Finanzgericht München Urteil, 26. Aug. 2015 - 2 K 1687/14

bei uns veröffentlicht am26.08.2015

Gericht

Finanzgericht München

Gründe

Finanzgericht München

Az.: 2 K 1687/14

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

Stichwort: Vorsteuerabzug aus Entschädigungszahlung für vorzeitige Vertragsauflösung

In der Streitsache

... Kläger

prozessbevollmächtigt: ...

gegen

Finanzamt ...

Beklagter

wegen Umsatzsteuer 2011

hat der 2. Senat des Finanzgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht den Richter am Finanzgericht ... und die Richterin am Finanzgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 26. August 2015

für Recht erkannt:

1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 17. März 2014 und der Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 2014 wird die Umsatzsteuer für 2011 auf -32.663,78 € festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.

Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.

Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/92 31-201.

Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Berechtigung des Klägers zum Vorsteuerabzug aus einer Pachtaufhebungsvereinbarung.

Der Kläger war Eigentümer eines Grundstücks in T, A-Str. 28, das er bis März 2020 an die Brauerei X (Pächterin) und diese an Frau Y (Unterpächterin) verpachtet hatte. Am 4. März 2011 schloss er mit den Pächtern eine Aufhebungsvereinbarung, nach deren Vorbemerkung der Kläger beabsichtigte, seinen Grundbesitz in der A-Str. 28 zum Zwecke einer künftig anderweitigen Nutzung zu veräußern und er sich an der angemessenen wirtschaftlichen Verwertung seines Eigentums durch die langfristigen Pachtverträge gehindert sehe.

Die Vertragsparteien vereinbarten eine vorzeitige Beendigung der Pachtverhältnisse zum 30. April 2012 mit der Möglichkeit für die Beteiligten, das Pachtverhältnis schon während der verkürzten Vertragslaufzeit zu kündigen. Als pauschale Entschädigung für die Bereitschaft zur Verkürzung der Vertragslaufzeit verpflichtete sich der Kläger, der Pächterin 36.957,09 € zzgl. 19% Mehrwertsteuer i. H. v. 7.021,85 € und der Unterpächterin 100.000,- € zzgl. 19% Mehrwertsteuer i. H. v. 19.000,- € zu zahlen.

Nachdem die Pächterin das bestehende Pachtverhältnis mit Schreiben vom 14. April 2011 zum 31. Mai 2011 gekündigt hatte, stellte sie dem Kläger mit Rechnung vom 12. Mai 2011 die in der Aufhebungsvereinbarung vom 4. März 2011 für sich und die Unterpächterin vereinbarten Entschädigungsleistungen in Höhe von insgesamt 136.957,09 € zzgl. 26.021,85 € Mehrwertsteuer in Rechnung.

Mit Kaufvertrag vom 11. November 2011 wurde das Grundstück in der A-Str. 28 umsatzsteuerfrei veräußert.

Der Beklagte (das Finanzamt) ließ den aus der Rechnung vom 12. Mai 2011 geltend gemachten Vorsteuerabzug im Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für das II. Kalendervierteljahr 2011 nicht zu und setzte die Umsatzsteuer für 2011 mit Bescheid vom 17. März 2014 auf -6.641,94 € fest.

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 2014 als unbegründet zurück.

Mit der Klage wird im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Entschädigungsleistungen an die Pächter seien dem Ausgangsumsatz steuerpflichtige Verpachtung zuzuordnen. Der Aufhebungsvereinbarung könne kein Ausgangsumsatz steuerfreie Grundstücksveräußerung zugeordnet werden, da dieser Umsatz nicht vorgelegen habe. Zwischen dem Zeitpunkt der Aufhebungsvereinbarung und dem Verkauf habe ein Zeitraum von acht Monaten gelegen. Da zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung für die streitgegenständliche Entschädigungsleistung noch kein konkreter Käufer bekannt gewesen sei und auch ein Verkauf des Grundstücks mit dem Verzicht auf die Steuerfreiheit möglich gewesen wäre, wäre für einen Käufer des Grundstücks auch eine unternehmerische Nutzung mit Umsätzen möglich gewesen, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen würden.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 17. März 2014 und der Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 2014, die Umsatzsteuer für 2011 auf -32.663,78 € festzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bringt vor, dass für die Frage, ob ein Vorsteuerabzug aus der Rechnung der Pächterin in Betracht komme, auf den Zeitpunkt der Vereinbarung der Entschädigung abzustellen sei, da bereits zu diesem Zeitpunkt festgestanden habe, dass das Grundstück veräußert werden sollte. Die Eingangsleistung, also das Akzeptieren der vorzeitigen Beendigung der Pachtverträge unter Vereinbarung einer Entschädigungsleistung habe ausschließlich dazu gedient, das Grundstück schneller verkaufen zu können und so für einen möglichen Erwerber attraktiver zu machen. Da der Verkauf des Grundstücks umsatzsteuerfrei erfolgt sei, seien die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug aus der Rechnung der Pächterin nicht erfüllt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Finanzamts und die im Verfahren eingereichten Schriftsätze sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die Klage ist begründet.

Das Finanzamt hat den Vorsteuerabzug aus der Rechnung vom 12. Mai 2011 zu Unrecht abgelehnt.

1. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG).

Art. 168 MwStSystRL, der durch § 15 Abs. 1 UStG in nationales Recht umgesetzt wird, verlangt einen Leistungsbezug des Unternehmers „für Zwecke seiner besteuerten Tätigkeit“. Hierfür muss ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung bestehen. Bei richtlinienkonformer Auslegung setzt § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG somit voraus, dass der Unternehmer Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 9 MwStSystRL) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL) zu verwenden beabsichtigt. Die Ausgangsleistungen des Unternehmers müssen zudem steuerpflichtig sein.

Bei der Prüfung des unmittelbaren Zusammenhangs sind alle Umstände zu berücksichtigen, unter denen die betreffenden Umsätze ausgeführt worden sind und nur die Umsätze heranzuziehen, die objektiv im Zusammenhang mit der der Steuer unterliegenden Tätigkeit des Steuerpflichtigen stehen. Im Hinblick auf den erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz ist dabei wie folgt zu differenzieren (vgl. BFH-Urteil vom 11. April 2013 V R 29/10, BStBl II 2013, 840).

Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einem einzelnen Ausgangsumsatz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, der steuerpflichtig ist, kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die für den Leistungsbezug getätigten Aufwendungen gehören dann zu den Kostenelementen dieses Ausgangsumsatzes.

Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der steuerfrei ist, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und - als solche - Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Derartige Kosten hängen direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen und berechtigen nach Maßgabe dieser Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug (EuGH-Urteil vom 18. Juli 2013 C-26/12, PPG, MwStR 2013, 517, Rn. 22). Zu diesen Kosten zählen Aufwendungen aber nur, soweit sie ihren ausschließlichen Entstehungsgrund in den steuerpflichtigen Tätigkeiten haben (EuGH-Urteil vom 8. Februar 2007 C-435/05, Investrand BV, Slg. 2007, I-1315, Rn. 33).

2. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Kläger einen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus der Rechnung vom 12. Mai 2011.

a) Die Pächter haben gegenüber dem Kläger eine steuerpflichtige Leistung erbracht. Bei der vom Kläger gezahlten Entschädigung hat es sich um ein Leistungsentgelt für die Bereitschaft der Pächter zur vorzeitigen Vertragsauflösung gehandelt (vgl. Abschn. 1.3. Abs. 13 Satz 1 UStAE). Wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm auf vertraglicher Grundlage zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet, liegen die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch vor (vgl. BFH-Urteil vom 16. Januar 2014 V R 22/13, MwStR 2014, 333).

b) Es hat insoweit zwar kein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Eingangsumsatz (Verzicht auf langfristigen Pachtvertrag) zu den steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen (Verpachtungsumsätze) des Klägers bestanden.

Die für den Bezug dieser Verzichtsleistung gezahlte Entschädigung hat jedoch zu den Kostenelementen seiner besteuerten Verpachtungsumsätze gehört. Die Entschädigungszahlung ist in die Kosten der ausgeführten Verpachtungsumsätze eingegangen. Diese Kosten hängen direkt und unmittelbar mit der Verpachtungstätigkeit zusammen und berechtigen nach Maßgabe dieser Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug (vgl. EuGH in MwStR 2013, 517).

Die Kosten des Klägers für die vorzeitige Aufhebung des Pachtvertrages haben ihren ausschließlichen Entstehungsgrund in der steuerpflichtigen Verpachtungstätigkeit des Klägers gehabt. Hätte der Kläger mit den Pächtern keinen langfristigen Verpachtungsvertrag zur Erzielung von Verpachtungseinnahmen abgeschlossen gehabt, wären ihm keine Kosten für dessen Aufhebung entstanden.

Da mit der Aufhebung des Pachtvertrages die Beendigung der Verpachtungstätigkeit des Klägers einhergegangen ist, hat es sich bei der Entschädigungszahlung um Ausgaben zum Zwecke der Beendigung und damit um allgemeine Aufwendungen dieser Tätigkeit gehandelt.

Wegen des Neutralitätsgrundsatzes, wonach das Mehrwertsteuersystem völlige Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten eines Unternehmens gewährleistet, sofern diese der Mehrwertsteuer unterliegen, darf nicht willkürlich zwischen Ausgaben für die Zwecke eines Unternehmens vor der tatsächlichen Aufnahme seiner Tätigkeit sowie während dieser Tätigkeit und Ausgaben zum Zweck der Beendigung dieser Tätigkeit unterschieden werden, da ein Wirtschaftsteilnehmer ansonsten mit den Mehrwertsteuerkosten seiner wirtschaftlichen Tätigkeit belastet würde, ohne dass er sie abziehen könnte (vgl. EuGH-Urteile vom 22. Februar 2001 C-408/98, Abbey National, DStRE 2001, 318, Rn. 35, und vom 3. März 2005 C-32/03, Fini H, Slg. 2005, I-1599, Rn. 23, 25).

Es kommt im Streitfall nicht darauf an, dass der Kläger im Aufhebungsvertrag die Absicht geäußert hat, das Grundstück zum Zwecke einer künftig anderweitigen Nutzung zu veräußern und später steuerfrei veräußert hat.

Nur wenn zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs noch keine entsprechenden Ausgangsumsätze ausgeführt worden sind, ist auf die beabsichtigten Verwendungsumsätze abzustellen. Dann braucht ein Unternehmer die Aufnahme des tatsächlichen Betriebs seines Unternehmens nicht abzuwarten, sondern kann den sofortigen Vorsteuerabzug aus den ersten Investitionsausgaben tätigen, wenn er die Erklärung, zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, in gutem Glauben abgegeben hat und dies durch objektive Anhaltspunkte belegt (EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 C-400/98, Breitsohl, BStBl II 2003, 452).

Vorliegend hat der Kläger zum Zeitpunkt des Verzichts der Pächter auf die Erfüllung der langfristigen Pachtverträge aber noch steuerpflichtige Verpachtungsumsätze getätigt und aus diesem Grund und allein zu deren Beendigung die hier streitige Eingangsleistung bezogen.

Gegenüber dem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der vom Kläger bezogenen Verzichtsleistungen zu der Verpachtungstätigkeit tritt der lediglich mittelbare Zusammenhang zu der beabsichtigten Grundstücksveräußerung zurück.

Das Finanzamt kann sich insoweit nicht auf das BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 23/10 (BFH/NV 2012, 1672) berufen.

In diesem Fall ist ein unmittelbarer Zusammenhang der drei Jahre nach Einstellung der steuerpflichtigen Tätigkeit des Unternehmers durchgeführten Sanierungsleistungen zu einem beabsichtigten (steuerfreien) Grundstücksverkauf angenommen worden, weil nach dem festgestellten Sachverhalt davon auszugehen war, dass bereits zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs eine umsatzsteuerfreie Lieferung des sanierten Grundstücks beabsichtigt gewesen ist. Vorliegend ist hingegen in der Aufhebungsvereinbarung vom 4. März 2011 nur von einer Veräußerung zum Zwecke einer anderweitigen Nutzung die Rede gewesen und die (steuerpflichtige) Verpachtungstätigkeit des Klägers zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingestellt gewesen. Im Streitfall konnte nicht festgestellt werden, dass bereits im März 2011 eine steuerfreie Veräußerung oder Vermietung bzw. -verpachtung des Grundstücks nach § 4 Nr. 9 Buchst. a, Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG beabsichtigt gewesen ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 15 Vorsteuerabzug


(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: 1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuera

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 14 Ausstellung von Rechnungen


(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 1 Steuerbare Umsätze


(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 2 Unternehmer, Unternehmen


(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. G

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 14a Zusätzliche Pflichten bei der Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen


(1) Hat der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und führt er einen Umsatz in einem ander

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(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Hat der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und führt er einen Umsatz in einem anderen Mitgliedstaat aus, an dem eine Betriebsstätte in diesem Mitgliedstaat nicht beteiligt ist, so ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet, wenn die Steuer in dem anderen Mitgliedstaat von dem Leistungsempfänger geschuldet wird und keine Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Führt der Unternehmer eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 in einem anderen Mitgliedstaat aus, so ist die Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, auszustellen. In dieser Rechnung sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Wird eine Abrechnung durch Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 über eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 vereinbart, die im Inland ausgeführt wird und für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Absatz 1 und 5 schuldet, sind die Sätze 2 und 3 und Absatz 5 entsprechend anzuwenden.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung im Sinne des § 3c Absatz 1 im Inland aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j teilnimmt.

(3) Führt der Unternehmer eine innergemeinschaftliche Lieferung aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, verpflichtet. In der Rechnung sind auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Satz 1 gilt auch für Fahrzeuglieferer (§ 2a). Satz 2 gilt nicht in den Fällen der §§ 1b und 2a.

(4) Eine Rechnung über die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs muss auch die in § 1b Abs. 2 und 3 bezeichneten Merkmale enthalten. Das gilt auch in den Fällen des § 2a.

(5) Führt der Unternehmer eine Leistung im Sinne des § 13b Absatz 2 aus, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Absatz 5 die Steuer schuldet, ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet; Absatz 1 bleibt unberührt. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung nach § 14 Absatz 4 Satz 1 Nummer 8 wird nicht angewendet.

(6) In den Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 hat die Rechnung die Angabe „Sonderregelung für Reisebüros“ und in den Fällen der Differenzbesteuerung nach § 25a die Angabe „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung“, „Kunstgegenstände/Sonderregelung“ oder „Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung“ zu enthalten. In den Fällen des § 25 Abs. 3 und des § 25a Abs. 3 und 4 findet die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) keine Anwendung.

(7) Wird in einer Rechnung über eine Lieferung im Sinne des § 25b Abs. 2 abgerechnet, ist auch auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinzuweisen. Dabei sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) findet keine Anwendung.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war Einzelunternehmer und Mehrheitsgesellschafter der A-GmbH (GmbH). Der Kläger und X waren Geschäftsführer der GmbH, die im Rahmen ihrer unternehmerischen (wirtschaftlichen) Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999/2005 (UStG) und Art. 4 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) steuerpflichtige Bauleistungen gegen Entgelt erbrachte. Prokurist und später ebenfalls Geschäftsführer der GmbH war P. Zwischen dem Kläger als Organträger und der GmbH als Organgesellschaft bestand eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG.

2

Nachdem die GmbH einen Bauauftrag erhalten und diesen gegen Entgelt steuerpflichtig ausgeführt hatte, eröffnete die für die Strafverfolgung zuständige Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger und P, da der Verdacht bestand, die GmbH habe zur Erlangung dieses Auftrags bei der Ausschreibung eines Bauprojekts vertrauliche Informationen über Angebote konkurrierender Bauunternehmen erhalten und habe deshalb Konkurrenzangebote bei der Ausschreibung unterbieten können. Die GmbH habe für die Erlangung dieser Informationen Zuwendungen geleistet, die strafrechtlich als "Bestechung" oder Beihilfe durch den Kläger, X und P und für den Zuwendungsempfänger als "Bestechlichkeit" zu würdigen seien. Die gegen den Kläger und gegen P eröffneten Strafverfahren wurden gemäß § 153a der Strafprozessordnung gegen Zahlung von Geldbeträgen eingestellt.

3

Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wurde der Kläger durch einen Rechtsanwalt und P durch eine Rechtsanwältin vertreten. Nach den bei der jeweiligen Mandatserteilung getroffenen Honorarvereinbarungen waren Auftraggeber des Rechtsanwalts der Kläger als Beschuldigter und die GmbH sowie Auftraggeber der Rechtsanwältin der Beschuldigte P und die GmbH. Beide Rechtsanwälte erteilten über ihr Honorar jeweils eine an die GmbH adressierte Rechnung. Aus den Rechnungen der beiden Rechtsanwälte nahm der Kläger --als Organträger der GmbH-- im Streitjahr 2005 den Vorsteuerabzug vor.

4

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die Klägerin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei und änderte den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid November 2005 entsprechend. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

5

Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit seinem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 192 veröffentlichten Urteil statt, da die Klägerin aus den Leistungen der beiden Strafverteidiger zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Während des FG-Verfahrens erging der Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 9. März 2009, der gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens wurde.

6

Gegen das Urteil des FG wendet sich das FA mit der Revision, mit der es geltend macht, dass das Urteil materielles Recht verletzt habe.

7

Der Senat hat mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 V R 29/10 (BFHE 236, 242, BStBl II 2012, 441) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

8

1. Bestimmt sich der von der EuGH-Rechtsprechung bei der Auslegung des Begriffs für "Zwecke seiner besteuerten Umsätze" i.S. von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG als maßgeblich erachtete direkte und unmittelbare Zusammenhang
- nach dem objektiven Inhalt der vom Steuerpflichtigen bezogenen Leistung (hier: Tätigkeit eines Strafverteidigers, damit eine natürliche Person nicht strafrechtlich verurteilt wird) oder
- nach dem Entstehungsgrund der bezogenen Leistung (hier: wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen, bei der angeblich eine Straftat durch eine natürliche Person begangen wurde)?

9

2. Falls es auf den Entstehungsgrund ankommt: Ist ein Steuerpflichtiger, der eine Leistung zusammen mit einem Angestellten in Auftrag gibt, gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG zum vollen oder nur zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt und welche Anforderungen bestehen bei Bezug einer Leistung durch mehrere Empfänger an die Rechnungserteilung gemäß Art. 22 Abs. 3 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG?

10

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 21. Februar 2013 C-104/12, Becker (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2013, 220) nur eine Antwort auf die erste Frage für erforderlich gehalten und diese wie folgt beantwortet:

11

"Für die Feststellung, ob Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen im Sinne von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern − Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2001/115/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 geänderten Fassung 'für Zwecke seiner besteuerten Umsätze' verwendet wurden, bestimmt sich das Vorliegen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem konkreten Umsatz und der gesamten Tätigkeit des Steuerpflichtigen nach dem objektiven Inhalt der von ihm bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen.

12

Im vorliegenden Fall eröffnen die Anwaltsdienstleistungen, deren Zweck darin besteht, strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen, die Geschäftsführer eines steuerpflichtigen Unternehmens sind, zu vermeiden, diesem Unternehmen keinen Anspruch auf Abzug der für die erbrachten Leistungen geschuldeten Mehrwertsteuer als Vorsteuer."

13

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

14

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Entgegen dem Urteil des FG kann der Kläger aus den Leistungen der beiden Strafverteidiger keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen.

16

1. Der Unternehmer ist nach § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Eingangsleistungen für Zwecke seines Unternehmens und damit für seine wirtschaftliche Tätigkeit bezieht.

17

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, wonach der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.

18

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der Unternehmer gemäß § 15 Abs. 1 und 2 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt. Im Hinblick auf den weiter erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz ist dabei wie folgt zu differenzieren (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. Februar 2012 V R 40/10, BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, unter II.1.).

19

aa) Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einem einzelnen Ausgangsumsatz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, der steuerpflichtig ist (gleichgestellt: Umsatz i.S. von § 15 Abs. 3 UStG und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG), kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die für den Leistungsbezug getätigten Aufwendungen gehören dann zu den Kostenelementen dieses Ausgangsumsatzes.

20

bb) Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt oder --ohne Anwendung von § 15 Abs. 3 UStG (Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG)-- steuerfrei ist, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer eine Leistung z.B. für einen steuerfreien Ausgangsumsatz bezieht, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, da der von ihm verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist.

21

cc) Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und --als solche-- Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Derartige Kosten hängen direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen und berechtigen nach Maßgabe dieser Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug.

22

2. Im Streitfall ist der Kläger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da die Leistungen der beiden Strafverteidiger nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers standen. Ohne dass insoweit eine Bindung des Senats an eine Einzelfallbeurteilung durch den EuGH besteht, ist dabei von Folgendem auszugehen.

23

a) Nach dem im Streitfall ergangenen EuGH-Urteil Becker in UR 2013, 220 bestimmt sich der für den Vorsteuerabzug erforderliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen der Eingangsleistung und der gesamten Tätigkeit des Steuerpflichtigen nach dem objektiven Inhalt der von ihm bezogenen Leistung. Dabei eröffnen Anwaltsdienstleistungen, deren Zweck darin besteht, strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen zu vermeiden, die "Geschäftsführer eines steuerpflichtigen Unternehmens" sind, dem Kläger als Organträger der GmbH keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug (EuGH-Urteil Becker in UR 2013, 220, erster und zweiter Leitsatz). Dies gilt zumindest dann, wenn es --wie im Streitfall-- um den Vorwurf der Begehung einer Straftat durch verbotene Zuwendungen an potentielle Auftraggeber geht.

24

Der EuGH begründet dies damit, dass die Anwaltsdienstleistungen direkt und unmittelbar dem Schutz der privaten Interessen der beiden Beschuldigten dienten, die wegen in ihrem persönlichen Verhalten liegender Zuwiderhandlungen strafrechtlich verfolgt wurden, und dass die Strafverfolgungsmaßnahmen nur gegen sie persönlich und nicht gegen die "GmbH" gerichtet waren (EuGH-Urteil Becker in UR 2013, 220 Rdnr. 30).

25

b) Dass der Kläger nicht nur Geschäftsführer der GmbH, sondern zugleich gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG auch Organträger der GmbH und damit umsatzsteuerrechtlich Träger des Unternehmens der GmbH als Organgesellschaft war, ändert hieran nach dem Urteil des EuGH nichts, da die Strafverteidigungsleistungen gleichwohl dem "Schutz der privaten Interessen", nicht aber der wirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers in seiner Eigenschaft als Organträger dienten. Danach ist z.B. auch nicht danach zu differenzieren, ob es sich bei den "privaten Interessen", die durch die Anwaltsleistung geschützt werden sollen, um die eines Geschäftsführers einer juristischen Person oder um die eines Einzelunternehmers handelt.

26

3. Das Urteil des FG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, ist seit August 2008 Tochtergesellschaft der B-Holding GmbH, die als Arbeitsgemeinschaft gemäß § 219 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung für ihre Gesellschafter, insbesondere Betriebskrankenkassen (BKK), IT-Dienstleistungen erbringt. Zu diesem Zweck betreibt die Klägerin ein Service-Zentrum und bietet den BKK Hard- und Softwarelösungen an.

2

Die Klägerin erbrachte auf der Grundlage einer im Jahr 1998 abgeschlossenen Verwaltungsvereinbarung (folgend: IT-Dienstleistungsvertrag) gegenüber ihrem Gesellschafter und Kunden, der B-BKK, Dienstleistungen der elektronischen Datenverarbeitung. Die Leistungen wurden auf Selbstkostenbasis abgerechnet. Der IT-Dienstleistungsvertrag wurde ab dem 1. Januar 1999 zunächst für die Dauer von drei Jahren geschlossen. Er konnte unter Wahrung einer Kündigungsfrist von neun Monaten zum Jahresende, erstmals zum 31. Dezember 2001 gekündigt werden. Erfolgte keine Kündigung, verlängerte er sich um jeweils ein Jahr, wobei die Vergütung neu festzulegen war.

3

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2002 kündigte die B-BKK den IT-Dienstleistungsvertrag zum Ablauf des 31. Dezember 2003. Gleichzeitig erklärte sie, dass sie bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2002 keine Dienstleistungen, Nutzungen von Hard- und Software und sonstige Tätigkeiten oder Aufwendungen der Klägerin in Anspruch nehmen werde.

4

Hintergrund der Kündigung war die im September 2002 beschlossene Fusion der B-BKK und der V-BKK zur D-BKK zum 1. Januar 2003, das damit verbundene Ausscheiden der B-BKK als Gesellschafterin der Klägerin und die in diesem Zusammenhang getroffene Entscheidung, dass die D-BKK künftig nur noch das bisher von der V-BKK genutzte Rechenzentrum eines Konkurrenzunternehmens der Klägerin, der I-GmbH, nutzen werde.

5

Am 20. Dezember 2002 schlossen die Klägerin und die B-BKK eine "Vergleichsweise Vereinbarung" (folgend: Vergleich) mit im Wesentlichen folgendem Inhalt:

6

"Vorbemerkung
Die ... (Klägerin) erbringt DV-Dienstleistungen aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung und verschiedener weiterer Verträge für die ... (B-BKK). Die ... (B-BKK) hat gemäß Schreiben vom 16.10.2002 erklärt, sie kündige alle Verträge mit der ... (Klägerin) zum 31.12.2003 und nehme bereits ab 31.12.2002 keinerlei Dienstleistungen der ... (Klägerin) mehr in Anspruch. Über die Wirksamkeit und Folgen dieser Erklärungen bestehen unterschiedliche Auffassungen unter den Parteien. Die ... (Klägerin) macht Vergütung, Aufwendungs- und Schadensersatz geltend.

...     

        

B.    

Vereinbarung

I.    

Fortsetzung aller Verträge bzgl. Netzwerkdienstleistungen

Die Parteien sind sich im Vergleichswege einig, dass die Kündigung aller Verträge, welche als Leistungsgegenstand Netzwerkdienstleistungen haben, gegenstandslos ist. Die Verträge werden diesbezüglich mit folgenden Änderungen, Ergänzungen und Klarstellungen wieder in Kraft gesetzt.

...     

II.     

Vergleich bzgl. der übrigen Dienstleistungen

1.    

Vergleichsweise Beendigung der Verträge zum 31.12.2002

Die Parteien sind sich im Wege gegenseitigen Nachgebens einig, dass alle bestehenden Verträge, welche nicht die in Ziff. I. behandelte Netzwerkdienstleistung und –vergütung betreffen, mit Ablauf des 31.12.2002 beendet sind. Die ... (Klägerin) stellt die Vertragsleistungen bis zum Beendigungszeitpunkt zur Verfügung.

...     

2.    

Höhe des Vergleichsbetrages

Die Parteien legen im Wege gegenseitigen Nachgebens als Vergleichsbetrag, welchen die ... (B-BKK) ... der ... (Klägerin) als Vergütung für nicht erbrachte Leistung bzw. Schadensersatz - also über die Vergütung für Netzwerkdienstleistungen gem. Ziff. I hinausgehend - schuldet, fest auf … € (Ohne MWSt.).

...     

V.    

Abgeltung von Ansprüchen

Mit diesem Vergleich sind alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus der bestehenden Verwaltungsvereinbarung und den dazu weiter abgeschlossenen Verträgen, gleich ob für Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft endgültig abgegolten, soweit sie vorstehend nicht ausdrücklich aufrechterhalten wurden. ... (Die Klägerin) verzichtet auf jedwede rechtliche Einwendung gegen die Entscheidung der ... (B-BKK) und der ... BKK bezüglich der einheitlichen Weiterführung der unter Ziff. II. als 'übrige Dienstleistungen' bezeichneten Tätigkeiten des ...

..."   

7

Die zum 1. Januar 2003 fällige erste Rate des Vergleichsbetrages wurde von der Klägerin weder in der Steuererklärung vom 9. April 2003 für das Streitjahr (2002) noch in der Steuererklärung vom 30. März 2004 für 2003 der Umsatzsteuer unterworfen.

8

Im Anschluss an eine bei der Klägerin durchgeführte steuerliche Außenprüfung hob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit Bescheid vom 2. Februar 2006 den Vorbehalt der Nachprüfung bei der Umsatzsteuerfestsetzung für 2002 auf und unterwarf die erste Rate des Vergleichsbetrages im Umsatzsteuerbescheid für 2003 der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nach erfolglosem Einspruchsverfahren statt (3 K 1520/08), weil die Steuer für eine etwaige sonstige Leistung bereits am 31. Dezember 2002 entstanden sei.

9

Daraufhin änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzung 2002 mit Bescheid vom 17. November 2011 gemäß § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO). Der gegen diesen Bescheid eingelegte Einspruch blieb in der Einspruchsentscheidung vom 13. April 2012 erfolglos. Das FG gab der Klage statt; das Urteil ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2013, 1169 veröffentlicht.

10

Das FG begründet seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

11

Zwar habe das FA den Umsatzsteuerbescheid 2002 gemäß § 174 Abs. 4 AO ändern dürfen, weil die an eine Änderungsmöglichkeit geknüpften Voraussetzungen vorgelegen hätten.

12

Das FA sei aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin auf der Grundlage des Vergleichs Leistungen gegen Entgelt erbracht habe. Zwar nehme der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung an, dass eine sonstige Leistung gegen Entgelt auch dann vorliege, wenn der zur Ausführung einer Dauerleistung Verpflichtete die Leistung im Interesse des Leistungsempfängers gegen Zahlung eines Geldbetrages unterlasse. Dem sei aber nicht zu folgen, denn der --nach dem ursprünglich abgeschlossenen und später einvernehmlich beendeten Vertrag-- zur Leistung Verpflichtete erbringe durch das Unterlassen seiner Leistung keine sonstige Leistung an den Leistungsempfänger. Der Leistende verzichte vielmehr lediglich auf das volle ursprünglich vereinbarte Entgelt; darin aber sei keine Leistung zu sehen.

13

Im Übrigen fehle es im Streitfall auch deshalb an einem Entgelt, weil der Vergleichsbetrag eine Entschädigung darstelle, die die Leistungsempfängerin auch ohne Abschluss des Vergleichs von Gesetzes wegen geschuldet habe.

14

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, mit der es Verletzung materiellen Rechts (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) geltend macht. Zur Begründung der Revision trägt das FA im Wesentlichen vor, die vorzeitige Beendigung des IT-Dienstleistungsvertrages zum 31. Dezember 2002 gegen Zahlung einer Geldsumme stelle einen umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch dar, weil der entgeltliche Verzicht, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben, als sonstige Leistung anzusehen sei. Das gelte auch für den Verzicht durch den Verpflichteten eines Dauerschuldverhältnisses. Da die auf Selbstkostenbasis zu ermittelnde Zahlungspflicht in dem IT-Dienstleistungsvertrag durch die Inanspruchnahme der Leistung bedingt gewesen sei und der Klägerin durch die Anschaffung einer neuen Rechnergeneration erhebliche Investionsaufwendungen entstanden seien, habe eine besondere Treuepflicht des Dienstleistungsberechtigten bestanden. Die Leistung sei der Klägerin auch nicht unmöglich geworden; es habe lediglich der Wille zur Inanspruchnahme seitens des Dienstleistungsberechtigten gefehlt.

15

Das FA beantragt sinngemäß,
das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

16

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

17

Sie macht sich die Gründe der Vorentscheidung zu eigen. Es sei Unmöglichkeit eingetreten, weil die Leistungserbringung durch die Gegenseite verhindert worden sei; die Verarbeitung der Daten sei technisch gar nicht mehr möglich gewesen. Damit liege ein geradezu klassischer Fall eines zum Schadensersatz verpflichtenden Sachverhalts vor.

Entscheidungsgründe

18

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht eine Leistung gegen Entgelt verneint.

19

1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

20

a) Die Besteuerung einer Lieferung oder sonstigen Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG setzt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert voraus. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinn des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 V R 34/03, BFHE 211, 59, BStBl II 2007, 66, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH--). Demgegenüber sind Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen grundsätzlich kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat (z.B. EuGH-Urteil vom 21. März 2002 C-174/00, Kennemer Golf & Country Club, Slg. 2002, I-3293; BFH-Urteil vom 20. März 2013 XI R 6/11, BFHE 241, 191, BFH/NV 2013, 1509). In diesen Fällen besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Leistung (BFH-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 2/09, BFHE 228, 467, BStBl II 2010, 765).

21

b) Ob eine Leistung des Unternehmers vorliegt, die derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet, bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis (vgl. z.B. EuGH-Urteil Kennemer Golf & Country Club in Slg. 2002, I-3293; BFH-Urteil in BFHE 241, 191, BFH/NV 2013, 1509). Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrages, durch den sich eine Vertragspartei zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 UStG regelmäßig erfüllt, falls der leistende Vertragspartner Unternehmer ist (BFH-Urteil vom 18. Dezember 2008 V R 38/06, BFHE 225, 155, BStBl II 2009, 749).

22

Ob die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch vorliegen, ist dabei nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilen (BFH-Urteile vom 17. Dezember 2009 V R 1/09, BFH/NV 2010, 1869; in BFHE 241, 191, BFH/NV 2013, 1509; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 18. Mai 2011 VIII ZR 260/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2011, 1156). Deshalb kommt es --entgegen der Auffassung des FG-- auf die Frage, ob nach deutschem Zivilrecht objektive oder subjektive Unmöglichkeit der ursprünglich geschuldeten Leistung vorliegt und ob die Zahlung zivilrechtlich als Schadensersatz bezeichnet wird, nicht an (z.B. BGH-Urteil vom 14. März 2007 VIII ZR 68/06, BFH/NV 2007, Beilage 3, 316; BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 1869).

23

c) Die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch liegen insbesondere dann vor, wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm, sei es auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage, zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet (BFH-Urteil in BFHE 211, 59, BStBl II 2007, 66). Auch der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben, ist gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG eine sonstige Leistung (BFH-Urteil in BFHE 211, 59, BStBl II 2007, 66). Hieran hält der Senat fest.

24

d) Dem steht auch nicht das EuGH-Urteil vom 18. Juli 2007 C-277/05, Societé thermale d´Eugénie-les-Bains (Slg. 2007, I-6415) entgegen. Darin hat der EuGH entschieden, dass das Angeld bei Reservierung einer Beherbergungsleistung keine Gegenleistung für eine eigenständige, bestimmbare Leistung, sondern eine Entschädigung zum Ausgleich des infolge des Vertragsrücktritts des Gastes entstandenen Schadens darstellt. Das Angeld soll ein Zeichen für den Abschluss des Beherbergungsvertrages, ein Anreiz für seine Erfüllung und eine pauschalierte Entschädigung sein (Rdnr. 31). An einer eigenständigen bestimmbaren Gegenleistung fehlt es, weil der Hotelier nur seinen sich aus dem Beherbergungsvertrag ergebenden Pflichten nachkommt und keine weitere Dienstleistung erbringt, mit der das Angeld in unmittelbarem Zusammenhang stehen könnte. Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar.

25

2. Das Urteil des FG, das von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war aufzuheben. Im Streitfall hat die Klägerin mit dem entgeltlichen Verzicht auf ihre Rechte aus dem IT-Dienstleistungsvertrag eine steuerbare sonstige Leistung erbracht. Die B-BKK hat den IT-Dienstleistungsvertrag mit Wirkung ab 1. Januar 2004 gekündigt. Der IT-Dienstleistungsvertrag und die sich daraus ergebenden gegenseitigen Rechte und Pflichten bestanden für das Streitjahr (2002) zunächst fort. Die Klägerin hat in dem Vergleich darauf verzichtet, ihre Leistungen anzubieten und das dafür vereinbarte Entgelt einzufordern und ggf. gerichtlich geltend zu machen. Die B-BKK hat dadurch einen Vorteil erlangt, weil sie ohne weitere Streitigkeiten vorzeitig aus dem erst mit Wirkung ab 1. Januar 2004 gekündigten Vertrag entlassen worden ist. Der Vergleich stellt als vertragliche Vereinbarung einen unmittelbaren Zusammenhang der Leistung der Klägerin mit dem von ihr empfangenden Gegenwert her. Das genügt für die Annahme eines Leistungsaustausches.

26

3. Zu Recht hat das FG demgegenüber entschieden, dass der geänderte Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 17. November 2011 noch ergehen durfte, weil die Änderungsvoraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO vorgelegen haben.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Konkursverwalter über das Vermögen der X GmbH (GmbH). Gegenstand der GmbH waren die Veredelung und Färberei von Rauchwaren. Aufgrund des Betriebs der …veredelung war das Betriebsgrundstück mit Schadstoffen belastet. Am 21. Februar 1992 erließ der Landrat A aufgrund der von den Umweltbehörden getroffenen Feststellungen einen Bescheid zur Boden- und Grundwassersanierung, die den Abbruch der aufstehenden Gebäude erforderte. Da die GmbH zur Durchführung der Maßnahmen finanziell nicht in der Lage war, wurde das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger am 1. August 1996 zum Konkursverwalter bestellt.

2

Im März 1997 wurde der Geschäftsbetrieb der GmbH eingestellt. Der Kläger einigte sich im Jahr 1999 mit der zuständigen Umweltbehörde über den Umfang der durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen. Dem Konkursgericht stellte er mit Schreiben vom 24. Juni 1999 das Sanierungskonzept vor, das im Hinblick auf bislang erfolglos gebliebene Veräußerungsversuche eine darlehensfinanzierte Altlastenbeseitigung und eine anschließende Veräußerung des Grundstücks vorsah. Mit dem Abbruch der Gebäude wurde im März 2000 begonnen; gleichzeitig führte der Kläger Verhandlungen mit der Y KG (KG), die das Grundstück nur umsatzsteuerfrei erwerben wollte. Am 20. Juni 2000 schlossen der Kläger und die KG einen Kaufvertrag über die umsatzsteuerfreie Veräußerung des Grundstücks. Voraussetzung für die Kaufpreiszahlung waren die erfolgreiche Durchführung der Grundwassersanierung und der Abbruch der Betriebsgebäude bis 31. Dezember 2001. Da die Sanierung auch innerhalb der bis 31. Dezember 2002 verlängerten Frist nicht abgeschlossen werden konnte, trat die KG am 20. Dezember 2002 vom Kaufvertrag zurück.

3

Im Juli 2003 beantragte der Kläger beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) eine verbindliche Auskunft darüber, ob eine steuerfreie Veräußerung des Grundstücks ohne Auswirkung auf den Vorsteuerabzug aus den für das Grundstück getätigten Sanierungsaufwendungen möglich sei. Schließlich veräußerte er nach Abschluss der Sanierungen und Aufhebung der Altlastenfeststellungen das Grundstück am 12. Juni 2009 unter Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 9 i.V.m. § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (UStG).

4

Mit den beim FA für die Streitjahre eingereichten Umsatzsteuererklärungen machte der Kläger ausschließlich Vorsteuerbeträge geltend.

5

Nachdem das FA die Umsatzsteuer 2000 bis 2003 unter Hinweis auf eine beabsichtigte steuerfreie Verwendung unter Versagung des begehrten Vorsteuerabzugs jeweils auf 0 € festgesetzt hatte, erkannte es im Rahmen der Einspruchsentscheidung Vorsteuerbeträge an,

6
        

-       

die mit der Abwicklung des Unternehmens, jedoch nicht mit der Veräußerung des Grundstücks zusammenhingen,

-       

die mit vor dem 1. April 2000 bezogenen Abbruch- und Sanierungsleistungen zusammenhingen und

-       

die vor dem 1. April 2000 bezogene sonstige gemischte Leistungen betrafen.

7

Die Einsprüche im Übrigen wies das FA als unbegründet zurück.

8

Die sich anschließende Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus, das FA habe den Vorsteuerabzug --soweit streitig geblieben-- zu Recht versagt. Zwar bestehe ein mittelbarer Zusammenhang zwischen den Sanierungsaufwendungen und den früheren steuerpflichtigen Umsätzen der GmbH. Dieser mittelbare Zusammenhang trete jedoch hinter den unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Sanierungsaufwendungen und der vom Kläger beabsichtigten Grundstücksveräußerung zurück. Durch Kaufvertrag mit der KG habe der Kläger sich zur Übergabe eines sanierten Grundstücks verpflichtet und dieses steuerfrei verkauft. Aus dem Prinzip des Sofortabzugs der Umsatzsteuer folge, dass es für die Beurteilung des Rechts auf Vorsteuerabzug auf die durch objektive Anhaltspunkte belegte Verwendungsabsicht im Jahr des Leistungsbezugs ankomme und nicht auf eine spätere, in einem anderen Besteuerungszeitraum liegende tatsächliche Verwendung. In den Streitjahren habe der Kläger auch nach Rücktritt der KG vom Kaufvertrag nicht die durch objektive Beweisanzeichen belegte Absicht gehabt, das Grundstück unbedingt unter Option zur Steuerpflicht zu veräußern. Der im Schrifttum (z.B. Forgách in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 15 Rz 378.2) vertretenen Auffassung, eine spätere Verwendung für zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze --wie im Streitfall-- rechtfertige eine Berichtigung der Steuerfestsetzung des Besteuerungszeitraums des Leistungsbezugs, sei auch im Hinblick auf den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer nicht zu folgen, da über das Recht auf Vorsteuerabzug allein aufgrund der im Besteuerungszeitraum vorliegenden Verhältnisse (tatsächliche oder beabsichtigte Verwendung) abschließend zu entscheiden sei.

9

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 84 veröffentlicht.

10

Der Kläger stützt seine Revision auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

11

Er ist der Auffassung, der Vorsteuerabzug sei nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG nur dann ausgeschlossen, wenn der Unternehmer die bezogenen Lieferungen und Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze "verwendet". Damit stelle das Gesetz auf die tatsächliche Verwendung und nicht auf eine Verwendungsabsicht ab. Unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 8. Februar 2007 C-435/05 --Investrand BV-- (Slg. 2007, I-1315, BFH/NV Beilage 2007, 289, Rz 23) macht der Kläger hierzu geltend, die Sanierungsaufwendungen gehörten entgegen der Auffassung des FG zu den Kostenelementen der versteuerten, zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze der Vergangenheit. Denn der Aufwand sei im Rahmen der Bildung entsprechender Rückstellungen der werbenden GmbH entstanden, wie auch bereits weit vor dem beabsichtigten Verkauf des Grundstücks eine Verpflichtung zur Sanierung bestanden habe. Entgegen den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. April 1997 V R 26/96 (BFHE 182, 432, BStBl II 1997, 552) und vom 25. Juni 1998 V R 25/97 (BFH/NV 1998, 1533) sei gerade nicht auf die Umsätze abzustellen, die nach Inanspruchnahme der vorsteuerbelasteten Leistungen ausgeführt werden, da es hinsichtlich der Verwendung auf den wirtschaftlichen und nicht auf den zeitlichen Zusammenhang ankomme, was § 15 Abs. 4 UStG verdeutliche.

12

Soweit die Sanierungsmaßnahmen dem im Jahre 2009 erfolgten steuerpflichtigen Verkauf des Grundstücks zuzurechnen seien, rechtfertige dies eine Berichtigung der Steuerfestsetzung des Besteuerungszeitraums des Leistungsbezugs. Eine Berichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG n.F. komme nach § 27 Abs. 11 UStG zwar nicht in Betracht, ein Anspruch auf Berichtigung ergebe sich jedoch unmittelbar aus Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG). Ansonsten würde der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer nicht gewahrt. Die Korrektur habe aufgrund der Formulierung "Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs" im jeweiligen Streitjahr zu erfolgen.

13

Sollte eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs rückwirkend nicht möglich sein, müsse jeder einzelne Eingangsumsatz im Hinblick auf die jeweilige Verwendungsabsicht beurteilt werden. Nur in der Zeit vom 20. Juni 2000 bis 20. Dezember 2002 habe er, der Kläger, das Grundstück umsatzsteuerfrei veräußern wollen. Im Übrigen habe er bereits aus wirtschaftlichen Gründen und um sich vor etwaigen Schadensersatzansprüchen zu schützen den steuerpflichtigen Verkauf beabsichtigt.

14

Insoweit habe das FG gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) verstoßen. Es habe übersehen, dass er ausweislich seines Schreibens an das Konkursgericht vom 15. Juni 2000 aufgrund des steuerfreien Verkaufs an die KG von Mehrkosten ausgegangen sei, woraus objektiv erkennbar werde, dass er vor dem Abschluss des Kaufvertrags vom 20. Juni 2000 eine steuerpflichtige Veräußerung beabsichtigt habe. Diese Absicht sei nach dem Rücktritt der KG wieder aufgelebt. Das FG hätte für jeden Besteuerungszeitraum der Jahre 2000 bis 2004 prüfen müssen, ob eine steuerpflichtige Veräußerung des Grundstücks beabsichtigt gewesen sei oder nicht.

15

Das FG habe schließlich den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt. Es habe nicht zu erkennen gegeben, dass die Absicht, das Grundstück für eine steuerpflichtige oder eine steuerfreie Veräußerung zu verwenden, das maßgebliche Kriterium für seine Entscheidung sei. Vielmehr habe der Berichterstatter in seinem Schreiben vom 12. März 2010 mitgeteilt, dass seines Erachtens spätestens nach dem steuerpflichtigen Verkauf kein Raum mehr für die Auffassung sei, die Sanierungsleistungen stünden mit einer beabsichtigten steuerfreien Grundstücksveräußerung in Zusammenhang; dies habe der Berichterstatter noch in der mündlichen Verhandlung vertreten.

16

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Bescheide über Umsatzsteuer dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2000 auf
./. … €, für 2001 auf ./. … €, für 2002 auf
./. … €, für 2003 auf ./. … € und für 2004 auf
./. … € festgesetzt wird,
hilfsweise,
die Sache an das FG zurückzuverweisen,
weiter hilfsweise,
die Sache dem EuGH vorzulegen.

17

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

18

Zu Recht habe das FG die Aufwendungen für die Altlastensanierung der beabsichtigten Veräußerung des Grundstücks zugerechnet. Denn das Grundstück habe nur im sanierten Zustand veräußert werden können, wie der Kläger bereits mit Schreiben vom 24. Juni 1999 dem Konkursgericht mitgeteilt habe. Nach dem EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 C-396/98 --Schlossstrasse-- (Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446, Rz 37) bestimme die tatsächliche oder beabsichtigte Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen den Umfang des Vorsteuerabzugs. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger vor Vertragsschluss mit der KG oder nach deren Rücktritt vom Kaufvertrag die steuerpflichtige Veräußerung des Grundstücks beabsichtigt habe. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs in den Streitjahren komme nicht in Betracht, da Absichtsänderungen nicht in den Zeitraum des Leistungsbezugs zurückwirkten.

19

Die Fragen der wirtschaftlichen Zurechnung der Sanierungsaufwendungen und der Maßgeblichkeit der Verwendungsabsicht seien im Einspruchs- und Klageverfahren thematisiert worden. Der Kläger habe weder Tatsachen und Beweismittel bezeichnet, die das FG außer Acht gelassen habe, noch einen entsprechenden Verfahrensmangel vor dem FG gerügt.

Entscheidungsgründe

20

II. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend --und verfahrensfehlerfrei-- entschieden, dass die streitige Steuer für vom Kläger bezogene Sanierungsleistungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.

21

1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist aber die Steuer für die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

22

§ 15 UStG beruht auf Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG und ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH richtlinienkonform auszulegen.

23

a) Nach Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Dies ist nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG der Fall, sobald die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung an den vorsteuerabzugsberechtigten Steuerpflichtigen bewirkt wird.

24

b) Der Steuerpflichtige ist nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zum Vorsteuerabzug befugt, "soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden".

25

Dieses Recht gilt auch für den Abzug der geschuldeten oder entrichteten Steuer für Investitionen, die für die Zwecke der noch erst beabsichtigten, das Abzugsrecht eröffnenden Umsätze getätigt werden (vgl. EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 C-400/98 --Breitsohl--, Slg. 2000, I-4321, BStBl II 2003, 452, Rz 34; BFH-Urteil vom 8. März 2001 V R 24/98, BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430), unter der Voraussetzung, dass die Erklärung, zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, in gutem Glauben abgegeben worden ist und durch objektive Anhaltspunkte belegt wird (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446, Rz 41).

26

aa) Die Formulierung in Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG "für... verwendet werden" zeigt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur entsteht, wenn die bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen direkt und unmittelbar mit Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, zusammenhängen, und dass der vom Steuerpflichtigen verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es Sache des nationalen Gerichts, das Kriterium des direkten und unmittelbaren Zusammenhangs auf den Sachverhalt des bei ihm anhängigen Rechtsstreits anzuwenden und dabei alle Umstände zu berücksichtigen, unter denen die betreffenden Umsätze ausgeführt worden sind (vgl. EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 C-98/98 --Midland Bank--, Slg. 2000, I-4177, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2000, 342, Rz 20, 25).

27

bb) Das Recht auf Abzug der Steuer für die betreffenden Gegenstände oder Dienstleistungen setzt voraus, dass die für den Bezug dieser Leistungen getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der besteuerten Umsätze gehören. Die Aufwendungen müssen Teil der Kosten der Ausgangsumsätze sein, für die die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden. Daher müssen die Kostenelemente in der Regel entstanden sein, bevor der Steuerpflichtige die besteuerten Umsätze ausführt, denen sie zuzurechnen sind (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2000, I-4177, UR 2000, 342, Rz 30; Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 582, m.w.N.).

28

cc) Die tatsächliche oder beabsichtigte Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen bestimmt den Umfang des Vorsteuererstabzugs, zu dem der Steuerpflichtige nach Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG befugt ist, und den Umfang etwaiger Berichtigungen während der darauffolgenden Zeiträume, die unter den Voraussetzungen des Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. des § 15a UStG vorzunehmen sind (vgl. EuGH-Urteile vom 11. Juli 1991 C-97/90 --Lennartz--, Slg. 1991, I-3795, Rz 15; in Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446, Rz 37; BFH-Urteil vom 25. April 2002 V R 58/00, BFHE 200, 434, BStBl II 2003, 435, unter II.1., m.w.N.).

29

2. Nach den vorgenannten Grundsätzen kann der Kläger die Steuern für die bezogenen Sanierungsleistungen nicht als Vorsteuerbeträge abziehen.

30

a) Da das Recht auf Vorsteuerabzug mit dem jeweiligen Leistungsbezug --hier in den Streitjahren 2000 bis 2004-- entsteht, und da sich auch der Umfang des Rechts nur nach der im jeweiligen Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs beabsichtigten oder ggf. bereits erfolgten tatsächlichen Verwendung richtet, kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf die steuerpflichtige (§ 9 i.V.m. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) Lieferung des sanierten Betriebsgrundstücks im Jahr 2009 an (vgl. BFH-Urteil in BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430, unter II.1.b aa).

31

b) Der Kläger tätigte nach den Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen gebunden ist (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), die Aufwendungen zur Boden- und Grundwassersanierung im Hinblick auf eine beabsichtigte Veräußerung des Grundstücks. Denn wie er dem Konkursgericht bereits mit Schreiben vom 24. Juni 1999 mitgeteilt hatte, war eine freihändige Grundstücksveräußerung aufgrund des Sanierungsbedarfs bislang nicht möglich; mit Hilfe der Sanierungsmaßnahmen sollte der dann zu erwartende Veräußerungserlös nicht nur die bisherigen dinglichen Belastungen und den noch aufzunehmenden Kredit von --zunächst-- 1.300.000 DM abdecken, sondern der Masse darüber hinaus ein mindestens sechsstelliger Betrag zufließen.

32

Mit Beginn des Abbruchs der Gebäude im März 2000 führte der Kläger bereits Vertragsverhandlungen mit der KG, die das Grundstück nur umsatzsteuerfrei erwerben wollte. Nachdem sich der Kläger mit Schreiben vom 15. Juni 2000 wegen der Genehmigung einer Kreditaufnahme von weiteren … DM und wegen der Zustimmung zu der beabsichtigten Veräußerung des Betriebsgrundstücks an die KG an das Konkursgericht gewandt hatte, schloss er mit der KG am 20. Juni 2000 einen Kaufvertrag über die umsatzsteuerfreie Veräußerung des Grundstücks zu einem Preis von … DM. Bestandteil des Vertrags war die Verpflichtung des Klägers zur erfolgreichen Grundwassersanierung zunächst bis zum 31. Dezember 2001, bevor diese Frist um ein Jahr verlängert wurde und die KG schließlich am 20. Dezember 2002 vom Vertrag zurücktrat.

33

c) Gegenüber diesem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der vom Kläger bezogenen Sanierungsleistungen mit der beabsichtigten (steuerfreien) Grundstücksveräußerung tritt der (lediglich mittelbare) Zusammenhang der Boden- und Grundwassersanierung mit den früheren Umsätzen der GmbH (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG; BFH-Urteile in BFHE 182, 432, BStBl II 1997, 552, unter II.1.a; vom 2. September 2010 V R 34/09, BFHE 231, 321, BStBl II 2011, 991, unter II.1.a) zurück (vgl. auch BFH-Entscheidungen in BFH/NV 1998, 1533, unter II.2.; vom 29. Mai 2008 V B 224/07, BFH/NV 2008, 1545, unter II.1.a, b).

34

Die Aufwendungen für die Sanierungsleistungen gehören --entgegen der Wertung des Klägers-- jedenfalls im Streitfall nicht zu den Kostenelementen der früheren Ausgangsumsätze der …verarbeitenden GmbH (vgl. dazu EuGH-Urteil in Slg. 2000, I-4177, UR 2000, 342, Rz 31). Denn eine solche Einordnung ließe unberücksichtigt, dass die Aufwendungen erst entstanden sind, nachdem der Betrieb der GmbH eingestellt worden war, und dass der Kläger die streitigen Sanierungsleistungen von Beginn an im Hinblick auf die beabsichtigte (steuerfreie) Grundstücksveräußerung bezogen und sich im Kaufvertrag vom 20. Juni 2000 gegenüber der KG zur Grundwassersanierung und zum Abbruch der Betriebsgebäude verpflichtet hat (vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1545, unter II.1.b).

35

Dieser unmittelbare Zusammenhang zwischen den im Streitfall durchgeführten Sanierungsleistungen (bzw. den dafür aufgewendeten Kosten) und dem beabsichtigten (steuerfreien) Grundstücksverkauf an die KG ergibt sich mit aller Deutlichkeit aus dem Schreiben des Klägers vom 15. Juni 2000 an das Konkursgericht, in dem es u.a. heißt: "Da die Abbruch- und Sanierungskosten jedoch zum Zwecke der Veräußerung des Betriebsgrundstückes aufgewendet werden, lassen die steuerrechtlichen Vorschriften insoweit den Vorsteuerabzug nicht zu".

36

Deshalb ist es entgegen der Ansicht des Klägers unerheblich, ob die GmbH für die Altlastenbeseitigung ggf. hätte Rückstellungen bilden müssen oder gar gebildet hat.

37

d) Eine andere als die Absicht des Klägers, das Grundstück steuerfrei zu liefern, hat das FG den Streitzeitraum 2000 bis 2004 betreffend nicht festgestellt. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

38

aa) Die Feststellung, ob eine Absicht zur steuerpflichtigen Veräußerung vorlag oder nicht, ist Sache der Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG. Das Revisionsgericht kann die Feststellungen der Tatsacheninstanz nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Die Schlussfolgerungen des FG haben schon dann Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind (vgl. BFH-Entscheidungen vom 14. September 1994 IX R 71/93, BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116, zu I. a.E.; vom 9. Oktober 2002 V R 24/99, juris).

39

bb) Die Vorsteuern, die mit vor dem 1. April 2000 bezogenen Abbruch- und Sanierungsleistungen zusammenhingen, stehen nicht im Streit.

40

Angesichts der festgestellten Vertragsverhandlungen des Klägers mit der KG, die in den späteren Vertragsschluss mündeten, ist das FG nachvollziehbar und rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass spätestens mit Beginn des Voranmeldungszeitraums April 2000 die umsatzsteuerfreie Lieferung des Grundstücks beabsichtigt war. Dass der Kläger diese Absicht mit Rücktritt der KG vom Kaufvertrag im Voranmeldungszeitraum Dezember 2002 geändert habe, ist nicht zu erkennen.

41

Der bloße Vortrag des Klägers, er habe nur in der Zeit vom 20. Juni 2000 bis 20. Dezember 2002 das Grundstück umsatzsteuerfrei liefern wollen, im Übrigen habe er bereits aus wirtschaftlichen Gründen und um sich vor etwaigen Schadensersatzansprüchen zu schützen die steuerpflichtige Lieferung beabsichtigt, ist nicht geeignet, eine solche Absicht objektiv zu belegen. Dies gilt zumal vor dem Hintergrund, dass der Kläger im Juli 2003 beim FA eine verbindliche Auskunft darüber beantragt hatte, ob eine steuerfreie Veräußerung des Grundstücks ohne Auswirkung auf den Vorsteuerabzug aus den für das Grundstück getätigten Sanierungsaufwendungen sei.

42

e) Die vorhandene Absicht ist eine innere Tatsache, die nicht rückwirkend wegfällt, wenn sie später aufgegeben wird. Die Aufgabe der Absicht, mit den Eingangsleistungen besteuerte Umsätze auszuführen, und die neue Absicht, sie für steuerfreie Umsätze zu verwenden, führt nicht zum rückwirkenden Wegfall der Entstehung des Anspruchs auf Vorsteuerabzug (BFH-Urteil vom 16. Mai 2002 V R 56/00, BFHE 199, 37, BStBl II 2006, 725, unter II.2.c); entsprechendes gilt auch für den umgekehrten Fall, in dem die Eingangsleistungen zunächst für die Ausführung eines steuerfreien Umsatzes bestimmt waren, später jedoch für die Zwecke einer der Umsatzsteuer unterliegenden Tätigkeit verwendet wurden.

43

Nach diesen Grundsätzen stellt eine in einem Folgezeitraum erfolgte Absichtsänderung keine Tatsache mit steuerlicher Rückwirkung dar, die nach § 164 Abs. 2, § 165 Abs. 2 oder § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung zur Änderung der Steuerfestsetzung für den Besteuerungszeitraum der Entstehung des Vorsteuerabzugs berechtigen könnte.

44

f) Die Frage einer etwaigen Vorsteuerberichtigung stellt sich für den Streitzeitraum, in dem der Kläger die Sanierungsleistungen in der Absicht bezogen hat, eine steuerfreie Grundstückslieferung auszuführen, nicht (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 1991, I-3795, Rz 15).

45

g) Einer Vorlage an den EuGH bedarf es nicht. An der Auslegung des Unionsrechts bestehen keine "vernünftigen Zweifel". Durch die EuGH-Rechtsprechung ist geklärt, dass für das Recht auf Vorsteuerabzug allein der Zeitpunkt des Leistungsbezugs maßgeblich ist und ein etwaiger Anspruch auf Berichtigung nur die nachfolgenden Besteuerungszeiträume betrifft (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 2. Juni 2005 C-378/02 --Waterschap Zeeuws Vlaanderen--, Slg. 2005, I-4685, UR 2005, 437, Rz 37 f., m.w.N.).

46

3. Die vom Kläger gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

47

a) Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Mit der Rüge, das FG habe davon ausgehen müssen, dass der Kläger bereits aus wirtschaftlichen Gründen und um sich vor etwaigen Schadensersatzansprüchen zu schützen den steuerpflichtigen Verkauf beabsichtigt habe, hat der Kläger nicht bezeichnet, welche objektiven Belege einer bestimmten Verwendungsabsicht das FG unbeachtet gelassen und welche Beweismittel es nicht ausgeschöpft habe.

48

Im Kern wendet sich der Kläger gegen die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG, die --wie oben ausgeführt-- nicht zu beanstanden ist.

49

b) Eine Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. Der Kläger selbst trägt nicht vor, dass das FG seine Entscheidung auf einen Gesichtspunkt gestützt habe, mit dem kein Beteiligter habe rechnen müssen (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 18. September 2009 IV B 140/08, BFH/NV 2010, 220). Im Übrigen kann bei einer Rechtsäußerung nur eines Mitglieds des zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers regelmäßig nicht gefolgert werden, dass die Rechtsfrage eindeutig geklärt sei und der Senat von der Rechtsauffassung nicht abweichen bzw. sie anders beurteilen könnte (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. April 2011 VI B 120/10, BFH/NV 2011, 1185).

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.