Finanzgericht Münster Urteil, 29. Apr. 2014 - 2 K 3993/12 G
Tenor
Der Bescheid über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2009 vom 13.05.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.10.2012 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i. H. v. des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d :
2Streitig ist, ob die Klägerin im Streitjahr 2009 als Clinical Research Associate II gewerbesteuerpflichtige Einkünfte erzielt hat.
3Die Klägerin erwarb nach eigenen Angaben im Jahr 1975 die Fachoberschulreife, besuchte anschließend bis Juli 1976 die Berufsfachschule für das Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft und durchlief anschließend eine Ausbildung zur examinierten Krankenschwester (Abschluss 31.07.1979), 1984 erwarb sie die Qualifikation „Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivmedizin“. Im Juli 2012 schloss sie ein 5 semestriges, berufsbegleitendes Studium an der Universität R im Ausbildungsbereich „Clinical Research“ mit dem akademischen Grad eines Master auf Science ab. Voraussetzung für die Zulassung zu dem Universitätslehrgang ist „eine mindestens drei- bis vierjährige einschlägige Berufserfahrung im Gesundheitswesen, wenn damit eine zulassungsrelevante Qualifikation erworben wurde, über die das Rektorat der Universität R entschieden hat.“
4Von 2004-2010 nahm sie an Fort-und Weiterbildungen in den Bereichen „Monitoring von klinischen Prüfungen“ , „erfolgreiches Selbst-und Zeitmanagement“, CRM Basic for Employees“, „Medizinprodukte“, „Clinical Research with Medical Devices for advanced CRAs“, „Motivational Study Management“, „InForm 4.5 Delta Training“, „GCP-Inspektionen“, „Medizinprodukte 2010“ teil.
5Beruflich tätig war sie unter anderen als „Field Clinical Research Coordinator“, „Verkaufsrepräsentant“, „Produktspezialist“, „Clinical Affairs Manager“, „Pflegeberater“, „Fachkrankenschwester“. Seit 2009 ist sie hauptberuflich als selbständige Clinical Research Associate II tätig.
6Im Dezember 2009 wandte sich die Klägerin mit der Bitte um ein Auskunftsersuchen an das Finanzamt U. Gegenstand des Auskunftsersuchens war die steuerliche Behandlung der Tätigkeit der Klägerin im Bereich Clinical Research Associate (klinische Forschung). Dem Auskunftsersuchen beigefügt war unter anderem eine „Tätigkeitsbeschreibung für einen klinischen Monitor bzw. auch CRA genannt“, auf die Bezug genommen wird. Das Finanzamt U lehnte die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ab, führte in einer unverbindlichen Stellungnahme jedoch aus, dass die Tätigkeit der Klägerin als gewerblich zu beurteilen sein dürfte.
7Am 13.05.2011 erging ein Bescheid für 2009 über den Gewerbesteuermessbetrag, in welchem, ausgehend von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 29.080,01 EUR, ein Gewerbesteuermessbetrag i.H.v. 157 EUR festgesetzt wurde.
8Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, weil sie der Ansicht war, nicht eine gewerbliche, sondern eine freiberufliche Tätigkeit gemäß § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) auszuüben. Zur Begründung trug sie vor, nach eingehender Einweisung klinische Studien im medizinisch-wissenschaftlichen Bereich selbstständig und eigenverantwortlich durchzuführen, wozu sie u. a. Pläne zur Erforschung der jeweils vermuteten Wirkmechanismen erstelle, die Prüfbögen in wissenschaftliche Dokumentationen umsetze, Testverfahren entwickele etc. Aus einer Entscheidung des FG Saarland vom 23.03.1999 ergebe sich, dass es sich bei der Ausübung einer derartigen Tätigkeit um eine selbstständige, wissenschaftliche Tätigkeit handele.
9Der Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 23.10.2012 führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass es für die Frage, ob eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt werde, sowohl auf die formelle Qualifikation des Steuerpflichtigen als auch auf die von ihm tatsächlich ausgeübte Tätigkeit ankomme. Unter Zugrundelegung der Argumentation des Finanzgerichts München, welches mit Urteil vom 16.11.2004 entschieden habe, dass ein klinischer Monitor gewerblich tätig sei, komme eine Qualifizierung der Tätigkeit als freiberuflich nicht in Betracht.
10Am 21.11.2012 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.
11Zur Begründung wiederholt sie ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren und hebt hervor, dass sie am 31.07.2012 den nebenberuflichen Universitätslehrgang Clinical Research mit dem akademischen Grad eines Master of Science abgeschlossen habe. Der Studiengang werde wie folgt beschrieben: „Mit dem Universitätslehrgang „Clinical Research“ wird eine systematische wissenschaftliche Ausbildung für die klinische Forschung, vor allem im Zusammenhang von neuen pharmazeutischen bzw. medizintechnischen Produkten, angeboten.“
12Seit 2009 sei sie hauptberuflich als selbstständige CRA II tätig. Im Gegensatz zum reinen klinischen Monitoring beinhalte dies wesentlich umfangreichere Tätigkeiten, die eigenständiges Denken und Handeln erforderten, wie beispielsweise das Erstellen und Bearbeiten wissenschaftlicher Dokumente.
13Zu den typischen Aufgaben ihrer Tätigkeit, welche sich aus den Verträgen mit ihren Hauptkunden ergäben, gehörten:
14• Kommunikation und eigenständige Koordination mit Ethikkommissionen und Gesundheitsbehörden,
15• Stellung von umfassenden Ethikanträgen zur Einreichung und zur Einholung der zustimmenden Bewertung einer klinischen Studie,
16• Anträge zur Einreichung beim Bundesamt für Strahlenschutz zwecks der Genehmigung einer klinischen Studie (dazu gehört auch Recherche des gegenwärtigen wissenschaftlichen Stands),
17• Vorbereitung und Erstellung von Dokumenten, die von Ethikkommissionen und Behörden gefordert werden,
18• Anforderungen und Nachforderungen von Ethikkommissionen und Behörden eigenständig bearbeiten, Änderungen in Studiendokumenten vornehmen und wieder einreichen,
19• Einholung von Genehmigungen,
20• eigenverantwortliche inhaltliche Prüfung von zustimmenden Bewertungen von Ethikkommissionen und Behördengenehmigungen,
21• Lokalisierung von geeigneten Prüfärzten und Prüfzentren für klinische Studien, Prüfung und Beurteilung der Qualifikation der Prüfärzte und Zentren. Für diese Beurteilungen werden umfangreiche Berichte erstellt.
22• Entwickeln und überprüfen von Studienprotokollen, Patienteninformationen, standardisierte Arbeitsanweisungen, Monitorring Pläne entwerfen,
23• Gestaltung und Prüfungen von Keys-Report-Form (Formular zu Erhebung, Sammlung wissenschaftlicher Daten,
24• Beratung von Ärzten, die klinische Studien durchführen,
25• Überwachung der Studienzentren zur Sicherstellung, dass jedes Zentrum studienspezifische Aufgaben erfüllt, die nationalen Gesetze und internationalen Richtlinien einhält,
26• überprüfen, ob die in die CRF‘s eingetragenen Daten korrekt aus den Quelldaten übertragen wurden,
27• regelmäßige Treffen, Diskussionen, Schulungen mit Prüfärzten, Studienkoordinatoren im Verlauf einer klinischen Studie,
28• Anfertigung umfangreicher Berichte mit eigenen Wertungen und Empfehlungen in Bezug auf die verschiedenen Besuche, die typischerweise von CRA‘s in den Zentren durchgeführt werden,
29• Sicherstellung, dass Studienprodukte in den Prüfzentren korrekt eingesetzt, gelagert, bilanziert und an die Sponsoren zurückgeschickt werden,
30• regelmäßige Teilnahme an studienspezifischen Meetings bei den Sponsoren, wobei alle Aspekte einer klinischen Studie mit dem Team besprochen werden und Lösungen bei Problemen im Team erarbeitet werden, dazu gehören auch Diskussionen der Ergebnisse klinischer Studien,
31• Archivierung von Studiendokumentation und Korrespondenz (elektronisch und als Papierdokumentation
32• Schließung von Studienzentren nach Abschluss einer klinischen Studie,
33• Schulung, Überwachung und klinische Unterstützung der Anwender beim Einsatz der Studienprodukte im Herzkatheterlabor zur Sicherstellung, dass die Produkte nach der Gebrauchsanweisung eingesetzt werden.
34Da sie ihre Tätigkeit im Rahmen geistiger Arbeit und eigener Arbeitskraft ausübe, darüber hinaus die persönliche Arbeitsleistung des Berufsträgers im Vordergrund stehe, übe sie eine selbständige Tätigkeit aus.
35Die vom Beklagten angeführte Entscheidung des Finanzgerichts München vom 16.11.2004 (6K 86/03) sei nicht mit dem hier vorliegenden Fall vergleichbar, weil die Klägerin neben den ausgeübten Tätigkeiten einen wissenschaftlichen Universitätslehrgang besucht habe, der das Berufsfeld des Clinical Research Associate konkret abdecke. Damit sei sichergestellt, dass der Inhalt der beruflichen Tätigkeit wissenschaftlichen Standards genüge und die Klägerin die hier erlangten wissenschaftlichen Erkenntnisse in ihrem beruflichen Tätigkeitsfeld umsetze.
36Unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung sei die Tätigkeit zudem den Heilberufen, z.Bsp. dem eines Krankengymnasten oder eines Krankenhaushygienikers ähnlich, so dass eine Einstufung als freiberuflich auch und sogar vornehmlich unter diesem Aspekt geboten sei.
37Die Klägerin beantragt,
38den Bescheid über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrag 2009 vom 13.05.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.10.2012 aufzuheben,
39hilfsweise, die Revision zuzulassen.
40Der Beklagte beantragt,
41die Klage abzuweisen,
42hilfsweise, die Revision zuzulassen.
43Zur Begründung verweist er auf das Vorverfahren, zumal die Klägerin in ihrer Klagebegründung keine neuen Tatsachen oder Beweismittel beigebracht habe, die nicht schon bei der Entscheidungsfindung Berücksichtigung gefunden hätten.
44Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Gericht vorliegenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
45Der Senat hat am 29.04.2014 mündlich verhandelt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
46E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
47Die Klage ist begründet.
48Die Klägerin hat im Streitjahr 2009 eine einem Heilberuf ähnliche, selbständige Berufstätigkeit ausgeübt; der Beklagte hat die Tätigkeit der Klägerin daher zu Unrecht als gewerbliche Tätigkeit angesehen. Der angefochtene Bescheid über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
49Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG u.a. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Nach S. 2 der Vorschrift gehören zu der freiberuflichen Tätigkeit u.a. die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche Tätigkeit sowie die selbständige Berufstätigkeit von Ärzten, Zahnärzten, Heilpraktikern, Dentisten, Krankengymnasten und ähnlichen Berufen.
50Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin hat diese im Streitjahr keine wissenschaftliche Tätigkeit ausgeübt.
51Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, die der erkennende Senat für zutreffend hält, kann von einer wissenschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG nur ausgegangen werden, wenn eine hochstehende, besonders qualifizierte Arbeit ausgeübt wird, die dazu geeignet ist, schwierige Streit-und Grenzfälle nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten zu lösen. Wissenschaftliche Tätigkeit setzt daher wissenschaftliche Kenntnisse und Methodik voraus, wenn auch ein Hochschulstudium nicht generell unverzichtbar ist. Da der Begriff der Wissenschaftlichkeit aber in besonderem Maße mit den Disziplinen verbunden ist, die an den Hochschulen gelehrt werden, reichen Kenntnisse, die ein Steuerpflichtiger sich lediglich aufgrund praktischer Erfahrung angeeignet hat, in der Regel nicht als Grundlage für eine wissenschaftliche Tätigkeit aus (BFH-Urteile vom 08.10. 2008 VIII R 74 / 05, BFHE 223, 261, BStBl II 2009, 238 und vom 13.11. 2000 IV R 48/99, BFHE 193, 482, BStBl II 2001,241, jeweils m. w. N.).
52Im Streitfall hat die Klägerin erst im September 2009 einen auf die Dauer von 5 Semestern angelegten Universitätslehrgang in dem Fach „Clinical Research“ begonnen. Da wissenschaftliches Arbeiten, d.h. wissenschaftliches Forschen und die Anwendung wissenschaftlicher Ergebnisse erst im Rahmen eines Studienganges vermittelt wird, könnte allenfalls und frühestens nach Abschluss des Studiums im Jahr 2012 angenommen werden, dass die Klägerin auf dem Gebiet „Clinical Research“ wissenschaftlich tätig geworden ist.
53Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass mit dem Studieneingang „Clinical Research“ eine systematische wissenschaftliche Ausbildung für die klinische Forschung angeboten worden sei. Dass sie es als erforderlich oder zumindest sinnvoll angesehen hat, diesen Studiengang nebenberuflich durchzuführen, zeigt ebenfalls, dass sie die entsprechende Qualifikation bzw. die entsprechenden Fähigkeiten zuvor nicht gehabt hat. Dies ergibt sich auch aus dem von ihr vorgelegten Lebenslauf. Weder die bis dahin durchlaufene Schul-und Berufsausbildung noch die von ihr angeführten Fort-und Weiterbildungen lassen den Schluss zu, dass sie vor Abschluss des Hochschulstudiengangs zu wissenschaftlichem Arbeiten befähigt gewesen ist. Zwar hat die Klägerin u.a. auch Weiterbildungen im Bereich „Clinical Research“ besucht. Allein auf Grund der Dauer dieser Fortbildungen (1-3 Tage) kann aber ausgeschlossen werden, dass dabei wissenschaftliches Arbeiten in einer einem Hochschulstudium vergleichbaren Art vermittelt worden sind. Wissenschaftliche Tätigkeit setzt nämlich wissenschaftliche Kenntnisse und Methodik voraus, die zu einer hochstehenden, besonders qualifizierten Arbeit, die geeignet ist, schwierige Streit-oder Grenzfälle nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten zu klären, qualifiziert ( BFH-Urteile vom 11. 06. 1997 XI R 2/95, BFHE 183, 450, BStBl II 1997,687 und vom 08.10. 2008 VIII R 74 / 05, BFHE, 223, 261,BStBl II 2009, 238). Dies erfordert in der Regel eine mehrere Semester dauernde Ausbildung mit entsprechenden Leistungs-und Abschlussprüfungen nach staatlich vorgegeben Standards.
54Zwar ist wissenschaftlich nicht nur derjenige tätig, der forschende oder schöpferische Arbeit (reine Wissenschaft) leistet, sondern auch derjenige, der aus der Forschung hervorgegangenes Wissen auf konkrete Vorgänge anwendet, sogenannte angewandte Wissenschaft. Von wissenschaftlichen Arbeiten kann aber auch dann nur gesprochen werden, wenn grundsätzliche Fragen oder konkrete Vorgänge methodisch in ihren Ursachen erforscht, begründet und in einen Sinnzusammenhang gebracht werden, wie z.B. in einem wissenschaftlichen Gutachten über schwierige Fragen ( BFH-Urteil vom 27.02.1992 IV R 27 / 90, BFHE 168, 59, BStBl II 1992,826 m. w. N.). Auch dafür ist somit vorausgesetzt, dass wissenschaftliche Kenntnisse und Arbeitsmethoden vorhanden sind, was bei der Klägerin, wie ausgeführt, nicht ersichtlich ist.
55Jedoch hat die Klägerin im Streitjahr eine dem Katalogberuf des Krankengymnasten oder Heilpraktikers ähnliche Tätigkeit ausgeübt.
56Der BFH hat den Katalogberuf des Krankengymnasten oder Heilpraktikers immer dann zum Vergleichsmaßstab genommen, wenn ein einem Heilberuf ähnliches Berufsbild zur Beurteilung stand (so z.B. Fachkrankenpfleger für Krankenhaushygiene: BFH-Urteil vom 06.09. 2006 XI R 64/05, BFHE 215, 119, BStBl II 2007,177; Krankenschwester: BFH-Urteil vom 30.09.1999 V R 56/97, BFHE 189, 569, BFH/NV 2000, 284; medizinisch-technische Assistentin: BFH-Urteil vom 19.01.1998 V R 3/96, BFHE 185, 287, BStBl II 1998, 453).
57Ein ähnlicher Beruf im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG liegt dann vor, wenn der Beruf in wesentlichen Punkten mit einem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG genannten Katalogberufe verglichen werden kann, wobei sich die Vergleichbarkeit sowohl auf die Ausbildung als auch die ausgeübte Tätigkeit bezieht. Die für den vergleichbaren Katalogberuf erforderlichen Kenntnisse müssen nachgewiesen sein und die so qualifizierte Arbeit muss den wesentlichen Teil der gesamten Berufstätigkeit ausmachen und dem ähnlichen Beruf das Gepräge im Sinne des Katalogberufs geben (BFH-Urteil vom 22. 01.2004 IV R 51/01, BFHE 204, 151, BStBl II 2004, 509).
58Im Streitfall verfügte die Klägerin nicht über eine abgeschlossene Ausbildung zur Clinical Research Associate. Zwar hat sie einen Masterstudiengang „Clinical Research“ an der Universität R absolviert, diesen aber erst im Jahr 2012, mithin nach dem Streitjahr abgeschlossen. Der Senat geht dennoch davon aus, dass die Klägerin Fachkenntnisse besitzt, die denen des vergleichbaren Katalogberufs entsprechen.
59Zu beachten ist dazu, dass, soweit ersichtlich, das Berufsbild des Clinical Research Associate in Deutschland keine gesetzlich geschützte Berufsform darstellt und dementsprechend keine entsprechende gesetzliche Berufsausbildung existiert (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Liste der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe und Berufe in Erprobung,www2.bibb.de), die die Klägerin hätte erwerben können. Die Klägerin ist jedoch examinierte Krankenschwester und erwarb zusätzlich die Qualifikation „Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivmedizin“. Nach unbestrittenem Vortrag in der mündlichen Verhandlung ist sie seit 1995 in der klinischen Forschung nicht zugelassener Produkte in ganz Europa tätig und hat daher auf diesem Gebiet langjährige Erfahrungen gesammelt. Daher wurde sie auch ohne vorangegangenes Bachelorstudium zu dem Masterstudiengang „Clinical Research“ zugelassen. Nach den Zulassungsvoraussetzungen der Universität R musste die Klägerin dazu eine zulassungsrelevante Qualifikation aufgrund einer mindestens 3-4 -jährigen einschlägigen Berufserfahrung im Gesundheitswesen nachweisen.
60Darüber hinaus ist auch die Tätigkeit der Klägerin mit denen in anderen Heilberufen (z.B. Hygienefachkrankenpfleger oder Krankengymnast) vergleichbar.
61Eine ähnliche Tätigkeit liegt vor, wenn sie in ihrer Gesamtheit dem Bild eines in § 18 EStG aufgeführten Katalogberufs in allen seinen Merkmalen vergleichbar ist (BFH-Beschluss vom 16.09.1999 XI B 63/98, BFH/NV 2000, 424).
62Für die Einstufung des Fachkrankenpflegers für Krankenhaushygiene als Freiberufler hat der BFH dazu darauf abgestellt, dass dieser daran mitwirkt, dass in Krankenhäusern die Hygiene durch Maßnahmen zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen verbessert wird, so dass die Tätigkeit darauf gerichtet ist, den Heilerfolg sicherzustellen (BFH-Urteil vom 06.09.2006 XI R 64/05 BFHE 215,119, BStBl II 2007,177). Dies gilt in gleichem Maße für die Tätigkeit der Klägerin.
63Diese ist im Wesentlichen auf die Planung, Durchführung und Evaluation von klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln und Medizinprodukten ausgerichtet und umfasst darüber hinaus auch die Schulung, Überwachung und klinische Unterstützung der Anwender beim Einsatz der Produkte. Im Mittelpunkt der Tätigkeit steht somit, wie auch bei der Tätigkeit des Krankengymnasten, des Heilpraktikers oder (Fach-) Krankenpflegers, die Herbeiführung bzw. Sicherstellung eines Heilungserfolges beim Patienten, die die Klägerin nach ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung sogar durch den Abschluss einer Haftpflichtversicherung sicherstellen muss.
64Vor diesem Hintergrund entspricht die Tätigkeit der Klägerin auch nicht der eines Krankenhausberaters, welche der BFH nicht als freiberuflich eingestuft hat, weil der Schwerpunkt dort nicht auf ärztlichem Gebiet lag. Denn der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin liegt - anders als beim Krankenhausberater – nicht im Bereich der Organisation, sondern auf dem Gebiet der Heilberufe.
65Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
66Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 FGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
67Die Revision war zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Münster Urteil, 29. Apr. 2014 - 2 K 3993/12 G
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(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind
- 1.
Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit.2Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.3Ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.4Eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen; - 2.
Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie, wenn sie nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind; - 3.
Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z. B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied; - 4.
Einkünfte, die ein Beteiligter an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht, als Vergütung für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- oder Gemeinschaftszwecks erzielt, wenn der Anspruch auf die Vergütung unter der Voraussetzung eingeräumt worden ist, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben; § 15 Absatz 3 ist nicht anzuwenden.
(2) Einkünfte nach Absatz 1 sind auch dann steuerpflichtig, wenn es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit handelt.
(3)1Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens oder eines selbständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen erzielt wird, das der selbständigen Arbeit dient.2§ 16 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 und Absatz 1 Satz 2 sowie Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(4)1§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem der selbständigen Arbeit dienenden Betriebsvermögen gehört hat.2§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, Absatz 1a, Absatz 2 Satz 2 und 3, §§ 15a und 15b sind entsprechend anzuwenden.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.
(2) Vollstreckt wird
- 1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen, - 2.
aus einstweiligen Anordnungen, - 3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.
(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.