Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 15. Apr. 2015 - 11 Sa 118/15
Gericht
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 10.07.2014 – 8 Ca 4893/13 d – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.
3Die Parteien haben einen Arbeitsvertrag geschlossen, wonach die Klägerin ab dem Februar 2013 als Krankenschwester mit einer Arbeitszeit von 38,5 Stunden die Woche, verteilt auf sechs Arbeitstage, zu einem Stundenlohn von 15,00 € angestellt wurde. Da sich die Beklagte, die einen Pflegedienst betreibt, noch in der Aufbauphase befand, sind die Parteien jedenfalls für die ersten zwei Monate übereingekommen, dass die Klägerin nur 120 Stunden im Monat bei einem Verdienst von 1.800,00 € brutto arbeitet. Auch in der Folgezeit zahlte die Beklagte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses kontinuierlich das Gehalt in dieser Höhe fort. Das Arbeitsverhältnis endete mit Ablauf des Dezembers 2013.
4Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.11.2013 (Bl. 9 f. d. A.) forderte die Klägerin von der Beklagten eine monatliche Vergütung in Höhe von 2502,50 € ab dem Februar 2013 bis Oktober 2013.
5Mit der Klage macht sie rückständiges Arbeitsentgelt auf dieser Basis zuletzt für den Zeitraum April 2013 bis Dezember 2013 geltend.
6Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.07.2014 (Bl. 79 ff. d. A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass indiziell davon auszugehen sei, dass die Klägerin weder ihre volle Arbeitskraft erbracht noch angeboten habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
7Gegen das ihr am 17.12.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.01.2015 Berufung eingelegt und diese am 19.01.2015 begründet.
8Die Klägerin behauptet, sie habe im April 2013 mehrfach ihre Arbeitsleistung in Vollzeit angeboten und entsprechende Bezahlung verlangt. Bis Juni 2013 habe sie auch die vereinbarte Vollzeitarbeit erbracht.
9Die Klägerin beantragt,
10unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen 8 Ca 4893/13 d vom10.07.2014 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.322,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 702,50 € brutto seit dem 01.05.2013, 01.06.2013, 01.07.2013, 01.08.2013, 01.09.2013, 01.10.2013, 01.11.2013, 01.12.2013 und 01.01.2014 zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
13Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Vortrag der Klägerin sei ohne Substanz, die angebotenen Beweise untauglich. Der Lebensgefährte Z sei bei Gesprächen der Parteien über den Einsatz überhaupt nicht anwesend gewesen, der Zeuge S sei der Beklagten nicht bekannt.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 19.01.2015, 05.02.2015 und 10.04.2015, die Sitzungsniederschrift vom 15.04.2015 und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, denn sie ist gemäߧ 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der Fristen des§ 66 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß eingelegt und begründet.
17II. Die Berufung ist unbegründet.
181. Für den Zeitraum der angeblichen Leistungserbringung in Vollzeit im Zeitraum April bis Juni 2013 scheitert der Anspruch aus § 611 Abs. 1 BGB daran, dass die Klägerin weder unter Beweisantritt dargetan hat, an welchen Tagen sie von wann bis wann welche Arbeitsleistungen, insbesondere welche Doppelschichten, erbracht haben will. Noch hat sie konkret vorgetragen, wann sie sich wo bereitgehalten hat, um Einsatzanweisungen der Beklagte entgegen zu nehmen. Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er darzulegen und – im Bestreitensfall – zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt (BAG, Urteil vom 18.04.2012– 5 AZR 248/11 – m.w.N.).
192. Für die Zeit von Juli 2013 bis Dezember 2013 ist ein Anspruch aus Annahmeverzug nach den §§ 615 Satz 1, 293 ff. BGB nicht schlüssig vorgetragen.
20a) Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung grundsätzlich tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Unter den Voraussetzungen des § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber zumindest konkludent erklärt hat, er werde die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen (BAG, Urteil vom 25.02.2015 – 5 AZR 886/12 – m.w.N.). Das Erscheinen am Arbeitsplatz und die Arbeitsaufnahme stellt nicht ohne weiteres ein tatsächliches Angebot der Arbeitsleistung im Umfang der vollen vertraglichen Arbeitszeitdauer dar. Erforderlich ist zudem, dass der Arbeitnehmer erklärt, er wolle über die angeordnete Arbeitszeit hinaus arbeiten (BAG, Urt. v. 25.04.2007 – 5 AZR 504/06 – m.w.N.).
21Die Klägerin behauptet zwar, sie habe im April 2013 ihre Arbeitskraft für die Vollzeitstelle wieder angeboten. Eine Weigerung der Beklagten, diese Arbeitsleistung anzunehmen, behauptet die Klägerin nicht. Im Gegenteil trägt sie, wenn auch in der Sache unzureichend, vor, dass bis Juni 2013 die Vollzeitbeschäftigung erfolgt sei. Selbst wenn man die Fortwirkung des Angebots aus dem April 2013 für die Zeit ab Juli 2013 unterstellt, so hat bereits das Arbeitsgericht zu Recht bemängelt, dass die Behauptung der Klägerin unsubstantiiert sei, weil jegliche Konkretisierung zu Zeitpunkt, Ort oder Umstand des Arbeitsangebots fehlt. Auch in der Berufung vermochte die Klägerin ihren pauschalen Vortrag erster Instanz nur zu wiederholen. Ihrem Beweisantritt der Vernehmung der Zeugen S und Z war nicht nachzugehen, denn es handelt sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Die Klägerin legt nicht dar, welche konkreten Tatsachen die Zeugen aufgrund eigener Wahrnehmung überhaupt bekunden können. Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen die Zeugen vernommen werden soll. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund des unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (BAG. Urteil vom 13.11.2012 – 3 AZR 557/10 - m.w.N.). Das anwaltliche Aufforderungsschreiben vom 15.11.2013 schließlich beschränkt sich auf die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen für die Vergangenheit, ein auf die Zukunft gerichtetes Arbeitsangebot auf der Basis einer38,5 Stundenwoche enthält es nicht.
22III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
23IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen. Die Entscheidung beruht auf den besonderen Umständen des Einzelfalls.
24R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
25Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
26Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf§ 72a ArbGG verwiesen.
moreResultsText
Annotations
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.
Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden.
Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.
Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:
- 1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, - 2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder - 3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.
(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.