Finanzgericht Hamburg Urteil, 13. Sept. 2018 - 4 K 130/15

bei uns veröffentlicht am13.09.2018

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Einreihung eines LCD-Farbmonitors.

2

Die Klägerin beantragte unter dem 18.08.2014 eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) für einen LCD-Farbmonitor. Nach ihrer Auffassung sei der Monitor als "anderer Monitor von der ausschließlich oder hauptsächlich in einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine verwendeten Art (Unterposition 8528 51 KN) einzureihen. Sie habe auch bereits die vZTAe XX-1 für eine gleichartige Ware erhalten.

3

Der Monitor (Abmessungen: ca. 74 × 44 × 7 cm) hat die folgenden Eigenschaften: Er verfügt über eine 32 Zoll TFT-Flüssigkristallanzeige mit LED-Hintergrundbeleuchtung mit einer Bildschirmdiagonale von 81 cm (Bildschirmformat 16:9). Die Auflösung beträgt 1366 × 768 Pixel bis zu 1920 × 1080 Pixel. Der Pixelabstand beträgt vertikal 0,502 mm (Bedienungsanleitung Monitore) bzw. 0,5107 mm (Bedienungsanleitung TV Geräte), die Helligkeit 1000:1 und die Reaktionszeit 5,5 ms. Auf der Hauptplatine mit Audio- und Videosignalelektronik befindet sich der Prozessor Y für Fernsehempfangsgeräte (3D HD DTV), der insbesondere digitale Fernsehsignale verarbeiten kann (Demodulation, MPEG-Decodierung) und auch die Verarbeitung von CI-Modulen zum Empfang von Bezahlfernsehprogrammen unterstützt. Der Monitor verfügt ferner über Elektronik zur Steuerung der Kanalauswahl sowie über einen CI-Kartenschacht für den Einschub von Dekoderkarten zum Empfang von Bezahlfernsehen. Die Bedienknöpfe haben die folgende Bezeichnung: VOL+/VOL-, DOWN/UP, MENU, SOURCE, POWER. Seitlich am Gerät befindet sich ein Aufnahmeschacht zum Einschieben eines TV-Tuners, der von einem Blech, das mit zwei Nieten am Gehäuse befestigt ist, verschlossen ist. Der Monitor hat einen Lautsprecher (3 W), einen schwenkbaren Standfuß ohne Kippmechanismus sowie ein Empfangsteil für eine Fernbedienung. Er verfügt über folgende Anschlüsse: 3 x HDMI, USB, Composite Video (SCART), PC-Audio, Component Video (YPbPr), AUX, 15-pin D-Sub (VGA-Anschluss). Eine Bedienungsanleitung für den Monitor lag bei Antragstellung nicht vor. Der Monitor, den der Beklagte nach seinen Aufzeichnungen am 15.09.2015 an die Klägerin zurückgeschickt habe, ist bei der Klägerin nicht (mehr) auffindbar.

4

Nachdem das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung (BWZ) München den Sachverhalt weiter aufgeklärt hatte, reihte der Beklagte mit vZTA XX-2 vom 28.11.2014 den Monitor als "anderen" LCD-Monitor in die Unterposition 8528 7240 KN ein. Nach Ausstattung mit einem Tuner sei der Monitor zum Empfangen von digitalen oder analogen Fernsehprogrammen geeignet. Der Beklagte verwies auf die Einreihungsverordnung (EU) Nr. 1156/2013, mit der ein "unvollständiges Farbfernsehgerät" in die genannte Unterposition eingereiht worden sei.

5

Mit Schreiben vom 04.12.2014 legte die Klägerin Einspruch ein. Der Monitor habe keine Vorrichtung für den TV-Empfang.

6

Mit Schreiben vom 06.07.2015 erläuterte der Beklagte seine Rechtsauffassung: Anhand der vorgelegten Unterlagen und des Warenmusters sei festgestellt worden, dass ein Schacht mit Systemanschluss zum Einstecken einer Tuner-Baugruppe vorhanden sei. Auf der Hauptplatine befinde sich der 3D HD DTV Prozessor Y, der die Wiedergabe digitaler Fernsehprogramme ermögliche. Zusammen mit dem CI-Kartenschacht und einer Baugruppe für die Kanalwahl verfüge der Monitor bereits über die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale eines vollständigen Fernsehempfangsgeräts im Sinne der AV 2 a) KN.

7

Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schreiben vom 09.07.2015. Die genannten technischen Baugruppen, die zu einer Einreihung als unvollständiges Farbfernsehgerät führen sollen, seien allesamt unabhängig vom TV-Empfang zum Betrieb des Monitors notwendig. Dies gelte auch für den genannten 3D HD DTV Prozessor.

8

Mit Schreiben vom 06.08.2015 nahm der Beklagte ergänzend Stellung: Die Kanalwahlschalter, der CI-Kartenschacht und der Einschubschacht für einen Tuner seien zum Betrieb eines Monitors nicht notwendig. Sie seien speziell auf den Bedarf eines Fernsehers ausgerichtet. Ein Monitor benötige auch keinen Prozessor, der speziell auf terrestrische Fernsehsignale und Kabelfernsehsignale ausgelegt sei. Der Tuner-Einschubschacht sei durch das Blech nicht vollständig verschlossen. Es besitze nämlich zwei ausgestanzte Öffnungen für Anschlüsse und sei mit je einer Niete auf jeder Seite befestigt. Es sei also möglich, nach Entfernen des Kunststoffgehäuses die Tuner-Baugruppe auf der Platine einzubauen und die entsprechenden Anschlüsse durch die Öffnungen der Metallabdeckung nach außen zu führen.

9

Mit Schreiben vom 20.08.2015 führte die Klägerin ergänzend aus: Es gebe in TARIC keine Unterposition "unvollständiges Fernsehempfangsgerät". Der genannte Kanalwahlschalter sei nicht fernsehspezifisch. Im Monitorbetrieb werde damit die Eingangsquelle gewählt und das Menü aufgerufen. Das Gerät habe nur deshalb einen CI-Schacht, weil es sich um ein Standardgehäuse handele, dass auch für Fernsehgeräte benutzt werde. Der Monitor unterscheide sich in mehrfacher Hinsicht von der Ware, die durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1156/2013 eingereiht worden sei.

10

Mit Einspruchsentscheidung vom 03.09.2015 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Der Monitor verfüge mit dem 3D HD DTV Prozessor, einem Aufnahmeschacht für eine TV-Tuner-Baugruppe, einem CI-Karten-schacht und einer Baugruppe für die Kanalwahl bereits über die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale eines vollständigen Fernsehempfangsgeräts im Sinne der AV 2 a) KN. Diese Bauteile seien nicht notwendig für den Betrieb eines Monitors. Der Tuner-Einschubschacht sei - wie dargelegt - nicht vollständig verschlossen.

11

Mit der am 16.09.2015 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Um den Monitor fernsehempfangsfähig zu machen, müsse das Kunststoffgehäuse auseinandergenommen, genietete Verschlüsse freigelegt und die Tuner-Baugruppe auf der innenliegenden Platine angebracht werden. Anders als der Beklagte meine, könnten die Nieten an der Blende des Einschubschachts für den TV-Tuner nur aufgebohrt werden, um die Blende ohne Verbiegen des Gehäuses zu entfernen. Der 15 pin Sub-D-Anschluss weise eindeutig auf eine Verwendung als PC-Monitor hin. Das Vorhandensein eines Einschubschachtes sei nur ein Angebot des Herstellers, den Monitor mit weiteren zu erwerbenden Produkten zu kombinieren. Die Klägerin biete einen TV-Empfänger in Form eines Moduls an, mit dem der Monitor zu einem TV-Gerät umgerüstet werden könne. Beim Kauf eines solchen Moduls erhalte der Kunde auch die Bedienungsanleitung, die der Beklagte vorgelegt habe

12

Da sich die Einreihungsverordnungen (EU) Nr. 1156/2013 und Nr. 112/2014 technisch widersprächen, sei die aktuellere anzuwenden. Durch verschiedene vZTAe seien Monitore in die Unterposition 8528 5931 KN eingereiht worden. Hierbei sei ausdrücklich auf den Einbauschacht für Fernsehempfangsmodule hingewiesen worden.

13

Der DTV-Prozessor sei verwendet worden, da der Beklagte Wettbewerbern vZTAe für ähnliche Geräte erteilt habe, so z. B. die XX-3, XX-4, XX-5, XX-6, XX-7, XX-8, XX-9. Alle diese Geräte seien mit einem Einschubschacht für TV-Module versehen gewesen.

14

Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten unter Aufhebung der vZTA XX-2 vom 28.11.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.09.2015 zu verpflichten, ihr mit Wirkung vom 28.11.2014 bis zum 31.12.2016 eine vZTA zu erteilen, mit der der Monitor in die Unterposition 8528 5100 KN, hilfsweise 8528 5931 KN eingereiht wird,
2. hilfsweise festzustellen, dass die vZTA XX-2 vom 28.11.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.09.2015 rechtswidrig war und der Monitor in die Unterposition 8528 5100 KN, hilfsweise 8528 5931 KN einzureihen gewesen wäre.

15

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

16

Er verweist auf seinen bisherigen Vortrag. Ergänzend erläutert er, dass der verwendete DTV-Prozessor die Modulation von DVB-T- und DVB-C-Signalen und die TV Sound-Dekodierung und damit die Wiedergabe digitaler Fernsehprogramme ermögliche. Wie genau die Blende vor dem Einschubschacht für den TV-Tuner entfernt werden könne, könne der Beklagte nicht abschließend beurteilen. Die Blende sei jedoch nicht entscheidend. Auch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1156/2013 spreche nur vom Vorhandensein eines Einschubschachtes für einen TV-Tuner-Motor, lassen die konkrete Einbausituation aber offen.

17

Der in der DVO 112/2014 beschriebene "Videomonitor" sei insbesondere zur Darstellung von Informationen z. B. bei öffentlichen Informationsstellen, zur Verwendung als Reklametafel oder Flughafenanzeige aufgemacht. Er könne sowohl Signale von automatischen Datenverarbeitungsmaschinen als auch von anderen Videoquellen darstellen. Auch wenn er TV-Bildstandards unterstütze, könne er selbst keine Fernsehprogramme empfangen und darstellen. Nach der Beschreibung enthalte er nämlich keinen Videotuner oder sonstige Elektronik für die Verarbeitung von Fernsignalen. Außerdem könne er nicht durch Einschub eines TV-Tunermoduls aufgerüstet werden. Da er keine Fernsehprogramme empfangen könne, sei er in die Unterposition 8528 5931 KN eingereiht worden. Die technische Ausstattung des hier streitigen Monitors, insbesondere die Einschubmöglichkeit für ein Tunermodul, die Elektronik zur Bearbeitung von Fernsignalen und der CI-Einschubschacht, gingen weit über das hinaus, was der in der Durchführungsverordnung genannte Monitor leisten könne.

18

Mit Beschluss vom 25.04.2018 (...) hob das Amtsgericht ... das am ... 2017 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin auf, nachdem die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig geworden war.

19

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Sachakte sowie das Protokoll des Erörterungstermins vom 23.08.2018 verwiesen.

Entscheidungsgründe

20

Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig (dazu I.), aber unbegründet (dazu II.). Der Hilfsantrag ist bereits unzulässig (dazu III.).

I.

21

Der Hauptantrag, den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin eine vZTA zu erteilen, mit der der Monitor für den Zeitraum vom 28.11.2014 bis zum 31.12.2016 in die Unterpositionen 8528 5100 oder 8528 5931 Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif vom 23.07.1987 (ABl. EG L 256/1; Kombinierte Nomenklatur - KN) in der von 2014 bis 2016 geltenden Fassung (siehe hierzu unten II.3.) eingereiht wird, ist zulässig. Die Klägerin hat zu Recht an der im Zeitpunkt der Klageerhebung statthaften Verpflichtungsklage für den Zeitraum bis zum Ungültigwerden der erteilten vZTA festgehalten und die Klage nur hilfsweise auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Für diesen Zeitraum ist der Klagegegenstand nicht entfallen und der Rechtsstreit in der Hauptsache deshalb auch nicht erledigt (anders BFH, Urteil vom 28.04.1998, VII R 83/96, juris Rn. 14; Beschluss vom 08.01.2014, VII R 38/12, juris Rn. 9). Im Fall der Verpflichtungsklage bezieht sich die Erledigung nicht auf die Erledigung des versagten Verwaltungsaktes, sondern auf das mit dem Erlass des Verwaltungsaktes gerichtete materiell-rechtliche Begehren. Danach erledigt sich der erstrebte Verpflichtungsausspruch, wenn das Interesse des Klägers an einer gerichtlichen Verpflichtung der Behörde zum Erlass des Verwaltungsaktes wegen veränderter Umstände erloschen ist und deshalb für die Fortführung des Verpflichtungsbegehrens das Rechtsschutzinteresse oder die Klagebefugnis fehlen würde oder durch eine nachträgliche Änderung der Rechtslage die Erfolgsaussichten weggefallen sind (OVG Hamburg, Beschluss vom 30.11.2010, 2 Bf 93/09, juris Rn. 22; Schoch/Schneider/Bier/Riese, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 113, Rn. 112-114 m. w. N.). Die Aufhebung der Unterpositionen 8528 5100 und 8528 5931 KN zum 01.01.2017 durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2016/1821 (ABl. L 294/1) hatte zwar zur Folge, dass die ursprünglich nach Art. 12 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG L 302/1; Zollkodex - ZK) erteilte, nach dem vollständigen Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269/1; Unionszollkodex - UZK) zum 01.05.2016 dessen verfahrensrechtlichen Regelungen unterliegende vZTA gemäß Art. 34 Abs. 1 lit. a) UZK unwirksam geworden ist. Der Verlust der Wirksamkeit trat aber nur für die Zukunft (ex nunc) ein. Art. 34 Abs. 3 UZK regelt ausdrücklich, dass der rückwirkende Verlust der Wirksamkeit nicht möglich ist (vgl. Art. 12 Abs. 5 ZK). Mithin war die streitgegenständliche vZTA nach wie vor für den Zeitraum vom 28.11.2014 bis 31.12.2016 wirksam, wobei hinzukommt, dass sie gemäß Art. 252 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 28.07.2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union (ABl. Nr. L 343/1, UZK-DelVO) ab dem 01.05.2016 nicht nur für den Beklagten, sondern auch für die Klägerin bindend war. Angesichts dieser fortbestehenden Wirksamkeit hat sich das Verpflichtungsbegehren der Klägerin nicht erledigt, zumal die Klägerin die Monitore im Wirksamkeitszeitraum der vZTA laufend importiert hat.

II.

22

Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet. Der Senat versteht diesen so, dass das Begehren nach Einreihung in die Unterpositionen 8528 5100 oder 8528 5931 KN nicht in einem Stufenverhältnis zueinander steht, sondern alternativ die Einreihung in die eine oder die andere Unterposition geltend gemacht wird, da die zollfreie Einfuhr nach beiden Unterpositionen möglich gewesen wäre. Die Ablehnung der vZTA mit diesem Inhalt war nicht rechtswidrig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten, weil sie keinen Anspruch auf die Erteilung einer vZTA mit diesem Inhalt für den Zeitraum vom 28.11.2014 bis zum 31.12.2016 hat (§ 101 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat den Monitor zu Recht in die Unterposition 8528 7240 KN eingereiht.

23

Die von der Klägerin begehrte Einreihung ergibt sich nicht aus der - vorrangig zu prüfenden - Durchführungsverordnung (EU) Nr. 112/2014 (dazu 1.). Auch wenn die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1156/2013 auf den vorliegenden Monitor nicht anzuwenden ist (dazu 2.), ergibt sich eine Einreihung in die Unterposition 8528 7240 KN durch die Anwendung der Kombinierten Nomenklatur (dazu 3.).

24

1. Der hier in Rede stehende Monitor ist nicht im Wege der entsprechenden Anwendung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 112/2014 vom 04.02.2014 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 38/18 vom 07.02.2014) in die Unterposition 8528 5931 KN einzureihen.

25

Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des EuGH, dass angesichts des Normcharakters von Tarifierungsverordnungen diese nicht nur auf identische, sondern auch auf solche Produkte anzuwenden sind, die denjenigen entsprechen, die von der Tarifierungsverordnung erfasst werden (EuGH, Urteil vom 06.09.2018, Kreyenhop & Kluge, C-471/17, Rn. 32f.; Urteil vom 22.03.2017, Grofa, C-435/15 und C-666/15, Rn. 37; Urteil vom 22.09.2016, Kawasaki Motors Europe, C-91/15, Rn. 39; Urteil vom 13.07.2006, Anagram International, C-14/05, Rn. 32; Urteil vom 04.03.2004, Krings, C-130/02, Rn. 35). Die Voraussetzung für eine entsprechende Anwendung einer Einreihungsverordnung ist, dass sich die einzureihende und die in der Einreihungsverordnung bezeichnete Ware einander hinreichend ähnlich sind (EuGH, Urteil vom 22.03.2017, Grofa, C-435/15 und C-666/15, Rn. 38; Urteil vom 19.02.2009, Kamino International Logistics, C-376/07, Rn. 67). Insoweit ist auch die Begründung dieser Verordnung zu berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 06.09.2018, Kreyenhop & Kluge, C-471/17, Rn. 33; Urteil vom 22.03.2017, Grofa, C-435/15 und C-666/15, Rn. 38; Urteil vom 13.07.2006, Anagram International, C 14/05, Rn. 34; Urteil vom 04.03.2015, Oliver Medical, C 547/13, Rn. 58).

26

Der in der Verordnung beschriebene Monitor und der hier in Rede stehende Monitor sind sich nicht hinreichend ähnlich. Sie weisen vielmehr erhebliche Unterschiede auf. Während erstgenannter ausweislich der Warenbezeichnung keinen Videotuner oder sonstige Elektronik für die Verarbeitung von Fernsehsignalen hat, verfügt der hier in Rede stehende Monitor über eine derartige Elektronik, insbesondere einen DTV-Prozessor zur Demodulation und Codierung von Fernsehsignalen sowie einen CI-Schacht. Der in der Verordnung beschriebene Monitor ist dagegen lediglich in der Lage, Fernsehsignale wiederzugeben, wenn daran Geräte angeschlossen werden, die Empfang, Demodulation und Decodierung dieser Signale durchführen. Hierbei handelt es sich um einreihungsrelevante Merkmale, da die Fähigkeit zum Empfang von Fernsehsignalen das entscheidende Kriterium für die Einreihung als Fernseher (Unterposition 8528 7240 KN) ist.

27

2. Der hier in Rede stehende Monitor ist nicht im Wege der entsprechenden Anwendung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1156/2013 vom 14.11.2013 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 306/8 vom 16.11.2013), die vor der Subsumtion unter den Wortlaut einer KN-Position zu prüfen ist, in die Unterposition 8528 7240 KN einzureihen.

28

Der in der Verordnung beschriebene Monitor und der hier in Rede stehende Monitor weisen erhebliche Unterschiede auf. Letztgenannter hat nicht zwei Lautsprecher mit 10 W, sondern nur einen Lautsprecher mit 3 W. Er wird ohne Fernbedienung gestellt und der Ständer ist schwenkbar. Außerdem weichen die Pixelabstände voneinander ab. Insbesondere die geringere Anzahl von Lautsprechern mit einer relativ niedrigen Leistung und das Fehlen einer Fernbedienung sind für die in der Verordnung vorgenommene Abgrenzung zwischen Fernseher (Unterposition 8528 72 KN), Videomonitor (Unterposition 8528 59 KN) und EDV-Monitor (Unterposition 8528 5100 KN) nicht ohne Bedeutung. Außerdem verfügt das in der Verordnung beschriebene Gerät nicht über einen CI-Schacht sowie einen integrierten DTV-Prozessor für Demodulationsschaltungen; diese Schaltungen werden nämlich von dem einzuschiebenden Tuner durchgeführt. Der DTV-Prozessor des hier in Rede stehenden Monitors kann diese Schaltungen selbst ausführen. Letztlich liegt der gravierendste Unterschied zwischen beiden Geräten darin, dass bei dem hier in Rede stehenden Monitor der Einschubschacht für einen TV-Tuner durch ein angenietetes Blech verschlossen wurde. Dieser Umstand erfordert eine eigenständige rechtliche Bewertung. Der Senat hält es - anders als der Beklagte - für ausgeschlossen, dass der Einschubschacht des in der Verordnung beschriebenen Geräts ebenfalls mit einer Blende verschlossen ist. Da dieser Umstand den Einschub eines Tuners erschwert und diese Möglichkeit ausweislich der Begründung der Verordnung mitentscheidend für die Einreihung war, wäre er in der Warenbeschreibung genannt worden.

29

3. Der hier in Rede stehende Monitor ist in die Unterposition 8528 7240 KN einzureihen, weil er die Voraussetzungen dieser Unterposition erfüllt.

30

Da die vZTA, deren Neuerteilung die Klägerin begehrt, in den Jahren 2014 bis 2016 gültig war, ist die Kombinierte Nomenklatur in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1001/2013 vom 04.10.2013 (ABl. L 290/1), der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1101/2014 vom 16.10.2014 (ABl. L 312/1) und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2015/1754 vom 06.10.2015 (ABl. L 285/1), die im hier relevanten Umfang gleich lauten, maßgeblich.

31

Die Unterposition 8528 7240 KN ("andere [Monitore], für mehrfarbiges Bild") ist eine Auffangposition. In sie sind Monitore ohne Kathodenstrahlröhre einzureihen, die zum einen nicht "von der ausschließlich oder hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem der Position 8471 verwendeten Art" (Unterposition 8528 5100 KN) sind und bei denen es sich zum anderen nicht um "Flachbildschirme, die mit einem akzeptablen Funktionalitätsgrad Signale von automatischen Datenverarbeitungsmaschinen darstellen können" (Unterposition 8528 59 KN; sog. Videomonitore), handelt.

32

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesfinanzhofs ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln der Kombinierten Nomenklatur festgelegt sind (EuGH, Urteil vom 06.09.2018, Kreyenhop & Kluge, C-471/17, Rn. 36; Urteil vom 20.11.2014, Rohm Semiconductor, C-666/13, Rn. 24; Urteil vom 17.07.2014, Sysmex, C-480/13, Rn. 29 m. w. N.; BFH, Beschluss vom 28.04.2014, VII R 48/13, juris Rn. 29). Darüber hinaus sind insbesondere die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur und die Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) maßgebende, wenn auch nicht rechtsverbindliche Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (EuGH, Urteil vom 09.06.2016, MIS, C-288/15, Rn. 23; Beschluss vom 19.01.2005, SmithKline Beecham, C-206/03, Rn. 26; Urteil vom 20.11.2014, Rohm Semiconductor, C-666/13, Rn. 25; Urteil vom 17.07.2014, Sysmex, C-480/13, Rn. 30 m. w. N.; BFH, Urteil vom 04.11.2003, VII R 58/02, juris Rn. 9; Urteil vom 30.07.2003, VII R 40/01, juris Rn. 12). Da die Erläuterungen zum HS völkerrechtliches Soft law sind, das nicht ins Unionsrecht transformiert wurde, und Deutsch keine Vertragssprache des HS-Übereinkommens ist, sind sie lediglich in den Vertragssprachen Englisch und Französisch authentisch (hierzu Bender, ZfZ 2016, 30, 31).

33

Nach diesen Maßstäben ist der Monitor weder ein EDV-Monitor (Unterposition 8528 5100 KN; dazu 3.1) noch ein Videomonitor (Unterposition 8528 5931 KN; dazu 3.2). Es bleibt damit nur die Einreihung als sonstiger Monitor in die Unterposition 8528 72 KN (dazu 3.3).

34

3.1 Der Monitor ist nicht als EDV-Monitor (Unterposition 8528 5100 KN) einzureihen, da er nicht von der ausschließlich oder hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem der Position 8471 KN verwendeten Art ist. Solche Monitore sind ausschließlich in der Lage, von der Zentraleinheit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine stammende Signale aufzunehmen. Sie können kein Video-Composite-Signal wiedergeben (Erläuterung (A) (1) zu Position 8528 HS, EZT-Nr. 09.0 [Stand: 31.12.2016]). Dies ist bei dem hier in Rede stehenden Monitor jedoch der Fall. Er kann unter Verwendung seiner zahlreichen Video-Anschlussmöglichkeiten (HDMI, Composite Video [SCART], Component Video) auch mit anderen Geräten, die Videos wiedergeben können (z. B. DVD-Spieler, Videorekorder oder Spielekonsolen), verwendet werden.

35

3.2 Der hier in Rede stehende Monitor ist auch nicht als Video-Monitor in die Unterposition 8528 5931 KN einzureihen.

36

Die Einreihung als Video-Monitor scheidet aus, wenn das Gerät einen Tuner für Fernsehsignale enthält. Es wird dann als Fernsehempfangsgerät angesehen (Erläuterungen zur Position 8528 HS: "However, if [, inter alia, monitors] incorporate a television tuner they are considered to be reception apparatus for television."; EZT-Nr. 06.0, Stand: 31.12.2016). Was ein Videotuner ist, ergibt sich auch aus der Beschreibung der Ware, die Gegenstand der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1156/2013 ist und den Erläuterungen zu den Unterpositionen 8528 7111 bis 8528 7119 KN (ABl. 2015 C 76/1, 341). Danach besteht ein Tuner aus Hochfrequenzschaltungen (RF-Block), Zwischenfrequenzschaltungen (IF-Block) und Demodulationsschaltungen (DEM-Block).

37

Der hier in Rede stehende Monitor ist nicht in der Lage, Fernsehsignale wiederzugeben, weil er nicht über einen vollständigen Tuner verfügt. Nach der Allgemeinen Vorschrift (AV) 2 a) S. 1 KN gilt jedoch jede Anführung einer Ware in einer Position auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat.

38

Die Beantwortung der Frage, ob eine unvollständige oder unfertige Ware bereits die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware im Sinne dieser Allgemeinen Vorschrift hat, ist im Einzelfall aufgrund der objektiven Beschaffenheit und Eigenschaften der Ware unter Heranziehung vornehmlich der tariflichen, ggf. aber auch von außertariflichen Erkenntnisquellen zu bestimmen und erfordert auf dieser Grundlage eine tatrichterliche Würdigung und einen wertenden Vergleich der festgestellten Beschaffenheitsmerkmale und Eigenschaften der unvollständigen Ware mit denjenigen der vollständigen Ware (BFH, Beschluss vom 23.09.2009, VII B 37/09, juris Rn. 9; FG Düsseldorf, Urteil vom 13.12.2017, 4 K 1694/17 Z, n. v., S. 15 UA). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der bereits vorhandene Teil der Ware groß oder umfangreich genug sein muss, um ihr ihren wesentlichen Charakter zu verleihen (EuGH, Urteil vom 27.09.2007, Medion/Canon, C-208/06, C-209/06, Rn. 38 m. w. N.; siehe auch FG München, Urteil vom 10.12.2008, 14 K 3384/07, juris Rn. 24, nach dem die "Grundvoraussetzungen" der fertigen Ware erfüllt sein müssen).

39

Dieser Vergleich findet dadurch statt, dass die unvollständige oder unfertige Ware nicht mit einer fiktiven tariflich vollständigen oder fertigen Ware, sondern mit der Ware verglichen wird, die mit ihrer Verwendung entstehen soll. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der AV 2 a) S. 1 KN: Danach gilt jede Anführung einer Ware in einer Position auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der (und nicht: einer) vollständigen oder fertigen Ware hat (FG Düsseldorf, Urteil vom 22.11.2016, 4 K 1319/14 Z, juris Rn. 26 m. w. N.)

40

Für die Anwendung der AV 2 a) KN ist es nicht erforderlich, dass das unvollständige Gerät bereits funktionstüchtig ist, da diese Vorschrift sonst leer laufen würde. Vielmehr hat das Fehlen einer eigenen Funktionsfähigkeit der vorhandenen Elemente einer Ware für sich allein nicht zwingend zur Folge, dass (noch) nicht vorhandene Elemente notwendig zu den wesentlichen Beschaffenheitsmerkmalen der vollständigen Ware rechnen (FG München, Urteil vom 10.12.2008, 14 K 3384/07, juris Rn. 19; BFH, Beschluss vom 23.09.2009, VII B 37/09, juris Rn. 9; siehe auch Anmerkung IV. zu Abschnitt XVI HS [EZT-Nr. 54.1]).

41

Nach dem auf dieser Grundlage durchzuführenden wertenden Vergleich der bei Einfuhr vorhandenen Beschaffenheitsmerkmale des Monitors mit denen der vollständigen Ware kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der hier in Rede stehende Monitor bereits über die wesentlichen Elemente für den Fernsehempfang verfügt. Das entscheidende Element ist hier der in den Monitor eingebaute 3D HD DTV Prozessor Y. Ausweislich des Datenblattes (Bl. 193 der Akte) ist dieser Prozessor für den Einbau in TV-Systeme bestimmt. Er verfügt über einen DVB-T und DVB-C Demodulator, unterstützt DVB- und MPEG-Transportstrom und kann Video- und Audio-Transportstrom dekodieren und auf dem Display bzw. über den eingebauten Lautsprecher wiedergeben. Auch wenn das Gerät bei Einfuhr noch keine Fernsehkanäle empfangen kann, ist es zur Kanalwahl fähig, d. h. wenn es durch Einbau eines Hochfrequenzempfängers hierzu in die Lage versetzt wird, kann es einzelne Fernsehkanäle anzeigen und diese können über die Kanalwähltasten ("DOWN/UP"), die bei Verwendung des Geräts als sonstige Bildschirme andere Funktionen ausführen, gewechselt werden.

42

Die einzige technische Voraussetzung, die für den Empfang und die Anzeige von Fernsehprogrammen fehlt, ist die Fähigkeit des Monitors, die über die Umgebungsluft übertragenen Hochfrequenzwellen in Zwischenfrequenzwellen umzuwandeln. Wie sich aus der oben dargelegten Rechtsprechung ergibt, führt die fehlende Funktionsfähigkeit eines Geräts allein nicht dazu, dass das Vorhandensein der wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale verneint werden muss. Bei wertender Betrachtung ist die fehlende Fähigkeit, hochfrequente TV-Signale zu empfangen, ein unwesentlicher Mangel. Die Grundvoraussetzungen für die Wiedergabe von TV-Programmen liegen nämlich vor, weil der DTV Prozessor nebst Kanalwahlelektronik die wesentlichen und überwiegenden Teilschritte der Anzeige von TV-Signalen durchführen kann. Auch hängt die Qualität der Anzeige der Fernsehprogramme maßgeblich davon ab, wie der Prozessor die Zwischenfrequenzsignale verarbeitet. Ein derartiger Prozessor wäre nicht erforderlich, wenn es sich um einen EDV- oder Videomonitor handeln sollte.

43

Die fehlende Komponente ist auch preislich im Vergleich zum hier in Rede stehenden Monitor von unwesentlicher Bedeutung. In den Verfahren der Klägerin vor dem FG ... (z. B. ...), die den Beteiligten bekannt sind, wurde ausgeführt, dass Einkaufspreise für Tunermodule bei 0,50 US-$ je Stück liegen.

44

Die Bewertung des Senats wird durch die in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1156/2013 vertretene Rechtsauffassung bestätigt. Darin kommt zum Ausdruck, dass der mit der Verordnung eingereihte Monitor auch dann ein unvollständiges Fernsehgerät ist, wenn der Tuner komplett fehlt. Erst recht muss dies gelten, wenn - wie hier - die wesentlichen Komponenten eines TV-Tuners vorhanden sind. Die fehlende Tuner-Komponente kann leicht nachgerüstet werden, indem sie in den im Gehäuse vorgesehenen Steckplatz eingeführt wird. Der Beklagte hat im Erörterungstermin dargelegt, dass es Tuner-Komponenten gibt, die (nur) hochfrequente Signale empfangen und in Mittelfrequenz-Signale umwandeln. Auch solche Komponenten können in das Einschubfach gesteckt werden. Der Umstand, dass der Einschubschacht vor dem Einführen eines Tunermoduls von einer angenieteten Blende befreit werden muss, steht dem nicht entgegen. Zunächst ist festzuhalten, dass der Umstand dass der Einschubschacht vernietet ist, nichts daran ändert, dass ein Tunermodul in diesen Schacht passt. Anders wäre es etwa dann, wenn die Kontakte für das Tunermodul auf der Hauptplatine mit Kunststoff ausgegossen und damit dauerhaft unbrauchbar gemacht worden wären. Entscheidend ist damit allein, ob der Zugang zu dem Schacht möglich bleibt, ohne den Monitor zu beschädigen. Dies hält der Senat ohne weiteres für möglich. Der Klägervertreter hat im Erörterungstermin ausgeführt, dass auf Wunsch der (Groß-)Kunden der Klägerin bei einer Vielzahl von Monitoren die Nieten der Blende aufgebohrt und ein Tunermodul eingeschoben wurde. Wie der Senat aus eigener Anschauung weiß, ist das Aufbohren einer Niete ein einfacher Arbeitsvorgang, der kein besonderes technisches Geschick erfordert. Dem hat auch der Klägervertreter nicht widersprochen, als er im Erörterungstermin darauf hinwies, dass das Entfernen der Nieten eine monotone Tätigkeit sei. Werden die Nieten fachgerecht aufgebohrt, wird die Substanz des Gehäusebleches nicht beeinträchtigt.

45

Dass die Notwendigkeit, vor Einschieben eines Tunermoduls die Nieten des Bleches entfernen zu müssen, tarifrechtlich unbeachtlich ist, ergibt auch ein Vergleich mit den Erläuterungen zur AV 2 a) S. 2 HS. Danach stellt das Nieten (riveting / rivetage) von Bauteilen ein Zusammensetzen im Sinne dieser Vorschrift dar (Erläuterungen VII zur AV 2 HS, zitiert nach EuGH, Urteil vom 06.02.2014, Humeau Beaupréau, C-2/13, Rn. 12). Wenn aber der Aufwand, der durch das Nieten betrieben werden muss, der Einreihung als fertige Ware nicht entgegensteht, muss dasselbe für den Umkehrprozess, also das Entnieten, gelten, zumal der Aufwand, der hierzu erforderlich ist (Aufbohren der Niete), mit dem des Nietens vergleichbar ist.

46

Die von der Klägerin herangeführte Verordnung (EU) Nr. 953/2013 betrifft lediglich die Abgrenzung der Unterpositionen 8521 51 und 8528 59 KN und hat daher auf die hier inmitten stehende Abgrenzung zwischen den Unterpositionen 8528 51 und 8528 72 KN keinen Einfluss.

47

Dass der Monitor objektiv geeignet ist, als Fernsehgerät verwendet zu werden, ergibt sich auch daraus, dass er neben einem Empfänger für eine Infrarot-Fernbedienung über einen CI-Schacht verfügt, in den Dekoderkarten eingesteckt werden können, mit deren Hilfe man Bezahlfernsehkanäle empfangen kann. Ein solcher Kartenschacht ist nur sinnvoll bei einer Verwendung des Monitors als Fernsehgerät. Dabei ist es für die Tarifierung unerheblich, ob, wie die Klägerin behauptet hat, dieser Schacht nur deshalb vorhanden sei, weil in dem hier in Rede stehenden Monitor ein Standardgehäuse verbaut worden sei. Entscheidend ist allein, dass ein CI-Schacht eine objektive Wareneigenschaft ist, die nur bei einem Fernsehgerät einen technischen Zweck erfüllt, und die Anwendungsmöglichkeiten des Monitors als Fernsehgerät erweitert. Die übrigen Wareneigenschaften des Monitors sind, da er über die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale für den Empfang von Fernsehsignalen verfügt, nicht streitentscheidend. Ob ein Monitor Kipp- und schwenkfähig ist, ist vorrangig für die Abgrenzung zwischen Videomonitor oder Fernseher einerseits und EDV-Monitor andererseits relevant. Dasselbe gilt für den Pixelabstand, die Reaktionszeit und die Helligkeit. Dass eine Fernbedienung fehlt, ist unerheblich, da es sich hierbei um Zubehör zum Monitor handeln würde, das wie die Hauptware einzureihen wäre.

48

Aus den vZTAen, die die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 07.08.2018 genannt hat, kann sie nichts für sich ableiten. Diese vZTAe betreffen ausweislich der exemplarisch übersandten vZTA XX-4 nebst Datenblatt einen Monitor, dessen Erweiterungsmodul lediglich Anschlüsse für Peripheriegeräte enthält, nicht jedoch ein Tunermodul. Selbst wenn diese Geräte - wie der Klägervertreter im Erörterungstermin behauptet hat - auch einen DTV-Prozessor enthalten sollten, würde dies nichts an der hier getroffenen Einschätzung ändern. Die vZTAe wurden nämlich unter der Annahme erteilt, dass ein solcher Prozessor nicht vorhanden ist.

49

3.3 Da der hier in Rede stehende Monitor - wie dargelegt - weder als EDV-Monitor noch als Video-Monitor in die Unterpositionen 8528 51 oder 8528 59 KN einzutarifieren ist, bleibt, da er seiner Beschaffenheit nach für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet ist (so dass die Unterposition 8528 2871 KN ausscheidet), nur eine Einreihung in die Unterposition 8528 72 KN. Dort ist er - wie durch die angefochtene vZTA geschehen - in die Unterposition 8528 7240 KN einzureihen, da er über eine Flüssigkristallanzeige verfügt und es sich weder um ein Projektionsfernsehgerät handelt noch ein Videoaufnahme- oder Videowiedergabegerät eingebaut ist.

III.

50

Der Hilfsantrag ist bereits unzulässig. Das Verpflichtungsbegehren der Klägerin hat sich durch das Ungültigwerden der Unterpositionen 8528 5100 oder 8528 5931 KN nicht erledigt (siehe oben I.), so dass die Verpflichtungsklage weiterhin statthaft ist.

IV.

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 115 Abs. 2, Abs. 1 FGO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Hamburg Urteil, 13. Sept. 2018 - 4 K 130/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Hamburg Urteil, 13. Sept. 2018 - 4 K 130/15

Referenzen - Gesetze

Finanzgericht Hamburg Urteil, 13. Sept. 2018 - 4 K 130/15 zitiert 5 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 101


Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spr

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Finanzgericht Hamburg Urteil, 13. Sept. 2018 - 4 K 130/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Finanzgericht Hamburg Urteil, 13. Sept. 2018 - 4 K 130/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Beschluss, 28. Apr. 2014 - VII R 48/13

bei uns veröffentlicht am 28.04.2014

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ in den Jahren 2010 und 2011  96 Sendungen Warensortimente mit Ursprung in den USA in den zollrechtlich

Bundesfinanzhof Beschluss, 08. Jan. 2014 - VII R 38/12

bei uns veröffentlicht am 08.01.2014

Tatbestand 1 I. Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) hatte der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) unter dem 15. April 2011 eine verbindlic

Referenzen

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) hatte der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) unter dem 15. April 2011 eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) erteilt, mit der von der Klägerin eingeführte Schuhe, die sie für den Einsatz im Golfsport über den Fachhandel vertreibt, nicht als Sportschuhe in die Unterpos. 6403 19 00 der Kombinierten Nomenklatur (KN), sondern in die Unterpos. 6403 99 93 98 (andere Schuhe ...) eingereiht worden waren. Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1294/2009 des Rates vom 22. Dezember 2009 (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 352/1) wurde auf die Einfuhren von Schuhen mit Oberteil aus Leder oder rekonstituiertem Leder, ausgenommen Sportschuhe, die (u.a.) unter den KN Code ex 64039993 eingereiht werden, ein endgültiger Antidumpingzoll eingeführt. Im Anhang dieser Verordnung war u.a. der Taric-Code 6403 99 93 98 aufgeführt. Die Verordnung ist gemäß ihres Art. 2 15 Monate, also bis 31. März 2011, in Kraft geblieben.

2

In dem nach erfolglosem Einspruch geführten Klageverfahren erklärte der Vertreter des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung im Erörterungstermin vom 31. August 2012, die angefochtene vZTA sei wegen Wegfalls der Codenummer 6403 99 93 98 (zum 30. Juni 2012) ungültig geworden. Wenn nun über die Tarifierung der Schuhe zu entscheiden wäre, würden sie in die Unterpos. 6403 99 93 KN eingereiht werden. Die Klägerin erklärte, sie wolle eine Verpflichtung des HZA auf Erteilung einer vZTA mit Einreihung der Ware in die Unterpos. 6403 19 00 KN erreichen; sofern es zu einer Fortsetzungsfeststellungsklage kommen sollte, wolle sie eine entsprechende Feststellung beantragen.

3

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als zulässige und begründete Verpflichtungsklage angesehen und das HZA verpflichtet, der Klägerin eine vZTA zu erteilen, in der die streitgegenständlichen Schuhe in die Unterpos. 6403 19 00 KN eingereiht werden. Der Zulässigkeit der Verpflichtungsklage stehe nicht entgegen, dass die angefochtene vZTA nach Klageerhebung wegen des Wegfalls der Taric-Unterpos. 6403 99 93 98 gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex (ZK) ungültig geworden sei. Dadurch sei keine Erledigung eingetreten. Mit der Ungültigkeit der erteilten, nicht antragsgemäßen vZTA sei der ursprüngliche Antrag wieder aufgelebt. Nach Wegfall der Entscheidung über den Antrag der Klägerin sei die verfahrensrechtliche Situation mit der der Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vergleichbar. Da das HZA im Erörterungstermin erklärt habe, auch bei einer erneuten Befassung mit dem klägerischen Antrag keine antragsgemäße vZTA zu erteilen, sondern die Ware wiederum der Unterpos. 6403 99 93 KN zuzuweisen, erübrige es sich aus prozessökonomischen Gründen auch, das Verfahren auszusetzen und das HZA zur Bescheidung des Antrags aufzufordern. Der Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 28. April 1998 VII R 83/96 (BFH/NV 1998, 1400), die Erledigung des Anfechtungsbegehrens erfasse auch das Verpflichtungsbegehren, folge es nicht. Die Verpflichtungsklage sei auch begründet. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erteilung einer antragsgemäßen vZTA. Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware sprächen für die Einreihung in die von der Klägerin angenommene Codenummer.

4

Das HZA hat im Revisionsverfahren beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin hat ihren Antrag, die Revision zurückzuweisen, um den Hilfsantrag erweitert, festzustellen, dass die erteilte vZTA rechtswidrig und das HZA verpflichtet war, eine vZTA mit der Einreihung der Ware in die Unterpos. 6403 19 00 KN zu erteilen. Das HZA hat daraufhin erklärt, nicht mehr an seiner Tarifauffassung festzuhalten. Auf Antrag werde es der Klägerin die gewünschte vZTA erteilen.

5

Der Senat hat in vorliegender Sache durch Gerichtsbescheid vom 19. Juni 2013 entschieden, der wegen des rechtzeitig gestellten Antrags der Klägerin auf mündliche Verhandlung als nicht ergangen gilt (§ 90a Abs. 3 FGO). Unter dem 7. November 2013 hat das HZA eine vZTA erteilt, mit der die streitigen Waren in die Unterpos. 6403 19 00 KN eingereiht worden sind. Die Klägerin hat daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das HZA hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.

Entscheidungsgründe

6

II. Mit der Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten im Revisionsverfahren ist das angefochtene Urteil des FG einschließlich der darin enthaltenen Kostenentscheidung gegenstandslos geworden; der Senat hat nunmehr über die Kosten des gesamten Verfahrens zu entscheiden (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Dezember 2002 I R 87/00, BFH/NV 2003, 785, m.w.N.).

7

Eine Kostenentscheidung zu Lasten des HZA gemäß § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO kommt nicht in Betracht, weil der Rechtsstreit nicht durch die unter dem 7. November 2013 erteilte vZTA erledigt worden ist, sondern die Erledigung des Rechtsstreits bereits im erstinstanzlichen Verfahren mit dem Ungültigwerden der angefochtenen vZTA gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i ZK eingetreten ist. Dies hat der beschließende Senat mit dem (durch Antrag auf mündliche Verhandlung unwirksam gewordenen) Gerichtsbescheid vom 19. Juni 2013 im Einzelnen ausgeführt. Die Kostenentscheidung ist daher gemäß § 138 Abs. 1 FGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu treffen.

8

Billigem Ermessen entspricht es, der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil die Revision des HZA --ohne die Abgabe der Erledigungserklärungen-- erfolgreich und die Klage als unzulässig abzuweisen gewesen wäre.

9

Wird eine im Wege der Verpflichtungsklage angefochtene vZTA gemäß Art. 12 Abs. 5 ZK ungültig, ist der Klagegegenstand entfallen und der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Anders als das FG angenommen hat, kommt eine Fortführung des auf Verpflichtung des HZA zur Erteilung einer vZTA gerichteten Klageverfahrens nicht in Betracht. Das FG hat verkannt, dass es keinen zollrechtlichen Anspruch auf eine bestimmte Tarifauskunft gibt. Nach Art. 12 Abs. 1 ZK erteilen die Zollbehörden eine vZTA auf schriftlichen Antrag sowie unter den Voraussetzungen der Art. 6 und Art. 7 der Zollkodex-Durchführungsverordnung. Wird dem Antragsteller eine vZTA erteilt, ist sein Antrag beschieden, und zwar unabhängig davon, ob er die tarifliche Einreihung durch die Zollbehörde für zutreffend hält oder nicht. Ein evtl. späteres Ungültigwerden der erteilten vZTA gemäß Art. 12 Abs. 5 ZK (ob diese angefochten ist oder nicht) führt daher nicht dazu, den Antrag auf Erteilung einer vZTA nunmehr als nicht beschieden anzusehen (was im Übrigen die fernliegende Folge nach sich zöge, dass die Zollbehörde in all solchen Fällen von Amts wegen tätig werden und eine neue vZTA erteilen müsste). Es trifft daher auch keineswegs zu, dass sich ein Kläger --wie das FG meint--- in einem solchen Fall in einer verfahrensrechtlichen Situation "mit der der Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 2 FGO vergleichbar" (gemeint wohl § 46 Abs. 1 FGO) befindet. Es mag zwar Fälle geben, in denen die Zollbehörde den Umständen entnehmen kann, dass der Antragsteller nach dem Ungültigwerden der ihm erteilten vZTA die Erteilung einer neuen vZTA für die nämliche Ware begehrt. Das FG übersieht jedoch, dass auch im Fall eines --ggf. konkludent-- gestellten, jedoch von der Zollbehörde nicht beschiedenen neuen Antrags auf Erteilung einer vZTA eine Untätigkeitsklage ohnehin nicht in Betracht kommt, sondern allein ein Einspruch gemäß § 347 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung. Die entsprechenden Ausführungen im FG-Urteil sind nicht haltbar.

10

Nachdem die angefochtene vZTA ungültig geworden war, hätte die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären oder ihren Klageantrag ändern und das Verfahren in Gestalt einer Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) fortführen müssen. Da sie das nicht getan, sondern an ihrem Verpflichtungsantrag festgehalten hat, hätte das FG die Klage (schon aus diesem Grund und unabhängig von der Frage eines berechtigten Interesses i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) als unzulässig abweisen müssen.

11

Die Klägerin hat erst im Revisionsverfahren ihren Klageantrag um einen hilfsweisen Feststellungsantrag erweitert. Auch mit ihrer Klage in Gestalt dieser Änderung konnte sie aber nicht erfolgreich sein, weil es an dem berechtigten Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage fehlte, denn das HZA hatte zwischenzeitlich erklärt, an seiner bisherigen Tarifauffassung nicht mehr festhalten zu wollen.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ in den Jahren 2010 und 2011  96 Sendungen Warensortimente mit Ursprung in den USA in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Zugleich beantragte sie die Abfertigung zum höchsten Zollsatz nach Art. 81 des Zollkodex (ZK) und meldete die Waren unter der Unterpos. 6109 10 10 der Kombinierten Nomenklatur (KN) für T-Shirts an. Die Zollstelle nahm die Anträge an und fertigte die Waren antragsgemäß ab. Bei stichprobenhaften Beschaffenheitsbeschauen, die u.a. auch die hier zu beurteilenden Sendungen erfassten, hatte das Zollamt keine anderen Waren als T-Shirts festgestellt.

2

Eine Zollprüfung des Prüfungsdienstes des Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --HZA--) im Jahr 2012 bei der Klägerin ergab, dass die Sendungen als "Nylon Tricot Legging", "Nylon Tricot High-Waist Legging", "Printet Nylon Legging", "Shiny Legging" und "Shiny High-Waist Legging" bezeichnete Waren enthielten.

3

Bei diesen Waren handelte es sich um Bekleidungsstücke, die zu 100 % aus synthetischen Chemiefasern gewirkt waren. Die in Größen für Erwachsene konfektionierten Bekleidungsstücke waren hosenähnlich und wiesen knöchellange Beine ohne Fußteile auf. Sie hatten einen die Taille abschließenden elastischen Bund in unterschiedlicher Breite (2,5 bis 12,7 cm). An den Kleidungsstücken waren vorn weder eine Öffnung noch ein Verschluss, aber Nähte an den Innenseiten der Beine vorhanden. Merkmale, die auf einen bestimmten Trägerkreis hinwiesen, waren nicht feststellbar. Die Bekleidungsstücke konnten ohne Weiteres als eine lange, den Unterkörper bedeckende Hose getragen werden.

4

Der Prüfungsdienst reihte diese Waren in die Unterpos. 6104 63 00 KN ein und stellte fest, dass sich daraus neben dem Zollsatz von 12 % ein Zusatzzoll von weiteren 15 % ergebe. Das HZA folgte den Feststellungen und erhob von der Klägerin Einfuhrabgaben nach, in welchen --neben hier unstreitigen, auf fehlerhaften Zollwerten beruhenden, zu- und abgerechneten Zollbeträgen-- ein Zusatzzoll enthalten war.

5

Einspruch und Klage, mit welchen die Klägerin die Einreihung der Leggings in die Unterpos. 6406 90 90 KN, hilfsweise in die Unterpos. 6115 21 KN beanspruchte und geltend machte, der auf der Verordnung (EG) Nr. 673/2005 (VO Nr. 673/2005) des Rates vom 25. April 2005 zur Einführung zusätzlicher Zölle auf die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 110/1) beruhende Zusatzzoll sei auf die zutreffende Tarifposition nicht anwendbar, im Übrigen sei bei einer Einreihung auf Antrag nach Art. 81 ZK nur die Anwendung des in der KN vorgesehenen höchsten Zollsatzes gestattet, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der für die Nacherhebung der Zollschuld nach Art. 220 Abs. 1 Satz 1 ZK maßgebliche Zollsatz ergebe sich nach Art. 20 Abs. 1 ZK aus dem Zolltarif, im Streitfall aus der VO Nr. 673/2005 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 317/2009 (VO Nr. 317/2009) der Kommission vom 17. April 2009 (ABlEU Nr. L 100/6), einer sonstigen Gemeinschaftsregelung i.S. des Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK, die für Waren der Unterpos. 6104 63 00 KN einen Zusatzzoll von 15 % des Wertes der eingeführten Waren vorsehe. Bei den streitgegenständlichen Leggings handele es sich um lange Hosen, aus Gewirken und Gestricken, für Frauen und Mädchen, die in die Pos. 6104 KN und innerhalb dieser Position aufgrund der synthetischen Spinnstoffe, aus denen sie bestehen, in die Unterpos. 6104 63 00 KN einzureihen seien.

6

Sie seien nicht als Waren der Pos. 6406 KN oder der Pos. 6115 KN einzureihen. Unter die Pos. 6406 KN fielen --u.a.-- Gamaschen und ähnliche Waren, aber keine hosenähnlichen Waren. Das ergebe sich auch aus den für die Auslegung maßgeblichen französischen und englischen Fassungen. Nach den Warenbezeichnungen in französischer Sprache handelt es sich bei "guêtres" um Gamaschen und Halbgamaschen, und bei "jambières" um Beinschienen, Beinschützer, Beinschutz, Gamaschen, sog. Legwarmer und Stulpen. In der englischen Fassung fänden sich neben "gaiters", das sind Stulpen oder Gamaschen, zwar "leggings and similar articles". Auch diese Bezeichnungen ließen aber nicht erkennen, dass die darunter fallenden Waren hosenähnlich sein dürften, nämlich ein zwei miteinander verbundenes, beide Beine und den Unterkörper bedeckendes Kleidungsstück sein könnten. Der Begriff "leggings" habe im Englischen zwei Bedeutungen: Zum einen bezeichne er gamaschenähnliche Kleidungsstücke, zum anderen sehr eng geschnittene Hosen für Frauen und Kinder. Letztere würden aber nicht von der Pos. 6406 KN erfasst. Dies ergebe sich aus dem Vergleich mit den übrigen, von der Position erfassten Waren. Auch die Entwicklung der Pos. 6406 KN bestätige diese Auslegung. Vor dem Beitritt Großbritanniens sei die heutige Pos. 6406 in den Tarifnummern 64.05 für Schuhteile und 64.06 für Gamaschen, Schienbeinschützer und ähnliche Waren sowie Teile davon (Verordnung (EWG) Nr. 950/68 --VO Nr. 950/68-- des Rates vom 28. Juni 1968 über den gemeinsamen Zolltarif, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 172/1) erfasst gewesen; auf Französisch "Guêtres, jambières, molletières, protège-tibias et articles similaires et leurs parties". Die inhaltlich unveränderten Tarifnummern seien dann in der englischen Fassung des Gemeinsamen Zolltarifs (VO (EWG) Nr. 1/73 des Rates vom 19. Dezember 1972, ABlEG Nr. L 1/1) als "Gaiters, spats, leggings, puttees, cricet pads, shin-guards and similar articles, and parts thereof" übersetzt worden. Eine inhaltliche Änderung der Tarifnummer mit dem Ziel der Einbeziehung von Damenhosen sei damit nicht verbunden gewesen, unter Leggings seien nur Kleidungsstücke zu verstehen, die ein Bein ganz oder teilweise bedeckten, aber nicht miteinander verbunden seien.

7

Auch in den Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zu Pos. 6406 KN Rz 14.0 würden die in der Klammer als Leggings bezeichneten Waren als Beinlinge, also nicht als Hosen oder hosenähnliche Kleidungsstücke beschrieben.

8

Bei den als Leggings bezeichneten Waren handele es sich auch nicht um Strumpfhosen der Pos. 6115 KN. Eine Strumpfhose sei eine aus zwei sich überlagernden Strümpfen gefertigte Unterleibsbekleidung. Dazu gehörten die streitgegenständlichen Waren jedoch nicht.

9

Das HZA sei auch berechtigt gewesen, in dem der Klägerin auf ihren Antrag bewilligten Verfahren nach Art. 81 ZK die Zollbelastung für alle Sendungen nach der höchsten Einfuhrabgabenbelastung, also mit dem Zusatzzoll nach der VO Nr. 673/2005 zu ermitteln. Die Klägerin hätte die in ihrem eigenen Warenwirtschaftssystem zutreffend unter der Unterpos. 6104 63 00 KN erfassten Leggings gesondert anmelden können.

10

Von der Nacherhebung könne auch nicht nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK abgesehen werden. Es habe keine Warenbeschau gegeben, auf Grund derer die Klägerin davon habe ausgehen können, für die Leggings falle kein Zusatzzoll an.

11

Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin vor: Die Leggings seien als "ähnliche Waren" wie Gamaschen in die Unterpos. 6406 90 90 KN, hilfsweise als "Strumpfhosen" in die Unterpos. 6115 21 KN einzureihen.

12

Für die Einreihung in die Pos. 6406 KN spreche die Verwendung des Begriffs "legging" in der englischen Sprachfassung und auch für das französische Wort "jambières" werde in Wörterbüchern als Synonym der Begriff "leggings" angegeben. Angesichts dieser eindeutigen Wortlaute habe das FG seine Auslegung nicht auf einen systematischen Vergleich der Ware mit den übrigen von der Position erfassten Waren stützen dürfen. Auf die Entwicklung des Gemeinsamen Zolltarifs der EWG dürfe zur Auslegung der KN nicht zurückgegriffen werden, da die KN nicht auf der VO Nr. 950/68, sondern auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren beruhe und sich im Übrigen --wie der gegenüber der Tarifnummer 64.06 ("gaiters, spats, leggings, puttees, cricet pads, shin-guards and similar articles, and parts thereof") verkürzte Wortlaut der Pos. 6406 KN ("gaiters, leggings and similar articles, and parts thereof") zeige-- die zolltarifliche Rechtslage gegenüber dem Gemeinsamen Zolltarif geändert habe.

13

Den Klammerzusatz "leggings" zum Begriff Beinlinge in den ErlHS zu Pos. 6406 Rz 14.0 interpretiere das FG falsch, er sei als Ausweitung des Begriffs "Beinlinge" auf hosenähnliche Beinkleider zu verstehen.

14

Hilfsweise seien die Leggings als Strumpfhosen in die Unterpos. 6115 21 KN einzureihen.

15

Die Klägerin hält im Übrigen die Anwendung des Zusatzzolls der VO Nr. 673/2005 gemäß Art. 81 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK auf sämtliche Waren der jeweiligen Sendung nicht für gerechtfertigt. Das FG verkenne, dass sich die VO Nr. 673/2005 und Art. 81 ZK widersprächen. Gemäß Art. 2 VO Nr. 673/2005 finde der Zusatzzoll ausschließlich auf die in Anhang I genannten Waren Anwendung. Nur so sei gewährleistet, dass die zusätzlichen Zölle 72 % der jährlichen Auszahlungen der USA aus vereinnahmten Antidumping- und Ausgleichszöllen an die geschädigten US-amerikanischen Unternehmen nicht übersteigen, was nach der Entscheidung des Schiedsgerichts der World Trade Organisation (WTO) vom 31. August 2004 (WT/DS217/ARB/EEC) Bedingung für die Erhebung der zusätzlichen Zölle sei. Die bei Anwendung des Art. 81 ZK sich ergebende Erstreckung der Zusatzzölle auf andere als in der VO Nr. 673/2005 gelistete Waren, führe zu einer Überschreitung des zulässigen Kompensationsbetrags. Bei der gebotenen völkerrechtskonformen Auslegung von Unionsrecht müsse der Zusatzzoll bei der Ermittlung der höchsten Einfuhrabgabenbelastung der Waren einer Sendung nach Art. 81 ZK außer Betracht bleiben.

16

Außerdem sei die Zulassung der vereinfachten Einreihung nach Art. 81 ZK rechtswidrig gewesen, weil Aufwand und Kosten der Einzelanmeldungen angesichts der hohen Zollsätze für Textilien nicht außer Verhältnis zur Höhe der Einfuhrabgaben stünden. Auch deshalb sei die Anwendung der höchsten Einfuhrabgabenbelastung rechtswidrig.

17

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den Einfuhrabgabenbescheid vom 16. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2013 aufzuheben.

18

Das HZA schließt sich der Rechtsauffassung des FG an und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

19

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

20

Die Revision ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das Urteil des FG entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).

21

Für die in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten in 96 Sendungen zusammengefassten Warensortimente ist, da die Abfertigung zum höchsten Zollsatz nach Art. 81 ZK antragsgemäß bewilligt war, eine Zollschuld entstanden, die wegen der in den Sendungen enthaltenen Leggings zu einem Zollsatz von 12 % und gemäß Art. 2 VO Nr. 673/2005 i.V.m. Unterpos. 6104 63 00 KN zu einem Zusatzzoll von 15 % führt. Da der entsprechende Abgabenbetrag für die streitigen Einfuhren seinerzeit nicht buchmäßig erfasst wurde, ist er gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK nachzuerheben.

22

1. Die Voraussetzungen einer vereinfachten Einfuhrabgabenerhebung gemäß Art. 81 ZK liegen vor. Die Klägerin hat die in den Einfuhrsendungen enthaltenen Waren einheitlich als solche angemeldet, auf die der jeweils höchste Abgabensatz entfällt, und diese Zollanmeldungen sind angenommen worden. Daran muss sie sich festhalten lassen. Die Voraussetzungen für eine Ungültigerklärung der Zollanmeldungen gemäß Art. 66 Abs. 2 ZK i.V.m. Art. 251 der Zollkodex-Durchführungsverordnung sind schon hinsichtlich der dort vorgesehenen Antragsfristen nicht erfüllt.

23

2. Bei der Ermittlung der auf die Waren des jeweiligen Sortiments entfallenden höchsten Einfuhrabgabenbelastung war auch der Zusatzzoll aus der VO Nr. 673/2005 zu berücksichtigen, sofern eine der Waren von einer im Anhang dieser Verordnung aufgeführten Tarifbezeichnungen erfasst war. Die Vereinfachungsvorschrift des Art. 81 ZK betrifft (nur) die Einfuhrabgaben i.S. des Art. 4 Nr. 10 ZK (vgl. Weymüller in Dorsch, Zollrecht, Art. 81 ZK Rz 38), also nach dem hier maßgeblichen Art. 4 Nr. 10 Anstrich 1 ZK "Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Waren". Darunter fällt auch der Zusatzzoll gemäß der VO Nr. 673/2005. Denn der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften umfasst nach Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK die sonstigen zolltariflichen Maßnahmen der Union, also auch die sog. Retorsionszölle, die im Fall von Handelsstreitigkeiten festgelegt werden, wie es mit der VO Nr. 673/2005 geschehen ist (so auch Lux in Dorsch, Zollrecht, Art. 20 ZK Rz 33).

24

Mit ihrem Einwand, die Anwendung der unter Einbeziehung des Zusatzzolls ermittelten höchsten Abgabenbelastung auf alle Waren einer Sendung führe zu einer Erstreckung der Zusatzzölle auf andere als in der VO Nr. 673/2005 gelistete Waren und damit zu einer von der Genehmigung der Zusatzzölle durch das Schiedsgericht der WTO nicht mehr gedeckten Überschreitung des zulässigen Kompensationsbetrags, macht die Klägerin keine Verletzung eines eigenen subjektiv-öffentlichen Rechts geltend, auf welches allein sie die Anfechtung der Nacherhebung stützen kann. Da Art. 81 ZK den Begriff Einfuhrabgabenbelastung verwendet und damit nach den Definitionen der Art. 4 Nr. 10 und Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK sonstige zolltarifliche Maßnahmen der Gemeinschaft bzw. Abgaben mit gleicher Wirkung wie Zölle einbezieht, sind Zusatzzölle wie solche des Streitfalls bei der Ermittlung der "höchsten Einfuhrabgabenbelastung" i.S. des Art. 81 ZK nicht ausgenommen. Anderenfalls ließen sich mithilfe dieses für Sammelsendungen unterschiedlicher Waren vorgesehenen vereinfachten Einreihungsverfahrens Zusatzzölle für bestimmte in solchen Sendungen enthaltene Einfuhren umgehen.

25

Trotz der seitens der Kommission mit Schreiben vom 27. September 2013, auf das sich die Revision beruft, geäußerten Rechtsmeinung hält der Senat in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts des Art. 81 ZK sowie des Art. 4 Nr. 10 Anstrich 1 ZK die Auslegung jener Vorschrift auch im Hinblick auf die mit der VO Nr. 673/2005 verfolgten Ziele für zweifelsfrei und sieht keinen Grund, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einzuholen.

26

Ist das vereinfachte Einreihungsverfahren gemäß Art. 81 ZK beantragt und bewilligt, tritt die gesetzliche Folge ein, dass der für bestimmte in der Sendung enthaltene Waren vorgesehene höchste Einfuhrabgabensatz --und damit ebenso der für solche Waren zu erhebende Strafzoll-- auch auf Waren anzuwenden ist, für die eigentlich kein Strafzoll, sondern ein geringerer Abgabensatz gilt. Hätte der Unionsgesetzgeber diese Rechtsfolge für von der VO Nr. 673/2005 nicht erfasste Waren vermeiden wollen, hätte es nahe gelegen, in dieser Verordnung die Anwendung des Art. 81 ZK auszuschließen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr hat der Unionsgesetzgeber mit Art. 3 VO Nr. 673/2005 eine andere Regelung zur Einhaltung des vorgesehenen Kompensationsbetrags vorgesehen. Es kommt daher nicht in Betracht, für von der VO Nr. 673/2005 nicht erfasste Waren die Rechtsfolge des Art. 81 ZK trotz Vorliegens seiner Voraussetzungen nicht eintreten zu lassen mit der Folge, dass die Erhebung des Zusatzzolls auch für in der Einfuhrsendung enthaltene Waren der VO Nr. 673/2005 unterbleibt.

27

3. Dem Einwand der Klägerin, es sei unverhältnismäßig, die gesamte Warenmenge mit dem Zusatzzoll zu belegen, ist nicht zu folgen (vgl. Senatsurteil vom 26. September 1989 VII R 10/87, BFHE 158, 200, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 1990, 48, zu § 79 Abs. 2 des Zollgesetzes 1961). Der Anmelder kann Einfuhrwaren mit besonders hoher Abgabenbelastung ausschließen, indem er diese Waren getrennt anmeldet, oder er kann für eine Warengruppe angeben, dass bestimmte Waren in dieser nicht enthalten sind (vgl. Weymüller in Dorsch, a.a.O., Art. 81 ZK Rz 37).

28

4. Auf die streitgegenständlichen Waren ("Leggings") entfällt der Zusatzzoll nach Art. 2 VO Nr. 673/2005 (für die Einfuhren des Jahres 2009 i.d.F. der VO Nr. 317/2009) i.V.m. deren Anhang I auf Waren der Unterpos. 6104 63 00 KN.

29

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. EuGH-Urteil vom 15. November 2012 C-558/11, ZfZ 2013, 41, Rz 29, m.w.N.) ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (s. Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der KN 1 und 6).

30

a) Von der Unterpos. 6104 63 00 KN werden u.a. lange Hosen aus Gewirken und Gestricken aus synthetischen Chemiefasern für Frauen oder Mädchen erfasst.

31

aa) Nach den Feststellungen des FG handelte es sich bei den in Warensendungen enthaltenen Leggings um Kleidungsstücke aus zwei miteinander verbundenen Beinteilen, die beide Beine und den Unterkörper bedecken, mit Nähten an den Innenseiten der Beinteile, einem breiten Bund und ohne Fußteile, und die ohne Weiteres als lange, den Unterkörper bedeckende Hosen getragen werden können. Diese tatrichterliche Wertung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, sie erscheint vielmehr durchaus nachvollziehbar. Die Klägerin setzt ihr auch lediglich ihre eigene --abweichende-- Wertung entgegen, die Leggings seien als Oberbekleidung nicht geeignet.

32

bb) Die Leggings fallen auch nicht unter die Anmerkung 1 Buchst. n zu Abschn. XI, wonach Gamaschen und ähnliche Waren des Kapitels 64 aus diesem Abschnitt ausgewiesen sind.

33

Von der Pos. 6406 KN sind in der deutschen Sprachfassung erfasst "Schuhteile ...; Einlegesohlen, Fersenstücke und ähnliche herausnehmbare Waren; Gamaschen und ähnliche Waren sowie Teile davon". Leggings sind nicht genannt. Zwar taucht dieser Begriff in den ErlHS zu Pos. 6406 unter "II) Gamaschen und ähnliche Waren sowie Teile davon" in Rz 14.0 als Synonym für Beinlinge ("Leggings") auf, die den sog. Beinschützern ähnlichen Waren --wie Wadengamaschen (einschließlich Wickelgamaschen), Stutzen, Trachtenstrümpfe usw., ohne Fußteil und mit oder ohne Steg-- zugeordnet werden. Es ist allerdings offensichtlich und bedarf keiner näheren Begründung, dass die von der Klägerin eingeführten Leggings keine diesen Kleidungsstücken ähnliche Waren sind. Aus der englischen Sprachfassung der Pos. 6406 KN folgt nichts anderes.

34

b) Bei den als Leggings bezeichneten Waren handelt es sich auch nicht um Strumpfhosen der Pos. 6115 KN.

35

Weder aus dem Wortlaut der Positionen der KN noch aus den Anmerkungen ergeben sich Definitionen oder klare Abgrenzungskriterien für Strumpfhosen und lange Hosen.

36

Gleichwohl tragen diese Waren ihre Definition in sich. Sie ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch.

37

Strumpfhosen sind eng an Fuß, Bein und Unterleib anliegende, gewirkte oder gestrickte Hosen (besonders für Frauen und Kinder), die wie ein Strumpf angezogen werden. Dementsprechend hat das FG zutreffend herausgearbeitet, dass Strumpfhosen aus zwei sich überlagernden Strümpfen gefertigte, typischerweise --wie Strümpfe-- rundgewebte Unterleibsbekleidungen sind. Strumpfhosen weisen eine besondere, machartbedingte Passform auf, sie passen sich eng anliegend der Körperform an.

38

Dieser Definition entsprechen die streitigen Kleidungsstücke schon nicht, weil sie keinen Strumpf, d.h. keinen den Fuß umhüllenden Teil aufweisen. Auf die übrigen vom FG zur Unterscheidung von Hosen und Strumpfhosen herangezogenen Merkmale --wie Längsnähte an den Innenseiten oder fehlende Angaben zur Feinheit der verwendeten Garne-- braucht daher nicht eingegangen zu werden.

39

5. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Nacherhebung der Einfuhrabgaben gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK sind nicht erfüllt. Insoweit wird auf die Ausführungen im FG-Urteil Bezug genommen.

40

6. Ist das Urteil nach alledem revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, so ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.