Finanzgericht München Urteil, 25. Okt. 2017 - 7 K 2111/17

bei uns veröffentlicht am25.10.2017

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger ist polnischer Staatsbürger und war im Streitzeitraum in Inland ansässig. Im August 2013 beantragte er bei der beklagten Familienkasse (der Familienkasse) u.a. für seinen Sohn P (geboren am 26.1.1996) Kindergeld. Der Kläger wurde aufgefordert, weitere Unterlagen beizubringen. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers lagen der Familienkasse spätestens zum 12.9.2013 die zur Entscheidung notwendigen Unterlagen vor. Mit Schreiben vom 22.4.2014 legte der Kläger, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, Untätigkeitseinspruch ein, da die Familienkasse zu diesem Zeitpunkt noch nicht über den Antrag entschieden hatte. Mit Bescheid vom 10.10.2014 wurde der Kindergeldantrag des Klägers für den Sohn P für den Zeitraum bis Dezember 2012 abgelehnt. Mit Schreiben vom 3.11.2014 teilte die Familienkasse dem Kläger mit, dass der Untätigkeitseinspruch somit erledigt sei und die im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten nicht erstattet würden. Hiergegen legte der Kläger unter Verweis auf ein Urteil des FG Düsseldorf vom 08. Juni 2011 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 9.2.2015 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger ist der Auffassung, dass ein Erstattungsanspruch nach § 77 Abs. 1 EStG hinsichtlich der im Rahmen des Einspruchsverfahrens entstandenen Rechtsanwaltskosten bestehe. Dies gelte auch dann, wenn die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung abgelehnt habe. Durch die über sechs Monate andauernde „Nichtentscheidung“ über den Antrag habe die Familienkasse die Einspruchseinlegung veranlasst.

Der Kläger beantragt,

die Familienkasse unter Aufhebung der Ablehnungsverfügung vom 3.11.2014 und der hierzu erlassenen Einspruchsentscheidung zu verpflichten, ihm die außergerichtlichen Kosten im Zusammenhang mit dem Kindergeldantrag für den Sohn P zu erstatten.

Die Familienkasse beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 EStG lägen nicht vor, denn „erfolgreich“ im Sinne dieser Vorschrift sei ein Einspruch nur dann, wenn die Familienkasse zugunsten des Einspruchsführers tatsächlich über den Streitgegenstand entschieden habe.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Der Senat hat die Streitsache dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ FinanzgerichtsordnungFGO -).

II.

Die Klage ist unbegründet. Die Familienkasse hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten im Zusammenhang mit dem von ihm eingelegten Untätigkeitseinspruch zu erstatten.

1. Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG hat die Familienkasse dem Einspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist. Über ihren Wortlaut hinaus ist die Vorschrift auch auf Einsprüche gegen die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung (BFH-Urteil vom 23. Juli 2002 VIII R 73/00, BFH/NV 2003, 25) und gegen die damit verbundene Rückforderung des Kindergelds anwendbar. Einspruch im Sinne dieser Vorschrift ist auch ein sogen. Untätigkeitseinspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 AO, der auf die erstmalige Kindergeldfestsetzung zielt (vgl. Finanzgericht – FG - Hamburg, Gerichtsbescheid vom 06. Juni 2017 – 5 K 148/16 -, juris; FG - Köln, Urteil vom 21.11.2012, 14 K 1020/12, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2013, 713; FG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2011, 7 K 3951/10 Kg, juris; FG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2011, 7 K 85/11 Kg, EFG 2012, 529; Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz -DA-KGvom 13. Juli 2017, BStBl I 2017, 1006/1121 unter R 6.5).

2. Ein Einspruch – auch Untätigkeitseinspruch – ist jedoch nur „erfolgreich“ i.S.v. § 77 Abs. 1 EStG, wenn die Behörde zu Gunsten des Einspruchsführers tatsächlich über den Streitgegenstand des Einspruchsverfahrens entscheidet. Erledigt sich das Einspruchsverfahren dadurch, dass die Behörde lediglich aus anderen Gründen dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers entspricht, ist deshalb nicht von vorne herein von einem Erfolg des Einspruchs i.S.d. § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG auszugehen; in diesem Fall hängt die Kostenerstattung davon ab, ob die Behörde, wenn man das erledigende Ereignis außer Betracht lässt, über den Streitgegenstand zugunsten des Klägers hätte befinden müssen (FG Düsseldorf, Urteil vom 07. August 2003 – 18 K 1088/03 Kg, EFG 2003, 1802.). In jedem Fall setzt die Kostenerstattungspflicht nach § 77 Abs. 1 FGO voraus, dass dem Begehren des Klägers bezüglich seines geltend gemachten Kindergeldanspruches ganz oder teilweise entsprochen wird. Eine bloße formelle Erledigung des Untätigkeitseinspruchs dahingehend, dass die Behörde über den gestellten Antrag entscheidet, ist nicht ausreichend. Erforderlich ist auch eine Entscheidung, mit der die Behörde das beantragte Kindergeld gewährt. Eine -wie im Streitfall - Entscheidung, mit der der gestellte Kindergeldantrag abgelehnt wird, entspricht dem materiell-rechtlichen Begehren des Antragstellers nicht und wird entgegen der Auffassung des FG Düsseldorf im Urteil vom 08. Juni 2011 7 K 85/11 Kg, EFG 2012, 529 von § 77 Abs. 1 EStG nicht erfasst. Untätigkeitseinsprüche werden vom Anwendungsbereich des § 77 Abs. 1 EStG nur dann erfasst, wenn die Familienkasse nach einem gestellten Kindergeldantrag und eines wegen Untätigkeit der Behörde gestellten Untätigkeitseinspruchs auch das begehrte Kindergeld festsetzt. Nur dies entspricht dem Sinn und Zweck des § 77 Abs. 1 EStG, welcher von einem erfolgreichen Einspruch zugunsten des Einspruchsführers in der Sache ausgeht (vgl. auch FG Köln, Urteil vom 21. November 2012 – 14 K 1020/12, EFG 2013, 713).

3. Unabhängig von der Frage, ob ein erfolgreicher Einspruch vorliegt, liegen die Voraussetzungen für die Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren, welche infolge der Erhebung des Untätigkeitseinspruchs entstanden sind, auch deshalb nicht vor, weil die Zuziehung eines Rechtsanwalts nicht im Sinne von § 77 Abs. 2 EStG notwendig war.

Die Frage, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, im Sinne des § 77 Abs. 2 EStG notwendig war, ist aus der Sicht eines verständigen Bürgers vom Wissens- und Erkenntnisstand des Rechtsbehelfsführers zu beurteilen. Ein verständiger Bürger wird allerdings nicht einen Anwalt beauftragen, sondern die erforderlichen Nachweise selbst einreichen, wenn alle erforderlichen Hinweise von der Familienkasse in allgemein verständlicher Form gegeben worden sind und die Einreichung der angeforderten Daten und Unterlagen durch die Kindergeldberechtigte selbst oder mit Hilfe des erwachsenen Kindes möglich und zumutbar ist (vgl. BFH-Urteil VIII R 73/00, BFH/NV 2003, 25; Urteile des FG Hamburg vom 20. April 2004 III 465/03, EFG 2004, 1621, des FG Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2007 3 K 181/07, juris; Urteil des Sächsischen FG vom 15. Julli 2009 5 K 569/08 Kg, juris). Im Streitfall bestand für den Kläger keine Notwendigkeit, nach Ablauf von 7 Monaten nach Einreichung der von der Familienkasse angeforderten Unterlagen einen Rechtsanwalt mit der Erhebung eines Untätigkeitseinspruchs zu mandatieren. Vielmehr hätte er auch selbst nachfragen können, was der Grund für die verzögerte Bearbeitung seines Antrags gewesen ist. Wie die Familienkasse im Bescheid vom 15. Juni 2014 ausgeführt hat, lag der Grund in der Neuorganisation der Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit zum 1. Mai 2013. Dass die Einlegung des Untätigkeitseinspruchs zu einer Verkürzung der Bearbeitungsdauer geführt hat, ist nicht nachgewiesen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Abgabenordnung - AO 1977 | § 347 Statthaftigkeit des Einspruchs


(1) Gegen Verwaltungsakte1.in Abgabenangelegenheiten, auf die dieses Gesetz Anwendung findet,2.in Verfahren zur Vollstreckung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfin

Einkommensteuergesetz - EStG | § 77 Erstattung von Kosten im Vorverfahren


(1) 1Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. 2D

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 77


(1) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann der Vorsitzende sie unter Fristsetzung auffordern. Den Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Die Schr

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Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Höhe des Gegenstandswerts im Rahmen einer Kostenerstattung für das Vorverfahren. 2 Die Klägerin zog im September 2012 aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland und war seitdem in der Bundesrepu

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(1)1Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.2Dies gilt auch, wenn der Einspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 126 der Abgabenordnung unbeachtlich ist.3Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war.

(3)1Die Familienkasse setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.2Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes im Sinne des Absatzes 2 notwendig war.

(1) Gegen Verwaltungsakte

1.
in Abgabenangelegenheiten, auf die dieses Gesetz Anwendung findet,
2.
in Verfahren zur Vollstreckung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu vollstrecken sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Angelegenheiten, auf die dieses Gesetz nach § 164a des Steuerberatungsgesetzes Anwendung findet,
4.
in anderen durch die Finanzbehörden verwalteten Angelegenheiten, soweit die Vorschriften über die außergerichtlichen Rechtsbehelfe durch Gesetz für anwendbar erklärt worden sind oder erklärt werden,
ist als Rechtsbehelf der Einspruch statthaft. Der Einspruch ist außerdem statthaft, wenn geltend gemacht wird, dass in den in Satz 1 bezeichneten Angelegenheiten über einen vom Einspruchsführer gestellten Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes binnen angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist.

(2) Abgabenangelegenheiten sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften des Siebenten Teils finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Gegenstandswerts im Rahmen einer Kostenerstattung für das Vorverfahren.

2

Die Klägerin zog im September 2012 aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland und war seitdem in der Bundesrepublik Deutschland gemeldet. Sie beantragte am 08.12.2014 bei der Familienkasse Nord der Bundesagentur für Arbeit die Festsetzung von Kindergeld für ihr Kind A (geboren am ... 2005). Danach sollte sich A ab November 2013 in dem Haushalt der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Zuvor wurde A in dem Zeitraum September 2012 bis Oktober 2013 nach Angaben der Klägerin von der Mutter der Klägerin in deren Haushalt in Polen betreut. Die Familienkasse Nord gab die Akte zuständigkeitshalber im Januar 2015 an die Beklagte ab.

3

Am 03.02.2016 beauftragte die Klägerin den Prozessbevollmächtigten. Am 10.02.2016 erhob dieser namens und in Vollmacht der Klägerin Einspruch "dagegen, dass der Antrag noch nicht beschieden" war, und beantragte, "unverzüglich eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung zu erlassen."

4

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 15.03.2016 Kindergeld für A ab November 2013 fest. Für den Zeitraum November 2013 bis einschließlich Februar 2016 erfolgte eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 5.212 Euro. Ab März 2016 erfolgten Zahlungen in Höhe von 190 Euro monatlich.

5

Mit weiterem Bescheid vom 26.05.2016 lehnte die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld für das Kind A für den Zeitraum September 2012 bis einschließlich Oktober 2013 mangels Haushaltszugehörigkeit ab.

6

Am 24.05.2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Kosten des Vorverfahrens zu erstatten. Dabei ging sie von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 300 Euro nach Nr. 2302 des Vergütungsverzeichnisses (VV, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - Rechtsanwaltsvergütungsgesetz -) zuzüglich einer Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20 Euro (Nr. 7002 VV) nebst Umsatzsteuer aus.

7

Mit Schreiben vom 28.05.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten auf Antrag erstattet werden, soweit sie notwendig waren.

8

Mit Bescheid vom 11.07.2016 setzte die Beklagte die erstattungsfähigen Kosten auf 201,71 Euro fest. Die Beklagte nahm dabei an, dass dem Gegenstandswert das beantragte Kindergeld für ein Kind für den Zeitraum Januar 2010 bis Februar 2016 (Monat der Einlegung des Untätigkeitseinspruchs), insgesamt in Höhe von 13.676 Euro, zugrunde liege. Da es sich um einen Untätigkeitseinspruch gehandelt habe, sei der Gegenstandswert in Höhe von 10 % dieses Betrages anzusetzen, demnach in Höhe von 1.367,60 Euro.

9

Hiergegen legte die Klägerin am 02.08.2016 Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, dass der Gegenstandswert insgesamt 7.492 Euro betrage. Er setze sich zusammen aus der Höhe des rückständigen Kindergeldes in Höhe von 5.212 Euro und dem Kindergeld für zwölf Monate in Höhe von 2.280 Euro (= 12 × 190 Euro). Dementsprechend betrage die Kostenerstattung insgesamt 729,23 Euro (= 592,80 Euro Nr. 2300 VV + 20 Euro Nr.7002 VV, zuzüglich Umsatzsteuer 19 %).

10

Mit Einspruchsentscheidung vom 16.09.2016, abgesandt am 19.09.2016, wies die Beklagte den Einspruch gegen den Bescheid über die Kostenerstattung vom 11.07.2016 zurück.

11

Hiergegen hat die Klägerin am 20.10.2016 Klage erhoben.
Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren.

12

Die Klägerin beantragt nach Aktenlage,
den Bescheid vom 11.07.2016 und die Einspruchsentscheidung vom 16.09.2016 in der Weise zu ändern, dass die Kostenerstattung um 527,52 Euro höher auf 729,23 Euro festgesetzt wird.

13

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

14

Sie ist der Auffassung, der Gegenstandswert sei in Höhe von 10 % des streitigen Betrages anzunehmen.

15

Das Begehren der Klägerin, das diese mit dem Untätigkeitseinspruch verfolgt habe, sei nur auf das Tätigwerden als solches gerichtet gewesen. Dieser Einspruch sei schon dann erfolgreich mit der Folge der Kostenerstattung, wenn die Behörde überhaupt tätig werde. In diesem Fall trage die Klägerin auch kein Kostenrisiko. Wäre das Begehren hingegen auf eine Entscheidung in der Sache gerichtet, trüge die Klägerin ein Kostenrisiko, das von der materiell-rechtlichen Entscheidung abhinge. Dies wäre jedoch in den Fällen, in denen es nur um das Tätigwerden als solches ginge, nicht sachgerecht. Wie in den Fällen der Untätigkeitsklage, bei denen es ebenfalls nur um das bloße Tätigwerden ginge, sei demnach der Gegenstandswert auf 10 % der streitigen Summe festzusetzen. Falls stattdessen der Antrag auf einen bezifferten Kindergeldzeitraum bezogen wäre, müsste neben dem Festsetzungsbescheid vom 15.03.2016 auch der Ablehnungsbescheid vom 16.05.2013 für den Zeitraum September 2012 bis Oktober 2013 im Rahmen einer Kostengrundentscheidung berücksichtigt werden. Der Bescheid vom 28.05.2016 über die Kostengrundentscheidung, der die volle Kostenerstattung für die Klägerin enthalte, wäre in diesem Fall wegen widerstreitender Beurteilung zu korrigieren.

16

Dem Gericht hat ein Ausdruck der Kindergeldakte der Beklagten zur Kindergeldnummer ... vorgelegen.

17

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

18

I. Das Gericht entscheidet gemäß § 90a der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.

19

II. Die zulässige Klage ist unbegründet.

20

Der angefochtene Bescheid ist zwar rechtswidrig insoweit, als er eine um 54,15 Euro zu hohe Kostenerstattung festsetzt. Die Klägerin ist hierdurch jedoch nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

21

1. Der Klägerin sind gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Kosten in Höhe von 147,56 Euro zu erstatten. Soweit der angefochtene Bescheid Kosten darüber hinaus festgesetzt hat, ist er rechtswidrig.

22

a) Die Gebühren werden gemäß § 2 Abs. 2 RVG nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). Der Gegenstandswert beträgt im Streitfall 749,20 Euro.

23

aa) Der Gegenstandswert bestimmt sich gemäß §§ 2 Abs. 1, 23 Abs. 1 Sätze 3 und 1 RVG nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Nach § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ist in finanzgerichtlichen Verfahren der Streitwert nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag der Klägerin eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG). Die Regelung des § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG geht der Regelung des § 52 Abs. 1 GKG vor (vergleiche - vgl. - Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 18.11.2014 V S 30/14, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2015, 346 mit weiteren Nachweisen - m. w. N. -).

24

bb) Im Streitfall betraf das Verfahren des Untätigkeitseinspruchs nach § 347 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 der Abgabenordnung (AO) allein das Begehren der Klägerin auf ein bloßes Tätigwerden der Behörde und war nicht auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet.

25

Nach dem Wortlaut des Einspruchs legte die Klägerin den Einspruch (nur) dagegen ein, dass der Antrag noch nicht beschieden war und beantragte, unverzüglich eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung zu erlassen. Eine konkrete Bezifferung über den begehrten Anspruch war hieraus nicht ersichtlich. Eine Bezifferung ergibt sich auch nicht aus den konkreten Umständen im Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs. Die im September 2012 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogene Klägerin hatte im Dezember 2014 einen Antrag auf Festsetzung von Kindergeld gestellt, der im Februar 2016 noch nicht beschieden war. Demgemäß kam es der Klägerin darauf an, für ihren zeitlich nicht bestimmten Antrag überhaupt erst einmal einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu erhalten. Ob diesbezüglich für bestimmte Zeiträume eine Ablehnung erfolgte oder Kindergeld bewilligt wurde, war für die Klägerin nach den Umständen zunächst nicht entscheidend. Denn erst mit Erhalt der Bescheide konnte sie entscheiden, ob gegen diese Bescheide Einsprüche eingelegt werden sollten. Die beschriebene Auslegung des Einspruchsbegehrens steht auch mit der Gesetzeshistorie und dem Sinn und Zweck des § 77 EStG im Fall eines Untätigkeitseinspruchs im Einklang.

26

Mit Einführung des § 77 EStG sollte eine Schlechterstellung gegenüber dem bisherigen Recht (vgl. § 63 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X -) vermieden werden (Bundestags-Drucksache - BT-Drs. - 13/1558, S. 162). Da der Untätigkeitseinspruch von der Regelung des § 77 EStG umfasst wird (vgl. hierzu Finanzgericht - FG - Köln, Urteil vom 21.11.2012, 14 K 1020/12, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2013, 713 m. w. N.; FG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2011, 7 K 3951/10 Kg, juris; FG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2011, 7 K 85/11 Kg, EFG 2012, 529), ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass sich das Begehren, das letztlich zur Kostenerstattung führt, auch nur auf ein bloßes Tätigwerden der Behörde bezieht (vgl. auch BFH-Urteil vom 03.08.2005 I R 74/02, BFH/NV 2006, 19 m. w. N.).

27

Eine Auslegung dahingehend, dass nur ein Tätigwerden der Behörde begehrt wird, entspricht auch der Regelung im sozialgerichtlichen Verfahren, das vor der Übernahme des Kindergeldrechts in das EStG in Kindergeldangelegenheiten anwendbar war (§ 27 des Bundeskindergeldgesetzes - BKGG - in der bis 31.12.1995 geltenden Fassung, § 51 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - in der am 31.12.1995 geltenden Fassung). Denn für ein diesbezügliches Widerspruchsverfahren galten gemäß § 62 SGB X die Vorschriften der §§ 77 ff. SGG. Ein Untätigkeitswiderspruch war und ist dort jedoch nicht geregelt. Vielmehr kann nach § 88 SGG eine Untätigkeitsklage erhoben werden, die allein darauf gerichtet ist, einen Antrag zu bescheiden und nicht auch zugleich eine materiell-rechtliche Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen vorzunehmen (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 16.10.2014, B 13 R 282/14 B, juris, m. w. N.).

28

Im Streitfall ist auch eine andere Situation als bei einer Untätigkeitsklage gemäß § 46 FGO gegeben. Denn bei einem Untätigkeitseinspruch liegt noch keine Entscheidung der Behörde vor, die angegriffen werden könnte. Erst im Fall eines Ablehnungsbescheids infolge eines Untätigkeitseinspruchs hätte sich die Klägerin mit einer Entscheidung der Behörde auseinandersetzen und ggf. (gesonderten) Einspruch gegen einen Ablehnungsbescheid einlegen können. Demgegenüber zielt eine Untätigkeitsklage nach § 46 FGO darauf ab, eine alsbaldige behördliche Entscheidung über einen Einspruch herbeizuführen und nicht - zusätzlich - darauf, eine Entscheidung der Behörde über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes zu erzwingen (BFH-Urteil vom 03.08.2005 I R 74/02, BFH/NV 2006, 19). Die Untätigkeit der Behörde ist bei der Untätigkeitsklage nach § 46 FGO lediglich Zulässigkeitsvoraussetzung, während der Gegenstand der Klage auf Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsaktes oder auf Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes gerichtet ist und nicht auf ein Tätigwerden der Behörde überhaupt (BFH-Urteil vom 18.11.2015 XI R 24-25/14, BFH/NV 2016, 418 m. w. N.; BFH-Beschluss vom 02.07.2012 III B 101/11, BFH/NV 2012, 1628 m. w. N.).

29

cc) Der Streitwert ist danach gemäß § 52 Abs. 1 GKG nach der Bedeutung der Sache für die Klägerin nach Ermessen zu bestimmen.

30

aaa) Hierfür ist (zunächst) auf die mögliche Höhe der Bewilligung des Kindergeldes für den in Betracht kommenden Zeitraum bis zur Einlegung des Untätigkeitseinspruchs abzustellen. Im Streitfall ist dies der Zeitraum von November 2013 bis einschließlich Februar 2016. Daraus ergibt sich ein Betrag in Höhe von 5.212 Euro (November 2013 bis Dezember 2014: 184 Euro monatlich; Januar 2015 bis Dezember 2015: 188 Euro monatlich; Januar 2016 und Februar 2016: 190 Euro monatlich).

31

Eine derartige Auslegung entspricht im Streitfall dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin, da - soweit ersichtlich - erst ab November 2013 eine Festsetzung von Kindergeld für das Kind A in Betracht kam.

32

Zwar kann grundsätzlich ein Antrag auf Festsetzung von Kindergeld für nichtverjährte Zeiten gestellt werden (vgl. BFH-Urteil vom 20.06.2012 V R 56/10, BFH/NV 2012, 1775 m. w. N.), hier also - wie die Beklagte in der Einspruchsentscheidung angenommen hat - ab Januar 2010. Indes kann aufgrund besonderer Umstände der Kindergeldantrag im Einzelfall abweichend dahin auszulegen sein, dass die Festsetzung ab dem Monat beantragt wird, in dem die zum Zeitpunkt der Antragstellung erforderlichen Voraussetzungen erstmals vorlagen (BFH-Urteil vom 20.06.2012 V R 56/10, BFH/NV 2012, 1775 m. w. N.).

33

Dies war im Streitfall gegeben. Die Klägerin war aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland erst im September 2012 zugezogen und hatte das Kind A erst ab November 2013 in ihren eigenen Haushalt in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH; vgl. EuGH-Urteil vom 22.10.2015 C-378/14, EU:C:2015:720) und nachfolgend der des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 04.02.2016 III R 17/13, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 253, 134; Bundessteuerblatt Teil II - BStBl II - 2016, 612) ist danach anzunehmen, dass die Klägerin Kindergeld erst ab November 2013 für das Kind A beantragt hat. Die Klägerin war zuvor nach § 62 Abs. 1 EStG nicht anspruchsberechtigt bzw. deshalb nicht persönlich anspruchsberechtigt, weil das Kind A vor November 2013 nicht in ihren Haushalt, sondern nach der Rechtsprechung des EuGH in den Haushalt einer anderen Anspruchsberechtigten aufgenommen war.

34

bbb) Zu dem vorgenannten Betrag ist ein Betrag in Höhe von 2.280 Euro hinzuzurechnen.

35

Wegen der Besonderheiten des Untätigkeitseinspruchs in Kindergeldangelegenheiten ist im Rahmen des Ermessens zur Berücksichtigung der Bedeutung der Sache für die Klägerin die Regelung des § 52 Abs. 3 Satz 2 und 3 GKG zu berücksichtigen. Danach ist bei der Bestimmung des Streitwerts im Streitfall ein Jahresbetrag (2.280 Euro = 12 x 190 Euro) im Rahmen des § 52 Abs. 1 GKG zu berücksichtigen.

36

Zwar ist § 52 Abs. 3 Satz 2 und 3 GKG nach dem Wortlaut nur anwendbar, wenn der Streitwert nach § 52 Abs. 3 GKG und nicht nach § 52 Abs. 1 GKG zu bemessen ist (BFH-Beschluss vom 18.01.2017 X S 22/16, ECLI:DE:BFH:2017:B.180117.XS22.16.0). Allerdings schließt dies eine Berücksichtigung im Rahmen des Ermessens nach § 52 Abs. 1 GKG im Streitfall nicht grundsätzlich aus. Denn gerade mit Einfügung des § 52 Abs. 3 Satz 3 GKG ab 01.08.2013 in Kindergeldangelegenheiten sollte für zukünftige wiederkehrende Leistungen auf einen Jahresbezug abgestellt werden (BT-Drs. 18/823, S. 26). In Fällen einer Kindergeldfestsetzung, die - wie hier - bei unveränderten Verhältnissen jedenfalls über die Jahresgrenze hinaus wirken, entspricht diese Berücksichtigung danach dem Interesse der Kindergeldberechtigten.

37

Hierfür spricht auch die Rechtsprechung des BFH, wonach eine positive Kindergeldfestsetzung aufgrund der gesetzlichen Konzeption des § 70 Abs. 1 bis 3 EStG Bindungswirkung für die Zukunft hat (BFH-Urteil vom 25.07.2001 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88; vgl. auch FG Münster, Beschluss vom 19.02.2015, 4 K 4115/14 Kg (PKH), EFG 2015, 956; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand: Oktober 2015, Vor § 135 FGO Randnummer- Rn. - 217 m. w. N.).

38

Gegen eine Berücksichtigung des Jahresbetrages sprechen nicht die Entscheidungen des BFH vom 18.11.2014 (V S 30/14, BFH/NV 2015, 346) und vom 02.10.2014 (III S 2/14, BFHE 247, 119, BStBl II 2015, 37). Denn diese Entscheidungen bezogen sich auf Bescheide, mit denen die Festsetzung von Kindergeld abgelehnt oder aufgehoben wurde und ergingen im Übrigen noch zu § 52 Abs. 3 GKG in der vor dem 01.08.2013 geltenden Fassung.

39

ccc) Der Gegenstandswert beträgt 749,20  Euro, da im Streitfall 10 % des bisher ermittelten Wertes in Höhe von 7.492 Euro (= 5.212 Euro + 2.280 Euro) anzusetzen sind.

40

Die Verminderung des Streitwertes auf 10 % im hier streitigen Fall eines "echten" Untätigkeitseinspruchs ist angesichts der obigen Ausführungen (II.1.a]bb]) ermessensgerecht.

41

b) Die zu erstattenden Kosten betragen 147,56 Euro. Soweit darüber hinaus der Bescheid Kostenerstattung festgesetzt hat, ist er rechtswidrig.

42

Bei einem Gegenstandswert von 749,20 Euro beträgt die einfache Gebühr nach § 13 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Anlage 2 RVG 80 Euro und die 1,3-fache Gebühr damit 104 Euro (Nr. 2300 VV). Zuzüglich der Pauschale für Post und Telekommunikation gemäß Nr. 7002 VV (20 Euro) und der Umsatzsteuer in Höhe von 19 % (Nr. 7008 VV) ergibt sich der Betrag der zu erstattenden Kosten in Höhe von 147,56 Euro.

43

2. Durch die zugunsten der Klägerin erfolgte zu hohe Kostenfestsetzung ist die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Eine Minderung der Höhe der zu erstattenden Kosten ist angesichts des für das Gericht bestehenden Verböserungsverbots nicht möglich.

44

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

45

Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, wie sich im Fall eines (erfolgreichen) Untätigkeitseinspruchs in Kindergeldangelegenheiten der Streitwert nach § 52 GKG für eine Kostenerstattung nach § 77 EStG bemisst.

(1)1Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.2Dies gilt auch, wenn der Einspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 126 der Abgabenordnung unbeachtlich ist.3Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war.

(3)1Die Familienkasse setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.2Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes im Sinne des Absatzes 2 notwendig war.

(1) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann der Vorsitzende sie unter Fristsetzung auffordern. Den Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(2) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1)1Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.2Dies gilt auch, wenn der Einspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 126 der Abgabenordnung unbeachtlich ist.3Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war.

(3)1Die Familienkasse setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.2Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes im Sinne des Absatzes 2 notwendig war.

Tatbestand

 
Die im Jahr 1962 geborene Klägerin ist Mutter des am 24. September 1986 geborenen Kindes B. Nachdem B im Juli 2006 seine Ausbildung an der Staatlichen Feintechnikschule in X beendet hatte, absolvierte er von September 2006 bis September 2007 ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) in Südafrika (S).
Mit Schreiben vom 16. August 2006 beantragte die Klägerin die Weitergewährung von Kindergeld für B während der Zeit der Ableistung des FSJ in S. Sie legte eine englischsprachige Bescheinigung der Trägerorganisation „“ (G) bei. Mit Bescheid vom 22. August 2006 lehnte der Beklagte (die Familienkasse -FK-) die Weitergewährung von Kindergeld für diese Zeit ab und hob die Kindergeldfestsetzung auf, weil B sein FSJ in S und nicht im Inland ableiste. Es handele sich auch nicht um einen Dienst im Ausland im Sinne des § 14b des Zivildienstgesetzes.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Am 14. September 2006 forderte die FK bei der Klägerin eine Bescheinigung an, dass der Dienst in Südafrika ein anerkanntes FSJ im Sinne des Gesetzes für Förderung des freiwilligen sozialen Jahres (FSJG) sei. Am 23. September 2006 legte die Klägerin daraufhin eine deutschsprachige Praktikumsbescheinigung vor, wonach G eine karitative Organisation sei, B in einem Waisenhaus arbeite und dem Praktikum ein detaillierter Ausbildungsplan zugrunde liege, der darauf ziele, für die beabsichtige spätere Ausbildung als Sonderschullehrer wesentliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2006 verlangte die FK weitere Angaben dazu, welche Ausbildungsinhalte vermittelt würden, durch wen die Unterweisung stattfinde, wie viele Wochenstunden vorgesehen seien und ob sich B im Wintersemester 2007 als Sonderschullehrer bewerben werde. Ein Hinweis, dass nach Vorlage der Nachweise Kindergeld gewährt werde, fehlt.
Daraufhin zeigte mit Schreiben vom 31. Oktober 2006 die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Vertretung der Klägerin an und legte eine weitere Bescheinigung der G vor. Daraufhin half die FK am 29. November 2006 dem Einspruch der Klägerin ab und gewährte weiterhin Kindergeld für B. Es entschied außerdem, dass die Kosten des Einspruchsverfahrens nicht erstattet werden, weil sie nicht notwendig gewesen seien.
Gegen die Kostenentscheidung legte die Klägervertreterin namens der Klägerin Einspruch ein, mit dem sie geltend machte, die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe sei notwendig gewesen, nachdem die FK im Rahmen des zunächst selbst geführten Einspruchsverfahrens nicht abgeholfen habe.    
Diesen Einspruch wies die FK durch Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2006 als unbegründet zurück. Die FK gab nach einem „Mustertatbestand“ ohne konkrete Daten und Fakten lediglich den Gesetzeswortlaut wieder und ging auf die Umstände des Einzelfalls nicht ein, so dass keine Würdigung der Umstände des Streitfalls erkennbar ist. Der Einspruchsentscheidung lässt sich möglicherweise entnehmen, dass die FK der Klägerin einen Verstoß gegen ihre Mitwirkungspflichten vorwerfen will. Warum die Zuziehung der Bevollmächtigten nicht für notwendig erachtet wird, wurde nicht erläutert.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, die FK habe ihre unzutreffende Rechtsauffassung, ein FSJ in Südafrika führe nicht zur Gewährung von Kindergeld, erst nach Einschaltung der Klägervertreterin geändert.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 29. November 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
10 
Sie macht geltend, sie habe ihre Rechtsauffassung nicht geändert, sondern nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) Kindergeld für ein Praktikum in S gewährt. Die dazu notwendigen Unterlagen hätte die Klägerin auch selbst einreichen können, so dass anwaltliche Hilfe nicht erforderlich gewesen sei.
11 
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 8. November 2007 und 5. Dezember 2007 auf mündliche Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter einverstanden erklärt. Der Senat hat durch Beschluss vom 6. Dezember 2007 den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Entscheidungsgründe

 
12 
I. Der Einzelrichter hat nur über die Kostenentscheidung im angefochtenen Bescheid vom 29. November 2006 zu entscheiden. Dies ergibt sich -entgegen dem insoweit missverständlich weit gefassten Klageantrag- aus dem Klagebegehren. Nach Bl. 78 der Kindergeldakte richtete sich der Einspruch nur gegen die Kostentscheidung.    
13 
Der Einzelrichter versteht den Antrag der Klägerin außerdem -entgegen seinem Wortlaut- nicht als isolierten Aufhebungsantrag, sondern als Antrag auf Änderung der angefochtenen Kostenentscheidung. Das Klagebegehren ist auf die positive Entscheidung gerichtet, dass die FK die Kosten des Einspruchsverfahrens E 1409/06 zu tragen hat und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt wird.
14 
Beide Anpassungen des Klageantrags an das Klagebegehren durch das Gericht sind nach § 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässig: Das Gericht darf danach (nur) über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.  
15 
II. Die so verstandene Klage ist begründet; die Kostenentscheidung in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist entsprechend dem Klagebegehren der Klägerin zu ändern.
16 
1. § 77 EStG lautet auszugsweise wie folgt:
17 
„(1) Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. … Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.
18 
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war.
19 
(3) … Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes im Sinne des Absatzes 2 notwendig war.“
20 
Diese Vorschrift findet auch Anwendung auf Einsprüche gegen die Aufhebung einer Kindergeld-Festsetzung (z.B. Blümich/Treiber, EStG, § 77 Rz. 4 m.w.N.).
21 
2. Im Streitfall hat die FK dem Einspruch der Klägerin mit dem Aktenzeichen E 1409/06 abgeholfen, so dass sie nach § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG die Kosten des Einspruchsverfahrens E 1409/06 zu tragen hat. Die Klägerin hat danach grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der Kosten des Einspruchsverfahrens. Es bedarf keiner Kausalität der Einspruchsbegründung für die Abhilfe (vgl. Blümich/Treiber, EStG, § 77 Rz. 5), so dass dahinstehen kann, ob ein Kindergeldanspruch wegen § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG oder auch wegen § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG besteht.
22 
3. Dieser Anspruch ist nicht wegen eines Verschuldens der Klägerin ausgeschlossen. Für die von der FK ausgesprochene Versagung einer Kostenerstattung überhaupt (d.h. auch für die eigenen Aufwendungen der Klägerin wie Porto etc., vgl. dazu Felix in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 77 Rz. B 15, B 21) ist danach kein Raum.    
23 
a) Ein den Erstattungsanspruch ausschließendes Verschulden i.S. des § 77 Abs. 1 Satz 3 EStG wird angenommen, wenn der Einspruchsführer seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren nicht nachgekommen ist und die Behörde trotz des Bestehens der Amtsermittlungspflicht keine andere Entscheidung treffen konnte (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juli 2002 VIII R 73/00, BFH/NV 2003, 25, m.w.N.).
24 
b) Der Klägerin kann danach -entgegen der von der FK in der Einspruchsentscheidung möglicherweise vertretenen Auffassung- kein Verschuldensvorwurf i.S. des § 77 Abs. 1 Satz 3 EStG gemacht werden. Die Klägerin ist vielmehr nach dem Inhalt der dem Gericht vorliegenden Kindergeldakten ihren Mitwirkungspflichten bisher fast immer in geradezu vorbildlicher Weise nachgekommen. Auch vorliegend ist sie von sich aus an die FK herangetreten und hat sofort erste Nachweise vorgelegt.
25 
Demgegenüber ist die FK ihrer Amtsermittlungspflicht in keinster Weise nachgekommen und das Einspruchsverfahren E 1409/06 wurde durch das Verhalten der FK notwendig: Die FK hat es nämlich versäumt, der Klägerin vor Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und Abweichung von den tatsächlichen Angaben der Klägerin rechtliches Gehör zu gewähren. Dazu wäre sie verpflichtet gewesen (vgl.  § 91 Abs. 1 Satz 2 AO 1977), wenn sie -wie die Vertreterin der FK im Klageverfahren geltend gemacht hat- weitere tatsächliche Angaben der Klägerin für erforderlich gehalten hätte. Mit einer Ermittlung schon im Verwaltungsverfahren hatte es die FK übrigens auch in der Hand, die Erstattung(sfähigkeit) der Kosten von vorneherein zu verhindern; denn die Kosten des Verwaltungsverfahrens werden nicht erstattet. Wenn die FK allerdings die Kindergeldberechtigten in Kenntnis dieser Rechtslage gleichwohl vorschnell in Einspruchsverfahren hineintreibt, muss sie umgekehrt auch die sich hieraus ergebenden nachteiligen Kostenfolgen tragen. Welche Gründe zu dieser Vorgehensweise der FK führten (z.B. möglicherweise eine unzureichende Personalausstattung), ist insoweit unerheblich.
26 
4. Die Hinzuziehung einer Bevollmächtigten durch die Klägerin ist ebenfalls nach § 77 Abs. 3 Satz 2 EStG für notwendig zu erklären.  
27 
a) Die Frage, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, i.S. des § 77 Abs. 2 EStG notwendig war, ist aus der Sicht eines verständigen Bürgers vom Wissens- und Erkenntnisstand des Rechtsbehelfsführers zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 25). Bei der Entscheidung hierüber sind die zu § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO entwickelten Kriterien entsprechend heranzuziehen (vgl. zuletzt Urteil des FG München vom 25. Juli 2007 4 K 29/04, EFG 2007, 1704). Regelmäßig sind keine allzu strengen Maßstäbe anzulegen (z.B. Felix in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 77 Rz. C 2; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 139 FGO Tz. 130).
28 
b) Ein verständiger Bürger wird allerdings nicht einen Anwalt beauftragen, sondern die erforderlichen Nachweise selbst einreichen, wenn nicht ernstlich anzunehmen ist, dass der Wechsel im kindergeldrechtlichen Status des Kindes kindergeldschädlich gewesen sein könnte (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 25, zum Wechsel der Ausbildung). Die Notwendigkeit einer Hinzuziehung ist zu verneinen, wenn alle erforderlichen Hinweise von der FK in allgemein verständlicher Form gegeben worden sind und wenn danach die kindergeldberechtigte Person die interessierenden bzw. abgefragten Daten und Unterlagen zumutbar selbst (oder mit Hilfe des erwachsenen Kindes) hätte einreichen können (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 20. April 2004 III 465/03, EFG 2004, 1621).
29 
c) Die unter b) genannten Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
30 
aa) Die FK hatte die Kindergeldfestsetzung aufgehoben, weil B sein FSJ nicht im Inland, sondern in S ableiste. Von dem her war (und ist übrigens bis heute) zwischen den Beteiligten in rechtlicher Hinsicht streitig, ob ein FSJ in S nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG zum Kindergeldbezug berechtigt oder nicht: Die Klägerin bejaht dies nach wie vor, die FK verneint dies nach wie vor. Diese umstrittene Rechtsfrage rechtfertigte es, dass die Klägerin anwaltliche Hilfe in Anspruch nahm, zumal die FK die Klägerin durch einen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht in das Einspruchsverfahren hineingezwungen hatte.
31 
bb) Aus den zwischenzeitlichen Schreiben der FK vom 19. September und 4. Oktober 2006 folgt aus Sicht des Gerichts nichts anderes, weil darin nicht alle erforderlichen Hinweise von der FK gegeben worden sind. Die Klägerin wurde namentlich nicht auf die alternative Kindergeldberechtigung für ein Auslandspraktikum nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG und die dafür notwendigen tatsächlichen Voraussetzungen von der FK hingewiesen. Vielmehr nahm das Schreiben vom 14. September 2006 noch auf das FSJG Bezug. Auch noch nach dem Schreiben vom 4. Oktober 2006 musste die Klägerin weiter davon ausgehen, dass um eine Kindergeldberechtigung wegen § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG gestritten werde. Warum weitere Nachweise angefordert wurden, wurde nämlich nicht erläutert; ein wenigstens kurzer Hinweis darauf, dass eine Kindergeldberechtigung auf anderer Rechtsgrundlage geprüft werde, fehlt.  
32 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
33 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Zulassungsgründe weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.
34 
Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 90 Abs. 2 FGO) des Einzelrichters (§ 6 FGO).

Gründe

 
12 
I. Der Einzelrichter hat nur über die Kostenentscheidung im angefochtenen Bescheid vom 29. November 2006 zu entscheiden. Dies ergibt sich -entgegen dem insoweit missverständlich weit gefassten Klageantrag- aus dem Klagebegehren. Nach Bl. 78 der Kindergeldakte richtete sich der Einspruch nur gegen die Kostentscheidung.    
13 
Der Einzelrichter versteht den Antrag der Klägerin außerdem -entgegen seinem Wortlaut- nicht als isolierten Aufhebungsantrag, sondern als Antrag auf Änderung der angefochtenen Kostenentscheidung. Das Klagebegehren ist auf die positive Entscheidung gerichtet, dass die FK die Kosten des Einspruchsverfahrens E 1409/06 zu tragen hat und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt wird.
14 
Beide Anpassungen des Klageantrags an das Klagebegehren durch das Gericht sind nach § 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässig: Das Gericht darf danach (nur) über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.  
15 
II. Die so verstandene Klage ist begründet; die Kostenentscheidung in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist entsprechend dem Klagebegehren der Klägerin zu ändern.
16 
1. § 77 EStG lautet auszugsweise wie folgt:
17 
„(1) Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. … Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.
18 
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war.
19 
(3) … Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes im Sinne des Absatzes 2 notwendig war.“
20 
Diese Vorschrift findet auch Anwendung auf Einsprüche gegen die Aufhebung einer Kindergeld-Festsetzung (z.B. Blümich/Treiber, EStG, § 77 Rz. 4 m.w.N.).
21 
2. Im Streitfall hat die FK dem Einspruch der Klägerin mit dem Aktenzeichen E 1409/06 abgeholfen, so dass sie nach § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG die Kosten des Einspruchsverfahrens E 1409/06 zu tragen hat. Die Klägerin hat danach grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der Kosten des Einspruchsverfahrens. Es bedarf keiner Kausalität der Einspruchsbegründung für die Abhilfe (vgl. Blümich/Treiber, EStG, § 77 Rz. 5), so dass dahinstehen kann, ob ein Kindergeldanspruch wegen § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG oder auch wegen § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG besteht.
22 
3. Dieser Anspruch ist nicht wegen eines Verschuldens der Klägerin ausgeschlossen. Für die von der FK ausgesprochene Versagung einer Kostenerstattung überhaupt (d.h. auch für die eigenen Aufwendungen der Klägerin wie Porto etc., vgl. dazu Felix in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 77 Rz. B 15, B 21) ist danach kein Raum.    
23 
a) Ein den Erstattungsanspruch ausschließendes Verschulden i.S. des § 77 Abs. 1 Satz 3 EStG wird angenommen, wenn der Einspruchsführer seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren nicht nachgekommen ist und die Behörde trotz des Bestehens der Amtsermittlungspflicht keine andere Entscheidung treffen konnte (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juli 2002 VIII R 73/00, BFH/NV 2003, 25, m.w.N.).
24 
b) Der Klägerin kann danach -entgegen der von der FK in der Einspruchsentscheidung möglicherweise vertretenen Auffassung- kein Verschuldensvorwurf i.S. des § 77 Abs. 1 Satz 3 EStG gemacht werden. Die Klägerin ist vielmehr nach dem Inhalt der dem Gericht vorliegenden Kindergeldakten ihren Mitwirkungspflichten bisher fast immer in geradezu vorbildlicher Weise nachgekommen. Auch vorliegend ist sie von sich aus an die FK herangetreten und hat sofort erste Nachweise vorgelegt.
25 
Demgegenüber ist die FK ihrer Amtsermittlungspflicht in keinster Weise nachgekommen und das Einspruchsverfahren E 1409/06 wurde durch das Verhalten der FK notwendig: Die FK hat es nämlich versäumt, der Klägerin vor Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und Abweichung von den tatsächlichen Angaben der Klägerin rechtliches Gehör zu gewähren. Dazu wäre sie verpflichtet gewesen (vgl.  § 91 Abs. 1 Satz 2 AO 1977), wenn sie -wie die Vertreterin der FK im Klageverfahren geltend gemacht hat- weitere tatsächliche Angaben der Klägerin für erforderlich gehalten hätte. Mit einer Ermittlung schon im Verwaltungsverfahren hatte es die FK übrigens auch in der Hand, die Erstattung(sfähigkeit) der Kosten von vorneherein zu verhindern; denn die Kosten des Verwaltungsverfahrens werden nicht erstattet. Wenn die FK allerdings die Kindergeldberechtigten in Kenntnis dieser Rechtslage gleichwohl vorschnell in Einspruchsverfahren hineintreibt, muss sie umgekehrt auch die sich hieraus ergebenden nachteiligen Kostenfolgen tragen. Welche Gründe zu dieser Vorgehensweise der FK führten (z.B. möglicherweise eine unzureichende Personalausstattung), ist insoweit unerheblich.
26 
4. Die Hinzuziehung einer Bevollmächtigten durch die Klägerin ist ebenfalls nach § 77 Abs. 3 Satz 2 EStG für notwendig zu erklären.  
27 
a) Die Frage, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, i.S. des § 77 Abs. 2 EStG notwendig war, ist aus der Sicht eines verständigen Bürgers vom Wissens- und Erkenntnisstand des Rechtsbehelfsführers zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 25). Bei der Entscheidung hierüber sind die zu § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO entwickelten Kriterien entsprechend heranzuziehen (vgl. zuletzt Urteil des FG München vom 25. Juli 2007 4 K 29/04, EFG 2007, 1704). Regelmäßig sind keine allzu strengen Maßstäbe anzulegen (z.B. Felix in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 77 Rz. C 2; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 139 FGO Tz. 130).
28 
b) Ein verständiger Bürger wird allerdings nicht einen Anwalt beauftragen, sondern die erforderlichen Nachweise selbst einreichen, wenn nicht ernstlich anzunehmen ist, dass der Wechsel im kindergeldrechtlichen Status des Kindes kindergeldschädlich gewesen sein könnte (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 25, zum Wechsel der Ausbildung). Die Notwendigkeit einer Hinzuziehung ist zu verneinen, wenn alle erforderlichen Hinweise von der FK in allgemein verständlicher Form gegeben worden sind und wenn danach die kindergeldberechtigte Person die interessierenden bzw. abgefragten Daten und Unterlagen zumutbar selbst (oder mit Hilfe des erwachsenen Kindes) hätte einreichen können (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 20. April 2004 III 465/03, EFG 2004, 1621).
29 
c) Die unter b) genannten Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
30 
aa) Die FK hatte die Kindergeldfestsetzung aufgehoben, weil B sein FSJ nicht im Inland, sondern in S ableiste. Von dem her war (und ist übrigens bis heute) zwischen den Beteiligten in rechtlicher Hinsicht streitig, ob ein FSJ in S nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG zum Kindergeldbezug berechtigt oder nicht: Die Klägerin bejaht dies nach wie vor, die FK verneint dies nach wie vor. Diese umstrittene Rechtsfrage rechtfertigte es, dass die Klägerin anwaltliche Hilfe in Anspruch nahm, zumal die FK die Klägerin durch einen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht in das Einspruchsverfahren hineingezwungen hatte.
31 
bb) Aus den zwischenzeitlichen Schreiben der FK vom 19. September und 4. Oktober 2006 folgt aus Sicht des Gerichts nichts anderes, weil darin nicht alle erforderlichen Hinweise von der FK gegeben worden sind. Die Klägerin wurde namentlich nicht auf die alternative Kindergeldberechtigung für ein Auslandspraktikum nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG und die dafür notwendigen tatsächlichen Voraussetzungen von der FK hingewiesen. Vielmehr nahm das Schreiben vom 14. September 2006 noch auf das FSJG Bezug. Auch noch nach dem Schreiben vom 4. Oktober 2006 musste die Klägerin weiter davon ausgehen, dass um eine Kindergeldberechtigung wegen § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG gestritten werde. Warum weitere Nachweise angefordert wurden, wurde nämlich nicht erläutert; ein wenigstens kurzer Hinweis darauf, dass eine Kindergeldberechtigung auf anderer Rechtsgrundlage geprüft werde, fehlt.  
32 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
33 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Zulassungsgründe weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.
34 
Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 90 Abs. 2 FGO) des Einzelrichters (§ 6 FGO).

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.