Finanzgericht Münster Urteil, 25. Juni 2015 - 5 K 1120/12 U
Tenor
Der Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 25.2.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.2.2012 wird dergestalt geändert, dass die Umsatzsteuer auf 107.037,04 Euro festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 92% und der Beklagte zu 8%.
1
Tatbestand:
2Streitig ist noch die steuerliche Behandlung des Verkaufs von Horoskopen an im Ausland ansässige Unternehmer und eine Adressenlieferung nach Hongkong.
3Die Klägerin, eine GmbH, wurde im Jahr 0000 gegründet. Gegenstand der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin ist das Erstellen und Vermarkten von Horoskopen und damit in Zusammenhang stehende Tätigkeiten, wie z.B. die Lieferung von Sternzeichenanhängern, Armreife, Magnet-Ohrclips oder Ähnliches. Die Klägerin lieferte Horoskope an inländische Endverbraucher und an im Ausland ansässige Unternehmer, die die Horoskope an Endverbraucher weiter veräußerten.
4Die Geschäftsabwicklung im Hinblick auf die hier streitigen Horoskopumsätze in das Ausland stellte sich nach dem Sachvortrag der Klägerin wie folgt dar:
5Ausländische Endkunden, die über Mailingaktionen oder andere Werbemaßnahmen der ausländischen Unternehmer geworben worden waren, gaben bei den ausländischen Unternehmern Horoskope in Auftrag. Die astrologischen Daten, namentlich Geburtsort und -zeit und die Kunden-Bestelladressen wurden sodann von den ausländischen Unternehmern, deren Gesellschafter teilweise identisch mit denen der Klägerin waren, an die Klägerin übermittelt. Das IT-System der Klägerin errechnete daraus automatisch die entsprechenden astrologischen Informationen (Sternzeichen, Aszendent etc.) und wählte aus einem Fundus einzelner Textbausteine „randomisiert“, d. h. nach einem Zufallsprinzip, die benötigte Anzahl aus und setzte diese zu einem Gesamt-Horoskop zusammen. Je nach Vereinbarung mit dem ausländischen Unternehmer wurden deutsche oder schon in die jeweilige Landessprache übersetzte Textbausteine verwendet. Durch eine spezielle Programmsteuerung wurden Textwiederholungen vermieden, selbst wenn eine erneute Eingabe der exakt identischen persönlichen Daten erfolgte. Durch die „Randomisierung“ wurden jeweils individuelle Kombinationen erzeugt. Die Textbausteine waren so aufeinander abgestimmt, dass sie innerhalb des Horoskoptextes austauschbar waren. Die Horoskope hatten einen Umfang von 8 bis 15 Seiten und erweckten den Anschein, als ob sie individuell für den jeweiligen Endkunden angefertigt worden waren. Es wird wegen der Einzelheiten auf die von der Klägerin exemplarisch zu den Akten gereichten 4 Horoskope Bezug genommen. Die Klägerin gab die Daten der Endkunden „in Ermangelung einer einheitlichen IT-Schnittstelle“ manuell in ihr EDV-System ein, führte den Datenlauf zwecks Erstellung des „randomisierten“ Horoskoptextes durch, druckte die Horoskope aus, verpackte sie postfertig unter Beifügung von Prospektbeilagen und versandte oder lieferte sie an die ausländischen Unternehmen oder auch direkt an ausländische Postverteilungsstellen.
6Die Vertragsabwicklung mit den ausländischen Unternehmern war teilweise durch schriftliche Verträge anders geregelt. Nach dem Inhalt der schriftlichen Verträge erhielt die Klägerin die fertigen Horoskoptexte auf digitalem Weg von ihren ausländischen Leistungsempfängern. Es wird wegen der Einzelheiten auf die von der Klägerin exemplarisch vorgelegten Verträge vom 2.1.2002 und 6.12.2004 (Gerichtsakte Bl. 28 ff) verwiesen.
7Die Klägerin behandelte die Horoskoplieferungen an die ausländischen Unternehmer als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. In den Rechnungen an die ausländischen Unternehmer war die Umsatzsteuer nicht ausgewiesen. Die Rechnungen enthielten den Vermerk „Diese innergemeinschaftliche Lieferung ist steuerfrei gem. § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6 UStG“.
8Des Weiteren bezog die Klägerin in 2004 ein Paket „…-Adressen“ von einem in Hongkong ansässigen Unternehmen. Im Gegenzug übermittelte sie eine entsprechende Anzahl Ihrer Adressen zum Unternehmen nach Hongkong. Die Klägerin und der Unternehmer aus Hongkong berechneten jeweils die Adressen ohne Umsatzsteuerausweis und verrechneten die Entgelte. Die Klägerin behandelte diesen Vorgang als steuerfreie Ausfuhrlieferung.
9Die Klägerin ist für Zeiträume, die den hier streitbefangenen Jahren 2003 und 2004 vorausgingen, im Rahmen von Umsatzsteuersonderprüfungen (Prüfungszeiträume 1986 bis III/1987; IV/1989), durch die Amtsbetriebsprüfung (Prüfungszeitraum 1988 bis 1991) und die Großbetriebsprüfung J (Prüfungszeitraum 1998 bis 2001) geprüft worden. Bei den Umsatzsteuersonderprüfungen vertraten die damaligen Prüfer die Auffassung, der Horoskopvertrieb sei als sonstige Leistung zum Regelsteuersatz zu qualifizieren. Aus den Berichten der Amtsbetriebsprüfung vom 20.8.1993 und der Großbetriebsprüfung vom 8.7.2004, auf die Bezug genommen wird, ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Prüfung des Horoskopvertriebs in umsatzsteuerlicher Hinsicht.
10Nach einer in 2009 begonnenen Betriebsprüfung des Beklagten bei der Klägerin für 2002 - 2004 vertrat der Prüfer die Auffassung, der Horoskopvertrieb durch die Klägerin sei nicht im Wege von Lieferungen, sondern im Wege von im Inland steuerbaren sonstigen Leistungen zum Regelsteuersatz ausgeführt worden. Es wird auf Tz 2.5.1 und 2.5.2 des Betriebsprüfungsberichts vom 14.12.2010 Bezug genommen.
11Der Beklagte änderte nach Maßgabe des vorgenannten Betriebsprüfungsberichts die unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre 2003 und 2004 (Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für 2003 und 2004, jeweils vom 25.2.2011). Der dagegen fristgemäß von der Klägerin eingelegte Einspruch war erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 22.2.2012).
12Dagegen richtet sich die am 26.3.2012 (Montag) erhobene Klage.
13Die Klage richtete sich ursprünglich auch gegen Tz 2.5.3 des Betriebsprüfungsberichts vom 14.12.2010 („…“) und betraf zusätzlich das Jahr 2002. Der Streitpunkt „…“ wird von der Klägerin nicht weiterverfolgt. Im Hinblick auf das Jahr 2002 hat der Beklagte wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung der Klage abgeholfen.
14Die Klägerin trägt vor, der Beklagte sei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben daran gehindert, die streitbefangenen Horoskopumsätze als im Inland steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistungen zu behandeln. Bei der Betriebsprüfung für die den Streitjahren vorhergehenden Jahre 1998 - 2001 sei dieser Sachverhalt von der Großbetriebsprüfung geprüft und die Auffassung der Klägerin nicht angezweifelt worden. Die Klägerin habe sich darauf eingestellt, dass das so bleibe. Wenn sie die abweichende Auffassung durch die Folgebetriebsprüfung gekannt hätte, hätte sie Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis ausstellen können und die Leistungsempfänger hätten im Inland einen Vorsteuervergütungsanspruch geltend machen können. Die Rechnungsausstellung mit Umsatzsteuerausweis sei im Übrigen immer noch möglich, so dass die Auffassung des Beklagten kein fiskalisches Mehrergebnis bewirke, jedoch umfangreichen Arbeitsaufwand für die Klägerin und die Leistungsempfänger im Ausland.
15Die Auffassung des Beklagten sei auch materiell-rechtlich falsch. Die vom Beklagten herangezogenen Entscheidungen des erkennenden Senats 5 K 5209/88, juris und des BFH, V B 71/70, BStBl II 1971, 632, stützten die Auffassung des Beklagten nicht. In den vorgenannten Entscheidungen sei als entscheidendes Abgrenzungsmerkmal zwischen Lieferung und sonstiger Leistung der persönliche Bezug zum Leistungsempfänger herausgestellt worden. Im Streitfall seien die Horoskoplieferungen aber an andere Unternehmer ergangen, die die Horoskope in großen Mengen als Ware angekauft hätten. Die Leistung der Klägerin sei ähnlich zu sehen wie die Lieferung der im Buchhandel vertriebenen Horoskopbücher zum jeweiligen Sternkreiszeichen. Zwischen der Klägerin und ihren Abnehmern seien die Lieferungen aufgrund spezieller Lieferverträge erfolgt. Darin seien keinerlei Beratungsleistungen vereinbart gewesen. Diese fehlende Beratungsleistung bzw. fehlende individuelle Direktleistung an den Kunden zeige sich auch an den Preisen für die Horoskope. Während ein Einzelhoroskop im Verkauf an Endkunden (mit „individueller“ Beratungsleistung) zwischen 22,90 Euro und 36,90 Euro pro Stück koste, liege der Abgabepreis für die massenhafte Abgabe an gewerbliche Abnehmer bei 0,80 Euro bis 1,40 Euro pro Stück.
16Aus den Grundsätzen des so genannten „Kontaktlistenurteils“ des BFH (XI R 75/07) ergebe sich des Weiteren, dass auch der Adressentausch mit Hongkong als steuerfreie Lieferung angesehen werden müsse.
17Selbst wenn keine Lieferungen, sondern sonstige Leistungen anzunehmen seien, läge der Leistungsort nicht in Deutschland. Die Leistungen fielen dann unter § 3 a Abs. 4 S. 2 Nr. 1 und/oder Nr. 4 UStG a. F.
18Bei den von der Klägerin bereitgestellten Texten handele es sich um urheberrechtlich geschützte Werke im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 UrhG. Wesentliche Elemente der Leistung der Klägerin seien die automatisierte Erstellung der Texte durch eine Datenverarbeitungsanlage und die Herausgabe der Texte mit der Einräumung des Nutzungsrechts durch Weitergabe an die Endkunden.
19Das automatisierte Zusammenstellen der Horoskope durch die Klägerin stelle aber auch eine Datenverarbeitung im Sinne von § 3 a Abs. 4 Nr. 4 UStG a.F. dar. Es würden nur persönliche Daten als „Input“ eingegeben. Das Horoskop werde dann automatisch durch festgelegte Programmabläufe und hinterlegte Textbausteine erstellt. Eine menschliche Arbeitsleistung bei der Erstellung der Horoskope liege - abgesehen von der Eingabe der Daten und Entgegennahme der Ergebnisse - nicht vor. Auch die Menge der automatisiert bearbeiteten Einzelfälle spreche hier für die Bewertung als Datenverarbeitung.
20Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Klägerin wird auf ihre Schriftsätze vom 31.5.2012, 23.10.2012, 22.11.2014 Bezug genommen.
21Die Klägerin beantragt,
22die Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für 2003 und 2004, jeweils vom 25.2.2011 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.2.2012 dergestalt zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2003 um 4.611,26 Euro und die Umsatzsteuer für 2004 um 6.294,88 Euro vermindert wird.
23Der Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Er meint, die umsatzsteuerlichen Fragen der Horoskoplieferungen seien bei der Prüfung der Großbetriebsprüfung für 1998 bis 2001 nicht Prüfungsgegenstand gewesen. Im Übrigen hätten die Feststellungen der Großbetriebsprüfung auch deshalb keine Bindungswirkung gehabt, weil die Umsatzsteuer eine Jahressteuer sei. Die Vorjahre seien unerheblich, weil die Grundlagen der Festsetzung nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung für jedes Jahr neu zu ermitteln seien. Im Streitfall liege auch keine verbindliche Zusage der Finanzverwaltung einer bestimmten Sachbehandlung vor.
26Der Umstand, dass die Klägerin die Horoskope nicht an Endkunden, sondern „zwischengeschaltete“ Unternehmer geliefert habe, ändere nichts daran, dass es sich um sonstige Leistungen gehandelt habe. Maßgeblich sei das „Produkt“ bzw. der Gegenstand der Leistung. Auch die Preisgestaltung sei für die Qualifizierung der Leistung der Klägerin unerheblich.
27Wegen der Einzelheiten des Vortrags des Beklagten wird auf seinen Schriftsatz vom 5.7.2012 Bezug genommen.
28Die Sache wurde am 22.9.2014 vor dem damaligen Berichterstatter erörtert und am 25.6.2015 vor dem Senat mündlich verhandelt. Es wird auf die Protokolle Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe:
30Die Klage ist teilweise begründet.
31Der angefochtene Bescheid für 2004 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Der Austausch der Adressenlisten mit dem Unternehmer in Hongkong unterliegt in Deutschland nicht der Besteuerung.
32Die „Horoskoplieferungen“ sind steuerbar und steuerpflichtig zum Regelsteuersatz. Insoweit hat die Klage keinen Erfolg.
33I. Die Adressenübermittlung der Klägerin an den Unternehmer in Hongkong ist im Inland nicht steuerpflichtig bzw. nicht steuerbar.
34Der Senat kann dahinstehen lassen, ob insoweit eine Lieferung oder eine sonstige Leistung erbracht worden ist. Jedenfalls ist die Leistung der Klägerin in Deutschland nicht zu besteuern.
351) Bei einer Lieferung der Adressen wäre die Leistung steuerfrei gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. 6 Abs. 1 UStG. Die Ansässigkeit des Leistungsempfängers im Drittland (Hongkong) und das Gelangen der Adressen nach Hongkong sind unstreitig. Umstände, die dafür sprechen, dass die Adressen nicht nach Hongkong zu einem anderen Unternehmer gelangt sind, sind nicht ersichtlich. Auf weitere Nachweiserfordernisse im Sinne von § 6 Abs. 4 UStG kommt es daher nicht an, denn die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. § 6 Abs. 1 UStG greift auch ein, wenn trotz der Nichterfüllung der Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die materiellen Voraussetzungen einer steuerfreien Ausfuhrlieferung vorliegen (BFH-Urteil vom 19.11.2009 V R 8/09, BFH/NV 2010, 1141).
362) Sofern die Adressen nicht in Papierform oder einem körperlichen Datenträger, sondern digital nach Hongkong übermittelt worden sind, liegt eine in Deutschland nicht steuerbare sonstige Leistung vor. Gemäß § 3 a Abs. 3, Abs. 4 S. 2 Nr. 14 UStG liegt der Leistungsort bei auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen an Unternehmer am Ort des Leistungsempfängers (hier: Hongkong). Im Streitjahr 2004 beruhte § 3 a Abs. 3, Abs. 4 S. 2 Nr. 14 UStG auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. e), letzter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977, 77/388/EWG (im Folgenden: 6. EGRL) i.V.m. Anhang L. Danach gehört zu den auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistungen unter anderem die Bereitstellung von Bildern, Texten und Informationen sowie die Bereitstellung von Datenbanken. Was darunter fällt, ist in der 6. EGRL nicht definiert. Eine Definition von elektronisch erbrachten Dienstleistungen befindet sich in Art. 11 VO (EG) Nr. 1777/2005 vom 17.10.2005 (im Folgenden: VO). Gemäß Art. 11 Abs. 2 Buchst. f der vorgenannten VO i.V.m. deren Anhang I Ziff. 3 Buchst. c) gehört dazu der digitalisierte Inhalt von E-Books und anderen elektronischen Publikationen. Die digitale Übermittlung von digitalen Adressenlisten fällt unter diese Regelung. Zwar ist die vorgenannte VO erst am 1.7.2006, also erst nach den Streitjahren, in Kraft getreten. Außerdem ist die VO gemäß dem 1. Erwägungsgrund erst vom Zeitpunkt des Inkrafttretens an verbindlich. Gleichwohl kann die VO als Auslegungshilfe dafür herangezogen werden, was die 6. EGRL in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e) letzter Gedankenstrich unter der Bereitstellung von Bildern, Texten und Informationen sowie von Datenbanken versteht. Letztlich kann eine digitale Übermittlung von Adressenlisten auch direkt unter den Begriff „Bereitstellung von Datenbanken“ subsumiert werden.
37Die von der Betriebsprüfung festgestellten Hongkong-Umsätze betrugen im Streitjahr 2004 brutto 7.292,55 €. Dieses Entgelt ist als Bruttopreis zu verstehen, denn es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass insoweit eine Nettoabrede getroffen wurde. Die im Entgelt enthaltene Umsatzsteuer zu 16 % beträgt 1.005,87 €. Insoweit ist die Umsatzsteuer für 2004 zu mindern.
38II. Die von der Klägerin durchgeführten „Horoskoplieferungen“ an ausländische Unternehmer waren im Inland gemäß § 3 a Abs. 1 UStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung (im Folgenden: UStG) steuerbar.
391) Der Ort der sonstigen Leistung der Klägerin lag nicht gemäß § 3 a Abs. 4 S. 2 Nr. 1 UStG im Ausland. Die Klägerin hat kein geschütztes Recht im Sinne der soeben genannten Regelung eingeräumt, übertragen oder (für andere) wahrgenommen.
40Gemäß den von der Klägerin exemplarisch vorgelegten Verträgen vom 2.1.2002 und 6.12.2004 (Gerichtsakte Bl. 28 ff) liegt gar keine Zurverfügungstellung von Texten durch die Klägerin an die ausländischen Unternehmer vor, denn gemäß Ziff. 1 der Verträge werden die notwendigen astrologischen Texte vom ausländischen Unternehmer der Klägerin zur Verfügung gestellt. Gemäß Ziff. 3 der Verträge verpflichtet sich die Klägerin zum Urheberrechtsschutz. Nach der Vertragsfassung ist somit die Klägerin gar nicht Urheberrechtsberechtigte.
41Aber auch für den Fall, dass die vorgenannte Verträge in den Streitjahren nicht „gelebt“ wurden und der Vortrag der Klägerin zur Geschäftsabwicklung in den Streitjahren zutreffend ist, hat die Klägerin kein geschütztes Recht im Sinne von § 3 a Abs. 4 S. 2 Nr. 1 UStG übertragen. Die Horoskopausdrucke sind nicht gemäß § 2 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz geschützt, denn dem Urheberrechtsschutz unterliegen nur persönliche geistige Schöpfungen. Die Klägerin trägt jedoch selbst vor, die Textbausteine der Horoskope würden automatisiert nach einem Zufallsprinzip den persönlichen Daten der Endkunden zugeordnet. Eine solche vom Zufallsprinzip bestimmte und technikgesteuerte Erstellung von Texten ist nicht nach dem Urheberrechtsgesetz geschützt (BGH - Urteil vom 27.6.1991 I ZR 7/90, BGHZ 115, 69). Für eine Übertragung der Rechte oder Einräumung der Verwertungsbefugnis im Hinblick auf das von der Klägerin benutzte Computerprogramm gibt es keine Anhaltspunkte.
422) Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Leistungsortregelung des § 3 a Abs. 4 S. 2 Nr. 4 UStG (Datenverarbeitung) stützen. Unter Datenverarbeitung ist die manuelle, mechanische oder elektronische Speicherung, Umwandlung, Verknüpfung und Verarbeitung von Daten zu verstehen. Hierzu gehören insbesondere die Automatisierung von gleichförmig wiederholbaren Abläufen, die Sammlung, Aufbereitung, Organisation, Speicherung und Wiedergewinnung von Informationsmengen sowie die Verknüpfung von Datenmengen oder Datenstrukturen mit der Verarbeitung dieser Informationen aufgrund computerorientierter Verfahren (Abschn. 3a.9. Abs. 15 UStAE).
43Der Senat lässt dahinstehen, ob eine automatisierte Zuordnung von Sternzeichen und Aszendenten zum Geburtstag, zur Geburtszeit und zum Geburtsort der Endkunden und eine nach einem Zufallsprinzip erfolgte Zuordnung von feststehenden Textbausteinen eine „Datenverarbeitung“ im Sinne von § 3 a Abs. 4 S. 2 Nr. 4 UStG darstellt. Zweifel hat der Senat deshalb, weil nach dem Vortrag der Klägerin bei völlig identischen Daten der Endkunden jeweils unterschiedliche Textergebnisse (Horoskope) erzeugt werden. Es ist somit fraglich, ob eine Verarbeitung von Daten nach einem feststehenden System mittels wiederholbarer Abläufe vorliegt, denn die Ergebnisse sollten gerade nicht wiederholbar sein.
44Nach den von der Klägerin exemplarisch vorgelegten Verträgen vom 2.1.2002 und 6.12.2004 (Gerichtsakte Bl. 28 ff) bestand die Leistung der Klägerin darin, manuelle Dateneingaben vorzunehmen (Vertrag v. 6.1.22004), die Horoskope zu drucken, zu verpacken, mit Prospektbeilagen zu versehen und zu versenden bzw. auszuliefern. Die notwendigen Daten der Endkunden und die fertigen Horoskoptexte sollten ausweislich der Verträge vom ausländischen Unternehmer digital übertragen werden. Bei Zugrundelegung dieser Verträge hat die Klägerin keine Daten „verarbeitet“, sondern lediglich ihr zur Verfügung gestellte Daten benutzt, um Horoskope zu drucken.
45Selbst wenn die oben genannten Verträge in den Streitjahren nicht angewandt worden sind und die von der Klägerin durchgeführte Erstellung des zufallsgestützten Horoskops als eine „ Datenverarbeitung“ im Sinne von § 3 a Abs. 4 S. 2 Nr. 4 UStG angesehen würde, wäre keine Leistungsortverlegung in das Ausland anzunehmen. Bei den in § 3 a Abs. 4 S. 2 UStG genannten Leistungen muss es sich um Hauptleistungen handeln. Liegt der wirtschaftliche Schwerpunkt einer einheitlich zu beurteilenden Leistung nicht in der „Datenverarbeitung“, sondern wird eine andere einheitliche Leistung nur mithilfe der Datenverarbeitung erbracht, greift die Ortsregelung des § 3 a Abs. 4 S. 2 Nr. 4 UStG nicht (BFH-Beschluss vom 30.5.1996 V B 24/96, BFH/NV 1997, 71).
46So liegt es im Streitfall. Die Leistung der Klägerin an die ausländischen Unternehmer bestand aus einem Leistungsbündel (siehe dazu unten Gliederungspunkt III. 1). Neben der computergestützten Herstellung von Horoskopen, die gegenüber den Endkunden den Eindruck erwecken sollten, sie seien individuell für sie erstellt worden, hat die Klägerin weitere Leistungen an ihre Abnehmer erbracht (manuelle Eingabe der persönlichen Daten der Endkunden, Druck der Horoskope, Verpackung, Beifügung von Prospektmaterial, Verschaffung der Verfügungsmacht an den Horoskopen, Postfertigmachen, Versandt, Auslieferung). Die „Datenverarbeitung“ stellte nicht den Schwerpunkt der Leistung der Klägerin dar. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die „Datenverarbeitung“ für die Leistungsbeteiligten keine Hauptleistung darstellte, ist der Umstand, dass für die „Datenverarbeitung“ kein zusätzliches Entgelt berechnet wurde. Nach dem Vortrag der Klägerseite in ihrem Schriftsatz vom 22.11.2014 wurden die Daten der Endkunden vom ausländischen Unternehmen auf digitalem Weg an die Klägern übermittelt und von der Klägerin „in Ermangelung einer einheitlichen IT-Schnittstelle“ manuell in das lokale System der Klägerin eingegeben. Daraus wurde sodann das „randomisierte“ Horoskop mittels der Datenverarbeitungsanlage der Klägerin erstellt. Nach den schriftlichen Verträgen vom 2.1.2002 und 6.12.2004 sollten demgegenüber die fertigen Horoskoptexte vom ausländischen Unternehmen an die Klägerin übermittelt werden. An der Preisgestaltung hat sich trotz der abweichenden Verfahrensweise nichts geändert. Dies zeigt, dass der bei der Klägerin anstatt beim ausländischen Unternehmer durchgeführte Datenlauf kein wesentliches Element der Leistungsbeziehung gewesen sein kann. Die Klägerin hat daher keine Datenverarbeitungsleistung, sondern eine sonstige Leistung eigener Art erbracht, die nicht unter den Katalog des § 3 a Abs. 4 S. 2 UStG fällt.
47III. Die Klägerin hat im Hinblick auf die „Horoskoplieferungen“ an im Ausland ansässige Unternehmer keine steuerbefreiten Umsätze gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6 a UStG durchgeführt. Die Steuerbefreiung wird nur für Lieferungen im Sinne von § 3 Abs. 1 UStG gewährt. Die „Horoskoplieferungen“ stellen aber keine „Lieferungen“ im Sinne von § 3 Abs. 1 UStG sondern sonstige Leistungen im Sinne von § 3 Abs. 9 UStG dar.
481) Die „Horoskoplieferungen“ sind als einheitliche Leistung anzusehen, die sowohl Lieferungselemente (Verschaffung der Verfügungsmacht an den Horoskopausdrucken) als auch Dienstleistungselemente (manuelle Eingabe der Daten der Endkunden, „randomisierte“ Zusammenstellung der Textbausteine unter Berücksichtigung der astrologischen Daten der Endkunden, personenbezogene Abfassung der Horoskope, Ausdrucke der Horoskope, Beifügung von Prospektbeilagen, Postversand) enthalten. Diese Elemente sind so eng miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (siehe dazu z.B. EuGH-Urteil vom 27.6.2013, C-155/12, ABl EU 2013, Nr. C 225, 30 - 31). Diese einheitliche Leistung ist als sonstige Leistung im Sinne von § 3 Abs. 9 UStG zu qualifizieren, denn die Dienstleistungselemente überwiegen gegenüber den Lieferungselementen. Den Empfängern der „Horoskoplieferungen“ kam es nicht auf die Übertragung der Horoskopausdrucke, sondern auf deren Inhalte an. Die Horoskopausdrucke stellen lediglich das Mittel zur Übermittlung der „persönlichen“ Horoskope dar und haben keinen eigenen Zweck (zur Abgrenzung von Lieferungen zu sonstigen Leistungen siehe BFH-Urteil vom 23.8.1990 V R 28/85, BFH/NV 1993, 63; FG Münster, Urteil vom 23.5.1991, 5 K 5209/88, juris).
49Der Umstand, dass die Klägerin die Horoskope nicht direkt an Endkunden, sondern an andere Unternehmer übermittelt hat, die ihrerseits die Horoskope an die Endkunden/Horoskopbesteller weitergeleitet haben, steht der Qualifikation als Dienstleistung nicht entgegen. Die Klägerin war in eine Leistungskette eingeschaltet. Die ausländischen Unternehmer sind von den Endkunden mit der Erstellung eines „persönlichen“ Horoskops beauftragt worden. Diese Leistung haben sie nicht selbst erbracht, sondern von der Klägerin ausführen lassen. Die Leistungen der Klägerin sind von den ausländischen Unternehmern an die Endkunden durchgehandelt worden, ohne dass sich dadurch an der Art der Leistung etwas geändert hätte.
50Der Senat lässt dahinstehen, ob § 3 Abs. 11 UStG in den Streitjahren eingreift, denn im Falle der Anwendung des § 3 Abs. 11 UStG wird ein Reihengeschäft fingiert mit der Folge, dass sich an der Qualifikation der besorgten Leistung nichts ändert (siehe dazu Michl in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3 UStG Rn. 203).
51Das von der Klägerin herangezogene so genannte „Kontaktlistenurteil“ (BFH-Urteil vom 13.5.2009 XI R 75/07, BStBl II 2009, 865) kann an der vorgenannten Qualifizierung der Horoskoplieferungen als sonstige Leistung nichts ändern. Nach dem vorgenannten BFH-Urteil überwiegt der Dienstleistungscharakter eines Druckerzeugnisses, wenn eine individuelle, auf die Wünsche des Kunden zugeschnittene Leistung bestellt und erbracht wird. Das Lieferungselement überwiegt hingegen, wenn Gegenstand der Leistung ein für eine unbestimmte Anzahl von Interessenten bestimmtes „fertiges“ Produkt angeboten wird. Im Streitfall überwiegt der Dienstleistungscharakter der Horoskope. Die Horoskope sind individualisiert, denn sie verwenden die persönlichen Daten des Bestellers und enthalten eine persönliche Ansprache an den Besteller. Für Dritte wäre ein solches Produkt wertlos.
522) Der Beklagte war nicht daran gehindert, die „Horoskoplieferungen“ an die ausländischen Unternehmer als sonstige Leistungen zu beurteilen. Der Beklagte hat keine verbindliche Zusage im Sinne von §§ 204 ff AO abgegeben.
53Der Beklagte war auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gebunden. Zwar können die Finanzbehörden auch in anderen Fällen als den §§ 204 ff AO Auskünfte mit bindender Wirkung erteilen. Eine solche Bindung der Finanzbehörden liegt vor, wenn das Finanzamt einem Steuerpflichtigen zugesagt hat, einen konkreten Sachverhalt, dessen steuerliche Behandlung zweifelhaft erscheint und der für die wirtschaftliche Disposition des Steuerpflichtigen bedeutsam ist, bei der Besteuerung in einem bestimmten Sinn zu beurteilen. Die Bindung besteht auch dann, wenn die zugesagte Sachbehandlung rechtswidrig sein sollte. Voraussetzung für eine solche Bindung ist allerdings unter anderem, dass der im Zeitpunkt der Auskunftserteilung für die spätere Entscheidung im Veranlagungsverfahren zuständige Beamte oder der Vorsteher die die Bindung erzeugende Auskunft erteilt hat.
54An der letztgenannten Voraussetzung scheitert die Annahme einer verbindlichen Zusage, denn die Klägerin leitet die den Beklagten bindende Zusage aus dem Verhalten des Prüfers der Betriebsprüfung J her. Dieser war jedoch nicht für die Veranlagung der Klägerin zuständig. Im Übrigen ergibt sich aus dem Betriebsprüfungsbericht der Großbetriebsprüfung J vom 8.7.2004 kein Hinweis darauf, dass im Hinblick auf die „Horoskoplieferungen“ eine bestimmte Sachbehandlung zugesagt worden ist. Aus dem bloßen Nichtaufgreifen eines vom Steuerpflichtigen in einer bestimmten Weise gewürdigten Sachverhaltes kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der Prüfer die rechtliche Würdigung des Steuerpflichtigen teilt. Keinesfalls kann daraus hergeleitet werden, dass insoweit eine Zusage dergestalt abgegeben werden sollte, dass für künftige Veranlagungszeiträume dieselbe rechtliche Würdigung wie bisher erfolgen wird.
55IV. Die „Horoskoplieferungen“ sind auch nicht ermäßigt zu besteuern. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 49 der Anl. 2 findet keine Anwendung, denn die Regelung setzt „Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb“ bestimmter Gegenstände voraus. Bei den „Horoskoplieferungen“ handelt es sich jedoch um sonstige Leistungen (siehe Gliederungspunkt III.1), die nicht in den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG fallen.
56V. Der Beklagte hat die Entgelte für die „Horoskoplieferungen“ zu Recht als Nettobemessungsgrundlage der Besteuerung zu Grunde gelegt. Zwar umfasst grundsätzlich der zivilrechtlich vereinbarte Kaufpreis auch die Umsatzsteuer, so dass grundsätzlich die Umsatzsteuer aus dem Kaufpreis heraus zurechnen ist (BFH-Urteil v. 19.11.2003, I R 22/02, BStBl II 2004, 560; Handzik in Offerhaus/Söhn/Lange, § 10 UStG Rn. 62 ff mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Im Streitfall ergibt sich aber aus der Rechnungsstellung der Klägerin (umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung) und den exemplarisch vorgelegten Verträgen, dass die Umsatzsteuer von den ausländischen Leistungsempfängern getragen werden sollte. Die vereinbarten Entgelte stellten somit die Nettobemessungsgrundlage dar (zur Regelung der Steuertragungspflicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung s. BGH-Urteil v. 14.1.2000, V ZR 416/97, UR 2000, 247).
57VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 S. 1 FGO.
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(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
- 1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme; - 2.
Werke der Musik; - 3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst; - 4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; - 5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden; - 6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden; - 7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.
(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Eine Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe a) liegt vor, wenn bei einer Lieferung
- 1.
der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat oder - 2.
der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist oder - 3.
der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete befördert oder versendet hat und der Abnehmer - a)
ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat und dieser nicht ausschließlich oder nicht zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden soll, oder - b)
ein ausländischer Abnehmer, aber kein Unternehmer, ist und der Gegenstand in das übrige Drittlandsgebiet gelangt.
(2) Ausländischer Abnehmer im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 ist
- 1.
ein Abnehmer, der seinen Wohnort oder Sitz im Ausland, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete, hat, oder - 2.
eine Zweigniederlassung eines im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässigen Unternehmers, die ihren Sitz im Ausland, ausgenommen die bezeichneten Gebiete, hat, wenn sie das Umsatzgeschäft im eigenen Namen abgeschlossen hat.
(3) Ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt, so liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn
- 1.
der Abnehmer ein ausländischer Unternehmer ist und - 2.
das Beförderungsmittel den Zwecken des Unternehmens des Abnehmers dient.
(3a) Wird in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung nicht für unternehmerische Zwecke erworben und durch den Abnehmer im persönlichen Reisegepäck ausgeführt, liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn
- 1.
der Abnehmer seinen Wohnort oder Sitz im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, hat, - 2.
der Gegenstand der Lieferung vor Ablauf des dritten Kalendermonats, der auf den Monat der Lieferung folgt, ausgeführt wird und - 3.
der Gesamtwert der Lieferung einschließlich Umsatzsteuer 50 Euro übersteigt.
(4) Die Voraussetzungen der Absätze 1, 3 und 3a sowie die Bearbeitung oder Verarbeitung im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b.
(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).
(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.
(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt
- 1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen; - 2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; - 3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
(2) (weggefallen)
(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.
(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.
(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.
(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.
(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.
(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.
(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.
(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.
(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:
- 1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt. - 2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.
(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.
(8a) (weggefallen)
(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.
(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt
- 1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist; - 2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.
(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.
(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.
(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn
- 1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind; - 2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
- 1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert, - 2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder - 3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.
(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem
- 1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und - 2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.
(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.
(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).
(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:
- 1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände; - 2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände; - 3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere; - 4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen; - 5.
(weggefallen); - 6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte; - 7.
- a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler - b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden, - c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, - d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
- 8.
- a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht, - b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
- 9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist; - 10.
die Beförderungen von Personen - a)
im Schienenbahnverkehr, - b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr - aa)
innerhalb einer Gemeinde oder - bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
- 11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind; - 12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände; - 13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen - a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder - b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände - aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden, - bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder - cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
- 14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten; - 15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
- *)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung: - "10.
- a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen, - b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr - aa)
innerhalb einer Gemeinde oder - bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."
(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:
- 1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird; - 2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen; - 3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen; - 4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.
(1) Der Umsatz wird bei Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1) und bei dem innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger oder von einem anderen als dem Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen, jedoch abzüglich der für diese Leistung gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer. Bei dem innergemeinschaftlichen Erwerb sind Verbrauchsteuern, die vom Erwerber geschuldet oder entrichtet werden, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Bei Lieferungen und dem innergemeinschaftlichen Erwerb im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 sind die Kosten für die Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe b und die vom Auslagerer geschuldeten oder entrichteten Verbrauchsteuern in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten), gehören nicht zum Entgelt. Liegen bei der Entgegennahme eines Mehrzweck-Gutscheins (§ 3 Absatz 15) keine Angaben über die Höhe der für den Gutschein erhaltenen Gegenleistung nach Satz 2 vor, so wird das Entgelt nach dem Gutscheinwert selbst oder nach dem in den damit zusammenhängenden Unterlagen angegebenen Geldwert bemessen, abzüglich der Umsatzsteuer, die danach auf die gelieferten Gegenstände oder die erbrachten Dienstleistungen entfällt.
(2) Werden Rechte übertragen, die mit dem Besitz eines Pfandscheins verbunden sind, so gilt als vereinbartes Entgelt der Preis des Pfandscheins zuzüglich der Pfandsumme. Beim Tausch (§ 3 Abs. 12 Satz 1), bei tauschähnlichen Umsätzen (§ 3 Abs. 12 Satz 2) und bei Hingabe an Zahlungs statt gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Die Umsatzsteuer gehört nicht zum Entgelt.
(3) (weggefallen)
(4) Der Umsatz wird bemessen
- 1.
bei dem Verbringen eines Gegenstands im Sinne des § 1a Abs. 2 und des § 3 Abs. 1a sowie bei Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes; - 2.
bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1 nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Zu diesen Ausgaben gehören auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, soweit das Wirtschaftsgut dem Unternehmen zugeordnet ist und für die Erbringung der sonstigen Leistung verwendet wird. Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 Euro, sind sie gleichmäßig auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem für das Wirtschaftsgut maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a entspricht; - 3.
bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 2 nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben. Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 gilt entsprechend.
(5) Absatz 4 gilt entsprechend für
- 1.
Lieferungen und sonstige Leistungen, die Körperschaften und Personenvereinigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften im Rahmen ihres Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahestehende Personen sowie Einzelunternehmer an ihnen nahestehende Personen ausführen, - 2.
Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer an sein Personal oder dessen Angehörige auf Grund des Dienstverhältnisses ausführt,
(6) Bei Beförderungen von Personen im Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen, die nicht im Inland zugelassen sind, tritt in den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) an die Stelle des vereinbarten Entgelts ein Durchschnittsbeförderungsentgelt. Das Durchschnittsbeförderungsentgelt ist nach der Zahl der beförderten Personen und der Zahl der Kilometer der Beförderungsstrecke im Inland (Personenkilometer) zu berechnen. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung das Durchschnittsbeförderungsentgelt je Personenkilometer festsetzen. Das Durchschnittsbeförderungsentgelt muss zu einer Steuer führen, die nicht wesentlich von dem Betrag abweicht, der sich nach diesem Gesetz ohne Anwendung des Durchschnittsbeförderungsentgelts ergeben würde.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 1991 kaufte die damals noch in Gründung befindliche Klägerin von der Treuhandanstalt, die nunmehr unter dem Namen der Beklagten handelt, das Bergwerkseigentum zweier Bergfelder für den Bodenschatz "Kiese und Kiessande" zum Preis von 2.500.000 DM. Nach Erteilung der erforderlichen Genehmigungen wurde der Kaufpreis bezahlt ; Übergabe, Nutzung und Lastentragung sind erfolgt.
Mit Schreiben vom 4. August 1993 forderte die Klägerin von der Treuhandanstalt eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der nach ihrer Auffassung im vereinbarten Kaufpreis enthaltenen Umsatzsteuer. Nachdem das Finanzamt der Treuhandanstalt in anderer Sache mit Schreiben vom 19. November 1993 mitgeteilt hatte, daß die entgeltliche Übertragung von Bergwerkseigentum umsatzsteuerbar und umsatzpflichtig sei, erteilte die Treuhandanstalt mit Schreiben vom 22. März 1994 der Klägerin eine Rechnung über netto 2,5 Mio. DM zuzüglich 14 % Umsatzsteuer, insgesamt 2,85 Mio. DM und forderte sie zur Zahlung der (weiteren) 350.000 DM auf. Ein Angestellter der Klägerin überwies ohne Anweisung der Geschäftsführung diesen Betrag am 12. April 1994 an die Treuhandanstalt, die ihn an das zuständige Finanzamt weiterleitete. Mit der Klage verlangt die Klägerin Rückzahlung der nach ihrer Auffassung zu Unrecht von der Beklagten geforderten und von ihr gezahlten Umsatzsteuer von 350.000 DM sowie die Erteilung einer Rechnung über einen Kaufpreis von 2.192.982,50 DM zuzüglich 307.017,55 DM Mehrwertsteuer. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat im wesentlichen Erfolg gehabt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält einen Rückforderungsanspruch der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB sowie einen Anspruch auf Rechnungs-stellung mit Umsatzsteuerausweis gemäß § 14 Abs. 1 UStG für begründet. Die Zahlung von 350.000 DM Umsatzsteuer sei ohne Rechtsgrund erfolgt. Eine Zahlungspflicht der Klägerin folge weder aus dem Vertrag noch aus einer an §§ 133, 157 BGB orientierten Auslegung der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen noch aus einem Handelsbrauch. Eine Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zugunsten der Beklagten scheitere schon daran, daß der von ihr behauptete beiderseitige Irrtum für sie weder unvermeidbar noch unvorhersehbar gewesen sei. Auch eine im Wege der Vertragsergänzung auszufüllende Regelungslücke im Sinne des § 9 Ziff. 2 Satz 3 der Kaufurkunde liege nicht vor. Selbst wenn die getroffene Regelung unbillig sei, habe sich die Verkäuferin lediglich wegen falscher Einschätzung der Umsatzsteuerpflicht verkalkuliert.
II.
Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis nicht stand.
1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß ein vereinbarter Kaufpreis grundsätzlich auch die hierauf zu entrichtende Umsatzsteuer mit einschließt , falls nicht etwas anderes vereinbart wurde oder sich ein abweichender Handelsbrauch entwickelt hat (BGHZ 58, 292 ff, 295 m.w.N.; 60, 199 ff, 203 m.w.N.; 103, 284 ff, 287; 115, 47 ff, 50).
2. Ohne Rechtsfehler vertritt es auch die Auffassung, daß die Parteien die Frage, wer eine etwaige Umsatzsteuer zu tragen hat, nicht ausdrücklich geregelt haben. Zwar wendet sich die Revision zu Recht gegen die Auslegung des Berufungsgerichts, schon der gewählte Vertragswortlaut "der Kaufpreis für
das Bergwerkseigentum beträgt insgesamt DM 2.500.000" spreche für eine abschließende Regelung. Denn der verwendete Begriff "insgesamt" bezieht sich erkennbar nur auf die aufgeschlüsselten Kaufpreisteile von 0,6 Mio DM und 1,9 Mio. DM für die beiden verkauften Bergfelder. Unstreitig haben die Parteien jedoch über die Frage, wer eine Umsatzsteuer zu tragen hat, nicht verhandelt. Die Beklagte macht vielmehr geltend, der Vertrag sei in der beiderseitigen Annahme geschlossen worden, das vereinbarte Rechtsgeschäft unterliege nicht der Umsatzsteuerpflicht. Dann aber kommen außerhalb des Erklärungsaktes liegende Umstände, die im Rahmen der Auslegung den zwingenden Rückschluß auf eine gewollte Überwälzung der Umsatzsteuerpflicht auf die Klägerin zuließen, nicht in Betracht. Die in § 5 Ziff. 1 des Kaufvertrags enthaltene Freistellungsverpflichtung der Käuferin betrifft nur die Pflichten der Käuferin im Rahmen der Nutzung und Wiedernutzbarmachung des Bergwerkeigentums , nicht den steuerlichen Aspekt.
3. Dagegen kann dem Berufungsgericht nicht darin gefolgt werden, daß dem Vertrag eine Regelung auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung entnommen werden kann. Zwar ist es richtig, daß die hierzu erforderliche Lücke nicht daraus hergeleitet werden kann, daß sich die getroffene Preisabsprache als unbillig erweist. Wohl aber sind die Voraussetzungen für die ergänzende Vertragsauslegung dann gegeben, wenn der Vortrag der Beklagten zutrifft, nach dem die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen sind, daß der Kaufvertrag nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliege. Denn in diesem Fall haben die Parteien die Frage, wer die Umsatzsteuer zu tragen hat, an sich als regelungsbedürftig angesehen, ihre Regelung aber als unerheblich erachtet. Es liegt dann kein in ihre Risikosphäre fallender einseitiger Kalkulationsirrtum der Beklagten, sondern eine Regelungslücke vor, die im Wege der
ergänzenden Auslegung zu schließen ist. Dies geht den Grundsätzen der Anpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei einem gemeinschaftlichen Kalkulationsirrtum (vgl. BGH, Urt. v. 4. April 1973, VIII ZR 191/72, WM 1973, 677, 679; BGH, Urt. v. 18. November 1975, VI ZR 153/73, DB 1976, 234 ff, 235; BGH, Urt. v. 14. Dezember 1977, VIII ZR 34/76, WM 1978, 91 ff = JR 1978, 237 m. Anm. Ohlsen = MDR 1978, 834 m. Anm. Weiß; Palandt/ Heinrichs 58. Aufl. § 242 Rdn. 150 m.w.N.; Soergel/Teichmann 12. Aufl. § 242 Rdn. 237 m.w.N.; Knapp, Einfluß nicht erwarteter steuerlicher Folgen auf Schenkungen, BB 1979, 1207 ff) vor. Die von der Revisionserwiderung in Bezug genommene Entscheidung des VIII. Zivilsenats vom 4. April 1973 (VIII ZR 191/72, WM 1973, 677) steht nicht entgegen, weil dort die Parteien die Auswirkungen des UStG 1967 auf die Vertragsabwicklung, d.h. die aktuelle steuerrechtliche Behandlung des Vorgangs, gerade nicht bedacht haben. Hier haben sie sie nach dem Vortrag der Beklagten dagegen bedacht, jedoch übereinstimmend falsch eingeschätzt. Hätten sie sich insoweit aber nicht geirrt, hätten sie bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner den Kaufpreis als Nettokaufpreis ausgewiesen , weil dies die Klägerin im Hinblick auf ihre Vorsteuerabzugsberechtigung wirtschaftlich im Ergebnis nicht nachteilig belastet und eine andere Regelung der Beklagten nicht zugemutet werden könnte.
Das Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei wird das Berufungsgericht auch zu würdigen haben, daß die Klägerin eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis von der Beklagten erst mit zeitlicher Verzögerung verlangte und den Vorsteuerabzug erst aufgrund steuerrechtlicher Beratung geraume Zeit nach Vertragsschluß durchführte.
Wenzel Vogt Lambert-Lang Tropf Schneider
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.