Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 24. Feb. 2016 - 11 Sa 1038/14

ECLI:ECLI:DE:LAGK:2016:0224.11SA1038.14.00
24.02.2016

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.09.2014 – 19 Ca 9825/13 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 15 Entschädigung und Schadensersatz


(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Wegen eines Schadens,

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 7 Benachteiligungsverbot


(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. (2) Bestim

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 22 Beweislast


Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung

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Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 19. Feb. 2014 - 3 Sa 39/13

bei uns veröffentlicht am 19.02.2014

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Mai 2013 – 5 Ca 370/12 – wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 04. Feb. 2014 - 7 Sa 1026/13

bei uns veröffentlicht am 04.02.2014

Tenor 1.  Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 11.04.2013      – 3 Ca 1560/12 – wird zurückgewiesen. 2.  Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3.  Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestan

Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. Nov. 2013 - 8 AZR 997/12

bei uns veröffentlicht am 14.11.2013

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 11. Juli 2012 - 4 Sa 596/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 28. Jan. 2010 - 2 AZR 764/08

bei uns veröffentlicht am 28.01.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Juli 2008 - 16 Sa 544/08 - aufgehoben.

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 11. Juli 2012 - 4 Sa 596/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Entschädigung wegen Altersdiskriminierung und auf Unterlassung von Benachteiligungen von Stellenbewerbern wegen ihres Alters.

2

Die Beklagte schaltete im April 2009 eine Stellenanzeige für ein „S Graduate Program Traineeprogramm für Führungsnachwuchskräfte (m/w) im Bereich Human Resources“. In dieser heißt es ua.:

„Das S Graduate Program (SGP) ist ein internationales Traineeprogramm für unseren Führungsnachwuchs und bereitet Sie auf spätere Managementaufgaben im In- und Ausland vor. Für die Zukunftsgestaltung unseres Unternehmens suchen wir ambitionierte und hochqualifizierte Hochschulabsolventen, für die soziale Kompetenz und Verantwortungsbereitschaft selbstverständlich sind. Für unsere Sektoren und Corporate Units suchen wir Trainees für den Bereich Human Resources mit den Studienrichtungen Jura, BWL, Psychologie, Pädagogik sowie anverwandte.

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Ergreifen Sie die Initiative und senden uns Ihre aussagekräftige Online-Bewerbung mit Ihrem persönlichen Anschreiben, Ihrem Lebenslauf und allen relevanten Zeugnissen.“

3

Der am 11. Mai 1973 geborene Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 24. April 2009 für dieses Traineeprogramm. Im Jahre 1999 hatte er in Bayern die Erste Juristische Staatsprüfung mit 6,58 Punkten („befriedigend“) und im Jahre 2001 die Zweite Juristische Staatsprüfung mit 5,60 Punkten („ausreichend“) abgelegt. Von 2003 bis 2005 war der Kläger zunächst als selbständiger Rechtsanwalt und in den Jahren 2006 und 2007 als Angestellter einer Versicherungsgesellschaft (zuletzt als Leiter einer fünfköpfigen Juristengruppe) tätig gewesen. Im Jahre 2008 hatte er in Südafrika (Universität Stellenbosch) den Grad eines „Master of Laws“ erworben. Zur Zeit der Stellenausschreibung war der Kläger erneut als selbständiger Rechtsanwalt tätig. Seiner Onlinebewerbung fügte der Kläger die Zeugnisse seiner beiden Staatsexamina nicht bei und teilte auch seine Examensnoten nicht mit.

4

Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 29. April 2009 mittels E-Mail eine Absage. Hierauf forderte sie der Kläger mit Schreiben vom 24. Juni 2009 auf, es künftig zu unterlassen, Bewerber bei der Stellenvergabe wegen ihres Alters zu benachteiligen. Weiter verlangte er materiellen Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG sowie eine immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. 20.000,00 Euro. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 30. Juni 2009 ab.

5

Mit seiner am 23. September 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger einen Unterlassungs- und einen Entschädigungsanspruch geltend gemacht.

6

Der Kläger vertritt die Auffassung, er sei wegen seines Alters diskriminiert worden. Die Beklagte habe sich mit ihrer Stellenausschreibung speziell an Berufseinsteiger gewandt, deren Hochschulabschluss maximal ein Jahr zurückliege. Deshalb sei eine zumindest mittelbare Benachteiligung wegen des Alters zu vermuten. Er habe sich im Übrigen mit der letztlich erfolgreichen Bewerberin in einer vergleichbaren Situation befunden und sei einer der am besten qualifizierten Bewerber gewesen. Seine Benachteiligung wegen des Alters sei auch nicht zu rechtfertigen. Darüber hinaus stehe ihm der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung nach den § 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1 BGB, § 15 AGG zu. Dies ergebe sich auch aus dem unionsrechtlichen Grundsatz des „effet utile“ (Effektivitätsgrundsatz).

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, Stellenbewerber im Auswahlverfahren für eine Stelle als Trainee wegen des Alters zu benachteiligen,

und

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch den Betrag von 20.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 9. Juli 2009.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

9

Sie bestreitet das Bestehen eines Entschädigungs- und Unterlassungsanspruchs. Mit den in ihrer Ausschreibung verwendeten Begriffen „Berufseinsteiger“ oder „Hochschulabsolvent“ sei keine unmittelbare oder mittelbare Altersdiskriminierung verbunden, weil alle Bewerber unabhängig von ihrem Alter angesprochen würden, die diese Kriterien erfüllten. Der Kläger sei auch nicht aufgrund seines Alters aus dem Kreis der Bewerber ausgeschieden, sondern allein wegen der nicht nachgewiesenen Qualifikationsanforderungen (Zeugnisse mit Examensnoten) und der Nichteinhaltung der geforderten Bewerbungsformalitäten. Dem Kläger fehle im Übrigen bereits die objektive Eignung für die Teilnahme an dem Traineeprogramm. Er habe sich nicht in einer vergleichbaren Situation mit der letztlich zum Zuge gekommenen Bewerberin befunden. Mit ihrem Traineeprogramm wolle sie besonders talentierte Hochschulabsolventen für spätere Aufgaben als Führungskräfte in ihrem Unternehmen vorbereiten. Das Programm sei als weitere Ausbildungsstation von Hochschulabsolventen unmittelbar im Anschluss an ihre Universitätsgrundausbildung konzipiert. Sinn eines solchen Traineeprogrammes sei das Erlangen praktischer Fähigkeiten im unmittelbaren Anschluss an die Hochschulausbildung. Hierdurch solle gewährleistet werden, dass Nachwuchspersonal für einen künftigen Führungskräftebedarf ausgebildet und möglichst lange an das Unternehmen gebunden werde. Es liege bereits in der Natur eines solchen Programms, dass die Teilnehmer Berufseinsteiger ohne Berufserfahrung und ohne berufspraktische Vorprägung seien. Im Übrigen verschließe sie sich keineswegs Bewerbungen von berufserfahrenen Hochschulabsolventen. Schließlich bezweifelt die Beklagte die Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Ihm stehen weder ein Unterlassungs- noch ein Entschädigungsanspruch zu.

12

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Bewerbung des Klägers nicht ernsthaft gewesen sei, lägen nicht vor. Der Kläger habe ausreichende Indizien nach § 22 AGG vorgetragen, die eine Benachteiligung wegen seines Alters vermuten lassen. Die Angabe in der Ausschreibung, dass sich das Traineeprogramm speziell an Berufseinsteiger richte, und der Hochschulabschluss maximal ein Jahr zurückliegen solle, stelle eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSd. § 3 Abs. 2 AGG dar. Hierdurch würden typischerweise Bewerber mit einem höheren Lebensalter von der Bewerbung ausgeschlossen.

13

Jedoch habe die Beklagte ausreichende Anhaltspunkte für die Zulässigkeit der unterschiedlichen Behandlung der Bewerber nach § 3 Abs. 2, §§ 8 und 10 AGG vorgetragen. Eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals könne durch ein legitimes Ziel und die Wahl von verhältnismäßigen Mitteln zu seiner Durchsetzung gerechtfertigt werden. Zu den rechtmäßigen Zielen gehörten auch privatautonom bestimmte Ziele des Arbeitgebers, zB betriebliche Notwendigkeiten und Anforderungen an persönliche Fähigkeiten des Arbeitnehmers. Vorliegend sei es das Ziel der Beklagten, mit dem zweijährigen Traineeprogramm qualifiziertes Nachwuchspersonal für den Führungskräftebedarf im Bereich Human Resources zu gewinnen. Hoch qualifizierte Hochschulabgänger erhielten durch die Teilnahme an dem Traineeprogramm eine Chance, sich für den Kreis der künftigen Führungskräfte zu qualifizieren. Ein solches Traineeprogramm gleiche damit mehr einem Berufspraktikum als einer Berufstätigkeit, es sei ein Programm zur beidseitigen Förderung beruflicher Perspektiven. Das Programm sei mithin auf Hochschulabsolventen zugeschnitten, die am Anfang ihres Berufslebens stehen. So sollten Nachwuchskräfte unternehmensspezifisch ausgebildet und langfristig an das Unternehmen gebunden werden. Zugleich weise das Programm einen sozialen Bezug auf, da es den Einstieg von Berufsanfängern in das Berufsleben erleichtere. Die Beklagte decke ihren Personalbedarf im Übrigen auch durch Bewerber mit mehrjähriger Berufserfahrung. Der Kläger werde damit als potentieller Bewerber für eine Anstellung bei der Beklagten nicht gänzlich ausgeschlossen. Er habe nur nicht zu der Zielgruppe der Teilnehmer an ihrem Traineeprogramm gehört, da seine universitäre Ausbildung zehn Jahre zurückliege und er bereits über eine fünfjährige berufliche Tätigkeit verfüge. Unter Berücksichtigung der unternehmerischen Ziele erweise sich das Traineeprogramm daher als verhältnismäßig.

14

Aufgrund der damit anzunehmenden Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung von Bewerbern unterschiedlicher Altersgruppen stehe dem Kläger auch der von ihm geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Antrag einen vollstreckungsfähigen Inhalt habe und damit dem Bestimmtheitsgebot entspreche und ob der Kläger ausreichend aktivlegitimiert sei.

15

B. Die Entscheidung hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

16

I. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht bei der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum ein, weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Erforderlich ist allein, dass der Kläger Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 16). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht, und den Mindestbetrag der für angemessen erachteten Entschädigung mit 20.000,00 Euro beziffert.

17

II. Die Klage ist in Bezug auf den geltend gemachten Entschädigungsanspruch unbegründet. Da der Kläger durch die Nichtberücksichtigung im Bewerbungsverfahren nicht in unzulässiger Weise wegen seines Alters benachteiligt worden ist, steht ihm kein Anspruch auf eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG zu.

18

1. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG und fällt daher unter den persönlichen Anwendungsbereich des AGG. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, ob er für die ausgeschriebene Tätigkeit objektiv geeignet ist (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 18). Die objektive Eignung eines Bewerbers ist vielmehr für die Frage bedeutsam, ob eine „vergleichbare Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vorliegt(vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 29). Auch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung kommt es nicht an, weil ihr Fehlen allenfalls den Einwand treuwidrigen Verhaltens des Bewerbers begründen könnte (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24).

19

2. Die Beklagte ist als „Arbeitgeberin“ passiv legitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist mithin auch derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, BAGE 142, 143).

20

3. Der Kläger hat seinen Entschädigungsanspruch innerhalb der Fristen der § 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht.

21

a) Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung beginnt die Frist mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG), nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 55 ff., BAGE 141, 48). Die Ablehnung der Bewerbung wurde dem Kläger mittels E-Mail vom 29. April 2009 mitgeteilt. Der Kläger machte mit Schreiben vom 24. Juni 2009 einen Schadensersatz- und Entschädigungsanspruch sowie einen Unterlassungsanspruch außergerichtlich geltend. Mangels anderweitigen Sachvortrags der Parteien ist daher - unter Zugrundelegung der üblichen Postlaufzeiten - davon auszugehen, dass die Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG gewahrt ist.

22

b) Der Kläger hat seinen Entschädigungs- und Unterlassungsanspruch durch die beim Arbeitsgericht am 23. September 2009 eingegangene Klage auch innerhalb der dreimonatigen Klageerhebungsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht.

23

4. Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG voraus. § 15 Abs. 2 AGG enthält zwar nur eine Rechtsfolgenregelung; jedoch ist für die Voraussetzungen des Anspruchs auf § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG zurückzugreifen. Dies ergibt sich bereits aus dem systematischen Zusammenhang (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30).

24

Die Beklagte hat den Kläger weder unmittelbar noch mittelbar in unzulässiger Weise (§§ 1, 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) benachteiligt.

25

a) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - zu denen auch das Alter zählt - eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die nachteilige Maßnahme muss dabei unmittelbar an das verbotene Merkmal anknüpfen bzw. mit diesem begründet werden (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32; BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 48/10 - Rn. 33, BAGE 138, 166).

26

Im Streitfalle fehlt es bereits an einer unmittelbaren Benachteiligung, weil sich der Kläger nicht in einer „vergleichbaren Situation“ mit den zu einem Vorstellungsgespräch eingeladenen Bewerbern bzw. der letztlich erfolgreichen Bewerberin befand.

27

aa) Zwar erfuhr der Kläger - bereits im Zeitpunkt der Absage - eine weniger günstige Behandlung als die später tatsächlich eingestellte Bewerberin. Darüber hinaus war auch die Behandlung des Klägers im Vergleich mit den zu Vorstellungsgesprächen eingeladenen (letztlich gleichfalls erfolglosen) Bewerbern weniger günstig. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, liegt nämlich bereits dann vor, wenn der Bewerber nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschieden wird. Hier liegt die Benachteiligung in der Versagung einer Chance (st. Rspr., vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22).

28

bb) Der Kläger befand sich jedoch mit den zu einem Vorstellungsgespräch eingeladenen Bewerbern und der letztlich erfolgreichen Bewerberin nicht „in einer vergleichbaren Situation“ (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG).

29

(1) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt zunächst voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35).

30

Für die Beurteilung der damit stets erforderlichen objektiven Eignung ist nicht nur auf das formelle und bekannt gegebene Anforderungsprofil, das der Arbeitgeber erstellt hat, zurückzugreifen und abzustellen. Maßgeblich sind vielmehr die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Bewerber in redlicher Weise stellen durfte. Zwar darf der Arbeitgeber über den einer Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers grundsätzlich frei entscheiden. Durch überzogene Anforderungen, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des Allgemeinen Diskriminierungsschutzes de facto beseitigen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 36).

31

Es ist grundsätzlich zulässig, in einem Stellenprofil eine bestimmte Mindestnote oder sonstige besondere Qualifikationen zu fordern (vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 36). Hierzu ist ein Arbeitgeber vor allem dann berechtigt, wenn es um die Gewinnung von Führungsnachwuchs oder die Besetzung von Führungsstellen geht. Hierin liegen mit Blick auf die besonderen Anforderungen in solchen Positionen keine überzogenen oder willkürlichen Auswahlkriterien.

32

(2) Die Beklagte hat in ihrer Stellenanzeige „ambitionierte und hochqualifizierte“ Hochschulabsolventen für den Bereich Human Resources mit den Studienrichtungen Jura, BWL, Psychologie, Pädagogik „sowie anverwandte“ gesucht. Zudem hat sie unter der Rubrik „Ausbildung“ gefordert: „Sie haben Ihr Studium überdurchschnittlich gut mit der Studienrichtung Jura, BWL, Psychologie, Pädagogik abgeschlossen.“ Diese spezifische Anforderung ist mit Blick auf die - als „Mission“ bezeichnete - gewünschte Gewinnung (und Bindung) von Führungsnachwuchs für spätere Managementaufgaben im In- und Ausland gerechtfertigt und unbedenklich.

33

Der Kläger verfügt zwar über das - hier aufgrund der Fokussierung auf „Hochschulabsolventen“ maßgebliche - erste juristische Staatsexamen. Allerdings erfüllt seine dabei erzielte Abschlussnote nicht die hohe Anforderung eines „überdurchschnittlich gut(en)“ Examens. Auch wenn man die Besonderheiten des juristischen Examens, insbesondere in Bayern, berücksichtigt, so handelt es sich bei einem Examen mit 6,58 Punkten um keinen solchen überdurchschnittlich guten Abschluss. Soweit der Kläger der Auffassung ist, es genüge bereits ein „überdurchschnittliches“ Examen, das er im statistischen Vergleich auch erzielt habe, geht dies fehl. Die Anforderung „überdurchschnittlich gut“ ist nämlich - aus der hier maßgeblichen Sicht des Erklärungsempfängers, dh. des Lesers der Stellenanzeige - nicht so zu lesen: „überdurchschnittlich und damit gut“. Vielmehr muss es sich zunächst um ein „gutes“ und sodann sogar „überdurchschnittlich gutes“ Examen handeln, mithin nicht nur um ein bloß „überdurchschnittliches“, sondern herausragendes Zeugnis. Dabei hat die Beklagte nach ihrem Sachvortrag im Falle der auch angesprochenen Juristen ein „gut“ nicht gefordert, sondern ein „befriedigend im oberen Bereich“ ausreichen lassen. Dies belegt auch der systematische Zusammenhang der Stellenausschreibung. So werden ausdrücklich „hochqualifizierte Hochschulabsolventen“ als Führungsnachwuchs gesucht. Das lediglich „befriedigende“ „Prädikatsexamen“ (im unteren Notenbereich) des Klägers ist kein Ausweis einer Hochqualifizierung. Daher war ein bloß „überdurchschnittliches“ Examen nicht ausreichend. Juristen mit knapp „befriedigendem“ Staatsexamen hat die Beklagte erkennbar nicht ansprechen wollen.

34

Auf eine später gewonnene Qualifikation - wie das zweite juristische Staatsexamen - kam es der Beklagten ersichtlich nicht an. Der Kläger vermag sich daher auf dieses nicht mit Erfolg zu berufen.

35

(3) Nach alledem entsprach der Kläger von vornherein nicht den Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle. Sein Defizit war so erheblich, dass eine weitere Prüfung seiner Bewerbung nicht ernstlich in Betracht gekommen wäre. Es kam deshalb auch nicht darauf an, dass die Beklagte aufgrund der diesbezüglich lückenhaften Stellenbewerbung (keine Angabe der Examensnote) des Klägers von dessen Examensnote keine Kenntnis hatte, weil es diesem bereits an der maßgeblichen objektiven Eignung fehlte. Da das AGG vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen und nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren will, steht einem objektiv ungeeigneten Bewerber kein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zu(vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 34). Deshalb kann bei objektiver Nichteignung des Bewerbers auch bei Nichtkenntnis des Arbeitgebers von der Nichteignung kein Entschädigungsanspruch des abgelehnten Bewerbers entstehen.

36

(4) Im Streitfalle war die objektive Nichteignung des Klägers aufgrund der objektiv gegebenen Umstände offensichtlich. Deshalb spielte die Frage keine Rolle, wer für die objektive Eignung oder Nichteignung eines Bewerbers die Darlegungs- und Beweislast trägt.

37

b) Da der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle nicht geeignet war, scheidet auch eine mittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG wegen seines Alters aus. Auch ein Entschädigungsanspruch wegen mittelbarer Diskriminierung setzt eine konkrete Betroffenheit des Benachteiligten voraus (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 33; Däubler/Bertzbach/Schrader/Schubert AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 51). Damit stellt sich das Verbot der mittelbaren Diskriminierung letztlich als Hilfsmittel zur Durchsetzung des eigentlichen Verbots unmittelbarer Diskriminierung dar (vgl. Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz 2. Aufl. Rn. 246; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 20; so auch: Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 127, die das Verbot der mittelbaren Diskriminierung als Beweiserleichterung für das Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung betrachten). Scheidet eine konkrete Betroffenheit eines abgelehnten Bewerbers wegen dessen objektiver Ungeeignetheit für die ausgeschriebene Stelle aus, so scheitert daran auch ein Entschädigungsanspruch wegen einer möglicherweise vorliegenden mittelbaren Diskriminierung.

38

III. Die Unterlassungsklage ist unzulässig. Es fehlt für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch bereits an der erforderlichen, von Amts wegen zu prüfenden Prozessführungsbefugnis und damit an einer Prozessvoraussetzung.

39

Der Kläger macht - ohne konkrete Selbstbetroffenheit und gewissermaßen „stellvertretend“ für (andere) Bewerber bei künftigen Ausschreibungen der Beklagten - einen „vorbeugenden Unterlassungsanspruch“ im Sinne einer „Popularklage“ geltend.

40

So wie eine abstrakte Diskriminierung ohne konkrete eigene Benachteiligung einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht auszulösen vermag, begründet auch der Gesichtspunkt der „Generalprävention“ keinen Unterlassungsanspruch. Es fehlt an einer nationalen gesetzlichen Grundlage für einen solchen „generalpräventiven“ Unterlassungsanspruch. Auch Europarecht begründet einen derartigen Anspruch nicht.

41

1. Einen vom konkreten Bewerbungsverfahren losgelösten, einer „Popularklage“ ähnelnden Anspruch auf Unterlassung - künftiger - diskriminierender Ausschreibungen bzw. auf - künftige - diskriminierungsfreie Neuausschreibungen ist aus dem AGG nicht herzuleiten. Im Übrigen haben selbst konkret betroffene Stellenbewerber, die einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot geltend machen, während eines laufenden Auswahlverfahrens keinen Anspruch auf Unterlassung einer Ausschreibung und auf Neuausschreibung (vgl. BayVGH 4. Dezember 2012 - 7 ZB 12.1816 - BayVBl. 2013, 308).

42

Lediglich für den Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft ist in § 17 Abs. 2 AGG iVm. § 23 Abs. 3 BetrVG bei einem groben Verstoß des Arbeitgebers ein Unterlassungsanspruch vorgesehen und kommt dann auch bei diskriminierenden Stellenausschreibungen in Betracht. Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche ergeben sich für Stellenbewerber auch nicht aus § 21 Abs. 1 AGG. § 21 AGG betrifft nicht den Schutz von Beschäftigten und Bewerbern vor Benachteiligungen, sondern ausschließlich den Schutz vor Benachteiligungen im Zivilrechtsverkehr im Sinne des § 19 AGG.

43

2. Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht.

44

Die europäischen Richtlinien zur Durchsetzung der Gleichbehandlung, die durch das AGG umgesetzt worden sind, verlangen, dass in den Mitgliedstaaten alle Personen, die sich durch Ungleichbehandlung aufgrund eines verpönten Merkmals für in ihren Rechten verletzt halten, den Gerichtsweg beschreiten können (Art. 7 Abs. 1 RL 2000/43/EG und Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG). Die Richtlinien fordern darüber hinaus, dass Verbände, Organisationen oder andere juristische Personen, die nach nationalem Recht für die Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinien zu sorgen haben, sich entweder im Namen der beschwerten Person oder zu deren Unterstützung am Gerichtsverfahren beteiligen können. Diese Mindestanforderungen (Art. 6 Abs. 1 RL 2000/43/EG und Art. 8 Abs. 1 RL 2000/78/EG)erfüllt das nationale Recht. Zwar ist für die durch Gesetz vorgeschriebenen Einrichtungen zur Unterstützung der Integration behinderter Menschen (Schwerbehindertenvertretung, Integrationsamt, Integrationsfachdienste, vgl. Kap. 5 bis 7 SGB IX) ein allgemeines Klagerecht nicht vorgesehen, jedoch können Antidiskriminierungsverbände nach § 23 Abs. 2 AGG im gerichtlichen Verfahren als Beistände Benachteiligter auftreten. Die Popularklage einzelner Betroffener ist dem deutschen Recht dagegen grundsätzlich fremd (BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 33).

45

3. Der Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union(AEUV) bedurfte es nicht. Insoweit hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits in seinem Urteil vom 10. Juli 2008 (- C-54/07 - [Feryn] Rn. 37 - 39, Slg. 2008, I-5187) ausgeführt, die Richtlinie 2000/43/EG verpflichte nicht zu bestimmten Sanktionen, sondern belasse den Mitgliedstaaten die Freiheit der Wahl unter den verschiedenen Lösungen, die zur Verwirklichung des festgelegten Ziels geeignet sind. Auch wenn die Sanktionen neben anderen Maßnahmen darin bestehen könnten, dass dem Arbeitgeber nach den entsprechenden Vorschriften im nationalen Recht aufgegeben werde, die festgestellte diskriminierende Praxis zu unterlassen, ist eine solche Sanktion nicht zwingend, sondern steht unter dem Vorbehalt des nationalen Rechts. Diese Rechtsprechung - und damit die Freiheit der Mitgliedstaaten - hat der Gerichtshof jüngst ausdrücklich bestätigt (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 36 ff.).

46

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Lüken    

        

    Soost    

                 

Tenor

1.  Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 11.04.2013

     – 3 Ca 1560/12 – wird zurückgewiesen.

2.  Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3.  Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Mai 2013 5 Ca 370/12 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung einer Entschädigung wegen behaupteter Benachteiligung bei einer Stellenbewerbung. Die Klägerin ist über 50 Jahre alt und russischer Herkunft. Sie hat ein Informatikstudium absolviert.

2

Die Klägerin ist im Zusammenhang mit Klagen auf Zahlung von Entschädigungen wegen behaupteter Diskriminierung bundesweit aktiv. Auch die Beklagte war bereits in der Vergangenheit zweimal von der Klägerin auf Zahlung von Entschädigung gerichtlich in Anspruch genommen worden, jeweils erfolglos. Im Zusammenhang damit ist nach wie vor ein Anspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin auf Kostenerstattung offen.

3

Am 5. Juli 2012 schrieb die Beklagte eine Stelle als Softwareentwickler Microsoft.Net (w/m) ..... und eine Stelle als Softwareentwickler Microsoft.Net (w/m) ..... aus. Auf diese Positionen bewarb sich die Klägerin mittels des von der Beklagten eingerichteten Onlinebewerbungstools.

4

Nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens lehnte die Beklagte die Klägerin als Kandidatin für beide ausgeschriebene Stellen mit Schreiben vom 5. Oktober 2012 ab.

5

Mit der Klage vom 19. September 2012 hat die Klägerin von der Beklagten ursprünglich die Bescheidung über ihre Bewerbungen begehrt. Nach Erhalt der Ablehnungen hat die Klägerin die Klage mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2012 auf Zahlung einer zeitlich unbegrenzten monatlichen Entschädigung in Höhe von € 1.000,00 € umgestellt. Mit Klagerweiterung vom 12. November 2012 hat die Klägerin eine zeitlich unbegrenzte Entschädigungszahlung in Höhe von € 3.000,00 monatlich begehrt.

6

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass sie von der Beklagten wegen der Merkmale „Geschlecht“, „Alter“ und „russischer Herkunft“ nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen und damit mehrfach diskriminiert worden sei.

7

Die Klägerin hat insoweit geltend gemacht, das Pflichteingabefeld "Anrede", welches einzig das Geschlecht des Bewerbers abfrage, und das Pflichteingabefeld "Geburtsdatum" würden indizieren, dass sie, die Klägerin, hinsichtlich ihres Geschlechts und ihres Alters diskriminiert worden sei. Ferner sei die Stellenausschreibung nicht geschlechtsneutral formuliert. Allein der Hinweis „(w/m)“ genüge nicht. Außerdem seien Frauen in der IT-Branche stark unterrepräsentiert. Ihre Anfragen an das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und an die Bundesagentur für Arbeit hätten ergeben, dass in Deutschland in der Berufsordnung 774 (Datenverarbeitungsfachleute) nur 18,5% Frauen beschäftigt würden. Hiervon bilde die Beklagte keine Ausnahme.

8

Weiter sei die Klägerin wegen der Abfrage der Sprachkenntnisse – „Muttersprache, Fließend, Fortgeschritten, Grundkenntnisse“ hinsichtlich des Merkmals „ethnische Herkunft“ benachteiligt worden.

9

Ferner sei ein weiteres starkes Indiz für die Diskriminierung das Vorverhalten der Beklagten. Die Klägerin habe sich bereits mehrmals bei der Beklagten beworben und sei immer abgelehnt worden. In zwei vorherigen Gerichtsverfahren habe sich die Beklagte geweigert, Auskunft über damals erfolgte Einstellungen zu gewähren.

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zeitlich unbegrenzt Monatsgehalt von mindestens € 3.000,00 als Entschädigung für die vollständige zeitlich unbegrenzte Ausgrenzung wegen der Merkmale des § 1 AGG zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Die Beklagte hat geltend gemacht:

15

Die Abfrage der Anredeform sei allein deswegen erfolgt, weil die webbasierten Bewerbungsmanagementsysteme auch den späteren Schriftverkehr mit den Bewerbern automatisiert übernähmen und nur auf diese Weise die richtige Anredeform bestimmt werden könne. Eine Vorauswahl aufgrund dieser Eingabe habe nicht stattgefunden.

16

Die Angabe des Geburtsdatums sei marktüblich und nicht aus Diskriminierungsgründen erfolgt. Gemeinsam mit dem Namen und der Anrede diene das Geburtsdatum mit zur Identifizierung der Person. Überdies werde das Geburtsdatum bereits aus den eingereichten Unterlagen wie Zeugnisse bekanntgeben.

17

Die Frage nach der Qualifikation der Sprachkenntnisse verfolge den Zweck, eine erste Einschätzung bezüglich der Einsetzbarkeit des Bewerbenden treffen zu können.

18

Die Beklagte habe die Klägerin nicht aus den von ihr behaupteten bzw. gemutmaßten Gründen nicht berücksichtigt, sondern ihr unter anderem deshalb eine Absage erteilt, weil die Qualifikationen der Klägerin die Beklagte nicht hätten überzeugen können. Seit Beginn ihrer Arbeitslosigkeit im Jahr 2003 sei die Klägerin nicht mehr als Softwareentwicklerin tätig. Dies stelle gerade im Bereich der Softwareentwicklung ein erhebliches Defizit dar. Darüber hinaus hätte man nach den bereits vorangegangenen früheren prozessualen Auseinandersetzungen ohnehin nicht mehr von einer gedeihlichen Zusammenarbeit ausgehen können. Sie, die Beklagte, habe auch kein Interesse an der Beschäftigung der Klägerin, da diese ihr aus einer titulierten Kostenerstattungsforderung noch Geld schulde.

19

Außerdem hat die Beklagte bestritten, dass die Klägerin sich subjektiv ernsthaft auf die ausgeschriebenen Positionen beworben habe. Insoweit hat die Beklagte auf weitere anhängige Gerichtsverfahren der Klägerin gegenüber zahlreiche Unternehmen wegen angeblicher Diskriminierung im Bewerbungsverfahren verwiesen und geltend gemacht, die Klägerin versuche, den Diskriminierungsschutz des AGG systematisch und professionell als dauerhafte Einnahmequelle zu missbrauchen. Dies dokumentiere auch der wohl versehentlich zu den Gerichtsakten gelangte Schriftsatz der Klägerin betreffend ein anderes Verfahren, in dem die Klägerin von einer anderen Firma zeitlich unbegrenzt einen monatlichen Betrag von mindestens € 1.000,00 als Entschädigung „für die vollständige zeitlich unbegrenzte Ausgrenzung wegen der Merkmale des § 1 AGG“ verlange. Das gesamte Verhalten der ständig gleichzeitig von verschiedenen Firmen Entschädigungszahlungen fordernden Klägerin mache jedenfalls deutlich, dass sie mit den streitgegenständlichen Bewerbungen vom Juli 2012 zu keiner Zeit ernsthaft die Absicht verfolgt habe, einen Arbeitsvertrag mit der Beklagten abzuschließen, zumal sie bereits zuvor von der Beklagten mehrmals Absagen erhalten habe und nicht dafür Sorge trage, ihre Schulden gegenüber der Beklagten zu begleichen.

20

Mit Urteil vom 2. Mai 2013 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

21

Gegen das ihr am 8. Mai 2013 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 24. Mai 2013 bei Gericht eingegangenen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 8. August 2013 am 7. August 2013 begründeten Berufung.

22

Die Klägerin rügt, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts lägen erhebliche Indizien für eine Diskriminierung vor. Die Abfrage des Geschlechts und des Geburtsdatums in einem automatischen Bewerbungssystem führe zu einer erheblich leichteren Sortierung und Bearbeitung von Bewerbern. Das Argument der Beklagten, dem sich das Arbeitsgericht angeschlossen habe, dass es eine sichere Unterscheidung von Bewerbern geben müsse, sei überhaupt nicht nachvollziehbar. Dies könne einfach mittels Vergabe einer laufenden ID-Nummer gewährleistet werden, was in der elektronischen Datenverarbeitung üblich sei.

23

Weiter macht die Klägerin geltend, auch allgemeine Statistiken könnten ein Indiz für eine Diskriminierung sein, und bestreitet mit Nichtwissen, dass die von ihr vorgelegten Statistiken auf die Beklagte nicht zuträfen.

24

Schließlich macht die Klägerin geltend, es lägen entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch Indizien für eine Diskriminierung wegen ihrer russischen Herkunft vor. Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte danach gefragt habe, ob Deutsch die Muttersprache sei.

25

Die Klägerin beantragt,

26

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Mai 2013 – Az. 5 Ca 370/12 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin bis einschließlich September 2028 monatlich € 3.000,00 zu zahlen.

27

Die Beklagte beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

30

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

31

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I.

32

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie ist zudem gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit auch im Übrigen zulässig.

II.

33

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

34

1. Ein etwaiger Entschädigungsanspruch der Klägerin wäre schon unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) ausgeschlossen.

35

Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung, wobei eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wegen der Rechtsüberschreitung als unzulässig angesehen wird. § 242 BGB eröffnet damit die Möglichkeit, jede atypische Interessenlage zu berücksichtigen, bei der ein Abweichen von der gesetzlichen Rechtslage zwingend erscheint. Zur Konkretisierung atypischer Interessenlagen wurden Fallgruppen gebildet, in denen ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nahe liegt. Hierzu zählt die Fallgruppe des unredlichen Erwerbs der eigenen Rechtsstellung. Im Falle von Ansprüchen nach § 15 AGG kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls der Erwerb der Rechtsstellung als Bewerber dann als unredlich erscheinen, wenn die Bewerbung allein deshalb erfolgte, um Entschädigungsansprüche zu erlangen (BAG vom 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – m.w.N., juris).

36

In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die Klage als rechtsmissbräuchlich zu bewerten. Die Bewerbung der Klägerin bei der Beklagten diente nach Überzeugung der Kammer in erster Linie dazu, einen Anlass für die Erhebung einer weiteren Entschädigungsklage zu schaffen, ohne dass die Klägerin ernsthaft die Absicht hatte, von der Beklagten als Bewerberin berücksichtigt zu werden. Die Überzeugung der Kammer ergibt sich aus Folgendem:

37

Unstreitig tritt die Klägerin in einer Vielzahl von Verfahren bundesweit als sog. AGG-Klägerin auf. Hierin allein liegt allerdings kein ausreichender Umstand, der die Bewerbung bei der Beklagten als subjektiv nicht ernsthaft erscheinen ließe (vgl. BAG vom 13. Oktober 2011 a.a.O.). Jedenfalls im vorliegenden Verfahren kommen jedoch weitere Umstände hinzu, die das Vorgehen der Klägerin als rechtsmissbräuchlich erkennen lassen.

38

Die Klägerin hatte die Beklagte bereits in der Vergangenheit zu Unrecht auf Zahlung von Entschädigungen verklagt. Überdies schuldet sie der Beklagten nach wie vor die Kostenerstattung aus einer dieser Rechtsstreitigkeiten. Der Klägerin musste von daher von vornherein klar sein, dass ihre Bewerbung erfolglos bleiben würde, denn von einem Arbeitgeber kann nicht erwartet werden, dass er eine Bewerbung berücksichtigt oder dies auch nur ernsthaft in Erwägung zieht, wenn die Bewerberin ihn schon mehrfach zu Unrecht verklagt hat und ihm darüber hinaus die Kostenerstattung schuldig geblieben ist. Dass sich die Klägerin gleichwohl erneut bei der Beklagten beworben hat, deutet bereits darauf hin, dass es ihr letztlich nur darum ging, einen Anlass für die Erhebung einer Entschädigungsklage zu schaffen.

39

Hinzu kommen die von der Klägerin mit der Klage verfolgten Rechtsschutzziele. Zunächst hat die Klägerin am 19. September 2012 Klage auf Berücksichtigung und Beantwortung ihrer Bewerbungen vom 10. Juli 2012 erhoben, obwohl sie die Beklagte noch am 6. September 2012 an ihre Bewerbungen erinnert hatte. Eine Bewerberin, der es ernsthaft darum gegangen wäre, dass ihre Bewerbungen Berücksichtigung finden, wäre nicht so vorgegangen wie die Klägerin, sondern hätte zunächst abgewartet, ob in angemessener Zeit nach dem 6. September 2012 eine Absage oder eine sonstige Reaktion der Beklagten erfolgt wäre. Angemessen wäre insofern zumindest ein Zeitraum von einem Monat gewesen, denn Bewerbungsprozesse benötigen erfahrungsgemäß mitunter erhebliche Zeit, abhängig von der Anzahl der Bewerbungen und der Komplexität des Auswahlverfahrens. Die Erhebung der Klage weniger als zwei Wochen, nachdem die Klägerin an ihre Bewerbungen erinnert hatte, verdeutlicht, dass es der Klägerin letztlich auf eine erneute gerichtliche Auseinandersetzung mit der Beklagten ankam.

40

Auch der dann geänderte Klagantrag weist darauf hin, dass es der Klägerin mit ihren Bewerbungen letztlich darum ging, einen Anlass für eine weitere Entschädigungsklage zu schaffen und damit den Diskriminierungsschutz aus § 1 AGG als Einnahmequelle zu missbrauchen. Den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihr zeitlich unbegrenzt monatlich € 1.000,00 (später erhöht auf monatlich € 3.000,00) zu zahlen, hat die Klägerin damit begründet, es sei nach den vorausgegangenen Absagen der Beklagten in den Jahren 2003, 2010 und 2011 offensichtlich, dass ihre Bewerbungen bei der Beklagten unabhängig von ihrer Qualifikation aussichtslos seien, und es sei ihr unzumutbar, sich weiter auf die ständig veröffentlichten Stellenanzeigen der Beklagten zu bewerben und Absagen zu bekommen. Deswegen müsse die Beklagte ihr zeitlich unbegrenzt den geforderten monatlichen Betrag zahlen. Die Beklagte habe es in der Hand, diese Verpflichtung zu beenden, indem sie die Klägerin ohne Probezeit einstelle. Mit diesen Ausführungen hat die Klägerin deutlich gemacht, dass sie selbst kein ernsthaftes Interesse an den streitbefangenen Bewerbungen hatte, sondern lediglich einen Grund dafür suchte, sich von der Beklagten künftig ihren Lebensunterhalt finanzieren zu lassen; eine Bewerberin, die ernsthaft an einer Stelle interessiert ist, würde dem Arbeitgeber nicht ansinnen, sie ohne Probezeit einzustellen.

41

Nachdem die Beklagte erstinstanzlich der Klägerin vorgehalten hatte, ihr Vorgehen sei rechtsmissbräuchlich, hat die Klägerin erwidert, es stehe der Beklagten frei, selbst auszuprobieren, wie es denn sei, dauerhaft arbeitslos zu sein, von Hartz IV zu leben, zahllose Bewerbungen zu schreiben und Absagen zu bekommen usw. Dann werde die Beklagte am besten verstehen, was man in einer Situation wie derjenigen der Klägerin alles machen könne und wolle und wie es sich anfühle. Diese Ausführungen der Klägerin zeigen letztendlich eine weitere Zielrichtung der Klage. Die Klägerin, die nach eigenem Bekunden mittellos ist und sehr hohe Schulden hat, erhebt eine Klage mit einem Zahlungsantrag, der zu einem sehr hohen Streitwert und für die Beklagte wegen der spätestens in zweiter Instanz erforderlichen anwaltlichen Vertretung zu Kosten von mindestens € 4.500,00 führt. Chancen, dass die Beklagte entsprechende Kostenerstattung von der Klägerin erlangt, bestehen angesichts der finanziellen Situation der Klägerin nicht. „Was man alles machen kann“ und „wie es sich anfühlt“, ist damit deutlich: Die Klägerin schädigt die Beklagte mit ihrer Klage, ohne dass eine realistische Aussicht auf Ersatz dieses Schadens besteht. Dabei macht sich die Klägerin den Umstand zu nutze, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren (abgesehen von Verfahren nach § 9 Abs. 2 Satz 2 ArbGG) – anders als im Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit – Vorschüsse nicht erhoben werden, selbst wenn eine Vielzahl zuvor erhobener Klagen erfolglos war und die sich hieraus ergebenden Kosten nicht beglichen sind. Ein solches Vorgehen, das letztlich dem Versuch der Erlangung einer Einnahmequelle und zugleich der Schädigung des Prozessgegners dient, ist rechtsmissbräuchlich.

42

2. Im Übrigen ist ein Verstoß der Beklagten gegen das Benachteiligungsverbot des § 1 AGG von der Klägerin nicht schlüssig vorgetragen worden.

43

Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist, dass der Arbeitgeber gegen das sich aus § 7 Abs. 1 i. V. m. § 1 AGG ergebende Benachteiligungsverbot verstößt. Erforderlich ist also eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Die Klägerin hat nicht schlüssig vorgetragen, dass eine Benachteiligung aus einem dieser Gründe erfolgt wäre oder dies jedenfalls vermutet werden könnte.

44

Nach der gesetzlichen Beweislastregelung des § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchssteller Indizien vorträgt und im Streitfalle beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. An diese Vermutungsvoraussetzungen ist kein zu strenger Maßstab anzulegen. Es ist nicht erforderlich, dass die Tatsachen einen zwingenden Indizienschluss für eine Verknüpfung der Benachteiligung mit einem Benachteiligungsmerkmal zulassen. Vielmehr reicht es aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung hierfür eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht. Hat der Antragssteller ein Indiz vorgetragen, welches die überwiegende Wahrscheinlichkeit begründet, dass er wegen eines verpönten Merkmals benachteiligt worden ist, muss nunmehr der Arbeitgeber seinerseits den vollen Beweis führen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen (BAG vom 22.07.2010 - 8 AZR 1012/08, zitiert nach juris).

45

Die Klägerin hat keine hinreichenden Indizien für eine Diskriminierung aufgrund eines in § 1 AGG genannten Merkmals vorgetragen.

46

Die Klägerin stützt ihren Entschädigungsanspruch darauf, dass in dem Online-Bewerbungsformular unter anderem Angaben zu Alter, Geschlecht und Sprachkenntnisse gemacht werden konnten oder sollten. Das ist kein ausreichendes Indiz für eine Diskriminierung.

47

Jeder Mensch verfügt zwangsläufig über die Merkmale Alter und Geschlecht, die zusammen mit einer Fülle anderer Merkmale kennzeichnend für seine Person sind. Für eine Bewerbung ist es selbstverständlich erforderlich, die Merkmale zu kennen, die die Person individualisieren. Von keinem der erfragten Merkmale ist erkennbar, dass es auf eine Diskriminierung hindeutet. Das Alter ist für die Personalstruktur des Unternehmens wichtig, das Geschlecht für die Frauenförderung und der Umfang der Deutschkenntnisse für die Einsetzbarkeit.

48

Der Klägerin kann auch nicht darin gefolgt werden, der Umstand, dass bei der Frage nach Deutschkenntnissen nach muttersprachlichen, fließenden oder fortgeschrittenen Kenntnissen bzw. Grundkenntnissen unterschieden wird, weise auf eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft hin. Es ist keinerlei Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Frage nach deutschen Sprachkenntnissen dazu dienen soll, nach der Herkunft der Bewerber zu differenzieren. Bezüglich der Sprachkenntnisse macht es einen Unterschied, ob eine Sprache die Muttersprache ist oder ob sie – wenngleich möglicherweise fließend – eine Fremdsprache darstellt. Dies gilt nicht nur bei der Frage nach deutschen Sprachkenntnissen, sondern auch nach Kenntnissen anderer Sprachen, so wie die Beklagte in ihrem Online-Bewerbungsformular auch nach englischen Sprachkenntnissen fragt. Je nach Aufgabengebiet kann es auf bestmögliche Beherrschung einer Sprache ankommen, so dass es nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte auch nach der Grundlage der deutschen Sprachkenntnisse gefragt hat. Die Klägerin übersieht insofern, dass sich die Beklagte eines Online-Bewerbungsportals bedient, also eines formalisierten Verfahrens, und die Frage nach den Sprachkenntnissen sich auf die Qualifikation sämtlicher Bewerber für eine Vielzahl möglicher Stellen bezieht.

49

Es müssten daher von der Klägerin weitere Umstände vorgetragen werden, aus denen sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass zumindest einer der von der Klägerin geltend gemachten Gründe (mit)ursächlich für die nachteilige Behandlung war. Ein solcher weiterer Umstand liegt nicht bereits darin, dass die Klägerin nach ihrer Behauptung für die Stelle geeignet ist bzw. die in der Stellenausschreibung geforderten Anforderungen erfüllt. Dass ein Bewerber, der zwar sämtlichen in der Stellenausschreibung geforderten Anforderungen genügt, nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, begründet nicht den ersten Anschein, dass dies auf einem der Gründe des § 1 AGG (mit) beruht. Vielmehr kann dies vielfältige andere Ursachen haben. Dabei ist zu beachten, dass das AGG nicht die unsachliche Behandlung aus anderen als den in § 1 AGG genannten Gründen verbietet und von dem Arbeitgeber nicht verlangt, nur objektiv geeignete Bewerber bei seiner Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Klägerin als Frau im fortgeschrittenen Alter mit russischer Herkunft in der IT-Branche beworben hat, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch (auch) wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe unterblieben ist.

50

Allein das pauschale Vorbringen der Klägerin, in der IT-Branche würden Frauen diskriminiert, kann keine Indizwirkung für eine Benachteiligung der Klägerin wegen des Geschlechts entfalten. Soweit ihr Vortrag dahin zu verstehen ist, dass im IT-Bereich mehr Männer als Frauen beschäftigt werden, kann dies vielfältige Gründe haben, u.a. den, dass sich weniger Frauen als Männer um entsprechende Stellen bewerben (vgl. BAG vom 20.05.2010 - 8 AZR 287/08 (A), zitiert nach juris).

51

Soweit die Klägerin meint, die Tatsache, dass die Stellen als Vollzeitstellen ausgeschrieben worden seien, begründe die Vermutung einer Benachteiligung wegen des Geschlechts, weil Frauen häufiger als Männer daran gehindert seien, in Vollzeit zu arbeiten, ist dies abwegig. Mit derselben Argumentation könnten männliche Bewerber sich auf eine angebliche Diskriminierung wegen ihres Geschlechts berufen, wenn ein Arbeitgeber eine Teilzeitstelle ausschreibt. Die Ausschreibung als Vollzeitstelle macht lediglich deutlich, welchen Arbeitszeitumfang die Beklagte auf den ausgeschriebenen Positionen benötigt.

52

Auch die Tatsache, dass im Text der Stellenausschreibung von „Mitarbeiter“ bzw. „Mitarbeitern“ die Rede ist, ohne dass jeweils auch die weibliche Sprachform verwendet wird, ist kein Indiz für eine Diskriminierung wegen des Geschlechts. Durch die hervorgehobene Positionsbezeichnung in den Stellenausschreibungen mit dem Klammerzusatz (W/M) wird hinreichend deutlich, dass diese sich an Frauen wie Männer richten.

53

Wenn die Klägerin schließlich geltend macht, die Formulierung in beiden Stellenanzeigen, wonach die Beklagte „gute Entwicklungsperspektiven in einem dynamischen Zukunftsmarkt“ biete, stelle ein weiteres Indiz für eine Diskriminierung wegen des Alters dar, ist dies gleichfalls abwegig. Die Formulierung bezieht sich ersichtlich auf das Geschäftsfeld der Beklagten und nicht auf ein bevorzugtes Alter der Bewerber.

54

3. Selbst wenn im Übrigen davon ausgegangen würde, die Klägerin hätte das Vorliegen von Indizien im Sinne des § 22 AGG dargelegt, hätte die Beklagte den Beweis geführt, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat. Die Beklagte hat sich insofern darauf berufen, dass sie die Klägerin schon deswegen nicht eingestellt hätte, weil die Klägerin sie in der Vergangenheit mehrfach zu Unrecht verklagt hat und ihr überdies die Kostenerstattung aus einem der Vorverfahren nach wie vor schuldig geblieben ist. Dass dies bereits die Entscheidung der Beklagten, die Klägerin erst gar nicht zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen und sie nicht einzustellen, motiviert hat, leuchtet unmittelbar ein. Ein Arbeitgeber, der mehrfach zu Unrecht von einer Stellenbewerberin verklagt worden ist und überdies den sich hieraus für ihn ergebenden wirtschaftlichen Schaden selbst tragen muss, hat keinerlei Veranlassung, mit einer solchen Bewerberin in vertragliche Beziehungen zu treten. Eine gedeihliche Zusammenarbeit war insofern von vornherein nicht zu erwarten.

III.

55

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S.1 ArbGG.

IV.

56

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da die hierfür gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Juli 2008 - 16 Sa 544/08 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 30. Oktober 2007 - 3 Ca 749/07 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer von der Insolvenzschuldnerin (im Folgenden: Schuldnerin) ausgesprochenen ordentlichen Kündigung. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob die Kündigung den Kläger wegen seiner ethnischen Herkunft benachteiligt.

2

Der 1948 in Spanien geborene und dort aufgewachsene Kläger trat 1978 in die Dienste der Schuldnerin. Diese betrieb bis zur - am 1. August 2009 erfolgten - Insolvenzeröffnung ein Unternehmen der Automobilzulieferer-Industrie mit etwa 300 Arbeitnehmern. Bei der Schuldnerin besteht ein Betriebsrat.

3

Der Kläger arbeitete in der Spritzgussabteilung. Pro Schicht waren dort etwa 20 bis 30 Werker und ein Einrichter an mehreren Maschinen tätig. Zu den Hauptaufgaben des Klägers zählten das Überwachen der automatischen Behälterfüllung, das Einpacken von Teilen sowie die Produktionskontrolle, jeweils nach mündlichen und schriftlichen Anweisungen. Er sollte ggf. Fehler und Störungen an den Produktionsanlagen und an den Produkten erkennen und melden. In einer am 30. Oktober 2001 erstellten und vom Kläger unterschriebenen Stellenbeschreibung war unter „Anforderungen an den Stelleninhaber“ auch die Kenntnis der deutschen Sprache in Wort und Schrift aufgeführt.

4

Die von ihm verlangten Prüfungen nahm der Kläger nur nach Augenschein, unspezifisch und nicht nach Maßgabe des von der Schuldnerin vorgegebenen Prüfplans vor. Die Fehlercheckliste füllte er unvollständig aus. Zu der an sich vorgesehenen sog. messenden Prüfung war er nicht in der Lage. Sie wurde von einer dritten Person erledigt.

5

Im September 2003 besuchte der Kläger auf Kosten der Schuldnerin während der Arbeitszeit einen Deutschkurs. Einen ihm aufgrund seines geringen Kenntnisstandes und der Einschätzung des Lehrers empfohlenen Folgekurs lehnte er ab. Im Juli 2004 forderte die Schuldnerin ihn auf, an einem als Firmenseminar angebotenen Deutschkurs im Hause teilzunehmen. Dem kam der Kläger nicht nach. Eine Praxisveranstaltung zur Werkerselbstprüfung - worunter die Prüfung der Arbeitsergebnisse durch die Arbeiter selbst verstanden wird - schloss der Kläger mit dem Gesamtergebnis „ungenügend“ ab. Bei mehreren sog. internen Audits wurde festgestellt, dass der Kläger nicht in der Lage war, Arbeits- und Prüfanweisungen zu lesen und zu verstehen, da ihm die geforderten Deutschkenntnisse fehlten. Im September 2005 ermahnte die Schuldnerin ihn und forderte ihn auf, seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Im Februar 2006 machte ihn die Schuldnerin darauf aufmerksam, er müsse mit einer betriebsbedingten Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen, wenn er die nötigen Sprachkenntnisse nicht nachweisen könne. Ein Audit kam im April 2007 zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht in der Lage sei, die vom Kunden geforderten Vorgaben und Spezifikationen einzuhalten. Am 18. Mai 2007 kündigte die Schuldnerin das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung des Betriebsrats zum 31. Dezember 2007.

6

Der Kläger hat geltend gemacht, er habe seit 29 Jahren seine Arbeit beanstandungsfrei ausgeübt. Die Qualitätsnormen erforderten nicht notwendig deutsche Sprachkenntnisse in Wort und Schrift. Die wesentlichen Arbeitsabläufe seien gleichgelagert, auch die auftauchenden Fehler seien in gleichgelagerte Kategorien einzuteilen. An seinem Arbeitsplatz könnten Vorgaben auch unter Zuhilfenahme mündlicher Erklärungen umgesetzt werden, die keinen großen Zeitaufwand erforderten.

7

Der Kläger hat beantragt

        

1.   

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 18. Mai 2007 nicht zum 31. Dezember 2007 aufgelöst wird, sondern fortbesteht;

        

2.   

den Beklagten zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Maschinenbediener in der Abteilung Spritzguss in Vollzeit weiterzubeschäftigen.

8

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und vorgetragen, die Schuldnerin sei seit 2004 - unstreitig - nach den Qualitätsnormen ISO 9001 und ISO/TS 16949 zertifiziert. Aufgrund der voranschreitenden Entwicklung in der Autozulieferer-Industrie müssten die Arbeitnehmer die Herstellung unterschiedlicher Produkte beherrschen. Allein im Arbeitsbereich des Klägers (Spritzguss) setze sie ca. 40 unterschiedliche Maschinen mit etwa 1.500 aktiven Einzelteilen ein. Deshalb müssten die Arbeitnehmer schriftliche Arbeits- und Prüfanweisungen nicht nur lesen, sondern auch verstehen können. Ohne Lektüre der sich stetig ändernden prozessbegleitenden Dokumente könne der Kläger seine Arbeit nicht ausführen. Nach dem Hauptaudit, aufgrund dessen die Zertifizierung für den gesamten Betrieb vergeben worden sei, fänden in regelmäßigen Abständen sog. Rezertifizierungsaudits statt. Würden Mängel festgestellt, müsse sie einen Maßnahmeplan vorlegen, durch den innerhalb von 90 Tagen die Normabweichung abgestellt werde. Mängel in den Produktionsverfahren könnten zum Auftragsverlust oder dazu führen, dass Neuaufträge nicht mehr erteilt würden. Freie Arbeitsplätze, auf denen der Kläger mit seinen Sprachkenntnissen eingesetzt werden könnte, seien nicht vorhanden.

9

Das Arbeitsgericht hat nach Beweiserhebung über die Behauptung des Beklagten, die Fähigkeit, schriftliche in Deutsch abgefasste Arbeitsanweisungen und Dokumente lesen zu können, sei notwendig, die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers nach den Klageanträgen erkannt. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Klage ist unbegründet. Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aufgelöst.

11

I. Die Kündigung ist durch Gründe in der Person des Klägers gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. KSchG).

12

1. Mit der Befugnis zur personenbedingten Kündigung soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet werden, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn der Arbeitnehmer nicht (mehr) die erforderliche Eignung oder Fähigkeit besitzt, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Die Erreichung des Vertragszwecks muss durch den in der Sphäre des Arbeitnehmers liegenden Umstand nicht nur vorübergehend zumindest teilweise unmöglich sein (Senat 18. September 2008 - 2 AZR 976/06 - Rn. 22, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 23; 18. Januar 2007 - 2 AZR 731/05 - Rn. 15, BAGE 121, 32).

13

2. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die ausreichende Kenntnis der deutschen Schriftsprache war eine wesentliche Anforderung an die persönliche Eignung des Klägers für die von ihm zu verrichtende Arbeit. Dieses Verlangen der Schuldnerin stellt keine mittelbare Diskriminierung aus ethnischen Gründen iSd. § 3 AGG dar. Der Kläger erfüllte die genannte Anforderung nicht. Mit einer Behebung dieses Mangels war nicht zu rechnen. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bestand nicht.

14

a) Nach den Feststellungen im Tatbestand des Berufungsurteils gehört zu den Hauptaufgaben des Klägers die Ausführung der ihm übertragenen Arbeiten gemäß mündlicher und schriftlicher Anweisung. Unstreitig ist der Kläger nicht in der Lage, in deutscher Sprache abgefasste Anweisungen zu lesen und zu verstehen. Ihm fehlt damit eine persönliche Fähigkeit zur Erfüllung jedenfalls eines wesentlichen Teils seiner vertraglichen Pflichten.

15

b) Die von der Schuldnerin gestellte Anforderung, nach schriftlichen, in deutscher Sprache abgefassten Arbeitsanweisungen zu arbeiten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ob sie auf einer vertraglichen Vereinbarung - wie es möglicherweise die Stellenbeschreibung vom 30. Oktober 2001 ist - beruhte oder auf der Ausübung des Direktionsrechts, kann offenbleiben. Weder als Vereinbarung über eine an die Fähigkeiten des Klägers gestellte Anforderung noch als Ausübung des vertraglichen Weisungsrechts (§ 106 GewO) verstößt sie gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft (§ 3 Abs. 2, § 1 AGG).

16

aa) Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 1 AGG liegt nicht vor. Die Anforderung, die deutsche Schriftsprache in dem verlangten Umfang zu beherrschen, knüpft nicht an eines der in § 1 AGG genannten Merkmale an. Die deutsche Schriftsprache kann unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Ethnie beherrscht werden, gleichgültig, wie man den Begriff der Ethnie im Einzelnen abgrenzt.

17

bb) Es liegt auch keine mittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG vor. Ob der Kläger, allein weil er in Spanien geboren und dort zur Schule gegangen ist, das Diskriminierungsmerkmal der Zugehörigkeit zu einer „Ethnie“ erfüllt - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - kann dahinstehen. Selbst wenn dies so wäre und selbst wenn, was angenommen werden mag, die Anforderung deutscher Schriftsprachkenntnisse spanische Arbeitnehmer - im Vergleich zu deutschen Arbeitnehmern - iSd. § 3 Abs. 2 Satz 1 AGG in besonderer Weise benachteiligen kann(vgl. Bissels/Lützeler BB 2009, 833; aA offenbar Hunold Anmerkung zur Entscheidung des LAG Hamm vom 17. Juli 2008 NZA-RR 2009, 13, 17; vgl. auch ArbG Berlin 29. September 2007 - 14 Ca 10356/07 - AuR 2008, 112; dazu kritisch: Maier AuR 2008, 112; Tolmein jurisPR-ArbR 4/2008 Anm. 3; Greßlin BB 2008, 115; vgl. auch ArbG Berlin 11. Februar 2009 - 55 Ca 16952/08 - NZA-RR 2010, 16), so war doch die Anforderung hier durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und waren auch die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

18

(1) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass im Streitfall ein rechtmäßiges Ziel iSd. § 3 Abs. 2 AGG vorlag.

19

(a) Rechtmäßige Ziele iSd. § 3 Abs. 2 AGG können alle nicht ihrerseits diskriminierenden(vgl. EuGH 31. März 1981 - C-96/80 - [J.P. Jenkins] Rn. 11, Slg. 1981, 911) und auch sonst legalen Ziele sein. Dazu gehören auch privatautonom bestimmte Ziele des Arbeitgebers, zB betriebliche Notwendigkeiten und Anforderungen an persönliche Fähigkeiten des Arbeitnehmers (vgl. Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 74 f.; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 32 f.; ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 3 AGG Rn. 8, 9; BeckOK R/G/K/U/Roloff AGG § 3 Rn. 20; Lingemann/Müller BB 2007, 2006; Hunold Anmerkung zur Entscheidung des LAG Hamm vom 17. Juli 2008 NZA-RR 2009, 13, 17; Herbert/Oberrath DB 2009, 2434). Das Ziel ist im Wortlaut des Gesetzes nicht weiter eingeschränkt als durch die Bestimmung, dass es rechtmäßig sein muss. In der Gesetzesbegründung findet sich lediglich der Hinweis, es müsse ein sachlicher Grund gegeben sein (BR-Drucks. 329/06 vom 18. Mai 2006 S. 34). Damit ist auf die bis dahin bestehende Rechtslage zu § 611a BGB verwiesen, nach der jedes rechtmäßige, seinerseits nicht diskriminierende Ziel ausreichend war.

20

(b) Das von der Schuldnerin mit der Forderung ausreichender Kenntnisse der deutschen Schriftsprache verfolgte Ziel bestand nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der Erfüllung der Norm ISO/TS 16949. Aus dieser Norm ergibt sich die berufliche Anforderung der Kenntnis der deutschen Schriftsprache für die von der Schuldnerin im Spritzguss beschäftigten Werker. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Erfüllung dieser Norm deshalb von Bedeutung ist, weil andernfalls keine Aufträge mehr akquiriert werden können. Damit liegt ein Ziel vor, das nicht diskriminierend und auch sonst rechtmäßig ist.

21

(c) Sieht man als Ziel des Verlangens nach deutscher Schriftsprache iSd. § 3 Abs. 2 AGG nicht die Erfüllung der ISO-Norm als solche, sondern - unabhängig von deren Vorgaben - die möglichst optimale Erledigung der anfallenden Arbeit, so ist auch dieses Ziel rechtmäßig. Der Arbeitgeber hat ein durch Art. 12 GG geschütztes Recht, seiner unternehmerischen Tätigkeit so nachzugehen, dass er damit am Markt bestehen kann. Er darf auch die sich daraus ergebenden beruflichen Anforderungen an seine Mitarbeiter stellen. Wenn er dabei aus nicht willkürlichen Erwägungen schriftliche Arbeitsanweisungen gibt und Schriftkenntnisse voraussetzende Prüftätigkeiten seiner Arbeiter vorsieht, ist das nicht zu beanstanden. Es ist nicht Sinn der Diskriminierungsverbote, dem Arbeitgeber eine Arbeitsorganisation vorzuschreiben, die nach seiner Vorstellung zu schlechten Arbeitsergebnissen führt. Die Diskriminierungsverbote sollen vielmehr das wirtschaftliche Geschehen von sachlich nicht gerechtfertigten und vernunftgebundene Entscheidungen hemmenden, zB auf Vorurteilen beruhenden Erwägungen der Marktteilnehmer freihalten und auf diese Weise gerade im Gegenteil die Dynamik rationaler, sachbezogener, rechtmäßiger Erwägungen erhöhen (vgl. von Hoff SAE 2009, 293).

22

(2) Das Mittel zur Erreichung dieses legitimen Ziels - die Forderung ausreichender Kenntnisse der deutschen Schriftsprache - war entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts erforderlich iSd. § 3 Abs. 2 AGG. Erforderlich ist ein Mittel zur Erreichung eines Ziels, wenn das Ziel ohne das Mittel nicht erreicht werden kann. So liegt es hier. Die Schuldnerin konnte die Erfüllung der Norm ISO/TS 16949 nicht nachweisen bzw. ihr unternehmerisches Ziel nicht erreichen, wenn die als Werker beschäftigten Arbeitnehmer die schriftlichen Arbeitsanweisungen und Prüfaufträge nicht lesen und verstehen und deshalb ihre Aufgaben nicht wie vorgesehen erfüllen können. Wenn das Landesarbeitsgericht demgegenüber meint, der Kläger habe in den vergangenen 29 Jahren seine „Fähigkeit“ unter Beweis gestellt und die meisten Fehler müssten ihm auch ohne genaue schriftliche Prüfanweisung sofort auffallen, dann misst es die „Erforderlichkeit“ des Mittels - nämlich der Anforderung, die deutsche Sprache zu beherrschen - nicht, wie nach § 3 Abs. 2 AGG geboten, an dem vom Arbeitgeber verfolgten Ziel, sondern an eigenen Vorstellungen von den Fähigkeiten, die ein Arbeitnehmer haben muss, um in etwa seinen Aufgaben gerecht zu werden. Außerdem darf der Arbeitgeber sowohl im Interesse seiner Wettbewerbsfähigkeit als auch in dem der Produktqualität und -sicherheit anstreben, nicht nur „die meisten“, sondern alle Fehler zu vermeiden. Dass dies - die vollständige Vermeidung von Fehlern - regelmäßig nicht gelingt, heißt nicht, dass es gar nicht erst beabsichtigt werden darf. Zu Unrecht würde dem Arbeitgeber sonst angesonnen, aus Gründen des Diskriminierungsschutzes Qualitätseinbußen bei seinen Produkten in Kauf zu nehmen und damit von der Verfolgung seiner rechtmäßigen Ziele abzusehen. Das steht mit den Vorgaben des Gesetzes nicht im Einklang.

23

(3) Das Mittel zur Erreichung des Ziels ist auch angemessen. Ein weniger belastendes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Vorstellung, die Tätigkeit des Klägers müsse im Interesse der Diskriminierungsfreiheit gewissermaßen aufgespalten werden in solche Bestandteile, die er ohne deutsche Sprachkenntnisse erledigen kann, und solche, bei denen er Deutsch lesen können muss, ist nicht richtig, macht aber besonders deutlich, dass die Forderung von Deutschkenntnissen unumgänglich ist: Wäre es anders, so müsste der Schuldnerin nicht - wie es das Landesarbeitsgericht aber tut - zugemutet werden, - offenbar zweisprachiges - Personal für die Übersetzung und mündliche Erläuterung von Arbeitsanweisungen vorzuhalten und weitere Kräfte für an sich von ihm zu erbringende Teiltätigkeiten (Messen) einzusetzen. Das Gesetz verlangt vom Arbeitgeber derart weitgehende organisatorische Umgestaltungen nicht.

24

cc) § 3 Abs. 2 AGG verstößt in der hier zugrunde gelegten Auslegung nicht gegen Unionsrecht.

25

(1) Auch der Europäische Gerichtshof misst die Rechtfertigung mittelbarer Diskriminierungen daran, ob die unterschiedliche Behandlung auf Gründen beruht, die ihrerseits nicht diskriminierend sind. So hat er bei der mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung persönliche Leistungsfähigkeit und Arbeitsqualität ausdrücklich als zulässige Unterscheidungsmerkmale anerkannt (26. Juni 2001 - C-381/99 - Rn. 72, Slg. 2001, I-4961).

26

(2) Zwar ist nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 5. März 2009 (- C-388/07 - [Age Concern England] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 9) und vom 18. Juni 2009 (- C-88/08 - [Hütter] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 11) fraglich geworden, ob nur noch Maßnahmen und Regelungen zur Förderung des Allgemeinwohls iSd. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der RL 2000/78/EG als Rechtfertigungsgründe für unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters herangezogen werden können. Im Streitfall kommt es auf die in diesem Zusammenhang erörterten Fragen jedoch nicht an. Zum einen steht hier keine Altersdiskriminierung, sondern eine Benachteiligung aufgrund ethnischer Herkunft in Rede, so dass nicht Art. 6 der RL 2000/78/EG betroffen ist, sondern Art. 2 und Art. 4 der RL 2000/43/EG. Zu letzterer verhalten sich die genannten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht. Zum anderen betrifft Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG allein unmittelbare - nicht aber mittelbare - Diskriminierungen, worauf der Europäische Gerichtshof ausdrücklich hingewiesen hat(5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 62, aaO; vgl. BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 40, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Für sachliche Rechtfertigungen hat der Europäische Gerichtshof bei der Prüfung mittelbarer Diskriminierungen als entscheidend angesehen, dass die Rechtfertigungen nicht auf ihrerseits diskriminierenden Gründen beruhen dürfen. Er hat weiter ausgeführt, dass die betreffenden Maßnahmen jedenfalls durch solche Ziele gerechtfertigt werden, die auch unmittelbare Benachteiligungen rechtfertigen (5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 65 f., aaO). Da § 8 AGG in Übereinstimmung mit Art. 4 der hier einschlägigen RL 2000/43/EG wesentliche und entscheidende berufliche Anforderungen als Rechtfertigungsgrund für unmittelbare Diskriminierungen nennt, kann kein Zweifel bestehen, dass die hier in Betracht kommende Rechtfertigung dem Unionsrecht genügt.

27

dd) Die Forderung von Kenntnissen der deutschen Schriftsprache verstößt auch nicht gegen Art. 39 Abs. 2 EGV. Nach dieser Vorschrift ist die auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer unzulässig. Für den Zugang zu Beschäftigungsverhältnissen sieht jedoch Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VO 1612/68(Freizügigkeitsverordnung) vor, dass eine Ausnahme für Bedingungen gilt, welche die in Anbetracht der Besonderheit der zu vergebenden Stelle erforderlichen Sprachkenntnisse betreffen.

28

c) Nach den Umständen des vorliegenden Falls war mit einer zukünftigen Behebung der durch die fehlenden Sprachkenntnisse des Klägers eingetretenen Vertragsstörung nicht zu rechnen. Einer „Abmahnung“ bedurfte es nicht. Bei personenbedingten Kündigungen sind „Abmahnungen“ jedenfalls dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer keine Bereitschaft zeigt, an der an sich möglichen Behebung des personenbedingten Leistungshindernisses mitzuwirken (vgl. Senat 18. September 2008 - 2 AZR 976/06 - Rn. 33, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 23). Der Kläger wusste seit 2001, dass die Schuldnerin Kenntnisse der deutschen Schriftsprache von ihm erwartete. Sie hat danach mehrere Versuche unternommen, ihm die nötigen Kenntnisse zu verschaffen. Sie hat ihn in den Jahren 2004, 2005 und 2006 darauf hingewiesen, dass er seine Sprachkenntnisse verbessern müsse. Sprachkurse wurden ihm immer wieder angeboten. Der Kläger ist darauf nicht eingegangen. Er kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, die Kurse seien nicht geeignet gewesen, seine Sprachmängel zu beseitigen. Er bezieht sich dazu auf einen Bericht der Firma M vom 23. April 2007. Aus diesem sind Anzeichen für Qualitätsmängel der angebotenen Sprachkurse nicht erkennbar.

29

d) Anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten auf freien Arbeitsplätzen bestanden nicht. Der Kläger hat insoweit allgemein auf den „Bereich Nacharbeit“ und den Versand verwiesen. Der Beklagte hat erwidert, auf diesen Arbeitsplätzen seien die Anforderungen an die deutsche Sprache eher höher als im bisherigen Arbeitsbereich des Klägers.

30

3. Die abschließende Interessenabwägung führt zu keinem dem Kläger günstigen Ergebnis. Zu seinem Vorteil fallen sein fortgeschrittenes Lebensalter und die lange Beschäftigungszeit ins Gewicht. Diesem Umstand hat die Schuldnerin aber bereits dadurch Rechnung getragen, dass sie ihm mehrere Jahre Zeit zur Anpassung gegeben hat. Wenn der Kläger, ohne dass er irgendwelche Gründe hierfür genannt hätte, alle diese Angebote ausschlug, kann er nicht verlangen, dass die Schuldnerin ihren betrieblichen Ablauf letztlich allein deshalb entgegen ihren rechtmäßigen Interessen organisiert, weil er auf einem vertragswidrigen, wenn auch möglicherweise menschlich verständlichen Standpunkt verharrt.

31

II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger nach § 91 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Kreft    

        

    Eylert    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Röder    

        

    Niebler    

                 

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.