,5 Stunden auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich. Einen entsprechenden Zusatz zum Arbeitsvertrag akzeptierten 96 % der Belegschaft, der Kläger nicht.

6

Am 25. März 2008 schloss die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb errichteten Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung zur Bestimmung und Behandlung des Entgelts und des Entgeltgruppenplans“ (im Folgenden: BV Entgelt), die eine tätigkeitsbezogene Eingruppierung der Mitarbeiter in fünf allgemeine Entgeltgruppen (A1 bis A5) vorsieht. Außerdem heißt es dort:

        

„3 Grundsätze zu den Entgeltgruppen

        

…       

        

Die Festlegung des individuellen Entgelts innerhalb einer Entgeltgruppe, sowie des Basisentgelts der 1. Entgeltgruppe erfolgt durch den Arbeitgeber. Die prozentuale Steigerungsrate zwischen den einzelnen Entgeltgruppen (= Basisentgelt der Entgeltgruppen 2 - 5) ist in der Anlage geregelt.

        

4 Erhöhungen in den Entgeltgruppen

        

Entgelterhöhungen werden durch den Arbeitgeber festgelegt. (…)

        

Für alle Mitarbeiter, die vor dem 1.4.2006 in das Unternehmen eintraten, gilt ein Bestandsschutz. Basisentgelt für diese Mitarbeiter ist deren individuelles Tarifentgelt zum Stichtag 1.5.2006, solange dieses höher ist als das Basisentgelt.“

7

Mit Wirkung zum 1. April 2008 bot die Beklagte allen Arbeitnehmern den Abschluss eines neuen Formulararbeitsvertrags (im Folgenden: Standardarbeitsvertrag 2008) an, der keine Bezugnahme auf Tarifverträge mehr enthält, eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Wochenstunden festschreibt und eine Vergütung nach den Entgeltgruppen der BV Entgelt (beim Kläger: nach Entgeltgruppe A4 iHv. 4.083,00 Euro brutto) nebst einem 13. Bruttomonatsgehalt vorsieht. Des Weiteren enthält der Standardarbeitsvertrag 2008 Verschlechterungen im Vergleich zu den auf die Tarifbestimmungen für den Groß- und Außenhandel in Baden-Württemberg Bezug nehmenden Arbeitsverträgen, so etwa geringere Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Wegfall eines Zuschusses zum Krankengeld, weniger Tatbestände, bei denen Anspruch auf bezahlte Freistellung bestehen soll, Reduzierung eines „Sterbegeldes“. Rund 90 % der Beschäftigten nahmen das Angebot an, der Kläger nicht.

8

Die Beklagte erhöhte das Basisentgelt derjenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in den Standardarbeitsvertrag 2008 gewechselt waren, zum 1. Juni 2008 um 2,6 %. Weitere Entgelterhöhungen erfolgten zum 1. Juli 2009 (2,2 %), zum 1. September 2010 (1,6 %) und zum 1. Juli 2011 (3,3 %).

9

In einem Vorprozess machte der Kläger eine Entgelterhöhung um 2,6 % für den Zeitraum Juni 2008 bis Februar 2009 erfolglos geltend (LAG Baden-Württemberg 15. April 2010 - 15 Sa 43/09 -).

10

Mit den vorliegenden, mehrfach erweiterten und bis in die Revisionsinstanz in getrennten Verfahren geführten Klagen hat der Kläger unter Berufung auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz die den begünstigten Arbeitnehmern gewährten Entgelterhöhungen, zuletzt für den Zeitraum Februar 2010 bis Dezember 2011 verlangt und geltend gemacht, ein sachlicher Grund, ihn von den Entgelterhöhungen auszunehmen, liege nicht vor.

11

Der Kläger hat - soweit seine Klagen in die Revisionsinstanz gelangt sind - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.861,22 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger 2.064,70 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Gleichbehandlungsgrundsatz finde aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsvertragsmodelle keine Anwendung. Jedenfalls sei die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Mit den Entgelterhöhungen hätten die Nachteile der Beschäftigten, die in den Standardarbeitsvertrag 2008 wechselten, ausgeglichen werden sollen.

13

In dem Rechtsstreit betreffend den Zeitraum Februar 2010 bis April 2011 (= Klageantrag zu 1.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte rechtskräftig verurteilt, an den Kläger von September 2010 bis April 2011 monatlich (weitere) 28,34 Euro brutto zu zahlen. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiter.

14

In dem Rechtsstreit betreffend den Zeitraum Mai bis Dezember 2011 (= Klageantrag zu 2.) hat das Arbeitsgericht der Klage teilweise, das Landesarbeitsgericht ihr in vollem Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision (Ausgangsaktenzeichen - 5 AZR 284/13 -) verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

15

Der Senat hat die Rechtsstreite nach Anhörung der Parteien zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen - 5 AZR 6/13 - verbunden.

Entscheidungsgründe

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Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind begründet. Ob der Kläger Anspruch auf die oder eine der den begünstigten Arbeitnehmern gewährten Entgelterhöhungen hat, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung der Berufungsurteile und Zurückverweisung der - nunmehr verbundenen - Sachen an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

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I. Der Anwendungsbereich des (allgemeinen) Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eröffnet.

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1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht (oft auch arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz oder allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz genannt) gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln (st. Rspr., BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18 mwN, BAGE 139, 190). Er wurzelt in dem überpositiven Ideal der Gerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, und ist seit langem unbestrittener Bestandteil des Arbeitsrechts (vgl. nur ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 574; HWK/Thüsing 6. Aufl. § 611 BGB Rn. 181, jeweils mwN; siehe auch G. Hueck Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht S. 61, der schon 1958 festgestellt hat, die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei in der Literatur und Judikatur zum Arbeitsrecht ganz allgemein anerkannt). Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291). Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 17; 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 14, BAGE 137, 339, jeweils mwN).

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Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bei individuellen Entgeltvereinbarungen anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18, BAGE 139, 190; 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291, jeweils mwN).

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2. Danach ist der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet.

21

a) Die Beklagte hat freiwillig, also ohne hierzu - insbesondere arbeitsvertraglich oder aufgrund der BV Entgelt - rechtlich verpflichtet zu sein (zur Nichtanwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei bloßem Normenvollzug und Vertragserfüllung, vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 21 mwN, BAGE 139, 190), die Arbeitsentgelte zum 1. Juni 2008, 1. Juli 2009, 1. September 2010 und 1. Juli 2011 kollektiv nach einem generalisierenden Prinzip angehoben. Für diese Leistung hat sie den Wechsel in den Standardarbeitsvertrag zur Voraussetzung gemacht. Mit der Anknüpfung an die zunächst durch die Reaktion der Arbeitnehmer auf das Angebot zum Abschluss des Standardarbeitsvertrags 2008 erfolgte Teilung der Belegschaft in Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertrag 2008 und solche mit „Altverträgen“ hat die Beklagte eine Gruppenbildung vorgenommen (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 23, BAGE 122, 1).

22

b) Der Kläger und die Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertag 2008 befinden sich „in vergleichbarer Lage“. Zwar ist dafür nicht in jedem Falle bereits das gemeinsame Band eines Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber ausreichend. Es ist aber andererseits nicht erforderlich, dass die Arbeitsbedingungen des Gleichbehandlung fordernden Arbeitnehmers mit denjenigen der Begünstigten in Gänze identisch sind (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 26, BAGE 122, 1). Die Geltung verschiedener Arbeitsvertragsmodelle kann allenfalls dann eine im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes vergleichbare Lage ausschließen, wenn das eine Arbeitsvertragsmodell gekennzeichnet ist durch die dynamische Bezugnahme auf ein Tarifwerk und damit auf arbeitsvertraglicher Ebene kollektive, der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entzogene Regelwerke in ihrer jeweiligen Fassung zur Anwendung kommen, während das andere Arbeitsvertragsmodell der unbeschränkten Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entspringt und den Arbeitnehmern gestellt wird. Eingedenk des Primats, (nur) Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, kommt es auch bei verschiedenen Arbeitsvertragsmodellen darauf an, ob sich der auf Gleichbehandlung berufende Arbeitnehmer hinsichtlich der vom Arbeitgeber verteilten Leistung in vergleichbarer Lage zu den begünstigten Arbeitnehmern befindet. Ist das der Fall, sind ansonsten unterschiedliche Arbeitsbedingungen erst für das Vorliegen eines sachlichen Differenzierungsgrundes von Belang.

23

Mit den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen hat die Beklagte die statische Vergütungsabrede im Standardarbeitsvertrag 2008 freiwillig dynamisiert. Insoweit befindet sich der Kläger mit den begünstigten Arbeitnehmern „in vergleichbarer Lage“, weil auch sein Arbeitsvertrag eine statisch gewordene Vergütungsabrede enthält. Davon ist auszugehen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien vor dem 1. Januar 2002 begonnen hat. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die „für unsere Firma maßgebenden Tarifverträge (…) in der jeweiligen Fassung“ hat das Landesarbeitsgericht angesichts der vormaligen Tarifgebundenheit der Beklagten kraft Verbandszugehörigkeit zutreffend nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Gleichstellungsabrede ausgelegt (zu Auslegung und Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 vereinbarte Bezugnahmeklauseln, vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 13 ff. mwN). Die Dynamik der tariflichen Inkorporierung ist deshalb auf die Zeit begrenzt, in der die Beklagte durch ihre Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war (vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 15 ff. mwN, BAGE 136, 184). Danach hat der Kläger ab dem Ende der Nachbindung der Beklagten (§ 3 Abs. 3 TVG)an den zur Zeit ihres Wechsels in eine OT-Mitgliedschaft geltenden Gehaltstarifvertrag, also mit dem Inkrafttreten des (neuen) Gehaltstarifvertrags vom 5. Juli 2007 (zur Dauer der Nachbindung, vgl. BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 34 ff., BAGE 131, 176) weder kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit, noch aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme einen Anspruch auf Tariferhöhungen. Das Entgelt bzw. die Entgeltvereinbarung ist statisch geworden. Für Entgelterhöhungen ist der Kläger wie die Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertrag 2008 - und anders als Arbeitnehmer mit nach dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Altverträgen, deren Bezugnahmeklausel dynamisch wirkt - auf den Gestaltungswillen der Beklagten angewiesen und deren kollektivrechtlich nicht beschränkter Gestaltungsmacht unterworfen.

24

II. Ob die Ungleichbehandlung des Klägers sachlich gerechtfertigt ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

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1. Ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung ist der Ausgleich unterschiedlicher Arbeitsbedingungen zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern, solange ein solcher Ausgleich herbeigeführt wird und keine Überkompensation eintritt (BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23 mwN, BAGE 137, 339; vgl. auch BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 25 f.). Wann bei einer Entgelterhöhung als begünstigender Maßnahme eine Überkompensation anzunehmen ist, musste das Bundesarbeitsgericht bislang nicht im Einzelnen klären.

26

Aus der bisherigen Rechtsprechung kann nicht gefolgert werden, eine Überkompensation liege stets bereits dann vor, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt der Stundenlohn der begünstigten Arbeitnehmer höher ist als der Stundenlohn der von der Leistung ausgenommen Arbeitnehmer (zur Stundenvergütung als Vergleichsmaßstab siehe: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 23). So ließe ein bloßer Vergleich der Bruttostundenlöhne im Streitfall außer Betracht, dass die begünstigten Arbeitnehmer vor der ersten Entgelterhöhung über längere Zeit eine faktische Lohnkürzung durch die Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich hingenommen haben. Geht es um den Ausgleich von Vergütungsunterschieden und sich finanziell auswirkender unterschiedlicher sonstiger Arbeitsbedingungen, tritt eine Überkompensation erst und mit dem Zeitpunkt ein, zu dem die finanziellen Nachteile, die die begünstigten Arbeitnehmer bis zu einer Entgelterhöhung erlitten haben oder danach noch erleiden werden, vollständig ausgeglichen sind.

27

2. Zur Prüfung der Frage, ob eine Entgelterhöhung nachteilige Arbeitsbedingungen der begünstigten Arbeitnehmer nicht nur ausgeglichen, sondern überkompensiert hat, ist ein Gesamtvergleich erforderlich. Dabei ist nicht - wie es das Landesarbeitsgericht unternommen hat - abstrakt auf die verschiedenen Arbeitsvertragsmodelle abzustellen und zu versuchen, deren unterschiedliche Arbeitsbedingungen irgendwie finanziell zu bewerten. Das ist objektiv nicht möglich, soweit - wie im Streitfall - die Nachteile der begünstigten Arbeitnehmer im Vergleichszeitraum variieren können, je nachdem, in welchem Umfang sie etwa zu Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit herangezogen wurden oder bei ihnen Entgeltfortzahlungstatbestände vorlagen. Ob die Differenzierung bei den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht war (zu diesem Postulat: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16 mwN), kann bei unterschiedlichen Arbeitsbedingungen aufgrund verschiedener Arbeitsvertragsmodelle zuverlässig nur am Maßstab des auf Gleichbehandlung klagenden Arbeitnehmers beurteilt werden. Soweit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. März 2007 (- 5 AZR 420/06 - Rn. 28, BAGE 122, 1) ein anderer Vergleichsmaßstab entnommen werden kann, hält der Senat daran nicht fest.

28

3. Demzufolge muss - ähnlich wie beim Gesamtvergleich zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt im Bereich der Leiharbeit, in dem der Verleiher gesetzlich zur Gleichbehandlung verpflichtet ist - ein Gesamtvergleich der Entgelte angestellt werden. Dabei zählt zum Arbeitsentgelt jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 34. ff; 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 28). Gegenüberzustellen ist das Arbeitsentgelt, das der Kläger im maßgeblichen Zeitraum aufgrund der für ihn geltenden arbeitsvertraglichen Regelungen tatsächlich verdient hat und dasjenige Arbeitsentgelt, das er erhalten hätte, wenn er zu den Konditionen der begünstigten Arbeitnehmer gearbeitet hätte.

29

Dazu ist zunächst das Arbeitsentgelt zu ermitteln, das der Kläger ab dem - vom Landesarbeitsgericht bislang nicht exakt festgestellten - Zeitpunkt im Jahre 2006, an dem sich die Gruppe der Arbeitnehmer mit dem späteren Standardarbeitsvertag 2008 bei ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen mit einer Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich einverstanden erklärte, bis zum Ende des Streitzeitraums (hier: Dezember 2011) erhalten hat. Dem gegenübergestellt werden muss das Arbeitsentgelt, das der Kläger im genannten Zeitraum unter Zugrundelegung der für ihn weitergeltenden Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden, aber mit einem entsprechend der Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich verringerten faktischen Stundenlohn, erhalten hätte, wenn er ansonsten zu den für die Vergleichsgruppe geltenden Konditionen gearbeitet hätte. Ergibt sich dabei im Wege eines Gesamtsaldos ab einem bestimmten Zeitpunkt ein Plus, ist von da an eine Überkompensation anzunehmen: Der Kläger hätte mehr verdient, wenn er ins „schlechtere“ Arbeitsvertragsmodell gewechselt wäre. Freizeit ist dabei nicht zusätzlich zu bewerten, sie findet arbeitsrechtlich ihren Niederschlag in Höhe und Umfang der Hauptleistungspflichten einschließlich etwaiger Zuschläge.

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4. Rechtsfolge einer Überkompensation ist, dass im Umfang der Überkompensation der sachliche Grund des Ausgleichs von Unterschieden nicht trägt (vgl. BAG 13. April 2010 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23, BAGE 137, 339; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 25). Für eine nach Eintritt der Überkompensation erfolgende - weitere - Entgelterhöhung fehlt deshalb der sachliche Grund von vornherein, für eine Entgelterhöhung vor Eintritt der Überkompensation entfällt der sachliche Grund ab diesem Zeitpunkt. Wäre zB im Streitfall eine Überkompensation ab 1. Januar 2011 anzunehmen, könnte der Kläger die zum 1. Juli 2011 erfolgte Entgelterhöhung beanspruchen. Die Entgelterhöhung zum 1. September 2010 stünde ihm in diesem Falle erst ab dem 1. Januar 2011 zu, weil bis dahin der sachliche Grund die Differenzierung gerechtfertigt hat.

31

5. Nach Maßgabe dieser Grundsätze wird das Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren prüfen müssen, ob und gegebenenfalls wann eine Überkompensation der Nachteile der begünstigten Arbeitnehmer eingetreten ist. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Die Beklagte hat eine Gruppe von Arbeitnehmern von den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen ausgenommen und muss deshalb die Gründe für die Differenzierung offenlegen und substantiiert dartun (vgl. im Einzelnen: BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 84/10 - Rn. 15 f.). Dem ist sie mit ihrem bisherigen Vorbringen nachgekommen. Nunmehr ist es Sache des sich auf eine Überkompensation berufenden Klägers, anhand eines ihn betreffenden Gesamtvergleichs im Einzelnen darzulegen (und im Streitfalle zu beweisen), dass die Beklagte unstreitig bestehende unterschiedliche Arbeitsbedingungen nicht nur ausgeglichen, sondern ab einem bestimmten Zeitpunkt überkompensiert hat. Dem genügt das Vorbringen des Klägers bislang nicht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es aber, dem Kläger in einem erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Mandrossa     

        

    E. Bürger    

                 

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

Datum: 14.01.2014

3 Ca 990/12 (Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg -)

Rechtsvorschriften:

Leitsatz:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg, Kammer Coburg, vom 19.06.2013, Az.: 3 Ca 990/12, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

II.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer durch Betriebsvereinbarung geregelten Sonderzahlung an den in der Betriebsvereinbarung mit einem geringeren Betrag bedachten Arbeitnehmer.

Der Kläger ist bei der Beklagten, die in ihrem Betrieb etwa 100 Arbeitnehmer beschäftigt, seit 24.09.1984 als Fahrer tätig. In früheren Jahren erhielten sämtliche Arbeitnehmer einheitlich Sonderzahlungen in Form von Anwesenheitsprämien.

Mit Betriebsvereinbarung vom 16.06.2010 wurde hinsichtlich der Sonderzahlungen folgendes geregelt (Anlage zur Klageschrift, Bl. 22 d. A.):

Zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat wird folgende Betriebsvereinbarung über eine freiwillige Sonderzahlung geschlossen:

1. Mit der Juni-Abrechnung 2010 erhält jeder Mitarbeiter eine einmalige freiwillige Sonderzahlung.

2. Freiwillige Sonderzahlungen sind ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und begründen keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.

3. Die Höhe der freiwilligen Sonderzahlung beträgt für

Fernfahrer2,94%

alle anderen Mitarbeiter4,00%

des bezahlten Brutto-Einkommens 2009 (ohne Kurzarbeit), jedoch abzüglich der VWL, Urlaubsgeld, Auslösungen, Kleidergeld und evtl. geleisteter Sonderzahlungen (auch Nachzahlungen) jeglicher Art.

4. Diese Betriebsvereinbarung tritt zum 01.06.2010 in Kraft und endet automatisch, ohne Nachwirkung, mit Auszahlung der freiwilligen Sonderzahlung zum 30.06.2010.

Unter dem 16.06.2011 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat eine weitere Betriebsvereinbarung mit, soweit vorliegend von Interesse, folgendem Wortlaut (ebenda, Bl. 23 f. d. A.):

1. Der Arbeitgeber gewährt im Kalenderjahr 2011 eine freiwillige Sonderzahlung. Die Gewährung der Sonderzahlung 2011 erfolgt freiwillig und begründet damit keinen Rechtsanspruch auf Weitergewährung in den folgenden Kalenderjahren. Das Unternehmen behält sich vor, jedes Jahr neu zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ggfs. eine freiwillige Sonderzahlung gewährt wird.

2. Anspruchsberechtigt …

3. Die Höhe der freiwilligen Sonderzahlung 2011 beträgt für:

Fernfahrer4,61%

Alle anderen Mitarbeiter6,40%

Die Basis für die Berechnung der freiwilligen Sonderzahlung für 2011 ist das bezahlte Brutto-Einkommen aus dem Jahr 2010, jedoch abzüglich VWL, Urlaubsgeld, Auslösung, Kleidergeld, geleistete Sonderzahlung (für gewerbliche Arbeitnehmer im November 2010 und Angestellte im Dezember 2010), Nachzahlungen, Jubiläumszuschläge, sonstige Sachbezüge, Provisionen, usw..

Tritt ein Arbeitnehmer …

4. Tritt während eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses eine Änderung hinsichtlich der Beschäftigungsdauer ein (z. B. Teilzeit oder Vollzeit), erfolgt eine entsprechende zeitanteilige Anpassung der freiwilligen Sonderzahlung.

5. Die Betriebsvereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft und endet automatisch mit der Auszahlung der freiwilligen Sonderzahlung an die Mitarbeiter mit der nächsten Lohn- und Gehaltsabrechnung für den Monat Juni 2011, spätestens aber mit dem 31.07.2011. Eine Nachwirkung ist ausgeschlossen.

In der Betriebsvereinbarung vom 12.07.2012 (ebenda, Bl. 25 f. d. A.) wurde hinsichtlich der freiwilligen Sonderzahlung eine vergleichbare Regelung getroffen, wobei für die Fernfahrer 6,48%, für alle anderen Arbeitnehmer 9,00% des vorjährigen Entgelts als Berechnungshöhe festgelegt wurde, zahlbar mit dem Julientgelt.

Der Kläger hat im Jahr 2010 einen Betrag in Höhe von 766,22 € brutto, im Jahr 2011 einen Betrag von 1.208,57 € brutto und im Jahr 2012 einen Betrag von 1.671,65 € brutto als Sonderzahlung entsprechend der Betriebsvereinbarung erhalten.

Mit seiner am 16.11.2012 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte sei ihm zur Nachzahlung weiterer Beträge als Sonderzahlungen verpflichtet. Er habe wie andere Fernfahrer mit Schreiben vom 10.08.2012 geltend gemacht, die an ihn zu zahlende Sonderzahlung müsse derjenigen der anderen Arbeitnehmer entsprechen. Die Festsetzung eines geringeren Betrages für die Fernfahrer verstoße gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Beklagtengeschäftsführer habe daraufhin keine Erklärung für die Ungleichbehandlung abgegeben, ihm und seinen Fernfahrerkollegen aber eine innerbetriebliche Beschäftigung angeboten. Dieser habe weiter erklärt, die Fernfahrer verdienten mit ihrer durchschnittlich um 28% höheren Arbeitszeit ohnehin zu viel; dies müsse sich bei der Sonderzahlung wieder ausgleichen und rechtfertige die um 28% niedrigere Sonderzahlung. Der Kläger meint, die Beklagte schaffe mit den rechtswidrigen Betriebsvereinbarungen eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ und diskriminiere die Fernfahrer. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich. Die Betriebsvereinbarungen dienten ausschließlich dem Zweck der Umgehung des Gleichbehandlungsgrundsatzes; sie hätten keinen anderen Zweck, als den Fahrern unter dem „Deckmäntelchen“ der Betriebsvereinbarung eine gekürzte Zahlung zukommen zu lassen. Ihm ständen angesichts seines Bruttoentgelts von 32.117,55 € im Jahr 2009, 27.043,49 € im Jahr 2010 und 26.633,21 € im Jahr 2011 Nachzahlungsbeträge von 518,48 €, 522,31 € und 725,33 €, mithin insgesamt 1.766,12 € brutto zu.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt:

Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an den Kläger 1.766,12 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins nach § 247 BGB seit 12.10.2012 zu zahlen.

Die Beklagte hat dagegen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat eingewandt, dem Kläger stehe der Anspruch nicht zu. Zunächst sei er von einem nicht maßgeblichen Jahresentgelt als Berechnungsgrundlage ausgegangen. Entsprechend den genauen Regelungen der Betriebsvereinbarungen seien Beträge von 26.062,02 € - für die Sonderzahlung 2010 maßgebliches Jahresentgelt 2009 -, 26.216,35 € - für die Sonderzahlung 2011 maßgebliches Jahresentgelt 2010 - und 25.797,07 € - für die Sonderzahlung 2012 maßgebliches Jahresentgelt 2011- zugrunde zu legen. Es ergäben sich daher allenfalls Differenzbeträge von 276,26 €, 469,28 € und 650,09 €, mithin 1.395,63 €. Die Ansprüche seien jedoch insgesamt nicht gegeben. Der Gleichbehandlungsgrundsatz scheide als Anspruchsgrundlage aus, weil er - der Arbeitgeber - keine Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewähre und dabei gestaltend tätig werde. Er habe lediglich die Normen der Betriebsvereinbarungen vollzogen. Mangels Gestaltung seien Ansprüche aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz von vornherein ausgeschlossen. Es könne daher dahinstehen, ob die Differenzierung sachlich zulässig gewesen sei oder nicht. Die Betriebsparteien hätten sicherstellen wollen, dass die Fernfahrer im Hinblick auf ihre längeren Arbeitszeiten, die zu höheren Jahresentgelten führen würden, nicht gegenüber anderen Arbeitnehmern bevorzugt würden. Sie hätten also gerade dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung tragen wollen. Sie, die Beklagte, sei von der Wirksamkeit der mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen ausgegangen und habe die Zahlungen im Vertrauen auf die Wirksamkeit der dortigen Normen geleistet. Es lägen weder bewusste Benachteiligungen der Fernfahrer noch Rechtsmissbrauch vor.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.04.2005 für den vorliegenden Streitgegenstand nicht vergleichbar sei. Dort sei es nur um eine einzige Leistungsprämie für ein Jahr gegangen, in der nur einzelne Arbeitnehmer aus sachlichen Gründen von der Gewährung ausgenommen worden seien. Im Gegensatz hierzu hätten die von der Beklagten mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen dem alleinigen Zweck gedient, die Fahrer zu benachteiligen. Die Betriebsvereinbarungen stellten nicht ein ausgehandeltes Ergebnis eines mitbestimmungspflichtigen Sachverhalts dar. Im Übrigen sei der Betriebsrat mehrheitlich mit Nicht-Fernfahrern besetzt. Die Ungleichbehandlung sei auch nicht durch die überdurchschnittliche Arbeitszeit gerechtfertigt. Im Übrigen habe er die Ungleichbehandlung mit Schreiben vom 13.08.2012 geltend gemacht - die mit dem Julientgelt ausgezahlte Sonderzahlung sei erst spätestens zum 15. des Folgemonats fällig geworden. Auch den Betriebsparteien stehe es nicht frei, sich über den Gleichbehandlungsgrundsatz hinwegzusetzen. Früher hätten Arbeiter wie Fernfahrer und Angestellte im Büro eine einheitliche Sonderzahlung erhalten.

Das Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg - hat mit Endurteil vom 19.06.2013 wie folgt entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 1.766,12 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, der geltend gemachte Anspruch ergebe sich nicht aus den Betriebsvereinbarungen. Diese sähen jeweils unterschiedliche Prozentsätze zur Berechnung der Zahlungen vor. Die Beklagte habe die Zahlungen entsprechend den Betriebsvereinbarungen geleistet, was auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt werde. Der Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser greife nur, wenn der Arbeitgeber gestaltend tätig werde. Vollziehe er lediglich Normen, greife er nicht, wie das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 26.04.2005 festgehalten habe. Hier habe die Beklagte die Sonderzahlungen auf der Grundlage der jeweils abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen geleistet. Sie habe diese Betriebsvereinbarungen unmittelbar umgesetzt und sei nicht mehr gestaltend tätig geworden. Der Anspruch bestände selbst dann nicht, wenn die Betriebsvereinbarungen unwirksam wären. Zum einen fiele in diesem Fall die Anspruchsgrundlage für die Sonderzahlung in Gänze weg. Zum anderen handelte es sich auch dann nur um Normvollzug, wenn die anderen Mitarbeiter solche Leistungen in Anwendung einer vermeintlich wirksamen Betriebsvereinbarung erhalten hätten. Vorliegend bestehe kein Anlass zur Annahme, dass die Beklagte die Sonderzahlungen an die anderen Arbeitnehmer in Kenntnis der Unwirksamkeit der geschlossenen Betriebsvereinbarungen geleistet hätte.

Das Endurteil des Arbeitsgerichts ist der anwaltlichen Prozessvertreterin des Klägers ausweislich deren Empfangsbekenntnisses am 17.07.2013 zugestellt worden. Diese hat namens und im Auftrag des Klägers mit Schriftsatz vom 26.07.2013, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 29.07.2013, Berufung gegen die Entscheidung eingelegt. Sie hat die Berufung mit am 11.09.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 10.09.2013 begründet.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, das Arbeitsgericht habe sich zu Unrecht auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.04.2005 gestützt, ohne die Umstände des Einzelfalles, insbesondere den Selbstzweck der geschlossenen Betriebsvereinbarungen, auch nur ansatzweise zu berücksichtigen. Das Arbeitsgericht habe den Sachvortrag, die Zahlungen seien bereits seit Beginn des Arbeitsverhältnisses erfolgt und daher auch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung begründet, außen vor gelassen. Es habe weiter unberücksichtigt gelassen, dass die Betriebsvereinbarungen keine Bestimmung dahingehend enthielten, dass solche vorhergehenden Regelungen außer Kraft gesetzt werden sollten. Die Betriebsvereinbarungen sähen zudem nur unterschiedliche Prozentsätze vor, ohne Differenzierungsgründe anzugeben. Die Beklagte habe sich vorliegend überhaupt nicht geirrt, sondern das Instrument der Betriebsvereinbarungen bewusst zweckwidrig zur Benachteiligung der Fahrer eingesetzt. Sie habe mit den Betriebsvereinbarungen keine Regelung getroffen, mit der betriebliche oder betriebsverfassungsrechtliche Umstände ihrer Natur nach nur generell kollektivrechtlich geregelt werden könnten. Auch durch den Abschluss von Betriebsvereinbarungen könne die Schranke der Gleichbehandlung und des Diskriminierungsverbotes nicht ausgehebelt werden. Die Ansicht des Arbeitsgerichts würde zu einem rechtsfreien Raum führen. Der Missbrauch durch die Beklagte hätte sich dem Arbeitsgericht aufdrängen müssen. Vorsorglich werde bestritten, dass bei den Fernfahrern von einer durchschnittlich um 28% höheren Arbeitszeit auszugehen sei.

Der Kläger und Berufungskläger stellt im Berufungsverfahren - nach Rücknahme der Berufung im Übrigen im Termin vom 14.01.2014 - folgende Anträge:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - verkündet am 19.06.2013, zugestellt am 17.07.2013, Az. 3 Ca 990/12, wird aufgehoben.

2. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an den Kläger 1.395,63 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 12.10.2012 zu zahlen.

3. Die Beklagte und Berufungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten zweiter Instanz zu tragen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt dagegen:

Die Berufung des Klägers wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Beklagte schließt sich den Ausführungen des Arbeitsgerichts an. Sie meint, das Arbeitsgericht habe die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 26.11.1998 und vom 26.04.2005 zutreffend auf die vorliegende Konstellation angewandt. Die Betriebsparteien seien von der Wirksamkeit der jeweiligen Betriebsvereinbarungen ausgegangen. Eine eventuelle Unwirksamkeit dieser Betriebsvereinbarungen sei weder gegeben noch gerichtlich festgestellt. Sie, die Beklagte, habe auf die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung vertrauen dürfen und vertraut. Selbst wenn die Betriebsvereinbarungen einer Prüfung nicht standhielten, ergäben sich die geltend gemachten Ansprüche des Klägers nicht. Die Ausführungen über Zahlungen aus früheren Jahren seien nicht nachvollziehbar. Früher seien Sonderzahlungen als freiwillige Leistungen jährlich festgelegt worden, unter Ausschluss eines Rechtsanspruchs für künftige Jahre. Diesbezüglich nachvollziehbaren Sachvortrag habe der Kläger nicht dargetan. Eine betriebliche Übung habe nicht bestanden. Unabhängig hiervon stütze der Kläger seinen Anspruch auf die Betriebsvereinbarungen, nicht aber auf eine betriebliche Übung. Der Vortrag, die Betriebsvereinbarungen seien bewusst zur Benachteiligung der Fahrer eingesetzt worden, entbehre jeglicher Grundlage.

Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe am 30.11.2013 erneut eine Sonderzahlung an die Belegschaft ausgekehrt, nunmehr ohne Differenzierung nach der Tätigkeit.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung des Sachverhalts im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils, auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 14.01.2014 (Bl. 143 ff. d. A.) sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, weil sie sich gegen ein arbeitsgerichtliches Endurteil richtet. Der Beschwerdewert ist erreicht. Sie ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei der Klägervertreterin durch die anwaltliche Prozessvertreterin beim Landesarbeitsgericht eingelegt und begründet worden. Die Begründung erfüllt noch die zu stellenden Anforderungen. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies schon daraus ergibt, dass der Kläger nunmehr erstmals auf das Bestehen einer betrieblichen Übung beruft, während er erstinstanzlich den Anspruch allein auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz durch die Anwendung der abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen bezieht. Insoweit dürfte nämlich ein anderer Streitgegenstand ins Verfahren eingeführt worden sein. Der Kläger beruft sich aber darauf, das Arbeitsgericht habe übersehen, dass die Beklagte die Betriebsvereinbarungen bewusst rechtswidrig zur Benachteiligung der Fernfahrer eingesetzt habe; dies sei schon aus den Betriebsvereinbarungen selbst erkennbar. Mit dieser Begründung wäre in der Tat ein Anspruch über den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz möglich, wäre nicht bloßer Normvollzug gegeben. Eine ausreichende Auseinandersetzung mit den Gründen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung ist daher noch gegeben.

II.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung abgewiesen. Die Kammer des Landesarbeitsgerichts folgt der überzeugenden Begründung des Arbeitsgerichts, der sie sich anschließt, so dass auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann. Im Hinblick auf die in der Berufungsinstanz aufgeworfenen Fragen ist folgendes hinzuzufügen:

1. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht aus betrieblicher Übung. Der Kläger hat auch in der Berufung in keiner Weise dargetan, dass eine solche Übung auf eine Sonderzahlung in den Jahren vor 2010 bestanden haben soll. Der Kläger hat in keiner Weise dargetan, wann im Betrieb Sonderzahlungen nach welchen Grundsätzen gezahlt worden sind, so dass eine Prüfung dahingehend möglich wäre, ob ein entsprechender Vertrauenstatbestand bei den Arbeitnehmern des Betriebs entstanden sein konnte. Er ist den Ausführungen der Beklagten, das Entstehen einer solchen Übung sei von vornherein ausgeschlossen gewesen, weil frühere Zahlungen mit wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalten verbunden gewesen seien, nicht entgegengetreten. Er hat schließlich in keiner Weise erläutert, aus welchen Gründen sich aus einer solchen eventuell vorhandenen Übung gerade die eingeklagten Zahlungsansprüche ergeben sollen. Er hat nicht einmal dargetan, welche Leistungen in früheren Jahren dem Grunde und der Höhe nach gewährt worden sein sollen.

Der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt ist daher nicht geeignet, gerade die geltend gemachten Zahlungsansprüche aus dem Gesichtspunkt einer eventuellen früheren betrieblichen Übung zu begründen. Selbst wenn man den Sachvortrag des Klägers also dahingehend versteht, dass er mit der Berufung einen zusätzlichen Streitgegenstand einführen wollte, führt dies nicht zur Begründung der geltend gemachten Zahlungsansprüche.

2. Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

a. Das Arbeitsgericht hat unter zutreffender Zitierung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darauf hingewiesen, dass ein solcher Anspruch grundsätzlich nur bei einer „gestaltenden“ Entscheidung des Arbeitgebers besteht, nicht jedoch bei bloßem Normvollzug (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG vom,26.11.1998, 6 AZR 335/97, Rn. 37 der Entscheidungsgründe; BAG vom 26.04.2005, 1 AZR 76/04, Rn. 26 der Entscheidungsgründe; BAG vom 02.08.2006, 10 AZR 572/05, Rn. 33 der Entscheidungsgründe; BAG vom 06.12.2006, 4 AZR 798/05, Rn. 23 der Entscheidungsgründe; BAG vom 15.4.2008, 1 AZR 65/07, Rn. 18 der Entscheidungsgründe; BAG vom 21.09.2011, 5 AZR 520/10, Rn. 21 der Entscheidungsgründe; BAG vom 27.06.2012, 5 AZR 317/11, Rn. 17 der Entscheidungsgründe; BAG vom 12.12.2012, 10 AZR 718/11, Rn. 44 der Entscheidungsgründe; BAG vom 16.05.2013, 6 AZR 619/11, Rn. 46 der Entscheidungsgründe; BAG vom 21.11.2013, 6 AZR 23/12, Rn. 76 der Entscheidungsgründe, jeweils zitiert nach juris). Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers nur dort ein, wo dieser auch durch eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk und eine eigene Ordnung schafft, nicht hingegen bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug (BAG vom 06.07.2011, 4 AZR 569/09, Rn. 23 der Entscheidungsgründe; BAG vom 23.10.2012, 4 AZR 48/11, Rn. 14 der Entscheidungsgründe, jeweils zitiert nach juris). Dies erscheint als zwingend. Ansonsten befände sich der Arbeitgeber in einem unlösbaren Dilemma. Einerseits wäre er verpflichtet, die Betriebsvereinbarung zu erfüllen, könnte gegebenenfalls gemäß § 77 Abs. 1 BetrVG durch den Betriebsrat über ein gerichtliches Verfahren zu deren Einhaltung angehalten werden. Andererseits wäre er gezwungen, andere Leistungen in Abweichung von der Betriebsvereinbarung zu gewähren.

b. Anders wäre dies - so auch die aufgeführte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts -, wenn dem Arbeitgeber im Auszahlungszeitpunkt positiv bekannt gewesen wäre, dass die Betriebsvereinbarungen - etwa wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes oder einer Maßregelung - unwirksam gewesen wären. In diesem Fall hätte er die Leistung - insoweit „gestaltend“ - in Kenntnis der Unwirksamkeit und deshalb aufgrund eigener Entscheidung erbracht. Erst recht wäre dies der Fall, wenn der Arbeitgeber, wie der Kläger meint, die Betriebsvereinbarungen als Gestaltungsmittel „bewusst zweckwidrig“ eingesetzt hätte, um damit die Fernfahrer zu benachteiligen und um eine Verurteilung wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz mit dem Hinweis auf bloßen Normvollzug zu umgehen.

Hierfür sind jedoch konkrete Anhaltspunkte weder vorgetragen noch aus sonstigen Umständen erkennbar.

(a) Soweit der Kläger meint, die Unwirksamkeit sei allein daraus zu entnehmen, dass für die Fahrer im Gegensatz zu allen anderen Mitarbeitern eine prozentual geringere Sonderzahlung in der Betriebsvereinbarung normiert worden sei, beruft er sich nicht auf positive Kenntnis der Beklagten von der Unwirksamkeit, sondern auf „Kennenmüssen“. Es erscheint im Hinblick auf die dargestellte Rechtsprechung als zweifelhaft, ob eine fahrlässige Unkenntnis von der wahrscheinlichen Unwirksamkeit der vollzogenen Norm genügt. Vieles spricht dafür, dass die Unwirksamkeit positiv bekannt sein muss. Für eine solche positive Kenntnis liegt keinerlei nachvollziehbarer Sachvortrag vor.

(b) Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass sich ein Arbeitgeber auf Normvollzug schon dann nicht mehr berufen kann, wenn sich die Unwirksamkeit der vollzogenen Norm, hier also der Betriebsvereinbarung aufdrängt, führt dies nicht zur Begründung der geltend gemachten Ansprüche. Auch dies ist nämlich allein aufgrund der getroffenen Differenzierung nicht erkennbar. Die Betriebspartner haben bei der Ausgestaltung und Verteilung von Leistungen einen Gestaltungsspielraum. Sie sind insbesondere zu Pauschalierungen befugt. Wenn sie, worauf sowohl der Sachvortrag des Klägers als auch derjenige der Beklagten hindeutet, die Fahrer in erster Linie deswegen mit einer prozentual an der Vorjahresvergütung gemessenen geringeren Quote bedacht haben, weil sie davon ausgegangen sind, dass die Fahrer ungefähr im selben Prozentsatz im Verhältnis zu den anderen Mitarbeitern mehr Stunden verrichtet haben, stellt dies zumindest einen Differenzierungsgrund dar, der - unabhängig von der konkreten Ausgestaltung - nicht von vornherein derart abwegig ist, dass sich schon allein hieraus die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung für die Beklagte aufdrängen musste.

(c) Die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht schon deswegen gegeben, weil im Text der Betriebsvereinbarung keinerlei Grund für die getroffene Differenzierung angeführt ist. Ein Rechtsgrundsatz, der die Betriebspartner zur Erläuterung oder Begründung der von ihnen getroffenen Regelungen verpflichten würde, existiert nicht.

(d) Nicht erkennbar ist, welche Folgerungen der Kläger aus dem Verhalten der Beklagten in der Vergangenheit und den im Zeitraum vor 2010 geleisteten Zahlungen ableiten will. Soweit er sich darauf stützt, dass das Bundesarbeitsgericht die frühere Praxis für unwirksam erklärt habe, lässt sich auch hieraus nichts entnehmen. Der Kläger behauptet selbst nicht, dass die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts irgendetwas mit einer unzulässigen Differenzierung zwischen Fernfahrern und übrigen Mitarbeitern zu tun hatten. Vielmehr ging es damals um die Frage, ob und inwieweit das Einverständnis oder Nichteinverständnis der Mitarbeiter zur Vereinbarung verschlechterter Vertragsbedingungen bei Zusatzleistungen berücksichtigt werden durfte oder nicht. Einen Bezug zur vorliegenden Differenzierung kann die Kammer nicht erkennen.

(e) Ähnliches gilt für die vom Kläger beanstandeten Erklärungen des Geschäftsführers, wenn sie nicht mit der geringeren Sonderzahlung einverstanden seien, könnten sie im Innendienst beschäftigt werden. Für die Beurteilung der Zulässigkeit der getroffenen Abstufung bei der Sonderzahlung hat dies keinen Einfluss.

(f) Auch dafür, dass die Beklagte gerade die Betriebsvereinbarung zweckwidrig als Gestaltungsmittel verwendet hätte, sind keine Anhaltspunkte erkennbar. Derartiges könnte etwa dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber vor oder bei Abschluss gegenüber dem Betriebsrat entsprechende Äußerungen getätigt hätte, wenn er den Betriebsrat unter Druck gesetzt hätte, wenn er - etwa im Rahmen eines „so oder nicht“ - auf exakt dieser Verteilung bestanden hätte, obwohl der Betriebsrat eine anderweitige Verteilung gewollt und auf die rechtswidrige Differenzierung hingewiesen hätte. Auch hierfür hat der Kläger nichts vorgetragen.

(g) Anderes gilt auch nicht deswegen, weil es sich bei den vorliegenden Betriebsvereinbarungen um sogenannte „teilmitbestimmungspflichtige“ Vereinbarungen handelt, in denen das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG auf die Verteilungsmaßstäbe an die Belegschaft beschränkt ist, der Arbeitgeber Zweck der Leistung und Volumen vorgibt. Entgegen der Ansicht des Klägers kann ohne das Vorliegen weiterer Anhaltspunkte nicht davon ausgegangen werden, dass der Zweck der Leistung in der Benachteiligung der Fernfahrer bestehen würde. Vielmehr besteht der Zweck entsprechend den Eingangsbemerkungen in den Betriebsvereinbarungen darin, den Mitarbeitern freiwillige Sonderzahlungen zukommen zu lassen. Welche Arbeitnehmer in welchem Umfang hiervon profitieren, ist keine Frage des vom Arbeitgeber - der nach den Umständen überhaupt nicht zu einer Leistung verpflichtet wäre - vorgegebenen Zwecks. Vielmehr ist gerade dies Bestandteil der Verteilungsgrundsätze, unterliegt also dem vollen Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Irgendwelche Einschränkungen der oben dargestellten Rechtsprechung lassen sich hieraus daher nicht ableiten.

(h) Schließlich lässt sich auch aus dem Schreiben des Klägers vom 13.08.2012 nicht entnehmen, dass der Beklagten spätestens nunmehr die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung bewusst gewesen wäre. Zum einen erscheint schon als fraglich, ob die Forderung und Rechtsmeinung eines oder mehrerer durch die Norm Benachteiligter ausreicht, um von einer Auszahlung „in Kenntnis“ der Unwirksamkeit ausgehen zu können oder müssen. Zum anderen ist nicht erkennbar, dass die Beklagte dieses Schreiben schon vor Auszahlung erhalten hätte. Die vom Kläger vorgelegte Abrechnung trägt das Ausstellungsdatum 07.08.2012. Zwar benennt er als letztmögliches Fälligkeitsdatum den 15. des Folgemonats. Auch der Kläger trägt jedoch nicht vor, dass die Auszahlungen erst nach Eingang des Geltendmachungsschreibens bei der Beklagten erfolgt waren. Vieles spricht dafür, dass die Geltendmachung erst zu einem Zeitpunkt bei der Beklagten eingegangen ist, in der die Auszahlungen bereits in die Wege geleitet waren. Auch hieraus lässt sich somit weder Kenntnis der Beklagten von der Unwirksamkeit der Norm entnehmen, aber auch nicht, dass sich die Unwirksamkeit zumindest im Auszahlungszeitpunkt bereits aufgedrängt haben müsste.

(i) Auch für eine Maßregelung der Fernfahrer sind konkrete Anhaltspunkte nicht erkennbar. Im Übrigen würden in diesem Fall dieselben Rechtsgrundsätze zur Anwendung kommen wie bei einer unzulässigen Differenzierung (BAG vom 16.05.2013, 6 AZR 619/11, zitiert nach juris).

3. Eine „gestaltende Entscheidung“ der Beklagten, die zu einem Anspruch des Klägers führen könnte, liegt vorliegend auch nicht darin, dass die Beklagte die gegenüber den anderen Mitarbeitern geleisteten Zahlungen nicht zurückgefordert hat (vgl. hierzu BAG vom 26.10.1995, 6 AZR 125/95, zitiert nach juris). Voraussetzung hierfür wäre zunächst, dass ein Rückforderungsanspruch gegenüber den begünstigten Arbeitnehmern bestehen würde - dies war in der der genannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde liegenden Konstellation der Fall, weil die Rechtsfrage durch vorhergehende Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts geklärt war. Vorliegend ist dagegen völlig unklar, ob gegenüber den Begünstigten Arbeitnehmern ein Rückforderungsanspruch deswegen gegeben ist, weil die Betriebsvereinbarung unwirksam ist. In einer solchen Konstellation kann aus dem Nichtgeltendmachen eines ungewissen Anspruchs keine gestaltende Entscheidung des Arbeitgebers hergeleitet werden.

4. Dem geltend gemachten Anspruch des Klägers steht, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, auch entgegen, dass bei Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung die Anspruchsgrundlage auch für den klägerischen Anspruch entfallen würde. Dies würde selbst dann gelten, wenn - worauf der Kläger hinweist - die oben dargestellte Rechtsprechung zu einer gesetzlich verbotenen Auch in einer solchen Konstellation wäre nicht die nachträgliche Zahlung an diejenigen Arbeitnehmer, die zunächst nicht begünstigt waren, die einzig mögliche Sanktion. Vielmehr kann auch die künftige Nichtanwendung einer entsprechenden Regelung genügen, um eventuelle Verstöße gegen gesetzliche Differenzierungsverbote ausreichend zu sanktionieren (BAG vom 14.05.2013, 1 AZR 44/12, zitiert nach juris).

5. Schließlich lässt sich daraus, dass die Beklagte derartige Differenzierungen im Folgejahr nicht mehr vorgenommen hat, ebenfalls keine Erkenntnis ableiten. Hätte sie weiterhin differenziert, wäre gegebenenfalls der Vorwurf berechtigt gewesen, sie habe trotz Kenntnis von der Unzulässigkeit oder möglichen Unzulässigkeit der Differenzierung an der gleichartigen Gestaltung festgehalten und schon deswegen eine ihr zurechenbare „gestaltende Entscheidung“ getroffen. Insoweit erscheint das Verhalten der Beklagten nur folgerichtig und hat keine Aussagekraft für die streitgegenständlichen Ansprüche.

6. Nach alldem stehen dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Die Berufung ist zurückzuweisen. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO).

7. Die Zulassung der Revision erfolgt im Hinblick auf die Frage, inwieweit ein Anspruch auch bei fahrlässiger oder sich aufdrängender Unwirksamkeit der Norm gegeben sein kann.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Dezember 2009 - 3 Sa 267/09 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nach einem sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag und Beschäftigung.

2

Die Beklagte beschäftigte den Kläger zunächst vom 23. Januar 2006 bis 31. März 2006 aufgrund einer Trainingsmaßnahme. Am 4. Januar 2006 schlossen die Parteien einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. April 2006 bis 31. März 2007. Am 14. November 2006 verlängerten sie den Arbeitsvertrag bis 31. März 2008. Der Kläger wurde als Industriemechaniker in der Abteilung „PVE Shearer“ eingesetzt. Dort werden Walzenlader entwickelt und - zumindest in Prototypen - gefertigt. Die Beklagte hatte die Abteilung zum 1. April 2006 von Großbritannien nach Deutschland verlagert. In der Abteilung arbeiteten neben dem Kläger zwölf gewerbliche Arbeitnehmer. Zehn dieser Arbeitnehmer wurden befristet beschäftigt. Sechs von ihnen wurden mit dem Kläger am 1. April 2006 oder kurz zuvor befristet eingestellt. Diese sechs Arbeitnehmer schlossen später unbefristete Arbeitsverträge mit der Beklagten.

3

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Er war seit Herbst 2006 Mitglied des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers bei der Beklagten. Seit August 2007 war er dessen Leiter. In dieser Eigenschaft ergriff er in einer Betriebsversammlung am 14. Dezember 2007 das Wort, sprach sich für eine Entgeltsonderzahlung aus und machte kritische Anmerkungen zum Abbau von 100 Arbeitsplätzen. Der Geschäftsführer der Beklagten bezeichnete diese Anmerkungen als „Frechheit“. Am 20. Dezember 2007 informierte der frühere Abteilungsleiter L den Kläger darüber, dass die Geschäftsführung dessen Arbeitsvertrag nicht „entfristen“ werde. Der Betriebsrat teilte dem Kläger am 21. Dezember 2007 mit, die Geschäftsführung habe erklärt, dass es Überlegungen gebe, das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht zu „entfristen“. Als der Betriebsrat in der zweiten Januarwoche des Jahres 2008 ein Gespräch mit der Geschäftsführung wegen der „Übernahme“ des Klägers führte, wurde ihm sinngemäß mitgeteilt, er brauche doch nur in das Internet zu schauen.

4

Der Kläger verlangt mit seiner am 3. März 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags zum 1. April 2008. Er hat sich zunächst auf vertrauensbegründende Zusagen der Beklagten und den Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot gestützt. Zuletzt hat er eine Maßregelung iSv. § 612a BGB angenommen.

5

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe mehrfach erklärt, dass er, wie die anderen befristet Beschäftigten auch, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werde. Er habe im Herbst 2007 mehrere persönliche Gespräche über eine unbefristete Einstellung mit dem stellvertretenden Personalleiter der Beklagten M, dem Bereichsleiter R, dem damaligen Abteilungsleiter L und Mitgliedern des Betriebsrats geführt. In allen Gesprächen sei eine geplante unbefristete Einstellung fest in Aussicht gestellt worden. Ihm gegenüber sei erklärt worden, unbefristete Einstellungen seien im Grundsatz klar, verzögerten sich aber im Augenblick wegen der Veränderungen durch den Verkauf der Arbeitgeberin an ein US-amerikanisches Unternehmen. Der stellvertretende Personalleiter M habe ihm schon bei der Einstellung und später in einem Gespräch über die Vertragsverlängerung mitgeteilt, es sei bei der Beklagten zwar üblich, nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zu verfahren. Es sei aber ebenso üblich, die Befristungen in unbefristete Verträge umzuwandeln, sofern keine persönlichen Gründe dagegen sprächen. Der stellvertretende Personalleiter M habe dem Kläger noch im Herbst 2007 bestätigt, im Prinzip sei klar, dass alle in der Abteilung befristet Beschäftigten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen würden. „Von Deutschland aus“ sei alles klar, die Verträge lägen in Amerika zur Unterschrift vor. Es „hänge“ im Moment noch „an“ dem Eigentümerwechsel. Der Bereichsleiter R und der frühere Abteilungsleiter L hätten sich entsprechend geäußert. Die fehlende Unterschrift aus dem in den USA gelegenen Teil der Beklagten habe sich ausschließlich auf den Zeitpunkt der endgültigen Vertragsunterzeichnung bezogen. Nach dem Eigentümerwechsel hätten die Verträge zwar formal in den USA bestätigt werden sollen. Die Kompetenzen für Personalplanung und Personalentscheidungen seien aber in Deutschland geblieben. Im Werk hätten in der ersten Januarwoche des Jahres 2008 Gerüchte die Runde gemacht, dass er wegen seiner Nähe zur Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) nicht übernommen werde.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags zu den bisherigen Arbeitsbedingungen aus dem Arbeitsvertrag vom 4. Januar 2006 iVm. dem Arbeitsvertrag vom 14. November 2006 unter Anrechnung der früheren Beschäftigungsdauer als Industriemechaniker mit Wirkung zum 1. April 2008 anzunehmen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens hinsichtlich des Antrags zu 1. zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat die Bedeutung von § 612a BGB verkannt. Die Beklagte hat möglicherweise gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen. Deshalb kommt ein Schadensersatzanspruch des Klägers in Betracht. Mit den beiden bisherigen Klageanträgen, die auf Abgabe einer Annahmeerklärung und Beschäftigung gerichtet sind, kann der Kläger allerdings nicht durchdringen. Einem Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrags steht die entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG entgegen. Da dieser rechtliche Gesichtspunkt in den Tatsacheninstanzen nicht erörtert worden ist und die nach § 139 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweise nicht erteilt worden sind, wird das Landesarbeitsgericht dem Kläger Gelegenheit geben müssen, seinen Antrag umzustellen, auf Geldersatz zu richten und den Schadensumfang im Einzelnen darzulegen. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt, er hätte ggf. einen Antrag auf Geldersatz gestellt, wenn er auf eine mögliche entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG hingewiesen worden wäre.

10

A. Die Klage ist mit den bisherigen Anträgen unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, mit dem Kläger ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzugehen. Sie hat zwar möglicherweise - entgegen der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts - gegen § 612a BGB verstoßen. Daraus ergibt sich jedoch kein Einstellungsanspruch des Klägers. Das folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG. Der Kläger kann auch nicht verlangen, über den 31. März 2008 hinaus beschäftigt zu werden.

11

I. Der auf Abgabe der Annahmeerklärung der Beklagten gerichtete Klageantrag zu 1. kann keinen Erfolg haben. Er ist zulässig, aber unbegründet.

12

1. Der Antrag zu 1. ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

13

a) Der Kläger erstrebt die Abgabe der Annahmeerklärung zu dem Vertragsangebot, das im Klageantrag zu 1. liegt. Mit Rechtskraft des Urteils soll durch die Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO ein Arbeitsverhältnis entstehen(vgl. zu der Fiktion zB BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 20 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Der Wortlaut des Antrags und die Klagebegründung sind unmissverständlich auf Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet, durch die ein Arbeitsverhältnis erneut begründet werden soll. Sie können nicht im Sinn eines Befristungskontrollantrags nach § 17 Satz 1 TzBfG verstanden werden.

14

b) Der Antrag zu 1. ist in dieser Auslegung zulässig. Er ist ausreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Inhalt des anzunehmenden Arbeitsvertrags ist mit der Tätigkeit eines Industriemechanikers hinreichend konkretisiert. Der Zeitpunkt der Wirkung der Abgabe der Annahmeerklärung - der 1. April 2008 - ist genannt. Die wesentlichen Vertragsbestandteile sind bezeichnet. Sie ergeben sich aus den Arbeitsverträgen vom 4. Januar 2006 und 14. November 2006.

15

2. Der Klageantrag zu 1. ist in seiner bisherigen Fassung unbegründet. Er ist in nicht zu beanstandender Weise auf die rückwirkende Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Annahme seines Vertragsangebots. Er hat nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine rechtsgeschäftliche Zusage der Beklagten dargelegt. Einem Wiedereinstellungsanspruch unmittelbar aufgrund des Maßregelungsverbots in § 612a BGB oder aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder aus § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder aus § 612a BGB iVm. dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz steht der Rechtsgedanke des § 15 Abs. 6 AGG entgegen.

16

a) Der Antrag zu 1. ist nicht schon deswegen unbegründet, weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. April 2008 (rück-)wirken soll.

17

aa) Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. für die st. Rspr. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

18

bb) Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung herbeigeführt werden soll, ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor der (fingierten) Abgabe des Angebots begründet werden soll (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223).

19

b) Für den Wiedereinstellungsanspruch besteht keine vertragliche oder gesetzliche Grundlage.

20

aa) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Beklagte dem Kläger den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags nicht zugesagt hat.

21

(1) Der Senat hat früher angenommen, ein Arbeitnehmer könne einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Anschluss an die Laufzeit eines wirksam befristeten Arbeitsvertrags haben, wenn der Arbeitgeber durch sein Verhalten beim Vertragsschluss oder während der Vertragslaufzeit einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, aufgrund dessen der Arbeitnehmer berechtigterweise habe erwarten dürfen, nach dem Ende der Vertragslaufzeit weiterbeschäftigt zu werden. Der Arbeitgeber sei dann durch Verschulden beim Vertragsschluss zum Schadensersatz und damit zum Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags verpflichtet (vgl. etwa BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 93/98 - zu II 3 der Gründe; 26. April 1995 - 7 AZR 936/94 - zu II 2 der Gründe, AP AFG § 91 Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 144). Diese Rechtsprechung hat der Senat später insofern präzisiert, als allein aus in Anspruch genommenem Vertrauen kein Anspruch auf Wiedereinstellung hergeleitet werden kann. Zu Unrecht enttäuschtes Vertrauen verpflichtet lediglich zum Ersatz des Vertrauensschadens, begründet aber keinen Erfüllungsanspruch (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 190/05 - Rn. 17, AP BGB § 611 Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Einstellungsanspruch Nr. 2). Ein vertraglicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags besteht nur dann, wenn die Erklärungen oder Verhaltensweisen des Arbeitgebers als Zusage auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auszulegen sind (vgl. BAG 13. August 2008 - 7 AZR 513/07 - Rn. 18, BAGE 127, 239).

22

(2) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Beklagte eine solche Zusage auch auf der Grundlage des als zutreffend unterstellten Vortrags des Klägers nicht erteilt hat. Der Kläger rügt diese Würdigung mit der Revision auch nicht länger.

23

(a) Verträge und Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte. Dieser Inhalt kann vom objektiven Sinn des Erklärungstatbestands abweichen (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 190/05 - Rn. 23 mwN, AP BGB § 611 Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Einstellungsanspruch Nr. 2). Die Auslegung atypischer Willenserklärungen obliegt in erster Linie den Tatsacheninstanzen. Sie ist revisionsrechtlich nur darauf überprüfbar, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB richtig angewandt, allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder für die Auslegung wesentliche Umstände außer Acht gelassen wurden(vgl. für die st. Rspr. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 18, BAGE 121, 247).

24

(b) Solche Rechtsfehler sind dem Landesarbeitsgericht nicht unterlaufen. Es hat alle für die Auslegung maßgebenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt. Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung zutreffend gewürdigt, dass der stellvertretende Personalleiter M, der Bereichsleiter R und der frühere Abteilungsleiter L auch nach dem bestrittenen Vorbringen des Klägers deutlich machten, sie selbst hätten keinen Einfluss auf den Vertragsschluss. Sie bezogen sich auf Entscheidungsbefugnisse anderer Personen im Unternehmen der Beklagten, insbesondere in dem in den USA gelegenen Teil des Unternehmens. Sie selbst konnten und wollten damit nach dem Empfängerhorizont keine rechtsgeschäftliche Zusage im Sinn eines Vertragsangebots (§ 145 BGB) erteilen oder einen entsprechenden Antrag des Klägers annehmen.

25

bb) Die fehlende Bereitschaft der Beklagten, ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen, ist keine unzulässige Benachteiligung des Klägers wegen seiner Weltanschauung iSv. §§ 1, 7 Abs. 1 AGG. Sie führt deshalb nicht zu einem Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 AGG. Die Naturalrestitution der Wiedereinstellung ist zudem durch § 15 Abs. 6 AGG ausgeschlossen.

26

(1) § 15 Abs. 1 AGG begründet einen Anspruch auf Ersatz des durch die verbotene Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens. Für den Umfang des Schadensersatzes gelten die §§ 249 ff. BGB, wobei § 15 Abs. 6 AGG in den dort genannten Fällen eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB ausschließt. Nach § 252 BGB umfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn und damit das entgangene Arbeitsentgelt(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 75, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

27

(2) Der Kläger hat nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keinen Vortrag gehalten, der es rechtfertigte anzunehmen, dass er wegen seiner politischen Überzeugung - seiner Nähe zur MLPD - nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen wurde. Die Naturalrestitution der Wiedereinstellung ist ferner nach § 15 Abs. 6 AGG ausgeschlossen.

28

(a) Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dem Betriebsrat sei in der zweiten Januarwoche des Jahres 2008 sinngemäß mitgeteilt worden, er brauche (hinsichtlich des Klägers) doch nur in das Internet zu schauen, trägt einen solchen Schluss nicht. Diesem unstreitigen Vortrag kommt indiziell geringe Bedeutung zu, weil die Aussage nicht ausdrücklich mit der politischen Haltung des Klägers verknüpft ist. Auch das streitige Vorbringen des Klägers, im Werk hätten in der ersten Januarwoche des Jahres 2008 Gerüchte die Runde gemacht, dass er wegen seiner Nähe zur MLPD nicht übernommen werde, hat indiziell geringe Aussagekraft. Sie sind keiner für die Beklagte handelnden Person zugeordnet. Es kann daher auf sich beruhen, ob die Zugehörigkeit zu einer Partei oder das Eintreten für deren Ziele das in § 1 AGG genannte Diskriminierungsmerkmal der Weltanschauung betrifft(ebenfalls offengelassen von BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 38, NZA-RR 2012, 43, vgl. dort auch die Ausführungen in Rn. 28 zu den politischen Grundrechten der Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG und der Freiheit, sich in einer Partei politisch zu betätigen, aus Art. 21 Abs. 1 GG; vgl. zu der Kontroverse um den Weltanschauungsbegriff des § 1 AGG zB Annuß BB 2006, 1629, 1631; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 1 AGG Rn. 8; Wisskirchen/Bissels NZA 2007, 169, 172 f.; zu dem Grundrecht auf Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses aus Art. 4 Abs. 1 GG noch vor Inkrafttreten des AGG BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17.03 - zu 3 c ee der Gründe, NJW 2005, 85).

29

(b) Nach § 15 Abs. 6 AGG begründet ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot der §§ 1, 7 Abs. 1 AGG auch keinen Anspruch auf Begründung eines sog. Beschäftigungsverhältnisses, hier eines Arbeitsverhältnisses, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund. Ein nach § 249 Abs. 1 BGB auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch scheidet aus (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 75, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

30

cc) Dagegen kommt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu dem Geschehen in der Betriebsversammlung vom 14. Dezember 2007 eine verbotene Maßregelung des Klägers iSd. allgemeinen Maßregelungsverbots in § 612a BGB in Betracht. Der Kläger kann den Wiedereinstellungsanspruch dennoch weder unmittelbar aus § 612a BGB noch aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder § 612a BGB iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Dem steht der entsprechend anzuwendende § 15 Abs. 6 AGG entgegen.

31

(1) § 612a BGB bestimmt, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen darf, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Die Norm erfasst einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 121, 247; 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - zu B III 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 2).

32

(a) Das in § 612a BGB geregelte Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob er ein Recht ausüben will oder nicht. Diese Entscheidung soll er ohne Furcht vor wirtschaftlichen oder sonstigen Repressalien des Arbeitgebers treffen können (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21, BAGE 121, 247; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 b ee (1) der Gründe, BAGE 113, 327). Indem die Vorschrift dem Arbeitgeber untersagt, bei Vereinbarungen oder Maßnahmen den Umstand zum Nachteil des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat, schränkt sie die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers ein (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 23, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 209 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - aaO). Wie aus dem auf Arbeitnehmer beschränkten Anwendungsbereich der Bestimmung deutlich wird, beruht sie auf dem für Arbeitsverhältnisse typischen Ungleichgewicht, das sich durch Weisungsrechte des Arbeitgebers und Weisungsunterworfenheit des Arbeitnehmers auszeichnet (vgl. BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - aaO).

33

(b) Eine Rechtsausübung in diesem Sinn kann nicht nur in der Geltendmachung von Ansprüchen bestehen, sondern auch in der Wahrnehmung sonstiger Rechtspositionen. Von § 612a BGB wird auch die Ausübung von Grundrechten erfasst, soweit sie im Verhältnis zum Arbeitgeber rechtserheblich sind(vgl. APS/Linck 3. Aufl. § 612a BGB Rn. 7; MünchKommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. § 612a Rn. 7; Staudinger/Richardi/Fischinger (2011) § 612a Rn. 15; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 612a BGB Rn. 12). Dazu gehören insbesondere auch das von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und die durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG gewährleistete Betätigungsfreiheit(vgl. zum Schutz der freien Meinungsäußerung und der gebotenen Konkordanz der widerstreitenden Grundrechte bei der Übernahme von Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis BVerfG 19. Mai 1992 - 1 BvR 126/85 - zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 86, 122; zum Schutz der freien Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK EGMR 21. Juli 2011 - 28274/08 - [Heinisch] Rn. 62 ff., EzA BGB 2002 § 626 Anzeige gegen Arbeitgeber Nr. 1).

34

(c) Die verbotene Benachteiligung kann sowohl in einer einseitigen Maßnahme des Arbeitgebers als auch in einer vertraglichen Vereinbarung liegen. Eine Maßnahme rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Art kann in einem Unterlassen bestehen (vgl. MünchKommBGB/Müller-Glöge § 612a Rn. 15; Staudinger/Richardi/Fischinger § 612a Rn. 13). Ob eine Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegt, ist durch einen Vergleich der Situation des Arbeitnehmers vor und nach der Maßnahme oder Vereinbarung zu beurteilen. Ein Nachteil ist stets gegeben, wenn sich die bisherige Rechtsposition des Arbeitnehmers verschlechtert, seine Rechte also verkürzt werden. Eine Benachteiligung iSv. § 612a BGB kann aber auch darin bestehen, dass dem Arbeitnehmer Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, die entsprechende Rechte nicht ausgeübt haben(vgl. für die st. Rspr. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 121, 247; siehe auch 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71; 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 c bb der Gründe, BAGE 115, 68).

35

(d) Das Maßregelungsverbot ist nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (vgl. etwa BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71; 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 22 mwN, BAGE 121, 247; 6. November 2003 - 2 AZR 690/02 - zu B II 2 a der Gründe mwN, BAGE 108, 269).

36

(e) Ob § 612a BGB für die vorenthaltene Leistung unmittelbar anspruchsbegründende Wirkung zukommt oder ein Primäranspruch lediglich iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht kommt, ist noch nicht abschließend geklärt (offengelassen zB von BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 27, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22 ; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 a der Gründe mwN zu der Kontroverse, BAGE 113, 327; für eine anspruchsbegründende Wirkung in dem Sinn, dass der Arbeitnehmer so zu stellen ist, als wäre die verbotene Maßregelung nicht erfolgt, bspw. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - Rn. 40, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 186; 12. Juni 2002 - 10 AZR 340/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 101, 312). Die Frage kann auch im Streitfall offenbleiben. Jedenfalls kann ein Verstoß gegen § 612a BGB - iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder iVm. § 823 Abs. 2 BGB - Sekundäransprüche auf Schadensersatz begründen.

37

(f) Den Arbeitnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung vom beklagten Arbeitgeber benachteiligt wurde. Er hat einen Sachverhalt vorzutragen, der auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Maßnahme des Arbeitgebers und einer vorangegangenen zulässigen Ausübung von Rechten hindeutet. Der Arbeitgeber muss sich nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu diesem Vortrag erklären. Sind entscheidungserhebliche Behauptungen des Arbeitnehmers streitig, sind grundsätzlich die von ihm angebotenen Beweise zu erheben (vgl. BAG 23. April 2009 - 6 AZR 189/08 - Rn. 13, BAGE 130, 347).

38

(2) Nach diesen Grundsätzen kommt hier nach dem unstreitigen und streitigen Vortrag des Klägers zu dem Geschehen in der Betriebsversammlung vom 14. Dezember 2007 eine Benachteiligung des Klägers wegen Ausübung seiner Grundrechte auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG und auf individuelle Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG in Betracht. Es spricht einiges dafür, dass sich die Beklagte nur deshalb weigerte, mit dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu schließen, weil der Kläger in der Betriebsversammlung in seiner Eigenschaft als Leiter des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers gegenüber der Beklagten Kritik geäußert und damit seine Grundrechte ausgeübt hatte.

39

(a) Ein starkes Indiz für die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, die Beklagte habe den Abschluss eines Folgevertrags entscheidend wegen seiner kritischen Äußerungen in der Betriebsversammlung abgelehnt, ist der Umstand, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Forderung des Klägers nach einer Entgeltsonderzahlung und seine kritischen Anmerkungen zum Abbau von 100 Arbeitsplätzen als „Frechheit“ bezeichnete. Indizielle Bedeutung kommt auch dem Umstand zu, dass die Beklagte mit dem Kläger - anders als mit den sechs etwa zeitgleich eingestellten Arbeitnehmern - keinen unbefristeten Arbeitsvertrag schloss. Hinzu kommt das streitige Vorbringen des Klägers, wonach verschiedene Verantwortungsträger der Beklagten noch im Herbst 2007 davon ausgingen, es werde zum Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags kommen.

40

(b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht der Anwendung des Maßregelungsverbots in § 612a BGB nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht hat, frei darüber zu entscheiden, ob sie nach dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses einen weiteren Arbeitsvertrag mit dem Kläger schließt.

41

(aa) Allerdings handelt es sich dann, wenn der Arbeitgeber sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, um keine nach § 612a BGB unzulässige Benachteiligung. Das in § 612a BGB zum Ausdruck kommende Unwerturteil ist in diesem Fall nicht gerechtfertigt, auch wenn sich aus dem Verhalten des Arbeitgebers Nachteile für den Arbeitnehmer ergeben(BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 22, BAGE 121, 247). Schutzzweck des Maßregelungsverbots ist es nicht, den Arbeitsvertragsparteien die rechtlich zulässigen Möglichkeiten zur Gestaltung der Arbeits- und Ausscheidensbedingungen zu nehmen (vgl. in dem anderen Zusammenhang eines Abfindungsanspruchs BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 b ee (2) der Gründe, BAGE 113, 327).

42

(bb) Der Arbeitgeber orientiert sein Verhalten aber nicht an der Rechtsordnung, wenn er gerade deswegen den Abschluss eines Folgevertrags ablehnt, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt, und der Arbeitgeber den Vertrag ohne die Rechtsausübung geschlossen hätte. Vielmehr handelt es sich in einem solchen Fall um eine verbotene Maßregelung. Der Arbeitgeber übt nicht lediglich in zulässiger Weise seine Vertragsfreiheit aus. Sein Motiv dafür, dem Arbeitnehmer wegen der zulässigen Ausübung von Rechten den Vorteil eines unbefristeten Arbeitsvertrags vorzuenthalten, wird von der Rechtsordnung missbilligt. Das gilt gleichermaßen für vorangehende sachgrundlose Befristungen wie für Befristungen mit Sachgrund. Dem steht das Urteil des Senats vom 13. August 2008 (- 7 AZR 513/07 - Rn. 23, BAGE 127, 239) nicht entgegen. Nach dieser Entscheidung begründet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keinen Anspruch eines Arbeitnehmers auf Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 TzBfG. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit genießt Vorrang (vgl. BAG 13. August 2008 - 7 AZR 513/07 - Rn. 22 f., aaO). Daran hält der Senat ausdrücklich fest. Der Arbeitgeber, der in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer steht, ist dennoch verpflichtet, bei der Entscheidung über den Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags das Maßregelungsverbot des § 612a BGB zu beachten. Die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers ist nur in den Grenzen der Rechtsordnung geschützt. Das über den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hinausgehende Maßregelungsverbot des § 612a BGB ist Teil dieser Rechtsordnung. Versagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Abschluss eines unbefristeten Vertrags aus dem tragenden Beweggrund einer von § 612a BGB verbotenen Benachteiligung, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat, wird dieses Motiv von der Rechtsordnung nicht anerkannt. Das ohne den benachteiligenden Beweggrund zulässige Handeln des Arbeitgebers ist wegen des Maßregelungsverbots in § 612a BGB untersagt.

43

(3) Obwohl das Landesarbeitsgericht die Bedeutung des § 612a BGB verkannt hat, ist die Abweisung des Klageantrags zu 1. in seiner bisherigen Fassung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dem Kläger kommt weder unmittelbar aus § 612a BGB noch aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder aus § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder aus § 612a BGB iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ein Wiedereinstellungsanspruch zu. Das folgt aus der gebotenen Analogie zu § 15 Abs. 6 AGG, der eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB durch Wiedereinstellung ausschließt. Der Ausschlussgrund des § 15 Abs. 6 AGG ist unbeabsichtigt lückenhaft. Für das Maßregelungsverbot des § 612a BGB besteht eine vergleichbare Interessenlage wie für die Benachteiligungsverbote des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG(vgl. zu den Voraussetzungen einer Analogie bspw. BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 30; 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 22, EzA TzBfG § 17 Nr. 11).

44

(a) § 612a BGB enthält spätestens seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) eine unbewusste Regelungslücke. Die Vorschrift blieb zu diesem Zeitpunkt - am 18. August 2006 - unverändert. Sie besteht noch immer in der Fassung, in der sie durch das Arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1308) eingeführt wurde. Abweichend vom AGG hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt, ob sich aus einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses ergeben kann. Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB kommt jedoch regelmäßig ein Schadensersatzanspruch insbesondere aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder aus § 823 Abs. 2 BGB in Betracht. § 612a BGB ist ein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. nur APS/Linck § 612a BGB Rn. 25; MünchKommBGB/Müller-Glöge § 612a Rn. 23; ErfK/Preis § 612a BGB Rn. 23). Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Schadensersatzanspruch darauf gerichtet ist, ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Die gesetzgeberische Wertung, die in § 15 Abs. 6 AGG zum Ausdruck kommt, macht deutlich, dass der Gesetzgeber die Frage versehentlich nicht geregelt hat. § 15 Abs. 6 AGG knüpft an den aufgehobenen § 611a Abs. 2 und Abs. 5 BGB an und schließt einen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses aus(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38 f.). Das gilt nicht nur für das Verbot der geschlechtsbezogenen Benachteiligung im aufgehobenen § 611a BGB, sondern für alle Diskriminierungsverbote des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG, also für Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Darin kommt ersichtlich eine allgemeine gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck. Nach ihr soll der Arbeitgeber selbst bei massivsten Diskriminierungen - etwa wegen des Geschlechts, der Rasse oder der Religion - nicht verpflichtet werden, ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Der Anspruch des benachteiligten Arbeitnehmers ist auf Geldersatz beschränkt. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber bei den typischerweise deutlich weniger gewichtigen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB, etwa bei Geltendmachung von Urlaubsansprüchen oder Überarbeitsvergütung, einen Anspruch des bislang befristet beschäftigten Arbeitnehmers auf Abschluss eines Folgevertrags begründen wollte. Der Gesetzgeber hat die Regelungslücke erkennbar übersehen.

45

(b) Die Regelungslücke ist mit einer entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG zu schließen. Die Interessenlage von Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist bei einer Verletzung des Maßregelungsverbots in § 612a BGB vergleichbar mit derjenigen bei einem Verstoß gegen die Benachteiligungsverbote in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG.

46

(c) Die Entscheidung des Senats vom 6. April 2011 (- 7 AZR 524/09 - Rn. 34, NZA 2011, 970 ) hindert eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG in den Fällen des § 612a BGB nicht. Nach diesem Urteil ist eine Analogie zu § 15 Abs. 6 AGG bei einer aufgrund von § 7 Abs. 2 AGG unwirksamen Befristungsabrede nicht geboten. Im Streitfall geht es dagegen nicht um die Wirksamkeit einer Befristungsvereinbarung und den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses, der sich regelmäßig aus der Unwirksamkeit der Befristungsabrede ergibt, sondern um die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses. Erst dadurch wird die grundrechtlich geschützte Auswahlfreiheit des Arbeitgebers berührt. Ihr trägt § 15 Abs. 6 AGG Rechnung(vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - aaO).

47

II. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags anzunehmen. Sie muss ihn deswegen auch nicht beschäftigen.

48

B. Der Kläger kann mit den beiden bisherigen Klageanträgen, die auf Abgabe einer Annahmeerklärung und Beschäftigung gerichtet sind, wegen des Rechtsgedankens des § 15 Abs. 6 AGG nicht durchdringen, obwohl das Landesarbeitsgericht § 612a BGB verkannt hat. Die Revision konnte gleichwohl nicht nach § 561 ZPO zurückgewiesen werden. Dem Kläger war vielmehr nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gelegenheit zu geben, sachdienliche Anträge zu stellen, um die entsprechende Anwendbarkeit des § 15 Abs. 6 AGG auf Fälle der Verletzung des Benachteiligungsverbots in § 612a BGB zu berücksichtigen und seinen Sachvortrag unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu ergänzen. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt, er hätte ggf. einen Antrag auf Geldersatz gestellt, wenn er auf eine mögliche entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG hingewiesen worden wäre. Es kann auf sich beruhen, ob es sich dabei um eine Klageänderung iSv. § 263 ZPO oder um einen Fall des § 264 Nr. 3 ZPO handelte. Eine objektive Klageänderung wäre jedenfalls zulässig, weil sie sachdienlich wäre und der bisherige Sachvortrag verwertet werden könnte. Das Landesarbeitsgericht wird sich nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Überzeugung darüber bilden müssen, ob die Beklagte gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen hat und daraus ein Anspruch auf Geldersatz aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder aus § 823 Abs. 2 BGB - jeweils iVm. §§ 612a, 251 Abs. 1, § 252 BGB - folgt. Das hängt davon ab, ob dem Kläger deshalb kein Folgevertrag angeboten wurde, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausübte. Sollte die Beklagte § 612a BGB verletzt haben, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, welcher Schaden dem Kläger dadurch entstanden ist. Selbst wenn die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG entsprechend anzuwenden sein sollte, wäre sie durch die ursprünglich auf Wiedereinstellung gerichtete Klage gewahrt.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Gallner    

        

        

        

    Bea    

        

    Krollmann    

                 

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.