Finanzgericht Hamburg Urteil, 12. Sept. 2018 - 2 K 151/17

published on 12/09/2018 00:00
Finanzgericht Hamburg Urteil, 12. Sept. 2018 - 2 K 151/17
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tatbestand

1

Streitig sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

2

Der Kläger bezog in den Streitjahren 2011 bis 2014 Einkünfte als Abgeordneter.

3

Mit Kaufvertrag vom ... 2005 erwarb der Kläger zum Kaufpreis von 224.490 € das Wohnungseigentum an einer 86,52 m² großen Wohnung in dem Objekt X-Straße-1 in Hamburg, das er in der Folgezeit selbst nutzte. Nach Erwerb hatte der Kläger Renovierungsarbeiten im Umfang von ca. 50.000 € durchgeführt. Am ... 2009 erwarb er in der X-Straße-2 eine weitere Immobilie, die er nach Renovierung ab Ende 2010 selbst nutzte.

4

Mit Mietvertrag vom ... 2011 vermietete der Kläger die Wohnung X-Straße-1 In dem Vertrag heißt es in § 2 zur Mietzeit u. a.:

5

Das Mietverhältnis beginnt am 15.03.2011

6

1. Das Mietverhältnis läuft auf unbestimmte Zeit und endet mit Ablauf des Monats, zu dem der Vermieter oder der Mieter die Kündigung unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten kündigt. ....

7

2. Das Mietverhältnis läuft auf bestimmte Zeit und endet am 01.03.2015

8

ohne dass es einer Kündigung bedarf, nur wenn

9

a) der Vermieter die Räume für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts nutzen will, oder

b) ...

c) ...

10

Grund der Befristung ist: der Vermieter Herr A macht Eigenbedarf für die Nichte Frau B (geb. ... 1994) geltend. Diese wird dann die Wohnung selbst beziehen. Bei dem o. g. Auszugsdatum (1.3.2015) handelt es sich um das spätest mögliche Auszugsdatum des Mieters. Dem Mieter wird während der gesamten Mietzeit ein dreimonatiges Kündigungsrecht eingeräumt.

11

Ferner war eine Staffelmiete vereinbart, die eine Erhöhung zum 1. März 2013 und zum 1. März 2015 vorsah. Der Mieter kündigte Mitte 2014 von sich aus das Mietverhältnis. Mit Kaufvertrag vom ... 2014 veräußerte der Kläger die Wohnung zum Kaufpreis von 288.000 €.

12

Der Beklagte hatte die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in den Streitjahren 2011 bis 2013 (2011: 6.134 €; 2012: 4.774 € und 2013: 19.112 €) zunächst erklärungsgemäß, aber vorläufig im Sinne von § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) berücksichtigt. Mit Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 11. November 2015 setzte der Beklagte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit 0 € an und änderte unter demselben Datum die Bescheide für 2011 bis 2013 gem. § 165 Abs. 2 AO und ließ nunmehr die Verluste aus Vermietung und Verpachtung ebenfalls unberücksichtigt. Es fehle an der Gewinnerzielungsabsicht, weil die Wohnung befristet wegen Eigenbedarfs vermietet gewesen sei und zwischen Beginn der Vermietung und Veräußerung lediglich vier Jahre lang Verluste erwirtschaftet worden seien. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 14. Dezember 2015, der mit Entscheidung vom 13. April 2017 zurückgewiesen wurde.

13

Am 16. Mai 2017 hat der Kläger Klage erhoben. Der Beklagte habe zu Unrecht die Einkünfteerzielungsabsicht verneint und die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unberücksichtigt gelassen.

14

Grundsätzlich sei bei einer langfristigen Vermietung von einem Totalüberschuss auszugehen. Etwas anderes könne bei einer kurzen Vermietungszeit und anschließendem Verkauf gelten. Im Streitfall sei aber grundsätzlich eine langfristige Vermietung beabsichtigt gewesen und lediglich eine eingeschränkte Befristung für den Fall vereinbart worden, dass seine Nichte die Wohnung habe mieten wollen. Die Nichte habe sich seinerzeit noch in der Ausbildung befunden und sei sehr daran interessiert gewesen, nach Abschluss der Lehre die Wohnung in Hamburg zu beziehen. Zum Zeitpunkt des Auszugs des Mieters habe die Nichte dann aber das Interesse an der Wohnung verloren gehabt, weil sie zwischenzeitlich mit ihrem Freund in C zusammengezogen sei. Daraufhin habe er, der Kläger, sich entschlossen, die Wohnung nicht mehr zu vermieten, weil die Betreuung eines Mietverhältnisses doch aufwändig sei, sondern sie zu veräußern.

15

Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Bescheide für 2011, 2012, 2013 über Einkommensteuer vom 11. November 2015 und die Einspruchsentscheidung vom 13. April 2017 aufzuheben sowie den Bescheid für 2014 und die Einspruchsentscheidung vom 13. April 2017 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wie erklärt berücksichtigt werden.

16

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

17

Der Beklagte stellt weiterhin die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht in Abrede. Eine befristete Vermietung sei grundsätzlich ein Indiz dafür, dass keine dauerhafte Vermietung beabsichtigt sei. Im Streitfall seien auch widersprüchliche Angaben gemacht worden. Im Veranlagungsverfahren habe es geheißen, dass die Befristung auf ausdrücklichen Wunsch des Mieters erfolgt sei; aus dem Mietvertrag ergebe sich, dass die Befristung wegen Eigenbedarfs zu Gunsten der Nichte erfolgt sei. Der Entschluss, die Wohnung nach Absage der Nichte sogleich zu veräußern und nicht erneut zu vermieten, spreche ebenfalls gegen eine dauerhafte Vermietungs- und Gewinnerzielungsabsicht.

18

Auch die Vereinbarung einer Staffelmiete mit Erhöhung ab dem 1. März 2015, dem Befristungsende, spreche nicht für eine auf Dauer angelegte Vermietung. Es sei durchaus sinnvoll, eine weitere Staffelmiete ab dem Ende des Vertrages vorzusehen, um die Nutzungsentschädigung beziffern zu können, die bei vertragswidrigem Gebrauch der Wohnung geltend zu machen sei.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift über den Erörterungstermin vom 20. Juni 2018 Bezug genommen.

20

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

21

Die den Kläger betreffenden Steuerakten zur Steuernummer ... haben vorgelegen.

Entscheidungsgründe

22

Der Senat entscheidet gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.

23

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

24

1. Die angegriffenen Einkommensteuerbescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit der Beklagte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unberücksichtigt gelassen hat.

25

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 21 EStG unterliegen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die der Steuerpflichtige erzielt, der Einkommensteuer. Mit dem Begriff des "Erzielens" stellt das Gesetz - für alle Einkunftsarten - einen Zusammenhang her zwischen den Einkünften und der Tätigkeit oder Vermögensnutzung, durch die sie erzielt, d. h. erwirtschaftet, werden. Einkünfte werden grundsätzlich durch zielgerichtetes Handeln/zielgerichtete Vermögensnutzung erwirtschaftet. Wesentliches Merkmal der Einkünfteerzielung ist danach die Absicht, durch die Erwerbstätigkeit/Vermögensnutzung auf Dauer gesehen ein positives Ergebnis zu erzielen (Einkünfteerzielungsabsicht). Dementsprechend fällt auch eine Vermietungstätigkeit nur dann unter die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf Dauer einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften; nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhof (BFH) vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, 766 f.).

26

a) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften (ständige Rechtsprechung, grundlegend Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BStBl II 1998, 771; vgl. auch Urteile vom 19. April 2005 IX R 10/04, BStBl II 2005, 692 und IX R 15/04, BStBl II 2005, 754).

27

Diese Annahme setzt voraus, dass der Steuerpflichtige den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig gefasst hat. Hieran fehlt es, wenn der Steuerpflichtige das Grundstück kurzfristig wieder verkaufen will oder wenn er sich noch nicht entschieden hat, ob er das Grundstück langfristig vermieten oder kurzfristig verkaufen will (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 2001 IX R 70/98, BFH/NV 2002, 635). Demgegenüber ist die Einkünfteerzielungsabsicht nach Maßgabe der Grundsätze des Urteils vom 30. September 1997 (IX R 80/94, BStBl II 1998, 771) auch dann zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige nach dem Beginn seiner Vermietungstätigkeit das bebaute Grundstück aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert (BFH-Urteile vom 18. Januar 2006 IX R 18/04, BFH/NV 2006, 1078; vom 9. Juli 2003 IX R 102/00, BStBl II 2003, 940 und 9. Juli 2002 IX R 47/99, BStBl II 2003, 580).

28

Die Einkünfteerzielungsabsicht kann dagegen nicht vermutet werden, wenn die Vermietung nicht auf Dauer angelegt ist. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn bereits bei Abschluss des Mietvertrages die Absicht besteht, das Objekt anschließend zu veräußern (z. B. BFH Urteil vom 4. Dezember 2001 IX R 70/98, BFH/NV 2002, 635 m. w. N.) oder wenn der Steuerpflichtige plant, das Objekt nach einer gewissen Zeit selbst nutzen zu wollen und bis dahin kein Totalüberschuss erwirtschaftet werden kann (z. B. BFH Urteil vom 9. Juli 2002 IX R 57/00, BStBl II 2003, 695). Unabhängig hiervon ist Indiz für eine fehlende Dauervermietungsabsicht, wenn das Objekt in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb tatsächlich veräußert wird, in der Regel innerhalb von fünf Jahren (BFH-Urteile 18. Januar 2006 IX R 18/04, BFH/NV 2006, 1078; vom 9. Juli 2002 IX R 47/99, BStBl II 2003, 580).

29

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist eine Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers zu bejahen.

30

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger nach Aufgabe der Selbstnutzung die Wohnung X-Straße-1 dauerhaft vermieten wollte. Die Klausel in § 2 des Mietvertrages vom... 2013 steht dieser Annahme nicht entgegen. Danach ist als Grundsatz geregelt, dass der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen wird (§ 2 Nr. 1). Damit im Zusammenhang steht die Vereinbarung einer Staffelmiete mit Erhöhungen ab dem 1. März 2013 und 1. März 2015. Eine Einschränkung erfährt diese Regelung in § 2 Nr. 2 Buchst. a dahin, dass der Vertrag am 1. März 2015 endet, wenn Eigenbedarf geltend gemacht wird. Der Eigenbedarf wird im Vertrag dahin erläutert, dass die Nichte des Klägers die Wohnung ggfs. beziehen wird. Hierzu hat der Kläger vorgetragen und auch im Erörterungstermin persönlich und für das Gericht nachvollziehbar erläutert, dass er die Wohnung an die Nichte habe vermieten, d. h. nicht unentgeltlich überlassen, wollen.

31

Soweit der Beklagte dagegen eingewandt hat, es sei zweifelhaft, ob die Nichte als ausgebildete ... die mit dem Vormieter vereinbarte Miete habe aufbringen können, berührt dies nicht die generelle dauerhafte Vermietungsabsicht. Bei Abschluss eines Mietvertrages mit der Nichte wäre der Kläger frei gewesen, eine geringere Miete zu vereinbaren als mit dem Vormieter, ggfs. wäre die Regelung in § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG zu beachten gewesen. Ob bei der Vereinbarung einer geringeren Miete im Ergebnis ein Totalüberschuss zu erzielen gewesen wäre, hätte im Rahmen einer abschließenden Prognose beurteilt werden müssen, unabhängig von der (Vor)frage der Dauerhaftigkeit der Vermietungsabsicht.

32

Für die Auslegung der Mietzeitklausel im steuerrechtlichen Kontext ist es unerheblich, ob die bedingte Befristung zivilrechtlich wirksam war - woran allerdings erhebliche Zweifel bestehen - weil es allein auf die Beurteilung der Absichten des Klägers ankommt. Allerdings dürfte die Deutung des Beklagten, dass bei Widersprüchlichkeiten im Zweifel nur die Befristung wirksam geworden sei, nicht zutreffen. Vielmehr dürfte der Vertrag im Zweifel, dem Regelfall entsprechend, mit unbefristeter Laufzeit zustande gekommen sein.

33

Vor diesem Hintergrund sieht der Senat auch die Indizwirkung für eine fehlende Dauervermietungsabsicht aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Beginn der Vermietungstätigkeit und Veräußerung innerhalb von rund vier Jahren als widerlegt an. Insoweit hat der Kläger überzeugend dargetan, dass er sich erst nach der mieterseitigen Kündigung zum Verkauf entschlossen hat, nachdem die Nichte wegen veränderter persönlicher Verhältnisse die Wohnung nicht mehr habe übernehmen wollen und er zu der Erkenntnis gelangt sei, dass die Betreuung eines Mietverhältnisses mit erheblichem Aufwand verbunden ist.

34

Ein anderes Ergebnis ergibt sich schließlich auch nicht deshalb, weil im Festsetzungsverfahren durch den seinerzeitigen Bevollmächtigten vorgetragen worden ist, dass die Befristung auf Wunsch des damaligen Mieters in den Vertrag aufgenommen worden sei. Dieser Vortrag ist durch die tatsächliche Regelung im Mietvertrag eindeutig widerlegt und dürfte auf einem Missverständnis beruhen.

35

3. Die geänderten Einkommensteuerbescheide für 2011 bis 2013 sind danach aufzuheben. Für 2014 ist die Steuer wie folgt herabzusetzen:

36

Bisher zu versteuerndes Einkommen

110.441 €

Abzgl. Verlust aus Vermietung und Verpachtung

  12.185 €

Neues zu versteuerndes Einkommen

  98.256 €

Einkommensteuer nach Grundtabelle

  33.028 €

ab Spenden an politische Parteien

       825 €

ab Ermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen

         21 €

dazu Kindergeld

    1.104 €

Festzusetzende Einkommensteuer

 33.286 €

37

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

9 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Annotations

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1)1Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind

1.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken, Gebäuden, Gebäudeteilen, Schiffen, die in ein Schiffsregister eingetragen sind, und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht);
2.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Sachinbegriffen, insbesondere von beweglichem Betriebsvermögen;
3.
Einkünfte aus zeitlich begrenzter Überlassung von Rechten, insbesondere von schriftstellerischen, künstlerischen und gewerblichen Urheberrechten, von gewerblichen Erfahrungen und von Gerechtigkeiten und Gefällen;
4.
Einkünfte aus der Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen, auch dann, wenn die Einkünfte im Veräußerungspreis von Grundstücken enthalten sind und die Miet- oder Pachtzinsen sich auf einen Zeitraum beziehen, in dem der Veräußerer noch Besitzer war.
2§§ 15a und 15b sind sinngemäß anzuwenden.

(2)1Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 Prozent der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.2Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich.

(3) Einkünfte der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art sind Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.