Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 15. Nov. 2016 - 14 Sa 541/16
Tenor
1.Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 22.06.2016 (2 Ca 927/16) wird zurückgewiesen.
2.Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3.Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell.
3Die am 16.02.1953 geborene, schwerbehinderte Klägerin war von 2003 bis zum 29. Februar 2016 bei der Beklagten als Heilpädagogin beschäftigt. Im September 2009 schlossen die Parteien einen Altersteilzeitvertrag, der am 05.11.2010 modifiziert wurde. Nach der letzten Fassung des Vertrages vom 03.09.2009 / 05.11.2010 begann die Altersteilzeit am 01.12.2009 und endete am 29.02.2016. Die Arbeitszeit wurde auf die Hälfte der bisherigen regelmäßigen Arbeitszeit reduziert und im Blockmodell verteilt. Der Altersteilzeitvertrag enthält zur Verteilung der Arbeitszeit und zum Urlaub folgende Regelungen:
4"§ 3
5Arbeitszeit / Verblockung
61.Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des / der Beschäftigten beträgt ab Beginn der Altersteilzeit die Hälfte der bisher vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Das sind nunmehr 17,5 Stun-den/Woche. ...
72.Die Arbeitszeit wird so verteilt, dass sie im ersten Abschnitt des Altersteilzeitverhältnisses vom 01.12.2009 bis 30.11.2012 voll geleistet wird (Arbeitsphase). Es folgt eine Teilzeitphase vom 01.12.2012 bis zum 28.02.2013. Die Beschäftigte wird anschließend ab dem 01.03.2013 bis zum Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses am 29.02.2016 von der Arbeitsleistung freigestellt (Freistellungsphase). ...
8§ 7
9Urlaubsanspruch
1011
1.Der/die Beschäftigte erhält kalenderjährlich 31 Arbeitstage Erholungsurlaub.
122.Für das Kalenderjahr des Wechsels in die Freistellungsphase wird der Anspruch auf Urlaub anteilig für die Arbeitsphase berechnet.
133.Urlaubsansprüche gelten mit der Freistellung als erfüllt."
14Bis zum Eintritt in die Freistellungsphase nahm die Klägerin ihren gesamten vertraglichen Urlaub inklusive der fünf zusätzlichen Urlaubstage pro Jahr aufgrund der Schwerbehinderung in natura. Am 01.03.2013 bestanden unstreitig keine noch nicht erfüllten Urlaubsansprüche mehr aus dem Arbeitsverhältnis.
15Mit ihrer am 23.03.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 01.04.2016 zugestellten Klage hat die Klägerin die Zahlung einer Urlaubsabgeltung für nicht genommene Urlaubstage aus der Freistellungsphase begehrt.
16Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass auch in der Freistellungsphase ein Anspruch auf Urlaub entstehe, der abzugelten sei. Sie habe pro Jahr einen Anspruch von 36 Urlaubstagen erworben. Daher stehe ihr eine Urlaubsabgeltung für die drei Jahre der Freistellungsphase in Höhe von 9.315,00 € brutto zu (1.868,76 € Monatsgehalt x drei Monate = 5.606,28 € / 65 Arbeitstage = 86,25 € pro Urlaubstag x 36 Urlaubstage x drei Jahre). Die Erfüllungsregelung durch Freistellung im Altersteilzeitvertrag sei unwirksam, da die Klägerin nicht im Vorhinein auf ihre Urlaubsansprüche habe verzichten können. In jedem bestehenden Arbeitsverhältnis müsse nach Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der europäischen Union ein Urlaubsanspruch entstehen und erfüllt werden. Da der Urlaub in der Freistellungsphase der Altersteilzeit nicht genommen werden könne, sei er wie bei einer Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten. Insofern sei die Rechtslage mit der Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH vergleichbar. Nur das BEEG enthalte eine Kürzungsmöglichkeit des Urlaubsanspruchs im bestehenden Arbeitsverhältnis.
17Sie hat zuletzt beantragt,
18die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.315,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.04.2016 zu zahlen.
19Die Beklagte hat beantragt,
2021
die Klage abzuweisen.
22Sie hat die Ansicht vertreten, dass mit Gewährung des Urlaubs in der Arbeitsphase sämtliche Urlaubsansprüche erfüllt worden seien und dass während der Freistellungsphase kein abzugeltender Urlaubsanspruch entstanden sei. Während der "Vorarbeit" in der Arbeitsphase habe die Klägerin bereits den Urlaub in voller Höhe erhalten, da der Urlaub nicht nur im Umfang der halbierten Arbeitszeit gewährt worden sei. Die von der Klägerin herangezogene Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH sei nicht einschlägig, da bei einer Arbeitsunfähigkeit anders als der Freistellung in der Altersteilzeit die Arbeitspflicht fortbestehe. Der Arbeitnehmer sei lediglich aus persönlichen Gründen nicht in der Lage, zu arbeiten. Daher seien die Fallkonstellationen nicht zu vergleichen. Ein möglicher Urlaubsanspruch aus der Freistellungsphase sei jedenfalls aufgrund der Regelung in § 7 Abs. 3 des Altersteilzeitvertrages durch Freistellung erfüllt worden. Schließlich seien mögliche Urlaubsansprüche aus den Jahren 2013 - 2015 bereits verfallen.
23Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 22.06.2016 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass trotz des bestehenden Arbeitsverhältnisses der Klägerin ein Urlaubsabgeltungsanspruch in der geltend gemachten Höhe nicht zustehe. Gemäß § 7 Abs. 3 des Altersteilzeitvertrages habe sie in der Freistellungsphase keine neuen Urlaubsansprüche erworben, die von der Beklagten abzugelten seien. Wenn der Urlaub im Wechseljahr nur anteilig entstehe, folge daraus gleichzeitig, dass für die Freistellungsphase kein neuer Urlaubanspruch entstehe. Ebenso wie sich die Verpflichtung zur Arbeitsleistung auf die Arbeitsphase beschränke, müsse sich auch die Verpflichtung zur Erteilung von Erholungsurlaub auf die Arbeitsphase beschränken. Nur während der Arbeitsphase sei auch die Gewährung von Erholungsurlaub überhaupt möglich. Der Urlaubsanspruch in dem während der Freistellung noch bestehenden Arbeitsverhältnis sei durch die besondere Ausgestaltung des Altersteilzeitvertrages im Blockmodell erfüllt worden.
24Gegen das ihr am 27.06.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.07.2016 Berufung eingelegt und diese durch anwaltlichen Schriftsatz, der am 03.08.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet.
25Die Klägerin ist der Auffassung, das erstinstanzliche Urteil sei widersprüchlich. Einerseits habe das Arbeitsgericht ausgeführt, dass in der Freistellungsphase kein Urlaubsanspruch entstehe. Andererseits stellten die Urteilsgründe darauf ab, dass ein in der Freistellungsphase entstandener Urlaubsanspruch durch die Freistellung im Blockmodell gewährt worden sei. Die Auffassung, dass in der Freistellungsphase der verblockten Altersteilzeit kein Urlaubsanspruch entstehe, verstoße gegen Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, wonach in jedem Arbeitsverhältnis ein Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub entstehe. Daher müsse auch ein Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub während der dreijährigen Freistellungsphase der verblocken Altersteilzeit entstehen. Dadurch könne auch kein doppelter Urlaubsanspruch entstehen. Wenn die Klägerin in der gesamten Altersteilzeit täglich 50 % ihrer Arbeitsleistung erbracht hätte, erhielte sie auch ihren vollen Jahresurlaubsanspruch. Die Rechtslage könne sich bei einer verblockten Altersteilzeit nicht anders darstellen. In keinem Fall habe der in der Freistellungsphase entstandene Urlaub durch die Freistellung erfüllt werden können. Denn die Vergütung in der Freistellungsphase sei gar nicht zum Ausgleich eines Urlaubsanspruchs sondern aufgrund der Vorarbeit in der aktiven Phase geleistet worden und dort bereits verdient worden. Es komme nicht darauf an, wie viele Arbeitsstunden täglich (Teilzeit oder Vollzeit) geleistet würden, da die gleiche Anzahl an Urlaubstagen entstünde.
26Hätte sie daher im Rahmen der Altersteilzeit über sechs Jahre täglich jeweils die Hälfte der zuvor vertraglich vereinbarten Stunden gearbeitet, hätten ihr auch 36 Urlaubstage pro Jahr zugestanden, mithin 216 Urlaubstage in sechs Jahren. Durch die Verblockung der Alterszeit habe sie in den ersten drei Jahren insgesamt nur 108 Urlaubstage erhalten, sodass am Ende der Freistellungsphase weitere 108 Urlaubstage abzugelten seien.
27Schließlich sei die Freistellungsphase auch nicht vergleichbar mit der einseitigen Freistellung durch den Arbeitgeber unter Fortzahlung der Bezüge während des Laufs der Kündigungsfrist. Anders als bei der einseitigen Freistellung habe die Klägerin vereinbarungsgemäß während der gesamten sechsjährigen Altersteilzeit Arbeitsleistungen zu erbringen und habe diese lediglich aus der zweiten Hälfte der Altersteilzeit in die erste Hälfte verlegt.
28Die Klägerin beantragt,
29das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 22.06.2016 (2 Ca 927/16) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.315,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2016 zu zahlen.
30Die Beklagte beantragt,
3132
die Berufung zurückzuweisen.
33Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Urlaubsanspruch bei einer von der üblichen 5-Tage-Woche abweichenden Arbeitszeit pro-rata-temporis umzurechnen sei. Bei der Umrechnung des Urlaubsanspruchs sei nicht auf einen Wochenzeitraum abzustellen, sondern auf den Vertragszeitraum der Altersteilzeit. Die zeitratierliche Berechnung des Urlaubsanspruchs könne sich somit auch nur auf Tage mit Arbeitspflicht in der Arbeitsphase beziehen. Zudem sei der Klägerin auch der gesamte Urlaub zu 100 % während der Arbeitsphase gewährt worden, in der die Klägerin volle Tage gearbeitet und auch volle Tage Urlaub erhalten habe.
34Jedenfalls sei in § 7 Abs. 3 des Altersteilzeitvertrages ausdrücklich vereinbart worden, dass Urlaubsansprüche mit der Freistellung als erfüllt gelten würden. Diese Regelung sei vergleichbar mit einer unwiderruflichen Freistellung im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung. Auch hier könne rechtswirksam zwischen den Parteien die Erfüllung etwaiger noch bestehender Urlaubsansprüche durch die Freistellung vereinbart werden. Das BAG habe in mehreren Entscheidungen (BAG 15.03.2005 - 9 AZR 143/04 -; 10.05.2005 - 9 AZR 196/04 -; 16.10.2012 - 9 AZR 234/11 - ) für den Wechsel von der Arbeitsphase in die Freistellungsphase der Altersteilzeit entschieden, dass in diesem Jahr der Urlaub nur anteilig entstehe. Daraus folge bereits, dass in der Freistellungsphase kein Urlaubsanspruch entstehe. Auch der EuGH gehe davon aus, dass bei einer vertraglich vereinbarten bezahlten Freistellung kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung entstehe.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle in beiden Instanzen Bezug genommen.
36E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
37I.
38Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 1, 2 lit. b), 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.
39II.
40Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
41Der zulässige Zahlungsantrag ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung aus § 7 Abs. 4 BUrlG.
421.Die Klägerin hatte zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Altersteilzeitvertrages, auf den es für einen Abgeltungsanspruch ankommt, keine unerfüllten Urlaubsansprüche aus der Zeit der tatsächlichen Erbringung der Arbeitsleistung vom 01.12.2009 bis zum 28.02.2013 mehr.
43Nach § 7 Abs. 4 BUrlG wandelt sich der noch nicht erfüllte Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einen Abgeltungsanspruch um, ohne dass weitere Handlungen des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers erforderlich sind (BAG 20.1.1998, NZA 1998, 816; 19.8.2003, AP BUrlG § 7 Nr. 29; ErfK/Gallner BUrlG § 7 Rn. 71-72). Die Abgeltung nicht gewährten Urlaubs erfolgt bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 20. 4. 2012 - 9 AZR 504/10 -, AP BUrlG § 7 Nr. 58). Das Arbeitsverhältnis endet i.S.v. § 7 Abs. 4 BUrlG erst mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsvertrags. Ist das Arbeitsverhältnis ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis, endet es zum vereinbarten Endtermin und nicht bereits mit dem Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase (BAG 16.10.2012 - 9 AZR 234/11 -, AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 98; 10. 5. 2005 - 9 AZR 196/04 -, AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 88; vgl. auch BAG 15. 3. 2005 - 9 AZR 143/04 -, AP BUrlG § 7 Nr. 31).
44Bei der rechtlichen Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses am 29.02.2016 bestand kein unerfüllter Urlaubsanspruch der Klägerin aus der Zeit der tatsächlichen Erbringung der Arbeitsleistung mehr. Die Klägerin hat unstreitig bis zum Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit ihren vertraglichen und gesetzlichen Urlaubsanspruch durch die Gewährung des Urlaubs in natura erhalten.
452.Die Klägerin hatte zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Altersteilzeitvertrages auch keine unerfüllten Urlaubsansprüche aus der Zeit der Freistellungsphase der Altersteilzeit 01.03.2013 bis zum 29.02.2016 mehr. In der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell entstehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt (neue) Urlaubsansprüche mehr.
46a)In der Zeit der Freistellung der Klägerin vom 01.03.2013 bis zum 29.02.2016 ist kein Urlaubsanspruch nach §§ 1, 3 BurlG i.V.m. § 7 Abs. 1 des Altersteilzeitvertrages entstanden. In der Freistellungsphase werden nur bereits erworbene Ansprüche zeitversetzt ausbezahlt (dazu aa). Urlaubsansprüche können dann nicht mehr erfüllt werden (dazu bb) und entstehen auch nicht mehr neu (dazu cc). Darin liegt auch keine Benachteiligung aufgrund einer Teilzeitbeschäftigung (dazu dd).
47aa)In der Freistellungsphase der Altersteilzeit wird lediglich das bereits erarbeitete Entgelt und Urlaubsentgelt anteilig und zeitversetzt ausbezahlt.
48Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, hat der Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell während der Freistellungsphase Anspruch auf die durch seine Vorarbeit in der Arbeitsphase erworbenen Entgeltansprüche (vgl. BAG 11.04.2006 - 9 AZR 369/05 -, AP ATG § 2 Nr. 7; 04.10.2005 - 9 AZR 449/04 -,AP ATG § 3 Nr. 16; 24.06.2003 - 9 AZR 353/02 -, AP ATG § 4 Nr. 1). Im Blockmodell der Altersteilzeit tritt der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase mit seiner vollen Arbeitsleistung im Hinblick auf die anschließende Freistellungsphase in Vorleistung. Er hat hierdurch Entgelte erarbeitet, die nicht im Monat der Arbeitsphase ausgezahlt, sondern für die spätere Freistellungsphase zeitversetzt angespart werden. Der Arbeitnehmer erarbeitet sich damit im Umfang seiner Vorleistungen zum einen Ansprüche auf die spätere Zahlung der Bezüge und zum anderen einen entsprechenden Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistungspflicht (BAG 24.06.2003 - 9 AZR 353/02 -, AP ATG § 4 Nr. 1) und damit ein Zeitguthaben. Das während der Freistellungsphase ausgezahlte Entgelt ist daher Gegenleistung für die bereits während der Arbeitsphase geleistete, über die verringerte Arbeitszeit hinausgehende Arbeit. Die Berechnung der in der Arbeitsphase angesparten und in der Freistellungsphase zu zahlenden Entgelte hat "zeitversetzt� zu erfolgen (vgl. BAG 11.04.2006 - 9 AZR 369/05 -, AP ATG § 2 Nr. 7). Die Teilzeitvergütung ist während des Zeitraums der Freistellungsphase auszuzahlen, der in seiner Lage dem Zeitraum der Arbeitsphase entspricht (BAG 19.12.2006 - 9 AZR 230/06 -, AP ATG § 3 Nr. 19).
49bb)Nach diesen Grundsätzen entsteht in der Altersteilzeit im Blockmodell der gesamte Urlaubsanspruch in der Arbeitsphase. In der Freistellungsphase selbst kann ein Urlaubsanspruch gar nicht erfüllt werden.
5051
Aufgrund der besonderen Struktur des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Rahmen des Blockmodells entsteht - über die gesamte Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses - wegen der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung lediglich ein insgesamt nur hälftiger Urlaubsanspruch, der - wie die Arbeitsleistung - ebenfalls in der ersten Phase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses, also in der Arbeitsphase, "geblockt" zu erfüllen ist. Ebenso wie sich die Verpflichtung zur Arbeitsleistung auf die Arbeitsphase beschränkt, muss sich auch die Verpflichtung zur Erteilung von Erholungsurlaub auf die Arbeitsphase beschränken. Wegen der Vorleistung des Arbeitnehmers während der Arbeitsphase erhält der Arbeitnehmer daher während der Dauer des Altersteilzeitvertrages in der Summe den Urlaub, der seiner Vorleistung während der Arbeitsphase entspricht, und zwar nicht zeitlich versetzt und während der Arbeitsphase für die spätere Freistellungsphase angespart, sondern allein während der Arbeitsphase (LAG Hessen 27.05.2013 - 17 Sa 93/13 -; vgl. auch Schaub/Vogelsang, ArbR-Hdb, 13. Aufl., § 83, Rdnr. 32). Aus diesem Grund können während der Freistellungsphase Urlaubsansprüche auch gar nicht erfüllt werden (BAG 15.03.2005 - 9 AZR 143/04 -, AP BUrlG § 7 Nr. 31; LAG Hessen 27.05.2013 - 17 Sa 93/13 -, BeckRS 2013, 72569).
52cc)In der Freistellungsphase entstehen aufgrund der besonderen ungleichmäßigen Verteilung der Altersteilzeit im Blockmodell keine Urlaubsansprüche mehr, die mangels Erfüllbarkeit abzugelten wären.
53Das Bundesurlaubsgesetz ist konzipiert für den Fall einer durchgehenden Beschäftigung bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeitszeit auf die Arbeitstage der Woche. In welchem Umfang Urlaubsansprüche im Rahmen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses entstehen, wenn die Arbeitszeit ungleichmäßig verteilt ist, lässt sich dem Bundesurlaubsgesetz nicht unmittelbar entnehmen. Die insoweit maßgeblichen Grundsätze müssen daher aus den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes erst entwickelt werden (BAG 14.02.1991 - 8 AZR 97/990 -, AP BUrlG § 3 Teilzeit Nr. 1, NZA 1991, 777). Dies führt zu einer Umrechnung des Urlaubsanspruchs. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die regelmäßig an weniger Arbeitstagen einer Woche als ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer beschäftigt sind, haben entsprechend der Zahl der für sie maßgeblichen Arbeitstage ebenso Anspruch auf Erholungsurlaub wie vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer (vgl. ErfK/ Gallner, § 3 BurlG, § 3, Rn. 13 ff.; LAG Heesen 27.05.2013 -17 Sa 93/13 -, BeckRS 2013, 72569). Nichts anderes kann für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis gelten, bei dem es sich ebenfalls um ein Teilzeitarbeitsverhältnis handelt, und zwar im Fall des Blockmodells um ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit einer unregelmäßigen Verteilung der Arbeitszeit. Der Übergang von einer Vollzeitbeschäftigung zu einer Teilzeitbeschäftigung findet bei einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis bereits zu Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses, also bei einem Blockmodell zu Beginn der Arbeitsphase, statt. Deshalb sind die Umrechnungsgrundsätze, die das Bundesarbeitsgericht für Teilzeitarbeitsverhältnisse entwickelt hat, auf das Blockmodell im Rahmen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses als Ganzes entsprechend anwendbar (LAG Saarland 22.07.2015 - 1 Sa 39/15 -, BeckRS 2015, 72674; LAG Hessen ).
54Es ist in der Rechtsprechung und Literatur dabei umstritten, ob im Jahr des Wechsels von der Arbeitsphase in die Freistellungsphase der Urlaubsanspruch anteilig gekürzt werden kann (verneinend: u.a. LAG Niedersachsen 19.05.2005 - 4 Sa 646/05 -; Rittweger/ Petri/ Schweigert, Altersteilzeit, § 7 TV-ATZ, Rn. 2; bejahend: u.a. LAG Saarland 22.07.2015 - 1 Sa 39/15 -; LAG Hessen 27.05.2013 - 17 Sa 93/13 -; LAG Heesen 11.06.2013 - 8 SaGa 224/13 -; Hock/ Klapproth, Probleme des TV ATZ, ZTR 200, 97 ,101; Nimscholz/ Oppermann/ Ostrrowicz, Altersteilzeit, Handbuch für die Personal- und Abrechnungspraxis, S. 80). Auf diesen Streit kommt es jedoch vorliegend nicht an, da die Klägerin unstreitig bis zum Eintritt in die Freistellungsphase Ihren Anspruch auf Erholungsurlaub vollständig erhalten hat. Einigkeit besteht bei allen oben genannten Meinungen jedoch im Hinblick auf die streitgegenständliche Frage: Aufgrund der besonderen Struktur des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Rahmen des Blockmodells ist es ein interessengerechtes Ergebnis ist, dass in der Freistellungsphase selbst kein Urlaubsanspruch mehr entsteht (zusätzlich auch ErfK/ Rolfs ATG § 8 Rn. 13).
55dd)Durch die anteilige Kürzung des Gesamturlaubsanspruchs in der (Alters-) Teilzeit wird die Klägerin auch nicht als teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin diskriminiert. Der im gesamten Zeitraum der Altersteilzeit geringere Urlaubsanspruch im Vergleich zu einer Vollzeitbeschäftigung beruht auf sachlichen Gründen.
56Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.
57(1)Wenn in der Altersteilzeit nur die Freistellungsphase isoliert von der gesamten Teilzeit betrachtet würde, müssten während der Freistellungsphase an sich zusätzliche Urlaubsansprüche entstehen, weil es für das Entstehen des Urlaubsanspruchs nur auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses und nicht auf das tatsächliche Erbringen der Arbeitsleistung ankommt. Da aber in diesem Zeitraum eine Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers von vornherein nicht entstehen kann, wird hierfür auch kein Urlaubsanspruch begründet (Vogelsang in: Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 16. Auflage 2015, § 84 Rn. 10; LAG Saarland 22.07.2015 - 1 Sa 39/15 -, BeckRS 2015, 72674).
58Die Umrechnung des Urlaubsanspruchs in der Teilzeit ist im Bundesurlaubsgesetz zwar nicht erwähnt, ergibt sich aber aus der Natur der Sache und entspricht herrschender Auffassung (Powietzka/Christ, NJW 2010, 3397; Fieberg, NZA 2010, 925; ErfK Gallner, § 3 BurlG, Rn. 13; Leinemann/Linck, DB 99, 1498; Sponer/Steinherr, TVÖD, § 26 Randziffer 163; LAG Hessen 30.10.2012 - 13 Sa 590/12 -, BeckRS 2013). Die dabei entstehende Minderung des Anspruchs auf Jahresurlaub gegenüber dem bei Vollzeitbeschäftigung bestehenden Anspruch ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt (vgl. EuGH 08.11.2012 C-229/11, C-230/11, Toltschin u.a., BeckRS 2012, 82370).
59Die Minderung des Urlaubsanspruchs bei der Verteilung der Arbeitszeit im sog. Blockmodell der Altersteilzeit erfolgt bezogen auf den gesamten Zeitraum der Teilzeit. So entsteht in der verblockten Altersteilzeit der Urlaubsanspruch bezogen auf den gesamten Zeitraum der Teilzeit (hier sechs Jahre und drei Monate) nur anteilig, jedoch entsprechend der Verteilung der Arbeitszeit nicht gleichmäßig, sondern "verblockt".
6061
Dadurch wird der Urlaubsanspruch auch nicht gekürzt, wie die Klägerin meint; er entsteht aufgrund der Teilzeitbeschäftigung in der Altersteilzeit von vorneherein nur in anteiligem Umfang.
62Wenn in der Freistellungsphase der verblockten Altersteilzeit zusätzliche Urlaubsansprüche entstehen würden, wäre der Arbeitnehmer besser gestellt als ein Arbeitnehmer im Rahmen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses, denn er hätte letztlich den doppelten Urlaubsanspruch beziehungsweise einen entsprechenden Urlaubsabgeltungsanspruch (so auch LAG Saarland 22.07.2015 - 1 Sa 39/15 -, BeckRS 2015, 72674). Die Klägerin erhielte dann die doppelte Zahl an Urlaubstage gemessen an der Zahl ihrer tatsächlichen Arbeitstage. Sie erhielte letztlich genauso viele Urlaubstage in dem Zeitraum der (Alters-) Teilzeit wie ein Arbeitnehmer, der im gleichen Zeitraum in Vollzeit tätig war. Durch den im Verhältnis zur Vollzeit nur anteilig entstehenden Urlaub im Gesamtzeitraum erhält sie hingegen genauso viele Urlaubstage wie eine Teilzeitbeschäftigte, die regelmäßig jeden zweiten Tag in Vollzeit arbeitet.
63(2)Sofern die Klägerin aus dem Berechnungsbeispiel im Schriftsatz vom 02.11.2016 mit dem Vergleich regelmäßiger Teilzeit zu einer Teilzeit im Blockmodell eine Benachteiligung herleiten will, so ist dies unzutreffend:
64Hätte die Klägerin im Rahmen einer Altersteilzeit über sechs Jahre jeweils halbtags gearbeitet, hätte sie zwar 216 Urlaubstage (6 mal 36 Tage) erhalten, hätte aber auch noch sechs Jahre - wenn auch täglich nur die Hälfte - arbeiten müssen. Als finanzielle Komponente des Urlaubsanspruchs hätte sie dann für 216 Urlaubstage ein Urlaubsentgelt erhalten, das der reduzierten Arbeitszeit entsprochen hätte, also nur halb so hoch gewesen wäre wie bei einer Vollzeitbeschäftigung.
65Bei einer Verteilung der Arbeitszeit im sog. Blockmodell über sechs Jahre muss die Klägerin nur drei Jahre arbeiten und erhält entsprechend auch nur 108 Urlaubstage. Dafür erhält sie jedoch ein Urlaubsentgelt, das der vollen Arbeitszeit entspricht, also doppelt so hoch ist wie bei einer hälftigen Teilzeitbeschäftigung über sechs Jahre.
66In der Summe ist das Urlaubsentgelt über sechs Jahre daher identisch.
67b)Auch aus Art. 31 der Charta der Grundrechte der europäischen Union lässt sich kein Urlaubsanspruch für die Freistellungsphase in der verblockten Altersteilzeit herleiten, der nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten wäre.
68Die von der Klägerin angeführten europarechtlichen Bedenken gegen die nach deutschem Recht eindeutige Rechtslage verfangen nicht.
6970
Art. 31 der Charta bestimmt:
71"Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen
72(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf ge-sunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen.
73(2) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhe-zeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub."
74Art. 7 ("Jahresurlaub") der Richtlinie 2003/88/EG lautet:
75"(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit je-der Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Ge-währung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.
76(2) Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt wer-den."
77Mit dem in Art. 7 der RL 2003/88/EG verankerten Anspruch auf Jahresurlaub wird ein doppelter Zweck verfolgt, der darin besteht, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich einerseits von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und andererseits über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen (EuGH 20.07.2016 C-342/15, EuZW 2016, 666; 20.01.2009 C-350/06 und C-520/06, Schultz-Hoff u. a.).
78Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der jedem Arbeitnehmer gewährt wird, als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union anzusehen (vgl. EuGH 20.01.2009 C-350/06 und C-520/06, Schultz-Hoff u. a. und vom 03.05.2012 C-337/10, Neidel). Dieser Anspruch jedes Arbeitnehmers ist als Grundsatz des Sozialrechts der Union in Art. 31 Abs. 2 der Charta ausdrücklich verankert und erhält durch Art. 6 Abs. 1 EUV den gleichen rechtlichen Rang wie die EU-Verträge selbst (EuGH 22.11.2011 C-214/10, KHS).
79Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub darf zwar nicht restriktiv ausgelegt werden (EuGH 21.06.2012 C-78/11, ANGED), so dass ein Mitgliedstaat den allen Arbeitnehmern zustehenden Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht von der Voraussetzung abhängig machen kann, dass sie während des von diesem Staat festgelegten Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet haben (vgl. EuGH 20.01.2009 C-350/06 und C-520/06, Schultz-Hoff u. a.; EuGH 24.01.2012, C-282/10, Domínguez,). Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass der Altersteilzeitvertrag eine besondere Form der Teilzeit darstellt und in Teilzeitarbeitsverhältnissen der Urlaubsanspruch in dem Verhältnis der Arbeitstage in der Teilzeit zu den Arbeitstagen in der Vollzeit angepasst werden kann.
80Die in dem Schultz-Hoff-Urteil des EuGH (20.01.2009 C-350/06 und C-520/06) manifestierte Rechtsprechung ist auf den Fall der vereinbarten Freistellungsphase in der verblockten Altersteilzeit nicht anzuwenden. Denn die Situation eines Arbeitnehmers, der wegen einer Erkrankung nicht in der Lage ist zu arbeiten, und die Situation eines in der Freistellungsphase befindlichen Arbeitnehmers sind grundlegend verschieden (vgl. EuGH 08.11.2012 C-229/11 und C-230/11, Toltschin u.a., BeckRS 2012, 82370 zu vereinbarter Kurzarbeit). Denn in der Teilzeit kann der Urlaub anteilig gekürzt werden.
81Zum Anspruch von Teilzeitbeschäftigten auf bezahlten Jahresurlaub hat der EuGH klare Hinweise gegeben:
82In den Urteilen vom 22.?4. 2010 (NZA 2010, 557, Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols) und 08.11.2012 (C-229/11 und C-230/11, Toltschin u.a., BeckRS 2012, 82370) hat der EuGH nämlich auf § 4 der am 06.06.1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15.12.1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 07.04.1998 geänderten Fassung verwiesen, wonach der Pro-rata-temporis-Grundsatz für die Beschäftigungsbedingungen von Teilzeitbeschäftigten gilt, wenn dies angemessen ist. Der EuGH hat diesen Grundsatz auf die Gewährung des Jahresurlaubs für eine Zeit der Teilzeitbeschäftigung angewandt, denn für diese Zeit ist die Minderung des Anspruchs auf Jahresurlaub gegenüber dem bei Vollzeitbeschäftigung bestehenden Anspruch aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.
83Zu einer vertraglich vereinbarten und bezahlten Freistellung bis zum Eintritt in den Ruhestand, die im Hinblick auf den Urlaubsanspruch mit der Freistellungsphase in der Altersteilzeit vergleichbar ist, hat der EuGH (Urteil vom 20.07.2016 - C-342/15 -, EuZW 2016, 666) Folgendes ausgeführt:
84"Unter diesen Umständen ist zur Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit dieses Anspruchs auf Jahresurlaub festzustellen, dass ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis beendet wurde und der nach einer mit seinem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung während eines bestimmten Zeitraums vor seiner Versetzung in den Ruhestand weiterhin sein Entgelt bezog, aber verpflichtet war, nicht an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen, keinen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den während dieses Zeitraums nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub hat, es sei denn, dass er den Urlaub wegen Krankheit nicht nehmen konnte."
85Auch in diesem Fall beruhte die Nichterbringung der Arbeitsleistung auf einer Parteivereinbarung.
86Letztlich verringert sich durch die Teilzeit, die bereits mit Beginn der Arbeitsphase beginnt, zwar die Anzahl der Urlaubstage bezogen auf die gesamte Altersteilzeit. Diese anteilige Kürzung der Urlaubstage ist jedoch nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH europarechtlich unbedenklich. Für jeden Urlaubstag in der Arbeitsphase erhält die Klägerin nämlich auch ein Urlaubsentgelt in Höhe einer Tätigkeit in Vollzeitbeschäftigung, das zur Hälfte in der Arbeitsphase und zur Hälfte in der Freistellungsphase ausgezahlt wird.
87c)In der Zeit der Freistellung vom 01.03.2013 bis zum 29.02.2016 ist der Klägerin auch kein Urlaubsanspruch für schwerbehinderte Menschen nach §125 Abs.1 SGB IX entstanden.
88Nach dieser Vorschrift haben schwerbehinderte Menschen einen Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass ein schwerbehinderter Arbeitnehmer seine Arbeitskraft schneller als ein gesunder verbraucht. § 125 SGB IX soll die verbliebene Arbeitskraft sichern und erhalten. Eine im konkreten Fall gegebene Erholungsbedürftigkeit ist nicht erforderlich, da sie unwiderleglich vermutet wird (BAG 21.2.1995, NZA 1995, 839).
89Der Zusatzurlaub tritt zu dem nach den allgemeinen Regeln zu gewährenden Erholungsurlaub hinzu. Er entsteht daher nicht nur zusätzlich zum gesetzlichen Mindesturlaub nach § 3 Abs. 1 BUrlG, sondern auch zu dem aufgrund Arbeitsvertrags zu gewährenden Urlaub (BAG 24.10.2006, NZA 2007, 330). Er wird deshalb nur dann und insoweit erworben, wie ein Hauptanspruch auf Erholungsurlaub entstanden ist (BAG 24.10.2006, NZA 2007, 330; ErfK/Rolfs SGB IX § 125 Rn. 1-4; Neumann/ Pahlen/ Majerski-Pahlen SGB IX, § 125, Rn. 10). Auch im Übrigen unterliegt der Anspruch auf Zusatzurlaub den allgemeinen Grundsätzen des Urlaubsrechts (BAG 21.2.1995, NZA 1995, 839).
90Da die Klägerin nach den obigen Ausführungen keinen Urlaubsanspruch für die Zeit der Freistellungsphase in der Altersteilzeit erworben hat, tritt auch kein zusätzlicher Urlaub für die schwerbehinderte Klägerin dazu.
91III.
92Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision war mangels Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen.
93RECHTSMITTELBELEHRUNG
94Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
95Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 15. Nov. 2016 - 14 Sa 541/16
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 15. Nov. 2016 - 14 Sa 541/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. Dezember 2010 - 16 Sa 1209/10 - aufgehoben.
-
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 11. Juni 2010 - 1 Ca 194/10 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
-
3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Abgeltung von neun Urlaubstagen aus dem Jahr 2007.
-
Der am 15. April 1950 geborene Kläger war ab dem 4. August 1975 bei der Beklagten als Energieanlagenelektroniker beschäftigt. Er ist seit 1996 als schwerbehindert anerkannt. Für den Zeitraum vom 1. Mai 2005 bis zum 30. April 2010 begründeten die Parteien ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell mit einer Arbeitsphase bis zum 31. Oktober 2007. Der Altersteilzeitarbeitsvertrag zwischen den Parteien vom 22. Dezember 2003 lautet auszugsweise:
-
„…
wird - wie am 22.12.2003 eingehend besprochen - auf Grundlage des Tarifvertrags über Altersteilzeit vom 20.06.2000, der Rahmenkonzernbetriebsvereinbarung zur Einführung von Altersteilzeit vom 07.03.2000 und der Gesamtbetriebsvereinbarung zur Einführung der Altersteilzeit vom 02.01.2002 - wobei die jeweils aktuellen Fassungen der vorgenannten Regelungen zugrunde gelegt werden - folgende Vereinbarung zur Altersteilzeit geschlossen:
…
§ 9
Urlaubsanspruch
Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers richtet sich nach den tariflichen und betrieblichen Regelungen. Im Jahr des Wechsels von der Arbeits- in die Freistellungsphase besteht der Urlaubsanspruch anteilig.
Während der Arbeitsphase erworbener Urlaub ist grundsätzlich während der Arbeitsphase zu nehmen, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte. In diesem Fall ist der Resturlaub im ersten Monat der Freistellungsphase abzugelten.
Während der Freistellung gelten die jeweiligen Urlaubsansprüche durch die Freistellung als erfüllt.“
-
Im Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen- und Stahlindustrie von ua. Nordrhein-Westfalen vom 15. März 1989 in der Fassung vom 20. Juni 2000 (MTV Stahl), der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund beiderseitiger Tarifbindung Anwendung fand, heißt es ua.:
-
„§ 12
Grundsätze der Urlaubsgewährung
1.
Jeder Arbeitnehmer hat nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen in jedem Urlaubsjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.
…
3.
Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.
…
5.
Eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs ist nur zulässig, wenn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Urlaubsansprüche bestehen.
…
§ 13
Allgemeine Urlaubsbestimmungen
…
9.
Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder dass der Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte.
Konnte der Urlaub wegen Krankheit nicht genommen werden, erlischt der Urlaubsanspruch zwölf Monate nach Ablauf des Übertragungszeitraums nach Abs. 1.
§ 14
Urlaubsdauer
1.
Der Urlaub beträgt 30 Arbeitstage im Kalenderjahr.
Aufgrund des Schwerbehindertengesetzes erhalten Schwerbehinderte einen zusätzlichen Urlaub.
...“
-
§ 7 Ziff. 3 des Tarifvertrags über Altersteilzeit in der Eisen- und Stahlindustrie vom 20. Juni 2000 in der Fassung vom 20. Dezember 2004 (TV ATZ) lautet wie folgt:
-
„Während der Arbeitsphase erworbener Urlaub ist grundsätzlich während der Arbeitsphase zu nehmen, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte. In diesem Fall ist der Resturlaub im ersten Monat der Freistellungsphase abzugelten.
Urlaubsansprüche in der Freistellungsphase gelten mit der Freistellung als erfüllt.“
-
Die Beklagte gewährte dem Kläger im Jahr 2007 21 Tage Urlaub. Ab Mitte August 2007 war der Kläger über den 31. Oktober 2007 hinaus arbeitsunfähig krank. In der Entgeltabrechnung waren zunächst neun restliche Urlaubstage ausgewiesen. Bei einer persönlichen Vorsprache nach dem 31. Oktober 2007 im Lohnbüro der Beklagten wies der Kläger ohne Erfolg darauf hin, dass ihm noch ein Urlaubsabgeltungsanspruch zustünde. In der Entgeltabrechnung für den Monat November 2007 war die Anzahl der Urlaubstage auf „Null“ gesetzt. Der Kläger akzeptierte dies nach Rücksprache mit seiner Gewerkschaft zunächst. Mit Schreiben vom 8. August 2009 forderte er dann unter Hinweis auf die Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - Slg. 2009, I-179) die Abgeltung der neun Urlaubstage. Im Antwortschreiben vom 29. September 2009 lehnte die Beklagte dies ab und führte ua. aus:
-
„Das von Ihnen beschriebene Urteil bezieht sich auf den gesetzlichen Mindestanspruch, der sich in Ihrem Fall für das gesamte Jahr 2007 auf 20 Tage Urlaub und 5 Tage Schwerbehindertenurlaub beläuft. Der darüber hinausgehende übergesetzliche (tarifliche) Urlaubsanspruch von weiteren 10 Tagen ist von der Gesetzesänderung nicht betroffen und somit gemäß § 13 Ziffer 9 MTV am 31.03.2009 verfallen.
Unter Berücksichtigung Ihrer anteiligen Beschäftigung vom 01.01. - 31.10.2007 (Arbeitsphase Altersteilzeit) ergeben sich auf Basis der gesetzlichen Urlaubsansprüche 17 Tage Urlaub und 4 Tage Schwerbehindertenurlaub. Da Sie bereits 21 Tage in 2007 abgewickelt haben, besteht somit kein weiterer Abgeltungsanspruch.“
- 6
-
Der Kläger meint, ihm stehe ein Anspruch auf Abgeltung von neun Urlaubstagen aus dem Jahr 2007 zu. Für dieses Jahr hätten ihm anteilig 21 gesetzliche Urlaubstage sowie weitere neun Tage tariflicher Mehrurlaub zugestanden. Da die Beklagte keine andere Bestimmung getroffen habe, sei der tarifliche Mehrurlaub zuerst gewährt worden, sodass es sich bei den noch verbleibenden neun Urlaubstagen um gesetzlich garantierten Mindesturlaub handele. Dieser habe nicht verfallen können.
-
Der Kläger hat beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.087,38 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 8
-
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der allein verbleibende tarifliche Mehrurlaubsanspruch des Klägers aus dem Jahr 2007 sei aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen spätestens mit Ablauf des 31. März 2009 verfallen. Der Tarifvertrag enthalte eine eigenständige Urlaubsregelung. Bei den gewährten 21 Urlaubstagen habe es sich um den gesetzlichen Urlaubsanspruch gehandelt.
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die Revision der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht die beanspruchte Urlaubsabgeltung nicht zu.
- 11
-
I. Ein Anspruch des Klägers auf Abgeltung gesetzlichen Urlaubs folgt nicht aus § 7 Abs. 4 BUrlG iVm. § 3 BUrlG, § 125 Abs. 1 SGB IX. Im Hinblick auf den Wechsel in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell zum 1. November 2007 hat der Kläger seiner Klage einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von 21 Tagen zugrunde gelegt. Unstreitig gewährte die Beklagte dem Kläger im Jahr 2007 21 Tage Urlaub. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers hat die Beklagte damit nicht nur (teilweise) den tariflichen, sondern auch den gesetzlichen Urlaubsanspruch erfüllt.
- 12
-
1. Auch wenn eine tarifvertragliche Regelung eine längere Urlaubsdauer als das Bundesurlaubsgesetz vorsieht, bringt der Arbeitgeber mit der Freistellung des Arbeitnehmers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung grundsätzlich auch ohne ausdrückliche oder konkludente Tilgungsbestimmung beide Ansprüche zum Erlöschen (BAG 7. August 2012 - 9 AZR 760/10 - Rn. 11, 17). Es handelt sich typischerweise um einen einheitlichen Anspruch auf Erholungsurlaub, der auf verschiedenen Anspruchsgrundlagen beruht. § 366 BGB findet weder unmittelbar noch analog Anwendung.
- 13
-
2. Der Urlaubsanspruch aus § 14 Ziff. 1 MTV Stahl, wonach der Erholungsurlaub in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage beträgt und der gesetzliche Urlaub für schwerbehinderte Menschen zusätzlich gewährt wird, ist gegenüber dem gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub gemäß den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG, § 125 Abs. 1 SGB IX kein eigenständiger Anspruch, soweit sich die Ansprüche decken. § 14 Ziff. 1 MTV Stahl differenziert schon seinem Wortlaut nach bei der Festlegung der Höhe des Urlaubsanspruchs nicht zwischen dem gesetzlichen Mindest- und dem tariflichen Mehrurlaub. Die Vorschrift bestimmt, dass der Urlaub 30 Arbeitstage im Kalenderjahr beträgt. Dieser Urlaub soll erkennbar nicht zusätzlich zum gesetzlichen Erholungsurlaub gewährt werden, sondern schließt diesen mit ein. Aus § 14 Ziff. 1 Satz 2 MTV Stahl folgt lediglich, dass Schwerbehindertenzusatzurlaub nicht bereits in den 30 Urlaubstagen nach Satz 1 enthalten ist, sondern sich der tarifliche Gesamturlaubsanspruch bei Schwerbehinderten auf 35 Arbeitstage erhöht.
- 14
-
II. Soweit über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinaus in Bezug auf den Zeitraum bis zum Ende der Arbeitsphase des Blockmodells weitere Urlaubsansprüche gemäß § 9 des Altersteilzeitarbeitsvertrags iVm. § 14 Ziff. 1 MTV Stahl entstanden waren, steht dem Kläger ebenfalls kein Abgeltungsanspruch zu.
- 15
-
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs nach § 7 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ. Die Bestimmung sieht die Abgeltung von Resturlaub im ersten Monat der Freistellungsphase nur für die in § 7 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ benannten Fälle vor, dass während der Arbeitsphase erworbener Urlaub entweder erfolglos geltend gemacht worden ist oder aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte.
- 16
-
a) Der Kläger hat seinen Urlaub nicht im Sinne des § 7 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ erfolglos geltend gemacht. Nach der Systematik der tariflichen Regelung muss diese Geltendmachung während der Arbeitsphase erfolgen. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er über die 21 gewährten Tage hinaus während der Arbeitsphase weiteren Urlaub verlangt hatte. Dass er nach Eintritt in die Freistellungsphase Urlaubsabgeltung beanspruchte, genügte nicht, um einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ zu begründen.
- 17
-
b) Die Beklagte hat dem Kläger während der Arbeitsphase auch nicht die Inanspruchnahme von Urlaub aus betrieblichen Gründen verweigert.
- 18
-
c) Das Landesarbeitsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass § 7 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ nicht analog auf den Fall anwendbar ist, dass ein Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen den Urlaub nicht nehmen konnte. Es liegt insofern eine bewusste Regelungslücke vor, die eine tarifersetzende Lückenfüllung ausschließt (vgl. BAG 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 24 mwN, AP TVG § 1 Nr. 57 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 46; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1519). Die Tarifvertragsparteien haben eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Urlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten ist (vgl. § 12 Ziff. 5 MTV Stahl), nur für zwei konkret bezeichnete Fälle vorgesehen. Es ist davon auszugehen, dass diese Aufzählung abschließend sein soll, zumal den Tarifvertragsparteien - wie sich aus § 13 Ziff. 9 MTV Stahl ergibt - bewusst war, dass auch im Hinblick auf Urlaub, der wegen Krankheit nicht genommen werden kann, grundsätzlich ein Regelungsbedürfnis besteht.
- 19
-
2. Der Kläger hatte auch nicht mit Beendigung der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach § 7 Abs. 4 BUrlG einen Anspruch auf Abgeltung tariflichen Mehrurlaubs. Diese Vorschrift gilt auch für tarifliche Urlaubsansprüche, wenn die Tarifvertragsparteien keine abweichenden Regelungen getroffen haben (BAG 15. März 2005 - 9 AZR 143/04 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 114, 89). Sie erlaubt eine Abgeltung nicht gewährten Urlaubs nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 20. April 2012 - 9 AZR 504/10 - Rn. 12, NZA 2012, 982). Darunter ist dessen rechtliche Beendigung zu verstehen. Das ergibt sich schon aus dem Begriff „Arbeitsverhältnis”, mit dem die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenfassend bezeichnet werden und die regelmäßig durch einen Arbeitsvertrag begründet werden. Das Arbeitsverhältnis endet iSv. § 7 Abs. 4 BUrlG daher erst mit der Beendigung des Arbeitsvertrags. Ist das Arbeitsverhältnis ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis, endet es zum vereinbarten Endtermin und nicht bereits mit dem Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 196/04 - zu I 2 der Gründe mwN, AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 88; vgl. auch BAG 15. März 2005 - 9 AZR 143/04 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 114, 89; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 83 Rn. 32; aA Hanau/Veit Das neue Recht der Arbeitszeitkonten S. 34). Das Arbeitsverhältnis besteht während der Freistellungsphase fort. Zwar hat der Arbeitnehmer keine Arbeitsverpflichtung, weil er seine Leistung in der Arbeitsphase bereits erbracht hat. Der Arbeitgeber ist aber zur Entgeltleistung verpflichtet, sodass auch kein Ruhen des Arbeitsverhältnisses in der Arbeitsphase eintritt (vgl. BAG 15. März 2005 - 9 AZR 143/04 - zu II 2 a der Gründe, aaO). Auch eine analoge Anwendung von § 7 Abs. 4 BUrlG ist nicht geboten. Eine planwidrige Regelungslücke liegt nicht vor (vgl. BAG 15. März 2005 - 9 AZR 143/04 - zu II 2 c der Gründe mwN, aaO).
- 20
-
3. Auch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. April 2010 entstand kein Anspruch auf Abgeltung der neun Tage tariflichen Mehrurlaubs. Zum Zeitpunkt der Beendigung war dieser Urlaubsanspruch untergegangen, sodass er nach § 12 Ziff. 5 MTV Stahl nicht mehr abzugelten war.
- 21
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a) Es kann sowohl offenbleiben, ob während der Arbeitsphase erworbener tariflicher Urlaub nach dem Willen der Tarifvertragsparteien erlöschen soll, wenn nicht die in § 7 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ genannten Ausnahmen erfüllt sind, als auch, ob der Urlaub zwar fortbestehen, jedoch mit der Freistellung in der Freistellungsphase gemäß § 7 Ziff. 3 Abs. 2 TV ATZ als erfüllt gelten sollte.
- 22
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b) Der Urlaubsanspruch ist spätestens mit dem 31. März 2009 nach § 13 Ziff. 9 MTV Stahl erloschen. Nach Abs. 1 der Regelung erlischt der Urlaubsanspruch drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder dass der Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte. Nach § 13 Ziff. 9 Abs. 2 MTV Stahl erlischt der Urlaubsanspruch zwölf Monate nach Ablauf des Übertragungszeitraums nach Abs. 1, wenn der Urlaub wegen Krankheit nicht genommen werden konnte. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, dass das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob und gegebenenfalls wann der Kläger vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses wieder arbeitsfähig geworden ist.
- 23
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aa) Sofern der Kläger seine Arbeitsfähigkeit frühzeitig wiedererlangt haben sollte, wäre der streitgegenständliche Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2007 bereits zum 31. März 2008 untergegangen. Der Kläger hatte den Urlaub weder vor diesem Zeitpunkt iSd. § 13 Ziff. 9 Abs. 1 MTV Stahl erfolglos geltend gemacht, noch war ihm Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht gewährt worden.
- 24
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bb) Sollte die Arbeitsunfähigkeit des Klägers angedauert haben, ging sein Urlaubsanspruch spätestens am 31. März 2009 unter, auch wenn ihm die Inanspruchnahme des Urlaubs bis dahin unmöglich war. Insofern sind krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und Unerfüllbarkeit des Urlaubs in der Freistellungsphase des Blockmodells gleichzustellen (BAG 15. März 2005 - 9 AZR 143/04 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 114, 89). Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen der Auslegung des Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9; im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) festgestellt, dass der Arbeitnehmer, dessen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erloschen ist, tatsächlich die Möglichkeit gehabt haben muss, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben (EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Rn. 43, 49, Slg. 2009, I-179). Jedoch können Tarifvertragsparteien Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln(vgl. EuGH 3. Mai 2012 - C-337/10 - [Neidel] Rn. 34 ff. mwN, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 8 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 9; BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 21, BAGE 137, 328). Diese Befugnis schließt die Befristung des Mehrurlaubs ein. Im Übrigen hat der EuGH zwischenzeitlich eine Klarstellung seiner Rechtssprechung dahin gehend vorgenommen, dass Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie einer einzelstaatlichen Tarifnorm wie § 13 Ziff. 9 Abs. 2 MTV Stahl auch im Hinblick auf den Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nicht entgegensteht (EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 44, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7).
-
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
-
Brühler
Krasshöfer
Klose
Die ehrenamtliche Richterin Merte
ist infolge des Endes ihrer Amtszeit
mit Ablauf des 31. Oktober 2012
an der Unterschriftsleistung verhindert.
BrühlerFaltyn
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.
Tenor
-
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 11. Mai 2010 - 13 Sa 1991/09 - wird zurückgewiesen.
-
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über tarifliches Urlaubsgeld, den Umfang des Urlaubsanspruchs für das Jahr 2008 sowie über die Höhe des Zuschlags für am Ostersonntag 2009 geleistete Arbeit.
-
Die Beklagte ist ein Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes. Sie bewacht vor allem Kasernen und sonstige Objekte der amerikanischen Streitkräfte. Die Klägerin ist bei ihr aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 16. Juni 2003 als Sicherheitsmitarbeiterin im Wachdienst beschäftigt und in einem Objekt in G eingesetzt. Im Arbeitsvertrag heißt es ua.:
-
„§ 1Firma P GmbH ist Mitglied des Bundesverbandes deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V. Dieser Arbeitsvertrag unterliegt dem zwischen o. g. Verband und der Gewerkschaft ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Hessen für das Bundesland Hessen abgeschlossenen Tarifvertrag.
…
§ 4Der Arbeitnehmer erhält eine Vergütung von € 8,21 in der Stunde. Aufgrund der Tätigkeit wird zusätzlich eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Zulage von € 0,12 pro Stunde gezahlt. Die Zahlung weiterer Zulagen erfolgt gemäß den Bestimmungen des gültigen Landestarifvertrages.
§ 4.1 Der Arbeitnehmer erhält 34 Kalendertage Urlaub gemäß den Bestimmungen des gültigen Landestarifvertrages.
§ 4.2 Als Urlaubsgeld wird gemäß Tarifvertrag für jeden Urlaubstag € 7,50 gezahlt.
...
§ 7Auf übertarifliche Verdienstbestandteile sind tariflich festgelegte Entgelterhöhungen - unabhängig von deren Grund und Art - ganz oder teilweise anrechenbar, sofern tarifvertraglich keine andere Vereinbarung besteht.“
-
Der mit Wirkung zum 28. Juni 2003 für den Bereich des Landes Hessen für allgemeinverbindlich erklärte Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hessen vom 3. Februar 2003 (MTV 2003) regelte ua.:
-
„§ 10
Zeitzuschläge
…
6.
Für Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, auch wenn diese auf einen Sonntag fallen, sowie am Ostersonntag, Pfingstsonntag
in der Zeit von 00:00 bis 24:00 Uhr 100 % pro Stunde.
…
§ 11
Urlaubsanspruch
I.
Allgemeine Bestimmungen
1.
Jeder Arbeitnehmer hat im Kalenderjahr Anspruch auf Urlaub unter Fortzahlung seiner Bezüge. Der Urlaub wird auf der Basis von vollen Kalendertagen (00:00 bis 24:00 Uhr) gewährt. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.
…
6.
Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.
...
8.
… Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder dringende, in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. …
...
14.
Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen.
II.
Höhe des Urlaubsanspruches
1.
Der Grundurlaub für Arbeitnehmer beträgt
ab 01.01.2003
34 Kalendertage
ab 01.01.2005
35 Kalendertage.
2.
Neben dem Grundurlaub erhält jeder Arbeitnehmer nach einer Betriebszugehörigkeit von
mehr als 2 Jahren
1 Kalendertag Zusatzurlaub,
mehr als 4 Jahren
2 Kalendertage Zusatzurlaub,
mehr als 6 Jahren
4 Kalendertage Zusatzurlaub,
mehr als 8 Jahren
7 Kalendertage Zusatzurlaub.
Der Zusatzurlaub im Rahmen der o. g. Betriebszugehörigkeitsdauer wird in dem Urlaubsjahr gewährt, in dem der Arbeitnehmer seine jeweilige Betriebszugehörigkeit vollendet hat. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.
…
§ 15
Urlaubsgeld
1.
Die Arbeitnehmer erhalten in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld.
2.
Das Urlaubsgeld beträgt für jeden Urlaubstag € 7,50.
Bei finanzieller Urlaubsabgeltung entfällt die Verpflichtung zur Zahlung des Urlaubsgeldes. Diese Regelung gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum tatsächlichen Ausscheiden den Urlaub aus betriebsbedingten Gründen nicht nehmen konnte.
...
3.
Auf Wunsch des Arbeitnehmers ist das Urlaubsgeld für den beantragten Urlaubszeitraum vor Urlaubsantritt auszuzahlen.
...
§ 21
Erlöschen von Ansprüchen
1.
Alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und soweit sie mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der Gegenpartei geltend gemacht werden.
…“
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Am 1. Juli 2007 trat der bis zum 30. Juni 2009 für allgemeinverbindlich erklärte Entgelttarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hessen vom 14. Juni 2007 in Kraft (EntgeltTV 2007). Dieser Tarifvertrag enthielt im Vergleich zum Lohn- und Gehaltstarifvertrag vom 31. März 2005 höhere Stundensätze und regelte in § 7 Nr. 1 ua., dass sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beiderseits drei Monate nach Fälligkeit erlöschen, sofern sie nicht vorher unter Angabe der Gründe schriftlich geltend gemacht worden sind. Nach § 8 Abschn. II Nr. 1 des ebenfalls am 1. Juli 2007 in Kraft getretenen Manteltarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hessen vom 14. Juni 2007 (MTV 2007) beträgt der Grundurlaub nicht mehr 35, sondern nur noch 32 Kalendertage. Zusätzliche Urlaubstage werden gemäß § 8 Abschn. II Nr. 2 MTV 2007 erst nach einer im Vergleich zur Regelung in § 11 Abschn. II Nr. 2 MTV 2003 längeren Betriebszugehörigkeit gewährt. Die Zahlung von Urlaubsgeld ist im MTV 2007 nicht vorgesehen. Nach § 7 Nr. 4 MTV 2007 beträgt der Zuschlag für Arbeit am Ostersonntag nur noch 25 %. Die Ausschlussfristenregelung in § 13 MTV 2007 entspricht der in § 7 EntgeltTV 2007. Gemäß § 14 Nr. 2 MTV 2007 traten mit dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrags der MTV 2003 sowie eventuelle Anhänge oder Protokollnotizen außer Kraft. Nach der Protokollnotiz 1 zum MTV 2007 waren sich die Tarifvertragsparteien ua. einig, dass § 11 Abschn. II und § 15 MTV 2003 bis zum 31. Dezember 2007 weitergelten und § 8 Abschn. II MTV 2007 bis zum 31. Dezember 2007 keine Anwendung findet.
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Die Beklagte gewährte der Klägerin im Jahr 2008 36 Kalendertage Urlaub. Mit Schreiben vom 2. März 2009 verlangte die Klägerin erfolglos die Gewährung von drei weiteren Urlaubstagen am 22., 26. und am 27. März 2009. Für die von der Klägerin am Ostersonntag 2009 zwischen 0:00 und 6:00 Uhr geleistete Arbeit zahlte die Beklagte einen Zuschlag von 25 %.
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Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Arbeitsvertrag nenne ausdrücklich das von der Beklagten zu zahlende Urlaubsgeld sowie die Anzahl der zu gewährenden Urlaubstage, sodass ihr das beanspruchte Urlaubsgeld und die verlangte Entschädigung für drei nicht gewährte Urlaubstage zustünden. Der Arbeitsvertrag verweise statisch auf den MTV 2003, sodass der Zeitzuschlag für die von ihr am Ostersonntag 2009 geleistete Arbeit nicht 25 %, sondern 100 % betrage. Jedenfalls seien die Verweisungsklauseln im Arbeitsvertrag unklar und intransparent und benachteiligten sie unangemessen. Im Übrigen folgten ihre Ansprüche auch aus einer betrieblichen Übung. Die tariflichen Ausschlussfristen erfassten nur gegenseitige Ansprüche und hätten ihren Anspruch auf Urlaubsgeld und ihren weitergehenden Urlaubsanspruch nicht berührt, weil diese Ansprüche nicht von einer Gegenleistung abhängig gewesen seien, sondern nur das Bestehen des Arbeitsverhältnisses vorausgesetzt hätten.
-
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
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1.
an sie 292,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Mai 2009 zu zahlen,
2.
ihr weitere 298,99 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Mai 2009 zu zahlen,
3.
ihr weitere 74,67 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Mai 2009 zu zahlen.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, im Arbeitsvertrag sei die jeweils aktuelle Fassung der Tarifverträge in Bezug genommen worden. Dies zeige die Hervorhebung ihrer Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband. Die auf die Urlaubstage und das Urlaubsgeld bezogenen Angaben seien deklaratorischer Natur und gäben nur den bei Vertragsschluss aktuellen tariflichen Status quo wieder. Den von ihr beanspruchten Zuschlag iHv. 100 % für die Arbeit am Ostersonntag 2009 habe die Klägerin falsch berechnet. Im Übrigen stehe dieser nach § 7 Nr. 4 MTV 2007 nur noch der gezahlte Sonntagszuschlag iHv. 25 % zu.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der im Tenor des Berufungsurteils zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
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I. Soweit die Klägerin meint, die Beklagte hätte ihr für das Jahr 2008 nicht nur 36, sondern 39 Kalendertage Urlaub gewähren müssen, und sie für die nicht gewährten drei Urlaubstage eine Entschädigung iHv. 298,99 Euro brutto verlangt, fehlt für diesen Zahlungsanspruch eine Anspruchsgrundlage, sodass dahinstehen kann, wie viele Urlaubstage der Klägerin im Jahr 2008 zustanden.
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1. § 7 Abs. 4 BUrlG erlaubt eine Abgeltung nicht gewährten Urlaubs nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. § 11 Abschn. I Nr. 6 MTV 2003 regelte - insoweit wortgleich mit § 8 Abschn. I Nr. 6 MTV 2007 - nichts anderes. Hat der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um ( BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 24, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Der Arbeitgeber schuldet nach § 251 BGB nur dann Schadensersatz in Geld, wenn die Gewährung von Ersatzurlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmöglich geworden ist(st. Rspr., vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 24, 40 mwN, aaO). Das Landesarbeitsgericht hat die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht festgestellt. Die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass das Arbeitsverhältnis beendet sei.
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2. Zudem wäre ein im Jahr 2008 entstandener und bis zum 31. Dezember 2008 nicht erfüllter Urlaubsanspruch mit Ablauf des Urlaubsjahres nach § 11 Abschn. I Nr. 8 Satz 3 und Nr. 14 MTV 2003 iVm. § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen. Die Klägerin hat keinen Grund für die Übertragung des Urlaubs auf das Kalenderjahr 2009 dargelegt.
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II. Der Klägerin steht auch das beanspruchte Urlaubsgeld iHv. 292,50 Euro brutto nicht zu. Die Klage ist insoweit nicht schlüssig.
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1. Soweit die Klägerin Urlaubsgeld für die nach ihrem eigenen Vortrag im Jahr 2008 gewährten 36 Urlaubstage begehrt, stehen diesem Anspruch bereits die tariflichen Ausschlussfristen entgegen.
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a) Das Urlaubsgeld wurde von den tariflichen Ausschlussfristen erfasst. Dies galt sowohl für die Ausschlussfrist des § 21 Nr. 1 MTV 2003 als auch für die Ausschlussfrist des § 7 Nr. 1 EntgeltTV 2007. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Anwendungsbereich dieser Regelungen nicht auf synallagmatische Ansprüche begrenzt. Die tariflichen Ausschlussfristen sollen gleichermaßen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten. Allein zur sprachlichen Vereinfachung und Verkürzung und im Interesse der Übersichtlichkeit haben die Tarifvertragsparteien die Begriffe „gegenseitig“ und „Gegenpartei“ verwandt. Gegenseitig ist nach dem allgemeinen Sprachverständnis nur ein anderes Wort für „wechselseitig, beiderseitig“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort „gegenseitig“). Der juristische Sprachgebrauch unterscheidet sich hiervon zwar insoweit, als unter „gegenseitigen Ansprüchen“ üblicherweise Ansprüche verstanden werden, die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Eine solche Beschränkung der Klauseln auf synallagmatische Ansprüche ist aber ersichtlich von den Tarifvertragsparteien nicht gemeint. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese den Arbeitsvertragsparteien des Wach- und Sicherheitsgewerbes jeweils die Prüfung des Vorliegens von synallagmatischen Pflichten zumuten wollten. Ein anderes Verständnis wäre auch nicht mit dem Zweck von Ausschlussfristen vereinbar, im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit streitige Ansprüche möglichst zeitnah zu klären (vgl. BAG 18. März 2003 - 9 AZR 44/02 - zu I 2 f bb (1) der Gründe, AP BGB § 157 Nr. 28).
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b) Selbst bei Zugrundelegung einer dreimonatigen Verfallfrist ist nicht erkennbar, dass die Klägerin etwaige Ansprüche auf Zahlung von Urlaubsgeld rechtzeitig schriftlich geltend gemacht hat.
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aa) Zum schlüssigen Vortrag der Begründetheit einer Klageforderung, die tariflichen Ausschlussfristen unterliegt, gehört die Darlegung der fristgerechten Geltendmachung. Unterbleibt dieser Vortrag, ist die Klage unschlüssig (BAG 22. Januar 2006 - 9 AZR 416/07 - Rn. 23 mwN, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 191 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 190). Die Einhaltung der tariflichen Ausschlussfristen durch rechtzeitige Geltendmachung ist eine materiell-rechtliche Voraussetzung für den Fortbestand des behaupteten Anspruchs (BAG 22. Januar 2006 - 9 AZR 416/07 - aaO). Nicht erforderlich ist es, dass sich der Prozessgegner auf die Verfallfristen beruft (Schaub/Treber ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 209 Rn. 67).
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bb) Die Klägerin hat nicht dargelegt, wann sie im Jahr 2008 Urlaub hatte und damit ihre Urlaubsgeldansprüche fällig wurden. Das Urlaubsgeld nach § 15 MTV 2003 ist eine urlaubsakzessorische Sonderzahlung(vgl. zur Abgrenzung: BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 522/09 - Rn. 23 f., AP BUrlG § 11 Nr. 69; 19. Mai 2009 - 9 AZR 477/07 - Rn. 15 ff. mwN, DB 2009, 2051). Dies folgt insbesondere aus § 15 Nr. 3 MTV 2003, wonach das Urlaubsgeld für den beantragten Urlaubszeitraum auf Wunsch des Arbeitnehmers vor Urlaubsantritt auszuzahlen ist. Aus der Formulierung „Urlaubsgeld für den beantragten Urlaubszeitraum“ folgt, dass es sich nicht um eine jährliche Sonderzahlung, sondern um einen Anspruch handelt, der von der konkreten Inanspruchnahme von Urlaub für einen bestimmten Zeitraum abhängig sein soll. Es kommt hinzu, dass die Klägerin keine Angaben dazu gemacht hat, zu welchem Zeitpunkt der Beklagten vor der Zustellung der Klage am 8. Juni 2009 eine schriftliche Geltendmachung des Urlaubsgelds zugegangen ist.
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2. Soweit die Klägerin für drei weitere nicht gewährte Urlaubstage Urlaubsgeld beansprucht, würde im Übrigen ein etwa entstandener Urlaubsgeldanspruch aufgrund seiner Akzessorietät das Schicksal des Urlaubsanspruchs teilen. Mangels eines Grundes für die Übertragung des Urlaubs wäre auch der Urlaubsgeldanspruch am 31. Dezember 2008 verfallen. Darüber hinaus stünde einem Anspruch der Klägerin auf Urlaubsgeld selbst bei einem Fortbestand des Urlaubsanspruchs aufgrund der Akzessorietät des Urlaubsgeldanspruchs die fehlende Fälligkeit entgegen, solange die Klägerin den Urlaub nicht verlangt bzw. die Beklagte den Urlaub nicht gewährt hat.
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III. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Zuschlags iHv. 74,67 Euro brutto für ihre Arbeitsleistung am Ostersonntag 2009. Darüber, dass die Beklagte den Zuschlag auf der Grundlage des § 7 Nr. 4 MTV 2007 ordnungsgemäß berechnet und ausbezahlt hat, besteht kein Streit. Ein Anspruch der Klägerin auf einen höheren Zuschlag folgt nicht aus § 10 Nr. 6 MTV 2003. Diese Tarifnorm fand im Jahr 2009 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.
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1. Die Parteien haben arbeitsvertraglich die Geltung der jeweils gültigen Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im Land Hessen vereinbart. Der Zuschlag für die am Ostersonntag 2009 geleistete Arbeit richtete sich deshalb nach § 7 Nr. 4 MTV 2007.
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a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass es sich bei der Regelung in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags um eine umfassende zeitdynamische Verweisungsklausel auf alle im Bereich des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Hessen jeweils geltenden Tarifverträge handelt.
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aa) Nach den von der Klägerin nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei den arbeitsvertraglichen Abreden um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Als solche unterliegt ihre Auslegung durch das Berufungsgericht einer vollen revisionsrechtlichen Überprüfung (st. Rspr., vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 18, DB 2011, 2783). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (vgl. für die st. Rspr.: BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 45, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden, nicht rechtskundigen Vertragspartners. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 24, EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3; 27. Juli 2010 - 3 AZR 777/08 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 48; 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51).
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bb) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ergibt die Auslegung der Verweisungsklausel des § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags, dass es sich entgegen der Ansicht der Revision um eine(konstitutive) zeitdynamische Bezugnahme handelt.
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(1) Der Wortlaut des § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags enthält keine Anhaltspunkte für eine statische Verweisung in dem Sinne, dass ein bestimmter Tarifvertrag in einer bestimmten Fassung gelten soll. Entgegen der Auffassung der Revision reicht zur Annahme einer statischen Verweisung nicht das Fehlen des Zusatzes „in seiner jeweiligen Fassung“ aus. In § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags wird kein bestimmter Tarifvertrag konkret nach Datum und Gegenstand eindeutig bezeichnet. Dies wäre jedoch typisch für eine statische Verweisung (vgl. BAG 19. September 2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 22 mwN, AP BGB § 133 Nr. 54 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 36). Der Wortlaut des Vertrags enthält auch sonst keine Anhaltspunkte für eine statische Verweisung. Das in Bezug genommene Tarifwerk wird nur allgemein als abgeschlossener Tarifvertrag bezeichnet. Allein aus dem Umstand, dass der Arbeitsvertrag von „dem … Tarifvertrag“ spricht, lässt sich nicht der Wille entnehmen, ausschließlich dem bei Vertragsabschluss aktuellen Tarifvertrag Geltung zu verschaffen (BAG 27. Februar 2002 - 9 AZR 562/00 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 100, 339).
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(2) Eine konstitutive dynamische Verweisung ergibt sich aus der Zusammenschau von § 1 Satz 1 und Satz 2 des Arbeitsvertrags. In § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags wird zunächst die Mitgliedschaft der Beklagten im Bundesverband deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V. hervorgehoben. Anschließend regelt Satz 2, dass der Arbeitsvertrag dem von diesem Arbeitgeberverband abgeschlossenen Tarifvertrag unterliegt. Aus der Sicht eines durchschnittlichen Arbeitnehmers wird daraus deutlich, dass die Bezugnahme bezweckt, das Arbeitsverhältnis unabhängig von einer Tarifbindung des Arbeitnehmers nach den für den für die tarifgebundene Beklagte verbindlichen tariflichen Regelungen abzuwickeln. Die Klausel dient damit dem Interesse der Beklagten an einer Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen. Dazu gehört auch, zukünftige tarifliche Entwicklungen in den Arbeitsverhältnissen nicht tarifgebundener Arbeitnehmer nachzuvollziehen. Diesen typischen Zweck einer einzelvertraglichen Inbezugnahme erfüllt nur eine dynamische Verweisung. Eine statische Verweisung würde das Ziel einheitlicher Arbeitsbedingungen dagegen verfehlen. Die Beklagte müsste bei jeder Tarifänderung versuchen, die mit nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern abgeschlossenen Arbeitsverträge zu ändern.
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(3) Die Einbeziehung der weiteren Klauseln des Vertragstexts in eine Gesamtschau führt entgegen der Auffassung der Revision aus der Sicht eines durchschnittlichen Arbeitnehmers zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr muss ein verständiger Arbeitnehmer diese - soweit sie keine vom Tarifvertrag abweichenden Regelungen enthalten - als informatorische Wiedergabe des im Zeitpunkt des Vertragsschlusses aktuellen Tarifstands verstehen. Die allgemeine Bezugnahme ist den nachfolgenden einzelnen Regelungen des Vertragsinhalts vorangestellt und enthält keinerlei Einschränkung dahingehend, dass die Bezugnahme nur dann gelten soll, wenn im Arbeitsvertrag nichts anderes geregelt ist. Zudem verweisen auch die nachfolgenden Vertragsregelungen in Bezug auf Vergütung (§ 4), Urlaub (§ 4.1), Urlaubsgeld (§ 4.2), Jahressonderzahlung (§ 4.3), vermögenswirksame Leistungen (§ 6)und Entgeltfortzahlung (§ 8) selbst nochmals ohne Angabe einer bestimmten Fassung auf den Tarifvertrag. Den dabei verwandten verschiedenen Begriffen, wie „Bestimmungen des gültigen Landestarifvertrags“, „gemäß Tarifvertrag“ und „gemäß den Vorgaben des gültigen Manteltarifvertrags“, kommt keine eigenständige Bedeutung zu.
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(4) Die Regelung in § 7 des Arbeitsvertrags bestätigt aus der Sicht eines verständigen durchschnittlichen Arbeitnehmers die Dynamik der globalen Bezugnahme. Danach sind auf übertarifliche Verdienstbestandteile tariflich festgelegte Entgelterhöhungen - unabhängig von deren Grund und Art - ganz oder teilweise anrechenbar, sofern tarifvertraglich keine andere Vereinbarung besteht. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass diese Regelung nur Sinn macht, wenn auf den Arbeitsvertrag auch spätere Tarifänderungen einwirken sollen.
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(5) Der Annahme einer zeitdynamischen konstitutiven Bezugnahme steht nicht entgegen, dass bei Abschluss des Arbeitsvertrags am 16. Juni 2003 sowohl der MTV 2003 als auch der Lohn- und Gehaltstarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hessen vom 6. Juni 2002 bereits kraft Allgemeinverbindlichkeit gemäß § 5 Abs. 4 TVG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung fanden. Insoweit gilt dasselbe, was bei einer Verweisung auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifverträge bei beiderseitiger Tarifgebundenheit iSd. § 4 Abs. 1 TVG gelten würde. In beiden Fällen finden die tariflichen Arbeitsbedingungen im Umfang der Inbezugnahme auf doppelter Grundlage Anwendung. Was von beiden Vertragsteilen zum Gegenstand ihrer korrespondierenden unbedingten rechtsgeschäftlichen Erklärungen gemacht worden ist, kann nicht deshalb unwirksam werden, weil die gleiche Rechtsfolge (zufällig) auch durch eine unmittelbar zu beachtende Normenordnung statuiert wird (vgl. BAG 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn. 31 mwN, BAGE 116, 366 ).
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cc) Angesichts dieses eindeutigen Auslegungsergebnisses anhand der allgemeinen Auslegungskriterien ist für einen Rückgriff auf die von der Rechtsprechung unter Berücksichtigung von § 305c Abs. 2 BGB entwickelte Zweifelsfallregelung kein Raum, nach der regelmäßig von einer zeitdynamischen Verweisung auf Tarifverträge auszugehen ist(vgl. BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 22, BAGE 116, 185; unabhängig von § 305c BGB bereits: BAG 20. März 1991 - 4 AZR 455/90 - zu B II 1 b der Gründe, BAGE 67, 330). Für eine Anwendbarkeit des § 305c Abs. 2 BGB bedarf es „erheblicher Zweifel“ an der richtigen Auslegung(st. Rspr., vgl. BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 29, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 53). Da solche Zweifel nicht bestehen, kann offenbleiben, ob die Unklarheitenregel auf arbeitsvertragliche Klauseln, die auf ein Tarifwerk Bezug nehmen, überhaupt anwendbar wäre oder die Anwendung daran scheiterte, dass die Frage der Günstigkeit für den Arbeitnehmer nicht abstrakt und unabhängig von der jeweiligen Fallkonstellation beantwortet werden kann (vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 27, BAGE 128, 73).
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b) Mit dem durch Auslegung ermittelten Inhalt hält die Bezugnahmeklausel auch einer Inhaltskontrolle anhand des § 307 BGB stand. Dieser Kontrolle sind auch formularmäßig verwendete Klauseln in Arbeitsverträgen zu unterziehen, die auf einen Tarifvertrag Bezug nehmen (vgl. dazu BAG 3. April 2007 - 9 AZR 283/06 - Rn. 52 mwN, BAGE 122, 33). Insbesondere wird die Inbezugnahme den Anforderungen des Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gerecht. Arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf andere Regelwerke entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik. Die Dynamisierung dient wegen des Zukunftsbezugs des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis den Interessen beider Seiten. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung einbezogenen Regelungen sind hinreichend bestimmbar (vgl. BAG 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - Rn. 78, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21; 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 28 f., BAGE 122, 12). Die Klausel im Arbeitsvertrag der Parteien legt nicht nur fest, von welchen Tarifvertragsparteien die in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen sein müssen, sondern darüber hinaus auch, für welchen räumlichen Geltungsbereich die Tarifverträge vereinbart sein müssen.
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c) Der Geltung des § 7 MTV 2007 steht letztlich auch nicht entgegen, dass durch ihn der Zuschlag für die Arbeit am Ostersonntag im Vergleich zur Regelung in § 10 MTV 2003 herabgesetzt wurde. Zwar sind die Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich vor schlechterdings nicht voraussehbaren oder billigerweise nicht zu erwartenden Klauseln zu schützen (vgl. BAG 27. Februar 2002 - 9 AZR 562/00 - zu B II 1 c der Gründe, BAGE 100, 339; 28. Juni 2001 - 6 AZR 114/00 - zu C der Gründe, BAGE 98, 175). Diese Grenze ist freilich nicht schon dann erreicht, wenn Tarifverträge Leistungen zulasten der Arbeitnehmer verringern. Die Verminderung eines Zuschlags im Rahmen von Tarifverhandlungen ist vorhersehbar und von Arbeitnehmern, die eine dynamische Bezugnahme arbeitsvertraglich vereinbart haben, billigerweise hinzunehmen.
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2. Die Zuschlagsregelung des § 10 MTV 2003 wirkte für das Arbeitsverhältnis der Parteien im April 2009 auch nicht gemäß § 4 Abs. 5 TVG nach. Die Allgemeinverbindlichkeit des MTV 2003 endete mit der Ablösung des MTV 2003 durch den MTV 2007, auch wenn Letzterer nicht für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Nach § 5 Abs. 5 Satz 3 TVG endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf. Damit ist jede Beendigung des Tarifvertrags gemeint, gleich wodurch sie eintritt (BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 19, BAGE 120, 84). Die Tarifvertragsparteien vereinbarten in § 14 Nr. 2 MTV 2007 ausdrücklich, dass der MTV 2003 außer Kraft tritt und schufen in der Protokollnotiz lediglich für einzelne Bestimmungen Übergangsregelungen. Allerdings gilt für nicht an den neuen Tarifvertrag gebundene Arbeitsvertragsparteien der allgemeinverbindliche Tarifvertrag unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 TVG weiter(BAG 27. November 1991 - 4 AZR 211/91 - zu A 2 der Gründe, BAGE 69, 119). Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Die zwischen den Parteien vereinbarte dynamische Bezugnahmeklausel stellt eine andere Abmachung iSd. § 4 Abs. 5 TVG mit der Folge dar, dass eine Nachwirkung des § 10 MTV 2003 ausgeschlossen ist(vgl. BAG 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn. 21 ff., BAGE 116, 366).
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3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung eines höheren Zuschlags für die Arbeit am Ostersonntag 2009 aus betrieblicher Übung. Wenn die Klägerin geltend macht, die Beklagte habe von 2003 bis 2007 Leistungen nach dem MTV 2003 erbracht, so durfte die Klägerin dieses Verhalten der Beklagten nicht dahingehend verstehen, die Leistungen würden auch zukünftig unverändert erbracht (vgl. BAG 20. Juni 2007 - 10 AZR 410/06 - Rn. 23 mwN, NZA 2007, 1293). Die Beklagte hat im fraglichen Zeitraum nur ihre sich aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel und der Allgemeinverbindlicherklärung folgenden Pflichten erfüllt.
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IV. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
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Brühler
Krasshöfer
Klose
D. Wege
Starke
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.
Tenor
-
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. Dezember 2010 - 16 Sa 1209/10 - aufgehoben.
-
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 11. Juni 2010 - 1 Ca 194/10 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
-
3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Abgeltung von neun Urlaubstagen aus dem Jahr 2007.
-
Der am 15. April 1950 geborene Kläger war ab dem 4. August 1975 bei der Beklagten als Energieanlagenelektroniker beschäftigt. Er ist seit 1996 als schwerbehindert anerkannt. Für den Zeitraum vom 1. Mai 2005 bis zum 30. April 2010 begründeten die Parteien ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell mit einer Arbeitsphase bis zum 31. Oktober 2007. Der Altersteilzeitarbeitsvertrag zwischen den Parteien vom 22. Dezember 2003 lautet auszugsweise:
-
„…
wird - wie am 22.12.2003 eingehend besprochen - auf Grundlage des Tarifvertrags über Altersteilzeit vom 20.06.2000, der Rahmenkonzernbetriebsvereinbarung zur Einführung von Altersteilzeit vom 07.03.2000 und der Gesamtbetriebsvereinbarung zur Einführung der Altersteilzeit vom 02.01.2002 - wobei die jeweils aktuellen Fassungen der vorgenannten Regelungen zugrunde gelegt werden - folgende Vereinbarung zur Altersteilzeit geschlossen:
…
§ 9
Urlaubsanspruch
Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers richtet sich nach den tariflichen und betrieblichen Regelungen. Im Jahr des Wechsels von der Arbeits- in die Freistellungsphase besteht der Urlaubsanspruch anteilig.
Während der Arbeitsphase erworbener Urlaub ist grundsätzlich während der Arbeitsphase zu nehmen, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte. In diesem Fall ist der Resturlaub im ersten Monat der Freistellungsphase abzugelten.
Während der Freistellung gelten die jeweiligen Urlaubsansprüche durch die Freistellung als erfüllt.“
-
Im Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen- und Stahlindustrie von ua. Nordrhein-Westfalen vom 15. März 1989 in der Fassung vom 20. Juni 2000 (MTV Stahl), der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund beiderseitiger Tarifbindung Anwendung fand, heißt es ua.:
-
„§ 12
Grundsätze der Urlaubsgewährung
1.
Jeder Arbeitnehmer hat nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen in jedem Urlaubsjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.
…
3.
Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.
…
5.
Eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs ist nur zulässig, wenn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Urlaubsansprüche bestehen.
…
§ 13
Allgemeine Urlaubsbestimmungen
…
9.
Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder dass der Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte.
Konnte der Urlaub wegen Krankheit nicht genommen werden, erlischt der Urlaubsanspruch zwölf Monate nach Ablauf des Übertragungszeitraums nach Abs. 1.
§ 14
Urlaubsdauer
1.
Der Urlaub beträgt 30 Arbeitstage im Kalenderjahr.
Aufgrund des Schwerbehindertengesetzes erhalten Schwerbehinderte einen zusätzlichen Urlaub.
...“
-
§ 7 Ziff. 3 des Tarifvertrags über Altersteilzeit in der Eisen- und Stahlindustrie vom 20. Juni 2000 in der Fassung vom 20. Dezember 2004 (TV ATZ) lautet wie folgt:
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„Während der Arbeitsphase erworbener Urlaub ist grundsätzlich während der Arbeitsphase zu nehmen, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte. In diesem Fall ist der Resturlaub im ersten Monat der Freistellungsphase abzugelten.
Urlaubsansprüche in der Freistellungsphase gelten mit der Freistellung als erfüllt.“
-
Die Beklagte gewährte dem Kläger im Jahr 2007 21 Tage Urlaub. Ab Mitte August 2007 war der Kläger über den 31. Oktober 2007 hinaus arbeitsunfähig krank. In der Entgeltabrechnung waren zunächst neun restliche Urlaubstage ausgewiesen. Bei einer persönlichen Vorsprache nach dem 31. Oktober 2007 im Lohnbüro der Beklagten wies der Kläger ohne Erfolg darauf hin, dass ihm noch ein Urlaubsabgeltungsanspruch zustünde. In der Entgeltabrechnung für den Monat November 2007 war die Anzahl der Urlaubstage auf „Null“ gesetzt. Der Kläger akzeptierte dies nach Rücksprache mit seiner Gewerkschaft zunächst. Mit Schreiben vom 8. August 2009 forderte er dann unter Hinweis auf die Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - Slg. 2009, I-179) die Abgeltung der neun Urlaubstage. Im Antwortschreiben vom 29. September 2009 lehnte die Beklagte dies ab und führte ua. aus:
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„Das von Ihnen beschriebene Urteil bezieht sich auf den gesetzlichen Mindestanspruch, der sich in Ihrem Fall für das gesamte Jahr 2007 auf 20 Tage Urlaub und 5 Tage Schwerbehindertenurlaub beläuft. Der darüber hinausgehende übergesetzliche (tarifliche) Urlaubsanspruch von weiteren 10 Tagen ist von der Gesetzesänderung nicht betroffen und somit gemäß § 13 Ziffer 9 MTV am 31.03.2009 verfallen.
Unter Berücksichtigung Ihrer anteiligen Beschäftigung vom 01.01. - 31.10.2007 (Arbeitsphase Altersteilzeit) ergeben sich auf Basis der gesetzlichen Urlaubsansprüche 17 Tage Urlaub und 4 Tage Schwerbehindertenurlaub. Da Sie bereits 21 Tage in 2007 abgewickelt haben, besteht somit kein weiterer Abgeltungsanspruch.“
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Der Kläger meint, ihm stehe ein Anspruch auf Abgeltung von neun Urlaubstagen aus dem Jahr 2007 zu. Für dieses Jahr hätten ihm anteilig 21 gesetzliche Urlaubstage sowie weitere neun Tage tariflicher Mehrurlaub zugestanden. Da die Beklagte keine andere Bestimmung getroffen habe, sei der tarifliche Mehrurlaub zuerst gewährt worden, sodass es sich bei den noch verbleibenden neun Urlaubstagen um gesetzlich garantierten Mindesturlaub handele. Dieser habe nicht verfallen können.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.087,38 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der allein verbleibende tarifliche Mehrurlaubsanspruch des Klägers aus dem Jahr 2007 sei aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen spätestens mit Ablauf des 31. März 2009 verfallen. Der Tarifvertrag enthalte eine eigenständige Urlaubsregelung. Bei den gewährten 21 Urlaubstagen habe es sich um den gesetzlichen Urlaubsanspruch gehandelt.
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht die beanspruchte Urlaubsabgeltung nicht zu.
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I. Ein Anspruch des Klägers auf Abgeltung gesetzlichen Urlaubs folgt nicht aus § 7 Abs. 4 BUrlG iVm. § 3 BUrlG, § 125 Abs. 1 SGB IX. Im Hinblick auf den Wechsel in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell zum 1. November 2007 hat der Kläger seiner Klage einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von 21 Tagen zugrunde gelegt. Unstreitig gewährte die Beklagte dem Kläger im Jahr 2007 21 Tage Urlaub. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers hat die Beklagte damit nicht nur (teilweise) den tariflichen, sondern auch den gesetzlichen Urlaubsanspruch erfüllt.
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1. Auch wenn eine tarifvertragliche Regelung eine längere Urlaubsdauer als das Bundesurlaubsgesetz vorsieht, bringt der Arbeitgeber mit der Freistellung des Arbeitnehmers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung grundsätzlich auch ohne ausdrückliche oder konkludente Tilgungsbestimmung beide Ansprüche zum Erlöschen (BAG 7. August 2012 - 9 AZR 760/10 - Rn. 11, 17). Es handelt sich typischerweise um einen einheitlichen Anspruch auf Erholungsurlaub, der auf verschiedenen Anspruchsgrundlagen beruht. § 366 BGB findet weder unmittelbar noch analog Anwendung.
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2. Der Urlaubsanspruch aus § 14 Ziff. 1 MTV Stahl, wonach der Erholungsurlaub in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage beträgt und der gesetzliche Urlaub für schwerbehinderte Menschen zusätzlich gewährt wird, ist gegenüber dem gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub gemäß den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG, § 125 Abs. 1 SGB IX kein eigenständiger Anspruch, soweit sich die Ansprüche decken. § 14 Ziff. 1 MTV Stahl differenziert schon seinem Wortlaut nach bei der Festlegung der Höhe des Urlaubsanspruchs nicht zwischen dem gesetzlichen Mindest- und dem tariflichen Mehrurlaub. Die Vorschrift bestimmt, dass der Urlaub 30 Arbeitstage im Kalenderjahr beträgt. Dieser Urlaub soll erkennbar nicht zusätzlich zum gesetzlichen Erholungsurlaub gewährt werden, sondern schließt diesen mit ein. Aus § 14 Ziff. 1 Satz 2 MTV Stahl folgt lediglich, dass Schwerbehindertenzusatzurlaub nicht bereits in den 30 Urlaubstagen nach Satz 1 enthalten ist, sondern sich der tarifliche Gesamturlaubsanspruch bei Schwerbehinderten auf 35 Arbeitstage erhöht.
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II. Soweit über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinaus in Bezug auf den Zeitraum bis zum Ende der Arbeitsphase des Blockmodells weitere Urlaubsansprüche gemäß § 9 des Altersteilzeitarbeitsvertrags iVm. § 14 Ziff. 1 MTV Stahl entstanden waren, steht dem Kläger ebenfalls kein Abgeltungsanspruch zu.
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1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs nach § 7 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ. Die Bestimmung sieht die Abgeltung von Resturlaub im ersten Monat der Freistellungsphase nur für die in § 7 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ benannten Fälle vor, dass während der Arbeitsphase erworbener Urlaub entweder erfolglos geltend gemacht worden ist oder aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte.
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a) Der Kläger hat seinen Urlaub nicht im Sinne des § 7 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ erfolglos geltend gemacht. Nach der Systematik der tariflichen Regelung muss diese Geltendmachung während der Arbeitsphase erfolgen. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er über die 21 gewährten Tage hinaus während der Arbeitsphase weiteren Urlaub verlangt hatte. Dass er nach Eintritt in die Freistellungsphase Urlaubsabgeltung beanspruchte, genügte nicht, um einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ zu begründen.
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b) Die Beklagte hat dem Kläger während der Arbeitsphase auch nicht die Inanspruchnahme von Urlaub aus betrieblichen Gründen verweigert.
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c) Das Landesarbeitsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass § 7 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ nicht analog auf den Fall anwendbar ist, dass ein Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen den Urlaub nicht nehmen konnte. Es liegt insofern eine bewusste Regelungslücke vor, die eine tarifersetzende Lückenfüllung ausschließt (vgl. BAG 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 24 mwN, AP TVG § 1 Nr. 57 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 46; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1519). Die Tarifvertragsparteien haben eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Urlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten ist (vgl. § 12 Ziff. 5 MTV Stahl), nur für zwei konkret bezeichnete Fälle vorgesehen. Es ist davon auszugehen, dass diese Aufzählung abschließend sein soll, zumal den Tarifvertragsparteien - wie sich aus § 13 Ziff. 9 MTV Stahl ergibt - bewusst war, dass auch im Hinblick auf Urlaub, der wegen Krankheit nicht genommen werden kann, grundsätzlich ein Regelungsbedürfnis besteht.
- 19
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2. Der Kläger hatte auch nicht mit Beendigung der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach § 7 Abs. 4 BUrlG einen Anspruch auf Abgeltung tariflichen Mehrurlaubs. Diese Vorschrift gilt auch für tarifliche Urlaubsansprüche, wenn die Tarifvertragsparteien keine abweichenden Regelungen getroffen haben (BAG 15. März 2005 - 9 AZR 143/04 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 114, 89). Sie erlaubt eine Abgeltung nicht gewährten Urlaubs nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 20. April 2012 - 9 AZR 504/10 - Rn. 12, NZA 2012, 982). Darunter ist dessen rechtliche Beendigung zu verstehen. Das ergibt sich schon aus dem Begriff „Arbeitsverhältnis”, mit dem die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenfassend bezeichnet werden und die regelmäßig durch einen Arbeitsvertrag begründet werden. Das Arbeitsverhältnis endet iSv. § 7 Abs. 4 BUrlG daher erst mit der Beendigung des Arbeitsvertrags. Ist das Arbeitsverhältnis ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis, endet es zum vereinbarten Endtermin und nicht bereits mit dem Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 196/04 - zu I 2 der Gründe mwN, AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 88; vgl. auch BAG 15. März 2005 - 9 AZR 143/04 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 114, 89; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 83 Rn. 32; aA Hanau/Veit Das neue Recht der Arbeitszeitkonten S. 34). Das Arbeitsverhältnis besteht während der Freistellungsphase fort. Zwar hat der Arbeitnehmer keine Arbeitsverpflichtung, weil er seine Leistung in der Arbeitsphase bereits erbracht hat. Der Arbeitgeber ist aber zur Entgeltleistung verpflichtet, sodass auch kein Ruhen des Arbeitsverhältnisses in der Arbeitsphase eintritt (vgl. BAG 15. März 2005 - 9 AZR 143/04 - zu II 2 a der Gründe, aaO). Auch eine analoge Anwendung von § 7 Abs. 4 BUrlG ist nicht geboten. Eine planwidrige Regelungslücke liegt nicht vor (vgl. BAG 15. März 2005 - 9 AZR 143/04 - zu II 2 c der Gründe mwN, aaO).
- 20
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3. Auch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. April 2010 entstand kein Anspruch auf Abgeltung der neun Tage tariflichen Mehrurlaubs. Zum Zeitpunkt der Beendigung war dieser Urlaubsanspruch untergegangen, sodass er nach § 12 Ziff. 5 MTV Stahl nicht mehr abzugelten war.
- 21
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a) Es kann sowohl offenbleiben, ob während der Arbeitsphase erworbener tariflicher Urlaub nach dem Willen der Tarifvertragsparteien erlöschen soll, wenn nicht die in § 7 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ genannten Ausnahmen erfüllt sind, als auch, ob der Urlaub zwar fortbestehen, jedoch mit der Freistellung in der Freistellungsphase gemäß § 7 Ziff. 3 Abs. 2 TV ATZ als erfüllt gelten sollte.
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b) Der Urlaubsanspruch ist spätestens mit dem 31. März 2009 nach § 13 Ziff. 9 MTV Stahl erloschen. Nach Abs. 1 der Regelung erlischt der Urlaubsanspruch drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder dass der Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte. Nach § 13 Ziff. 9 Abs. 2 MTV Stahl erlischt der Urlaubsanspruch zwölf Monate nach Ablauf des Übertragungszeitraums nach Abs. 1, wenn der Urlaub wegen Krankheit nicht genommen werden konnte. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, dass das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob und gegebenenfalls wann der Kläger vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses wieder arbeitsfähig geworden ist.
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aa) Sofern der Kläger seine Arbeitsfähigkeit frühzeitig wiedererlangt haben sollte, wäre der streitgegenständliche Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2007 bereits zum 31. März 2008 untergegangen. Der Kläger hatte den Urlaub weder vor diesem Zeitpunkt iSd. § 13 Ziff. 9 Abs. 1 MTV Stahl erfolglos geltend gemacht, noch war ihm Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht gewährt worden.
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bb) Sollte die Arbeitsunfähigkeit des Klägers angedauert haben, ging sein Urlaubsanspruch spätestens am 31. März 2009 unter, auch wenn ihm die Inanspruchnahme des Urlaubs bis dahin unmöglich war. Insofern sind krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und Unerfüllbarkeit des Urlaubs in der Freistellungsphase des Blockmodells gleichzustellen (BAG 15. März 2005 - 9 AZR 143/04 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 114, 89). Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen der Auslegung des Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9; im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) festgestellt, dass der Arbeitnehmer, dessen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erloschen ist, tatsächlich die Möglichkeit gehabt haben muss, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben (EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Rn. 43, 49, Slg. 2009, I-179). Jedoch können Tarifvertragsparteien Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln(vgl. EuGH 3. Mai 2012 - C-337/10 - [Neidel] Rn. 34 ff. mwN, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 8 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 9; BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 21, BAGE 137, 328). Diese Befugnis schließt die Befristung des Mehrurlaubs ein. Im Übrigen hat der EuGH zwischenzeitlich eine Klarstellung seiner Rechtssprechung dahin gehend vorgenommen, dass Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie einer einzelstaatlichen Tarifnorm wie § 13 Ziff. 9 Abs. 2 MTV Stahl auch im Hinblick auf den Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nicht entgegensteht (EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 44, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7).
-
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
-
Brühler
Krasshöfer
Klose
Die ehrenamtliche Richterin Merte
ist infolge des Endes ihrer Amtszeit
mit Ablauf des 31. Oktober 2012
an der Unterschriftsleistung verhindert.
BrühlerFaltyn
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.
Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.
(1) Radioaktive Stoffe (Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe) im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stoffe, die ein Radionuklid oder mehrere Radionuklide enthalten und deren Aktivität oder spezifische Aktivität im Zusammenhang mit der Kernenergie oder dem Strahlenschutz nach den Regelungen dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung nicht außer Acht gelassen werden kann. Kernbrennstoffe sind besondere spaltbare Stoffe in Form von
- 1.
Plutonium 239 und Plutonium 241, - 2.
mit den Isotopen 235 oder 233 angereichertem Uran, - 3.
jedem Stoff, der einen oder mehrere der in den Nummern 1 und 2 genannten Stoffe enthält, - 4.
Stoffen, mit deren Hilfe in einer geeigneten Anlage eine sich selbst tragende Kettenreaktion aufrechterhalten werden kann und die in einer Rechtsverordnung bestimmt werden;
(2) Die Aktivität oder spezifische Aktivität eines Stoffes kann im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 außer Acht gelassen werden, wenn dieser nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung
- 1.
festgelegte Freigrenzen unterschreitet, - 2.
soweit es sich um einen im Rahmen einer genehmigungspflichtigen Tätigkeit nach diesem Gesetz oder nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung anfallenden Stoff handelt, festgelegte Freigabewerte unterschreitet und der Stoff freigegeben worden ist, - 3.
soweit es sich um einen Stoff natürlichen Ursprungs handelt, der nicht auf Grund seiner Radioaktivität, als Kernbrennstoff oder zur Erzeugung von Kernbrennstoff genutzt wird, nicht der Überwachung nach diesem Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung unterliegt.
(3) Für die Anwendung von Genehmigungsvorschriften nach diesem Gesetz oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen gelten Stoffe, in denen der Anteil der Isotope Uran 233, Uran 235, Plutonium 239 und Plutonium 241 insgesamt 15 Gramm oder die Konzentration der genannten Isotope 15 Gramm pro 100 Kilogramm nicht überschreitet, als sonstige radioaktive Stoffe. Satz 1 gilt nicht für verfestigte hochradioaktive Spaltproduktlösungen aus der Aufarbeitung von Kernbrennstoffen.
(3a) Des Weiteren ist im Sinne dieses Gesetzes:
- 1.
kerntechnische Anlage: - a)
ortsfeste Anlagen zur Erzeugung oder zur Bearbeitung oder Verarbeitung oder zur Spaltung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe nach § 7 Absatz 1, - b)
Aufbewahrungen von bestrahlten Kernbrennstoffen nach § 6 Absatz 1 oder Absatz 3, - c)
Zwischenlagerungen für radioaktive Abfälle, wenn die Zwischenlagerungen direkt mit der jeweiligen kerntechnischen Anlage im Sinne des Buchstaben a oder b in Zusammenhang stehen und sich auf dem Gelände der Anlagen befinden;
- 2.
nukleare Sicherheit: das Erreichen und Aufrechterhalten ordnungsgemäßer Betriebsbedingungen, die Verhütung von Unfällen und die Abmilderung von Unfallfolgen, so dass Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen geschützt werden; - 3.
Umgang: - a)
Gewinnung, Erzeugung, Lagerung, Bearbeitung, Verarbeitung, sonstige Verwendung und Beseitigung von - aa)
künstlich erzeugten radioaktiven Stoffen und - bb)
natürlich vorkommenden radioaktiven Stoffen auf Grund ihrer Radioaktivität, zur Nutzung als Kernbrennstoff oder zur Erzeugung von Kernbrennstoffen,
- b)
der Betrieb von Bestrahlungsvorrichtungen und - c)
das Aufsuchen, die Gewinnung und die Aufbereitung von Bodenschätzen im Sinne des Bundesberggesetzes.
(4) Soweit sich die Haftung nach dem Pariser Übereinkommen in Verbindung mit § 25 Abs. 1 bis 4 bestimmt, entsprechen für die Anwendung der Vorschriften über die Haftung und Deckung dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung die Begriffe „nukleares Ereignis“, „nuklearer Schaden“, „Kernanlage“, „Kernbrennstoffe“, „radioaktive Erzeugnisse oder Abfälle“, „Kernmaterialien“ und „Inhaber einer Kernanlage“ den Begriffsbestimmungen in Artikel 1 Abs. a des Pariser Übereinkommens. Für die Begriffe „Kernanlage“ und „Kernbrennstoffe“ gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass Ergänzungen dieser Begriffsbestimmungen durch den Direktionsausschuss für Kernenergie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung oder seines Funktionsnachfolgers (Direktionsausschuss) nach Artikel 1 Abs. a Ziffer ii und iii des Pariser Übereinkommens erst anzuwenden sind, wenn sie durch Gesetz oder durch eine Rechtsverordnung nach § 12a in Kraft gesetzt sind. Befinden sich zwei oder mehr Kernanlagen eines Inhabers auf demselben Gelände, so gelten sie, zusammen mit anderen dort gelegenen Anlagen, die Kernbrennstoffe oder radioaktive Erzeugnisse oder Abfälle enthalten, als eine Kernanlage.
(5) Pariser Übereinkommen bedeutet das Übereinkommen vom 29. Juli 1960 über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Februar 1976 (BGBl. II S. 310, 311) und der Protokolle vom 16. November 1982 (BGBl. 1985 II S. 690) und vom 12. Februar 2004 (BGBl. 2008 II S. 902).
(6) Brüsseler Zusatzübereinkommen bedeutet das Zusatzübereinkommen vom 31. Januar 1963 zum Pariser Übereinkommen in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Februar 1976 (BGBl. II S. 310, 318) und der Protokolle vom 16. November 1982 (BGBl. 1985 II S. 690) und vom 12. Februar 2004 (BGBl. 2008 II S. 902).
(7) Gemeinsames Protokoll bedeutet das Gemeinsame Protokoll vom 21. September 1988 über die Anwendung des Wiener Übereinkommens und des Pariser Übereinkommens (BGBl. 2001 II S. 202, 203).
(8) Wiener Übereinkommen bedeutet das Wiener Übereinkommen vom 21. Mai 1963 über die zivilrechtliche Haftung für nukleare Schäden (BGBl. 2001 II S. 202, 207) in der für die Vertragsparteien dieses Übereinkommens jeweils geltenden Fassung.
(1) Wer Kernbrennstoffe einführt oder ausführt, bedarf der Genehmigung.
(2) Die Genehmigung zur Einfuhr ist zu erteilen, wenn
- 1.
keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Einführers ergeben, und - 2.
gewährleistet ist, daß die einzuführenden Kernbrennstoffe unter Beachtung der Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der internationalen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Kernenergie verwendet werden.
(3) Die Genehmigung zur Ausfuhr ist zu erteilen, wenn
- 1.
keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Ausführers ergeben, und - 2.
gewährleistet ist, daß die auszuführenden Kernbrennstoffe nicht in einer die internationalen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Kernenergie oder die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdenden Weise verwendet werden.
(4) Andere Rechtsvorschriften über die Einfuhr und Ausfuhr bleiben unberührt.
(5) Der Einfuhr oder Ausfuhr im Sinne dieses Gesetzes steht jede sonstige Verbringung in den Geltungsbereich oder aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(6) Die Erteilung einer Genehmigung zur Ausfuhr von aus dem Betrieb von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zu Forschungszwecken stammenden bestrahlten Brennelementen darf nur aus schwerwiegenden Gründen der Nichtverbreitung von Kernbrennstoffen oder aus Gründen einer ausreichenden Versorgung deutscher Forschungsreaktoren mit Brennelementen für medizinische und sonstige Zwecke der Spitzenforschung erfolgen. Davon ausgenommen ist die Verbringung der Brennelemente nach Satz 1 mit dem Ziel der Herstellung in Deutschland endlagerfähiger und endzulagernder Abfallgebinde. Abweichend von Satz 1 darf eine Genehmigung zur Ausfuhr bestrahlter Brennelemente nach Satz 1 nicht erteilt werden, wenn diese Brennelemente auf der Grundlage einer Genehmigung nach § 6 im Inland zwischengelagert sind.
(1) Die Beförderung von Kernbrennstoffen außerhalb eines abgeschlossenen Geländes, auf dem Kernbrennstoffe staatlich verwahrt werden oder eine nach den §§ 6, 7 und 9 genehmigte Tätigkeit ausgeübt wird, bedarf der Genehmigung. Diese wird dem Absender oder demjenigen erteilt, der es übernimmt, die Versendung oder Beförderung der Kernbrennstoffe zu besorgen.
(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
- 1.
keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers, des Beförderers und der den Transport ausführenden Personen ergeben, und, falls ein Strahlenschutzbeauftragter nicht notwendig ist, eine der für die Beförderung der Kernbrennstoffe verantwortlichen natürlichen Personen die hierfür erforderliche Fachkunde besitzt, - 2.
gewährleistet ist, daß die Beförderung durch Personen ausgeführt wird, die die notwendigen Kenntnisse über die mögliche Strahlengefährdung und die anzuwendenden Schutzmaßnahmen für die beabsichtigte Beförderung von Kernbrennstoffen besitzen, - 3.
gewährleistet ist, daß die Kernbrennstoffe unter Beachtung der für den jeweiligen Verkehrsträger geltenden Rechtsvorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter befördert werden oder, soweit solche Vorschriften fehlen, auf andere Weise die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Beförderung der Kernbrennstoffe getroffen ist, - 4.
die erforderliche Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen getroffen ist, - 5.
der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet ist, - 6.
überwiegende öffentliche Interessen der Wahl der Art, der Zeit und des Weges der Beförderung nicht entgegenstehen, - 7.
für die Beförderung bestrahlter Brennelemente von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität zu zentralen Zwischenlagern nach § 6 Abs. 1 nachgewiesen ist, dass eine Lagermöglichkeit in einem nach § 9a Abs. 2 Satz 3 zu errichtenden standortnahen Zwischenlager nicht verfügbar ist.
(3) (weggefallen)
(4) Die Genehmigung ist für den einzelnen Beförderungsvorgang zu erteilen; sie kann jedoch einem Antragsteller allgemein auf längstens drei Jahre erteilt werden, soweit die in § 1 Nr. 2 bis 4 bezeichneten Zwecke nicht entgegenstehen.
(5) Eine Ausfertigung oder eine öffentlich beglaubigte Abschrift des Genehmigungsbescheids ist bei der Beförderung mitzuführen. Soweit sich die Haftung nach dem Pariser Übereinkommen in Verbindung mit § 25 Abs. 1 bis 4 bestimmt, hat der Beförderer außerdem eine Bescheinigung mit sich zu führen, die den Anforderungen des Artikels 4 Abs. d des Pariser Übereinkommens entspricht. Der Bescheid und die Bescheinigung sind der für die Kontrolle zuständigen Behörde und den von ihr Beauftragten auf Verlangen vorzuzeigen.
(6) Absatz 5 Satz 1 gilt nicht für die Beförderung mit der Eisenbahn durch einen Eisenbahnunternehmer. Im übrigen bleiben die für die jeweiligen Verkehrsträger geltenden Rechtsvorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter unberührt.
(1) Radioaktive Stoffe (Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe) im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stoffe, die ein Radionuklid oder mehrere Radionuklide enthalten und deren Aktivität oder spezifische Aktivität im Zusammenhang mit der Kernenergie oder dem Strahlenschutz nach den Regelungen dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung nicht außer Acht gelassen werden kann. Kernbrennstoffe sind besondere spaltbare Stoffe in Form von
- 1.
Plutonium 239 und Plutonium 241, - 2.
mit den Isotopen 235 oder 233 angereichertem Uran, - 3.
jedem Stoff, der einen oder mehrere der in den Nummern 1 und 2 genannten Stoffe enthält, - 4.
Stoffen, mit deren Hilfe in einer geeigneten Anlage eine sich selbst tragende Kettenreaktion aufrechterhalten werden kann und die in einer Rechtsverordnung bestimmt werden;
(2) Die Aktivität oder spezifische Aktivität eines Stoffes kann im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 außer Acht gelassen werden, wenn dieser nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung
- 1.
festgelegte Freigrenzen unterschreitet, - 2.
soweit es sich um einen im Rahmen einer genehmigungspflichtigen Tätigkeit nach diesem Gesetz oder nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung anfallenden Stoff handelt, festgelegte Freigabewerte unterschreitet und der Stoff freigegeben worden ist, - 3.
soweit es sich um einen Stoff natürlichen Ursprungs handelt, der nicht auf Grund seiner Radioaktivität, als Kernbrennstoff oder zur Erzeugung von Kernbrennstoff genutzt wird, nicht der Überwachung nach diesem Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung unterliegt.
(3) Für die Anwendung von Genehmigungsvorschriften nach diesem Gesetz oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen gelten Stoffe, in denen der Anteil der Isotope Uran 233, Uran 235, Plutonium 239 und Plutonium 241 insgesamt 15 Gramm oder die Konzentration der genannten Isotope 15 Gramm pro 100 Kilogramm nicht überschreitet, als sonstige radioaktive Stoffe. Satz 1 gilt nicht für verfestigte hochradioaktive Spaltproduktlösungen aus der Aufarbeitung von Kernbrennstoffen.
(3a) Des Weiteren ist im Sinne dieses Gesetzes:
- 1.
kerntechnische Anlage: - a)
ortsfeste Anlagen zur Erzeugung oder zur Bearbeitung oder Verarbeitung oder zur Spaltung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe nach § 7 Absatz 1, - b)
Aufbewahrungen von bestrahlten Kernbrennstoffen nach § 6 Absatz 1 oder Absatz 3, - c)
Zwischenlagerungen für radioaktive Abfälle, wenn die Zwischenlagerungen direkt mit der jeweiligen kerntechnischen Anlage im Sinne des Buchstaben a oder b in Zusammenhang stehen und sich auf dem Gelände der Anlagen befinden;
- 2.
nukleare Sicherheit: das Erreichen und Aufrechterhalten ordnungsgemäßer Betriebsbedingungen, die Verhütung von Unfällen und die Abmilderung von Unfallfolgen, so dass Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen geschützt werden; - 3.
Umgang: - a)
Gewinnung, Erzeugung, Lagerung, Bearbeitung, Verarbeitung, sonstige Verwendung und Beseitigung von - aa)
künstlich erzeugten radioaktiven Stoffen und - bb)
natürlich vorkommenden radioaktiven Stoffen auf Grund ihrer Radioaktivität, zur Nutzung als Kernbrennstoff oder zur Erzeugung von Kernbrennstoffen,
- b)
der Betrieb von Bestrahlungsvorrichtungen und - c)
das Aufsuchen, die Gewinnung und die Aufbereitung von Bodenschätzen im Sinne des Bundesberggesetzes.
(4) Soweit sich die Haftung nach dem Pariser Übereinkommen in Verbindung mit § 25 Abs. 1 bis 4 bestimmt, entsprechen für die Anwendung der Vorschriften über die Haftung und Deckung dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung die Begriffe „nukleares Ereignis“, „nuklearer Schaden“, „Kernanlage“, „Kernbrennstoffe“, „radioaktive Erzeugnisse oder Abfälle“, „Kernmaterialien“ und „Inhaber einer Kernanlage“ den Begriffsbestimmungen in Artikel 1 Abs. a des Pariser Übereinkommens. Für die Begriffe „Kernanlage“ und „Kernbrennstoffe“ gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass Ergänzungen dieser Begriffsbestimmungen durch den Direktionsausschuss für Kernenergie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung oder seines Funktionsnachfolgers (Direktionsausschuss) nach Artikel 1 Abs. a Ziffer ii und iii des Pariser Übereinkommens erst anzuwenden sind, wenn sie durch Gesetz oder durch eine Rechtsverordnung nach § 12a in Kraft gesetzt sind. Befinden sich zwei oder mehr Kernanlagen eines Inhabers auf demselben Gelände, so gelten sie, zusammen mit anderen dort gelegenen Anlagen, die Kernbrennstoffe oder radioaktive Erzeugnisse oder Abfälle enthalten, als eine Kernanlage.
(5) Pariser Übereinkommen bedeutet das Übereinkommen vom 29. Juli 1960 über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Februar 1976 (BGBl. II S. 310, 311) und der Protokolle vom 16. November 1982 (BGBl. 1985 II S. 690) und vom 12. Februar 2004 (BGBl. 2008 II S. 902).
(6) Brüsseler Zusatzübereinkommen bedeutet das Zusatzübereinkommen vom 31. Januar 1963 zum Pariser Übereinkommen in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Februar 1976 (BGBl. II S. 310, 318) und der Protokolle vom 16. November 1982 (BGBl. 1985 II S. 690) und vom 12. Februar 2004 (BGBl. 2008 II S. 902).
(7) Gemeinsames Protokoll bedeutet das Gemeinsame Protokoll vom 21. September 1988 über die Anwendung des Wiener Übereinkommens und des Pariser Übereinkommens (BGBl. 2001 II S. 202, 203).
(8) Wiener Übereinkommen bedeutet das Wiener Übereinkommen vom 21. Mai 1963 über die zivilrechtliche Haftung für nukleare Schäden (BGBl. 2001 II S. 202, 207) in der für die Vertragsparteien dieses Übereinkommens jeweils geltenden Fassung.
(1) Wer Kernbrennstoffe einführt oder ausführt, bedarf der Genehmigung.
(2) Die Genehmigung zur Einfuhr ist zu erteilen, wenn
- 1.
keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Einführers ergeben, und - 2.
gewährleistet ist, daß die einzuführenden Kernbrennstoffe unter Beachtung der Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der internationalen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Kernenergie verwendet werden.
(3) Die Genehmigung zur Ausfuhr ist zu erteilen, wenn
- 1.
keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Ausführers ergeben, und - 2.
gewährleistet ist, daß die auszuführenden Kernbrennstoffe nicht in einer die internationalen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Kernenergie oder die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdenden Weise verwendet werden.
(4) Andere Rechtsvorschriften über die Einfuhr und Ausfuhr bleiben unberührt.
(5) Der Einfuhr oder Ausfuhr im Sinne dieses Gesetzes steht jede sonstige Verbringung in den Geltungsbereich oder aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(6) Die Erteilung einer Genehmigung zur Ausfuhr von aus dem Betrieb von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zu Forschungszwecken stammenden bestrahlten Brennelementen darf nur aus schwerwiegenden Gründen der Nichtverbreitung von Kernbrennstoffen oder aus Gründen einer ausreichenden Versorgung deutscher Forschungsreaktoren mit Brennelementen für medizinische und sonstige Zwecke der Spitzenforschung erfolgen. Davon ausgenommen ist die Verbringung der Brennelemente nach Satz 1 mit dem Ziel der Herstellung in Deutschland endlagerfähiger und endzulagernder Abfallgebinde. Abweichend von Satz 1 darf eine Genehmigung zur Ausfuhr bestrahlter Brennelemente nach Satz 1 nicht erteilt werden, wenn diese Brennelemente auf der Grundlage einer Genehmigung nach § 6 im Inland zwischengelagert sind.
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.
(1) Die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes über genehmigungsbedürftige Anlagen sowie über die Untersagung der ferneren Benutzung solcher Anlagen finden auf genehmigungspflichtige Anlagen im Sinne des § 7 keine Anwendung, soweit es sich um den Schutz vor den Gefahren der Kernenergie oder der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen handelt.
(2) Bedarf eine nach § 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genehmigungsbedürftige Anlage einer Genehmigung nach § 7, so schließt diese Genehmigung die Genehmigung nach § 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ein. Die atomrechtliche Genehmigungsbehörde hat die Entscheidung im Einvernehmen mit der für den Immissionsschutz zuständigen Landesbehörde nach Maßgabe der Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der dazu erlassenen Rechtsverordnungen zu treffen.
(3) Für überwachungsbedürftige Anlagen nach § 2 Nummer 1 des Gesetzes über überwachungsbedürftige Anlagen, die in genehmigungspflichtigen Anlagen im Sinne des § 7 Verwendung finden, kann die Genehmigungsbehörde im Einzelfall Ausnahmen von den geltenden Rechtsvorschriften über die Errichtung und den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen zulassen, soweit dies durch die besondere technische Eigenart der Anlagen nach § 7 bedingt ist.
(1) Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.
(2) Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Befristung des Arbeitsvertrages nicht schlechter behandelt werden, als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung, die für einen bestimmten Bemessungszeitraum gewährt wird, mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Beschäftigungsdauer am Bemessungszeitraum entspricht. Sind bestimmte Beschäftigungsbedingungen von der Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen abhängig, so sind für befristet beschäftigte Arbeitnehmer dieselben Zeiten zu berücksichtigen wie für unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer, es sei denn, dass eine unterschiedliche Berücksichtigung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.
(1) In der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:
- 1.
Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsvereinbarung) und - 2.
die Vergütung der Leistungen der Eingliederungshilfe (Vergütungsvereinbarung).
(2) In die Leistungsvereinbarung sind als wesentliche Leistungsmerkmale mindestens aufzunehmen:
- 1.
der zu betreuende Personenkreis, - 2.
die erforderliche sächliche Ausstattung, - 3.
Art, Umfang, Ziel und Qualität der Leistungen der Eingliederungshilfe, - 4.
die Festlegung der personellen Ausstattung, - 5.
die Qualifikation des Personals sowie - 6.
soweit erforderlich, die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers.
(3) Mit der Vergütungsvereinbarung werden unter Berücksichtigung der Leistungsmerkmale nach Absatz 2 Leistungspauschalen für die zu erbringenden Leistungen unter Beachtung der Grundsätze nach § 123 Absatz 2 festgelegt. Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Leistungspauschalen sind nach Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf oder Stundensätzen sowie für die gemeinsame Inanspruchnahme durch mehrere Leistungsberechtigte (§ 116 Absatz 2) zu kalkulieren. Abweichend von Satz 1 können andere geeignete Verfahren zur Vergütung und Abrechnung der Fachleistung unter Beteiligung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen vereinbart werden.
(4) Die Vergütungsvereinbarungen mit Werkstätten für behinderte Menschen und anderen Leistungsanbietern berücksichtigen zusätzlich die mit der wirtschaftlichen Betätigung in Zusammenhang stehenden Kosten, soweit diese Kosten unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse beim Leistungserbringer und der dort beschäftigten Menschen mit Behinderungen nach Art und Umfang über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen. Können die Kosten im Einzelfall nicht ermittelt werden, kann hierfür eine Vergütungspauschale vereinbart werden. Das Arbeitsergebnis des Leistungserbringers darf nicht dazu verwendet werden, die Vergütung des Trägers der Eingliederungshilfe zu mindern.
(1) In der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:
- 1.
Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsvereinbarung) und - 2.
die Vergütung der Leistungen der Eingliederungshilfe (Vergütungsvereinbarung).
(2) In die Leistungsvereinbarung sind als wesentliche Leistungsmerkmale mindestens aufzunehmen:
- 1.
der zu betreuende Personenkreis, - 2.
die erforderliche sächliche Ausstattung, - 3.
Art, Umfang, Ziel und Qualität der Leistungen der Eingliederungshilfe, - 4.
die Festlegung der personellen Ausstattung, - 5.
die Qualifikation des Personals sowie - 6.
soweit erforderlich, die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers.
(3) Mit der Vergütungsvereinbarung werden unter Berücksichtigung der Leistungsmerkmale nach Absatz 2 Leistungspauschalen für die zu erbringenden Leistungen unter Beachtung der Grundsätze nach § 123 Absatz 2 festgelegt. Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Leistungspauschalen sind nach Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf oder Stundensätzen sowie für die gemeinsame Inanspruchnahme durch mehrere Leistungsberechtigte (§ 116 Absatz 2) zu kalkulieren. Abweichend von Satz 1 können andere geeignete Verfahren zur Vergütung und Abrechnung der Fachleistung unter Beteiligung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen vereinbart werden.
(4) Die Vergütungsvereinbarungen mit Werkstätten für behinderte Menschen und anderen Leistungsanbietern berücksichtigen zusätzlich die mit der wirtschaftlichen Betätigung in Zusammenhang stehenden Kosten, soweit diese Kosten unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse beim Leistungserbringer und der dort beschäftigten Menschen mit Behinderungen nach Art und Umfang über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen. Können die Kosten im Einzelfall nicht ermittelt werden, kann hierfür eine Vergütungspauschale vereinbart werden. Das Arbeitsergebnis des Leistungserbringers darf nicht dazu verwendet werden, die Vergütung des Trägers der Eingliederungshilfe zu mindern.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:
- 1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, - 2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder - 3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.
(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.