Finanzgericht München Urteil, 27. Apr. 2016 - 9 K 2913/15

published on 27/04/2016 00:00
Finanzgericht München Urteil, 27. Apr. 2016 - 9 K 2913/15
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Gericht

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Tenor

1. Der Aufhebungsbescheid vom 29. Januar 2015 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2015 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe

I.

Der Beklagte (die ...) setzte mit Bescheid vom 24. Oktober 2014 gegenüber dem Kläger Kindergeld für seinen am 8. Oktober 2014 geborenen Sohn für den Zeitraum von Oktober 2014 bis einschließlich Oktober 2032 fest.

Der Kläger war bis November 2014 für die AG nichtselbständig tätig und lebte mit seinem Sohn und seiner Lebenspartnerin - der Kindsmutter - in dem von seiner Lebenspartnerin angemieteten Einfamilienhaus. Nach der zwischen dem Kläger und der AG geschlossenen Vereinbarung vom 5. August 2014 (Vereinbarung) übernahm der Kläger mit Wirkung vom 1. Dezember 2014 eine Tätigkeit bei der S.A. de C.V. in Mexiko. Die Dauer des Auslandseinsatzes war bis zum 30. November 2017 befristet und endete zu diesem Zeitpunkt, wenn nicht zuvor eine Verlängerung erfolgt war; das Arbeitsverhältnis mit der AG wurde mit Beginn des Auslandseinsatzes ruhend gestellt. Nach der Präambel der Vereinbarung lebte das Arbeitsverhältnis mit der AG nach der Beendigung wieder auf und wurde zu hiesigen Konditionen fortgesetzt. Die AG behielt sich vor, den Kläger auch während der Laufzeit des Auslandsarbeitsvertrags unter Wahrung einer Frist von einem Monat zurückzurufen; bei Vorliegen eines außerordentlichen Grundes war es möglich in Absprache mit dem Internationalen Personalreferenten den Einsatz des Klägers bei der Gastgesellschaft früher zu beenden. Ab Dezember 2014 lebte der Kläger mit seiner Familie in Mexiko. Das Einfamilienhaus behielten der Kläger und seine Lebenspartnerin unverändert und vollständig eingerichtet bei; die von der Lebenspartnerin abgeschlossenen Versorgungsverträge (Wasser, Strom) liefen weiter. Der Kläger nutzte das Einfamilienhaus anlässlich von Dienstreisen vom 26. Januar bis 29. Januar 2015 und vom 20. bis 24. Juli 2015. Vom 19. Dezember 2015 bis 3. Januar 2016 bewohnte er es gemeinsam mit seiner Familie.

Mit Veränderungsmitteilung vom 11. November 2014 zeigte der Kläger der ... an, dass er ab 1. Dezember 2014 eine unselbstständige Beschäftigung im Ausland aufgenommen habe und legte die ersten beiden Seiten der Vereinbarung vor. Der Wohnsitz sowie der Lebensmittelpunkt der Eltern und der Kinder bleibe in Deutschland unter der gemeldeten Adresse; die Entsendung nach Mexiko sei auf drei Jahre befristet.

Daraufhin hob die ... mit Bescheid vom 29. Januar 2015 die Festsetzung des Kindergeldes ab dem Monat Dezember 2014 auf; die Anspruchsvoraussetzungen des § 62 des Einkommensteuergesetzes seien ab Dezember 2014 nicht mehr gegeben. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die ... mit Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2015 als unbegründet zurück. Der Kläger habe weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Das alleinige „Innehaben einer Wohnung“ reiche für einen Wohnsitz nicht aus. Vielmehr müsse der Steuerpflichtige die Wohnung jährlich regelmäßig zweimal zu Wohnzwecken über einige Wochen nutzen. Die kurzzeitigen Besuche des Klägers ohne seine Familie im Januar 2015 und Juli 2015 zu Berufszwecken kämen einem Aufenthalt mit Wohncharakter nicht gleich. Außerdem erfülle das Kind durch den Aufenthalt in Mexiko nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld.

Mit seiner Klage bringt der Kläger im Wesentlichen vor, entscheidend für die Beibehaltung des Wohnsitzes des Klägers sei, dass es sich bei seiner Entsendung lediglich um eine befristete Abordnung durch den inländischen Arbeitgeber handele, so dass der Kläger anschließend wieder an die ursprüngliche Tätigkeitsstätte zurückkehre und der Wohnsitz im Inland wieder alleiniger Wohnsitz werde. Eine Mindestanzahl von Tagen oder Wochen der Nutzung sei nicht erforderlich. Ein Aufenthalt des Klägers und seines Kindes in dem Mietshaus habe durchaus Wohncharakter, da er im gewohnten familiären Umfeld und somit in derselben vertrauten Umgebung stattgefunden habe, in der sich die Familie vor dem Auslandsaufenthalt bewegt habe und nach Beendigung wieder bewegen werde. Es handele sich bei dem Wohnsitz des Klägers um ein Mietshaus, das ganz den persönlichen Wünschen und Vorstellungen des Klägers entspreche und während des zeitlich befristeten Auslandsaufenthalts regelmäßig genutzt werde. Das Kind habe bereits vor dem Auslandseinsatz des Klägers am gemeinsamen Familienwohnsitz gelebt. Dieser sei somit sowohl vom Kläger als auch seinem Kind beibehalten worden. Ferner werde sich der Kläger vom 21. Juli bis 31. Juli 2016, dessen Sohn und Lebensgefährtin sogar vom 21. Juli bis 11. August 2016 in Deutschland aufhalten und dabei den Wohnsitz in Deutschland bewohnen.

Der Kläger beantragt, den Aufhebungsbescheid vom 29. Januar 2015 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2015 aufzuheben.

Die ... beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die ... verweist auf die Einspruchsentscheidung.

II.

Die Klage ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Aufhebungsbescheids vom 29. Januar 2015 sowie der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2015. Die ... hat zu Unrecht das Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes des Klägers und seines Sohnes verneint.

1. Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG) hat derjenige Anspruch auf Kindergeld, der im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, für Kinder, die im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

2. Gemäß § 8 der Abgabenordnung (AO) hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

a) Ein Steuerpflichtiger kann mehrere Wohnungen und mehrere Wohnsitze i.S. des § 8 AO haben. Diese können im Inland und/oder im Ausland gelegen sein. Ein Wohnsitz i.S. des § 8 AO setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige von dort aus seiner täglichen Arbeit nachgeht. Ebensowenig ist es erforderlich, dass der Steuerpflichtige sich während einer Mindestzahl von Tagen oder Wochen im Jahr in der Wohnung aufhält. Entscheidend ist allein, ob objektiv erkennbare Umstände dafür sprechen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung für Zwecke des eigenen Wohnens beibehält. Für die Beurteilung dieser Frage können alle Umstände des Einzelfalles herangezogen werden. Sie müssen nur nach der Lebenserfahrung den Schluss erlauben, dass der Steuerpflichtige die Wohnung hält, um sie als solche zu nutzen. Nach der Lebenserfahrung spricht es für die Beibehaltung eines Wohnsitzes i.S. des § 8 AO, wenn jemand eine Wohnung, die er vor und nach einem Auslandsaufenthalt als einzige ständig nutzt, während desselben unverändert und in einem ständig nutzungsbereiten Zustand beibehält (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. März 1997 I R 69/96, BFHE 182, 296, BStBl II 1997, 447). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Wohnung auch dann Wohnsitz sein, wenn der Steuerpflichtige sie zwischenzeitlich nur zu Ferien-, Erholungs- oder geschäftlichen Zwecken oder sogar überhaupt nicht aufsucht (vgl. Buciek in Beermann/Gosch, AO § 8 Rz 28).

b) Minderjährige Kinder teilen grundsätzlich den Wohnsitz ihrer Eltern (vgl. BFH-Urteil vom 7. April 2011 III R 77/09, BFH/NV 2011, 1351, m.w.N.).

3. Nach diesen Maßstäben haben im Streitzeitraum von Dezember 2014 bis Oktober 2015 - die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung entfaltet vorliegend bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung Bindungswirkung (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juli 2012 V R 58/10, BFH/NV 2012, 1953, m.w.N.) - sowohl der Kläger als auch sein Sohn einen Wohnsitz im Inland gehabt.

a) Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht im Streit, dass das Einfamilienhaus eine Wohnung i.S. des § 8 AO ist, welche der Kläger „innehat“. Entgegen der Auffassung der ... lassen auch die objektiv erkennbaren Begleitumstände des Innehabens darauf schließen, dass der Kläger die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Bis zum Beginn seines Auslandseinsatzes hat der Kläger - wie auch die ... nicht anzweifelt - im Dezember 2014 einen Wohnsitz im Inland gehabt. Diesen Wohnsitz hat er nicht mit Beginn seines Auslandseinsatzes aufgegeben, obschon seine Familie mit ihm nach Mexiko gegangen ist. Denn der Kläger und seine Lebensgefährtin haben das Einfamilienhaus unverändert und vollständig eingerichtet behalten sowie die Versorgungsverträge weiter laufen lassen. Damit haben sie das Einfamilienhaus für eine jederzeitige Nutzung während des Auslandseinsatzes bereitgehalten. Auch ist die weitere Benutzung des Einfamilienhauses in absehbarer Zeit zu erwarten. Nach der Vereinbarung endet der Auslandseinsatz des Klägers zum 30. November 2017 und sein bisheriges Arbeitsverhältnis mit der AG lebt wieder auf. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger ab Dezember 2017 mit seiner Familie wieder in dem Einfamilienhaus wohnen wird. Ein Zeitraum von drei Jahren (Dezember 2014 bis November 2017) ist (noch) als absehbar anzusehen. Hinzu kommt, dass der Kläger von der AG jederzeit unter Wahrung einer Frist von einem Monat zurückgerufen werden konnte und sein Einsatz bei der Gastgesellschaft bei Vorliegen eines außerordentlichen Grundes in Absprache mit dem Internationalen Personalreferenten früher beendet werden konnte. Damit ist es möglich gewesen, dass der Kläger kurzfristig ins Inland in das Einfamilienhaus zurückkehren konnte. Für die Beibehaltung des Wohnsitzes spricht weiter, dass der Kläger das Einfamilienhaus vom 26. Januar bis 29. Januar 2015 und vom 20. bis 24. Juli 2015 allein sowie vom 19. Dezember 2015 bis 3. Januar 2016 mit seiner Familie genutzt hat. Zudem hat er durch Vorlage einer Buchungsbestätigung der L. AG mit Schriftsatz vom 15. April 2016 glaubhaft gemacht, dass er es auch vom 22. Juli bis 31. Juli 2016 mit seiner Familie nutzen wird.

Entgegen der Auffassung der ... ist dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung - AEAO -, BStBl I 2014, 290, zu § 8 AO, Nr. 4 (Satz 2), nicht zu entnehmen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung jährlich regelmäßig zweimal zu Wohnzwecken über einige Wochen nutzen muss, um seinen Wohnsitz beizubehalten. Dort wird lediglich unter Anführung des BFH-Urteils vom 23. November 1988 II R 139/87 (BFHE 155, 29, BStBl II 1989, 182) ausgeführt, es genüge (für die Annahme eines Wohnsitzes), dass die Wohnung z.B. über Jahre hinweg jährlich regelmäßig zweimal zu bestimmten Zeiten über einige Wochen benutzt werde. Ebenso müssen - wie unter 2a) ausgeführt - die Aufenthalte des Klägers in dem Einfamilienhaus während seines Auslandseinsatzes nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen. Die von der ... für seine Auffassung angeführte Rechtsprechung des BFH, nach der bei einem auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Urlaubszwecken, Besuchszwecken oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen, nicht ausreicht, um „zwischenzeitliches Wohnen“ und damit einen inländischen Wohnsitz anzunehmen (z.B. BFH-Urteil vom 25. September 2014 III R 10/14, BFHE 247, 239, BStBl II 2015, 655, m.w.N.), ist für die Beurteilung des Streitfalles nicht einschlägig. Denn sie ist nicht zu Sachverhalten wie dem Streitfall ergangen, in denen der Steuerpflichtige - wie der Kläger - eine Wohnung, die er vor und nach einem - zeitlich von vornherein befristeten - Auslandsaufenthalt als einzige ständig nutzt, während desselben unverändert und in einem ständig nutzungsbereiten Zustand beibehält.

b) Der erst im Oktober 2014 geborene, minderjährige Sohn des Klägers teilt den Wohnsitz seiner Eltern im Inland. Mit seiner Geburt hat er den Wohnsitz im Einfamilienhaus begründet, da er dort mit seinen Eltern bis zum Beginn des Auslandseinsatzes des Klägers gelebt hat. Ebenso hat er den Familienwohnsitz seiner Eltern während des Auslandseinsatzes des Klägers beibehalten. Dies gilt umso mehr, als die Familie das Einfamilienhaus vom 19. Dezember 2015 bis 3. Januar 2016 gemeinsam genutzt hat und - wie der Kläger durch Vorlage von Buchungsbestätigungen der L. AG mit Schriftsatz vom 15. April 2016 glaubhaft gemacht - vom 22. Juli bis 11. August 2016 nutzen wird, wobei der Kläger bereits am 31. Juli 2016 allein nach Mexiko zurückfliegen wird.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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published on 25/09/2014 00:00

Tatbestand 1 I. Es ist streitig, ob dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) für seine in den USA studierende Tochter (T) Kindergeld für den Zeitraum Januar 2009 bis A
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Tenor 1. Der Kindergeldaufhebungsbescheid vom 29.04.2016 und die hierzu erlassene Einspruchsentscheidung vom 26.01.2017 werden aufgehoben. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für
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Annotations

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1)1Als Kinder werden berücksichtigt

1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,
2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,
3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für die Berücksichtigung ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).4Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.5Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen.6Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a.7Kinder im Sinne von § 2 Absatz 4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.