Finanzgericht München Urteil, 14. Dez. 2015 - 7 K 18/15

published on 14/12/2015 00:00
Finanzgericht München Urteil, 14. Dez. 2015 - 7 K 18/15
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Tatbestand

Die Klägerin ist die Mutter des am 30. September 1996 geborenen Sohnes X (nachfolgend: X). Nach dem Erwerb der allgemeinen Hochschulreife nahm dieser vom 25. September 2014 bis zum 21. Februar 2015 an einem internationalen missionarischen Trainingsprogramm ("missionary training program") auf Hawaii teil. Veranstalter war die Organisation "Youth with am mission – YWAM", deren Abteilung YWAM Ships ihren Sitz in Orange County, Kalifornien, USA, hat. Der deutschsprachige Zweig von YWAM heißt "Jugend mit einer Mission – JMEM" und versteht sich als internationale Bewegung junger Christen, die sich dazu berufen wissen, Jesus Christus zu dienen und das Evangelium vom Reich Gottes ganzheitlich zu leben und zu verkünden (vgl. Homepage Jugend mit einer Mission Deutschlandverband e.V.). Ausweislich der Teilnahmebestätigungen der Organisation vom 30. Juli 2014 und vom 15. Dezember 2014 absolvierte X das Programm "Discipleship Training School", zu deutsch Jüngerschaftsschule. Auf der Homepage des deutschen Ablegers der Organisation wird das Programm wie folgt beschrieben:

"Die Jüngerschaftsschule (die als 5- oder 6-monatiger Studienkurs bei JMEM angeboten wird) ist ein an der University of the Nations (U of N) registrierter Studienkurs (DSP 211/212) der nach erfolgreichem Abschluss den Teilnehmern folgende Möglichkeiten eröffnet:

  • Mitarbeit bei Jugend mit einer Mission, mit Diensten in Entwicklungshilfe, Bildung und Erziehung, Kinder-, Jugend- und Familienarbeit u.a.

  • Studium an der U of N, unserer internationalen Universität, verteilt auf allen 6 bewohnten Kontinenten der Erde. Abschlüsse an der U of N sind international anerkannt. Möglich sind A.A. (Associate of Arts) und A.S. (Associate of Science), B.A. (Bachelor of Art) oder B.S. (Bachelor of Science) und verschiedene Masters Programme. ….

Einem 3-monatigen Schulungsblock in Deutschland folgt ein 2-3-monatiger Aufenthalt in einem anderen Land. Dort werden die Teilnehmer Gelerntes in die Praxis umsetzen lernen und in Projekten vor Ort mitarbeiten, die u.a. folgende Inhalte haben: Kinder- und Jugendarbeit, Familiendienste, Entwicklungshilfe, Gemeindebau und Evangelisation, karitative Dienste & Völkerverständigung." (vgl. www.jmem.de/de/u-of-n/juengerschaftsschulen.html Die Klägerin bestätigte in der mündlichen Verhandlung, dass der von X absolvierte Kurs entsprechend dieser Beschreibung ablief. X hielt sich für den Schulungsblock auf Hawaii auf, das Projekt vor Ort wurde in Panama durchgeführt. Die Klägerin legte den Stundenplan ihres Sohnes für die erste Woche auf Hawaii vor. Daraus ergibt sich, dass vormittags jeweils "Lectures" abgehalten wurden und nachmittags "Work Duties" sowie die Vorbereitung hierauf stattfanden. Diese Woche war repräsentativ für den Schulungsblock. Die von X besuchte Jüngerschaftsschule mit Kurs-Nummer DSP 211/212 wird mit 24 Credits bei der U of N akkreditiert und ist Zugangsvoraussetzung für die B.A. Studiengänge der U of N und einer Mitarbeit bei JMEM.

Nach der Rückkehr aus den USA wohnte X zunächst wieder bei seinen Eltern. Er plante, im Wintersemester 2015 ein Studium der Rechtswissenschaften an der Bucerius Law School (BLS) in Hamburg aufzunehmen. Zur Vorbereitung hierauf absolvierte er von März bis Mai 2015 ein Praktikum in der Kanzlei des Klägervertreters. Gleichzeitig bewarb er sich bei der Hochschule in Hamburg und erhielt für das Wintersemester 2015/2016 einen Studienplatz. Sein Berufswunsch nach dem Studium ist eine Tätigkeit als Jurist in einem gemeinnützigen Werk wie beispielsweise YWAM Ships oder einem deutschen oder internationalen Missionswerk wie dem Evangelischen Missionswerk in Deutschland oder der International Justice Mission -IJM.

Mit Bescheid vom 11. September 2014 hob die Beklagte (Familienkasse) die Festsetzung des Kindergeldes für X ab dem Monat Oktober 2014 gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf. X könne nicht mehr berücksichtigt werden, weil er die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG nicht erfülle. Dagegen legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 2. Dezember 2014 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dagegen richtet sich die Klage.

Zur Begründung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:

JMEM sei ein internationales übergemeindliches Missionswerk und Mitglied in den Dachverbänden "netzwerk-m" und der Arbeitsgemeinschaft Pfingstlich-Charismatischer Missionen (APCM). Letztere ermögliche nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Missionaren, deren aussendendes Missionswerk Mitglied des APCM sei, einen Kindergeldanspruch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Bundeskindergeldgesetz. JMEM und dessen Dachverband APCM würden also vom Gesetzgeber als seriös eingestuft.

Die Jüngerschaftsschule sei Teil des Studienprogramms Bachelor of Arts und damit unmittelbar berufsqualifizierend. Der Abschluss der Jüngerschaftsschule sei außerdem Voraussetzung, um ein Studium an der U of N beginnen zu dürfen.

Die Jüngerschaftsschule beinhalte eine strukturierte Wissensvermittlung und umfasse ein wöchentliches Unterrichtsprogramm von 50 Stunden (einschließlich Arbeitseinsätzen, Leseaufgaben und Lernkontrollen), nehme also die Arbeitszeit und -kraft des Studenten voll in Anspruch. Im Rahmen dieser Jüngerschaftsschule solle u.a. der christliche Glauben fundiert, biblisches Wissen vertieft, der Charakter gestärkt und die eigene Persönlichkeit und Begabungen ausgebildet werden. Zu diesem Zweck umfasse das Studienprogramm allgemeinbildende und zahlreiche theologische Einheiten.

Die Entscheidung der Familienkasse stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und der Finanzgerichte (FG). Mit Urteil vom 11. Oktober 2011 habe das FG Baden-Württemberg entschieden, der Besuch der Jüngerschaftsschule des YWAM sei eine Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (Az. 11 K 1908/10, EFG 2012, 934).

Der Aufenthalt auf Hawaii habe auch dazu gedient, die englischen Sprachkenntnisse von X zu verbessern. Für die Aufnahme an die BLS sei ein Sprachtest zu absolvieren. Für X sei nicht absehbar gewesen, ob er an der BLS aufgenommen werden würde. Alternativ hätte er die Möglichkeit gehabt, weiter an der U o N zu studieren. Die notwendigen Credits habe er während seines Besuchs der Jüngerschaftsschule auf Hawaii gesammelt. X könne sich auch vorstellen, noch vor seinem Berufseinstieg ein weiteres Studium im Studienprogramm der U of N zu durchlaufen.

Die Klägerin beantragt,

den Aufhebungsbescheid vom 11. September 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Dezember 2014 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen auf ihre Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt es vor, es obliege der Klägerin darzulegen, welchen Berufswunsch X verfolge, welches Wissen in welchem Umfang durch den Studien- und Ausbildungsgang vermittelt werde und wie die vermittelten Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen hauptsächlich der ernsthaften Vorbereitung auf das gewählte Berufsziel dienten.

Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze, die vorgelegten Akten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2015 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Aufhebungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Für ein volljähriges Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird.

  • a)Nach ständiger Rechtsprechung des BFH befindet sich in Berufsausbildung, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (ständ. Rspr., vgl. BFH-Urt. vom 15. März 2012 III R 82/10, BFH/NV 2012, 1588; vom 8. Mai 2014 III R 41/13, BStBl II 2014, 717; vom 3. Juli 2014 III R 53/13, BStBl II 2015, 282). Maßgebend für die weite Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist die Erwägung, dass die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern auch dann gemindert ist, wenn sich ihr Kind unabhängig von vorgeschriebenen Ausbildungsgängen in Ausbildung befindet und von ihnen unterhalten wird (BFH-Urt. vom 2. April 2009 III R 85/08, BStBl II 2010, 298; vom 7. April 2011 III R 11/09, BFH/NV 2011, 1325).

    a)In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wurde über Fälle entschieden, in denen das Kind einen Freiwilligendienst bei einer Ordensgemeinschaft als Missionarin auf Zeit bzw. in einem christlichen Konferenzzentrum im Ausland absolvierte (BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 1325; vom 9. Februar 2012 III R 78/09, BFH/NV 2012, 940). In diesem Zusammenhang entschied der BFH, dass Kinder, die einen Freiwilligendienst leisten, grundsätzlich nicht für einen Beruf ausgebildet und daher auch nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG berücksichtigt werden. Denn Freiwilligendienste dienten in der Regel nicht der Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf, sondern der Erlangung sozialer Erfahrungen und der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl (vgl. BFH-Urt. in BFH/NV 2011, 1325; in BFH/NV 2012, 940; in BStBl II 2014, 717). Ausnahmsweise komme eine abweichende Beurteilung etwa dann in Betracht, wenn der Freiwilligendienst, der von einer nicht von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG erfassten Organisation angeboten wird, einen so engen Bezug zu einem späteren Studium oder einer betrieblichen Ausbildung habe, dass er – wie ein Praktikum – als Bestandteil einer Berufsausbildung angesehen werden könne. Die Bezeichnung der Maßnahme als Freiwilligendienst, Praktikum oder Volontariat sei nicht maßgeblich. Entscheidend sei vielmehr, ob die Erlangung beruflicher Qualifikationen durch systematische Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten oder die Erbringung von Arbeitsleistungen im Vordergrund stehe (BFH-Urt. vom 9. Juni 1999 VI R 50/98, BStBl II 1999, 706; in BFH/NV 2012, 940). Die konkreten beruflichen Pläne eines Kindes könnten jedoch die Würdigung von Tätigkeiten beeinflussen, deren Ausbildungscharakter zweifelhaft sei, sofern ein enger Bezug zwischen ihnen und einem späteren Studium, einer betrieblichen Ausbildung oder einem angestrebten Beruf bestehe (BFH in BStBl II 2014, 717).

  • b)Bei entsprechender Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall stellt der von X absolvierte Besuch der Jüngerschaftsschule keine Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG dar. Es fehlt an einem hinreichenden Zusammenhang mit einem konkret angestrebten Beruf.

    b)Das von X durchlaufene Programm diente nicht in erster Linie der Ausbildung für einen bestimmten Beruf. Vielmehr standen – sowohl nach dem eigenen Vortrag der Klägerin als auch nach der Selbstdarstellung der Organisation im Internet – die Vertiefung des Fundaments des christlichen Glaubens, die Vermittlung biblischen Wissens, die Stärkung des Charakters und der Persönlichkeit der Teilnehmer und das Ausloten ihrer Begabungen im Vordergrund. Zu diesem Zweck umfasste das Studienprogramm allgemeinbildende und zahlreiche theologische Einheiten. Es lag somit eine Betätigung vor, deren Ausbildungscharakter nicht per se gegeben ist. In diesem Fall muss ein enger Bezug zu dem späteren Studium oder dem angestrebten Beruf gegeben sein. Daran fehlt es vorliegend. X beabsichtigte, ein Studium der Rechtswissenschaften aufzunehmen. Das Absolvieren der Jüngerschaftsschule diente in keiner Weise der Vorbereitung auf dieses Studium. Es besteht inhaltlich kein Zusammenhang und es wurden auch keine besonderen Kenntnisse oder Fähigkeiten für das angestrebte Studium vermittelt. Zwar dürfte es zutreffen, dass X sowohl bei dem Auswahlverfahren der BLS als auch bei einer späteren Bewerbung nach Abschluss seines Studiums bei einem christlichen Missionswerk Vorteile aufgrund seiner Zusatzqualifikation haben dürfte. Diesem Umstand ist jedoch keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen (vgl. BFH in BFH/NV 2011, 1325 unter II. 1. c) der Urteilsgründe zur Berücksichtigung als sonstige Leistung im Auswahlverfahren der Hochschule). Auch das etwaige Vorhaben des X, nach Abschluss des Jurastudiums eine Zusatzausbildung an der U of N zu durchlaufen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Es ist derzeit nicht absehbar, inwieweit eine solche Maßnahme zur Abrundung seiner Ausbildung für einen konkret angestrebten Beruf dienlich sein könnte. Die von X ins Auge gefasste Fortsetzung der Ausbildung bei der U o N im Falle eines Scheiterns seiner Bewerbung bei der BLS führt zu keiner anderen Beurteilung. Es sollte sich hier ausweislich der Einlassung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nur um ein Parkstudium bis zur Erlangung des angestrebten rechtswissenschaftlichen Studienplatzes handeln. Schließlich kann der Ausbildungscharakter des Auslandsaufenthalts auch nicht aufgrund der dabei erreichten Verbesserung der englischen Sprachkenntnisse bejaht werden. Das Kursprogramm umfasste keinen theoretisch-systematischen Sprachunterricht, der mit Rücksicht auf seinen Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigen würde (vgl. BFH-Urt. vom 19. Februar 2002 VIII R 83/00, BStBl II 2002, 469; in BFH/NV 2011, 1325; BFH-Beschluss vom 14. September 2009 III B 119/08, BFH/NV 2010, 34).

  • c)Das Absolvieren eines Anwaltspraktikums ab März 2015 ist für die Entscheidung des Streitfalls ohne Belang, da diese Betätigung erst nach dem Streitzeitraum aufgenommen wurde. Im Rahmen der Anfechtungsklage ist die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Familienkasse bis zum Ergehen der letzten Verwaltungsentscheidung, hier der Einspruchsentscheidung vom 2. Dezember 2014, zu überprüfen (vgl. BFH-Urt. vom 4. August 2011 III R 71/10, BStBl II 2013, 380).

2. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassen, da höchstrichterliche Rechtsprechung zum Besuch von Glaubensschulen nicht vorliegt und das FG Baden-Württemberg in seinemUrteil vom 11. Oktober 2011 (11 K 1908/10, EFG 2012, 934) zu einem mit dem Streitfall vergleichbaren Sachverhalt zu einer Bejahung des Kindergeldanspruchs kam.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd
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published on 03/07/2014 00:00

Tatbestand 1 I. Strittig ist, ob Eltern Anspruch auf Kindergeld haben, wenn ihr Kind freiwilligen Wehrdienst leistet.
published on 08/05/2014 00:00

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Vater eines im September 1991 geborenen Sohnes, der im Juni 2011 die allgemeine Hochschulreife erwarb und s
published on 15/03/2012 00:00

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezog für ihre im Jahr 1987 geborene Tochter bis einschließlich November 2007 laufend Kindergeld. Die Tocht
published on 09/02/2012 00:00

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezog Kindergeld für ihre im April 1987 geborene Tochter (T), die im Juni 2007 ihre schulische Ausbildung m
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published on 22/02/2017 00:00

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 14. Dezember 2015  7 K 18/15 und die Einspruchsentscheidung der Beklagten vom 2. Dezember 2014 sowie der Aufhebung
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Annotations

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.